Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 26 R 556/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 525/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
gesetzliche Rentenversicherung - Sozialversicherungsabkommen Deutschland/Polen - gewöhnlicher Aufenthalt - vorübergehendes Verweilen
Die Beurteilung der Frage, ob sich jemand im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder an diesem Ort oder in diesem Gebiet nur vorübergehend verweilt, ist anhand sämtlicher subjektiver wie objektiver Unstände des konkreten Einzelfalles zu beantworten.
Die Beurteilung der Frage, ob sich jemand im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder an diesem Ort oder in diesem Gebiet nur vorübergehend verweilt, ist anhand sämtlicher subjektiver wie objektiver Unstände des konkreten Einzelfalles zu beantworten.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. April 2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die von der Beklagten verfügte rückwirkende teilweise Aufhebung und Neufeststellung der Altersrente für langjährig Versicherte des Klägers ab 1. Juli 2011 (Rentenbeginn) aufgrund Wegfalls der Berücksichtigung polnischer Versicherungszeiten nach dem "Gesetz zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975" (nachfolgend: DPSVA 1975) wegen der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts von der Bundesrepublik Deutschland (nachfolgend: BRD) in die Republik Polen (nachfolgend: Polen).
Der am 1947 in Polen geborene Kläger wohnte, lernte und arbeitete in Polen bis zu seinem Zuzug in die BRD am 1. April 1980. Von April 1980 bis Mai 2011 wohnte und arbeitete er in der BRD, zuletzt (seit 1. Mai 1987) als Portier und stellvertretender Haustechniker bei der Kurverwaltung in N ... (R ...). Er ist kein anerkannter Vertriebener oder Spätaussiedler. Seit 17. September 1992 ist er deutscher Staatsangehöriger.
Am 16. Dezember 2010 beantragte der Kläger die Gewährung von Altersrente mit Rentenbeginn ab 1. Juli 2011 bei der zum damaligen Zeitpunkt zuständigen Deutschen Rentenversicherung (DRV) R ... Die DRV R ... teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14. Februar 2011 mit, dass seine Rente aus technischen Gründen erst im April 2011 festgestellt werden könne und er unaufgefordert zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Bescheid erhalten werde. Mit Schreiben vom 2. Februar (tatsächlich vermutlich vom 2. März) 2011, welches bei der DRV R ... am 10. März 2011 einging, erklärte der Kläger unter anderem, dass er aus privaten und familiären Gründen fest vorhabe, sofort nach dem Erhalt der Rente, nach Polen zu seiner Ehefrau zu ziehen, mit der Perspektive, in der Nähe der Grenze zu Deutschland eine Wohnung zu suchen. Mit Bescheid vom 6. Mai 2011 bewilligte die DRV R ... Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Juli 2011 in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von 868,13 EUR; Grundlage bildeten die polnischen und bundesrepublikanischen Versicherungszeiten vom 3. Juni 1966 bis 31. Dezember 2010. Mit Schreiben vom 10. Mai 2011 teilte sie zusätzlich mit, der Kläger werde zu dem Bescheid vom 6. Mai 2011 in den nächsten Wochen noch ein Schreiben bezüglich der tatsächlichen Rentenhöhe erhalten, wenn er nach Polen verziehen sollte. Die DRV R ... gab mit Schreiben vom 18. Mai 2011 den Vorgang an die Beklagte (DRV Berlin-Brandenburg) ab, der Vorgang ging bei der Beklagten am 23. Mai 2011 ein. Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 forderte die Beklagte vom Kläger die Übersendung der Abmeldung aus Deutschland, der Anmeldung in Polen, den Geburtsnachweis und die Ausfüllung übersandter Vordrucke an. Mit Schreiben vom 9. Juni 2011 informierte sie ihn unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 2. Februar (gemeint: 2. März) 2011, über das Erlöschen der Ansprüche der auf polnischen Versicherungszeiten beruhenden Rentenansprüche bei Verlegung des bisherigen Wohnsitzes in die Republik Polen. Die Schreiben gelangten am 6. Juni 2011 und 15. Juni 2011 mit der Bemerkung "Empfänger nicht zu ermitteln" bzw. "unzustellbar" zurück. Nach Beiziehung einer Melderegisterauskunft der Stadtverwaltung N ... vom 21. Juni 2011, in der mitgeteilt wurde, dass der Kläger nach J ... / Polen verzogen sei, verfügte die Beklagte am 28. Juni 2011 den sofortigen Zahlungsstopp der Rente, so dass mit Rentenbeginn ab 1. Juli 2011 tatsächlich kein Rentenbetrag an den Kläger ausgekehrt wurde. Mit E-Mails vom 10. und 31. August 2011 wies der Kläger darauf hin, dass er auf seine Rentenzahlung warte, die laut Rentenbescheid festgesetzt worden sei. Er und seine Frau hätten kein Geld zum Leben.
Nach einem Vermerk in den Akten der Beklagten vom 18. August 2011 rief der Kläger an diesem Tag bei der Beklagten an und teilte eine polnische Adresse mit (U ... in J ...). Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 2. September 2011 zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 9. Mai 2011 und der Einstellung der Rente zum 30. Juni 2011 mit der Begründung an, er sei bereits zum Rentenbeginn ins Ausland verzogen, so dass der bislang festgestellte Rentenanspruch aufgrund des DPSVA 1975 erloschen sei und die Rentenansprüche für die Folgemonate geprüft würden.
Am 15. September 2011 ging bei der Beklagten die formularmäßig angeforderte "Lebens- und Staatsangehörigkeitsbescheinigung" vom 12. September 2011 ein, aus der sich ergab, dass sich der Kläger seit Juni 2011 "vorübergehend (besuchsweise) in Polen" (K ... in J ...) aufhalte, weiterhin ein deutsches Bankkonto bei der V ...bank E ... unterhalte und sich seit 26. Juni 2011 in Polen aufhalte. Weiterhin übersandte der Kläger eine polnische Bescheinigung über die Anmeldung in Polen (K ... in J ...) "vorübergehend für die Zeit vom 31. August 2011 bis 31. August 2012" mit dem Vermerk: "ständiger Aufenthalt: Deutschland" sowie die Abmeldebestätigung der Stadtverwaltung N ... vom 16. Mai 2011 mit dem bestätigten Datum des Auszuges am 22. Mai 2011.
Mit Rentenbescheid vom 27. September 2011 hob die Beklagte den Bescheid der DRV R ... vom 9. Mai 2011 mit Wirkung ab 1. Juli 2011 (Rentenbeginn) auf, setzte die Altersrente für langjährig Versicherte des Klägers ab 1. Juli 2011 neu fest und wies einen Zahlbetrag ab 1. Oktober 2011 in Höhe von 561,79 EUR monatlich sowie einen Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 30. September 2011 in Höhe von 1.749,33 EUR aus. Grundlage dieses Rentenbescheides bildeten nur noch die bundesrepublikanischen Versicherungszeiten vom 1. April 1980 bis 31. Dezember 2010; nicht mehr Berücksichtigung fanden die polnischen Versicherungszeiten vom 3. Juni 1966 bis 14. September 1979. Zur Begründung führte sie aus: Die Rente sei neu festzustellen, weil der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt habe. Nach Art. 5 Abs. 1 DPSVA 1975 ende der Inlandsanspruch aus dem Bescheid vom 9. Mai 2011 aufgrund des Verzuges nach Polen am 22. Mai 2011 mit Ablauf des Monats Juni 2011. Die neue Rente beginne mit Ablauf des Monats, in dem der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland aufgegeben und ein ständiger Wohnsitz in Polen begründet worden sei.
