Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 109 AS 20540/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 2232/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 276/16 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
BSG: Beschwerde zurückgenommen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten eine endgültige Festsetzung und teilweise Erstattung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 iHv insgesamt 2.057,72 EUR unter Berücksichtigung einer Steuerrückerstattung für das Jahr 2008 als einmalige Einnahme.
Der 1961 geborene Kläger ist im Bereich der Herstellung und des Verkaufs therapeutischer Edelsteinketten selbständig tätig. Er bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II. Seine voraussichtlichen Einnahmen gab er für den streitigen Zeitraum mit insgesamt 6.783,- EUR und die Ausgaben mit insgesamt 5.719,70 EUR an. Daraufhin bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2012 vorläufig Grundsicherungsleistungen iHv 750,66 EUR monatlich (für Februar 2012 zuzüglich eines Zuschlags nach § 24 SGB II in Höhe von 80,- EUR: insgesamt 830,66 EUR), wobei ein monatliches Einkommen des Klägers iHv 51,64 EUR berücksichtigt wurde.
Im April 2012 überreichte der Kläger dem Beklagten den Einkommensteuerbescheid vom 11. Januar 2012 für das Jahr 2008 über eine Steuererstattung iHv insgesamt 3.473,95 EUR, die dem Kläger im Januar 2012 ausgezahlt wurde. Hierbei erklärte er, er beantrage die Berücksichtigung der Steuererstattung als Betriebseinnahme. Daraufhin erteilte der Beklagte den vorläufigen (Änderungs-) Bescheid vom 21. Mai 2012 für die Monate Juni und Juli 2012, wobei unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens iHv 514,83 EUR Leistungen für KdU iHv 287,47 EUR monatlich bewilligt wurden.
Mit Bescheiden vom 24. Juni 2013 entschied der Beklagte sodann über den Anspruch des Klägers auf Grundsicherung für die streitige Zeit endgültig und verlangte Erstattung von insgesamt 2.237,72 EUR. Hierbei legte er den monatlichen Bedarf des Klägers für Februar 2012 mit 882,30 EUR (Regelleistung: 374,- EUR und KdU: 428,30 EUR zuzüglich eines Zuschlags von 80,- EUR) und für den Zeitraum von März bis Juli 2012 mit 802,30 EUR monatlich (Regelleistung: 374,- EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung: 428,30 EUR monatlich) zu Grunde. Hierauf rechnete er die Steuererstattung iHv 578,99 EUR monatlich (578,99 x 6 Monate = 3.473,94 EUR) an, so dass sich monatliche Gesamtleistungen iHv 303,31 EUR (Februar 2012) bzw 223,31 EUR (März bis Juli 2012) ergaben. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Steuererstattung sei nicht als einmalige Einnahme, sondern als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Er habe daher die Steuererstattung in die abschließende Anlage EKS eingetragen. Der Beklagte berücksichtigte sodann mit (Änderungs-)Bescheid vom 18. Juli 2013 bei der Anrechnung der Steuererstattung den Abzug der Versicherungspauschale von 30,- EUR monatlich, wodurch sich jeweils um 30,- EUR erhöhte monatliche Leistungen im Streitzeitraum ergaben und sich die Erstattungsforderung auf insgesamt 2.057,72 EUR verringerte. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger höhere Leistungen unter Berücksichtigung der Steuererstattung als Betriebseinnahme. Die Anrechnung der Einkommensteuererstattung als einmalige Einnahme führe zu einem unbilligen Ergebnis. Es sei eine Saldierung mit den Betriebsausgaben vorzunehmen. Die Steuererstattung sei im Wege eines Einspruchs durchgesetzt worden, woraufhin die bearbeitende Steuerberaterin Gebühren iHv 710,85 EUR verlangt habe. Dieser Rechnungsbetrag sei im Februar 2012 durch ihn ausgeglichen worden, was bei der Einkommensanrechnung in Ansatz zu bringen sei. Die Beauftragung der Steuerberaterin stelle eine mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe dar. Die Steuerrückerstattung habe sich aus zu hohen Betriebsausgaben seines Gewerbebetriebs ergeben. Die Rückzahlung sei daher bei den Betriebseinnahmen zu berücksichtigen. Der Erstattungsbetrag sei ihm am 13. Januar 2012 zugeflossen.