L 8 AL 3301/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 533/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3301/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf höheres Insolvenzgeld (InsG) für die Zeit vom 15.09.2014 bis zum 30.11.2014 zusteht.

Der 1967 geborene Kläger, war zunächst bei der K. Spezialfahrzeuge AG beschäftigt, die u.a. Wohnmobile (Motorhomes u.a. auf LKW-Basis) und Pferdetransporter im Höchstpreissegment herstellte (https://de.wikipedia.org/wiki/K. Spezialfahrzeuge). Am 18.03.2014 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft beantragt (dazu vgl. Beschluss des AG Karlsruhe – Insolvenzgericht, Az.: G1 IN 239/14 vom 18.03.2014; aus der Presse vgl. auch http://www.baden-tv.com/k.-betrieb-laeuft-nach-insolvenzantrag-weiter-38871/) und mit Beschluss vom 01.06.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. In diesem Zusammenhang bezog der Kläger für die Zeit vom 01.03.2014 bis zum 31.05.2014 InsG und danach vom 01.06.2014 bis zum 31.07.2014 Arbeitslosengeld. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der K. Spezialfahrzeuge AG endete am 31.07.2014. Ab dem 01.08.2014 war der Kläger bei der pro Person GmbH, einer Transfergesellschaft, angestellt und bezog Transferkurzarbeitergeld.

Nach der Insolvenz der K. Spezialfahrzeuge AG "kaufte" deren vormalige Kunde der mittlerweile wohl in Südosteuropa untergetauchte A. A.-H. (im Folgenden: A.A.-H.), den Betrieb aus der Insolvenzmasse und gründete die K. Truck Manufaktur GmbH, die den Betrieb der K. Spezialfahrzeuge AG fortführen sollte. Als Mitgesellschafter gewann A.A.-H. die früheren Mitarbeiter der K. Spezialfahrzeuge AG, Bernd W. Michael S. und Alain B., die mit Anteilen von 15 % (Bernd W.) bzw. 5 % (Michael S. und Alain B.) am Gesellschaftsvermögen (25.000,00 EUR; A.A.-H. 75 %) beteiligt waren. Zu Geschäftsführern waren A.A.-H. und Bernd W. bestellt, Michael S. und Alain B. war zu Prokuristen bestellt. A.A.-H. besaß Alleinvertretungsbefugnis, Bernd W. war zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer oder mit einem Prokuristen zur Vertretung der K. Truck Manufaktur GmbH berechtigt (vgl. Eintragung im Handelsregister beim AG Mannheim HRB 720407 vom 19.09.2014).

Auf Veranlassung von A.A.-H. wurden wieder Mitarbeiter der früheren K. Spezialfahrzeuge AG gewonnen um den Betrieb der K. Truck Manufaktur GmbH aufzunehmen. In diesem Zusammenhang schloss der Kläger am 02.09.2014 mit der K. Track Manufaktur GmbH einen Arbeitsvertrag (im Folgenden: AV; dazu vgl. Blatt 32/35 der SG-Akte). Das Arbeitsverhältnis sollte am 15.09.2014 beginnen (§ 1 AV), dem Tag, an dem die K. Truck Manufaktur GmbH ihren Betrieb aufnahm. Vereinbart war eine monatliche Brutto-Vergütung von 3.300,00 EUR (§ 4 Satz 1 AV). Soweit eine zusätzliche Zahlung vom Arbeitgeber gewährt würde, sollte es sich um eine "freiwillige Leistung" handeln (§ 4 Satz 3 AV). Die Vertragsparteien verständigten sich auch darauf, dass aus dem reinen einseitigen Verhalten des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer keine vertraglichen Rechtsansprüche erwachsen, "sofern nicht eine mündliche oder schriftliche einvernehmliche Vertragsänderung vorliegt ("Ausschluss der betrieblichen Übung", § 14 Satz 1 AV).

Am 12.09.2014 beschlossen die Gesellschafter der K. Truck Manufaktur GmbH auf Betreiben von A.A.-H., allen Mitarbeitern mit dem Gehalt für November eine "Sonderzahlung bzw. Weihnachtsgeld" und außerdem denjenigen Mitarbeitern, "die in einer Transfergesellschaft waren und keinen anderen Job bekommen oder angenommen haben", mit dem Gehalt für September/Oktober eine "Prämie" in Höhe eines halben Monatsgehalts zu zahlen. Die sog. Motivationsprämie für September bzw. Oktober wurde den Mitarbeitern am 15.09.2014 auf einer Betriebsversammlung verkündet (vgl. dazu Blatt 31 der SG-Akte); die Zahlung von Weihnachtsgeld wurde den Mitarbeitern auf einer Betriebsversammlung am 01.10.2014 bekannt gegeben (vgl. dazu Blatt 31 der SG-Akte).

Nachdem A.A.-H. die versprochenen Zahlungen an den, den Betrieb verkaufenden Insolvenzverwalter der K. Spezialfahrzeuge AG nicht leistete und auch die Einlagen und Zahlungen, die er der K. Truck Manufaktur GmbH versprochen hatte, nicht in vollem Umfang leistete und die von den übrigen Gesellschaftern eingebrachten Einlagen für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge der Beschäftigten der K. Truck Manufaktur GmbH aufgebraucht waren, beantragten die übrigen Gesellschafter durch den Geschäftsführer W. am 03.11.2014 beim AG Karlsruhe – Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K. Truck Manufactur GmbH (dazu vgl. Beschluss des AG Karlsruhe – Insolvenzgericht, Az.: G1 IN 963/14 vom 03.11.2014). Am 15.12.2014 wurde Insolvenzverfahren eröffnet (Beschluss des AG Karlsruhe – Insolvenzgericht, Az.: G1 IN 963/14 (5) vom 15.12.2014).

Die vereinbarten Löhne und Zulagen wurden, bis auf wenige Ausnahmen, ab dem 15.09.2014 an die Mitarbeiter nicht gezahlt; so erhielt der Kläger keinen Lohn oder sonstige Zahlungen der K. Truck Manufaktur GmbH (vgl. Insolvenzgeldbescheinigung vom 18.12.2014, Blatt 6/14 der Beklagtenakte). Auch die von A.A.-H. versprochene "Prämie" und das Weihnachtsgeld wurden dem Kläger nicht ausbezahlt.

Der Kläger war vom 15.09.2014 bis zu seinem Ausscheiden durch Aufhebungsvertrag zum 30.11.2014 bei der K. Truck Manufaktur GmbH als Fachkraft für Lagerlogistik sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Am 11.12.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten InsG (Blatt 1/5 der Beklagtenakte). Der Insolvenzverwalter gab in diesem Zusammenhang gegenüber der Beklagten unter Vorlage von Lohnabrechnungen an (Blatt 6/14 der Beklagtenakte) an, das Bruttogehalt des Klägers habe sich vom 15.09.2014 bis zum 30.09.2014 auf 3.300,00 EUR (Netto: 2.600,14 EUR), vom 01.10.2014 bis zum 31.10.2014 auf 4.527,70 EUR (Netto: 3.043,31 EUR) und vom 01.11.2014 bis zum 30.11.2014 auf 5.950,00 EUR (Netto: 4.637,64 EUR) belaufen; Auszahlungen seien nicht erfolgt.

Mit Bescheid vom 23.12.2014 (Blatt 17/20 der Beklagtenakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger InsG für die Zeit vom 15.09.2014 bis zum 30.11.2014 i.H.v. insgesamt 6.642,12 EUR (1.251,80 EUR für September; 3.043,31 EUR für Oktober; 2.347,01 EUR für November).