Hiergegen legte der Kläger am 10. Oktober 2011 Widerspruch mit der Begründung ein, er habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht nach Polen verlegt, sondern wohne dort nur auf Besuch bei Verwandten bis er eine Wohnung in A ... gefunden habe. Es sei nicht beabsichtigt, für immer in Polen zu bleiben. Mit am 2. Januar 2012 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 29. Dezember 2011 übersandte der Kläger einen Kontoeröffnungsantrag bei der V bank S ... in A ... vom 27. Dezember 2011, einen Mietvertrag über eine Wohnung in A ... vom 24. November 2011 ab 16. Dezember 2011 sowie eine Anmeldebestätigung der Stadtverwaltung A ... vom 22. Dezember 2011 ab 21. Dezember 2011.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die Anwendung des DPSVA 75 sei erloschen, weil der Kläger seinen Wohnort in Deutschland verlassen habe und seinen Aufenthalt nach Polen verlegt habe. Er habe sich vom 22. Mai 2011 bis 21. Dezember 2011 in Polen nicht nur vorübergehend aufgehalten. Vielmehr sei der Aufenthalt in Polen der Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse mit seiner Ehefrau gewesen. Die Rückkehr nach Deutschland sei unbeachtlich.
Hiergegen erhob der Kläger am 27. März 2012 Klage zum Sozialgericht Dresden und machte geltend, er habe sich nur vorübergehend in Polen aufgehalten, habe nie nach Polen ziehen wollen und habe dort weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Das Sozialgericht Dresden hat den Kläger im Erörterungstermin am 20. Mai 2014 und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. April 2015 persönlich angehört und ergänzende Unterlagen beigezogen. Mit Urteil vom 29. April 2015 hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht mit dem Bescheid vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 die Rente für die Zeit ab 1. Juli 2011 unter ausschließlicher Berücksichtigung der in der BRD zurückgelegten Versicherungszeiten neu berechnet, da eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen eingetreten sei. Die wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen beruhe auf der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes nach Polen, spätestens am 26. Juni 2011. Dies führe zum endgültigen Erlöschen des Anspruchs gegen den deutschen Rentenversicherungsträger auf Zahlung von auf polnischen Zeiten beruhenden Rentenanteilen. Der Kläger habe bereits seit 16. Mai 2011 keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD mehr gehabt. Er habe sich an diesem Tag bei der Stadtverwaltung N ... abgemeldet. In mehreren Zeitungsartikeln vom 25. Mai 2011 sei darüber berichtet worden, dass er seinem Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass er einen neuen Lebensabschnitt in seiner Heimat in Polen antreten werde, worauf er sich schon sehr freue. Er habe sein gesamtes Mobiliar im Mai und im Juni 2011 nach Polen gebracht. Am 15. Juli 2011 habe sich der Kläger für ein Jahr amtlich in Polen wohnhaft angemeldet. Es habe keinen Ort gegeben, an dem der Kläger ab 16. Mai 2011 bis zur Wiedereinreise und Anmeldung in A ... am 22. Dezember 2011 in der BRD hätte verweilen können. Die Behauptung des Klägers, er habe sich am 16. Mai 2011 nur vorübergehend und besuchsweise in Polen aufgehalten, sei eine Schutzbehauptung; weitere Ermittlungen seien daher nicht nötig, da der Kläger widersprüchliche Angaben gemacht habe. So habe er im Erörterungstermin erklärt, er habe von Juni 2011 bis Dezember 2011 "reihum bei seinen Verwandten geschlafen". Mit Schriftsatz vom 29. August 2014 sei aber vorgetragen worden, er habe ab 30. Juni 2011 bis Dezember 2011 in einer Wohnung im schlechten Zustand in einem alten Bauernhaus bei einer Freundin für 500,00 Zloty gewohnt. Bereits im Schreiben des Klägers vom 2. Februar (gemeint: 2. März) 2011 habe der Kläger seine vor dem 1. Juli 2011 bestehende Absicht kundgetan, sofort nach Erhalt der Rente nach Polen zu seiner Ehefrau zu ziehen. Weder eine behauptete falsche Beratung durch einen Herrn T ... von der DRV R ..., noch die Wohnsitznahme am 16. Dezember 2011 in A ... würden an dem Erlöschen polnischer Rentenzeiten für den Rentenanspruch etwas ändern. Wegen Mitwirkungspflichtverletzung habe die Beklagte die Aufhebung zu Recht rückwirkend ab 1. Juli 2011 verfügt.
Gegen das am 12. Mai 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Juni 2015 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er habe von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht, so dass dieses an den Freizügigkeitsregelungen der Europäischen Union zu messen sei. Er hätte Leistungen weiter in ursprünglicher Höhe bekommen müssen, da er durch den Ausschluss der polnischen Versicherungszeiten schlechter gestellt werde, was die europäischen Freizügigkeitsverordnungen verhindern würden. Tatsächlich habe er auch keinen Wechsel im Unionsgebiet vorgenommen. Er habe kontinuierlich bestritten, dass er den gewöhnlichen Aufenthalt nach Polen verlegt habe. Die europäischen Verordnungsregelungen seien von der Beklagten und dem Sozialgericht nicht berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. April 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Das Gericht hat weitere Unterlagen beigezogen und Auskünfte eingeholt.
Mit Schriftsätzen vom 1. Juli 2016 und 4. Juni (gemeint: Juli) 2016 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung des Klägers ist begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Unrecht mit Urteil vom 29. April 2015 abgewiesen hat. Denn der Rücknahme- und Neufeststellungsbescheid der Beklagten vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat für die Zeit ab 1. Juli 2011 Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung seiner bundesrepublikanischen und polnischen Versicherungszeiten in der Form wie er von der DRV R ... mit Rentenbescheid vom 6. Mai 2011 festgesetzt wurde.
Die Beklagte kann sich für die mit Rücknahme- und Neufeststellungsbescheid vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012 verfügte rückwirkende teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung vom 6. Mai 2011 ab 1. Juli 2011 nicht auf § 48 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) als Rechtsgrundlage stützen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Der Rentenbescheid vom 6. Mai 2011 war im Zeitpunkt seines Erlasses (zunächst) rechtmäßig, sodass keine Konstellation des § 45 SGB X, also einer bereits anfänglichen Rechtswidrigkeit, vorlag. Denn im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rentenbescheides vom 6. Mai 2011 hatte der Kläger noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in N ... Die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 6. Mai 2011 über die Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte zugrunde lagen, hatten sich nachträglich auch nicht mit Wirkung ab 22. Mai 2011 (Tag des Auszugs aus der Wohnung in N ...) oder mit Wirkung ab 26. Juni 2011 (Tag des vom Kläger angegebenen besuchsweisen Aufenthalts in Polen) wesentlich geändert. Denn der Kläger hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht nach Polen verlegt.
Nach Art. 4 Abs. 1 DPSVA 1975 werden Renten der Rentenversicherung vom Versicherungsträger des Staates, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt, nach den für diesen Träger geltenden Vorschriften gewährt. Dieser Träger berücksichtigt nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 bei der Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften dabei Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staats so, als ob sie im Gebiet des ersten Staates zurückgelegt worden wären. Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 DPSVA stehen Renten nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 nur für die Zeit zu, in der die betreffende Person im Gebiet des Staates wohnt, dessen Versicherungsträger die Rente festgestellt hat. Verlegt ein Rentner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in das Gebiet des anderen Staates, so wird die Zahlung der Rente nach Art. 5 Abs. 1 DPSVA 1975 mit Ablauf des Monats eingestellt, in dem der Wohnort gewechselt wurde. Nach Art. 1 Nr. 2 Spiegelstrich 1 DPSVA 1975 bedeuten (für die Anwendung des DPSVA 1975) die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" für die BRD: "den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder sich gewöhnlich aufhalten". In Bezug auf die BRD wird daher im Anwendungsbereich des DPSVA 1975 auf den innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts verwiesen, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des SGB in § 30 Abs. 3 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) geregelt ist (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt" (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 1/12 R - SozR 4-1200 § 30 Nr. 6, RdNr. 24 = JURIS-Dokument, RdNr. 24).
Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 1/12 R - SozR 4-1200 § 30 Nr. 6, RdNr. 25 = JURIS-Dokument, RdNr. 25; jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille: BSG, Urteil vom 9. Mai 1995 - 8 RKn 2/94 - JURIS-Dokument, RdNr. 17); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 11/87 - SozR 2200 § 205 Nr. 65 S. 183). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28).