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Steuererstattung als einmalige Einnahme Einkommen darstelle und von dem Beklagten zutreffend auf einen Sechsmonatszeitraum gleichmäßig aufgeteilt worden sei (Urteil vom 29. Juni 2015). Die Steuerberaterkosten iHv 710,85 EUR seien als Betriebsausgabe für den Monat April 2012 von der Beklagten bereits berücksichtigt worden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 7. September 2015 und 5. April 2016 wird insoweit Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 24. Juni 2013 in der Fassung des Bescheids vom 18. Juli 2013 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012 Leistungen nach dem SGB II "in gesetzlicher Höhe" zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Weitere als die ihm für den streitigen Zeitraum mit dem auf der Grundlage von § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) ergangenen Bescheid vom 24. Juni 2013 in der Fassung des Bescheides vom 18. Juli 2013 bereits (endgültig) bewilligten SGB II-Leistungen (Februar 2012 = 333,31 EUR; März 2012 bis Juli 2012 = monatlich 253,31 EUR) stehen ihm nicht zu. Die für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012 über die genannten Beträge hinaus vorläufig bewilligten und gezahlten Leistungen in einer Gesamthöhe von 2.057,72 EUR hat der Kläger zu erstatten (vgl § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs. 3 SGB III). Zu Recht hat der Beklagte die Einkommensteuererstattung als einmaliges Einkommen des Klägers bewertet und außer der Versicherungspauschale keine weiteren Absetzungen vorgenommen und die Steuererstattung auch nicht als Betriebseinnahme im Rahmen der Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit berücksichtigt.
Streitgegenstand des Rechtstreits sind (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 31. Juli 2012. Sein Begehren verfolgt der Kläger zulässigerweise mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 iVm § 54 Abs. 4 SGG)
Der Kläger hat gemäß § 19 iVm § 7 SGB II einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im streitigen Zeitraum. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld (Alg) II; leistungsberechtigt sind Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 7 Abs. 1 Nr 1 SGB II, erwerbsfähig (Nr 2)und hilfebedürftig (Nr 3)sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Der durch Leistungen zur Grundsicherung zu deckende Hilfebedarf des Klägers iS des § 9 SGB II geht jedoch nicht über den von dem Beklagten zuletzt mit Bescheid vom 18. Juli 2013 festgestellten Umfang hinaus. Nach § 9 Abs. 1 SGB II iVm § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt ua nicht aus zu berücksichtigendem Einkommen decken kann. Dem Bedarf des Klägers nach § 20 Abs. 1 SGB II und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind dementsprechend das Einkommen des Klägers in Gestalt der auf monatliche Beträge aufgeteilten, im Januar 2012 zugeflossenen Einkommensteuererstattung gegenüberzustellen. Der konkrete Bedarf des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum ergibt sich - was zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist - aus den Regelleistungen gemäß § 20 SGB II iHv von 374 EUR monatlich und den nach § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmenden tatsächlichen KdU iHv von insgesamt 428,30 EUR monatlich. Für Februar 2012 ist zudem ein befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld iHv 80 EUR in Ansatz zu bringen.
Dem sich daraus ergebenden Gesamtbedarf iHv von 882,30 (Februar 2012) bzw 802,30 EUR März bis Juli 2012) war Einkommen des Klägers aus der im Januar 2012 zugeflossenen Einkommensteuererstattung iHv 3.473,95 EUR gegenüberzustellen. Weiteres Einkommen des Klägers, auch solches aus der selbständigen Tätigkeit, hat der Beklagte nicht berücksichtigt. Das danach anzurechnende Einkommen des Klägers setzt sich aus dem monatlichen Anteil von 548,99 EUR der im Januar 2012 iHv 3.473,95 EUR erstatteten Steuern im Rahmen des sechsmonatigen Verteilzeitraums (Februar bis Juli 2012) zusammen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist eine Steuererstattung, auch wenn sie - wie hier - in dem Bedarfszeitraum zugeflossen ist, der dem streitigen Bewilligungsabschnitt unmittelbar voran ging (Januar 2012), im Hinblick auf den laufenden, nicht unterbrochenen Leistungsbezug berücksichtigungsfähiges Einkommen iSv § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R = BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, Rn 18; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R - juris Rn 10; BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 49/08 R - juris - Rn 12; BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 64/08 R - juris - Rn 23; BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 4 AS 29/14 R - juris - Rn 17). Die Steuererstattung als einmalige Einnahme war vorliegend aufgrund ihrer Höhe von 3.473,95 EUR nach § 11 Abs. 3 SGB II, beginnend ab dem auf den Monat des Zuflusses folgenden Monat (vgl Satz 2), also ab Februar 2012, iHv monatlich 578,99 EUR zu verteilen. Das Einkommen des Klägers war um die Versicherungspauschale von 30 EUR (vgl § 6 Abs. 1 Nr 1 Alg II/Sozialgeld-Verordnung) zu bereinigen, sodass sich insgesamt ein zu berücksichtigendes Einkommen iHv monatlich 548,99 EUR ergab.
Die Absetzung eines Freibetrags nach § 11b Abs. 2 SGB II von der Einkommensteuererstattung kommt nicht in Betracht. Zweck des Freibetrages nach § 11b Abs. 2 SGB II ist es, die Aufnahme und Beibehaltung einer konkreten Erwerbstätigkeit - auch wenn diese nicht bedarfsdeckend ist - zu fördern, um Hilfebedürftigkeit iS des § 2 Abs.1 Satz 1 SGB II zumindest zu verringern (vgl zur Vorgängerregelung des § 30 SGB II BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 4 AS 29/14 R - juris Rn 23). Anreize für die Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit vermag eine Steuererstattung jedoch schon deshalb nicht zu bieten, weil es an einem Bezug zu einer aktuell ausgeübten Erwerbstätigkeit fehlt (vgl zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 180/10 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 40 Rn 17). Eine Steuererstattung beruht allenfalls auf einer - unter Umständen sogar länger zurückliegenden - früheren Erwerbstätigkeit, hier im Jahr 2008. Die Entstehung eines Anspruchs auf eine Steuererstattung war hier im Übrigen von Umständen abhängig, die keinen Zusammenhang mit der im Streitzeitraum ausgeübten selbständigen Tätigkeit hatten. Vielmehr resultierte die Erstattung aus der nachträglichen Verminderung der Steuerlast der im Jahr 2008 ausgeübten abhängigen Beschäftigung des Klägers. Die Erstattung kann aus diesem Grund auch keine Betriebseinnahme aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers darstellen, zumal ein Gewinn aus dieser Tätigkeit im Streitzeitraum ohnehin nicht erzielt worden war.
Auch das Steuerberaterhonorar kann nicht als mit der Erzielung der Einnahme verbundene notwendige Ausgabe iSv § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II abgesetzt werden, ungeachtet dessen, dass der Beklagte dieses Honorar bereits als Betriebsausgabe im Rahmen der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit in Ansatz gebracht hat. Auch hier gilt, dass sich diese Kosten nicht auf die im Streitzeitraum bzw im Januar 2012 aktuell ausgeübte Tätigkeit bezogen, sondern auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Mai 2015 - L 19 AS 1394/12 – juris Rn 19).
War danach ein monatliches Einkommen des Klägers iHv 548,99 EUR anzurechnen, verbleibt ein durch Leistungen des Beklagten zu deckender Bedarf iHv 333,31 EUR (befristeter Zuschlag 80 EUR zzgl 253,31 EUR KdU für Februar 2012) bzw monatlich 253,31 EUR (KdU; März bis Juli 2012). Die darüber hinausgehend gezahlten vorläufigen Leistungen hat der Kläger nach 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 3 SGB III zu erstatten, ohne dass es eines Rückgriffs auf die §§ 45, 48, 50 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) bedarf, und zwar Regelleistungen für Februar bis Mai 2012 iHv jeweils 322,36 EUR und KdU-Leistungen iHv monatlich 174,99 EUR für Februar bis Mai 2012 bzw iHv monatlich 34,16 EUR für Juni und Juli 2012, dh insgesamt 2.057,72 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten eine endgültige Festsetzung und teilweise Erstattung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 iHv insgesamt 2.057,72 EUR unter Berücksichtigung einer Steuerrückerstattung für das Jahr 2008 als einmalige Einnahme.
Der 1961 geborene Kläger ist im Bereich der Herstellung und des Verkaufs therapeutischer Edelsteinketten selbständig tätig. Er bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II. Seine voraussichtlichen Einnahmen gab er für den streitigen Zeitraum mit insgesamt 6.783,- EUR und die Ausgaben mit insgesamt 5.719,70 EUR an. Daraufhin bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2012 vorläufig Grundsicherungsleistungen iHv 750,66 EUR monatlich (für Februar 2012 zuzüglich eines Zuschlags nach § 24 SGB II in Höhe von 80,- EUR: insgesamt 830,66 EUR), wobei ein monatliches Einkommen des Klägers iHv 51,64 EUR berücksichtigt wurde.
Im April 2012 überreichte der Kläger dem Beklagten den Einkommensteuerbescheid vom 11. Januar 2012 für das Jahr 2008 über eine Steuererstattung iHv insgesamt 3.473,95 EUR, die dem Kläger im Januar 2012 ausgezahlt wurde. Hierbei erklärte er, er beantrage die Berücksichtigung der Steuererstattung als Betriebseinnahme. Daraufhin erteilte der Beklagte den vorläufigen (Änderungs-) Bescheid vom 21. Mai 2012 für die Monate Juni und Juli 2012, wobei unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens iHv 514,83 EUR Leistungen für KdU iHv 287,47 EUR monatlich bewilligt wurden.
Mit Bescheiden vom 24. Juni 2013 entschied der Beklagte sodann über den Anspruch des Klägers auf Grundsicherung für die streitige Zeit endgültig und verlangte Erstattung von insgesamt 2.237,72 EUR. Hierbei legte er den monatlichen Bedarf des Klägers für Februar 2012 mit 882,30 EUR (Regelleistung: 374,- EUR und KdU: 428,30 EUR zuzüglich eines Zuschlags von 80,- EUR) und für den Zeitraum von März bis Juli 2012 mit 802,30 EUR monatlich (Regelleistung: 374,- EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung: 428,30 EUR monatlich) zu Grunde. Hierauf rechnete er die Steuererstattung iHv 578,99 EUR monatlich (578,99 x 6 Monate = 3.473,94 EUR) an, so dass sich monatliche Gesamtleistungen iHv 303,31 EUR (Februar 2012) bzw 223,31 EUR (März bis Juli 2012) ergaben. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Steuererstattung sei nicht als einmalige Einnahme, sondern als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Er habe daher die Steuererstattung in die abschließende Anlage EKS eingetragen. Der Beklagte berücksichtigte sodann mit (Änderungs-)Bescheid vom 18. Juli 2013 bei der Anrechnung der Steuererstattung den Abzug der Versicherungspauschale von 30,- EUR monatlich, wodurch sich jeweils um 30,- EUR erhöhte monatliche Leistungen im Streitzeitraum ergaben und sich die Erstattungsforderung auf insgesamt 2.057,72 EUR verringerte. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger höhere Leistungen unter Berücksichtigung der Steuererstattung als Betriebseinnahme. Die Anrechnung der Einkommensteuererstattung als einmalige Einnahme führe zu einem unbilligen Ergebnis. Es sei eine Saldierung mit den Betriebsausgaben vorzunehmen. Die Steuererstattung sei im Wege eines Einspruchs durchgesetzt worden, woraufhin die bearbeitende Steuerberaterin Gebühren iHv 710,85 EUR verlangt habe. Dieser Rechnungsbetrag sei im Februar 2012 durch ihn ausgeglichen worden, was bei der Einkommensanrechnung in Ansatz zu bringen sei. Die Beauftragung der Steuerberaterin stelle eine mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe dar. Die Steuerrückerstattung habe sich aus zu hohen Betriebsausgaben seines Gewerbebetriebs ergeben. Die Rückzahlung sei daher bei den Betriebseinnahmen zu berücksichtigen. Der Erstattungsbetrag sei ihm am 13. Januar 2012 zugeflossen.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Steuererstattung als einmalige Einnahme Einkommen darstelle und von dem Beklagten zutreffend auf einen Sechsmonatszeitraum gleichmäßig aufgeteilt worden sei (Urteil vom 29. Juni 2015). Die Steuerberaterkosten iHv 710,85 EUR seien als Betriebsausgabe für den Monat April 2012 von der Beklagten bereits berücksichtigt worden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 7. September 2015 und 5. April 2016 wird insoweit Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 24. Juni 2013 in der Fassung des Bescheids vom 18. Juli 2013 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012 Leistungen nach dem SGB II "in gesetzlicher Höhe" zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Weitere als die ihm für den streitigen Zeitraum mit dem auf der Grundlage von § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) ergangenen Bescheid vom 24. Juni 2013 in der Fassung des Bescheides vom 18. Juli 2013 bereits (endgültig) bewilligten SGB II-Leistungen (Februar 2012 = 333,31 EUR; März 2012 bis Juli 2012 = monatlich 253,31 EUR) stehen ihm nicht zu. Die für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012 über die genannten Beträge hinaus vorläufig bewilligten und gezahlten Leistungen in einer Gesamthöhe von 2.057,72 EUR hat der Kläger zu erstatten (vgl § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs. 3 SGB III). Zu Recht hat der Beklagte die Einkommensteuererstattung als einmaliges Einkommen des Klägers bewertet und außer der Versicherungspauschale keine weiteren Absetzungen vorgenommen und die Steuererstattung auch nicht als Betriebseinnahme im Rahmen der Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit berücksichtigt.
Streitgegenstand des Rechtstreits sind (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 31. Juli 2012. Sein Begehren verfolgt der Kläger zulässigerweise mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 iVm § 54 Abs. 4 SGG)
Der Kläger hat gemäß § 19 iVm § 7 SGB II einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im streitigen Zeitraum. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld (Alg) II; leistungsberechtigt sind Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 7 Abs. 1 Nr 1 SGB II, erwerbsfähig (Nr 2)und hilfebedürftig (Nr 3)sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Der durch Leistungen zur Grundsicherung zu deckende Hilfebedarf des Klägers iS des § 9 SGB II geht jedoch nicht über den von dem Beklagten zuletzt mit Bescheid vom 18. Juli 2013 festgestellten Umfang hinaus. Nach § 9 Abs. 1 SGB II iVm § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt ua nicht aus zu berücksichtigendem Einkommen decken kann. Dem Bedarf des Klägers nach § 20 Abs. 1 SGB II und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind dementsprechend das Einkommen des Klägers in Gestalt der auf monatliche Beträge aufgeteilten, im Januar 2012 zugeflossenen Einkommensteuererstattung gegenüberzustellen. Der konkrete Bedarf des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum ergibt sich - was zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist - aus den Regelleistungen gemäß § 20 SGB II iHv von 374 EUR monatlich und den nach § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmenden tatsächlichen KdU iHv von insgesamt 428,30 EUR monatlich. Für Februar 2012 ist zudem ein befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld iHv 80 EUR in Ansatz zu bringen.
Dem sich daraus ergebenden Gesamtbedarf iHv von 882,30 (Februar 2012) bzw 802,30 EUR März bis Juli 2012) war Einkommen des Klägers aus der im Januar 2012 zugeflossenen Einkommensteuererstattung iHv 3.473,95 EUR gegenüberzustellen. Weiteres Einkommen des Klägers, auch solches aus der selbständigen Tätigkeit, hat der Beklagte nicht berücksichtigt. Das danach anzurechnende Einkommen des Klägers setzt sich aus dem monatlichen Anteil von 548,99 EUR der im Januar 2012 iHv 3.473,95 EUR erstatteten Steuern im Rahmen des sechsmonatigen Verteilzeitraums (Februar bis Juli 2012) zusammen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist eine Steuererstattung, auch wenn sie - wie hier - in dem Bedarfszeitraum zugeflossen ist, der dem streitigen Bewilligungsabschnitt unmittelbar voran ging (Januar 2012), im Hinblick auf den laufenden, nicht unterbrochenen Leistungsbezug berücksichtigungsfähiges Einkommen iSv § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R = BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, Rn 18; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R - juris Rn 10; BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 49/08 R - juris - Rn 12; BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 64/08 R - juris - Rn 23; BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 4 AS 29/14 R - juris - Rn 17). Die Steuererstattung als einmalige Einnahme war vorliegend aufgrund ihrer Höhe von 3.473,95 EUR nach § 11 Abs. 3 SGB II, beginnend ab dem auf den Monat des Zuflusses folgenden Monat (vgl Satz 2), also ab Februar 2012, iHv monatlich 578,99 EUR zu verteilen. Das Einkommen des Klägers war um die Versicherungspauschale von 30 EUR (vgl § 6 Abs. 1 Nr 1 Alg II/Sozialgeld-Verordnung) zu bereinigen, sodass sich insgesamt ein zu berücksichtigendes Einkommen iHv monatlich 548,99 EUR ergab.
Die Absetzung eines Freibetrags nach § 11b Abs. 2 SGB II von der Einkommensteuererstattung kommt nicht in Betracht. Zweck des Freibetrages nach § 11b Abs. 2 SGB II ist es, die Aufnahme und Beibehaltung einer konkreten Erwerbstätigkeit - auch wenn diese nicht bedarfsdeckend ist - zu fördern, um Hilfebedürftigkeit iS des § 2 Abs.1 Satz 1 SGB II zumindest zu verringern (vgl zur Vorgängerregelung des § 30 SGB II BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 4 AS 29/14 R - juris Rn 23). Anreize für die Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit vermag eine Steuererstattung jedoch schon deshalb nicht zu bieten, weil es an einem Bezug zu einer aktuell ausgeübten Erwerbstätigkeit fehlt (vgl zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 180/10 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 40 Rn 17). Eine Steuererstattung beruht allenfalls auf einer - unter Umständen sogar länger zurückliegenden - früheren Erwerbstätigkeit, hier im Jahr 2008. Die Entstehung eines Anspruchs auf eine Steuererstattung war hier im Übrigen von Umständen abhängig, die keinen Zusammenhang mit der im Streitzeitraum ausgeübten selbständigen Tätigkeit hatten. Vielmehr resultierte die Erstattung aus der nachträglichen Verminderung der Steuerlast der im Jahr 2008 ausgeübten abhängigen Beschäftigung des Klägers. Die Erstattung kann aus diesem Grund auch keine Betriebseinnahme aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers darstellen, zumal ein Gewinn aus dieser Tätigkeit im Streitzeitraum ohnehin nicht erzielt worden war.
Auch das Steuerberaterhonorar kann nicht als mit der Erzielung der Einnahme verbundene notwendige Ausgabe iSv § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II abgesetzt werden, ungeachtet dessen, dass der Beklagte dieses Honorar bereits als Betriebsausgabe im Rahmen der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit in Ansatz gebracht hat. Auch hier gilt, dass sich diese Kosten nicht auf die im Streitzeitraum bzw im Januar 2012 aktuell ausgeübte Tätigkeit bezogen, sondern auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Mai 2015 - L 19 AS 1394/12 – juris Rn 19).
War danach ein monatliches Einkommen des Klägers iHv 548,99 EUR anzurechnen, verbleibt ein durch Leistungen des Beklagten zu deckender Bedarf iHv 333,31 EUR (befristeter Zuschlag 80 EUR zzgl 253,31 EUR KdU für Februar 2012) bzw monatlich 253,31 EUR (KdU; März bis Juli 2012). Die darüber hinausgehend gezahlten vorläufigen Leistungen hat der Kläger nach 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 3 SGB III zu erstatten, ohne dass es eines Rückgriffs auf die §§ 45, 48, 50 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) bedarf, und zwar Regelleistungen für Februar bis Mai 2012 iHv jeweils 322,36 EUR und KdU-Leistungen iHv monatlich 174,99 EUR für Februar bis Mai 2012 bzw iHv monatlich 34,16 EUR für Juni und Juli 2012, dh insgesamt 2.057,72 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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