Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2425/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1510/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.03.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer operativen Hautstraffung bzw. die Feststellung, dass ihr hierauf gerichteter Leistungsantrag als genehmigt gilt.
Die (1959 geborene) Klägerin (von Beruf Krankenschwester) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im September 2012 wurde bei ihr (auf Kosten der Beklagten) eine Schlauchmagenoperation durchgeführt (seinerzeit: BMI 42, Körpergröße 146 cm, Gewicht 92 kg). Nach der Operation nahm die Klägerin ca. 50 kg Körpergewicht ab.
Mit bei der Beklagten am 27.12.2013 eingegangenem Schreiben vom 21.12.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung einer operativen Hautstraffung. Als Folge der erheblichen Verminderung des Körpergewichts hätten sich massive Hautüberschüsse am Gesäß, unter den Brüsten, im Bauchbereich sowie an Armen und Beinen gebildet; dies führe zu Beschwerden, wie Schmerzen und (Pilz-)Infektionen der Haut und habe entstellende Wirkung.
Dem Antrag waren (neben einer Lichtbilddokumentation) Arztberichte beigefügt. Im Arztbericht des Klinikum St. (Zentrum für Hautkrankheiten) vom 19.12.2013 ist (u.a.) die Diagnose Z.n. drastischer Gewichtsabnahme (nach Magen-Teilresektion am 12.09.2012) mit jetzt überschüssiger Haut an Oberarmen, Brust, Bauch, Gesäß, Knie beidseits und Oberschenkeln festgehalten. Deswegen sei eine plastisch-chirurgische Behandlung dringend erforderlich. Notwendig seien: Abdominalplastik mit Schamhügellift, Nabel-Neuformung und Fasciendopplung; Bruststraffung mit seitlich/oberem/vertikalem Flankenlift beidseits; Oberschenkelstraffung beidseits; Gesäßlift beidseits; Oberarmstraffung beidseits.
Mit Schreiben vom 07.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe die Antragsunterlagen heute dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen zugeleitet.
Im MDK-Gutachten vom 14.01.2014 führte Dr. A. aus, die Beeinträchtigungen durch Pilzinfektionen als relevante organische Beeinträchtigungen seien unter den Brüsten beidseits und am Rumpf nachvollziehbar; an diesen Stellen könne die medizinische Notwendigkeit der beantragten Korrekturoperation bestätigt werden. Es werde empfohlen, die Operationsfähigkeit der Klägerin mit Ausschluss der Verschlechterung durch den behandelnden Neuropsychiater abzuklären.
Mit Schreiben vom 22.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin den Inhalt des MDK-Gutachtens des Dr. A. mit; die Klägerin möge eine Prüfung der Operationsfähigkeit mit Ausschluss der Verschlechterung durch den behandelnden Neuropsychiater einreichen. Diese weiteren Unterlagen würden benötigt.
Mit Schreiben vom 18.03.2014 trug die Klägerin (unter Beifügung des Attestes ihres Hausarztes Dr. B. vom 18.02.2014: neuropsychiatrische Behandlung nicht notwendig; Klägerin psychisch stabil) vor, sie könne seit über einem Jahr (wegen der Hautüberschüsse am Gesäß) nicht mehr schmerzfrei sitzen; sie bitte auch die Kosten der operativen Hautstraffung am Gesäß und an den Beinen und Oberarmen zu übernehmen.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme vom 03.04.2014 führte Dr. A. aus, weiterhin relevant und zu empfehlen sei die Einholung eines aktuellen Facharztberichts durch einen Neuropsychiater bzw. Schmerztherapie-Facharzt. Hierüber unterrichtete die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 16.04.2014; sobald die vom MDK (nach wie vor) für erforderlich erachteten Arztunterlagen vorlägen, werde der Antrag weiterbearbeitet.
Mit Schreiben vom 05.06.2014 legte die Klägerin der Beklagten den Bericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. von F.-P. vom 02.06.2014 vor. Darin ist eine mittelgradige reaktive Depression als Einzelepisode diagnostiziert; es solle unbedingt eine Haustraffung erfolgen, um eine psychiatrische Folgeerkrankung abzuwenden.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 17.06.2014 führte Dr. A. aus, auch bei Berücksichtigung des Facharztberichts vom 02.06.2014 seien keine organischen Beeinträchtigungen bezüglich Oberarme beidseits, des Gesäßes und der Oberschenkel beidseits zu bestätigen. Die Korrekturoperation an der Bauchwand und den Brüsten beidseits sei zweckmäßig und ausreichend.
