Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 1713/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 405/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 83/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Prüfbescheid nach § 28 p Abs. 1 S. 5 SGB IV kann wahlweise auf § 28e Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 4 SGB IV gestützt werden.
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2014 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Prüfbescheid der Beklagten, in welchem von der Klägerin für die Zeit von September 2002 bis Oktober 2005 insgesamt 236 452,85 Euro nachgefordert werden, einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 60 375,00 Euro.
Das Hauptzollamt L traf im Rahmen einer Baustellenkontrolle am 18. November 2004 in L (S zwei polnische Trockenbauer an, die sich jeweils als Einzelunternehmer ausgaben. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen deren mutmaßlichen Arbeitgeber wurde die von ihnen angegebene Geschäftsadresse in B, Zstraße , B, durchsucht, eine Wohnung, welche dem Geschäftsführer der Klägerin C gehörte. Vor Ort wurde ihr jetziger Mitgeschäftsführer M angetroffen. Aufgrund dessen Einlassung im Rahmen einer Vernehmung und u. a. aufgrund des Umstandes, dass unter der Adresse insgesamt 28 Gewerbetreibende angemeldet waren, erließ das Amtsgericht Karlsruhe am 15. August 2005 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss wegen des Verdachts, dass die Geschäftsführer C und M Arbeitsentgelt veruntreut und vorenthalten sowie Ausländer ohne Arbeitsgenehmigung zu ungünstigen Bedingungen und im großen Umfang beschäftigt und Steuern hinterzogen hätten, (Az.: 31 Gs 2187/05, bestätigt vom Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 24. April 2006 – 2 Qs 81/05). Das Hauptzollamt durchsuchte die damaligen Geschäftsräume der Klägerin in der A Straße in B. Vorgefunden und beschlagnahmt wurden dort u. a. zahlreiche Stundenaufzeichnungen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sicherstellungsverzeichnis des Hauptzollamts L vom 11. Oktober 2005 Bezug genommen (Kopie in der beigezogenen Akte Staatsanwaltschaft Berlin 3 StJs 683/06). Ausweislich des Abschlussberichtes des Hauptzollamtes vom 19. Mai 2008 wurden auch Blanko Briefbögen des Subunternehmen I GmbH (nachfolgend nur noch: "I") und auf einem Computer Briefköpfe der I und einer D GmbH (nachfolgend nur noch: "D") gefunden. Das Hauptzollamt beantragte daraufhin den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses auch hinsichtlich der Geschäftsräume der I in der Astraße in B. Am 5. Juni 2007 wurde (u. a.) deren Geschäftsführer U G vernommen. Die I teilte mit Schreiben vom 8. Juni 2007 durch diesen mit, dass er bei der Vernehmung am 5. Juni 2007 "in völlig alkoholisiertem Zustand" gewesen sei. Seine Aussage entspräche zum Teil nicht der Wahrheit. Er habe einige Sachen durcheinandergebracht. Er wolle seine Aussage zurückziehen.
Das Hauptzollamt L fasste seine Erkenntnisse im Schlussbericht vom 19. Mai 2008 zusammen und führte aus, bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin seien zahlreiche Akten und sonstige Unterlagen sowie Computerdaten beschlagnahmt und ausgewertet worden. Bei der Auswertung der Unterlagen seien zahlreiche Tagelohnnachweise und Stundenaufzeichnungen gefunden worden. Die Tagelohnzettel trügen im Kopf den Namen der Klägerin. Darauf vermerkt seien Auftraggeber, Baustelle, ausgeführte Arbeiten, Name der Arbeiter und die geleisteten Stunden. Die Tagelohnnachweise seien jeweils vom Bauleiter des Auftraggebers oder dessen Beauftragten als "sachlich richtig" gegengezeichnet. Aus den Tagelohnnachweisen werde deutlich, dass die Arbeiter arbeitstäglich in der Regel von Montag bis Freitag zehn Stunden, teilweise noch länger, und samstags sechs Stunden gearbeitet hätten. Die Tagelohnnachweise seien für verschiedene Tätigkeiten ausgefüllt. Somit seien für einzelne Arbeiter teilweise mehrere Tagelohnnachweise am selben Tag vorhanden. Insgesamt ergebe sich dabei eine normale wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden oder mehr. Viele Baustellen der Klägerin hätten sich außerhalb B befunden, was für die meisten der Arbeiter ein Verbleiben am auswärtigen Arbeitsort nötig gemacht habe. Dass die meisten Arbeiter lediglich zwei bis drei Tage am auswärtigen Arbeitsort gearbeitet und die restlichen Tage der Arbeitswoche frei gehabt hätten, entspreche nicht der Arbeitswirklichkeit und werde durch die Tagelohnnachweise widerlegt. Dass auch die bei der Sozialversicherung gemeldeten Arbeiter in der Regel lediglich einen Bruttoverdienst von 400,00 EUR bis (nur) rund 1.000,00 EUR pro Monat gehabt hätten, lasse den Schluss zu, dass die Arbeiter entweder nicht den im Baugewerbe vorgeschriebenen Mindestlohn erhalten oder/und entsprechend Schwarzlohnzahlungen erhalten hätten. Ein Abgleich der Namen in den Tagelohnnachweisen beim Verband der Rentenversicherungsträger habe ergeben, dass teilweise Arbeitnehmer zur Sozialversicherung gemeldet und für sie Beiträge gezahlt worden seien, zahlreiche Arbeiter jedoch nicht gemeldet und für sie keine Beiträge abgeführt worden seien. Die Klägerin habe Subunternehmen eingeschaltet, welche in der Regel zwei bis drei Jahre bestanden hätten und dann wieder aufgelöst worden seien. In der zeitlichen Reihenfolge ihres Bestehens seien dies die Mt GmbH, die D0, die I sowie die B GmbH (nachfolgend nur noch: "B") gewesen. Geschäftsführer der D und der I sei jeweils U G gewesen. Dieser scheine jedoch lediglich ein Strohmann zu sein. Es bestehe zusammengefasst der Verdacht, dass die verantwortlich Handelnden der Klägerin die Werkverträge mit den Firmen D, I und R sowie deren Rechnungen selbst verfasst hätten. Hierfür spreche, dass bei der Klägerin Briefköpfe der I und auf dem Firmen-PC Briefköpfe der D, der I und des Herrn R gefunden worden seien. Wenn aber der angebliche Auftraggeber seinem "Subunternehmer" die Rechnungen verfasse, müsse davon ausgegangen werden, dass der vermeintliche Subunternehmer voll und ganz in die Firma des Auftraggebers aufgehe und komplett eingegliedert sei. Faktisch lägen Arbeitnehmerüberlassungsverträge ohne die erforderliche Verleihererlaubnis vor.
Die Beklagte wurde in das Verfahren erstmals im Rahmen der Überprüfung involviert, inwieweit Arbeitnehmer bei den Rentenversicherungsträgern gemeldet waren. Sie teilte der Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 20. März 2008 mit, dass beabsichtigt sei, nach § 28 p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 180.146,17 EUR sowie Umlagebeträge nach dem Ausgleichsaufwendungsgesetz (AAG) in Höhe von 8.821,15 EUR nachzufordern und Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 66.240,50 EUR zu erheben. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Auswertung der vom Hauptzollamt L sichergestellten Unterlagen durch diese Behörde circa 34 000 "Schwarzstunden" sowie die Beschäftigung von Ausländern ohne die erforderliche Arbeitsgenehmigung ergeben habe. Im Auftrag des Hauptzollamtes habe die Beklagte die ihr zum Zwecke der Schadensberechnung übersandten Beweismittel ausgewertet. Daraus habe sich ergeben, dass die Klägerin neben den gemeldeten Arbeitnehmern auch die in den Anlagen 2 bis 7 aufgeführten Personen gegen Entgelt beschäftigt habe. Den jeweiligen Einzugsstellen zur Sozialversicherung seien diese Arbeitnehmer nicht bzw. verkürzt gemeldet und demzufolge keine bzw. zu wenig Beiträge und Umlagen nachgewiesen und entrichtet worden. Weiterhin habe die Auswertung ergeben, dass die Klägerin in der Zeit von September 2002 bis Oktober 2005 eine Vielzahl der der Beklagten namentlich nicht bekannten Arbeitnehmer (Anlage 2 Bl. 4 23) gegen Entgelt beschäftigt habe, für welche offensichtlich keine bzw. keine vollständigen Lohnaufzeichnungen geführt worden seien. Sie wies die Klägerin auf die Möglichkeit nach § 28 f. Abs. 2 SGB IV hin, die Beiträge auf der Basis der insgesamt gezahlten Arbeitsentgelte festzusetzen.
Die Klägerin schrieb daraufhin unter dem 5. Mai 2008, sie habe keine Personen beschäftigt, ohne dass diese bei der Rentenversicherung angemeldet gewesen seien. Die in der Anlage 2 vorgelegte Auflistung von Personen enthalte Spitznamen für Personen, die sozialversicherungsrechtlich erfasst seien. Auch handele es sich bei diesen um Angestellte anderer Bauunternehmen, die zum Teil im Auftrag der Klägerin tätig gewesen seien. Sie reichte eine Auflistung ihrer Arbeitnehmer ein. Soweit bei ihr Tagelohnaufzeichnungen von Personen aufgefunden worden seien, die nicht bei ihr beschäftigt seien, liege dies allein daran, dass ihr die Aufzeichnungen von Subunternehmen überlassen worden seien, damit sie Stundennachweise gegenüber ihren Auftraggebern vorweisen könne.
Die Beklagte wertete diese Listen aus und glich insbesondere die dort genannten Arbeitnehmer mit den bei den Subunternehmern gemeldeten ab. In den Fällen, in denen die zugeordneten Arbeitnehmer im entsprechenden Zeitraum gleichzeitig entweder bei der Klägerin oder einer der Subunternehmen gemeldet war, reduzierte sie die entsprechenden Beitragsansprüche.
Mit Bescheid vom 25. März 2009 forderte die Beklagte Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von (nur noch) 167.897,81 EUR sowie Umlagebeträge nach dem AAG in Höhe von 8.180,04 EUR nach und erhob Säumniszuschläge in Höhe von 60 375,00 EUR. Ergänzend zum Anhörungsschreiben führte sie zur Begründung aus, dass nach der Feststellung keiner der von der Klägerin benannten Subunternehmen im Kalenderjahr 2002 einen Arbeitnehmer zur Sozialversicherung gemeldet habe, im Kalenderjahr 2003 lediglich von der D ab Juli 2003 sieben Arbeitnehmer. Zur Feststellung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte habe sie anhand der Arbeits- und Stundennachweise geleisteten Arbeitsstunden sowie den sich aus dem verbindlichen Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe maßgeblichen Gesamttarifstundenlohn der Lohngruppe 2 zugrunde gelegt. Dem Bescheid waren umfangreiche Anlagen beigefügt.
