Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 15 KA 331/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 2/03 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Streitwert wird auf 260.360,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Rechtsgrundlage für die Streitwertfestsetzung ist § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Buchstabe d, 25 Abs. 2, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Abgestellt wird dabei auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen.
Streitgegenstand des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz der Antragstellerin gegen den Antragsgegner war die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Sonderbedarfszulassung der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006.
Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin bestand und besteht darin, durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die ihr erteilte und in ihrer Wirksamkeit durch die Klage und Berufung (L 4 KA 37/02) der Beigeladenen zu 5) gehemmte Sonderbedarfszulassung ausnutzen zu können. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 9. September 2003 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Sonderbedarfszulassung kann die Antragstellerin diese Zulassung ausnutzen und auf ihrer Grundlage Honorareinnahmen erzielen.
In vertragsärztlichen Zulassungsverfahren wird das wirtschaftliche Interesse in der Regel durch die Höhe der Einnahmen bestimmt, die der Arzt im Falle der Zulassung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit innerhalb der nächsten fünf Jahre erzielen kann, wobei die erzielbaren Einkünfte um die durchschnittlichen Praxiskosten der jeweiligen Arztgruppe zu vermindern sind (s. dazu BSG, Beschluss vom 11. Dezember 1998 - 6 RKa 52/97 -; BSG, Beschluss vom 7. April 2002 - B 6 KA 61/99 B -; s. dazu auch Wenner/Bernard, Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in vertragsärztlichen Streitigkeiten, NZS 2001, 57, 58, 59).
Für die Bestimmung der voraussichtlichen Einnahmen in den fünf Jahren, für die die Sonderbedarfszulassung erteilt worden ist, legt der Senat das Zahlenmaterial zu Grunde, das die Kassenärztliche Vereinigung mit ihrem Schriftsatz vom 29. Oktober 2003 für die Quartale I/2002 bis I/2003 mitgeteilt hat.
Ohne die bisher vorgenommene Kürzung wegen Überschreitung der wegen des Job-Sharing festgesetzten Punktzahlobergrenzen beträgt das Honorar für die Gemeinschaftspraxis in den genannten fünf Quartalen 650.935,36 EUR.
Der Senat rundet diesen Betrag aus Praktikabilitätsgründen auf volle 100,00 EUR ab; diese Abrundung hat keine Auswirkungen auf die streitwertabhängige Höhe der anfallenden Gebühren.
Bei einem zu Grunde zu legenden Honorar von 650.900,00 EUR entfallen bei zwei Partnern in der Gemeinschaftspraxis damit auf die Antragstellerin Honorareinnahmen von 325.450,00 EUR. Nach Abzug von durchschnittlichen Praxiskosten in Höhe von rund 60 % mit 195.270,00 EUR verbleibt der Antragstellerin damit für fünf Quartale ein Honorar von 130.180,00 EUR. Bezogen auf fünf Jahre mit zwanzig Quartalen ergeben sich daraus voraussichtliche Honorareinnahmen der Antragstellerin von 520.720,00 EUR.
Dieser Betrag ist wegen des vorläufigen Charakters der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf die Hälfte zu kürzen.
Bei der Bemessung des Streitwertes im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird allgemein der Streitwert nur in Höhe eines Bruchteils des Streitwertes des Hauptsacheverfahrens bemessen. Dies wird allgemein begründet mit dem nur vorläufigen Charakter der Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (siehe dazu Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Ziffer I. Nr. 7, abgedruckt bei Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2003, Anhang § 164 Rdn. 15: "In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert in der Regel 1/2, ..."; zur Orientierung an dem Streitwert für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im sozialgerichtlichen Verfahren siehe auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Dezember 2002 - L 2 ER-U 18/02 - NZS 2003, 388).