Dies zu Grunde gelegt ergibt sich, dass sich der Kläger zwar nach dem 22. Mai 2011 tatsächlich an verschiedenen Orten in J ... in Polen aufgehalten hat. Diese Aufenthalte erfolgten aber unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass der Aufenthalt nur von vorübergehender Natur war bzw. sein sollte:
Nach seinen eigenen Angaben hat sich der Kläger nach seinem Auszug in der Wohnung in N ... (R ...) am 22. Mai 2011 zunächst bei verschiedenen Verwandten in Polen in J ... aufgehalten. Später hat er ab 30. Juni 2011 zwei Räume, eine kleine Küche und ein provisorisches Badezimmer in einem alten Bauernhof bei einer Freundin in J ... zum vorübergehenden Wohnen benutzt.
Soweit das Sozialgericht Dresden im Urteil vom 29. April 2015 aus diesem Vortrag des Klägers widersprüchliche Angaben konstatiert, geht dies aus den vom Sozialgericht zitierten Unterlagen nicht hervor. Im Rahmen des Erörterungstermins am 20. Mai 2014 wurde der Kläger nicht konkret danach gefragt, in welchem Zeitraum er sich an welchen konkreten Tagen und in welchen konkreten Monaten in welcher konkreten Wohnung unter welcher konkreter Anschrift in Polen aufgehalten hatte. Er wurde ausdrücklich vom Sozialgericht nur nach der auf Blatt 116 der Verwaltungsakte niedergelegten Anschrift in "J ..., K ..." befragt, woraufhin der Kläger erklärt hatte, dass dies die Anschrift seiner Nichte sei, diese einen Fünf-Personen-Haushalt führe, die Wohnung lediglich 60 Quadratmeter umfasse und seine Frau und er nur zweimal dort übernachtet hätten. Er habe, so führte er aus, in J ..., einen Bruder und drei Schwestern, jeweils mit eigener Familie, bei denen er reihum geschlafen habe. Ein Widerspruch zu den Erklärungen, die in dem Schriftsatz vom 29. August 2014 enthalten sind, ist daraus nicht herleitbar. Dort hatte der Kläger – insoweit übereinstimmend mit seinen Angaben im Erörterungstermin am 20. Mai 2014 – erklärt, dass er sich unter der Anschrift seiner Nichte (also unter der Anschrift: "K ... in J ...") angemeldet habe und er und seine Frau ungefähr ab dem 30. Juni 2011 bei einer Freundin, Frau W ..., unter der Adresse: "U ... in J ..." in dem alten Bauernhof mit den zwei freien Räumen untergekommen sei. Es ist aufgrund dieser Angaben nicht ersichtlich, in wie weit es sich dabei um widersprüchliche Tatsachenangaben gehandelt haben soll.
Entgegen der Annahme des Sozialgerichts hat der Kläger auch nicht angegeben, dass sich in der vorübergehend genutzten Unterkunft unter der Anschrift "U ... in J ..." auch seine Möbel, die er mit seinem Neffen im Mai und im Juni 2011 aus N ... geholt habe, befunden haben. Vielmehr hat der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins am 20. Mai 2014 nachvollziehbar angegeben, dass sich seine Möbel und Sachen bei seiner Verwandtschaft in J ... befinden und dort in einem Raum untergestellt sind, in dem sie sich auch "heute" (also am Tag des abgehaltenen Erörterungstermins am 20. Mai 2014) noch befinden. Dieser Möbelunterstellplatz befindet sich nicht an der sogenannten Korrespondenzanschrift in J ..., bei der sich der Kläger angemeldet hatte (also nicht unter der Anschrift: "K ... in J ..."). Auch dies hat er nachvollziehbar im Erörterungstermin geschildert.
Folgende Umstände, die erkennen lassen, dass der Kläger am tatsächlichen Aufenthaltsort in Polen sich nur vorübergehend aufhalten wollte bzw. aufgehalten hat, hat das Sozialgericht im Übrigen nicht gewürdigt:
Der Kläger hat nachvollziehbar und mit Unterlagen glaubhaft belegt vorgetragen, dass er sich bereits seit August 2011 in A ... nach einer Wohnung umgeschaut habe, Besichtigungstermine mit Frau V ... von der Wohnungsbaugesellschaft A ... mbH vereinbart habe, sich mit dieser in A ... Wohnungen angeschaut habe und es zum Abschluss eines Mietvertrages allein deshalb nicht gekommen sei, weil er zu diesem Zeitpunkt über kein Einkommen verfügte und er keinen aktuellen Einkommensnachweis vorlegen konnte. Dies liegt darin begründet, dass die Beklagte die bewilligte Rentenzahlung mit Verfügung vom 28. Juni 2011 sofort gestoppt hatte und eine Rentenzahlung erst nach Erlass des Bescheides vom 27. September 2011 im Laufe oder zu Ende des Monats Oktobers 2011 erstmals tatsächlich an den Kläger zur Auskehrung kam. Nach Wiederaufnahme der Rentenzahlung im Laufe oder zu Ende des Monats Oktober 2011 hat der Kläger dann bereits in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang einen Mietvertrag über eine Wohnung in A ... bei der Wohnungsbaugesellschaft A ... mbH unterzeichnet. Der vom Kläger vorgelegte Mietvertrag datiert vom 24. November 2011 (Blatt W 14 der Verwaltungsakte), wurde vom Vermieter, der Wohnungsbaugesellschaft A ... mbH, am 28. November 2011 und vom Kläger und seiner Ehefrau am 2. Dezember 2011 unterzeichnet und vereinbarte einen Mietbeginn zum 16. Dezember 2011 (Bl. 300-301 der Gerichtsakten = beigezogen von Bl. 5 und 19 der SG-PKH-Akten).
Der Kläger hat auch während seines vorübergehenden Aufenthaltes in Polen sein Konto bei der V ...bank E ... aufrechterhalten. Mit Schreiben vom 12. September 2011 (Bl. 117 der Verwaltungsakte) teilte der Kläger der Beklagten weiterhin dieses Konto (IBAN: , BIC: ) als Inlandsbankkonto mit, auf welches seine Rente überwiesen werden kann. Über dieses Konto verfügte der Kläger bereits nachweislich vor seinem vorübergehenden Aufenthalt in Polen (vgl. Bl. 175 der Gerichtsakten).
Weiterhin hat der Kläger durch Vorlage des Fahrzeugbriefes über das in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeug (Bl. 185 der Gerichtsakten) nachgewiesen, dass er auch im Zeitraum von Mai 2011 bis Dezember 2011 über das in Deutschland auf ihn zugelassene Fahrzeug (graufarbener Pkw Honda) mit dem amtlichen Kennzeichen verfügte. Eine Stilllegung dieses Fahrzeuges im Jahr 2011 wurde im Fahrzeugbrief nicht vermerkt. Die Ummeldung des Fahrzeuges von N ... nach A ... erfolgte ausweislich der vorgelegten Zulassungsbescheinigung (Bl. 185 Rückseite der Gerichtsakten) im Juli 2012. Für dieses Fahrzeug (Pkw Honda Civic mit dem amtlichen Kennzeichen ) wurde dem Kläger von der R ... Versicherung mit Schreiben von Oktober 2011 (Bl. 299 der Gerichtsakten = beigezogen von Bl. 4 der SG-PKH-Akten) auch die Haftpflichtbeitragsrechnung für das Jahr 2012 unter der Anschrift: "U ... in J ..." übersandt und die Abbuchung als Lastschrift vom Konto bei der V ...bank E ... eG (Bankleitzahl: , Kontonummer: = IBAN: ) angekündigt. Auch dies dokumentiert, dass der Aufenthalt in Polen nur vorübergehender Natur war.