Die Klägerin erhob am 9. April 2009 Widerspruch. Zu dessen Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen näher vertieft. Sie hat darauf verwiesen, dass das Landesarbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 24. Juli 2009 (6 Sa 610/09) die Klage der Zusatzversorgungskasse auf Nachzahlung von Sozialkassenbeiträgen (im Sinne des Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe) weitgehend abgewiesen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 zurück. Zur Begründung führte sie zusätzlich aus, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg habe in dem von der Klägerin angeführten Urteil lediglich festgestellt, dass alleine die Tatsache, dass bei der Klägerin Tageslohnzettel mit den Arbeitszeiten diverser Arbeitnehmer beschlagnahmt worden seien, nicht automatisch dazu führe, dass Arbeitsverhältnisse zwischen der Klägerin und diesen Arbeitnehmern angenommen werden könnten. Die ZVK Bau habe den Einwand der Klägerin, dass die Tageslohnzettel zum Nachweis des Umfangs der geleisteten Stunden erteilt worden seien, nicht widerlegt. Das Gericht habe deshalb davon ausgehen müssen, dass es sich um Arbeitnehmer von Subunternehmern bzw. deren Subunternehmer gehandelt habe, für die im Zweifel keine Beiträge an die ZVK Bau zu zahlen gewesen seien. Die Frage hingegen, ob es sich bei der I und der D um echte Subunternehmer oder um Scheinfirmen gehandelt habe, sei jedoch von diesem Gericht keiner Prüfung unterzogen worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Oktober 2009 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, die bei ihr gefundenen Tagelohnzettel dienten ihrer eigenen Sicherheit, die Nachweise gegenüber ihren Auftraggebern gebraucht habe zur Überprüfung, ob entsprechend gearbeitet worden sei. Auch habe die Klägerin sichergehen wollen, dass nur Arbeitnehmer eingesetzt worden seien, die bei den Subunternehmern ordnungsgemäß angemeldet und geführt worden seien. Die Klägerin habe von ihren Subunternehmern immer die erforderlichen Nachweise der Abführung der Beiträge an die S Bau abverlangt. Soweit die Beklagte als Indiz für Scheinfirmen vorbringe, dass die gleichen Arbeitnehmer in einem Zeitraum bei der Klägerin und in einem anderen bei Subunternehmern beschäftigt seien, zeuge dies von Praxisfremde der Beklagten. Es sei nun einmal gerade bei eingesetzten ausländischen Arbeitnehmern so, dass diese aus oft nicht nachvollziehbaren Gründen den Arbeitgeber wechselten, obwohl sie am gleichen Objekt eingesetzt blieben. Bei dem bei ihr gefundenen PC habe es sich um ein Gerät gehandelt habe, das sie ihren Subunternehmern zur Verfügung gestellt habe. Für die Klägerin sei nicht ersichtlich, inwieweit ihre Subunternehmer ihrerseits Subunternehmer eingesetzt hätten. Die Klägerin habe ganz allgemein nicht nur im geringen Umfang eigene Arbeitnehmer eingesetzt, sondern vom Umfang her die Arbeiten zu 88 % durch Subunternehmer durchführen lassen, die ihrerseits wieder zu 90 % weitere Subunternehmer eingesetzt hätten.
Mit Beschluss vom 25. November 2009 hat das Bundesarbeitsgericht die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Juli 2009 zurückgewiesen (10 AZN 758/09).
Die Beklagte hat vorgebracht, bei den Arbeitsstunden habe es sich nicht um solche von Subunternehmern handeln können, weil diese von den Subunternehmern nicht angemeldet worden seien. Der Geschäftsführer der D und der I sei nur Strohmann gewesen. Er habe bei seiner Vernehmung beim Hauptzollamt ursprünglich ausgesagt, 450,00 EUR im Monat zu verdienen, was einer Geschäftsführertätigkeit nicht entspräche. Auch habe er Blanko Werkverträge mit der Klägerin unterschrieben, die außer dem Ausführungsort keine konkreten Regelungen enthielten. Bereits ausweislich der von der Klägerin selbst aufgeführten 13 Arbeitnehmer könne anhand der vom Hauptzollamt festgestellten Arbeitsstunden nachgewiesen werden, dass die Klägerin auch hier für wenigstens zehn dieser 13 Arbeitnehmer nicht vollumfängliche Meldungen erstellt und entsprechend zu wenig Beiträge nachgewiesen und entrichtet habe. Die Stundenlohnzettel belegten auch, dass die Klägerin weiter für von ihr gemeldete Arbeitnehmer entweder keinen Mindestlohn gezahlt und/oder Meldungen erstellt habe, die nicht vollumfänglich seien. Die Klägerin verfüge offenbar über einen Pool von Arbeitnehmern und wechselnden Firmen. Sie melde die Arbeitnehmer offenbar willkürlich unter diesen Firmen an, wobei es sich zum einen Teil um Unternehmen handele, die Leistungen auf dem Markt erbrächten, zum anderen aber auch um solche, die lediglich Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen stellten. Die Aufträge, die sie erlange, gebe die Klägerin zum überwiegenden Teil weiter und lenke so von ihrer Verantwortlichkeit ab. Als Geschäftsführer und somit formell Verantwortliche würden für die Subunternehmen Personen eingesetzt, die nicht dazu in der Lage seien, dieses Amt faktisch zu begleiten. Dies gelte neben Herrn G auch für dessen Lebensgefährtin RG, welche die Geschäftsführerin des Nachfolgerunternehmens der I, der B Bau, sei. Es sei unstreitig sei, dass auf dem Geschäfts PC der Klägerin Briefköpfe der D, der I und des Herrn M R gefunden worden seien. Die Klägerin habe ausgeführt, dass die Geschäftsführer der genannten Firmen den PC hätten benutzen dürfen, um ihre Rechnungen zu schreiben.
Das SG hat die Akte der Staatsanwaltschaft Berlin zu 3 StJs 683/06 beigezogen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 29. August 2012 sind die Beigeladenen zu 21) und 45) angehört worden. Die Beigeladenen zu 23) und zu 50) haben sich nicht äußern wollen. Das SG hat weiter die Bürokraft der I, Frau EN, und die Büroangestellte der Klägerin N F geborene B als Zeuginnen und den Zollfahnder des Hauptzollamts H als Zeugen vernommen.
Die Klägerin hat hierzu ergänzend vorgetragen, der Beigeladene zu 21) I D habe vor dem SG gelogen, wenn er behauptet habe, bei der Klägerin beschäftigt gewesen zu sein. Soweit das Logo der Klägerin auf Stundenzetteln erscheine, erkläre sich dies daraus, dass die Nachunternehmer die Stundenzettel immer in dreifacher Ausfertigung hätten abgeben müssen. Einer sei beim Nachunternehmen verblieben, einer bei der Klägerin und einer sei an deren Auftraggeber gegangen. Ein Strafverfahren des Finanzamtes gegen die D und die I wegen des Verdachts der Hinterziehung der Körperschafts- und Gewerbesteuer 2005 sei eingestellt worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 1. September 2014 ist der Geschäftsführer der Klägerin M angehört worden. Dieser hat u. a. vorgetragen, die Stundenzettel wiesen nicht nur die Stunden von Subunternehmern auf und auch nicht die tatsächlich geleisteten. Eingetragen seien zum Teil auch Stundenkontingente. Die Stundenzettel dienten auch der internen Absicherung gegenüber Auftraggebern im Falle von Nachverhandlungen. Das SG hat an diesem Tag weiter den ehemaligen Geschäftsführer der D und der I G als Zeugen vernommen.
Mit Urteil vom selben Tag hat es den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den 31 322,5 Stunden, für welche die Beklagte für bei der Klägerin gefundenen Stundenzettel Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nacherhoben habe, um "Schwarzstunden" gehandelt habe, die (in diesem Umfang) von Beschäftigten der Klägerin geleistet worden seien. Es sei plausibel, dass es sich bei den auf den Stundenzetteln ausgewiesenen Stunden um Arbeitsstunden von Subunternehmern gehandelt habe.
Gegen dieses ihr am 1. Oktober 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 24. Oktober 2014.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei den für die Klägerin tätigen Subunternehmen habe es sich nicht um "echte" Baufirmen gehandelt, vielmehr – zumindest weitgehend – um sogenannte Service Unternehmen, die zur Erstellung von Abdeckrechnungen genutzt worden seien, um einen tatsächlich entstandenen Aufwand für Schwarzlohnzahlungen als Betriebsausgaben in Ansatz bringen zu können und um zugleich ein Missverhältnis zwischen Umsatz und Lohnausgaben zu verschleiern. Betrachte man die Historie der Subunternehmen, werde ein über Jahre fortgesetztes System erkennbar, das eine ordnungsgemäße Überwachung der Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen in steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht verhindert habe. Es seien als sogenannte Vorratsgesellschaften gegründete GmbHs erworben worden, die durch die immer gleichen oder miteinander verbundenen Personen für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren betrieben und dann durch eine neue GmbH mit gleichem Geschäftszweck ersetzt worden seien. Vorliegend habe zunächst die D mit dem Zeugen G als Geschäftsführer bis zum 12. Oktober 2004 als Subunternehmen gehandelt, die dann durch die I GmbH, wiederum mit dem Zeugen G als Geschäftsführer, ab 11. Oktober 2004 abgelöst worden sei. Sobald die Firmen ihren Zweck erfüllt hätten, seien sie verkauft oder durch Löschung im Handelsregister beendet worden. Geschäftsunterlagen seien bei Ihnen trotz zu beachtender Aufbewahrungsfristen nicht mehr auffindbar.
Aus den Zeugenaussagen ergebe sich kein anderes Bild.