Unter der Annahme eines grundsätzlich geringeren Streitwertes in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird jedoch auch betont, dass in solchen Verfahren der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes angehoben werden kann, wenn die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil vorwegnimmt (siehe Ziffer I Nr. 7 Satz 2 Streitwertkatalog, aaO; siehe Frehse in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, § 21 Rdn. 100). Zu dieser Problematik führen Wenner/Bernard (aaO) aus, dass für einen Abschlag bei Honorareinnahmen wegen des besonderen Charakters eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes kein Raum sei. Sie weisen dazu darauf hin, dass der Arzt, wenn seine Tätigkeit in einem Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz vorläufig zugelassen werde, nicht anders als ein bestandskräftig zugelassener Arzt tätig werde; er müsse sein Honorar nicht etwa zurückzahlen, wenn er in der Hauptsache unterliege. Insoweit werde die Hauptsache tatsächlich vorweggenommen, so dass ein Abschlag von den Honoraren nicht gerechtfertigt sei. In sinngemäß gleicher Weise äußert sich Frehse (aaO) mit dem Hinweis, dass auch der einstweilen zugelassene Arzt mit allen Rechten und Pflichten zugelassen werde.
Diese Beurteilung ist insoweit zutreffend, als mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses vom 21. November 2001 die Grundlage dafür geschaffen worden ist, dass die Antragstellerin die Sonderbedarfszulassung ausnutzen und auf ihrer Grundlage die Honorare erzielen kann bis hin zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.
Wenner/Bernard (aaO) wollen dem vorläufigen Charakter der Entscheidung im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz dadurch Rechnung tragen, dass sich in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Wert an der wahrscheinlichen Dauer bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens orientieren müsse, so dass auf die in dieser Zeit erzielbaren Einnahmen abzustellen sei. "Die Verfahrensdauer dürfte typischerweise mit zwei bis maximal drei Jahren zu veranschlagen sein".
Der Zeitfaktor der Verfahrensdauer gerichtlicher Verfahren ist aus der Sicht des Senats kein hinreichend geeigneter Maßstab für die Bestimmung eines Streitwertes, wobei hierbei zu berücksichtigen ist, dass Streitwertfestsetzungen praktikabel sein müssen, auf Schätzungen ("nach billigem Ermessen") beruhen und für die Verfahrensbeteiligten eine möglichst verlässliche Grundlage bieten sollen für die Beurteilung des jeweiligen Kostenrisikos eines gerichtlichen Verfahrens. Deshalb ist es anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung der Bedeutung der Sache neben der Schätzung des Wertes sich sowohl einer Schematisierung als auch einer Pauschalisierung bedienen dürfen (siehe Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl. 2003, § 13 GKG Rdn. 14).
Mit dieser notwendigen Pauschalierung und Schematisierung ist ein Zeitfaktor, der anknüpft an die voraussichtliche Dauer eines Gerichtsverfahrens in der Hauptsache, kaum im Einklang zu bringen angesichts der vielfachen Abweichungen der jeweiligen Verfahrensdauer in unterschiedlichen gerichtlichen Verfahren.
Um dem vorläufigen Charakter einer gerichtlichen Entscheidung in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerecht zu werden, erscheint es dem Senat im Interesse einer praktikablen, schematisierenden und pauschalierenden Bemessung von Streitwerten sachgerecht, den Streitwert in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Höhe eines Bruchteils des Wertes des Hauptsacheverfahrens festzusetzen.
Bei Streitigkeiten um die kassenärztliche Zulassung orientiert sich der Senat an der Vorgabe aus dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (aaO) mit der dortigen Feststellung, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Streitwert in der Regel die Hälfte des Wertes der Hauptsache beträgt. Daraus folgt in vertragsärztlichen Zulassungsverfahren, dass das wirtschaftliche Interesse in der Regel in Hauptsacheverfahren durch die Einnahmen bestimmt wird, die der Arzt im Falle der Zulassung seiner vertragsärztlichen Tätigkeiten innerhalb der nächsten fünf Jahre erzielen kann, wobei die erzielbaren Einkünfte um die durchschnittlichen Praxiskosten der jeweiligen Arztgruppe zu vermindern sind. Für Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in vertragsärztlichen Zulassungsverfahren ist dieser Wert angesichts des nur vorläufigen Charakters der Entscheidung zu halbieren und gibt damit angemessen das wirtschaftliche Interesse wieder.
Bei seiner Entscheidung, für die Bemessung des Streitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sich nicht an dem Merkmal der voraussichtlichen Dauer von Gerichtsverfahren zu orientieren, hat sich der Senat auch von folgender Überlegung leiten lassen:
Neben Rechtsstreitigkeiten um die vertragsärztliche Zulassung wird im Kassenarztrecht nicht selten auch um Ermächtigungen gestritten.
Das wirtschaftliche Interesse bei Rechtsstreitigkeiten um Ermächtigungen wird dabei in der Regel danach bestimmt, welche Einnahmen der jeweilige Arzt aus der Ermächtigung für einen Zeitraum von zwei Jahren erzielen kann. Der Zwei-Jahres-Zeitraum wird zu Grunde gelegt, weil die Ermächtigung in der Regel befristet für zwei Jahre erteilt wird.
Wenn man in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend Ermächtigungen bei der Bemessung des Streitwertes auf die voraussichtliche Dauer gerichtlicher Hauptsacheverfahren abstellen würde (Wenner/Bernard, aaO: " ... typischerweise mit zwei bis maximal drei Jahren zu veranschlagen sein"; daraus würde sich eine mittlere Zeitdauer von 2 1/2 Jahren ergeben), würde dies in aller Regel dazu führen, dass man in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend Ermächtigungen das wirtschaftliche Interesse nach den Honorareinnahmen für die gesamte Dauer der Ermächtigung, also für einen Zeitraum von zwei Jahren bestimmen müsste.
Damit wäre das wirtschaftliche Interesse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend Ermächtigungen in gleicher Höhe festzusetzen wie in Verfahren der Hauptsache betreffend Ermächtigungen.
Dies würde jedoch der grundsätzlich geringeren Bedeutung des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutzes nicht Rechnung tragen. Es würden auch ungleiche Maßstäbe angesetzt bei der Bemessung des Streitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einerseits bei vertragsärztlichen Zulassungsverfahren (Hälfte der Honorareinnahmen für fünf Jahre) und andererseits betreffend Ermächtigungen (volle Honorareinnahmen für zwei Jahre). Letztlich ist aber das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Arztes sowohl bei einem Streit um eine vertragsärztliche Zulassung als auch bei einem Streit um eine Ermächtigung durch das gleiche Ziel bestimmt, nämlich die Erzielung von Honorareinnahmen. Dieses gleiche wirtschaftliche Interesse muss auch bei der Bemessung des Streitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend vertragsärztliche Zulassungsverfahren einerseits und Ermächtigungen andererseits gleich gehandhabt werden, was jedoch bei der Anknüpfung an das Merkmal der durchschnittlichen Verfahrensdauer von gerichtlichen Hauptsacheverfahren nicht gewährleistet wäre.
Im Interesse einer praktikablen Handhabbarkeit und auch mit der Zielsetzung, den Verfahrensbeteiligten eine möglichst verlässliche Grundlage für die Beurteilung des jeweiligen Kostenrisikos eines gerichtlichen Verfahrens vorzugeben, sieht es der Senat nach allem als angemessen an, das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Arztes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in kassenärztlichen Zulassungsverfahren - und damit auch in Verfahren um eine Sonderbedarfszulassung - nach der Hälfte der voraussichtlich in fünf Jahren erzielbaren Honorareinnahmen zu bestimmen, wenn nicht Besonderheiten vorliegen, wie z.B. eine kürzere Dauer der Zulassung.
Bei anzunehmenden Honorareinnahmen der Antragstellerin in fünf Jahren von 520.720,00 EUR beträgt die Hälfte dieses Wertes 260.360,00 EUR.