Weiterhin hat der Kläger vorgetragen, dass er auch während seines vorübergehenden Aufenthaltes in Polen durchgehend bei der deutschen AOK versichert war. Dieser Vortrag trifft ausweislich der mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Juni 2016 (Bl. 297 der Gerichtsakten) beigezogenen Auskunft der AOK R ... vom 22. Juni 2016 (Bl. 298 der Gerichtsakten) zu. Auch dieser Umstand dokumentiert, dass der Aufenthalt in Polen nur vorübergehender Natur war.
Zu der Anmeldung bei der Stadtverwaltung J ... vom 31. August 2011 unter der sog. Korrespondenzadresse "K ... in J ..." (Blatt 120 der Verwaltungsakte) hat der Kläger zum einen nachvollziehbar vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass er sich bei einem Aufenthalt von mehr als zwei Wochen in Polen meldepflichtig registrieren lassen müsse, da dies in der Vergangenheit so gewesen sei. Die amtlich bestätigte Übersetzung der Meldebescheinigung (Bl. 120 der Gerichtsakten) weist zum anderen ausdrücklich darauf hin, dass es sich ausweislich der amtlichen Überschrift der Meldebescheinigung um eine "Anmeldung für einen zeitweiligen Aufenthalt" handelte. Soweit die Anmeldung in der Bescheinigung für den Zeitraum vom 31. August 2011 bis 31. August 2012 vorgenommen wurde, hat der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins am 20. Mai 2014 vor dem Sozialgericht Dresden nachvollziehbar erklärt, dass die aufnehmende Beamtin eine Anmeldung für nur drei Monate, wie sie der Kläger gewünscht habe, nicht bescheinigen wollte, sondern gemeint habe, "wir machen das gleich für ein Jahr". Im Übrigen ist aus der Anmeldebescheinigung klar ersichtlich, dass die "Anschrift des ständigen Aufenthaltes" mit "Deutschland" und nur der "zeitweilige Aufenthalt unter der Anschrift" J ..., bescheinigt wurde. Die Meldebescheinigung spricht daher für ein lediglich vorübergehendes, von vornherein auf Beendigung und nicht auf Dauer angelegtes, Verweilen und nicht für die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in Polen.
Im Übrigen ist bei der "Bescheinigung über die Anmeldung für einen zeitweiligen Aufenthalt" der Stadtverwaltung J ... vom 31. August 2011 (Bl. 120 der Verwaltungsakte, amtliche Übersetzung auf Bl. 120 der Gerichtsakten) zu beachten, dass diese dem Kläger erteilt und ausgestellt wurde, bevor er erstmalig überhaupt konkret von der Beklagten über die Folgen eines tatsächlich vollständigen Verzuges nach Polen auf seine Rentenhöhe hingewiesen wurde. Gerade dieses Dokument mit dem bescheinigten vorübergehenden Aufenthalt in Polen und dem weiterhin ständigen Aufenthalt in Deutschland belegt damit, dass der Kläger tatsächlich von Anbeginn seines vorübergehenden Aufenthaltes in Polen beabsichtigte, sich nur vorübergehend und besuchsweise in Polen aufzuhalten.
Soweit die Beklagte und das Sozialgericht Dresden auf das Schreiben des Klägers vom 2. Februar (richtigerweise wohl tatsächlich: 2. März) 2011 verweisen, in dem der Kläger mitgeteilt hatte, dass er aus privaten und familiären Gründen fest vorhabe, sofort nach Erhalt der Rente nach Polen zu seiner Ehefrau zu ziehen, mit der Perspektive, in der Nähe der Grenze zu Deutschland eine Wohnung zu suchen, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits im Erörterungstermin am 20. Mai 2014 klargestellt hatte, dass er mit der Wendung "mit der Perspektive in der Nähe der Grenze zu Deutschland zu suchen" gemeint habe "mit der Perspektive in der Nähe der Grenze in Deutschland zu suchen". Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass dieses Schreiben gerade nicht dokumentiert, dass der Kläger bereits einen unumstößlichen Domizilwillen dahingehend gefasst hatte, nach der Aufnahme der Rentenzahlung seinen ständigen Aufenthalt in Polen zu begründen. Eine zu diesem Zeitpunkt von der Beklagten konkrete Information an den Kläger, welche Rechtsfolgen eintreten werden, sollte er seinen ständigen Wohnsitz nach Polen verlegen, wurde dem Kläger nicht erteilt.
Dass es sich tatsächlich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt in Polen gehandelt hat, belegt schlussendlich der tatsächliche Einzug des Klägers in eine von ihm angemietete Wohnung in A ... am 16. Dezember 2011 mit bestätigter Anmeldebestätigung der Stadt G ... vom 22. Dezember 2011 ab 21. Dezember 2011 (Bl. W 15 der Verwaltungsakte).
Gegen einen lediglich vorübergehenden Aufenthalt des Klägers in Polen spricht auch nicht der Umstand, dass er sich zusammen mit seiner Ehefrau in Polen aufgehalten hat. Ein Familiennachzug des Klägers, etwa zum ständigen Aufenthalt seiner Ehefrau, kann nicht konstatiert werden. Denn diesbezüglich hat der Kläger nachvollziehbar und durch Unterlagen belegt im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht Dresden am 20. Mai 2014 vorgetragen, dass seine polnische Ehefrau, die er im Jahr 2006 geheiratet hatte, seit dem Jahr 2005 mit ihm zusammen in N ... wohnte (Bl. 114, 162 und 164 der Gerichtsakte), dort einer (freizügigkeitsberechtigten) selbständigen Tätigkeit als Reinigungskraft nachging (Bl. 163 der Gerichtsakte), bis sie diese gesundheitsbedingt wegen psychischer Beschwerden aufgeben musste, und mit ihm bis zum 22. Mai 2011 in N ... amtlich gemeldet war (Bl. 121 der Verwaltungsakte und Bl. 166 der Gerichtsakte). Die Ehefrau befand sich wegen einer auf ärztlichen Rat in Polen begonnenen psychiatrischen Behandlung ebenfalls lediglich vorübergehend in Polen; nach Angaben des Klägers wohl bereits irgendwann zu einem nicht mehr genau rekonstruierbaren Zeitpunkt im Jahr 2010. Insofern hat der Kläger nachvollziehbar vorgetragen, dass die psychiatrische Behandlung auf ärztlichen Rat in Polen stattfinden sollte, weil die Ehefrau nicht gut deutsch sprach. Eine eigene Wohnung in Polen bewohnte die Ehefrau des Klägers nicht. Dies ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten An-, Ab- und Ummeldebescheinigungen, die jeweils die Ehefrau mit auswiesen. Auch aus der meldebehördlichen Anmeldebestätigung der Stadtverwaltung der Stadt G ... vom 22. Dezember 2011 ergibt sich insofern nachvollziehbar, dass die Ehefrau ebenfalls unter der vom Kläger vorübergehend als Meldeanschrift seiner Nichte genutzten Korrespondenzanschrift (also unter der Anschrift: "K ... in J ...") registriert war (Bl. W 15 der Verwaltungsakte) und keine eigene Wohnung in Polen unterhielt (vgl. Bl. 114, 162, 164, 165 und 166 der Gerichtsakte).
Den auf einen lediglich vorübergehenden Aufenthalt in Polen hinweisenden Umständen können auch nicht die Zeitungsartikel vom 25. Mai 2011 aus dem "Blick aktuell " Ausgabe Nr. 21/2011 (Bl. 173-174 der Gerichtsakten) entgegen gehalten werden, in denen über den "Abschied vom langjährigen Portier – I ... geht in den Ruhestand" berichtet wird und in denen ausgeführt wird, der Kläger werde "seinen neuen Lebensabschnitt in seiner Heimat Polen antreten , worauf er sich schon seit einigen Monaten freu[e]". Zum einen handelt es sich bei diesem in den Zeitungsartikeln verwendeten und vom Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 29. April 2015 in Bezug genommenen Satz nicht um ein Zitat des Klägers, sondern um ein Zitat des Kurdirektors der Aktiengesellschaft B des Kurparks. Zum anderen ist weder ersichtlich noch dargelegt, ob und bejahendenfalls weshalb der Kurdirektor diesen Satz dem Lokalzeitungsreporter gegenüber in dieser Form tatsächlich geäußert hat.