Es sei lebensfremd, ein Bauunternehmen mit erheblichen, sechs- bis siebenstelligen Umsätzen und durchschnittlich 40 bis 60 Mitarbeitern und dem daraus resultieren Aufwand für Rechnungslegung, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung und Beschäftigung von Arbeitnehmern mit nur einer Teilzeitbürokraft zu betreiben. Die Zeugin N sei jedoch als einzige teilzeitbeschäftigte Bürokraft mit circa acht bis zehn Stunden pro Woche tätig gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Dass ihr Geschäftsführer M die I vertreten sollte, sei ein Vorschlag des Geschäftsführers des betreffenden Auftraggebers der Klägerin gewesen. Aus dem Text der Vollmacht ergebe sich klar eine Einschränkung dahingehend, dass Herr M lediglich die Auftragsverhandlungen mit dem Auftraggeber führen und zum Abschluss habe bringen dürfen. Der Vortrag der Beklagtenseite, die Klägerin habe mit ihren Subunternehmen lediglich Blanko Verträge abgeschlossen, sei bereits widerlegt worden. Beispielhaft werde hier nochmals ein Werkvertrag zwischen ihr und dem Subunternehmen C und S GbR eingereicht, dem ein detailliertes Leistungsverzeichnis mit Einzelpreisen beigefügt sei. Hinsichtlich einer etwaigen Haftung nach §§ 28 e Abs. 3 a, 3 b und 3 f SGB IV griffen zu ihren Gunsten Einschränkungen. Insbesondere entfalle eine Bürgenhaftung nach § 28 e Abs. 3 b SGB IV, wenn der Unternehmer nachweise, dass er ohne eigenes Verschulden davon habe ausgehen können, dass der Nachunternehmer seine Zahlungspflicht erfüllen werde. Zudem gehe die Klägerin davon aus, dass alle an den Objekten der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer ordnungsgemäß von der Klägerin oder den eingesetzten Subunternehmern an die Kostenträger/Versicherungsträger gemeldet gewesen und deren Beiträge ordnungsgemäß abgeführt worden seien. Die Beklagte stelle fehlerhaft darauf ab, es seien Beiträge für Arbeitnehmer nicht entrichtet, die weder seitens der Klägerin oder von deren Subunternehmern gemeldet worden sein sollen. Auf den Listen sei es – wie bereits vorgetragen – zu Mehrfach /Vielfachnennungen gekommen, alleine wegen der unterschiedlichen Schreibweisen und/oder Spitznamen der einzelnen Arbeitnehmer. Vor- und Nachnamen seien in einen Topf geworfen worden. Ein Beispiel sei der vermeintliche Name B. Dabei habe es sich um den Arbeitnehmer R M gehandelt. Dieser sei bei der Klägerin ordnungsgemäß gemeldet. Für ihn seien auch Beiträge ordnungsgemäß entrichtet worden. Das Hauptzollamt habe die Baustellen der Klägerin "viele Male" kontrolliert. Es habe nie Schwarzarbeiter gefunden. Auch der Arbeiter B sei legal anwesend gewesen. Ein weiteres Beispiel sei der vom Hauptzollamt als "D" erfasste Arbeiter. Auch insoweit habe es sich nur um einen Spitznamen gehandelt.
Auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen, den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die erwähnten weiteren Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist abzuweisen. Der angefochtene Prüfbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
I. Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28 h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 SGB IV i. V. m. § 89 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nicht (§ 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV).
Nach § 28 d Sätze 1 und 2 SGB IV werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten.
Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch i. V. m. § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch.
Der gesetzliche Auftrag der Beitragsüberwachung schließt auch die Prüfung der Umlagen U1 (Krankheitsaufwendungen) / U2 (Mutterschaftsgeld), geregelt in der Zeit bis 31. Dezember 2005 in § 10 Lohnfortzahlungsgesetz. Diese gehören zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, weil sie aufgrund § 17 Lohnfortzahlungsgesetz a. F. (nunmehr § 10 AAG) den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt sind, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages waren (vgl. Sehnert in: Hauck/Noftz, SGB, 03/14, § 28 p SGB IV Rdnr. 6 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 30. Oktober 2002 – B 1 KR 19/01 R). Nach der Intension des Gesetzgebers sind diese Umlagen auch Gegenstand der Betriebsprüfung durch die Rentenversicherungsträger (Scheer in: Schlegel/Voelzke, juris PK SGB IV, 3. Auflage 2016, § 28 p SGB IV Rdnr. 153 mit Bezugnahme auf BT Drs. 13/1205 Seite 6).
Nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.
Dieser hat aufgrund § 28 f Abs. 1 SGB IV für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28 f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen, § 28 f Abs. 2 S. 3 SGB IV.
II. Die Klägerin ist Arbeitgeberin im vorgenannten Sinne.
Soweit der Bescheid Beiträge für einzeln genannte Beschäftigte nachfordert, handelt es sich um solche der Klägerin, auch wenn diese von Beschäftigungsverhältnissen bei Subunternehmen oder Sub-Subunternehmen oder von selbständigen Werkunternehmern ausgeht.
Zur Überzeugung des Senats hat es sich bei den vorgeblichen Subunternehmen I, D, B Bau und MR nicht um Arbeitgeber im Sinne des SGB IV, sondern um der Klägerin direkt zuzurechnende Scheinfirmen gehandelt, welche von der Klägerin nicht ernsthaft als Werkunternehmer beauftragt, kontrolliert und bezahlt wurden, sondern -jedenfalls soweit es die hier streitgegenständlichen 32.322,5 Arbeitsstunden betrifft- vielmehr zur Verschleierung der wahren Verhältnisse verwendet wurden. Mit ihrer Hilfe sollte der tatsächliche entstandenen Aufwand für Schwarzlohnzahlungen verschleiert und ein Missverhältnis zwischen Umsatz und Lohnausgaben im Hinblick auf zu niedrige Löhne verschleiert werden bzw. jedenfalls eine ordnungsgemäße Überwachung der Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht verhindert werden.
Arbeitgeberin der Bauarbeiter war die Klägerin.
1. Dies trifft insbesondere für die I und die D zu.
Der Geschäftsführer der I und der D G hat vor dem Hauptzollamt ausgesagt, lediglich ein Gehalt von circa 450,00 EUR im Monat erhalten zu haben. Er hat ferner ausgesagt, lediglich an drei bis vier Stunden in der Woche für seine Firmen zu arbeiten. Er ist sich nicht bewusst gewesen, dass in seinen Unternehmen teilweise über 50 Beschäftigte arbeiteten. Da dies nicht mit einer ordentlichen Geschäftsführertätigkeit vereinbar ist, spricht dies für eine Strohmanntätigkeit. Soweit dieser seine Aussage später schriftlich widerrufen hat und vor Gericht von höheren Einnahmen ausgegangen ist, relativiert dies die erste Aussage nicht entscheidend. Sollte er bei der ersten Aussage wirklich völlig betrunken bzw. übermüdet gewesen sein, spräche alles dafür, dass er sich in diesem Zustand "verplappert" hat. Auch seine Aussage vor dem SG spricht eher gegen die Absicht, seriöse Bauunternehmen führen zu wollen. Er hat u. a. ausgesagt, von -dem Verkäufer von Vorratsgesellschaften- Dr. M an die D "vermittelt" worden zu sein. Die I habe er gegründet, weil das Finanzamt zu viel von der D gefordert habe. Es habe sich um einen Neustart gehandelt. Sie stützt die Einschätzung der Beklagten, dass Vorratsgesellschaften nur eine kurze Zeitspanne verwendet wurden, um Gläubiger ins Leere laufen zu lassen.
Zutreffend sieht es die Beklagte ferner als lebensfremd an, ein Bauunternehmen mit erheblichen, sechs- bis siebenstelligen Umsätzen und durchschnittlich 40 bis 60 Mitarbeitern und den daraus resultieren Aufwänden für Rechnungslegung, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung und Beschäftigung von Arbeitnehmern mit nur einer Teilzeitbürokraft zu betreiben. Die Zeugin N sei als einzige teilzeitbeschäftigte Bürokraft mit zirka acht bis zehn Stunden pro Woche tätig gewesen. Sie hat nach ihren eigenen Zeugenangaben alle Arbeiten gemacht, u. a. die Lohnbuchhaltung und die Umsatzsteuervoranmeldungen.
Auch der Umstand, dass auf dem Geschäfts PC der Klägerin – und nicht etwa der I GmbH – Briefköpfe etc. der Subunternehmer gefunden wurden, ist ein taugliches Indiz für deren Funktion als Scheinfirmen, auch wenn die Klägerin den Eindruck zu erwecken versucht hat, das Hauptzollamt habe "Äpfel mit Birnen verwechselt".
Weiteres Indiz für bloße Scheinfirmenkonstruktion ist es, dass die von der Klägerin selbst eingereichten Verträge zwischen ihr und den vorgeblichen Subunternehmen weithin Blanko Verträge waren, bei welchen die wesentlichen Vertragsregelungen, insbesondere die Vergütung, offen geblieben ist (vgl. z. B. GA Bl. 98, Bauvorhaben: M-Wärmedämmarbeiten.) Der Zollbeamte H hat ausgesagt, bei den Durchsuchungen Verträge zwischen der Klägerin und der I gefunden zu haben, die aber ganz überwiegend Blanko Verträge gewesen seien. Zu 95 % bis 98 % seien überhaupt die Verträge der Klägerin mit Subunternehmern Blanko Verträge ohne Leistungsverzeichnis gewesen. Der von ihr eingereichte Subunternehmervertrag mit der C und S GbR vom 28. September 2004 ist ein Blanko Vertrag (Anlage 7 zum Schriftsatz vom 23. Oktober 2012). Auch im Subunternehmervertrag mit der D vom 8. Mai 2003 ist nichts ausgefüllt, ebenso wenig im Vertrag vom 18. August 2003. Entsprechendes gilt für den eingereichten Subunternehmervertrag mit der I, bei welchem selbst ein Datum bei den Unterschriften fehlt.
Ferner spricht auch die Tatsache für sich selbst, dass der Geschäftsführer der Klägerin zumindest in einem Fall Vollmacht für die I erhalten bekam, "bei Abwesenheit des Inhabers" die Interessen dieser Firma gegenüber anderen Firmen, ggf. auch Auftraggebern, zu vertreten.
2. Für bloße Scheinunternehmen der angeblichen Subunternehmen und der vorgeblichen Einzelunternehmen spricht auch die fehlende klare Trennung zwischen der Klägerin und ihren Subunternehmen. Allen Ernstes hat die Klägerin selbst hierzu vor Gericht vorgetragen, es sei nun einmal gerade bei eingesetzten ausländischen Arbeitnehmern so, dass diese aus oft nicht nachvollziehbaren Gründen den Arbeitgeber wechselten, obwohl sie am gleichen Objekt eingesetzt blieben.
Wiederholt haben Arbeitnehmer ausgesagt, bei dem einen Unternehmen beschäftigt gewesen zu sein, laut den Unterlagen waren sie jedoch bei anderen gemeldet (vgl. Bericht des Hauptzollamtes vom 19. Mai 2008, Band II Bl. 85). Zum Beispiel war z. B. der Beigeladene zu 25) B K nach seinen Angabe bei der Klägerin beschäftigt, gemeldet jedoch war er bei der D, einem Unternehmen, welches er gar nicht kannte.