Mit seinem am 16.01.2015 eingelegten Widerspruch (Blatt 21 der Beklagtenakte) machte der Kläger Ansprüche auf höheres InsG geltend. Auf der Betriebsversammlung am 15.09.2014 sei für September bzw. Oktober eine Prämienzahlung versprochen worden. Außerdem stehe ihm Weihnachtsgeld zu. Beides sei vom Arbeitgeber zugesagt, aber bei der InsG-Berechnung nicht berücksichtigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2015 (Blatt 22/26 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die beiden Sonderzahlungen könnten keine Berücksichtigung finden, denn einen Anspruch auf Arbeitsentgelt könne der Arbeitnehmer nur aufgrund eines Arbeitsvertrags, eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung erwerben. Grundlage für die beiden Sonderzahlungen sei hingegen ein Gesellschafterbeschluss gewesen. Hieraus lasse sich kein arbeitsrechtlich wirksamer Anspruch ableiten.

Auf die am 17.02.2015 vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage hat das SG hat mit Urteil vom 06.07.2015 die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 23.12.2014 sowie Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 19.1.2015 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 15.09.2014 bis zum 30.11.2014 weiteres InsG in Höhe von insgesamt 3.638,97 EUR zu zahlen. Der Kläger habe einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf die Sonderzahlungen gehabt, der durch das InsG gesichert sei. Ein arbeitsrechtlicher Entgeltanspruch könne u.a. aus einer sog. Gesamtzusage resultieren. Durch die beiden Gesamtzusagen bezüglich Prämie und Weihnachtsgeld habe sich die K. Truck Manufaktur GmbH wirksam zur Zahlung verpflichtet. Beide Sonderzahlungen seien zudem voll dem InsG-Zeitraum vom 15.09.2014 bis zum 30.11.2014 zuzuordnen. Bei der "Prämie" habe es sich um einen "Motivationsbonus" gehandelt, mit dem die Arbeitgeberin die Bereitschaft habe honorieren wollen, eine Beschäftigung bei der K. Truck Manufaktur GmbH zu beginnen. Auch das "Weihnachtsgeld", das mit dem Gehalt für November gezahlt werden sollte, habe die K. Truck Manufaktur GmbH auch mit dieser Sonderzahlung einen Ausgleich "für die lange Wartezeit" schaffen wollen. Damit seien die Prämie und das Weihnachtsgeld bei der Berechnung des InsG zu berücksichtigen.

Gegen das ihr am 13.07.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.08.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie halte die Auffassung des SG für unzutreffend. Die Motivationsprämie und das Weihnachtsgeld gingen auf einen Beschluss der Gesellschafter vom 12.09.2014 zurück. Nach diesem Beschluss sollte die Bekanntgabe der Entscheidung auf der Betriebsversammlung am 01.10.2014 erfolgen. Fraglich sei schon, ob es sich überhaupt um eine Gesamtzusage im Sinne der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung gehandelt habe. Eine wirksame und von dem Gesellschafterbeschluss abgedeckte Zusage habe am 15.09.2014 noch nicht erfolgen können, da sich die Gesellschafter auf eine Bekanntgabe am 01.10.2014 festgelegt hätten. Entgegen der Auffassung des Klägers komme dem Gesellschafterbeschluss vom 12.09.2014 tragende Bedeutung zu, da er die rechtliche Grundlage der abgegebenen Zusage darstelle. Ein hiervon abweichendes Angebot könne nicht verbindlich abgegeben werden, so dass auch die Annahmefiktion des § 151 BGB nicht greife. Erklärungen, die nicht vom Gesellschafterbeschluss abgedeckt seien, stellten allenfalls allgemeine Informationen dar, aus denen arbeitsrechtlich keine verbindlichen Folgen abgeleitet werden könnten. Damit fehle es an einer wirksamen Zusage der Motivationsprämie. In der Betriebsversammlung am 01.10.2014 hätten jedoch auch hinsichtlich des Weihnachtsgeldes keine wirksamen Zusagen mehr gemacht werden können. Nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag war die Vergütung bis zum 15. jeden Monats zu leisten, erstmalig also spätestens am 15.09.2014. Sonderregelungen bezüglich des ersten Monats der Tätigkeit enthalte der Arbeitsvertrag nicht. Am 01.10.2014 habe sich der Arbeitgeber aber bereits in Zahlungsverzug befunden, indem er die bereits bestehenden Entgeltansprüche nicht vertragsgemäß erfüllt habe. Die Erbringung darüber hinausgehender Entgeltansprüche sei dem Arbeitgeber erst recht nicht möglich gewesen, woraus sich ein Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 BGB ergebe. Dieser Ausschluss wirke auf die Insolvenzgeldberechnung durch. Selbst wenn sich aus der Gesamtzusage ein arbeitsvertraglicher Vergütungsanspruch ergäbe, wäre dieser für die Beklagte unbeachtlich, da es sich um einen - unzulässigen - Vertrag zulasten der Beklagten handeln würde. Schließlich seien die streitigen Entgeltansprüche auch deshalb nicht berücksichtigungsfähig, da sie weder zeitlich, noch nach Sinn und Zweck InsG-fähig seien. Ansprüche auf Arbeitsentgelt können nur dann einen Anspruch auf InsG begründen, wenn sie zeitlich dem InsG-Zeitraum zuzuordnen seien. Hierbei komme es entsprechend der Formulierung des Gesetzes in § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III maßgeblich darauf an, wann das Arbeitsentgelt erarbeitet worden sei (BSG 23.03.2006 - B 11a AL 65/05 R). Ausschlaggebend seien insoweit der arbeitsrechtliche Entstehungsgrund und die Zweckbestimmung der Leistung. Nach der ausdrücklichen Erklärung im Gesellschafterbeschluss vom 12.09.2014 seien beide Zusagen "für die lange Wartezeit" gewährt worden. Hierbei handele es sich um die Zeit zwischen Beendigung der alten und Beginn der neuen Tätigkeit der Arbeitnehmer. Die Zahlungen bezögen sich folglich ausschließlich auf Zeiträume außerhalb des dreimonatigen InsG-Zeitraumes. Sie seien auch nicht während des InsG-Zeitraumes "erarbeitet" und könnten diesem dementsprechend nicht zugeordnet werden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Rechtsgrundlage für den arbeitsrechtlichen Anspruch der Arbeitnehmer bilde allein die Gesamtzusage vom 15.09.2014. Auf der Betriebsversammlung am 15.09.2014 seien alle vier Gesellschafter (zwei davon Geschäftsführer, zwei Prokuristen) anwesend gewesen, die vertreten durch den Geschäftsführer W. gegenüber den Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht hätten, dass diesen der Motivationsbonus gezahlt werden solle. Dass zuvor (auf der Gesellschafterversammlung vom 12.09.2014) ein anderes Verlautbarungsdatum besprochen worden sein soll, ändere an der Entstehung des Anspruchs am 15.09.2014 in Form einer Gesamtzusage nichts. Auch liege kein unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter vor, da die Gesamtzusage keinerlei Verpflichtungen der Beklagten begründe. Auch habe zum Zeitpunkt der Verpflichtung der Arbeitgeberin keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen, weshalb auch nicht bereits festgestanden habe, dass die Sonderzahlung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht durch die Mittel des Arbeitgebers befriedigt werden könnten. Auch lägen die Voraussetzungen des § 166 SGB III, insbesondere Nr. 2, nicht vor. Weder sei eine Anfechtung vom Insolvenzverwalter vorgenommen worden, noch habe eine Anfechtbarkeit vorgelegen. Soweit die Beklagte anführe, dass die Entgeltansprüche nicht berücksichtigungsfähig seien, weil sie weder zeitlich, noch nach Sinn und Zweck InsG-fähig seien, sei dem ebenfalls nicht zu folgen. Den Mitarbeitern sei ein Motivationsbonus und ein Weihnachtsgeld versprochen worden. Beide Entgeltbestandteile stellten eine Jahressondervergütung dar, die grds. insolvenzgeldfähig sei. Der Motivationsbonus könne dabei als Entgelt, der einen Anreiz für künftige Betriebstreue bieten solle, gewertet werden. Leistungen, die entweder ein Entgelt für in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue oder ein Anreiz für künftige Betriebstreue darstellten, würden selbst in den Erläuterungen der Beklagten zum Ausfüllen der Insolvenzgeldbescheinigung gemäß § 314 SGB III, dort auf Seite 4, explizit genannt. Warum diese im vorliegenden Fall dann nicht InsG-fähig sein sollten, erschließe sich nicht.

