L 4 R 3723/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1250/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3723/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege eines Zugunstenverfahrens die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente über den 31. Oktober 1999 hinaus bis einschließlich 31. August 2007 sowie hilfsweise die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits vor dem 1. September 2007.

Der am 1947 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger und reiste 1971 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er erlernte den Beruf des Technikers und war von 1973 bis 1998 als Schweißer versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 bewilligte die Beklagte ihm eine Regelaltersrente ab 1. April 2012. Ab 17. November 2005 war ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt, nicht aber unter anderem die Merkzeichen G und aG (Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 26. September 2006).

Beim Kläger erfolgte im Dezember 1997 eine Totalendoprothesen-Operation (TEP-OP) am linken Hüftgelenk bei ab 6. Oktober 1997 bestehender Arbeitsunfähigkeit. Anschließend beantragte der Kläger am 8. Januar 1998 die Gewährung medizinischer Rehabilitationsleistungen. Vom 15. Januar bis 12. Februar 1998 befand sich der Kläger anlässlich einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik für physikalische und Rehabilitationsmedizin in B R. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts des Chefarztes Dr. J. vom 16. Februar 1998 bestand beim Kläger ein Zustand nach Implantation einer zementierten Hüft-TEP links bei Coxarthrose links mehr als rechts. Er führte aus, der Kläger werde voraussichtlich drei Monate postoperativ nach Beendigung seines Krankenstandes die ursprüngliche Tätigkeit wieder aufnehmen können. Er solle jedoch auf das Tragen, Heben und Bewegen von Gewichten über 15 kg weitgehend sowie auf das Gehen überlanger Strecken von mehr als 5 km täglich verzichten. Wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit erfolgte im Oktober 1998 eine femorale Bypass-Operation links. Eine weitere medizinische Rehabilitation erfolgte vom 23. März bis 20. April 1999.

Unter dem 26. Mai 1999 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Landesversicherungsanstalt Württemberg - im Folgenden einheitlich Beklagte - mit, die durchgeführten Rehabilitationsleistungen hätten in den gesundheitlichen Verhältnissen nicht die erhoffte Besserung erzielt. Der Kläger solle alsbald einen förmlichen Rentenantrag stellen, bei dem als Antragsdatum der Tag der Antragstellung auf Rehabilitationsleistungen zu vermerken sei. Dieser Aufforderung kam der Kläger unter dem 10./15. Juni 1999 nach und beantragte die Gewährung einer Rente wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 24. Juni 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls am 6. Oktober 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 21. April bis 31. Oktober 1999.

Aufgrund seines unter dem 17. August 1999 gestellten Antrags auf Weitergewährung veranlasste die Beklagte eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers und ging auf der Grundlage des nicht mehr vorliegenden Gutachtens von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, jedoch weiterhin eingeschränkten Leistungsvermögen im Bezugsberuf des Schweißers aus. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13. Dezember 1999 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. November 1999 bis zunächst 31. Oktober 2000. Auf weiteren Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. November 2000 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bis zum Beginn der Regelaltersrente.