Der Beigeladene zu 21), der in den Listen der Klägerin als angeblicher Arbeitnehmer der I oder deren Subunternehmer bezeichnet wurde, hat erklärt, Ende August/Anfang September 2005 als Bauhelfer für die Klägerin gearbeitet zu haben, jedoch kein Geld erhalten zu haben. Für die I oder die D hat er nicht gearbeitet.
Auch der Beigeladene zu 45) soll von der I beschäftigt gewesen sein, hat jedoch vor Gericht angegeben, als Selbständiger direkt mit der Klägerin abgerechnet zu haben.
Der Zeuge G wusste bei seiner ersten Vernehmung zunächst nicht einmal, wie viele Arbeitnehmer seine Unternehmer beschäftigen und konnte auch nicht seinen Bauleiter benennen.
Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren zur Unrichtigkeit der vom Hauptzollamt erstellten Listen auf ihren Arbeitnehmer R M, genannt B, beruft, zeigt sie kein taugliches Indiz an der Unrichtigkeit der Listen auf. Sie selbst führt nämlich als angeblichen Arbeitnehmer von Subunternehmern einen B II auf. Letztendlich wiederholt sie ihr bereits außergerichtliches Vorbringen, aufgrund dessen die Beklagte im Verwaltungsverfahren bereits eine Bereinigung der Listen vorgenommen hat. Dass es sich auch im Übrigen – soweit die einzelnen Arbeitnehmer nicht namentlich bekannt sind – um Phantome gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich.
3. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe die Stundenlohnzettel nur zur eigenen Absicherung gegenüber ihren Auftraggebern benötigt bzw. um sicherzugehen, dass die Subunternehmer nur ordnungsgemäß angemeldete Arbeitnehmer beschäftigten, geführt habe, ist dies bereits deshalb nicht glaubhaft, weil dazu die Tagelohnzettel zu wenig gründlich geführt wurden. Es sind z. B. oft nur Spitznamen verwendet worden.
Wie bereits die Beklagte ausgeführt hat, bedarf es bei Werkverträgen grundsätzlich keiner Stundenabrechnung, auch nicht bei der Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten.
Da die Klägerin trotz ausdrücklichen Hinweises des Senats keinerlei Unterlagen eingereicht hat, aus welchen sich ihre Verpflichtung ihren Auftraggebern gegenüber zum Nachweis von Stundenlohnzetteln ergeben könnte, ist ihre Behauptung, die Stundennachweise zu diesem Zwecke zu benötigen, nicht überzeugend. Wieso sie darüber hinaus sogar geeignet gewesen sollen, den sich hinter einem Pauschalpreis verbergenden Arbeitsaufwand sichtbar machen zu können, um nachträglichen Versuchen der Auftraggeber, den Preis zu drücken, entgegnen zu können, erschließt sich nicht.
Der von der Klägerin selbst eingereichte Bauvertrag mit der D D GmbH Niederlassung F vom 3./13. März 2003 enthält keine Leistungsverzeichnisse oder eine Verpflichtung zur Vorlage von Stundenlohnzetteln (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 23. Oktober 2012). Die von der Klägerin dazu eingereichten Kopien von Stundenlohnzetteln gehören zu einem anderen Bauvorhaben (Auftraggeber H).
III. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen, § 28 f Abs. 2 S. 3 SGB IV. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen.
1. Eine solche Schätzung musste hier vorgenommen werden, weil die Lohnbuchhaltung der Klägerin unvollständig bzw. unrichtig war.
Wie hier unstreitig ist, stimmen nicht einmal die im gerichtlichen Verfahren von der Klägerin eingereichten Listen ihrer "echten" Mitarbeiter mit den gemeldeten überein.
Ferner hat das Hauptzollamt beispielsweise zutreffend als Indiz für die "Schwarzbeschäftigung" von Arbeitnehmern den beim Zeugen F R aufgefundenen Kalender gesehen. Herr R war bei der Durchsuchung in den Geschäftsräumen der Klägerin angetroffen worden und hatte angegeben, dass dies sein erster Arbeitstag als Praktikant sei. Er hatte jedoch über einen Schlüssel für die Geschäftsräume und eigene Firmenvisitenkarten verfügt. Die weiteren Notizen im Kalender lassen den Schluss zu, dass er eher als Bauleiter gearbeitet haben muss, weil dort z. B. die Namen von Arbeitern, Werkzeuge, Geldbeträge, Ausmaße und Baustellennotizen niedergelegt waren (vgl. Staatsanwaltsakte Bl. 171).
Auch der Umstand, dass die bei der Sozialversicherung gemeldeten Arbeiter in der Regel lediglich einen Bruttoverdienst von 400,00 EUR bis circa 1 000,00 EUR pro Monat gehabt haben, ist unglaubwürdig und spricht für Schwarzzahlungen.
2. Da ihr die in den Stundenlohnzetteln vorgefundenen Arbeitnehmer zuzurechnen sind, durfte und musste die Beklagte die Berechnungen des Hauptzollamtes übernehmen. Diese fußen aus den aufgrund der Arbeits- und Stundennachweise ermittelten geleisteten Arbeitsstunden unter Zugrundelegung des aus dem verbindlichen Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe maßgeblichen Gesamttarifstundenlohn. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Verwaltungsakt verwiesen, §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
3. Soweit die aufgrund dieser Schätzung hinsichtlich einzelner -hier beigeladener- Arbeitnehmer oder -weil eine Zuordnung zu einer Person nicht möglich war- allgemein als Beitragssummenbescheid nachgeforderten Beiträge nicht den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden entsprochen haben sollten, kann sich die Klägerin hierauf nicht berufen:
Nach § 28 f Abs. 2 Satz 5 SGB IV hat der prüfende Versicherungsträger einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 des § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht bzw. Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Erfolgt dies nicht, hängt die Rechtmäßigkeit der Schätzung (nur) davon ab, ob die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt bzw. Arbeitsentgelt einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden kann (vgl. § 28 f Abs. 2 S. 2 SGB IV). Diese Verhältnismäßigkeit des Schätzbescheides kann zwar auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Für eine Beanstandung durch ein Gericht ist es jedoch erforderlich, dass die Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen muss (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 8. April 2016 -L 1 KR 325/15 KR; ferner z. B. Urt. vom 14. November 2014 -L 1 KR 380/12- juris-Rdnr 48; vom 26.April 2013 -L 1 KR 98/11-mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 -B 12 KR 12/01 R- zu einem Beitragssummenbescheid, juris-Rdnr. 28; ebenso Werhahn in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 28 f SGB IV Rdnr. 11). Der Arbeitgeber, der – wie hier die Klägerin – nicht ordnungsgemäß nach § 28 f SGB IV aufgezeichnet hat, trägt die objektive Beweislast, dass statt einer Schätzung der eigentlich richtige Betrag ohne unverhältnismäßigen Aufwand der festgestellt werden könnte (Werhahn, a. a. O. § 28 f SGB IV Rdnr. 9 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).
Die Klägerin kann sich deshalb vor Gericht nicht mit Erfolg auf Doppel-oder Mehrfachnennungen etc. berufen. Die Beklagte hat auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren durchaus reagiert und die Schätzung entsprechend korrigiert. Im Gerichtsverfahren ist von einer darüber hinausgehende Unrichtigkeit der Schätzung nicht mehr auszugehen.
IV. Eine Haftung der Klägerin ergäbe überdies auch unter der Prämisse, dass die genannten Subunternehmen eigene Beschäftigungsverhältnisse mit den konkret auf den Baustellen Beschäftigten abgeschlossen haben:
Der Umfang der Prüfpflicht der Rentenversicherungsträger nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 umfasst nicht nur die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen nach § 28 a SGB IV. Die Träger prüfen vielmehr allgemein bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch ordnungsgemäß erfüllen. Zu den Pflichten gehört nach § 28 e SGB IV die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages.
Nach § 28 p Abs. 1 S. 5 SGB IV ergeht der Prüfbescheid gegenüber "dem Arbeitgeber". Zum Prüfgegenstand nach § 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV gehört deshalb jedenfalls auch § 28 e SGB IV (ebenso Wehrhahn, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 28 p SGB IV Rdnr. 13 m. w. N., § 28 e Rdnr. 22). Er umfasst damit auch eine Haftung nach § 28 e Abs. 2 S. 3 und 4 SGB IV des Entleihers von Leiharbeitnehmern.
Unter der Maßgabe, dass ein Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer zahlt, obwohl der Vertrag nach § 9 Nr. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) unwirksam ist, haftet danach neben dem Verleiher auch der Entleiher als Arbeitgeber für die darauf zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Unter der genannten Prämisse hat es sich bei der I, der D und der B Bau allenfalls um Personalleasing-Unternehmen gehandelt. Sie haben bestenfalls der Klägerin Personal zur Verfügung gestellt. Bezeichnend ist, dass sich der Geschäftsführer der I G noch nicht mal an die Namen seines vorgeblich eigenen Bauleiter erinnern konnte.
Nach § 1 Abs. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsüberlassung überlassen wollen, der Erlaubnis. Eine solche liegt für die vorgenannten Unternehmen hier unstreitig nicht vor.
Nach § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat.
§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG regelt in diesem Fall, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen gilt (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18. November 2014 – L 5 R 1071/12 – juris-Rdnr. 42).
V. Zuletzt sei ergänzend darauf hingewiesen, dass nach § 28 e Abs. 3 a SGB IV ein Unternehmer des Baugewerbes, welcher einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beauftragt für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge haftet, soweit der in § 28e Abs. 3d SGB IV bestimmte geschätzte Gesamtwert aller Bauleistungen für ein Bauwerk überschritten wird und der (General-)Bauunternehmer nicht nach § 28e Abs. 3b nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt.
Soweit die vorgebliche Weitergabe von Bauaufträgen der Klägerin den zur damaligen Zeit geltenden Gesamtwert nach § 28e Abs. 3d von 500.000 EUR überschritten hat (die Klägerin hat selbst behauptet, ihrer Werkaufträge zu 80 bis 90% an Subunternehmen weitergeleitet zu haben), hätte die Klägerin die in Erfüllung des streitgegenständlichen Bescheides an die Einzugsstellen geleisteten Nachzahlungen nicht rechtsgrundlos erbracht, selbst wenn der Bescheid aufgehoben bliebe. Die Exkulpationsmöglichkeit des § 28e Abs. 3b S. 2 SGB IV ("Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 8 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. März 2006 [BAnz. Nr. 94a vom 18. Mai 2006] erfüllt.") ist erst zum 1. Januar 2009 in das Gesetz aufgenommen worden.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Prüfbescheid der Beklagten, in welchem von der Klägerin für die Zeit von September 2002 bis Oktober 2005 insgesamt 236 452,85 Euro nachgefordert werden, einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 60 375,00 Euro.