Vor diesem Hintergrund vermögen die von der Beklagten und dem Sozialgericht aufgezeigten Umstände nicht zu belegen, dass der Kläger spätestens im Juni 2011 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Republik Polen begründet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die von der Beklagten verfügte rückwirkende teilweise Aufhebung und Neufeststellung der Altersrente für langjährig Versicherte des Klägers ab 1. Juli 2011 (Rentenbeginn) aufgrund Wegfalls der Berücksichtigung polnischer Versicherungszeiten nach dem "Gesetz zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975" (nachfolgend: DPSVA 1975) wegen der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts von der Bundesrepublik Deutschland (nachfolgend: BRD) in die Republik Polen (nachfolgend: Polen).
Der am 1947 in Polen geborene Kläger wohnte, lernte und arbeitete in Polen bis zu seinem Zuzug in die BRD am 1. April 1980. Von April 1980 bis Mai 2011 wohnte und arbeitete er in der BRD, zuletzt (seit 1. Mai 1987) als Portier und stellvertretender Haustechniker bei der Kurverwaltung in N ... (R ...). Er ist kein anerkannter Vertriebener oder Spätaussiedler. Seit 17. September 1992 ist er deutscher Staatsangehöriger.
Am 16. Dezember 2010 beantragte der Kläger die Gewährung von Altersrente mit Rentenbeginn ab 1. Juli 2011 bei der zum damaligen Zeitpunkt zuständigen Deutschen Rentenversicherung (DRV) R ... Die DRV R ... teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14. Februar 2011 mit, dass seine Rente aus technischen Gründen erst im April 2011 festgestellt werden könne und er unaufgefordert zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Bescheid erhalten werde. Mit Schreiben vom 2. Februar (tatsächlich vermutlich vom 2. März) 2011, welches bei der DRV R ... am 10. März 2011 einging, erklärte der Kläger unter anderem, dass er aus privaten und familiären Gründen fest vorhabe, sofort nach dem Erhalt der Rente, nach Polen zu seiner Ehefrau zu ziehen, mit der Perspektive, in der Nähe der Grenze zu Deutschland eine Wohnung zu suchen. Mit Bescheid vom 6. Mai 2011 bewilligte die DRV R ... Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Juli 2011 in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von 868,13 EUR; Grundlage bildeten die polnischen und bundesrepublikanischen Versicherungszeiten vom 3. Juni 1966 bis 31. Dezember 2010. Mit Schreiben vom 10. Mai 2011 teilte sie zusätzlich mit, der Kläger werde zu dem Bescheid vom 6. Mai 2011 in den nächsten Wochen noch ein Schreiben bezüglich der tatsächlichen Rentenhöhe erhalten, wenn er nach Polen verziehen sollte. Die DRV R ... gab mit Schreiben vom 18. Mai 2011 den Vorgang an die Beklagte (DRV Berlin-Brandenburg) ab, der Vorgang ging bei der Beklagten am 23. Mai 2011 ein. Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 forderte die Beklagte vom Kläger die Übersendung der Abmeldung aus Deutschland, der Anmeldung in Polen, den Geburtsnachweis und die Ausfüllung übersandter Vordrucke an. Mit Schreiben vom 9. Juni 2011 informierte sie ihn unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 2. Februar (gemeint: 2. März) 2011, über das Erlöschen der Ansprüche der auf polnischen Versicherungszeiten beruhenden Rentenansprüche bei Verlegung des bisherigen Wohnsitzes in die Republik Polen. Die Schreiben gelangten am 6. Juni 2011 und 15. Juni 2011 mit der Bemerkung "Empfänger nicht zu ermitteln" bzw. "unzustellbar" zurück. Nach Beiziehung einer Melderegisterauskunft der Stadtverwaltung N ... vom 21. Juni 2011, in der mitgeteilt wurde, dass der Kläger nach J ... / Polen verzogen sei, verfügte die Beklagte am 28. Juni 2011 den sofortigen Zahlungsstopp der Rente, so dass mit Rentenbeginn ab 1. Juli 2011 tatsächlich kein Rentenbetrag an den Kläger ausgekehrt wurde. Mit E-Mails vom 10. und 31. August 2011 wies der Kläger darauf hin, dass er auf seine Rentenzahlung warte, die laut Rentenbescheid festgesetzt worden sei. Er und seine Frau hätten kein Geld zum Leben.
Nach einem Vermerk in den Akten der Beklagten vom 18. August 2011 rief der Kläger an diesem Tag bei der Beklagten an und teilte eine polnische Adresse mit (U ... in J ...). Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 2. September 2011 zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 9. Mai 2011 und der Einstellung der Rente zum 30. Juni 2011 mit der Begründung an, er sei bereits zum Rentenbeginn ins Ausland verzogen, so dass der bislang festgestellte Rentenanspruch aufgrund des DPSVA 1975 erloschen sei und die Rentenansprüche für die Folgemonate geprüft würden.
Am 15. September 2011 ging bei der Beklagten die formularmäßig angeforderte "Lebens- und Staatsangehörigkeitsbescheinigung" vom 12. September 2011 ein, aus der sich ergab, dass sich der Kläger seit Juni 2011 "vorübergehend (besuchsweise) in Polen" (K ... in J ...) aufhalte, weiterhin ein deutsches Bankkonto bei der V ...bank E ... unterhalte und sich seit 26. Juni 2011 in Polen aufhalte. Weiterhin übersandte der Kläger eine polnische Bescheinigung über die Anmeldung in Polen (K ... in J ...) "vorübergehend für die Zeit vom 31. August 2011 bis 31. August 2012" mit dem Vermerk: "ständiger Aufenthalt: Deutschland" sowie die Abmeldebestätigung der Stadtverwaltung N ... vom 16. Mai 2011 mit dem bestätigten Datum des Auszuges am 22. Mai 2011.
Mit Rentenbescheid vom 27. September 2011 hob die Beklagte den Bescheid der DRV R ... vom 9. Mai 2011 mit Wirkung ab 1. Juli 2011 (Rentenbeginn) auf, setzte die Altersrente für langjährig Versicherte des Klägers ab 1. Juli 2011 neu fest und wies einen Zahlbetrag ab 1. Oktober 2011 in Höhe von 561,79 EUR monatlich sowie einen Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 30. September 2011 in Höhe von 1.749,33 EUR aus. Grundlage dieses Rentenbescheides bildeten nur noch die bundesrepublikanischen Versicherungszeiten vom 1. April 1980 bis 31. Dezember 2010; nicht mehr Berücksichtigung fanden die polnischen Versicherungszeiten vom 3. Juni 1966 bis 14. September 1979. Zur Begründung führte sie aus: Die Rente sei neu festzustellen, weil der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt habe. Nach Art. 5 Abs. 1 DPSVA 1975 ende der Inlandsanspruch aus dem Bescheid vom 9. Mai 2011 aufgrund des Verzuges nach Polen am 22. Mai 2011 mit Ablauf des Monats Juni 2011. Die neue Rente beginne mit Ablauf des Monats, in dem der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland aufgegeben und ein ständiger Wohnsitz in Polen begründet worden sei.
Hiergegen legte der Kläger am 10. Oktober 2011 Widerspruch mit der Begründung ein, er habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht nach Polen verlegt, sondern wohne dort nur auf Besuch bei Verwandten bis er eine Wohnung in A ... gefunden habe. Es sei nicht beabsichtigt, für immer in Polen zu bleiben. Mit am 2. Januar 2012 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 29. Dezember 2011 übersandte der Kläger einen Kontoeröffnungsantrag bei der V bank S ... in A ... vom 27. Dezember 2011, einen Mietvertrag über eine Wohnung in A ... vom 24. November 2011 ab 16. Dezember 2011 sowie eine Anmeldebestätigung der Stadtverwaltung A ... vom 22. Dezember 2011 ab 21. Dezember 2011.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die Anwendung des DPSVA 75 sei erloschen, weil der Kläger seinen Wohnort in Deutschland verlassen habe und seinen Aufenthalt nach Polen verlegt habe. Er habe sich vom 22. Mai 2011 bis 21. Dezember 2011 in Polen nicht nur vorübergehend aufgehalten. Vielmehr sei der Aufenthalt in Polen der Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse mit seiner Ehefrau gewesen. Die Rückkehr nach Deutschland sei unbeachtlich.