Mit Bescheid vom 26.06.2014 gewährte die Beklagte der Klägerin eine operative Hautstraffung im Bereich des Rumpfes/der Bauchwand und der Brüste beidseits. Die Gewährung einer operativen Haustraffung auch im Bereich der Oberarme, des Gesäßes und der Oberschenkel wurde abgelehnt.
Am 15.07.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein. Über den Widerspruch wurde nicht entschieden.
Am 18.07.2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie trug vor, ihr Leistungsantrag gelte gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) - in vollem Umfang - als genehmigt; dies werde mit der Feststellungsklage geltend gemacht. Die Beklagte habe über den unter dem 21.12.2013 (am 27.12.2013) gestellten Leistungsantrag erst am 26.06.2014 entschieden und damit die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht gewahrt. Eine rechtzeitige Mitteilung, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne, sei nicht erfolgt (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Mit Eintritt der Genehmigungsfiktion bestehe nur noch ein entsprechendes Feststellungsinteresse; der Widerspruchsausschuss müsse nicht mehr befasst werden. Für ein Widerspruchsverfahren oder ein Klageverfahren mit dem Ziel der Leistungsgewährung bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bestreite nicht, dass sie die in § 13 Abs. 3a SGB V festgelegten Fristen nicht eingehalten habe. Der Leistungsantrag der Klägerin, der im Übrigen bei einem Telefongespräch am 10.02.2014 mündlich abgelehnt worden sei, gelte gleichwohl nicht als genehmigt. Voraussetzung sei (zusätzlich), dass ein (materieller) Rechtsanspruch auf die beantragte Leistung bestehe; das sei hier nicht der Fall.
Mit Urteil vom 10.03.2015 stellte das SG fest, dass der am 27.12.2013 bei der Beklagten eingegangene Antrag der Klägerin auf eine operative Hautstraffung im Bereich der Oberarme, des Gesäßes und der Oberschenkel als genehmigt gilt. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei als Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz, SGG) zulässig und auch begründet. Hinsichtlich der beantragten operativen Haustraffung - Oberschenkelstraffung beidseits, Gesäßlift beidseits und Oberarmstraffung beidseits - sei die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten. Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V müsse die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in den Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt werde, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden. Könne die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teile sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Erfolge keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V). Die Beklagte habe - wie sie selbst einräume - die Fünfwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V weder eingehalten noch habe sie der Klägerin die Gründe hierfür rechtzeitig mitgeteilt. Der Leistungsantrag gelte daher gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt. Die beantragte Leistung - operative Hautstraffung - stelle auch eine Leistung dar, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten; das sei ebenfalls unstreitig. Auf die Erfüllung materiell-rechtlicher Leistungsvoraussetzungen im Übrigen komme es für die Genehmigungsfiktion nicht an.
Gegen das ihr am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.04.2015 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr Vorbringen im Klageverfahren. In dem Telefongespräch am 10.02.2014 sei der Klägerin gesagt worden, dass die Kosten einer operativen Hautstraffung im Bereich der Oberarme, der Oberschenkel und des Gesäßes nicht übernommen würden. Sie bestreite nicht, dass die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht gewahrt worden sei. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V setze aber das Bestehen eines materiellen Leistungsanspruchs voraus; daran fehle es hier.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.03.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Mit Beschluss vom 23.02.2016 ist (im Hinblick auf das seinerzeit beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren B 1 KR 25/15 R) das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 09.05.2016 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte hat abschließend vorgetragen, das angefochtene Urteil weise zwar im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 08.03.2016 (- B 1 KR 25/15 R -, in juris) Rechtsfehler nicht auf; möglicherweise treffe das BSG (dessen dritter Senat) im noch anhängigen Revisionsverfahren B 3 KR 4/16 R aber eine davon abweichende und ihr günstige Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG. Sie steht - unstreitig - in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 25/15 R -, in juris). Die Klägerin hat bei der Beklagten einen hinreichend bestimmten Antrag auf Gewährung einer operativen Hautstraffung (auch an den in Rede stehenden Körperregionen), die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt, gestellt. Diesen Antrag hat die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beschieden, ohne der Klägerin hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen. All das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Dass die in Rede stehende Leistung bei einem Telefongespräch mit der Klägerin am 10.02.2014 mündlich abgelehnt worden ist, ist rechtlich unerheblich; anderes macht die Beklagte auch nicht geltend. Die Klägerin durfte ihr Begehren auch mit der Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) verfolgen; eine vorrangige Leistungsklage (etwa auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V) war nicht zu erheben, insbesondere hatte sich die Klägerin die Leistung nicht selbst beschafft (zu einer Fallgestaltung dieser Art Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.2015, - L 4 KR 424/15 -, in juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2016, a. a. O.) an.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer operativen Hautstraffung bzw. die Feststellung, dass ihr hierauf gerichteter Leistungsantrag als genehmigt gilt.