Das Hauptzollamt L traf im Rahmen einer Baustellenkontrolle am 18. November 2004 in L (S zwei polnische Trockenbauer an, die sich jeweils als Einzelunternehmer ausgaben. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen deren mutmaßlichen Arbeitgeber wurde die von ihnen angegebene Geschäftsadresse in B, Zstraße , B, durchsucht, eine Wohnung, welche dem Geschäftsführer der Klägerin C gehörte. Vor Ort wurde ihr jetziger Mitgeschäftsführer M angetroffen. Aufgrund dessen Einlassung im Rahmen einer Vernehmung und u. a. aufgrund des Umstandes, dass unter der Adresse insgesamt 28 Gewerbetreibende angemeldet waren, erließ das Amtsgericht Karlsruhe am 15. August 2005 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss wegen des Verdachts, dass die Geschäftsführer C und M Arbeitsentgelt veruntreut und vorenthalten sowie Ausländer ohne Arbeitsgenehmigung zu ungünstigen Bedingungen und im großen Umfang beschäftigt und Steuern hinterzogen hätten, (Az.: 31 Gs 2187/05, bestätigt vom Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 24. April 2006 – 2 Qs 81/05). Das Hauptzollamt durchsuchte die damaligen Geschäftsräume der Klägerin in der A Straße in B. Vorgefunden und beschlagnahmt wurden dort u. a. zahlreiche Stundenaufzeichnungen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sicherstellungsverzeichnis des Hauptzollamts L vom 11. Oktober 2005 Bezug genommen (Kopie in der beigezogenen Akte Staatsanwaltschaft Berlin 3 StJs 683/06). Ausweislich des Abschlussberichtes des Hauptzollamtes vom 19. Mai 2008 wurden auch Blanko Briefbögen des Subunternehmen I GmbH (nachfolgend nur noch: "I") und auf einem Computer Briefköpfe der I und einer D GmbH (nachfolgend nur noch: "D") gefunden. Das Hauptzollamt beantragte daraufhin den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses auch hinsichtlich der Geschäftsräume der I in der Astraße in B. Am 5. Juni 2007 wurde (u. a.) deren Geschäftsführer U G vernommen. Die I teilte mit Schreiben vom 8. Juni 2007 durch diesen mit, dass er bei der Vernehmung am 5. Juni 2007 "in völlig alkoholisiertem Zustand" gewesen sei. Seine Aussage entspräche zum Teil nicht der Wahrheit. Er habe einige Sachen durcheinandergebracht. Er wolle seine Aussage zurückziehen.
Das Hauptzollamt L fasste seine Erkenntnisse im Schlussbericht vom 19. Mai 2008 zusammen und führte aus, bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin seien zahlreiche Akten und sonstige Unterlagen sowie Computerdaten beschlagnahmt und ausgewertet worden. Bei der Auswertung der Unterlagen seien zahlreiche Tagelohnnachweise und Stundenaufzeichnungen gefunden worden. Die Tagelohnzettel trügen im Kopf den Namen der Klägerin. Darauf vermerkt seien Auftraggeber, Baustelle, ausgeführte Arbeiten, Name der Arbeiter und die geleisteten Stunden. Die Tagelohnnachweise seien jeweils vom Bauleiter des Auftraggebers oder dessen Beauftragten als "sachlich richtig" gegengezeichnet. Aus den Tagelohnnachweisen werde deutlich, dass die Arbeiter arbeitstäglich in der Regel von Montag bis Freitag zehn Stunden, teilweise noch länger, und samstags sechs Stunden gearbeitet hätten. Die Tagelohnnachweise seien für verschiedene Tätigkeiten ausgefüllt. Somit seien für einzelne Arbeiter teilweise mehrere Tagelohnnachweise am selben Tag vorhanden. Insgesamt ergebe sich dabei eine normale wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden oder mehr. Viele Baustellen der Klägerin hätten sich außerhalb B befunden, was für die meisten der Arbeiter ein Verbleiben am auswärtigen Arbeitsort nötig gemacht habe. Dass die meisten Arbeiter lediglich zwei bis drei Tage am auswärtigen Arbeitsort gearbeitet und die restlichen Tage der Arbeitswoche frei gehabt hätten, entspreche nicht der Arbeitswirklichkeit und werde durch die Tagelohnnachweise widerlegt. Dass auch die bei der Sozialversicherung gemeldeten Arbeiter in der Regel lediglich einen Bruttoverdienst von 400,00 EUR bis (nur) rund 1.000,00 EUR pro Monat gehabt hätten, lasse den Schluss zu, dass die Arbeiter entweder nicht den im Baugewerbe vorgeschriebenen Mindestlohn erhalten oder/und entsprechend Schwarzlohnzahlungen erhalten hätten. Ein Abgleich der Namen in den Tagelohnnachweisen beim Verband der Rentenversicherungsträger habe ergeben, dass teilweise Arbeitnehmer zur Sozialversicherung gemeldet und für sie Beiträge gezahlt worden seien, zahlreiche Arbeiter jedoch nicht gemeldet und für sie keine Beiträge abgeführt worden seien. Die Klägerin habe Subunternehmen eingeschaltet, welche in der Regel zwei bis drei Jahre bestanden hätten und dann wieder aufgelöst worden seien. In der zeitlichen Reihenfolge ihres Bestehens seien dies die Mt GmbH, die D0, die I sowie die B GmbH (nachfolgend nur noch: "B") gewesen. Geschäftsführer der D und der I sei jeweils U G gewesen. Dieser scheine jedoch lediglich ein Strohmann zu sein. Es bestehe zusammengefasst der Verdacht, dass die verantwortlich Handelnden der Klägerin die Werkverträge mit den Firmen D, I und R sowie deren Rechnungen selbst verfasst hätten. Hierfür spreche, dass bei der Klägerin Briefköpfe der I und auf dem Firmen-PC Briefköpfe der D, der I und des Herrn R gefunden worden seien. Wenn aber der angebliche Auftraggeber seinem "Subunternehmer" die Rechnungen verfasse, müsse davon ausgegangen werden, dass der vermeintliche Subunternehmer voll und ganz in die Firma des Auftraggebers aufgehe und komplett eingegliedert sei. Faktisch lägen Arbeitnehmerüberlassungsverträge ohne die erforderliche Verleihererlaubnis vor.
Die Beklagte wurde in das Verfahren erstmals im Rahmen der Überprüfung involviert, inwieweit Arbeitnehmer bei den Rentenversicherungsträgern gemeldet waren. Sie teilte der Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 20. März 2008 mit, dass beabsichtigt sei, nach § 28 p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 180.146,17 EUR sowie Umlagebeträge nach dem Ausgleichsaufwendungsgesetz (AAG) in Höhe von 8.821,15 EUR nachzufordern und Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 66.240,50 EUR zu erheben. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Auswertung der vom Hauptzollamt L sichergestellten Unterlagen durch diese Behörde circa 34 000 "Schwarzstunden" sowie die Beschäftigung von Ausländern ohne die erforderliche Arbeitsgenehmigung ergeben habe. Im Auftrag des Hauptzollamtes habe die Beklagte die ihr zum Zwecke der Schadensberechnung übersandten Beweismittel ausgewertet. Daraus habe sich ergeben, dass die Klägerin neben den gemeldeten Arbeitnehmern auch die in den Anlagen 2 bis 7 aufgeführten Personen gegen Entgelt beschäftigt habe. Den jeweiligen Einzugsstellen zur Sozialversicherung seien diese Arbeitnehmer nicht bzw. verkürzt gemeldet und demzufolge keine bzw. zu wenig Beiträge und Umlagen nachgewiesen und entrichtet worden. Weiterhin habe die Auswertung ergeben, dass die Klägerin in der Zeit von September 2002 bis Oktober 2005 eine Vielzahl der der Beklagten namentlich nicht bekannten Arbeitnehmer (Anlage 2 Bl. 4 23) gegen Entgelt beschäftigt habe, für welche offensichtlich keine bzw. keine vollständigen Lohnaufzeichnungen geführt worden seien. Sie wies die Klägerin auf die Möglichkeit nach § 28 f. Abs. 2 SGB IV hin, die Beiträge auf der Basis der insgesamt gezahlten Arbeitsentgelte festzusetzen.
Die Klägerin schrieb daraufhin unter dem 5. Mai 2008, sie habe keine Personen beschäftigt, ohne dass diese bei der Rentenversicherung angemeldet gewesen seien. Die in der Anlage 2 vorgelegte Auflistung von Personen enthalte Spitznamen für Personen, die sozialversicherungsrechtlich erfasst seien. Auch handele es sich bei diesen um Angestellte anderer Bauunternehmen, die zum Teil im Auftrag der Klägerin tätig gewesen seien. Sie reichte eine Auflistung ihrer Arbeitnehmer ein. Soweit bei ihr Tagelohnaufzeichnungen von Personen aufgefunden worden seien, die nicht bei ihr beschäftigt seien, liege dies allein daran, dass ihr die Aufzeichnungen von Subunternehmen überlassen worden seien, damit sie Stundennachweise gegenüber ihren Auftraggebern vorweisen könne.
Die Beklagte wertete diese Listen aus und glich insbesondere die dort genannten Arbeitnehmer mit den bei den Subunternehmern gemeldeten ab. In den Fällen, in denen die zugeordneten Arbeitnehmer im entsprechenden Zeitraum gleichzeitig entweder bei der Klägerin oder einer der Subunternehmen gemeldet war, reduzierte sie die entsprechenden Beitragsansprüche.
Mit Bescheid vom 25. März 2009 forderte die Beklagte Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von (nur noch) 167.897,81 EUR sowie Umlagebeträge nach dem AAG in Höhe von 8.180,04 EUR nach und erhob Säumniszuschläge in Höhe von 60 375,00 EUR. Ergänzend zum Anhörungsschreiben führte sie zur Begründung aus, dass nach der Feststellung keiner der von der Klägerin benannten Subunternehmen im Kalenderjahr 2002 einen Arbeitnehmer zur Sozialversicherung gemeldet habe, im Kalenderjahr 2003 lediglich von der D ab Juli 2003 sieben Arbeitnehmer. Zur Feststellung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte habe sie anhand der Arbeits- und Stundennachweise geleisteten Arbeitsstunden sowie den sich aus dem verbindlichen Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe maßgeblichen Gesamttarifstundenlohn der Lohngruppe 2 zugrunde gelegt. Dem Bescheid waren umfangreiche Anlagen beigefügt.