Hiergegen erhob der Kläger am 27. März 2012 Klage zum Sozialgericht Dresden und machte geltend, er habe sich nur vorübergehend in Polen aufgehalten, habe nie nach Polen ziehen wollen und habe dort weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Das Sozialgericht Dresden hat den Kläger im Erörterungstermin am 20. Mai 2014 und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. April 2015 persönlich angehört und ergänzende Unterlagen beigezogen. Mit Urteil vom 29. April 2015 hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht mit dem Bescheid vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 die Rente für die Zeit ab 1. Juli 2011 unter ausschließlicher Berücksichtigung der in der BRD zurückgelegten Versicherungszeiten neu berechnet, da eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen eingetreten sei. Die wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen beruhe auf der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes nach Polen, spätestens am 26. Juni 2011. Dies führe zum endgültigen Erlöschen des Anspruchs gegen den deutschen Rentenversicherungsträger auf Zahlung von auf polnischen Zeiten beruhenden Rentenanteilen. Der Kläger habe bereits seit 16. Mai 2011 keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD mehr gehabt. Er habe sich an diesem Tag bei der Stadtverwaltung N ... abgemeldet. In mehreren Zeitungsartikeln vom 25. Mai 2011 sei darüber berichtet worden, dass er seinem Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass er einen neuen Lebensabschnitt in seiner Heimat in Polen antreten werde, worauf er sich schon sehr freue. Er habe sein gesamtes Mobiliar im Mai und im Juni 2011 nach Polen gebracht. Am 15. Juli 2011 habe sich der Kläger für ein Jahr amtlich in Polen wohnhaft angemeldet. Es habe keinen Ort gegeben, an dem der Kläger ab 16. Mai 2011 bis zur Wiedereinreise und Anmeldung in A ... am 22. Dezember 2011 in der BRD hätte verweilen können. Die Behauptung des Klägers, er habe sich am 16. Mai 2011 nur vorübergehend und besuchsweise in Polen aufgehalten, sei eine Schutzbehauptung; weitere Ermittlungen seien daher nicht nötig, da der Kläger widersprüchliche Angaben gemacht habe. So habe er im Erörterungstermin erklärt, er habe von Juni 2011 bis Dezember 2011 "reihum bei seinen Verwandten geschlafen". Mit Schriftsatz vom 29. August 2014 sei aber vorgetragen worden, er habe ab 30. Juni 2011 bis Dezember 2011 in einer Wohnung im schlechten Zustand in einem alten Bauernhaus bei einer Freundin für 500,00 Zloty gewohnt. Bereits im Schreiben des Klägers vom 2. Februar (gemeint: 2. März) 2011 habe der Kläger seine vor dem 1. Juli 2011 bestehende Absicht kundgetan, sofort nach Erhalt der Rente nach Polen zu seiner Ehefrau zu ziehen. Weder eine behauptete falsche Beratung durch einen Herrn T ... von der DRV R ..., noch die Wohnsitznahme am 16. Dezember 2011 in A ... würden an dem Erlöschen polnischer Rentenzeiten für den Rentenanspruch etwas ändern. Wegen Mitwirkungspflichtverletzung habe die Beklagte die Aufhebung zu Recht rückwirkend ab 1. Juli 2011 verfügt.
Gegen das am 12. Mai 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Juni 2015 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er habe von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht, so dass dieses an den Freizügigkeitsregelungen der Europäischen Union zu messen sei. Er hätte Leistungen weiter in ursprünglicher Höhe bekommen müssen, da er durch den Ausschluss der polnischen Versicherungszeiten schlechter gestellt werde, was die europäischen Freizügigkeitsverordnungen verhindern würden. Tatsächlich habe er auch keinen Wechsel im Unionsgebiet vorgenommen. Er habe kontinuierlich bestritten, dass er den gewöhnlichen Aufenthalt nach Polen verlegt habe. Die europäischen Verordnungsregelungen seien von der Beklagten und dem Sozialgericht nicht berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. April 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Das Gericht hat weitere Unterlagen beigezogen und Auskünfte eingeholt.
Mit Schriftsätzen vom 1. Juli 2016 und 4. Juni (gemeint: Juli) 2016 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung des Klägers ist begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Unrecht mit Urteil vom 29. April 2015 abgewiesen hat. Denn der Rücknahme- und Neufeststellungsbescheid der Beklagten vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat für die Zeit ab 1. Juli 2011 Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung seiner bundesrepublikanischen und polnischen Versicherungszeiten in der Form wie er von der DRV R ... mit Rentenbescheid vom 6. Mai 2011 festgesetzt wurde.
Die Beklagte kann sich für die mit Rücknahme- und Neufeststellungsbescheid vom 27. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012 verfügte rückwirkende teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung vom 6. Mai 2011 ab 1. Juli 2011 nicht auf § 48 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) als Rechtsgrundlage stützen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Der Rentenbescheid vom 6. Mai 2011 war im Zeitpunkt seines Erlasses (zunächst) rechtmäßig, sodass keine Konstellation des § 45 SGB X, also einer bereits anfänglichen Rechtswidrigkeit, vorlag. Denn im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rentenbescheides vom 6. Mai 2011 hatte der Kläger noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in N ... Die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 6. Mai 2011 über die Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte zugrunde lagen, hatten sich nachträglich auch nicht mit Wirkung ab 22. Mai 2011 (Tag des Auszugs aus der Wohnung in N ...) oder mit Wirkung ab 26. Juni 2011 (Tag des vom Kläger angegebenen besuchsweisen Aufenthalts in Polen) wesentlich geändert. Denn der Kläger hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht nach Polen verlegt.
Nach Art. 4 Abs. 1 DPSVA 1975 werden Renten der Rentenversicherung vom Versicherungsträger des Staates, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt, nach den für diesen Träger geltenden Vorschriften gewährt. Dieser Träger berücksichtigt nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 bei der Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften dabei Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staats so, als ob sie im Gebiet des ersten Staates zurückgelegt worden wären. Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 DPSVA stehen Renten nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 nur für die Zeit zu, in der die betreffende Person im Gebiet des Staates wohnt, dessen Versicherungsträger die Rente festgestellt hat. Verlegt ein Rentner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in das Gebiet des anderen Staates, so wird die Zahlung der Rente nach Art. 5 Abs. 1 DPSVA 1975 mit Ablauf des Monats eingestellt, in dem der Wohnort gewechselt wurde. Nach Art. 1 Nr. 2 Spiegelstrich 1 DPSVA 1975 bedeuten (für die Anwendung des DPSVA 1975) die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" für die BRD: "den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder sich gewöhnlich aufhalten". In Bezug auf die BRD wird daher im Anwendungsbereich des DPSVA 1975 auf den innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts verwiesen, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des SGB in § 30 Abs. 3 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) geregelt ist (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt" (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 1/12 R - SozR 4-1200 § 30 Nr. 6, RdNr. 24 = JURIS-Dokument, RdNr. 24).
Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 1/12 R - SozR 4-1200 § 30 Nr. 6, RdNr. 25 = JURIS-Dokument, RdNr. 25; jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille: BSG, Urteil vom 9. Mai 1995 - 8 RKn 2/94 - JURIS-Dokument, RdNr. 17); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 11/87 - SozR 2200 § 205 Nr. 65 S. 183). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28).