Am 22. August 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das nachfolgende Schreiben des Klägers vom 17. September 2007 wertete die Beklagte als formlosen Antrag auf Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der bisher bezogenen Berufsunfähigkeitsrente. Die Beklagte beauftragte Internist Dr. Gre. mit der Erstattung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 22. Oktober 2007 diagnostizierte Dr. Gre. beim Kläger eine arterielle Verschlusskrankheit vom Unterschenkeltyp beidseits, eine Coxarthrose rechts, eine leichte Gonarthrose sowie eine Hörminderung und einen verminderten Geruchssinn. Ferner stellte er einen Zustand nach TEP links fest. Im Vergleich zu dem (nicht mehr vorliegenden) Vorgutachten vom November 2000 ergebe sich in der Einschätzung des Leistungsvermögens eine Herabstufung von vollschichtig auf drei bis unter sechs Stunden für leichte Arbeiten. Die Verschlussdruckwerte würden den Hinweis auf eine Claudicatio Intermittens Stadium II b nach Fontaine zulassen, was einer Gehstrecke von unter 200 m entspreche. Die Hüft-TEP sitze regelrecht, passive Bewegungseinschränkungen hätten sich in der Untersuchung nicht nachweisen lassen. Insbesondere zeige sich keine nennenswerte Inaktivitätsathropie des linken Beines, aus der sich eine Schonhaltung des linken Beines ableiten lasse. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. September 2007 unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls am 22. August 2007. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2009 zurück. Das Leistungsvermögen als auch der Zeitpunkt des Leistungsfalls seien richtig festgestellt worden. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Befundberichts des den Kläger behandelnden Orthopäden K. vom 2. Februar 2009 (dort genannte Diagnosen: Prellung der Wirbelsäule und der Hüfte rechts nach Sturz im August 2007, Stauchung des Daumens rechts, Zustand nach Hüft-TEP).

Unter dem 22. September 2009 beantragte der Kläger erneut die Überprüfung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und anschließend Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden müssen. Er leide nicht nur an den Folgen einer Implantation einer Hüft-TEP links 1997, sondern auch an den Folgen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit Stadium II b links. Bereits "damals" habe er nur humpelnd gehen können und sei nicht mehr in der Lage gewesen, leichte Arbeiten vollschichtig überwiegend im Sitzen auszuführen. Der Kläger übersandte Befundberichte. Mit Bescheid vom 3. August 2010 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers ab. Volle Erwerbsminderung sei erst zum 22. August 2007 eingetreten. Davor habe lediglich teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorgelegen. Auch nach Überprüfung der eingereichten ärztlichen Unterlagen ergäbe sich keine andere Einschätzung. Das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe sich erst zu diesem Zeitpunkt soweit verringert, dass nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten hätten verrichtet werden können, wobei die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke von 500 m nicht mehr erreicht worden sei.

Hiergegen legte der Kläger unter dem 3. September 2010 Widerspruch ein. Nicht nachvollziehbar sei, woran der Eintritt des Leistungsfalls festgemacht werde. Er habe im August 2007 einen Sturz mit Prellung von Lendenwirbelsäule und Hüfte erlitten. Dieser Sturz sei jedoch nicht Anlass für eine richtungsweisende Verschlechterung gewesen. Bereits zuvor sei er nicht in der Lage gewesen, den Anforderungen des Arbeitsmarktes zu genügen. Mit Schreiben vom 3. November 2011 legte der Kläger u.a. folgende (bereits mit dem Überprüfungsantrag vom 22. September 2009 übersandte) ärztliche Unterlagen vor: • Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) Baden-Württemberg, Dr. H., vom 11. Januar 1999 Arbeitsunfähigkeitsdiagnose: Periphere arterielle Verschlusserkrankung (pAVK) Stadium III linkes Bein Frage der Krankenkasse: Abklärung des Rehabilitationsbedarfs Beurteilung: Bei dem Versicherten zeigten sich erst nach der Implantation einer zementierten Hüft-TEP Erscheinungen einer arteriellen Durchblutungsstörung des linken Beines. Eine operative Therapie wurde im Oktober 1998 durchgeführt, eine weitere Revision könnte geplant sein. Der Versicherte klagt noch über erhebliche Beschwerden. • Gutachten des MDK Baden-Württemberg, Dr. A., vom 24. Juli 1998 Diagnosen: Rezidivierende Lendenwirbelsäulen- und linksseitige Beinbeschwerden bei Protrusion L4-S1, Zustand nach Hüft-TEP links Dezember 1997, klinisch Verdacht auf pAVK links, klinisch Verdacht auf Fersensporn links, beginnende Coxarthrose rechts, klinisch Verdacht auf Somatisierung; Beurteilung: Für die bisherige Tätigkeit noch nicht belastbar bis Ende Juli 1998. Erneute stufenweise Wiedereingliederung kann ab Anfang August begonnen werden. • Arztbericht Dr. C., Facharzt für Venerologie, vom 13. Oktober 1998 Diagnose: Klinisch Gangrän bei AVK und Nikotinabusus, Claudicatio Intermittens "PS: Farbdoppler: Massive Stenose Aorta femoralis links, AVK Stadium III! -) Gefäßchirurgie Ludwigsburg". • Arztbrief des Facharztes für Neurochirurgie G. vom 23. April 1999 Diagnosen: u.a. Z. n. Arteriellem Bypass bei pAVK II b links (10/98). • Ärztlicher Befundbericht zum Rentenantrag des Orthopäden K. vom 15. August 2000 Diagnosen: u.a. periphere Durchblutungsstörungen Beinbereich, Zustand nach Bypass November 1998 Funktionseinschränkungen: u.a. verkürzte Gehstrecke.

Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. K. vom 13. Januar 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2012 zurück. Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss aus, dass, sofern der Kläger eine Erwerbsunfähigkeit über den 31. Oktober 1999 geltend mache, darauf hinzuweisen sei, dass der Kläger weder gegen den Bescheid vom 13. Dezember 1999 noch gegen den Bescheid vom 29. November 2000 Widerspruch eingelegt habe. Die erste Überprüfung habe er erst sieben Jahre nach Beendigung der Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt. Dies spreche ebenfalls gegen die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit über den 31. Oktober 1999 hinaus.

Der Kläger erhob am 11. April 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung legte er dar, ihm sei nicht klar gewesen, dass er auch nach dem 31. Oktober 1999 einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gehabt habe. Diese Idee sei erst im Rahmen eines Gespräches mit seinem Prozessbevollmächtigten aufgekommen. Er sei sich über seine damaligen Rechte nicht im Klaren gewesen. Wegen seiner depressiven Grundstimmung sei er nie in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung gewesen.

Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid und Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Gr. vom 15. August 2012 entgegen. Über den Zeitraum von 1999 bis 2007 seien keine Erkrankungen oder Behandlungen dokumentiert, die darauf schließen ließen, dass das Leistungsvermögen in dem angegebenen Zeitraum erheblich eingeschränkt gewesen sei. Es bleibe somit bei der Beurteilung durch Dr. Gre. vom Oktober 2007. Der Leistungsfall sei damals mit Stellung des Rentenantrags am 22. August 2007 festgelegt worden. Eine Änderung der Leistungsbeurteilung und des Leistungsfalles könne nicht belegt werden.

Das SG befragte die den Kläger behandelnden Ärzte K. und Facharzt für Allgemeinmedizin Lo. schriftlich als sachverständige Zeugen. Arzt K. (Auskunft vom 14. Juni 2012) führte aus, der Kläger sei in der Zeit von 1999 bis 2007 lediglich an zwei Terminen, nämlich im Juli 2000 und im März 2006, wegen einer Lumboischialgie links vorstellig geworden. Veränderungen der Gesundheitsstörungen hätten sich durch Zunahme der Coxarthrose rechts und durch Zunahme der Gangbildstörung mit Funktionsstörung am linken Bein gezeigt. Der Kläger leide seit vielen Jahren unter gleichbleibenden Beschwerden, die therapieresistent eine depressive Grundstimmung bedingten. Arzt Lo. legte unter dem vom 25. Juli 2012 dar, der Kläger sei 1999 wegen Lendenwirbelsäulenbeschwerden, 2000 wegen einer Bronchitis, Impfungen und Beinödemen, 2001 hauptsächlich wegen eines chronischen Ulcus cruris auf dem Boden einer arteriellen Verschlusskrankheit, 2002 und 2003 wegen einer Hypercholesterinämie, 2005 wegen eines Lendenwirbelsäulensyndroms und Impfungen, 2006 wegen einer Depression, einer Verbrennung, einer Coxarthrose und Wirbelsäulenbeschwerden sowie 2007 wegen eines psychischen Leidens, Wirbelsäulenbeschwerden und Beinbeschwerden in seiner Behandlung gewesen.

Mit Urteil vom 11. Juli 2013 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme der die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. volle Erwerbsminderung ablehnenden Bescheide vom 13. Dezember 1999, 29. November 2000 und 22. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2009. Die Beklagte habe damit zu Recht mit Bescheid vom 3. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2012 die Rücknahme der genannten Bescheide abgelehnt. Ein Anspruch nach dem bis 31. Dezember 2000 geltenden Recht bestehe nicht. Der Kläger könne im streitigen Zeitraum nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als erwerbsunfähig angesehen werden. Für eine entsprechende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers in der Zeit vor Rentenantragstellung am 22. August 2007 lägen keine verlässlichen hinreichenden Anhaltspunkte vor, die wahrscheinlich machen würden, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers über den 31. Oktober 1999 hinaus dauerhaft und regelmäßig entsprechend eingeschränkt gewesen sei. Der Kläger sei im maßgeblichen Zeitraum seinen eigenen Angaben zufolge lediglich bei Arzt K. sowie dem Hausarzt Dr. Hi. bzw. dessen Nachfolger Arzt Lo. in Behandlung gewesen. Diese hätten zwar bestätigt, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum an diversen Erkrankungen auf orthopädischem, internistischem und psychiatrischem Fachgebiet gelitten habe. Allein eine Diagnose führe jedoch nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Vielmehr sei die aus der jeweiligen Erkrankung resultierende Funktionseinschränkung maßgeblich. Inwieweit die Erkrankungen des Klägers in dem zu beurteilenden Zeitraum zu Einschränkungen geführt hätten, sei im Nachhinein ohne aussagekräftige ärztliche Unterlagen nicht mehr aufklärbar. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der von Arzt K. erwähnten verkürzten Gehstrecke. Daraus sei nicht klar zu entnehmen, ob hier bereits ein Absinken der Wegefähigkeit auf unter 500 m vorgelegen habe, ab der erst die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes anzunehmen sei. Im Übrigen sei eine Wegefähigkeit auch gegeben, wenn der Versicherte öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder ein Kfz führen könne. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, ein Kfz zu führen oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, lägen nicht vor. Einer rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit bereits zu einem früheren Zeitpunkt widerspräche im Übrigen auch der Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 26. September 2006, mit welchem die Anerkennung des Merkzeichens G und aG abgelehnt, also auch von dieser Stelle keine wesentliche Beeinträchtigung der Wegefähigkeit gesehen worden sei. Die Nichtaufklärbarkeit gehe zulasten des Klägers. Auch nach dem seit 1. Januar 2001 geltenden Recht steht dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Auch hier könne nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis Juli 2007 nicht mehr in der Lage gewesen sei, täglich wenigstens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein.

Gegen das ihm am 22. Juli 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. August 2013 beim SG Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag führt er aus, es spreche nicht gegen ihn, dass er im maßgeblichen Zeitraum nur eingeschränkt die Ärzte aufgesucht habe. Er sei sich der Tatsache bewusst gewesen, dass die Gesundheitsstörung durch die Zunahme der Coxarthrose rechts und die Zunahme der Gangbildstörung von den Ärzten nicht habe beseitigt werden können. Er habe schließlich seit vielen Jahren unter gleichbleibenden Beschwerden, die zu seiner Erwerbsunfähigkeit geführt hätten, gelitten. Unter nochmaliger Vorlage (teilweise bereits früher eingereichter) medizinischer Unterlagen hat er ferner ausgeführt, auch der auf seinen Antrag beauftragte Privatdozent Dr. Ga. habe sein seit 1999 vorhandenes Restleistungsvermögen nicht richtig eingeschätzt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Juli 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 13. Dezember 1999 insoweit zurückzunehmen, als die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Oktober zu 99 hinaus abgelehnt wurde, und ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Oktober 1999 hinaus bis 31. August 2007 zu gewähren, hilfsweise, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab 1. Januar 2001 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass auch eine Wegefähigkeit gegeben sei, wenn der Kläger öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder ein Kfz führen könne.

Der Senat hat Privatdozent Dr. Ga. auf Antrag des Klägers zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem Gutachten nach Aktenlage vom 11. März 2016 führte dieser aus, erstmals sei 1998 eine pAVK Stadium II diagnostiziert worden. Es habe eine Limitierung der Gehstrecke, eine so genannte Claudicatio intermittens bestanden. In der gesamten Akte sei jedoch niemals eine genaue Ermittlung der Gehstrecke durchgeführt worden. Dies könne nur standardisiert auf einem Laufband mit standardisierter Steigerung und standardisierter Geschwindigkeit erfolgen. Nur nach einem solchen Untersuchungsergebnis lasse sich eine exakte Klassifizierung nach Fontain vornehmen. Alle anderen Angaben seien subjektiver Art und dienten nur einer groben Orientierung. Die Beschwerden, die der Kläger angebe, seien auch nicht genau differenzierbar, bezüglich Schmerzen von der Hüfte, der Wirbelsäule oder gar von der Durchblutungsstörung. Die eigentliche Claudicatio intermittens äußere sich in belastungsabhängigen Wadenschmerzen, die jedoch in Ruhe rasch wieder nachließen. Eine solche anamnestische Angabe sei in den Akten nirgends zu finden, daher sei die Diagnose ungenau. Zwar sei ein sogenannter ABI (Ankle-Brachial-Index) gemessen. Diese Messuntersuchung sei eine zusätzliche Untersuchung und erlaube eine zusätzliche Abschätzung des Maßes der Durchblutungsstörung. Keinesfalls lasse sich aufgrund des ABI eine Einteilung in die Stadien nach Fontain durchführen. Für die Stadien-Einteilung nach Fontain sei letztlich nur ein standardisierter Gehtest mit Erreichung der maximalen Gehstrecke möglich. Ferner sei die Diagnose eines so genannten Arteria femoralis- superficialis-Verschlusses im Oberschenkelbereich gestellt worden, die auf der Durchführung einer so genannten Becken-Bein-Angiographie zum Zeitpunkt der damaligen stationären Behandlung beruht habe. Ferner habe der Kläger an orthopädischen Erkrankungen - wie Hüfte links und Lendenwirbelsäule - gelitten. Im Zeitraum vom 1. November 1999 bis 31. August 2008 sei der Kläger in der Lage gewesen, allein aufgrund seiner pAVK sowohl leichte als auch mittelschwere und auch schwere körperliche Arbeiten - sieben bis acht Stunden täglich - zu verrichten. Auch unter der Hypothese, dass eine Einschränkung der Gehstrecke aufgrund der Durchblutungsstörungen zu verzeichnen gewesen sei, habe der Kläger mit dem hypothetischen Stadium der pAVK eine Wegstrecke von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von etwa 20 Minuten zurücklegen können. Insbesondere ergäben sich aufgrund der pAVK keinerlei Einschränkungen, öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 143, 151 Abs. 2 und Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 3. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2012 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch, dass die Beklagte den Bescheid vom 13. Dezember 1999 zurücknimmt und ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. November 1999 gewährt.

a) Der Kläger begehrt, ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auch ab 1. November 1999 (anstelle der gezahlten Rente wegen Berufsunfähigkeit) zu gewähren. Der maßgebliche Bescheid, mit dem die Beklagte diesen vom Kläger geltend gemachten Anspruch verneinte und der demgemäß von der Beklagten zurückzunehmen wäre, ist der Bescheid vom 13. Dezember 1999. Mit diesem Bescheid lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 17. August 1999, die bis 31. Oktober 1999 bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiterzuzahlen, (sinngemäß) ab. Denn sie entschied mit diesem Bescheid, ab 1. November 1999 lediglich die Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Der Bescheid vom 29. November 2000 enthält keine Regelung zu der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Denn dieser Bescheid erging auf den Antrag des Klägers vom 20. Juli 2000, die (bis 31. Oktober 2000) befristete Rente wegen Berufsunfähigkeit weiterzuzahlen. Dieser Bescheid entsprach diesem Antrag des Klägers.

Auch der Bescheid vom 21. Dezember 2007 enthält keine Regelung hinsichtlich der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (nach dem bis 31. Dezember 2000 geltenden Recht). Er bewilligt die Rente wegen voller Erwerbsminderung (nach dem seit 1. Januar 2001 geltenden Recht) ab 22. August 2007 auf den Rentenantrag des Klägers vom selben Tag und enthält keine Regelung zur Rentenansprüchen des Klägers für Zeiten vor der Rentenantragstellung. Damit enthält der Bescheid auch keine Regelung über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 22. August 2007.

aa) Verfahrensrechtliche Grundlage der vom Kläger begehrten Überprüfung des Bescheids vom 13. Dezember 1999 ist § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakt das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Zu Unrecht nicht erbrachte Leistungen können höchstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme oder, wenn die Rücknahme auf Antrag erfolgt, vor dem Antrag erbracht werden, wobei der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet wird, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 SGB X). Im vorliegenden Fall ist dies der 1. Januar 2005, da der Kläger den Antrag auf Rücknahme am 22. September 2009 gestellt hat.

bb) In materiellrechtlicher Hinsicht liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 13. Dezember 1999 nicht vor, da bei Erlass dieser Bescheid weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Der Bescheid vom 13. Dezember 1999 ist vielmehr rechtmäßig. Es lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger ein Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Oktober 1999 hinaus bis 31. August 2007 nach § 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zustand.

Die Rechtmäßigkeit eines Rentenablehnungsbescheids im Sinn von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X beurteilt sich nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses bestehenden Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 14. November 2002 – B 13 RJ 47/01 R – juris, Rn. 19). Ob nach einer Änderung der rentenrechtlichen Bestimmungen altes oder neues Recht anzuwenden ist, wird durch die Bestimmungen in § 300 SGB VI geregelt. Die darin enthaltenen Grundsatz- und Ausnahmeregelungen betreffen nicht nur das Inkrafttreten des SGB VI, sondern aufgrund ihres allgemein gehaltenen Wortlauts auch nachfolgende Änderung. Nach der in § 300 Abs. 1 SGB VI enthaltenen Grundregel sind, soweit die nachfolgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmen, die Vorschriften des SGB VI von ihrem Inkrafttreten an nicht nur auf solche Sachverhalte und Ansprüche anzuwenden, die sich danach ergeben, sondern auch auf Sachverhalte und Ansprüche, die vor diesem Zeitpunkt vorgelegen haben. Abweichend von dieser Grundregel enthält § 300 Abs. 2 SGB VI eine Sonderregel für den Fall, dass ein Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung einer Vorschrift des SGB VI geltend gemacht wird. In diesem Fall bleibt die aufgehobene Vorschrift auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung auf den bis dahin bestehenden Anspruch anwendbar (BSG, Urteil vom 24. Februar 1999 –B 5 RJ 28/98 R – juris, Rn. 11 f).

Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger vor. Er begehrt (auch) Leistungen für die Zeit vor dem 1. Januar 2001, nämlich die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Oktober 1999 hinaus, und der Weitergewährungsantrag wurde vor diesem Zeitpunkt am 17. August 1999 gestellt.

cc) Nach § 44 Abs. 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich DM 630,00) übersteigt. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wenn (Nr. 1) begründete Aussicht bestand, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein konnte, oder (Nr. 2) der Anspruch auch von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig war, es sei denn, der Versicherte vollendete innerhalb von zwei Jahren nach Rentenbeginn das 60. Lebensjahr. Nr. 2 der Vorschrift stellt mithin klar, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur befristet zu leisten sind, wenn der Rentenanspruch nicht ausschließlich auf den Gesundheitszustand, sondern auch darauf beruht, dass der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 64/02 R - juris Rn. 32). Im Rahmen der Erwerbsunfähigkeit ist der Anspruch hiernach (auch) von der Arbeitsmarktlage abhängig, sobald der Versicherte keine vollschichtigen Arbeiten verrichten kann. Bei einem halb- bis untervollschichtigen Leistungsvermögen wird danach von einer Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts ausgegangen, sodass ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit besteht, sobald der Versicherte keine vollschichtigen Arbeiten mehr verrichten kann.

dd) Nach diesen Maßstäben kann der Senat - ebenso wie das SG - aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen, dass der Kläger im Zeitraum vom 31. Oktober 1999 bis 31. August 2007 nicht in der Lage war, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in der danach maßgeblichen Zeit täglich zu verrichten. Zwar liegen bei ihm gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese mindern seine berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer Hinsicht, aber es ist nicht feststellbar, dass seine berufliche Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht gemindert war.

(1) Beim Kläger bestanden damals auf orthopädischem Fachgebiet ein Zustand nach Coxarthrose (Hüft-TEP links 12/97), eine rezidivierende Lumboischialgie bei Protrusion L4/5 und L5/S1 mit Sensibilitätsstörung des linken Fußes, eine Cervikobrachialgie bei Spondylarthrose C2-C7, eine Osteochondrose der Wirbelsäule sowie eine Meniscopathie linksmedial. Dies entnimmt der Senat dem ärztlichen Befundbericht zum Rentenantrag des Dr. K. vom 15. August 2000 und dessen Arztbrief vom 14. März 2006.

Auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie litt der Kläger unter der erstmals 1998 diagnostizierten pAVK Stadium II b nach Fontain. Dies folgt für den Senat aus dem Sachverständigengutachten des Privatdozent Dr. Ga. vom 11. März 2016, dessen ärztlichem Kurzbericht vom 22. Juni 2006 und dem Kurzbericht des Privatdozenten Dr. Eckstein vom 5. September 2000.

Zudem litt der Kläger auf internistischem Gebiet 2002 und 2003 an einer Hypercholesterinämie. Dies ergibt sich für den Senat aus der Zeugenauskunft des Arztes Lo. vom 25. Juli 2012.

Ferner bestand beim Kläger 2006 eine Depression nicht näher definierten Ausmaßes und 2007 ein nicht näher bezeichnetes psychisches Leiden. Auch dies ergibt sich aus der Zeugenauskunft des Arztes Lo. vom 25. Juli 2012.

(2) Aus dem beim Kläger als relevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Ansicht des Senats qualitative Einschränkungen. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Privatdozent Dr. Ga ... Die beim Kläger vorhandene pAVK macht sich bemerkbar durch eine Einschränkung der Gehstrecke. Insoweit bestand beim Kläger bereits am 13. November 1998 (vergleiche dem Gutachten des Sachverständigen beigefügter Arztbrief des Professor Dr. St., Klinikum L., vom selben Tag) mit einer - vom Kläger angegebenen - Gehstrecke von unter 100 m. Es erfolgte allerdings keinerlei Verifizierung dieses Befundes, so dass nach nachvollziehbarer Darlegung des Sachverständigen Privatdozent Dr. Ga. nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, inwieweit die Gehstrecke tatsächlich eingeschränkt gewesen ist. Insoweit wurden mehrere ABI-Messungen durchgeführt. Dies geschah auch im Rahmen der Begutachtung durch Dr. Gre. im Oktober 2007. Die dortigen ABI-Messwerte lassen allenfalls eine Einteilung in eine geringe Claudicatio intermittens zu. Claudicatio-Beschwerden, im Sinne von maßgeblichen Wadenschmerzen, sind in den vorliegenden ärztlichen Berichten während des gesamten Behandlungszeitraums und insbesondere im Zeitraum vom 1. November 1999 bis 31. August 2007 nicht explizit genannt. Nach den schlüssigen Ausführungen des Privatdozenten Dr. Ga. ist damit davon auszugehen, dass der Kläger seine maximale Gehstrecke aufgrund der Durchblutungsstörung nicht ausgelaufen ist. Auch aus dem Attest des Arztes K. vom 15. Juni 2006 lässt sich nicht mit Sicherheit eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten entnehmen. Unter Zugrundelegung eines am 10. März 2006 erhobenen Befundes beschreibt dieser eine weitgehend freie Beweglichkeit des linken und eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Hüftgelenks sowie eine Freibeweglichkeit beider Kniegelenke. Der Pulsstatus an beiden Beinen war deutlich abgeschwächt tastbar. Die Halswirbelsäule war frei beweglich. Sensibilitätsstörungen am linken Fuß bestanden. Mit einer Beweglichkeit diesen Umfangs steht einer vollschichtigen leichten körperlichen Tätigkeit nichts im Wege. Da die psychischen Gesundheitsstörungen nicht näher bezeichnet werden, kann der Senat deren Ausmaß nicht feststellen. Da nach Angaben des Klägers eine fachärztliche Behandlung nicht erfolgte, konnten diese allenfalls geringeren Ausmaßes sein. Damit können auch quantitative Leistungsminderungen hieraus nicht abgeleitet werden. Dass aus den bekannten orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen qualitative Leistungseinschränkungen resultieren, ist bekannt. Dass hieraus jedoch eine weitere zeitliche Einschränkung des Restleistungsvermögens des Klägers resultiert wird weder von diesem vorgetragen, noch kann der Senat dies aufgrund der vorhandenen medizinischen Unterlagen feststellen.

(3) Der Senat kann nicht feststellen, dass die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen im Zeitraum vom 1. November 1999 bis 31. August 2007 zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens führen. Nach dem Gutachten des Privatdozenten Dr. Ga. ist auch bei einer bestehenden pAVK nicht bereits davon auszugehen, dass der Kläger gleichwohl zumindest leichte körperliche Arbeiten nicht hätte vollschichtig verrichten können.

(4) Auch kann der Senat nicht feststellen, dass die Wegefähigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bereits nicht mehr gegeben war. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Privatdozent Dr. Ga. hat nachvollziehbar dargelegt, dass - auch unter der Hypothese, dass eine Einschränkung der Gehstrecke aufgrund der Durchblutungsstörungen des Klägers zu verzeichnen war - aufgrund des hypothetischen Stadiums der pAVK die angegebene Wegstrecke von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von etwa 20 Minuten zurückgelegt werden konnte. Insbesondere ergaben sich keine Einschränkungen, öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Einer rentenrelevanten Einschränkung der Wegefähigkeit zum damaligen Zeitpunkt widerspräche auch der Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 26. September 2006, mit dem die Anerkennung der Merkzeichen G und aG abgelehnt wurde. Die gegenteilige Auffassung des Klägers überzeugt aus den o.g. Gründen nicht. Im Übrigen ist der Kläger im Alltag mit seinem Pkw mobil, was wiederum das Vorliegen von Wegeunfähigkeit ausschließt.

(5) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger im genannten Zeitraum vorhanden.

dd) Da am 31. Dezember 2001 Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht bestand, hatte der Kläger auch ab 1. Januar 2001 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 302b Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

b) Der Kläger hat auch keinen – hilfsweise geltend gemachten – Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab 1. Januar 2001 nach dem seit 1. Januar 2001 geltenden Recht.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Voraussetzungen des § 43 SGB VI i.d.F. des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I , S. 1827ff.) sind angesichts des oben festgestellten Leistungsvermögens ebenfalls nicht erfüllt. Der Senat kann auch ein insoweit aufgehobenes Leistungsvermögen nicht feststellen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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