Die (1959 geborene) Klägerin (von Beruf Krankenschwester) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im September 2012 wurde bei ihr (auf Kosten der Beklagten) eine Schlauchmagenoperation durchgeführt (seinerzeit: BMI 42, Körpergröße 146 cm, Gewicht 92 kg). Nach der Operation nahm die Klägerin ca. 50 kg Körpergewicht ab.
Mit bei der Beklagten am 27.12.2013 eingegangenem Schreiben vom 21.12.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung einer operativen Hautstraffung. Als Folge der erheblichen Verminderung des Körpergewichts hätten sich massive Hautüberschüsse am Gesäß, unter den Brüsten, im Bauchbereich sowie an Armen und Beinen gebildet; dies führe zu Beschwerden, wie Schmerzen und (Pilz-)Infektionen der Haut und habe entstellende Wirkung.
Dem Antrag waren (neben einer Lichtbilddokumentation) Arztberichte beigefügt. Im Arztbericht des Klinikum St. (Zentrum für Hautkrankheiten) vom 19.12.2013 ist (u.a.) die Diagnose Z.n. drastischer Gewichtsabnahme (nach Magen-Teilresektion am 12.09.2012) mit jetzt überschüssiger Haut an Oberarmen, Brust, Bauch, Gesäß, Knie beidseits und Oberschenkeln festgehalten. Deswegen sei eine plastisch-chirurgische Behandlung dringend erforderlich. Notwendig seien: Abdominalplastik mit Schamhügellift, Nabel-Neuformung und Fasciendopplung; Bruststraffung mit seitlich/oberem/vertikalem Flankenlift beidseits; Oberschenkelstraffung beidseits; Gesäßlift beidseits; Oberarmstraffung beidseits.
Mit Schreiben vom 07.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe die Antragsunterlagen heute dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen zugeleitet.
Im MDK-Gutachten vom 14.01.2014 führte Dr. A. aus, die Beeinträchtigungen durch Pilzinfektionen als relevante organische Beeinträchtigungen seien unter den Brüsten beidseits und am Rumpf nachvollziehbar; an diesen Stellen könne die medizinische Notwendigkeit der beantragten Korrekturoperation bestätigt werden. Es werde empfohlen, die Operationsfähigkeit der Klägerin mit Ausschluss der Verschlechterung durch den behandelnden Neuropsychiater abzuklären.
Mit Schreiben vom 22.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin den Inhalt des MDK-Gutachtens des Dr. A. mit; die Klägerin möge eine Prüfung der Operationsfähigkeit mit Ausschluss der Verschlechterung durch den behandelnden Neuropsychiater einreichen. Diese weiteren Unterlagen würden benötigt.
Mit Schreiben vom 18.03.2014 trug die Klägerin (unter Beifügung des Attestes ihres Hausarztes Dr. B. vom 18.02.2014: neuropsychiatrische Behandlung nicht notwendig; Klägerin psychisch stabil) vor, sie könne seit über einem Jahr (wegen der Hautüberschüsse am Gesäß) nicht mehr schmerzfrei sitzen; sie bitte auch die Kosten der operativen Hautstraffung am Gesäß und an den Beinen und Oberarmen zu übernehmen.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme vom 03.04.2014 führte Dr. A. aus, weiterhin relevant und zu empfehlen sei die Einholung eines aktuellen Facharztberichts durch einen Neuropsychiater bzw. Schmerztherapie-Facharzt. Hierüber unterrichtete die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 16.04.2014; sobald die vom MDK (nach wie vor) für erforderlich erachteten Arztunterlagen vorlägen, werde der Antrag weiterbearbeitet.
Mit Schreiben vom 05.06.2014 legte die Klägerin der Beklagten den Bericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. von F.-P. vom 02.06.2014 vor. Darin ist eine mittelgradige reaktive Depression als Einzelepisode diagnostiziert; es solle unbedingt eine Haustraffung erfolgen, um eine psychiatrische Folgeerkrankung abzuwenden.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 17.06.2014 führte Dr. A. aus, auch bei Berücksichtigung des Facharztberichts vom 02.06.2014 seien keine organischen Beeinträchtigungen bezüglich Oberarme beidseits, des Gesäßes und der Oberschenkel beidseits zu bestätigen. Die Korrekturoperation an der Bauchwand und den Brüsten beidseits sei zweckmäßig und ausreichend.
