Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1991/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2257/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24.05.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme von Fahrkosten (für Dialysebehandlungen) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes.
Der Antragsteller, bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert, ist Dialysepatient. Er wohnt in U. (Landkreis L.). Die Dialysebehandlung wurde bis 22.05.2016 im Nierenzentrum F. durchgeführt. Die hierfür anfallenden Fahrkosten (Transport durch ein Taxiunternehmen) wurden von der Antragsgegnerin nach Maßgabe des § 60 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) übernommen (Bescheid vom 30.11.2015).
Mit an das Nierenzentrum F. gerichtetem Schreiben vom 06.05.2016 bat die Antragsgegnerin um Mitteilung, ob die Dialysebehandlung des Antragstellers aus medizinischer Sicht (wohnortnah) in Sch. (Landkreis L.) durchgeführt werden könne.
Mit Schreiben vom 07.05.2016 teilte das Nierenzentrum F. der Antragsgegnerin mit, aus medizinischer Sicht spreche nichts gegen die Durchführung der Dialysebehandlung in Sch ... Man habe den Antragsteller hierauf bereits hingewiesen; er wolle sich aber nicht in Sch. behandeln lassen.
Mit Bescheid vom 09.05.2016 (ohne Rechtsmittelbelehrung) übernahm die Antragsgegnerin die für die Durchführung der Dialysebehandlung anfallenden Fahrkosten (Beförderung mit dem Taxi) - nur noch - für Fahrten vom Wohnort des Antragstellers zur nächstgelegenen Dialyseeinrichtung, einer nephrologischen Gemeinschaftspraxis in Sch. (Dialysezentrum Sch.). Zur Begründung führte sie aus, die Dialysebehandlung sei wohnortnah durchzuführen. Die erheblichen Mehrkosten für Fahrten zum Dialysezentrum F. i.H.v. ca. 8.000,00 EUR im Jahr würden daher ab 23.05.2016 nicht mehr übernommen. Die neue Genehmigung ersetze die bisherigen Genehmigungen für die Kostenübernahme der Fahrten nach F. Widerspruch ist nicht eingelegt worden.
Am 12.05.2016 erhob der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG, Verfahren S 1 KR 1992/16), über die noch nicht entschieden ist. Außerdem suchte er um vorläufigen Rechtsschutz nach. Der Antragsteller trug vor, die Antragsgegnerin dürfe nicht darüber entscheiden, wo die Dialysebehandlung durchzuführen sei. Andernfalls werde das Recht der freien Arztwahl verletzt. Die ärztliche Versorgung im Nierenzentrum F. sei erheblich besser. Nach seiner Berechnung betrügen die Kosten für Fahrten nach F. höchstens 8.487,00 EUR im Jahr, für Fahrten nach Sch. hingegen höchstens 14.414,00 EUR im Jahr; das liege an den einschlägigen Taxametertarifen. Im Klagverfahren S 1 KR 1992/16 hat der Antragsteller (demgegenüber) Mehrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. i.H.v. 748,80 EUR geltend gemacht; er werde über den 23.05.2016 hinaus die Betreuung durch das Nierenzentrum F. wie bisher wahrnehmen.
Die Antragsgegnerin trat der Klage und dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entgegen. Aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) könnten nur die (niedrigeren) Fahrkosten zur wohnortnäheren Dialyseeinrichtung in Sch. übernommen werden.
Mit Beschluss vom 24.05.2016 wies das SG den vorläufigen Rechtsschutzantrag zurück. Zur Begründung führte es aus, die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) sei mangels Anordnungsanspruchs nicht zu erlassen. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V übernehme die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 (des § 60 SGB V) die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig seien. Das sei hier nicht der Fall. Der Antragsteller habe als Dialysepatient nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften zwar (unstreitig) Anspruch auf Übernahme von Fahrkosten zur Dialyseeinrichtung. Er könne aber die Übernahme der Fahrkosten zum ca. 36 km von seinem Wohnort entfernten Nierenzentrum F. nicht beanspruchen, weil die Dialysebehandlung wohnortnah im (nur) ca. 20 km entfernten Dialysezentrum Sch. durchgeführt werden könne. Zwingende medizinische Gründe für die Durchführung der Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. lägen nicht vor. Das Nierenzentrum F. habe das im Schreiben vom 07.05.2016 bestätigt. Das Recht der freien Arztwahl werde von der Entscheidung der Antragsgegnerin nicht berührt. Für die (weitere) Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. in Höhe fiktiver Fahrkosten für Fahrten zum Dialysezentrum Sch. gebe es keine Rechtsgrundlage.