Dies zu Grunde gelegt ergibt sich, dass sich der Kläger zwar nach dem 22. Mai 2011 tatsächlich an verschiedenen Orten in J ... in Polen aufgehalten hat. Diese Aufenthalte erfolgten aber unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass der Aufenthalt nur von vorübergehender Natur war bzw. sein sollte:
Nach seinen eigenen Angaben hat sich der Kläger nach seinem Auszug in der Wohnung in N ... (R ...) am 22. Mai 2011 zunächst bei verschiedenen Verwandten in Polen in J ... aufgehalten. Später hat er ab 30. Juni 2011 zwei Räume, eine kleine Küche und ein provisorisches Badezimmer in einem alten Bauernhof bei einer Freundin in J ... zum vorübergehenden Wohnen benutzt.
Soweit das Sozialgericht Dresden im Urteil vom 29. April 2015 aus diesem Vortrag des Klägers widersprüchliche Angaben konstatiert, geht dies aus den vom Sozialgericht zitierten Unterlagen nicht hervor. Im Rahmen des Erörterungstermins am 20. Mai 2014 wurde der Kläger nicht konkret danach gefragt, in welchem Zeitraum er sich an welchen konkreten Tagen und in welchen konkreten Monaten in welcher konkreten Wohnung unter welcher konkreter Anschrift in Polen aufgehalten hatte. Er wurde ausdrücklich vom Sozialgericht nur nach der auf Blatt 116 der Verwaltungsakte niedergelegten Anschrift in "J ..., K ..." befragt, woraufhin der Kläger erklärt hatte, dass dies die Anschrift seiner Nichte sei, diese einen Fünf-Personen-Haushalt führe, die Wohnung lediglich 60 Quadratmeter umfasse und seine Frau und er nur zweimal dort übernachtet hätten. Er habe, so führte er aus, in J ..., einen Bruder und drei Schwestern, jeweils mit eigener Familie, bei denen er reihum geschlafen habe. Ein Widerspruch zu den Erklärungen, die in dem Schriftsatz vom 29. August 2014 enthalten sind, ist daraus nicht herleitbar. Dort hatte der Kläger – insoweit übereinstimmend mit seinen Angaben im Erörterungstermin am 20. Mai 2014 – erklärt, dass er sich unter der Anschrift seiner Nichte (also unter der Anschrift: "K ... in J ...") angemeldet habe und er und seine Frau ungefähr ab dem 30. Juni 2011 bei einer Freundin, Frau W ..., unter der Adresse: "U ... in J ..." in dem alten Bauernhof mit den zwei freien Räumen untergekommen sei. Es ist aufgrund dieser Angaben nicht ersichtlich, in wie weit es sich dabei um widersprüchliche Tatsachenangaben gehandelt haben soll.
Entgegen der Annahme des Sozialgerichts hat der Kläger auch nicht angegeben, dass sich in der vorübergehend genutzten Unterkunft unter der Anschrift "U ... in J ..." auch seine Möbel, die er mit seinem Neffen im Mai und im Juni 2011 aus N ... geholt habe, befunden haben. Vielmehr hat der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins am 20. Mai 2014 nachvollziehbar angegeben, dass sich seine Möbel und Sachen bei seiner Verwandtschaft in J ... befinden und dort in einem Raum untergestellt sind, in dem sie sich auch "heute" (also am Tag des abgehaltenen Erörterungstermins am 20. Mai 2014) noch befinden. Dieser Möbelunterstellplatz befindet sich nicht an der sogenannten Korrespondenzanschrift in J ..., bei der sich der Kläger angemeldet hatte (also nicht unter der Anschrift: "K ... in J ..."). Auch dies hat er nachvollziehbar im Erörterungstermin geschildert.
Folgende Umstände, die erkennen lassen, dass der Kläger am tatsächlichen Aufenthaltsort in Polen sich nur vorübergehend aufhalten wollte bzw. aufgehalten hat, hat das Sozialgericht im Übrigen nicht gewürdigt:
Der Kläger hat nachvollziehbar und mit Unterlagen glaubhaft belegt vorgetragen, dass er sich bereits seit August 2011 in A ... nach einer Wohnung umgeschaut habe, Besichtigungstermine mit Frau V ... von der Wohnungsbaugesellschaft A ... mbH vereinbart habe, sich mit dieser in A ... Wohnungen angeschaut habe und es zum Abschluss eines Mietvertrages allein deshalb nicht gekommen sei, weil er zu diesem Zeitpunkt über kein Einkommen verfügte und er keinen aktuellen Einkommensnachweis vorlegen konnte. Dies liegt darin begründet, dass die Beklagte die bewilligte Rentenzahlung mit Verfügung vom 28. Juni 2011 sofort gestoppt hatte und eine Rentenzahlung erst nach Erlass des Bescheides vom 27. September 2011 im Laufe oder zu Ende des Monats Oktobers 2011 erstmals tatsächlich an den Kläger zur Auskehrung kam. Nach Wiederaufnahme der Rentenzahlung im Laufe oder zu Ende des Monats Oktober 2011 hat der Kläger dann bereits in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang einen Mietvertrag über eine Wohnung in A ... bei der Wohnungsbaugesellschaft A ... mbH unterzeichnet. Der vom Kläger vorgelegte Mietvertrag datiert vom 24. November 2011 (Blatt W 14 der Verwaltungsakte), wurde vom Vermieter, der Wohnungsbaugesellschaft A ... mbH, am 28. November 2011 und vom Kläger und seiner Ehefrau am 2. Dezember 2011 unterzeichnet und vereinbarte einen Mietbeginn zum 16. Dezember 2011 (Bl. 300-301 der Gerichtsakten = beigezogen von Bl. 5 und 19 der SG-PKH-Akten).
Der Kläger hat auch während seines vorübergehenden Aufenthaltes in Polen sein Konto bei der V ...bank E ... aufrechterhalten. Mit Schreiben vom 12. September 2011 (Bl. 117 der Verwaltungsakte) teilte der Kläger der Beklagten weiterhin dieses Konto (IBAN: , BIC: ) als Inlandsbankkonto mit, auf welches seine Rente überwiesen werden kann. Über dieses Konto verfügte der Kläger bereits nachweislich vor seinem vorübergehenden Aufenthalt in Polen (vgl. Bl. 175 der Gerichtsakten).
Weiterhin hat der Kläger durch Vorlage des Fahrzeugbriefes über das in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeug (Bl. 185 der Gerichtsakten) nachgewiesen, dass er auch im Zeitraum von Mai 2011 bis Dezember 2011 über das in Deutschland auf ihn zugelassene Fahrzeug (graufarbener Pkw Honda) mit dem amtlichen Kennzeichen verfügte. Eine Stilllegung dieses Fahrzeuges im Jahr 2011 wurde im Fahrzeugbrief nicht vermerkt. Die Ummeldung des Fahrzeuges von N ... nach A ... erfolgte ausweislich der vorgelegten Zulassungsbescheinigung (Bl. 185 Rückseite der Gerichtsakten) im Juli 2012. Für dieses Fahrzeug (Pkw Honda Civic mit dem amtlichen Kennzeichen ) wurde dem Kläger von der R ... Versicherung mit Schreiben von Oktober 2011 (Bl. 299 der Gerichtsakten = beigezogen von Bl. 4 der SG-PKH-Akten) auch die Haftpflichtbeitragsrechnung für das Jahr 2012 unter der Anschrift: "U ... in J ..." übersandt und die Abbuchung als Lastschrift vom Konto bei der V ...bank E ... eG (Bankleitzahl: , Kontonummer: = IBAN: ) angekündigt. Auch dies dokumentiert, dass der Aufenthalt in Polen nur vorübergehender Natur war.
Weiterhin hat der Kläger vorgetragen, dass er auch während seines vorübergehenden Aufenthaltes in Polen durchgehend bei der deutschen AOK versichert war. Dieser Vortrag trifft ausweislich der mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Juni 2016 (Bl. 297 der Gerichtsakten) beigezogenen Auskunft der AOK R ... vom 22. Juni 2016 (Bl. 298 der Gerichtsakten) zu. Auch dieser Umstand dokumentiert, dass der Aufenthalt in Polen nur vorübergehender Natur war.