Dieser Wert entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin in dem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz und ist somit als Streitwert festzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe:
Rechtsgrundlage für die Streitwertfestsetzung ist § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Buchstabe d, 25 Abs. 2, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Abgestellt wird dabei auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen.
Streitgegenstand des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz der Antragstellerin gegen den Antragsgegner war die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Sonderbedarfszulassung der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006.
Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin bestand und besteht darin, durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die ihr erteilte und in ihrer Wirksamkeit durch die Klage und Berufung (L 4 KA 37/02) der Beigeladenen zu 5) gehemmte Sonderbedarfszulassung ausnutzen zu können. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 9. September 2003 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Sonderbedarfszulassung kann die Antragstellerin diese Zulassung ausnutzen und auf ihrer Grundlage Honorareinnahmen erzielen.
In vertragsärztlichen Zulassungsverfahren wird das wirtschaftliche Interesse in der Regel durch die Höhe der Einnahmen bestimmt, die der Arzt im Falle der Zulassung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit innerhalb der nächsten fünf Jahre erzielen kann, wobei die erzielbaren Einkünfte um die durchschnittlichen Praxiskosten der jeweiligen Arztgruppe zu vermindern sind (s. dazu BSG, Beschluss vom 11. Dezember 1998 - 6 RKa 52/97 -; BSG, Beschluss vom 7. April 2002 - B 6 KA 61/99 B -; s. dazu auch Wenner/Bernard, Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in vertragsärztlichen Streitigkeiten, NZS 2001, 57, 58, 59).
Für die Bestimmung der voraussichtlichen Einnahmen in den fünf Jahren, für die die Sonderbedarfszulassung erteilt worden ist, legt der Senat das Zahlenmaterial zu Grunde, das die Kassenärztliche Vereinigung mit ihrem Schriftsatz vom 29. Oktober 2003 für die Quartale I/2002 bis I/2003 mitgeteilt hat.
Ohne die bisher vorgenommene Kürzung wegen Überschreitung der wegen des Job-Sharing festgesetzten Punktzahlobergrenzen beträgt das Honorar für die Gemeinschaftspraxis in den genannten fünf Quartalen 650.935,36 EUR.
Der Senat rundet diesen Betrag aus Praktikabilitätsgründen auf volle 100,00 EUR ab; diese Abrundung hat keine Auswirkungen auf die streitwertabhängige Höhe der anfallenden Gebühren.
Bei einem zu Grunde zu legenden Honorar von 650.900,00 EUR entfallen bei zwei Partnern in der Gemeinschaftspraxis damit auf die Antragstellerin Honorareinnahmen von 325.450,00 EUR. Nach Abzug von durchschnittlichen Praxiskosten in Höhe von rund 60 % mit 195.270,00 EUR verbleibt der Antragstellerin damit für fünf Quartale ein Honorar von 130.180,00 EUR. Bezogen auf fünf Jahre mit zwanzig Quartalen ergeben sich daraus voraussichtliche Honorareinnahmen der Antragstellerin von 520.720,00 EUR.
Dieser Betrag ist wegen des vorläufigen Charakters der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf die Hälfte zu kürzen.
Bei der Bemessung des Streitwertes im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird allgemein der Streitwert nur in Höhe eines Bruchteils des Streitwertes des Hauptsacheverfahrens bemessen. Dies wird allgemein begründet mit dem nur vorläufigen Charakter der Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (siehe dazu Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Ziffer I. Nr. 7, abgedruckt bei Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2003, Anhang § 164 Rdn. 15: "In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert in der Regel 1/2, ..."; zur Orientierung an dem Streitwert für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im sozialgerichtlichen Verfahren siehe auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Dezember 2002 - L 2 ER-U 18/02 - NZS 2003, 388).
Unter der Annahme eines grundsätzlich geringeren Streitwertes in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird jedoch auch betont, dass in solchen Verfahren der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes angehoben werden kann, wenn die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil vorwegnimmt (siehe Ziffer I Nr. 7 Satz 2 Streitwertkatalog, aaO; siehe Frehse in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, § 21 Rdn. 100). Zu dieser Problematik führen Wenner/Bernard (aaO) aus, dass für einen Abschlag bei Honorareinnahmen wegen des besonderen Charakters eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes kein Raum sei. Sie weisen dazu darauf hin, dass der Arzt, wenn seine Tätigkeit in einem Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz vorläufig zugelassen werde, nicht anders als ein bestandskräftig zugelassener Arzt tätig werde; er müsse sein Honorar nicht etwa zurückzahlen, wenn er in der Hauptsache unterliege. Insoweit werde die Hauptsache tatsächlich vorweggenommen, so dass ein Abschlag von den Honoraren nicht gerechtfertigt sei. In sinngemäß gleicher Weise äußert sich Frehse (aaO) mit dem Hinweis, dass auch der einstweilen zugelassene Arzt mit allen Rechten und Pflichten zugelassen werde.
Diese Beurteilung ist insoweit zutreffend, als mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses vom 21. November 2001 die Grundlage dafür geschaffen worden ist, dass die Antragstellerin die Sonderbedarfszulassung ausnutzen und auf ihrer Grundlage die Honorare erzielen kann bis hin zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.
Wenner/Bernard (aaO) wollen dem vorläufigen Charakter der Entscheidung im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz dadurch Rechnung tragen, dass sich in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Wert an der wahrscheinlichen Dauer bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens orientieren müsse, so dass auf die in dieser Zeit erzielbaren Einnahmen abzustellen sei. "Die Verfahrensdauer dürfte typischerweise mit zwei bis maximal drei Jahren zu veranschlagen sein".
Der Zeitfaktor der Verfahrensdauer gerichtlicher Verfahren ist aus der Sicht des Senats kein hinreichend geeigneter Maßstab für die Bestimmung eines Streitwertes, wobei hierbei zu berücksichtigen ist, dass Streitwertfestsetzungen praktikabel sein müssen, auf Schätzungen ("nach billigem Ermessen") beruhen und für die Verfahrensbeteiligten eine möglichst verlässliche Grundlage bieten sollen für die Beurteilung des jeweiligen Kostenrisikos eines gerichtlichen Verfahrens. Deshalb ist es anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung der Bedeutung der Sache neben der Schätzung des Wertes sich sowohl einer Schematisierung als auch einer Pauschalisierung bedienen dürfen (siehe Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl. 2003, § 13 GKG Rdn. 14).
Mit dieser notwendigen Pauschalierung und Schematisierung ist ein Zeitfaktor, der anknüpft an die voraussichtliche Dauer eines Gerichtsverfahrens in der Hauptsache, kaum im Einklang zu bringen angesichts der vielfachen Abweichungen der jeweiligen Verfahrensdauer in unterschiedlichen gerichtlichen Verfahren.
Um dem vorläufigen Charakter einer gerichtlichen Entscheidung in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerecht zu werden, erscheint es dem Senat im Interesse einer praktikablen, schematisierenden und pauschalierenden Bemessung von Streitwerten sachgerecht, den Streitwert in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Höhe eines Bruchteils des Wertes des Hauptsacheverfahrens festzusetzen.
Bei Streitigkeiten um die kassenärztliche Zulassung orientiert sich der Senat an der Vorgabe aus dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (aaO) mit der dortigen Feststellung, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Streitwert in der Regel die Hälfte des Wertes der Hauptsache beträgt. Daraus folgt in vertragsärztlichen Zulassungsverfahren, dass das wirtschaftliche Interesse in der Regel in Hauptsacheverfahren durch die Einnahmen bestimmt wird, die der Arzt im Falle der Zulassung seiner vertragsärztlichen Tätigkeiten innerhalb der nächsten fünf Jahre erzielen kann, wobei die erzielbaren Einkünfte um die durchschnittlichen Praxiskosten der jeweiligen Arztgruppe zu vermindern sind. Für Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in vertragsärztlichen Zulassungsverfahren ist dieser Wert angesichts des nur vorläufigen Charakters der Entscheidung zu halbieren und gibt damit angemessen das wirtschaftliche Interesse wieder.
Bei seiner Entscheidung, für die Bemessung des Streitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sich nicht an dem Merkmal der voraussichtlichen Dauer von Gerichtsverfahren zu orientieren, hat sich der Senat auch von folgender Überlegung leiten lassen:
Neben Rechtsstreitigkeiten um die vertragsärztliche Zulassung wird im Kassenarztrecht nicht selten auch um Ermächtigungen gestritten.
Das wirtschaftliche Interesse bei Rechtsstreitigkeiten um Ermächtigungen wird dabei in der Regel danach bestimmt, welche Einnahmen der jeweilige Arzt aus der Ermächtigung für einen Zeitraum von zwei Jahren erzielen kann. Der Zwei-Jahres-Zeitraum wird zu Grunde gelegt, weil die Ermächtigung in der Regel befristet für zwei Jahre erteilt wird.
Wenn man in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend Ermächtigungen bei der Bemessung des Streitwertes auf die voraussichtliche Dauer gerichtlicher Hauptsacheverfahren abstellen würde (Wenner/Bernard, aaO: " ... typischerweise mit zwei bis maximal drei Jahren zu veranschlagen sein"; daraus würde sich eine mittlere Zeitdauer von 2 1/2 Jahren ergeben), würde dies in aller Regel dazu führen, dass man in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend Ermächtigungen das wirtschaftliche Interesse nach den Honorareinnahmen für die gesamte Dauer der Ermächtigung, also für einen Zeitraum von zwei Jahren bestimmen müsste.
Damit wäre das wirtschaftliche Interesse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend Ermächtigungen in gleicher Höhe festzusetzen wie in Verfahren der Hauptsache betreffend Ermächtigungen.
Dies würde jedoch der grundsätzlich geringeren Bedeutung des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutzes nicht Rechnung tragen. Es würden auch ungleiche Maßstäbe angesetzt bei der Bemessung des Streitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einerseits bei vertragsärztlichen Zulassungsverfahren (Hälfte der Honorareinnahmen für fünf Jahre) und andererseits betreffend Ermächtigungen (volle Honorareinnahmen für zwei Jahre). Letztlich ist aber das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Arztes sowohl bei einem Streit um eine vertragsärztliche Zulassung als auch bei einem Streit um eine Ermächtigung durch das gleiche Ziel bestimmt, nämlich die Erzielung von Honorareinnahmen. Dieses gleiche wirtschaftliche Interesse muss auch bei der Bemessung des Streitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend vertragsärztliche Zulassungsverfahren einerseits und Ermächtigungen andererseits gleich gehandhabt werden, was jedoch bei der Anknüpfung an das Merkmal der durchschnittlichen Verfahrensdauer von gerichtlichen Hauptsacheverfahren nicht gewährleistet wäre.
Im Interesse einer praktikablen Handhabbarkeit und auch mit der Zielsetzung, den Verfahrensbeteiligten eine möglichst verlässliche Grundlage für die Beurteilung des jeweiligen Kostenrisikos eines gerichtlichen Verfahrens vorzugeben, sieht es der Senat nach allem als angemessen an, das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Arztes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in kassenärztlichen Zulassungsverfahren - und damit auch in Verfahren um eine Sonderbedarfszulassung - nach der Hälfte der voraussichtlich in fünf Jahren erzielbaren Honorareinnahmen zu bestimmen, wenn nicht Besonderheiten vorliegen, wie z.B. eine kürzere Dauer der Zulassung.
Bei anzunehmenden Honorareinnahmen der Antragstellerin in fünf Jahren von 520.720,00 EUR beträgt die Hälfte dieses Wertes 260.360,00 EUR.
Dieser Wert entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin in dem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz und ist somit als Streitwert festzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
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