Gegen den ihm am 27.05.2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20.06.2016 Beschwerde eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Streitig sei allein die Übernahme von Fahrkosten. Diese seien für Fahrten zum Nierenzentrum F. sicherlich höher als für Fahrten zum Dialysezentrum Sch ... Die Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. sei aber aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig. Er sei bereits in den Jahren 2008/2009 im Dialysezentrum Sch. behandelt worden; man habe ihm seinerzeit die Amputation des linken Beins angeraten, was sich nach Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung als medizinisch nicht korrekt erwiesen habe. Deshalb habe er erhebliche Bedenken gegen eine Behandlung im Dialysezentrum Sch ... Allerdings stelle er nicht in Abrede, dass die medizinischen Standards beider Dialyseeinrichtungen gleich seien. Ihm gehe es um die individuelle Qualifikation der Ärzte und seine geschilderte (schlechte) Erfahrung im Dialysezentrum Sch ... Außerdem könne im Dialysezentrum Sch. der bisherige Behandlungsrhythmus (Montag bis Mittwoch am Nachmittag und Samstag am Vormittag) nicht eingehalten werden. Er sei bereit, die Mehrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. selbst zu tragen. Ein Anordnungsgrund liege ebenfalls vor. Die Dialysebehandlung sei überlebenswichtig und könne nicht ersetzt werden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24.05.2016 aufzuheben und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, vorläufig die Kosten für Fahrten von seinem Wohnort zum Nierenzentrum F. zur Durchführung der Dialysebehandlung in voller Höhe, hilfsweise in Höhe fiktiver Fahrkosten zum Dialysezentrum Sch., zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 172 ff. SGG statthaft, insbesondere nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gemäß § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.
Man wird dem Vorbringen des Antragstellers im Klageverfahren S 1 KR 1992/16 zwar (zugleich) einen (fristgerechten) Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.05.2016 entnehmen können, weshalb die in diesem Bescheid verfügte Versagung der Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. nicht unanfechtbar sein dürfte (zur Unzulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, wenn der Ablehnungsbescheid bestandskräftig ist, etwa Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 86b Rdnr. 26d. m.N.). Es fehlt aber in jedem Fall sowohl an einem Anordnungsgrund wie an einem Anordnungsanspruch.
Ein Anordnungsgrund liegt nicht vor. Die (weitere) Durchführung der (unstreitig lebensnotwendigen) Dialysebehandlung des Antragstellers ist sichergestellt; sie wird ihm von der Antragsgegnerin gewährt. Die Dialysebehandlung kann im Dialysezentrum Sch. - nicht anders als im Nierenzentrum F. - durchgeführt werden. Auch darüber streiten die Beteiligten nicht. Sie streiten allein über die Übernahme von Fahrkosten. Der Antragsteller hat im Klageverfahren S 1 KR 1992/16 klargestellt, er werde auch über den 23.05.2016 hinaus - wie bisher - die Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. durchführen lassen. Bei dieser Sachlage besteht kein Grund dafür, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die (vorläufige) Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. aufzugeben. Der Antragsteller hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass er außerstande wäre, die Fahrkosten zum Nierenzentrum F., wo er die Dialysebehandlung offensichtlich in jedem Fall weiter durchführen lassen will, zunächst selbst zu tragen und die Entscheidung des SG im Klageverfahren S 1 KR 1992/16 abzuwarten. Davon abgesehen übernimmt die Antragsgegnerin die Fahrkosten für Fahrten zum Dialysezentrum Sch ... Es ist dem Antragsteller - im Hinblick auf das Erfordernis eines Anordnungsgrundes - in jedem Fall zumutbar, die Dialysebehandlung (einschließlich Fahrkostenübernahme) dort jedenfalls bis zur Entscheidung im genannten Klageverfahren durchführen zu lassen.
Ein Anordnungsanspruch liegt ebenfalls nicht vor. Der Antragsteller wird die (weitere) Übernahme der Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F., die ersichtlich höher sind als die Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum Sch., aller Voraussicht nach nicht beanspruchen können. Das SG hat das im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt; hierauf wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Zwingende medizinische Gründe i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V für die Durchführung der Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. liegen ersichtlich nicht vor; das hat das Nierenzentrum F. im Schreiben vom 07.05.2016 klar bestätigt. Ein - so der Antragsteller - fehlerhafter ärztlicher Rat durch einen im Jahr 2008/2009 im Nierenzentrum Sch. tätigen Arzt begründet die zwingende medizinische Notwendigkeit (i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zur Durchführung der Dialysebehandlung andern Orts (im Nierenzentrum F.) nicht, zumal die einschlägigen Behandlungsstandards auch im Dialysezentrum Sch. (unstreitig) gewährleistet sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Bescheid vom 30.11.2015. Dieser wurde durch den Bescheid vom 09.05.2016 ab 23.05.2016 ersetzt. Die anteilige Übernahme fiktiver Fahrkosten ist nicht möglich; hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme von Fahrkosten (für Dialysebehandlungen) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes.