Zu der Anmeldung bei der Stadtverwaltung J ... vom 31. August 2011 unter der sog. Korrespondenzadresse "K ... in J ..." (Blatt 120 der Verwaltungsakte) hat der Kläger zum einen nachvollziehbar vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass er sich bei einem Aufenthalt von mehr als zwei Wochen in Polen meldepflichtig registrieren lassen müsse, da dies in der Vergangenheit so gewesen sei. Die amtlich bestätigte Übersetzung der Meldebescheinigung (Bl. 120 der Gerichtsakten) weist zum anderen ausdrücklich darauf hin, dass es sich ausweislich der amtlichen Überschrift der Meldebescheinigung um eine "Anmeldung für einen zeitweiligen Aufenthalt" handelte. Soweit die Anmeldung in der Bescheinigung für den Zeitraum vom 31. August 2011 bis 31. August 2012 vorgenommen wurde, hat der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins am 20. Mai 2014 vor dem Sozialgericht Dresden nachvollziehbar erklärt, dass die aufnehmende Beamtin eine Anmeldung für nur drei Monate, wie sie der Kläger gewünscht habe, nicht bescheinigen wollte, sondern gemeint habe, "wir machen das gleich für ein Jahr". Im Übrigen ist aus der Anmeldebescheinigung klar ersichtlich, dass die "Anschrift des ständigen Aufenthaltes" mit "Deutschland" und nur der "zeitweilige Aufenthalt unter der Anschrift" J ..., bescheinigt wurde. Die Meldebescheinigung spricht daher für ein lediglich vorübergehendes, von vornherein auf Beendigung und nicht auf Dauer angelegtes, Verweilen und nicht für die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in Polen.
Im Übrigen ist bei der "Bescheinigung über die Anmeldung für einen zeitweiligen Aufenthalt" der Stadtverwaltung J ... vom 31. August 2011 (Bl. 120 der Verwaltungsakte, amtliche Übersetzung auf Bl. 120 der Gerichtsakten) zu beachten, dass diese dem Kläger erteilt und ausgestellt wurde, bevor er erstmalig überhaupt konkret von der Beklagten über die Folgen eines tatsächlich vollständigen Verzuges nach Polen auf seine Rentenhöhe hingewiesen wurde. Gerade dieses Dokument mit dem bescheinigten vorübergehenden Aufenthalt in Polen und dem weiterhin ständigen Aufenthalt in Deutschland belegt damit, dass der Kläger tatsächlich von Anbeginn seines vorübergehenden Aufenthaltes in Polen beabsichtigte, sich nur vorübergehend und besuchsweise in Polen aufzuhalten.
Soweit die Beklagte und das Sozialgericht Dresden auf das Schreiben des Klägers vom 2. Februar (richtigerweise wohl tatsächlich: 2. März) 2011 verweisen, in dem der Kläger mitgeteilt hatte, dass er aus privaten und familiären Gründen fest vorhabe, sofort nach Erhalt der Rente nach Polen zu seiner Ehefrau zu ziehen, mit der Perspektive, in der Nähe der Grenze zu Deutschland eine Wohnung zu suchen, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits im Erörterungstermin am 20. Mai 2014 klargestellt hatte, dass er mit der Wendung "mit der Perspektive in der Nähe der Grenze zu Deutschland zu suchen" gemeint habe "mit der Perspektive in der Nähe der Grenze in Deutschland zu suchen". Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass dieses Schreiben gerade nicht dokumentiert, dass der Kläger bereits einen unumstößlichen Domizilwillen dahingehend gefasst hatte, nach der Aufnahme der Rentenzahlung seinen ständigen Aufenthalt in Polen zu begründen. Eine zu diesem Zeitpunkt von der Beklagten konkrete Information an den Kläger, welche Rechtsfolgen eintreten werden, sollte er seinen ständigen Wohnsitz nach Polen verlegen, wurde dem Kläger nicht erteilt.
Dass es sich tatsächlich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt in Polen gehandelt hat, belegt schlussendlich der tatsächliche Einzug des Klägers in eine von ihm angemietete Wohnung in A ... am 16. Dezember 2011 mit bestätigter Anmeldebestätigung der Stadt G ... vom 22. Dezember 2011 ab 21. Dezember 2011 (Bl. W 15 der Verwaltungsakte).
Gegen einen lediglich vorübergehenden Aufenthalt des Klägers in Polen spricht auch nicht der Umstand, dass er sich zusammen mit seiner Ehefrau in Polen aufgehalten hat. Ein Familiennachzug des Klägers, etwa zum ständigen Aufenthalt seiner Ehefrau, kann nicht konstatiert werden. Denn diesbezüglich hat der Kläger nachvollziehbar und durch Unterlagen belegt im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht Dresden am 20. Mai 2014 vorgetragen, dass seine polnische Ehefrau, die er im Jahr 2006 geheiratet hatte, seit dem Jahr 2005 mit ihm zusammen in N ... wohnte (Bl. 114, 162 und 164 der Gerichtsakte), dort einer (freizügigkeitsberechtigten) selbständigen Tätigkeit als Reinigungskraft nachging (Bl. 163 der Gerichtsakte), bis sie diese gesundheitsbedingt wegen psychischer Beschwerden aufgeben musste, und mit ihm bis zum 22. Mai 2011 in N ... amtlich gemeldet war (Bl. 121 der Verwaltungsakte und Bl. 166 der Gerichtsakte). Die Ehefrau befand sich wegen einer auf ärztlichen Rat in Polen begonnenen psychiatrischen Behandlung ebenfalls lediglich vorübergehend in Polen; nach Angaben des Klägers wohl bereits irgendwann zu einem nicht mehr genau rekonstruierbaren Zeitpunkt im Jahr 2010. Insofern hat der Kläger nachvollziehbar vorgetragen, dass die psychiatrische Behandlung auf ärztlichen Rat in Polen stattfinden sollte, weil die Ehefrau nicht gut deutsch sprach. Eine eigene Wohnung in Polen bewohnte die Ehefrau des Klägers nicht. Dies ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten An-, Ab- und Ummeldebescheinigungen, die jeweils die Ehefrau mit auswiesen. Auch aus der meldebehördlichen Anmeldebestätigung der Stadtverwaltung der Stadt G ... vom 22. Dezember 2011 ergibt sich insofern nachvollziehbar, dass die Ehefrau ebenfalls unter der vom Kläger vorübergehend als Meldeanschrift seiner Nichte genutzten Korrespondenzanschrift (also unter der Anschrift: "K ... in J ...") registriert war (Bl. W 15 der Verwaltungsakte) und keine eigene Wohnung in Polen unterhielt (vgl. Bl. 114, 162, 164, 165 und 166 der Gerichtsakte).
Den auf einen lediglich vorübergehenden Aufenthalt in Polen hinweisenden Umständen können auch nicht die Zeitungsartikel vom 25. Mai 2011 aus dem "Blick aktuell " Ausgabe Nr. 21/2011 (Bl. 173-174 der Gerichtsakten) entgegen gehalten werden, in denen über den "Abschied vom langjährigen Portier – I ... geht in den Ruhestand" berichtet wird und in denen ausgeführt wird, der Kläger werde "seinen neuen Lebensabschnitt in seiner Heimat Polen antreten , worauf er sich schon seit einigen Monaten freu[e]". Zum einen handelt es sich bei diesem in den Zeitungsartikeln verwendeten und vom Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 29. April 2015 in Bezug genommenen Satz nicht um ein Zitat des Klägers, sondern um ein Zitat des Kurdirektors der Aktiengesellschaft B des Kurparks. Zum anderen ist weder ersichtlich noch dargelegt, ob und bejahendenfalls weshalb der Kurdirektor diesen Satz dem Lokalzeitungsreporter gegenüber in dieser Form tatsächlich geäußert hat.
Vor diesem Hintergrund vermögen die von der Beklagten und dem Sozialgericht aufgezeigten Umstände nicht zu belegen, dass der Kläger spätestens im Juni 2011 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Republik Polen begründet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved