L 13 AS 2135/16 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 3068/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2135/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 3. Mai 2016 ist nach § 145 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, sie hat aber keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG war der Bescheid des Beklagten vom 5. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2015, mit dem der Beklagte das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni 2015 auf Grund einer Sanktion um monatlich 60 v. H. (234,60 EUR) gemindert hat. Damit ergibt sich für den Kläger aus dem klagabweisenden Urteil keine Beschwer in Höhe von mehr als 750 EUR; auch ist kein Zeitraum von mehr als einem Jahr betroffen.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor.

Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seit BSG, Urteil vom 14. Dezember 1955 - 7 Rar 69/55 - Juris). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 144 Rdnr. 28). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache nicht auf. Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeldes II um 60 v. H. des maßgebenden Regelbedarfs für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2015 wegen der Weigerung, an einer durch den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt (EV-VA) vom 14. Oktober 2014 angeordneten Maßnahme zur beruflichen Eigliederung (Beginn 15. November 2014) teilzunehmen, streitig. Zuvor war bereits mit Bescheid vom 3. November 2014 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II um 30 v. H. des maßgebenden Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 erfolgt, weil der Kläger einer gemäß dem EV-VA vom 10. September 2014 angeordneten Teilnahme an einer Maßnahme zur beruflichen Eigliederung (Beginn 15. September 2014) nicht nachgekommen war. Die insoweit anzustellenden Erwägungen und Überlegungen sind auf den Einzelfall bezogen und werfen keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung auf. Eine solche liegt insbesondere nicht darin, dass der Kläger geltend macht, der (Sanktions-) Bescheid sei rechtswidrig, weil eine ausreichende Anhörung im Verwaltungsverfahren nicht erfolgt sei und das SG es verkannt habe, dass die Anhörung auch im Widerspruchsverfahren nicht ordnungsgemäß nachgeholt worden sei. Die Anhörungspflicht und deren Nachholung (im Widerspruchsverfahren) ist höchstrichterlich geklärt (vgl. Franz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK - SGB X, § 24 Rn 61 ff. m.w.N.). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung ergibt sich somit weder daraus noch aus dem weiteren Beschwerdevorbringen, auch ist eine solche nicht ersichtlich. Erwägungen zur Richtigkeit der Entscheidung des SG sind im Übrigen für die Frage der grundsätzlichen Bedeutung bereits systematisch verfehlt und irrelevant (Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 145 Rdnr. 5).

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zu Grunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Ein Rechtssatz in diesem Sinne hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt. Soweit der Kläger rügt, es habe keine ausreichende Anhörung stattgefunden, weicht das SG auch nicht entscheidungserheblich von den vom Kläger angeführten Entscheidungen ab. Vielmehr hat es unter Würdigung des Sachverhalts und der Beweismittel festgestellt, dass eine Anhörung bereits vor Erlass des wieder aufgehobenen Bescheids erfolgt war und jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde. Eine Divergenz im o.g. Sinne ergibt sich weder daraus, noch aus dem weiteren Vorbringen des Klägers im Beschwerdeverfahren und ist auch sonst wie nicht ersichtlich.

Auch ein Verfahrensfehler liegt nicht vor. Die Entscheidung des SG ist mit Zustimmung der Beteiligten im Erörterungstermin vom 10. November 2015 ohne mündliche Verhandlung ergangen. Soweit der Kläger als Verfahrensmangel geltend macht, die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten seien rechtswidrig, weil er nicht ordnungsgemäß angehört worden sei, liegt darin schon kein Verfahrensfehler bezüglich des gerichtlichen Verfahrens, auf dem die Entscheidung beruhen könnte. Der Kläger wendet sich gegen die Entscheidung bezüglich ihres Inhalts, den er für falsch hält und kritisiert. Soweit er eine mangelnde Sachaufklärung des SG rügt, ist schon nicht ersichtlich, welche weiteren entscheidungserheblichen Ermittlungen sich aufgedrängt hätten und inwiefern das Urteil darauf beruhen sollte. Auch insofern rügt er lediglich eine fehlerhafte Würdigung der Tatsachen durch das SG. Entgegen seinem Vorbringen fehlen dem Urteil auch nicht die Entscheidungsgründe. Das SG hat diese über vier Seiten in angemessenem und hinreichendem Umfang dargelegt. Insoweit ist es nicht erforderlich, auf jeden einzelnen und im Ergebnis nicht entscheidungserheblichen Punkt des Vorbringens eines Beteiligten einzugehen. Insbesondere bedarf es auch nicht der Zitierung der kompletten existierenden Rechtsprechung, wobei das SG auch insofern mit den tragenden Gründen der Entscheidung sowohl die einschlägigen Gesetzesbestimmungen genannt, als auch Rechtsprechung zitiert hat. Soweit der Kläger rügt, das SG sei nicht seinen "Klagebehauptungen", sondern der "Gegenposition" des Jobcenters gefolgt, liegt darin auch kein Verfahrensfehler im vorgenannten Sinne. Es handelt sich insofern um die Beweiswürdigung und die Entscheidungsfindung durch das SG, die dessen Aufgabe auch sind. Die Gründe sind dem Urteil zu entnehmen. Ein entscheidungsrelevanter Verfahrensfehler ist auch dem weiteren Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen und auch sonst wie nicht ersichtlich. Schließlich muss bei der Beurteilung, ob ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, der zur Zulassung der Berufung führt, von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 32a m.w.N.), da es nicht um die Richtigkeit der Entscheidung geht (s.o.).

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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