Der Antragsteller, bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert, ist Dialysepatient. Er wohnt in U. (Landkreis L.). Die Dialysebehandlung wurde bis 22.05.2016 im Nierenzentrum F. durchgeführt. Die hierfür anfallenden Fahrkosten (Transport durch ein Taxiunternehmen) wurden von der Antragsgegnerin nach Maßgabe des § 60 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) übernommen (Bescheid vom 30.11.2015).
Mit an das Nierenzentrum F. gerichtetem Schreiben vom 06.05.2016 bat die Antragsgegnerin um Mitteilung, ob die Dialysebehandlung des Antragstellers aus medizinischer Sicht (wohnortnah) in Sch. (Landkreis L.) durchgeführt werden könne.
Mit Schreiben vom 07.05.2016 teilte das Nierenzentrum F. der Antragsgegnerin mit, aus medizinischer Sicht spreche nichts gegen die Durchführung der Dialysebehandlung in Sch ... Man habe den Antragsteller hierauf bereits hingewiesen; er wolle sich aber nicht in Sch. behandeln lassen.
Mit Bescheid vom 09.05.2016 (ohne Rechtsmittelbelehrung) übernahm die Antragsgegnerin die für die Durchführung der Dialysebehandlung anfallenden Fahrkosten (Beförderung mit dem Taxi) - nur noch - für Fahrten vom Wohnort des Antragstellers zur nächstgelegenen Dialyseeinrichtung, einer nephrologischen Gemeinschaftspraxis in Sch. (Dialysezentrum Sch.). Zur Begründung führte sie aus, die Dialysebehandlung sei wohnortnah durchzuführen. Die erheblichen Mehrkosten für Fahrten zum Dialysezentrum F. i.H.v. ca. 8.000,00 EUR im Jahr würden daher ab 23.05.2016 nicht mehr übernommen. Die neue Genehmigung ersetze die bisherigen Genehmigungen für die Kostenübernahme der Fahrten nach F. Widerspruch ist nicht eingelegt worden.
Am 12.05.2016 erhob der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG, Verfahren S 1 KR 1992/16), über die noch nicht entschieden ist. Außerdem suchte er um vorläufigen Rechtsschutz nach. Der Antragsteller trug vor, die Antragsgegnerin dürfe nicht darüber entscheiden, wo die Dialysebehandlung durchzuführen sei. Andernfalls werde das Recht der freien Arztwahl verletzt. Die ärztliche Versorgung im Nierenzentrum F. sei erheblich besser. Nach seiner Berechnung betrügen die Kosten für Fahrten nach F. höchstens 8.487,00 EUR im Jahr, für Fahrten nach Sch. hingegen höchstens 14.414,00 EUR im Jahr; das liege an den einschlägigen Taxametertarifen. Im Klagverfahren S 1 KR 1992/16 hat der Antragsteller (demgegenüber) Mehrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. i.H.v. 748,80 EUR geltend gemacht; er werde über den 23.05.2016 hinaus die Betreuung durch das Nierenzentrum F. wie bisher wahrnehmen.
Die Antragsgegnerin trat der Klage und dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entgegen. Aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) könnten nur die (niedrigeren) Fahrkosten zur wohnortnäheren Dialyseeinrichtung in Sch. übernommen werden.
Mit Beschluss vom 24.05.2016 wies das SG den vorläufigen Rechtsschutzantrag zurück. Zur Begründung führte es aus, die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) sei mangels Anordnungsanspruchs nicht zu erlassen. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V übernehme die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 (des § 60 SGB V) die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig seien. Das sei hier nicht der Fall. Der Antragsteller habe als Dialysepatient nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften zwar (unstreitig) Anspruch auf Übernahme von Fahrkosten zur Dialyseeinrichtung. Er könne aber die Übernahme der Fahrkosten zum ca. 36 km von seinem Wohnort entfernten Nierenzentrum F. nicht beanspruchen, weil die Dialysebehandlung wohnortnah im (nur) ca. 20 km entfernten Dialysezentrum Sch. durchgeführt werden könne. Zwingende medizinische Gründe für die Durchführung der Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. lägen nicht vor. Das Nierenzentrum F. habe das im Schreiben vom 07.05.2016 bestätigt. Das Recht der freien Arztwahl werde von der Entscheidung der Antragsgegnerin nicht berührt. Für die (weitere) Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. in Höhe fiktiver Fahrkosten für Fahrten zum Dialysezentrum Sch. gebe es keine Rechtsgrundlage.
Gegen den ihm am 27.05.2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20.06.2016 Beschwerde eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Streitig sei allein die Übernahme von Fahrkosten. Diese seien für Fahrten zum Nierenzentrum F. sicherlich höher als für Fahrten zum Dialysezentrum Sch ... Die Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. sei aber aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig. Er sei bereits in den Jahren 2008/2009 im Dialysezentrum Sch. behandelt worden; man habe ihm seinerzeit die Amputation des linken Beins angeraten, was sich nach Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung als medizinisch nicht korrekt erwiesen habe. Deshalb habe er erhebliche Bedenken gegen eine Behandlung im Dialysezentrum Sch ... Allerdings stelle er nicht in Abrede, dass die medizinischen Standards beider Dialyseeinrichtungen gleich seien. Ihm gehe es um die individuelle Qualifikation der Ärzte und seine geschilderte (schlechte) Erfahrung im Dialysezentrum Sch ... Außerdem könne im Dialysezentrum Sch. der bisherige Behandlungsrhythmus (Montag bis Mittwoch am Nachmittag und Samstag am Vormittag) nicht eingehalten werden. Er sei bereit, die Mehrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. selbst zu tragen. Ein Anordnungsgrund liege ebenfalls vor. Die Dialysebehandlung sei überlebenswichtig und könne nicht ersetzt werden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24.05.2016 aufzuheben und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, vorläufig die Kosten für Fahrten von seinem Wohnort zum Nierenzentrum F. zur Durchführung der Dialysebehandlung in voller Höhe, hilfsweise in Höhe fiktiver Fahrkosten zum Dialysezentrum Sch., zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 172 ff. SGG statthaft, insbesondere nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gemäß § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.
Man wird dem Vorbringen des Antragstellers im Klageverfahren S 1 KR 1992/16 zwar (zugleich) einen (fristgerechten) Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.05.2016 entnehmen können, weshalb die in diesem Bescheid verfügte Versagung der Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. nicht unanfechtbar sein dürfte (zur Unzulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, wenn der Ablehnungsbescheid bestandskräftig ist, etwa Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 86b Rdnr. 26d. m.N.). Es fehlt aber in jedem Fall sowohl an einem Anordnungsgrund wie an einem Anordnungsanspruch.
Ein Anordnungsgrund liegt nicht vor. Die (weitere) Durchführung der (unstreitig lebensnotwendigen) Dialysebehandlung des Antragstellers ist sichergestellt; sie wird ihm von der Antragsgegnerin gewährt. Die Dialysebehandlung kann im Dialysezentrum Sch. - nicht anders als im Nierenzentrum F. - durchgeführt werden. Auch darüber streiten die Beteiligten nicht. Sie streiten allein über die Übernahme von Fahrkosten. Der Antragsteller hat im Klageverfahren S 1 KR 1992/16 klargestellt, er werde auch über den 23.05.2016 hinaus - wie bisher - die Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. durchführen lassen. Bei dieser Sachlage besteht kein Grund dafür, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die (vorläufige) Übernahme von Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F. aufzugeben. Der Antragsteller hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass er außerstande wäre, die Fahrkosten zum Nierenzentrum F., wo er die Dialysebehandlung offensichtlich in jedem Fall weiter durchführen lassen will, zunächst selbst zu tragen und die Entscheidung des SG im Klageverfahren S 1 KR 1992/16 abzuwarten. Davon abgesehen übernimmt die Antragsgegnerin die Fahrkosten für Fahrten zum Dialysezentrum Sch ... Es ist dem Antragsteller - im Hinblick auf das Erfordernis eines Anordnungsgrundes - in jedem Fall zumutbar, die Dialysebehandlung (einschließlich Fahrkostenübernahme) dort jedenfalls bis zur Entscheidung im genannten Klageverfahren durchführen zu lassen.
Ein Anordnungsanspruch liegt ebenfalls nicht vor. Der Antragsteller wird die (weitere) Übernahme der Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum F., die ersichtlich höher sind als die Fahrkosten für Fahrten zum Nierenzentrum Sch., aller Voraussicht nach nicht beanspruchen können. Das SG hat das im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt; hierauf wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Zwingende medizinische Gründe i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V für die Durchführung der Dialysebehandlung im Nierenzentrum F. liegen ersichtlich nicht vor; das hat das Nierenzentrum F. im Schreiben vom 07.05.2016 klar bestätigt. Ein - so der Antragsteller - fehlerhafter ärztlicher Rat durch einen im Jahr 2008/2009 im Nierenzentrum Sch. tätigen Arzt begründet die zwingende medizinische Notwendigkeit (i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zur Durchführung der Dialysebehandlung andern Orts (im Nierenzentrum F.) nicht, zumal die einschlägigen Behandlungsstandards auch im Dialysezentrum Sch. (unstreitig) gewährleistet sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Bescheid vom 30.11.2015. Dieser wurde durch den Bescheid vom 09.05.2016 ab 23.05.2016 ersetzt. Die anteilige Übernahme fiktiver Fahrkosten ist nicht möglich; hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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