In einem nichtöffentlichen Termin am 04.12.2015 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert und Bernd W. sowie Michael S. als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme und des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 30/38 der Senatsakte) Bezug genommen. Der Zeuge W. hat u.a. angegeben: "Wir wollten erst beginnen, wenn das Geld von Herrn A.-H. da war, aber der Insolvenzverwalter hatte dann doch einen schnellen Beginn nahe gelegt. Kurz bevor wir angefangen hatten, kam Herr A.-H. auf die Idee, die Treue der Mitarbeiter und den Wechsel in das neue Unternehmen mit einer Motivationsprämie zu belohnen und auch Weihnachtsgeld zu bezahlen. Herr A.-H. war dann ab Mitte Oktober für mich nicht mehr erreichbar, deshalb habe ich auch am 03.11.2014 Insolvenzantrag gestellt." Der Zeuge S. hat u.a. ausgesagt: "Herr A.-H. hatte die Betriebsversammlung geleitet und verkündet, dass diese Sonderzahlungen gezahlt würden. Ich selbst habe die Überweisungsträger ausgefüllt und Herrn A.-H. mitgegeben. Er hat dann die 35 Überweisungsträger mitgenommen und im Ergebnis vier, fünf oder sechs bei der Bank abgegeben und überwiesen. Herr A.-H. hat wohl diejenigen Überweisungsträger abgegeben bezüglich der Personen, die er gekannt hatte, zum Beispiel die Geschäftsführer und Prokuristen und noch einige wenige Personen, die für ihn an einem Fahrzeug von ihm etwas gemacht hatten. Das Gehalt wurde in der jeweiligen geschuldeten Höhe gezahlt, nämlich das halbe Monatsgehalt und ein weiteres halbes Monatsgehalt als Prämie. Auf dem Überweisungsträger für September war wie gesagt Gehalt und Prämie und sollte auch so gezahlt werden und zwar für alle Mitarbeiter."

Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 13.01.2016 (Blatt 40/42 der Senatsakte) zur Beweisaufnahme geäußert. Die Sonderzahlungen seien nicht im InsG-Zeitraum "erarbeitet" worden, sondern als Ausgleich für die "Betriebstreue" der Arbeitnehmer vom Hauptgesellschafter zugesagt worden. Zum anderen sei es erwiesen, dass auch eine wirksame Gesamtzusage nicht vorgelegen habe, da die den Arbeitnehmern gegenüber abgegebenen Erklärungen nicht dem Gesellschafterbeschluss vom 12.09.2014 entsprochen hätten. Aufgrund der Zeugenaussagen sei auch fraglich, ob das maßgebliche Insolvenzereignis tatsächlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 15.12.2014 sei, oder ob nicht bereits zuvor die Betriebstätigkeit wegen Zahlungsunfähigkeit eingestellt worden sei. Dies liege nach der Aussage des Zeugen W. nahe, der angegeben habe, man habe die Mitarbeiter schnell nach Hause geschickt, als man gemerkt habe, dass man "in die Falle getappt" sei. Beruhe das Insolvenzereignis auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III, müsse zumindest bei Aufnahme bzw. zu Beginn der betrieblichen Tätigkeit Zahlungsfähigkeit bestanden haben. Der zur Insolvenz führende Vermögensverfall dürfe erst während der betrieblichen Tätigkeit eingetreten sein (Schleswig-Holsteinisches LSG 06.07.2007 - L 3 AL 54/06 - juris). Nach den Zeugenaussagen stehe für die Beklagte unzweifelhaft fest, dass die K. Truck Manufaktur GmbH bereits von Beginn an ihre Zahlungsverpflichtungen nicht habe erfüllen können. Dem stünden auch vereinzelte Gehaltszahlungen an ausgewählte Mitarbeiter nicht entgegen, da davon auszugehen sei, dass mit diesen die tatsächlich bestehende Zahlungsunfähigkeit nur verschleiert werden sollte. Die weit überwiegende Zahl der Mitarbeiter habe von Beginn an keine Zahlungen des Unternehmens erhalten. Die Insolvenzversicherung könne schon ihrem Wesen nach nicht eintreten, wenn ein Unternehmen schon von Beginn an zahlungsunfähig sei. Erst recht müsse dies gelten, wenn die Unternehmensgründung möglicherweise sogar auf strafrechtlich relevanten Umständen beruhe.

Der Kläger hat vorgetragen (Blatt 44/47 der Senatsakte), der Zeuge W. habe mehrfach von "Motivationsprämie" gesprochen, um die Mitarbeiter zur Arbeitsaufnahme bei der K. Truck Manufaktur GmbH bewegen. Dies bestätige auch der Zeuge S ... Davon, dass die Sonderzahlungen im Insolvenzgeldzeitraum nicht "erarbeitet" worden seien, könne keine Rede sein. Im Übrigen setze § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III voraus, dass eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit vorliege, also keinerlei dem Betriebszweck dienende Arbeiten mehr verrichtet würden. Welche Mitarbeiter wann und ob vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens "nach Hause geschickt wurden" und ob damit auch die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit verbunden gewesen sei, werde zwar von der Beklagten behauptet, sei aber auch nach der Beweisaufnahme nicht bewiesen. Auch sei der Beklagten die Offensichtlichkeit der behaupteten Masselosigkeit nicht ins Auge gesprungen. Auch gehe der Verweis auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts fehl. Denn es habe sich dort um eine Firma gehandelt, deren Existenz in keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen sei, die keinen eigentlichen Geschäftszweck gehabt habe, über keinerlei Stammkapital, über kein Geschäftskonto verfügt habe und bei der kein einziges Mal eine Zahlung von Arbeitsentgelt erfolgt sei. Der vorliegende Fall unterscheide sich hiervon erheblich. Auch dass Zahlungsunfähigkeit von Beginn an den Anspruch auf InsG generell ausschließe, werde durch die Regelung des § 165 Abs. 3 Alt. 2 SGB III widerlegt. Der Gesetzgeber habe also auf den Schutz des gutgläubigen Arbeitnehmers abgestellt, der in ein insolventes Unternehmen eingetreten sei und die Arbeit aufgenommen habe. So habe auch das LSG Nordrhein-Westfalen (04.06.2009 - L 9 AL 166/06 -) entschieden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 42, 47 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach §§ 124 Abs. 2, 153 abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2015, mit dem die Beklagte dem Kläger InsG gewährt hatte.

Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf InsG, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt nach § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB III (1.) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, (2.) die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder (3.) die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

Der Kläger war im streitigen Zeitraum im Inland (Karlsruhe) bei der K. Truck Manufaktur GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt. Ihm steht ein InsG-Anspruch zu. Denn vorliegend war mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des AG Karlsruhe – Insolvenzgericht am 15.12.2014 das Insolvenzereignis i.S.d. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III eingetreten. Vom Vorliegen eines früheren Insolvenzereignisses – etwa im November 2014, als nach Aussage des Zeugen W. die Mitarbeiter nach Hause geschickt worden waren – konnte sich der Senat nicht überzeugen. Denn Voraussetzung des insoweit von der Beklagten angesprochenen Insolvenzereignisses nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III ist dreierlei: (1.) die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, (2.) ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht gestellt worden ist und (3.) ein Insolvenzverfahren kommt offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht. Dass eine vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit i.S. der dem Betriebszweck dienenden Tätigkeiten bereits vor dem 03.11.2014 erfolgt war, konnte der Senat auch nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht feststellen. Zwar hatte der Zeuge W. angegeben, die Mitarbeiter nach Hause geschickt zu haben, als er gemerkt habe, dass sie in eine Falle getappt seien. Doch konnte der Senat nicht feststellen, dass dies bereits vor dem 03.11.2014 geschehen war. Denn die Aussage des Zeugen W. ist im Zusammenhang mit seinen unmittelbar vorangegangenen Angaben, die sich mit den Aussagen des Zeugen S. decken, zu sehen, wonach der Zeuge W. seit Mitte Oktober keinen Kontakt zu A.A.-H. mehr hatte, und erst Ende Oktober klar geworden war, dass kein Geld von A.A.-H. kommt. Daraufhin hatte der Zeuge W. am Montag, 03.11.2014, den Insolvenzantrag gestellt. Der Kläger selbst hatte angegeben (Blatt 2 der Beklagtenakte), am 03.11.2014 in einer Betriebsversammlung vom Insolvenzereignis erfahren zu haben. Insoweit versteht der Senat die Zeugenaussagen und das Vorbringen des Klägers so, dass die Mitarbeiter erst am 03.11.2014 von der Zahlungsunfähigkeit erfahren hatten und danach "nach Hause geschickt" worden waren; der Kläger hat im Übrigen im Erörterungstermin auch angeben können, der Betrieb sei erst zum 30.11.2014 eingestellt worden. Damit konnte eine vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit vor dem 03.11.2014 nicht festgestellt werden. Da aber bereits am 03.11.2014 ein Insolvenzantrag gestellt worden war, scheidet ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III am 03.11.2014 bzw. in der Zeit bis zum 14.12.2014 aus. Denn auch ein am Tag der Beendigung der Betriebstätigkeit gestellter Insolvenzantrag schließt dieses Insolvenzereignis aus (BSG 08.02. 2001 - B 11 AL 27/00 R – juris; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, 02/16, § 165 SGB III, RdNr. 77). Im Übrigen fehlt es an der dritten Voraussetzung dieses Insolvenzereignisses. Denn ein Insolvenzverfahren war nicht offensichtlich mangels Masse (dazu vgl. § 26 Abs.1 Satz 1 InsO) nicht in Betracht gekommen. Masselosigkeit liegt offensichtlich vor, wenn der äußere Anschein für eine solche Überschuldung vorhanden ist, deren Ausmaß es unwahrscheinlich sein lässt, dass noch eine für die Finanzierung eines Insolvenzverfahrens ausreichende Vermögensmasse vorhanden ist (E. Schneider in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Auflage 2014, § 165 SGB III, RdNr. 51). Solche Indizien und Anhaltspunkte lagen aber weder am 03.11.2014 noch in der Folge vor. Zwar hatte die K. Truck Manufaktur GmbH das Arbeitsentgelt nicht bezahlt und auch nicht die vorliegend streitigen Sonderzahlungen, doch war dies gegenüber den Arbeitnehmern erst am 03.11.2014 mit Zahlungsunfähigkeit begründet worden und es lag aus objektiver Sicht noch Betriebsvermögen vor. Bis dahin war damit eine Zahlungsunfähigkeit nicht offensichtlich. Auch das AG Karlsruhe – Insolvenzgericht hatte das bereits am 03.11.2014 eingeleitete Insolvenzverfahren nicht mangels Masse abgelehnt sondern eröffnet. Daher konnte der Senat nicht feststellen, dass am 03.11.2014 oder danach vor dem 15.12.2014 ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III eingetreten wäre. Auch konnte der Senat ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III vor dem 03.11.2014 nicht feststellen, denn insoweit lag bei der K. Truck Manufaktur GmbH weder Masselosigkeit offensichtlich vor (dazu gerade eben), noch hatte diese ihren Geschäftsbetrieb bereits vollständig aufgegeben. Vielmehr hatte die K. Truck Manufaktur GmbH zumindest bis zum 03.11.2014 aus der alten K. Spezialfahrzeuge AG noch vorhandene Aufträge/Reparaturen abgearbeitet und den Betrieb auf kommende Aufträge vorbereitet (vgl. Aussage des Klägers, Blatt 32 der Senatsakte = Seite 3 der Niederschrift zum Termin vom 04.12.2015). Den diesbezüglichen Angaben des Klägers im Erörterungstermin, die mit den Angaben der Zeugen vereinbar sind, glaubt der Senat.

Damit verbleibt es bei dem von der Beklagten bisher zutreffend angenommenen Insolvenzereignis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III am 15.12.2014. Soweit die Beklagte nunmehr meint, es hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III bereits vor dem 03.11.2014 vorgelegen hätte, so hätte es zunächst vor allem ihr selbst oblegen diesen Anhaltspunkten nachzugehen (§ 20 Abs. 1 SGB X). Die Beklagte hat aber bei einem auch ihr bekannten Fall einer Insolvenz kurze Zeit nach Neugründung des Unternehmens nach bereits vorangegangener Insolvenz des Vorgängerunternehmens über rein formularmäßige Ermittlungen hinaus keinerlei Anstrengungen i.S.d. § 20 Abs. 1 SGB X unternommen, sondern solche Ermittlungen auf das sozialgerichtliche bzw. das Berufungsverfahren verschoben. Der Senat hat im Rahmen seiner Ermittlungen die Aussagen der Zeugen gewürdigt und anders als von der Beklagten angestrebt, diesen – wie dargelegt - keine Anhaltspunkte für ein früheres Insolvenzereignis entnehmen können. Der Senat konnte so ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III nicht feststellen.

Der Senat konnte auch nicht annehmen, dass im vorliegenden Fall der Schutz des InsG nach dessen Sinn und Zweck nicht eingreift. So wird zwar in der Literatur (E. Schneider a.a.O. RdNr. 54; Voelzke a.a.O. RdNr. 83) und der Rechtsprechung (LSG Nordrhein-Westfalen 04.06.2009 - L 9 AL 166/06 - juris RdNr. 27; Schleswig-Holsteinisches LSG, 06.07.2007 - L 3 AL 54/06 – juris RdNr. 34) angenommen, dass kein leistungsauslösendes Insolvenzereignis vorliegt, wenn der Arbeitgeber von vornherein zahlungsunfähig und vermögenslos war. Die InsG-Versicherung diene nicht der Absicherung der faktischen Sicherstellung für Arbeitnehmertätigkeit, die vom Arbeitgeber von vornherein nicht bezahlbar war. Versichert sei im Rahmen der InsG-Versicherung die Nichterfüllung der Zahlungspflichten eines Arbeitgebers nur dann, wenn er in Vermögensverfall geraten sei. Zumindest bei Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit müsse demnach noch Zahlungsfähigkeit bestanden haben. (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O. RdNr. 27).