Die Klägerin erhob am 9. April 2009 Widerspruch. Zu dessen Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen näher vertieft. Sie hat darauf verwiesen, dass das Landesarbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 24. Juli 2009 (6 Sa 610/09) die Klage der Zusatzversorgungskasse auf Nachzahlung von Sozialkassenbeiträgen (im Sinne des Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe) weitgehend abgewiesen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 zurück. Zur Begründung führte sie zusätzlich aus, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg habe in dem von der Klägerin angeführten Urteil lediglich festgestellt, dass alleine die Tatsache, dass bei der Klägerin Tageslohnzettel mit den Arbeitszeiten diverser Arbeitnehmer beschlagnahmt worden seien, nicht automatisch dazu führe, dass Arbeitsverhältnisse zwischen der Klägerin und diesen Arbeitnehmern angenommen werden könnten. Die ZVK Bau habe den Einwand der Klägerin, dass die Tageslohnzettel zum Nachweis des Umfangs der geleisteten Stunden erteilt worden seien, nicht widerlegt. Das Gericht habe deshalb davon ausgehen müssen, dass es sich um Arbeitnehmer von Subunternehmern bzw. deren Subunternehmer gehandelt habe, für die im Zweifel keine Beiträge an die ZVK Bau zu zahlen gewesen seien. Die Frage hingegen, ob es sich bei der I und der D um echte Subunternehmer oder um Scheinfirmen gehandelt habe, sei jedoch von diesem Gericht keiner Prüfung unterzogen worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Oktober 2009 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, die bei ihr gefundenen Tagelohnzettel dienten ihrer eigenen Sicherheit, die Nachweise gegenüber ihren Auftraggebern gebraucht habe zur Überprüfung, ob entsprechend gearbeitet worden sei. Auch habe die Klägerin sichergehen wollen, dass nur Arbeitnehmer eingesetzt worden seien, die bei den Subunternehmern ordnungsgemäß angemeldet und geführt worden seien. Die Klägerin habe von ihren Subunternehmern immer die erforderlichen Nachweise der Abführung der Beiträge an die S Bau abverlangt. Soweit die Beklagte als Indiz für Scheinfirmen vorbringe, dass die gleichen Arbeitnehmer in einem Zeitraum bei der Klägerin und in einem anderen bei Subunternehmern beschäftigt seien, zeuge dies von Praxisfremde der Beklagten. Es sei nun einmal gerade bei eingesetzten ausländischen Arbeitnehmern so, dass diese aus oft nicht nachvollziehbaren Gründen den Arbeitgeber wechselten, obwohl sie am gleichen Objekt eingesetzt blieben. Bei dem bei ihr gefundenen PC habe es sich um ein Gerät gehandelt habe, das sie ihren Subunternehmern zur Verfügung gestellt habe. Für die Klägerin sei nicht ersichtlich, inwieweit ihre Subunternehmer ihrerseits Subunternehmer eingesetzt hätten. Die Klägerin habe ganz allgemein nicht nur im geringen Umfang eigene Arbeitnehmer eingesetzt, sondern vom Umfang her die Arbeiten zu 88 % durch Subunternehmer durchführen lassen, die ihrerseits wieder zu 90 % weitere Subunternehmer eingesetzt hätten.
Mit Beschluss vom 25. November 2009 hat das Bundesarbeitsgericht die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Juli 2009 zurückgewiesen (10 AZN 758/09).
Die Beklagte hat vorgebracht, bei den Arbeitsstunden habe es sich nicht um solche von Subunternehmern handeln können, weil diese von den Subunternehmern nicht angemeldet worden seien. Der Geschäftsführer der D und der I sei nur Strohmann gewesen. Er habe bei seiner Vernehmung beim Hauptzollamt ursprünglich ausgesagt, 450,00 EUR im Monat zu verdienen, was einer Geschäftsführertätigkeit nicht entspräche. Auch habe er Blanko Werkverträge mit der Klägerin unterschrieben, die außer dem Ausführungsort keine konkreten Regelungen enthielten. Bereits ausweislich der von der Klägerin selbst aufgeführten 13 Arbeitnehmer könne anhand der vom Hauptzollamt festgestellten Arbeitsstunden nachgewiesen werden, dass die Klägerin auch hier für wenigstens zehn dieser 13 Arbeitnehmer nicht vollumfängliche Meldungen erstellt und entsprechend zu wenig Beiträge nachgewiesen und entrichtet habe. Die Stundenlohnzettel belegten auch, dass die Klägerin weiter für von ihr gemeldete Arbeitnehmer entweder keinen Mindestlohn gezahlt und/oder Meldungen erstellt habe, die nicht vollumfänglich seien. Die Klägerin verfüge offenbar über einen Pool von Arbeitnehmern und wechselnden Firmen. Sie melde die Arbeitnehmer offenbar willkürlich unter diesen Firmen an, wobei es sich zum einen Teil um Unternehmen handele, die Leistungen auf dem Markt erbrächten, zum anderen aber auch um solche, die lediglich Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen stellten. Die Aufträge, die sie erlange, gebe die Klägerin zum überwiegenden Teil weiter und lenke so von ihrer Verantwortlichkeit ab. Als Geschäftsführer und somit formell Verantwortliche würden für die Subunternehmen Personen eingesetzt, die nicht dazu in der Lage seien, dieses Amt faktisch zu begleiten. Dies gelte neben Herrn G auch für dessen Lebensgefährtin RG, welche die Geschäftsführerin des Nachfolgerunternehmens der I, der B Bau, sei. Es sei unstreitig sei, dass auf dem Geschäfts PC der Klägerin Briefköpfe der D, der I und des Herrn M R gefunden worden seien. Die Klägerin habe ausgeführt, dass die Geschäftsführer der genannten Firmen den PC hätten benutzen dürfen, um ihre Rechnungen zu schreiben.
Das SG hat die Akte der Staatsanwaltschaft Berlin zu 3 StJs 683/06 beigezogen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 29. August 2012 sind die Beigeladenen zu 21) und 45) angehört worden. Die Beigeladenen zu 23) und zu 50) haben sich nicht äußern wollen. Das SG hat weiter die Bürokraft der I, Frau EN, und die Büroangestellte der Klägerin N F geborene B als Zeuginnen und den Zollfahnder des Hauptzollamts H als Zeugen vernommen.
Die Klägerin hat hierzu ergänzend vorgetragen, der Beigeladene zu 21) I D habe vor dem SG gelogen, wenn er behauptet habe, bei der Klägerin beschäftigt gewesen zu sein. Soweit das Logo der Klägerin auf Stundenzetteln erscheine, erkläre sich dies daraus, dass die Nachunternehmer die Stundenzettel immer in dreifacher Ausfertigung hätten abgeben müssen. Einer sei beim Nachunternehmen verblieben, einer bei der Klägerin und einer sei an deren Auftraggeber gegangen. Ein Strafverfahren des Finanzamtes gegen die D und die I wegen des Verdachts der Hinterziehung der Körperschafts- und Gewerbesteuer 2005 sei eingestellt worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 1. September 2014 ist der Geschäftsführer der Klägerin M angehört worden. Dieser hat u. a. vorgetragen, die Stundenzettel wiesen nicht nur die Stunden von Subunternehmern auf und auch nicht die tatsächlich geleisteten. Eingetragen seien zum Teil auch Stundenkontingente. Die Stundenzettel dienten auch der internen Absicherung gegenüber Auftraggebern im Falle von Nachverhandlungen. Das SG hat an diesem Tag weiter den ehemaligen Geschäftsführer der D und der I G als Zeugen vernommen.
Mit Urteil vom selben Tag hat es den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den 31 322,5 Stunden, für welche die Beklagte für bei der Klägerin gefundenen Stundenzettel Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nacherhoben habe, um "Schwarzstunden" gehandelt habe, die (in diesem Umfang) von Beschäftigten der Klägerin geleistet worden seien. Es sei plausibel, dass es sich bei den auf den Stundenzetteln ausgewiesenen Stunden um Arbeitsstunden von Subunternehmern gehandelt habe.
Gegen dieses ihr am 1. Oktober 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 24. Oktober 2014.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei den für die Klägerin tätigen Subunternehmen habe es sich nicht um "echte" Baufirmen gehandelt, vielmehr – zumindest weitgehend – um sogenannte Service Unternehmen, die zur Erstellung von Abdeckrechnungen genutzt worden seien, um einen tatsächlich entstandenen Aufwand für Schwarzlohnzahlungen als Betriebsausgaben in Ansatz bringen zu können und um zugleich ein Missverhältnis zwischen Umsatz und Lohnausgaben zu verschleiern. Betrachte man die Historie der Subunternehmen, werde ein über Jahre fortgesetztes System erkennbar, das eine ordnungsgemäße Überwachung der Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen in steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht verhindert habe. Es seien als sogenannte Vorratsgesellschaften gegründete GmbHs erworben worden, die durch die immer gleichen oder miteinander verbundenen Personen für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren betrieben und dann durch eine neue GmbH mit gleichem Geschäftszweck ersetzt worden seien. Vorliegend habe zunächst die D mit dem Zeugen G als Geschäftsführer bis zum 12. Oktober 2004 als Subunternehmen gehandelt, die dann durch die I GmbH, wiederum mit dem Zeugen G als Geschäftsführer, ab 11. Oktober 2004 abgelöst worden sei. Sobald die Firmen ihren Zweck erfüllt hätten, seien sie verkauft oder durch Löschung im Handelsregister beendet worden. Geschäftsunterlagen seien bei Ihnen trotz zu beachtender Aufbewahrungsfristen nicht mehr auffindbar.
Aus den Zeugenaussagen ergebe sich kein anderes Bild.
Es sei lebensfremd, ein Bauunternehmen mit erheblichen, sechs- bis siebenstelligen Umsätzen und durchschnittlich 40 bis 60 Mitarbeitern und dem daraus resultieren Aufwand für Rechnungslegung, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung und Beschäftigung von Arbeitnehmern mit nur einer Teilzeitbürokraft zu betreiben. Die Zeugin N sei jedoch als einzige teilzeitbeschäftigte Bürokraft mit circa acht bis zehn Stunden pro Woche tätig gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Dass ihr Geschäftsführer M die I vertreten sollte, sei ein Vorschlag des Geschäftsführers des betreffenden Auftraggebers der Klägerin gewesen. Aus dem Text der Vollmacht ergebe sich klar eine Einschränkung dahingehend, dass Herr M lediglich die Auftragsverhandlungen mit dem Auftraggeber führen und zum Abschluss habe bringen dürfen. Der Vortrag der Beklagtenseite, die Klägerin habe mit ihren Subunternehmen lediglich Blanko Verträge abgeschlossen, sei bereits widerlegt worden. Beispielhaft werde hier nochmals ein Werkvertrag zwischen ihr und dem Subunternehmen C und S GbR eingereicht, dem ein detailliertes Leistungsverzeichnis mit Einzelpreisen beigefügt sei. Hinsichtlich einer etwaigen Haftung nach §§ 28 e Abs. 3 a, 3 b und 3 f SGB IV griffen zu ihren Gunsten Einschränkungen. Insbesondere entfalle eine Bürgenhaftung nach § 28 e Abs. 3 b SGB IV, wenn der Unternehmer nachweise, dass er ohne eigenes Verschulden davon habe ausgehen können, dass der Nachunternehmer seine Zahlungspflicht erfüllen werde. Zudem gehe die Klägerin davon aus, dass alle an den Objekten der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer ordnungsgemäß von der Klägerin oder den eingesetzten Subunternehmern an die Kostenträger/Versicherungsträger gemeldet gewesen und deren Beiträge ordnungsgemäß abgeführt worden seien. Die Beklagte stelle fehlerhaft darauf ab, es seien Beiträge für Arbeitnehmer nicht entrichtet, die weder seitens der Klägerin oder von deren Subunternehmern gemeldet worden sein sollen. Auf den Listen sei es – wie bereits vorgetragen – zu Mehrfach /Vielfachnennungen gekommen, alleine wegen der unterschiedlichen Schreibweisen und/oder Spitznamen der einzelnen Arbeitnehmer. Vor- und Nachnamen seien in einen Topf geworfen worden. Ein Beispiel sei der vermeintliche Name B. Dabei habe es sich um den Arbeitnehmer R M gehandelt. Dieser sei bei der Klägerin ordnungsgemäß gemeldet. Für ihn seien auch Beiträge ordnungsgemäß entrichtet worden. Das Hauptzollamt habe die Baustellen der Klägerin "viele Male" kontrolliert. Es habe nie Schwarzarbeiter gefunden. Auch der Arbeiter B sei legal anwesend gewesen. Ein weiteres Beispiel sei der vom Hauptzollamt als "D" erfasste Arbeiter. Auch insoweit habe es sich nur um einen Spitznamen gehandelt.
Auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen, den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die erwähnten weiteren Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist abzuweisen. Der angefochtene Prüfbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
I. Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28 h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 SGB IV i. V. m. § 89 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nicht (§ 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV).
Nach § 28 d Sätze 1 und 2 SGB IV werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten.
Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch i. V. m. § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch.
Der gesetzliche Auftrag der Beitragsüberwachung schließt auch die Prüfung der Umlagen U1 (Krankheitsaufwendungen) / U2 (Mutterschaftsgeld), geregelt in der Zeit bis 31. Dezember 2005 in § 10 Lohnfortzahlungsgesetz. Diese gehören zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, weil sie aufgrund § 17 Lohnfortzahlungsgesetz a. F. (nunmehr § 10 AAG) den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt sind, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages waren (vgl. Sehnert in: Hauck/Noftz, SGB, 03/14, § 28 p SGB IV Rdnr. 6 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 30. Oktober 2002 – B 1 KR 19/01 R). Nach der Intension des Gesetzgebers sind diese Umlagen auch Gegenstand der Betriebsprüfung durch die Rentenversicherungsträger (Scheer in: Schlegel/Voelzke, juris PK SGB IV, 3. Auflage 2016, § 28 p SGB IV Rdnr. 153 mit Bezugnahme auf BT Drs. 13/1205 Seite 6).
Nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.
Dieser hat aufgrund § 28 f Abs. 1 SGB IV für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28 f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen, § 28 f Abs. 2 S. 3 SGB IV.
II. Die Klägerin ist Arbeitgeberin im vorgenannten Sinne.
Soweit der Bescheid Beiträge für einzeln genannte Beschäftigte nachfordert, handelt es sich um solche der Klägerin, auch wenn diese von Beschäftigungsverhältnissen bei Subunternehmen oder Sub-Subunternehmen oder von selbständigen Werkunternehmern ausgeht.
Zur Überzeugung des Senats hat es sich bei den vorgeblichen Subunternehmen I, D, B Bau und MR nicht um Arbeitgeber im Sinne des SGB IV, sondern um der Klägerin direkt zuzurechnende Scheinfirmen gehandelt, welche von der Klägerin nicht ernsthaft als Werkunternehmer beauftragt, kontrolliert und bezahlt wurden, sondern -jedenfalls soweit es die hier streitgegenständlichen 32.322,5 Arbeitsstunden betrifft- vielmehr zur Verschleierung der wahren Verhältnisse verwendet wurden. Mit ihrer Hilfe sollte der tatsächliche entstandenen Aufwand für Schwarzlohnzahlungen verschleiert und ein Missverhältnis zwischen Umsatz und Lohnausgaben im Hinblick auf zu niedrige Löhne verschleiert werden bzw. jedenfalls eine ordnungsgemäße Überwachung der Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht verhindert werden.
Arbeitgeberin der Bauarbeiter war die Klägerin.
1. Dies trifft insbesondere für die I und die D zu.
Der Geschäftsführer der I und der D G hat vor dem Hauptzollamt ausgesagt, lediglich ein Gehalt von circa 450,00 EUR im Monat erhalten zu haben. Er hat ferner ausgesagt, lediglich an drei bis vier Stunden in der Woche für seine Firmen zu arbeiten. Er ist sich nicht bewusst gewesen, dass in seinen Unternehmen teilweise über 50 Beschäftigte arbeiteten. Da dies nicht mit einer ordentlichen Geschäftsführertätigkeit vereinbar ist, spricht dies für eine Strohmanntätigkeit. Soweit dieser seine Aussage später schriftlich widerrufen hat und vor Gericht von höheren Einnahmen ausgegangen ist, relativiert dies die erste Aussage nicht entscheidend. Sollte er bei der ersten Aussage wirklich völlig betrunken bzw. übermüdet gewesen sein, spräche alles dafür, dass er sich in diesem Zustand "verplappert" hat. Auch seine Aussage vor dem SG spricht eher gegen die Absicht, seriöse Bauunternehmen führen zu wollen. Er hat u. a. ausgesagt, von -dem Verkäufer von Vorratsgesellschaften- Dr. M an die D "vermittelt" worden zu sein. Die I habe er gegründet, weil das Finanzamt zu viel von der D gefordert habe. Es habe sich um einen Neustart gehandelt. Sie stützt die Einschätzung der Beklagten, dass Vorratsgesellschaften nur eine kurze Zeitspanne verwendet wurden, um Gläubiger ins Leere laufen zu lassen.
Zutreffend sieht es die Beklagte ferner als lebensfremd an, ein Bauunternehmen mit erheblichen, sechs- bis siebenstelligen Umsätzen und durchschnittlich 40 bis 60 Mitarbeitern und den daraus resultieren Aufwänden für Rechnungslegung, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung und Beschäftigung von Arbeitnehmern mit nur einer Teilzeitbürokraft zu betreiben. Die Zeugin N sei als einzige teilzeitbeschäftigte Bürokraft mit zirka acht bis zehn Stunden pro Woche tätig gewesen. Sie hat nach ihren eigenen Zeugenangaben alle Arbeiten gemacht, u. a. die Lohnbuchhaltung und die Umsatzsteuervoranmeldungen.
Auch der Umstand, dass auf dem Geschäfts PC der Klägerin – und nicht etwa der I GmbH – Briefköpfe etc. der Subunternehmer gefunden wurden, ist ein taugliches Indiz für deren Funktion als Scheinfirmen, auch wenn die Klägerin den Eindruck zu erwecken versucht hat, das Hauptzollamt habe "Äpfel mit Birnen verwechselt".
Weiteres Indiz für bloße Scheinfirmenkonstruktion ist es, dass die von der Klägerin selbst eingereichten Verträge zwischen ihr und den vorgeblichen Subunternehmen weithin Blanko Verträge waren, bei welchen die wesentlichen Vertragsregelungen, insbesondere die Vergütung, offen geblieben ist (vgl. z. B. GA Bl. 98, Bauvorhaben: M-Wärmedämmarbeiten.) Der Zollbeamte H hat ausgesagt, bei den Durchsuchungen Verträge zwischen der Klägerin und der I gefunden zu haben, die aber ganz überwiegend Blanko Verträge gewesen seien. Zu 95 % bis 98 % seien überhaupt die Verträge der Klägerin mit Subunternehmern Blanko Verträge ohne Leistungsverzeichnis gewesen. Der von ihr eingereichte Subunternehmervertrag mit der C und S GbR vom 28. September 2004 ist ein Blanko Vertrag (Anlage 7 zum Schriftsatz vom 23. Oktober 2012). Auch im Subunternehmervertrag mit der D vom 8. Mai 2003 ist nichts ausgefüllt, ebenso wenig im Vertrag vom 18. August 2003. Entsprechendes gilt für den eingereichten Subunternehmervertrag mit der I, bei welchem selbst ein Datum bei den Unterschriften fehlt.
Ferner spricht auch die Tatsache für sich selbst, dass der Geschäftsführer der Klägerin zumindest in einem Fall Vollmacht für die I erhalten bekam, "bei Abwesenheit des Inhabers" die Interessen dieser Firma gegenüber anderen Firmen, ggf. auch Auftraggebern, zu vertreten.
2. Für bloße Scheinunternehmen der angeblichen Subunternehmen und der vorgeblichen Einzelunternehmen spricht auch die fehlende klare Trennung zwischen der Klägerin und ihren Subunternehmen. Allen Ernstes hat die Klägerin selbst hierzu vor Gericht vorgetragen, es sei nun einmal gerade bei eingesetzten ausländischen Arbeitnehmern so, dass diese aus oft nicht nachvollziehbaren Gründen den Arbeitgeber wechselten, obwohl sie am gleichen Objekt eingesetzt blieben.
Wiederholt haben Arbeitnehmer ausgesagt, bei dem einen Unternehmen beschäftigt gewesen zu sein, laut den Unterlagen waren sie jedoch bei anderen gemeldet (vgl. Bericht des Hauptzollamtes vom 19. Mai 2008, Band II Bl. 85). Zum Beispiel war z. B. der Beigeladene zu 25) B K nach seinen Angabe bei der Klägerin beschäftigt, gemeldet jedoch war er bei der D, einem Unternehmen, welches er gar nicht kannte.
Der Beigeladene zu 21), der in den Listen der Klägerin als angeblicher Arbeitnehmer der I oder deren Subunternehmer bezeichnet wurde, hat erklärt, Ende August/Anfang September 2005 als Bauhelfer für die Klägerin gearbeitet zu haben, jedoch kein Geld erhalten zu haben. Für die I oder die D hat er nicht gearbeitet.
Auch der Beigeladene zu 45) soll von der I beschäftigt gewesen sein, hat jedoch vor Gericht angegeben, als Selbständiger direkt mit der Klägerin abgerechnet zu haben.
Der Zeuge G wusste bei seiner ersten Vernehmung zunächst nicht einmal, wie viele Arbeitnehmer seine Unternehmer beschäftigen und konnte auch nicht seinen Bauleiter benennen.
Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren zur Unrichtigkeit der vom Hauptzollamt erstellten Listen auf ihren Arbeitnehmer R M, genannt B, beruft, zeigt sie kein taugliches Indiz an der Unrichtigkeit der Listen auf. Sie selbst führt nämlich als angeblichen Arbeitnehmer von Subunternehmern einen B II auf. Letztendlich wiederholt sie ihr bereits außergerichtliches Vorbringen, aufgrund dessen die Beklagte im Verwaltungsverfahren bereits eine Bereinigung der Listen vorgenommen hat. Dass es sich auch im Übrigen – soweit die einzelnen Arbeitnehmer nicht namentlich bekannt sind – um Phantome gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich.
3. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe die Stundenlohnzettel nur zur eigenen Absicherung gegenüber ihren Auftraggebern benötigt bzw. um sicherzugehen, dass die Subunternehmer nur ordnungsgemäß angemeldete Arbeitnehmer beschäftigten, geführt habe, ist dies bereits deshalb nicht glaubhaft, weil dazu die Tagelohnzettel zu wenig gründlich geführt wurden. Es sind z. B. oft nur Spitznamen verwendet worden.
Wie bereits die Beklagte ausgeführt hat, bedarf es bei Werkverträgen grundsätzlich keiner Stundenabrechnung, auch nicht bei der Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten.
Da die Klägerin trotz ausdrücklichen Hinweises des Senats keinerlei Unterlagen eingereicht hat, aus welchen sich ihre Verpflichtung ihren Auftraggebern gegenüber zum Nachweis von Stundenlohnzetteln ergeben könnte, ist ihre Behauptung, die Stundennachweise zu diesem Zwecke zu benötigen, nicht überzeugend. Wieso sie darüber hinaus sogar geeignet gewesen sollen, den sich hinter einem Pauschalpreis verbergenden Arbeitsaufwand sichtbar machen zu können, um nachträglichen Versuchen der Auftraggeber, den Preis zu drücken, entgegnen zu können, erschließt sich nicht.
Der von der Klägerin selbst eingereichte Bauvertrag mit der D D GmbH Niederlassung F vom 3./13. März 2003 enthält keine Leistungsverzeichnisse oder eine Verpflichtung zur Vorlage von Stundenlohnzetteln (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 23. Oktober 2012). Die von der Klägerin dazu eingereichten Kopien von Stundenlohnzetteln gehören zu einem anderen Bauvorhaben (Auftraggeber H).
III. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen, § 28 f Abs. 2 S. 3 SGB IV. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen.
1. Eine solche Schätzung musste hier vorgenommen werden, weil die Lohnbuchhaltung der Klägerin unvollständig bzw. unrichtig war.
Wie hier unstreitig ist, stimmen nicht einmal die im gerichtlichen Verfahren von der Klägerin eingereichten Listen ihrer "echten" Mitarbeiter mit den gemeldeten überein.
Ferner hat das Hauptzollamt beispielsweise zutreffend als Indiz für die "Schwarzbeschäftigung" von Arbeitnehmern den beim Zeugen F R aufgefundenen Kalender gesehen. Herr R war bei der Durchsuchung in den Geschäftsräumen der Klägerin angetroffen worden und hatte angegeben, dass dies sein erster Arbeitstag als Praktikant sei. Er hatte jedoch über einen Schlüssel für die Geschäftsräume und eigene Firmenvisitenkarten verfügt. Die weiteren Notizen im Kalender lassen den Schluss zu, dass er eher als Bauleiter gearbeitet haben muss, weil dort z. B. die Namen von Arbeitern, Werkzeuge, Geldbeträge, Ausmaße und Baustellennotizen niedergelegt waren (vgl. Staatsanwaltsakte Bl. 171).
Auch der Umstand, dass die bei der Sozialversicherung gemeldeten Arbeiter in der Regel lediglich einen Bruttoverdienst von 400,00 EUR bis circa 1 000,00 EUR pro Monat gehabt haben, ist unglaubwürdig und spricht für Schwarzzahlungen.
2. Da ihr die in den Stundenlohnzetteln vorgefundenen Arbeitnehmer zuzurechnen sind, durfte und musste die Beklagte die Berechnungen des Hauptzollamtes übernehmen. Diese fußen aus den aufgrund der Arbeits- und Stundennachweise ermittelten geleisteten Arbeitsstunden unter Zugrundelegung des aus dem verbindlichen Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe maßgeblichen Gesamttarifstundenlohn. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Verwaltungsakt verwiesen, §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
3. Soweit die aufgrund dieser Schätzung hinsichtlich einzelner -hier beigeladener- Arbeitnehmer oder -weil eine Zuordnung zu einer Person nicht möglich war- allgemein als Beitragssummenbescheid nachgeforderten Beiträge nicht den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden entsprochen haben sollten, kann sich die Klägerin hierauf nicht berufen:
Nach § 28 f Abs. 2 Satz 5 SGB IV hat der prüfende Versicherungsträger einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 des § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht bzw. Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Erfolgt dies nicht, hängt die Rechtmäßigkeit der Schätzung (nur) davon ab, ob die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt bzw. Arbeitsentgelt einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden kann (vgl. § 28 f Abs. 2 S. 2 SGB IV). Diese Verhältnismäßigkeit des Schätzbescheides kann zwar auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Für eine Beanstandung durch ein Gericht ist es jedoch erforderlich, dass die Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen muss (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 8. April 2016 -L 1 KR 325/15 KR; ferner z. B. Urt. vom 14. November 2014 -L 1 KR 380/12- juris-Rdnr 48; vom 26.April 2013 -L 1 KR 98/11-mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 -B 12 KR 12/01 R- zu einem Beitragssummenbescheid, juris-Rdnr. 28; ebenso Werhahn in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 28 f SGB IV Rdnr. 11). Der Arbeitgeber, der – wie hier die Klägerin – nicht ordnungsgemäß nach § 28 f SGB IV aufgezeichnet hat, trägt die objektive Beweislast, dass statt einer Schätzung der eigentlich richtige Betrag ohne unverhältnismäßigen Aufwand der festgestellt werden könnte (Werhahn, a. a. O. § 28 f SGB IV Rdnr. 9 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).
Die Klägerin kann sich deshalb vor Gericht nicht mit Erfolg auf Doppel-oder Mehrfachnennungen etc. berufen. Die Beklagte hat auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren durchaus reagiert und die Schätzung entsprechend korrigiert. Im Gerichtsverfahren ist von einer darüber hinausgehende Unrichtigkeit der Schätzung nicht mehr auszugehen.
IV. Eine Haftung der Klägerin ergäbe überdies auch unter der Prämisse, dass die genannten Subunternehmen eigene Beschäftigungsverhältnisse mit den konkret auf den Baustellen Beschäftigten abgeschlossen haben:
Der Umfang der Prüfpflicht der Rentenversicherungsträger nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 umfasst nicht nur die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen nach § 28 a SGB IV. Die Träger prüfen vielmehr allgemein bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch ordnungsgemäß erfüllen. Zu den Pflichten gehört nach § 28 e SGB IV die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages.
Nach § 28 p Abs. 1 S. 5 SGB IV ergeht der Prüfbescheid gegenüber "dem Arbeitgeber". Zum Prüfgegenstand nach § 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV gehört deshalb jedenfalls auch § 28 e SGB IV (ebenso Wehrhahn, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 28 p SGB IV Rdnr. 13 m. w. N., § 28 e Rdnr. 22). Er umfasst damit auch eine Haftung nach § 28 e Abs. 2 S. 3 und 4 SGB IV des Entleihers von Leiharbeitnehmern.
Unter der Maßgabe, dass ein Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer zahlt, obwohl der Vertrag nach § 9 Nr. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) unwirksam ist, haftet danach neben dem Verleiher auch der Entleiher als Arbeitgeber für die darauf zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Unter der genannten Prämisse hat es sich bei der I, der D und der B Bau allenfalls um Personalleasing-Unternehmen gehandelt. Sie haben bestenfalls der Klägerin Personal zur Verfügung gestellt. Bezeichnend ist, dass sich der Geschäftsführer der I G noch nicht mal an die Namen seines vorgeblich eigenen Bauleiter erinnern konnte.
Nach § 1 Abs. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsüberlassung überlassen wollen, der Erlaubnis. Eine solche liegt für die vorgenannten Unternehmen hier unstreitig nicht vor.
Nach § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat.
§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG regelt in diesem Fall, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen gilt (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18. November 2014 – L 5 R 1071/12 – juris-Rdnr. 42).
V. Zuletzt sei ergänzend darauf hingewiesen, dass nach § 28 e Abs. 3 a SGB IV ein Unternehmer des Baugewerbes, welcher einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beauftragt für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge haftet, soweit der in § 28e Abs. 3d SGB IV bestimmte geschätzte Gesamtwert aller Bauleistungen für ein Bauwerk überschritten wird und der (General-)Bauunternehmer nicht nach § 28e Abs. 3b nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt.
Soweit die vorgebliche Weitergabe von Bauaufträgen der Klägerin den zur damaligen Zeit geltenden Gesamtwert nach § 28e Abs. 3d von 500.000 EUR überschritten hat (die Klägerin hat selbst behauptet, ihrer Werkaufträge zu 80 bis 90% an Subunternehmen weitergeleitet zu haben), hätte die Klägerin die in Erfüllung des streitgegenständlichen Bescheides an die Einzugsstellen geleisteten Nachzahlungen nicht rechtsgrundlos erbracht, selbst wenn der Bescheid aufgehoben bliebe. Die Exkulpationsmöglichkeit des § 28e Abs. 3b S. 2 SGB IV ("Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 8 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. März 2006 [BAnz. Nr. 94a vom 18. Mai 2006] erfüllt.") ist erst zum 1. Januar 2009 in das Gesetz aufgenommen worden.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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