Mit Bescheid vom 26.06.2014 gewährte die Beklagte der Klägerin eine operative Hautstraffung im Bereich des Rumpfes/der Bauchwand und der Brüste beidseits. Die Gewährung einer operativen Haustraffung auch im Bereich der Oberarme, des Gesäßes und der Oberschenkel wurde abgelehnt.
Am 15.07.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein. Über den Widerspruch wurde nicht entschieden.
Am 18.07.2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie trug vor, ihr Leistungsantrag gelte gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) - in vollem Umfang - als genehmigt; dies werde mit der Feststellungsklage geltend gemacht. Die Beklagte habe über den unter dem 21.12.2013 (am 27.12.2013) gestellten Leistungsantrag erst am 26.06.2014 entschieden und damit die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht gewahrt. Eine rechtzeitige Mitteilung, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne, sei nicht erfolgt (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Mit Eintritt der Genehmigungsfiktion bestehe nur noch ein entsprechendes Feststellungsinteresse; der Widerspruchsausschuss müsse nicht mehr befasst werden. Für ein Widerspruchsverfahren oder ein Klageverfahren mit dem Ziel der Leistungsgewährung bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bestreite nicht, dass sie die in § 13 Abs. 3a SGB V festgelegten Fristen nicht eingehalten habe. Der Leistungsantrag der Klägerin, der im Übrigen bei einem Telefongespräch am 10.02.2014 mündlich abgelehnt worden sei, gelte gleichwohl nicht als genehmigt. Voraussetzung sei (zusätzlich), dass ein (materieller) Rechtsanspruch auf die beantragte Leistung bestehe; das sei hier nicht der Fall.
Mit Urteil vom 10.03.2015 stellte das SG fest, dass der am 27.12.2013 bei der Beklagten eingegangene Antrag der Klägerin auf eine operative Hautstraffung im Bereich der Oberarme, des Gesäßes und der Oberschenkel als genehmigt gilt. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei als Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz, SGG) zulässig und auch begründet. Hinsichtlich der beantragten operativen Haustraffung - Oberschenkelstraffung beidseits, Gesäßlift beidseits und Oberarmstraffung beidseits - sei die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten. Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V müsse die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in den Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt werde, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden. Könne die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teile sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Erfolge keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V). Die Beklagte habe - wie sie selbst einräume - die Fünfwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V weder eingehalten noch habe sie der Klägerin die Gründe hierfür rechtzeitig mitgeteilt. Der Leistungsantrag gelte daher gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt. Die beantragte Leistung - operative Hautstraffung - stelle auch eine Leistung dar, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten; das sei ebenfalls unstreitig. Auf die Erfüllung materiell-rechtlicher Leistungsvoraussetzungen im Übrigen komme es für die Genehmigungsfiktion nicht an.
Gegen das ihr am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.04.2015 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr Vorbringen im Klageverfahren. In dem Telefongespräch am 10.02.2014 sei der Klägerin gesagt worden, dass die Kosten einer operativen Hautstraffung im Bereich der Oberarme, der Oberschenkel und des Gesäßes nicht übernommen würden. Sie bestreite nicht, dass die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht gewahrt worden sei. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V setze aber das Bestehen eines materiellen Leistungsanspruchs voraus; daran fehle es hier.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.03.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Mit Beschluss vom 23.02.2016 ist (im Hinblick auf das seinerzeit beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren B 1 KR 25/15 R) das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 09.05.2016 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte hat abschließend vorgetragen, das angefochtene Urteil weise zwar im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 08.03.2016 (- B 1 KR 25/15 R -, in juris) Rechtsfehler nicht auf; möglicherweise treffe das BSG (dessen dritter Senat) im noch anhängigen Revisionsverfahren B 3 KR 4/16 R aber eine davon abweichende und ihr günstige Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG. Sie steht - unstreitig - in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 25/15 R -, in juris). Die Klägerin hat bei der Beklagten einen hinreichend bestimmten Antrag auf Gewährung einer operativen Hautstraffung (auch an den in Rede stehenden Körperregionen), die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt, gestellt. Diesen Antrag hat die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beschieden, ohne der Klägerin hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen. All das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Dass die in Rede stehende Leistung bei einem Telefongespräch mit der Klägerin am 10.02.2014 mündlich abgelehnt worden ist, ist rechtlich unerheblich; anderes macht die Beklagte auch nicht geltend. Die Klägerin durfte ihr Begehren auch mit der Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) verfolgen; eine vorrangige Leistungsklage (etwa auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V) war nicht zu erheben, insbesondere hatte sich die Klägerin die Leistung nicht selbst beschafft (zu einer Fallgestaltung dieser Art Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.2015, - L 4 KR 424/15 -, in juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2016, a. a. O.) an.
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