Diese Rechtsprechung ist ausdrücklich nur zum Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III (früher: § 183 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ergangen, weil nur insoweit eine Kausalität zwischen vollständiger Einstellung der Betriebstätigkeit und der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gefordert sei (dazu vgl. Voelzke a.a.O. RdNr. 73). So hat auch das Schleswig-Holsteinische LSG (a.a.O. RdNr. 34) ausgeführt, dass die vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit als Insolvenzereignis nur beachtlich sei, wenn sie auf Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zurückzuführen sei. Eine offensichtliche Zahlungsunfähigkeit bereits bei Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit werde von dem Insolvenztatbestand des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III (früher: § 183 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III) nicht erfasst (LSG a.a.O.). Die InsG-Versicherung diene nicht der Absicherung der faktischen finanziellen Sicherstellung von für den Arbeitgeber von vornherein unbezahlbarer Arbeitnehmertätigkeit; versichert sei im Rahmen der InsG-Versicherung die Nichterfüllung der Zahlungspflichten eines Arbeitgebers vielmehr nur dann, wenn er in Vermögensverfall geraten sei. Dies bedeute, dass zumindest bei Aufnahme bzw. zu Beginn der betrieblichen Tätigkeit noch Zahlungsfähigkeit bestanden haben müsse und der zur Insolvenz führende Vermögensverfall erst später während der betrieblichen Tätigkeit eingetreten sei (LSG a.a.O. RdNr. 34). Gleiches – nämlich die Beschränkung dieses InsG-Ausschlusses - ist ausdrücklich auch der Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen (a.a.O. RdNr. 27) zu entnehmen, als dieses ausführt: "Die danach allenfalls in Betracht kommende Variante des § 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III [jetzt: § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III] erfasst schon nach ihrem Wortlaut Fälle nicht, in denen ein (vermeintlicher) Arbeitgeber bereits zu Beginn einer etwaigen betrieblichen Tätigkeit zahlungsunfähig war".

Auch Sinn und Zweck der InsG-Versicherung verlangen keine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf den Insolvenzfall des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III. Denn § 165 Abs. 3 SGB III, der, wenn ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weitergearbeitet oder die Arbeit aufgenommen hat, den InsG-Zeitraum verschiebt, zeigt, dass die Aufnahme der Arbeit trotz Zahlungsunfähigkeit zu InsG-geschützten Entgeltansprüchen führen kann. Ist aber im Fall der Aufnahme der Arbeit i.S.d. § 165 Abs. 3 SGB III bereits der Insolvenzgeldfall des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bzw. 2 SGB III eingetreten, liegt zugleich bei Aufnahme der Arbeit eine Insolvenz, damit Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vor. Lediglich im Insolvenzgeldfall der vollständigen Betriebsaufgabe wegen Zahlungsunfähigkeit (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III) kommt eine Aufnahme der Arbeit nach Eintritt des Insolvenzereignisses nicht mehr in Betracht: Hat der Arbeitgeber seine Betriebstätigkeit vollständig wegen Zahlungsunfähigkeit eingestellt, so kann danach die Arbeit nicht aufgenommen werden. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch insoweit die in der Literatur und Rechtsprechung festgehaltene Einschränkung des InsG-Anspruchs im Fall einer von Betriebsgründung an bestehenden Zahlungsunfähigkeit, wenn später - ohne Zahlungsfähigkeit jemals erreicht zu haben - die Betriebstätigkeit eingestellt wird. Dieser Gedanke kann aber – worauf der Kläger zutreffend hingewiesen hat - nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.

Es handelt sich auch nicht um die Fortsetzung des früheren, bei der K. Spezialfahrzeuge AG im März 2014 eingetretenen Insolvenzereignisses, sodass die Rechtsprechung zum Eintritt eines zweiten Insolvenzereignisses (BSG 21.11.2002 - B 11 AL 35/02 R - juris RdNr. 14; BSG 06.12.2012 - B 11 AL 10/11 R - juris RdNr. 14.) vorliegend nicht übertragen werden kann. Der Arbeitgeber, auf den § 165 Abs. 1 SGB III das Insolvenzereignis bezieht, war vorliegend ein anderer. Der Eintritt eines Insolvenzereignisses ist auf den jeweiligen Arbeitgeber bezogen (E. Schneider a.a.O. RdNr. 69). Daraus ergibt sich, dass nach einem Wechsel des Arbeitgebers, der auch in einer Änderung der Rechtsform liegen kann, ein neues Insolvenzereignis eintreten kann (E. Schneider a.a.O. RdNr. 60). So hat das BSG entscheiden (BSG 28.06.1983 – 10 RAr 26/81BSGE 55, 195-203 = SozR 4100 § 141b Nr. 27 = juris RdNr. 19), dass im Falle einer Übernahme eines Betriebes von einem insolventen Unternehmer durch eine Handelsgesellschaft die Insolvenz des früheren Betriebsinhabers bei späterer Insolvenz des Betriebsübernehmers erneute Ansprüche der Arbeitnehmer auf Konkursausfallgeld auch dann nicht ausschließt, wenn einzelne Gesellschafter des Betriebsübernehmers mit Gesellschaftern des früheren Inhabers identisch sind. Anspruchsbegründende Tatbestände sind danach nur bestimmte insolvenzrechtliche Ereignisse, in erster Linie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über "das Vermögen seines Arbeitgebers" (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Damit knüpft das InsG-Recht eng an die Vorschriften der InsO an und baut auf diesen auf (BSG 28.06.1983 – 10 RAr 26/81BSGE 55, 195-203 = SozR 4100 § 141b Nr. 27 = juris RdNr. 19). Die Identität des Arbeitgebers wird auch nicht durch das von ihm betriebene Unternehmen bzw. den von ihm geführten Betrieb oder durch die am Unternehmen beteiligten Kapitaleigner bestimmt, sondern durch den jeweiligen rechtlichen Unternehmensträger bzw. Betriebsinhaber (BSG 28.06.1983 – 10 RAr 26/81BSGE 55, 195-203 = SozR 4100 § 141b Nr. 27 = juris RdNr. 20). Vorliegend war der Arbeitgeber des Klägers im streitigen InsG-Zeitraum die K. Truck Manufaktur GmbH. Die frühere, insolvente K. Spezialfahrzeuge AG, bei der der Kläger bis 31.07.2014 beschäftigt war, ist damit im Verhältnis zur K. Truck Manufaktur GmbH, die auch mit der K. Spezialfahrzeuge AG nicht hinsichtlich der Gesellschafter identisch oder mittels einer Umwandlung nach dem Zweiten Teil des Umwandlungsgesetz (UmwG) aus dieser hervorgegangen ist, ein anderer Arbeitgeber, dessen Insolvenz im Hinblick auf die Insolvenz der K. Spezialfahrzeuge AG ein neuer InsG-Fall i.S.d. § 165 ff. SGB III darstellt. Auch hat der Insolvenzverwalter der K. Spezialfahrzeuge AG nicht lediglich nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO bestimmte Vermögensbestandteile freigegeben, mit denen der bisherige Arbeitgeber (K. Spezialfahrzeuge AG) seinen Betrieb fortgeführt hat (LSG Nordrhein-Westfalen 29.01.2015 - L 9 AL 278/13 - juris; Revision anhängig unter B 12 AL 1/15 R).

Damit konnte der Senat feststellen, dass am 15.12.2014 erstmalig das Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III bei der K. Truck Manufaktur, dem Arbeitgeber des Klägers, der am 11.12.2014 und damit rechtzeitig InsG beantragt hatte, eingetreten ist. Damit erstreckt sich der InsG-Zeitraum nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III vom 14.12.2014 bis zum 15.09.12014. Bezogen auf diesen Zeitraum hatte der Kläger, der bis 30.11.2014 bei der K. Truck Manufaktur GmbH angestellt war, noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt. Ein Ausschlusstatbestand nach § 166 Abs. 1 SGB III liegt nicht vor.

Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören nach § 165 Abs. 2 Satz 1 SGB III alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Als Arbeitsentgelt für Zeiten, in denen auch während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht (§ 7 Absatz 1a SGB IV), gilt der Betrag, der auf Grund der schriftlichen Vereinbarung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmt war (§ 165 Abs. 2 Satz 2 SGB III.

Vorliegend gehört zum vom Kläger zu beanspruchenden und dem InsG zugrunde zu legenden Arbeitsentgelt zunächst sein monatliches Grundgehalt. Dieses hat die beklagte zutreffend und vom Kläger nicht beanstandet der InsG-Berechnung zugrunde gelegt; auch der Senat konnte insoweit keine Rechtsfehler erkennen.

Zu den InsG-geschützten und damit der InsG-Berechnung zugrunde zu legenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt i.S.d. § 165 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 167 Abs. 1 SGB III gehören aber auch die sog. Motivationsprämie und das Weihnachtsgeld.

Die durch das InsG zu ersetzenden Ansprüche auf Arbeitsentgelt werden in § 165 Abs. 2 Satz 1 SGB III weit umschrieben (E. Schneider a.a.O. § 165 RdNr. 67). Erfasst sind alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis (E. Schneider a.a.O. § 165 RdNr. 67). Das Tatbestandsmerkmal der "Ansprüche auf Arbeitsentgelt" ist weit auszulegen, es umfasst alle Ansprüche, die ihre Grundlage in einem Arbeitsverhältnis haben (E. Schneider a.a.O. § 165 RdNr. 67; vgl. aber auch die InsG-DA der Beklagten, dort Ziffer 5.1, im Internet: https://www.arbeitsagentur.de, siehe dort Seiten Veröffentlichungen/Weisungen/Arbeitslosenversicherung: Zusammenfassung mit Link auf DA-Insg). Nicht erforderlich ist, dass sie gerade als Gegenleistung für die zu erbringende Arbeitsleistung anzusehen sind (E. Schneider a.a.O. § 165 RdNr. 67; Voelzke a.a.O. § 165 RdNr. 103.). Es reicht aus, dass sie mit der Arbeitsleistung in einem Zusammenhang stehen (E. Schneider a.a.O. § 165 RdNr. 67). Rechtsgrundlage für den zu ersetzenden Anspruch kann der Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, ein Tarifvertrag oder das Gesetz sein (E. Schneider a.a.O. § 165 RdNr. 67).

Damit ist zunächst Voraussetzung, dass es sich bei der Prämie und dem Weihnachtsgeld um Arbeitsentgelt handelt, auf das der Kläger gegen seinen Arbeitgeber, die K. Truck Manufaktur GmbH, einen Anspruch hatte. Aus dem Arbeitsvertrag und einer Betriebsvereinbarung aber auch dem Gesetz selbst ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Das hat das SG zutreffend ausgeführt. Die Ansprüche ergeben sich vielmehr aus einer wirksamen betrieblichen Gesamtzusage vom 15.09.2014 und vom 01.10.2014.

Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers an alle Arbeitnehmer oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form, bestimmte zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen (BAG 22.12.2009 – 3 AZR 136/08 – juris; Fandel/Hausch in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 611 BGB, RdNr. 54). Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich gemäß §§ 133, 157 BGB nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln BAG 22.12.2009 – 3 AZR 136/08 – juris RdNr. 23). Gesamtzusagen sind als "typisierte Willenserklärungen" nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien auszulegen, maßgeblich ist dabei der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers (BAG 22.12.2009 – 3 AZR 136/08 – juris RdNr. 23, BAG 16.10.2007 - 9 AZR 170/07BAGE 124, 210 = juris RdNr. 15). Dem BAG (BAG 28.06.2006 - 10 AZR 385/05 - NZA 2006, 1174-1178 = juris RdNr. 31; BAG 22.01.2003 - 10 AZR 395/02 - ZIP 2003, 1858-1860 = juris RdNr. 47; BAG 13.03.1975 - 3 AZR 446/74 - BB 1975, 1114-1115 = juris RdNr. 26) zufolge handelt es sich bei einer Gesamtzusage um ein Vertragsangebot des Arbeitgebers an die einzelnen Arbeitnehmer, welches diese annehmen können, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen Annahmeerklärung gegenüber dem Arbeitgeber bedarf (§ 151 BGB).

Vorliegend haben der Zeuge W. bzw. der A.A.-H. am 15.09.2014 bzw. am 01.10.2014 auf einer Betriebsversammlung den Beschäftigten der K. Truck Manufaktur GmbH mitgeteilt, es werde eine Prämie mit dem September- bzw. Oktobergehalt i.H. eines halben Monatslohns und ein Weihnachtsgeld mit dem Novembergehalt i.H. eines ganzen Monatsgehaltes gezahlt, was der Senat der vorgelegten Bestätigung des Geschäftsführers W. und der Prokuristen S. und B., Blatt 31 der SG-Akte, sowie den Aussagen von Bernd W. und Michael S. vor dem Senat entnimmt. Diese Erklärungen waren nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien im Hinblick auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers, hier des auf den Betriebsversammlungen am 15.09.2014 und 01.10.2014 anwesenden Klägers, so zu verstehen, dass sich der Arbeitgeber verpflichtet hat, auch dem Kläger die Prämie und das Weihnachtsgeld zu zahlen.

Diese Gesamtzusage war wirksam. Denn Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 22.12.2009 – 3 AZR 136/08 – juris RdNr. 22). Das war bei dem auf den Betriebsversammlungen am 15.09.2014 und 01.10.2014 anwesenden Kläger der Fall. Denn vorliegend waren durch die zur Vertretung der K. Truck Manufaktur GmbH berechtigten Geschäftsführer W. und A.A.-H. gegenüber den Mitarbeitern auf den Betriebsversammlungen am 15.09.2014 und 01.10.2014 solche Erklärungen abgegeben worden. Dass der am 12.09.2014 getroffene diesbezügliche Gesellschafterbeschluss eine Bekanntgabe erst am 01.10.2014 vorsah, bedeutet nicht, dass die am 15.09.2014 verkündete Gesamtzusage "Prämie" unwirksam wäre. Denn entweder waren auf der Betriebsversammlung am 15.09.2014 tatsächlich, wie vom Kläger behauptet (Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 15.10.2015, Blatt 17/15 der Senatsakte) alle vier Gesellschafter anwesend, die den Gesellschafterbeschluss insoweit einvernehmlich abänderten, oder die Gesamtzusage war durch wirksame Erklärung im Außenverhältnis bindend geworden. A.A.-H. war zur Alleinvertretung befugt. Der Geschäftsführer Bernd W. konnte zusammen mit einem Prokuristen die K. Truck Manufaktur GmbH vertreten. Am 15.09.2014 wurden seine Verpflichtungserklärungen jedenfalls von den beiden Prokuristen S. und B. (vgl. Blatt 31 der SG.-Akte) bestätigt und erlangten damit im Außenverhältnis Wirksamkeit. Er war daher in der Lage, rechtlich die K. Truck Manufaktur GmbH nach außen, mithin auch im Verhältnis zu den Mitarbeitern, unbeschränkt zu vertreten (§ 35 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 GmbHG). Damit führt eine ggf. nach dem Gesellschafterbeschluss zunächst nur im Innenverhältnis vorgesehene Beschränkung der Wirksamkeit der Gesamtzusage "Prämie" durch Bestimmung der Bekanntgabe erst am 01.10.2014 nicht im Außenverhältnis nicht dazu, dass die Gesamtzusage mangels Vertretungsmacht nicht wirksam wäre; waren die Geschäftsführer aber im Außenverhältnis berechtigt, die K. Truck Manufaktur GmbH zu vertreten, so greifen auch §§ 177, 179 BGB nicht.

Das Entstehen vertraglicher Ansprüche für die Arbeitnehmer setzt aber einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers voraus (Fandel/Hausch a.a.O. RdNr. 58). So kann beispielsweise allein aus der tatsächlichen Gewährung von Leistungen nicht auf einen solchen Verpflichtungswillen geschlossen werden, wenn die Leistungen erkennbar erbracht werden, um bereits bestehende Verpflichtungen – etwa aus einer Betriebsvereinbarung – zu erfüllen (Fandel/Hausch a.a.O. RdNr. 58). Ein mangelnder Verpflichtungswille eines Gesellschafters und Geschäftsführers führt vorliegend jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Gesamtzusage. Zwar mag man beim Geschäftsführer A.A.-H. einen mangelnden Verpflichtungswillen überlegen können, weil er eher an der Ausschlachtung des Betriebsvermögen interessiert gewesen war als am Fortbestand des Unternehmens. Doch kann er insoweit allenfalls einen geheimen, gem. § 116 BGB unbeachtlichen Vorbehalt gehabt haben. Der Senat ist vielmehr der Überzeugung, dass auch A.H.-H. eine – vorerst – wirksame Verpflichtung der K. Truck Manufaktur GmbH wollte, weil er nur so die Mitarbeiter an das Unternehmen binden konnte. Für den Bindungswillen der K. Truck Manufaktur GmbH spricht auch, dass – wovon der Senat aufgrund der Zeugenaussage von Michael S. überzeugt ist – die von diesem ausgefüllten Überweisungen für September 2014 die Prämienzahlungen beinhalteten und - soweit tatsächlich wenige Zahlungen vorgenommen wurden (der Kläger hat jedoch keine Zahlungen für September erhalten) – auch ausgezahlt worden waren.

Mithin lagen sowohl hinsichtlich der Prämie als auch hinsichtlich des Weihnachtsgeldes wirksame Gesamtzusagen vor. Dass die K. Truck Manufaktur GmbH Zahlungen nicht erbracht hat und insoweit schon mit den Lohnzahlungen für September im Schuldnerverzug war, bedeutet nicht, dass es an einer wirksamen Zahlungsverpflichtung hinsichtlich der Prämie und/oder des Weihnachtsgeldes fehlt. Denn nach den für den Senat überzeugenden Ausführungen der vernommenen Zeugen durften diese als Geschäftsführer und Prokuristen der K. Truck Manufaktur GmbH bis Ende Oktober 2014 davon ausgehen, dass der Zahlungsengpass vorübergehend und durch A.A.-H. aufgefangen würde. Daher bestand keinerlei Anlass dazu, eine wirksame Verpflichtungserklärung (Angebot i.S.d. § 151 BGB) in Zweifel zu ziehen. Vielmehr ist der Senat überzeugt, dass die Geschäftsführer W. (zusammen mit den Prokuristen) und A.A.-H. die K. Truck Manufaktur GmbH tatsächlich hinsichtlich einer Prämie i.H. eines halben Monatsgehalts, das zum September– bzw. Oktobergehalt zu zahlen war, und einer Weihnachtsprämie, die in Höhe eines ganzen Monatsgehalts mit dem Novembergehalt zu zahlen war, gegenüber den Mitarbeitern und auch dem Kläger wirksam verpflichtet hatten.

Da der Kläger aber die Voraussetzungen der Motivationsprämie, also einen Wechsel von einer Transfergesellschaft hin zur K. Truck Manufaktur, erfüllt hatte, stand ihm ein Anspruch hierauf zu. Da auch die Weihnachtsgeldgesamtzusage nicht von der Erfüllung bestimmter Verbleibezeiten oder einer ungekündigten Stellung zu einem bestimmten Stichtag abhing und der Kläger im November 2014 bei der K. Truck Manufaktur GmbH angestellt war, hatte er auch insoweit einen Anspruch erworben.

Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt im § 4 Satz 3 AV und die Regelung in § 14 Satz 1 AV (Ausschluss der betrieblichen Übung) dem Entstehen des Anspruchs des Klägers nicht entgegen gestanden hatte. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug.

Damit liegen sowohl hinsichtlich der von der K. Truck Manufaktur GmbH nicht erfüllten Ansprüche auf die Prämie und das Weihnachtsgeld InsG-fähige Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt vor.

Diese dem Grunde nach InsG-fähigen Ansprüche müssen sich nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die dem Insolvenzereignis vorausgehenden letzten drei Monate (dem sog. InsG-Zeitraum) ergeben, also diesem Zeitraum zeitlich zugeordnet werden können. Maßgeblich ist insoweit grds., wann der jeweilige Anspruch auf Arbeitsentgelt erarbeitet worden ist (BSG 24.11.1983 - 10 RAr 12/82 - juris RdNr. 14; Voelzke a.a.O. § 165 RdNr. 106). Für die Zuordnung bestimmter Ansprüche zu bestimmten Zeiträumen der Arbeitsleistung ist auf die für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Vorgaben abzustellen, die sich aus dem Gesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder aus dem Arbeitsverhältnis ergeben können (E. Schneider a.a.O. RdNr. 69). Bei laufenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt kommt es auf die Zeiträume an, für die dieses gezahlt wird. Das für einen bestimmten Monat der Arbeitsleistung geschuldete Arbeitsentgelt ist damit insolvenzgeldfähig, wenn der Monat in den Insolvenzgeldzeitraum fällt (E. Schneider a.a.O. RdNr. 70). Bei sonstigen, zeitlich nicht eindeutig zuzuordnenden Vergütungsbestandteile differenziert die Rechtsprechung zwischen anteilig zu berücksichtigenden Leistungen und anlassbezogenen Leistungen. Anteilig berücksichtigt werden etwa Sonderzahlungen, die für die Arbeitsleistung eines ganzen Jahres gewährt, aber zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgezahlt werden (BSG 23.03.2006 - B 11a AL 29/05 R - juris RdNr. 24). Bei anlassbezogenen Zahlungen kommt es dagegen auf den jeweiligen Zeitpunkt an (BSG 18.01.1990 - 10 RAr 10/89 - juris RdNr. 18). Ein Beispiel dafür ist eine Zuwendung für erwiesene Betriebstreue zu einem bestimmten Datum, welches das Dienstjubiläum markiert (E. Schneider a.a.O. RdNr. 72). Eine solche Zuwendung fällt in Abhängigkeit des Anlassdatums nur entweder ganz oder gar nicht in den InsG-Zeitraum (E. Schneider a.a.O. RdNr. 72).

Bei Jahressonderzahlungen differenziert die sozialgerichtliche Rechtsprechung nach den arbeitsrechtlichen Vorgaben, die zwischen Zahlungen mit reinem Entgeltcharakter, Zahlungen zur Belohnung erwiesener und künftiger Betriebstreue und Zahlungen mit Mischcharakter unterscheiden (BAG 24.10.1990 - 6 AZR 156/89 - juris RdNr. 30). Ist vereinbart, dass eine Sonderzahlung bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anteilig gewährt wird, so fällt sie auch anteilig in den Insolvenzgeldzeitraum unabhängig von dem eigentlich vorgesehenen Datum der Auszahlung (BSG 09.12.1997 - 10 RAr 5/97 - juris RdNr. 25; InsG-DA zu § 165 SGB III Rn. 6.3 Abs. 6). Wird dagegen die Betriebstreue honoriert, kommt es darauf an, ob der Zahlungszeitpunkt im Insolvenzgeldzeitraum liegt (BSG 18.03.2004 - B 11 AL 57/03 R - juris RdNr. 14). Ist dies der Fall, ist die Zuwendung in voller Höhe InsG-fähig, wenn nicht, fällt sie für die Berechnung des InsG vollständig aus (E. Schneider a.a.O. RdNr. 73). Bei Zuwendungen mit Mischcharakter ist darauf abzustellen, ob und in welcher Höhe sie arbeitsrechtlich auch bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Betrieb zu zahlen gewesen wären (E. Schneider a.a.O. RdNr. 73). Fehlt es daran, so gilt InsG-rechtlich das Stichtagsprinzip des Alles oder Nichts (E. Schneider a.a.O. RdNr. 73).

Vorliegend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Prämie dem InsG-Zeitraum vom 15.09.2014 bis zum 30.11.2014 zuzuordnen ist. Nach Überzeugung des Senats diente die Prämie, die dem Kläger mit dem Gehalt für September gezahlt werden sollte, nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistung und – anders als von der Beklagten angenommen – auch nicht der Abgeltung von Wartezeit vor Beginn der Beschäftigung bei der K. Truck Manufaktur GmbH. Vielmehr ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Prämie den Angestellten im Nachhinein für deren Bereitschaft, bei der K. Truck Manufaktur GmbH die Arbeit anzutreten, versprochen worden war. Das wird auch durch die Zeugenaussagen von Bernd W. und Michael S. sowie der Bestätigung auf Blatt 31 der SG-Akte gestützt. Dass die Prämie aber für die Zeit von Juli 2014 bis September 2014 quasi als Entgeltersatz für die betriebsfremde Tätigkeit bzw. Ausfallzeit zwischen der Beschäftigung bei der K. Spezialfahrzeuge AG und der K. Truck Manufaktur GmbH gedacht war, wie die Beklagte annimmt, konnte der Senat nicht feststellen. Insoweit sieht der Senat den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim SG als überzeugend an, wonach es der K. Truck Manufaktur GmbH sehr daran gelegen war, den Kern der Belegschaft der insolventen K. Spezialfahrzeuge AG zu übernehmen; dies hatten auch die vom Senat vernommenen Zeugen bestätigt. Entsprechend wurde die Sonderzahlung "Prämie" auch nicht allen Mitarbeitern zugesagt, sondern nur denjenigen Mitarbeitern, die in einer Transfergesellschaft waren und keinen anderen Job bekommen oder angenommen haben. Da der Anspruch auf die Prämie aber erst nach Abschluss des AV versprochen wurde und – im Fall des Klägers - erst mit dem Septembergehalt entstehen sollte, war der Anspruch auch erst am 15.09.2014, mithin in dem am selben Tag beginnenden InsG-Zeitraum entstanden. Damit war die Prämie i.H. eines halben Monatsgehaltes InsG-erhöhend zu berücksichtigen.

Auch das "Weihnachtsgeld", das dem Kläger mit dem Gehalt für November gezahlt werden sollte, diente nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistung. Vielmehr wollte die K. Truck Manufaktur GmbH auch mit dieser Sonderzahlung die Aufnahme der Beschäftigung in ihrem Betrieb belohnen und daher lediglich am Rande einen Ausgleich "für die lange Wartezeit" schaffen, wie es das SG angenommen hatte. Zutreffend hat das SG insoweit ausgeführt: "Wäre es der Arbeitgeberin darum gegangen, geleistete Arbeit zusätzlich zu vergüten, hätte eine Klausel nahe gelegen, mit der die Höhe des "Weihnachtsgeldes" danach gestaffelt wird, wie lange das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr bestanden hat". Da die K. Truck Manufaktur GmbH eine solche Bedingung nicht an die Zahlung des Weihnachtsgeldes geknüpft hatte und auch angesichts des Betriebsbeginns erst am 15.09.2014 ein ganzjähriges Erarbeiten des Weihnachtsgeldanspruchs nicht vorausgesetzt werden konnte, ist der Senat der Überzeugung, dass das Weihnachtsgeld als von der tatsächlichen Erbringung von Arbeit in einem konkreten Zeitraum unabhängige Sonderzahlung anzusehen ist. Insoweit wird zwar nicht Betriebstreue jedoch die Arbeitsaufnahme und die Bereitschaft in einem Nachfolgeunternehmen zu arbeiten, das denselben Unternehmenszweck wie das insolvenzbelastete Vorunternehmen verfolgt, honoriert. Insoweit ist vorliegend das Weihnachtsgeld als im November 2014 entstehende und fällig gewordene, anlassbezogene Sonderzahlung zu verstehen, die nicht in einem bestimmten Zeitraum erarbeitet werden musste. Damit ist das Weihnachtsgeld dem Monat November 2014 in vollem Umfang zuzuordnen.

Dass es sich um eine von allen Vertragsparteien erkennbare und gewollte Scheinvereinbarung gehandelt hat, weil bereits mit Betriebsbeginn am 15.09.2014 für alle erkennbar keine Zahlungsfähigkeit oder kein Zahlungwille vorlag und keine Betriebstätigkeit aufgenommen werden sollte, ist nicht festzustellen. Dies hat selbst die Beklagte nicht behauptet.

Das laufende Gehalt des Klägers war gemäß § 4 Satz 2 AV jeweils am 15. des Monats fällig. Die beiden Sonderzahlungen sollten im Fall des Klägers mit dem Gehalt für September und November 2014 erbracht werden, also am 15.09.2014 und am 15.11.2014. In beiden Fällen lag demnach das leistungsauslösende Ereignis im InsG-Zeitraum vom 15.09.2014 bis zum 30.11.2014.

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass bei zusätzlicher Berücksichtigung der Prämie (Brutto:1.540,00 EUR, Blatt 10 der Beklagtenakte) und des Weihnachtsgeldes (Brutto: 2.650,00 EUR, Blatt 13 der Beklagtenakte) das Nettoarbeitsentgelt des Klägers ausweislich der Lohnabrechnungen auf den Seiten 10 und 13 der Beklagtenakte im September 2.600,14 EUR (statt 1.251,80 EUR, dazu vgl. die Berechnung der Beklagten auf Blatt 19 der Beklagtenakte) und im November 4.637,64 EUR (statt 2.347,01 EUR, dazu vgl. die Berechnung der Beklagten auf Blatt 19 der Beklagtenakte) betragen hätte. Rechenfehler sind insoweit nicht ersichtlich und werden auch von der Beklagten oder dem Kläger nicht geltend gemacht und konnten vom Senat nicht festgestellt werden.

Mithin steht dem Kläger ein Anspruch auf InsG auf der Basis eines Nettoeinkommens von insgesamt (2.600,14 EUR + 3.043,31 EUR + 4.637,64 EUR =) 10.281,09 EUR für die Zeit vom 15.09.2014 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.11.2014 zu. Da die Beklagte bereits InsG i.H.v. 6.642,12 EUR bewilligt und gezahlt hatte, folgt hieraus ein Anspruch des Klägers auf insgesamt weitere 3.638,97 EUR an InsG.

Damit war auch der Bescheid der Beklagten vom 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2015 rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt. Zutreffend hat das SG insoweit die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2015 verurteilt, dem Kläger InsG über weitere 3.638,97 EUR zu zahlen. Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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