Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 4545/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 113/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.12.2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Stuttgart zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.048,97 EUR festgesetzt.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Kranken-versicherung zugelassenen Krankenhauses. In diesem Krankenhaus wurde die bei der Beklagten krankenversicherte L. H., geb 1950, (im Folgenden: Versicherte) vom 20.04. bis zum 21.04.2011 stationär behandelt. Die Aufnahme in die Klinik erfolgte zum Staging (Stadienbestimmung) eines eine Woche zuvor festgestellten Rektumkarzinoms. Es wurden eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Beckens, eine Computertomografie (CT) des Beckens und des Abdomens, ein chirurgisches Konsil sowie eine Rektoskopie (Mastdarmspiegelung) mit Endsonografie (Ultraschalluntersuchung mit Hilfe eines Endoskops) durchgeführt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür einen Betrag in Höhe von 728,97 EUR in Rechnung (Rechnung vom 13.05.2011 Nr 1101928795). Die Beklagte bezahlte den Betrag zunächst. Sie prüfte dann die Rechnung gemäß § 275 Abs 1c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unter Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), der in seinem Gutachten vom 13.09.2011 die Auffassung vertrat, dass die durchgeführten diagnostischen Maßnahmen auch ambulant hätten erbracht werden könne. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15.09.2011 mit, dass die Abrechnung im Fall der Versicherten nicht akzeptiert werde. Der Rückforderungsbetrag belaufe sich auf 748,97 EUR. Falls die Klägerin Leistungen aus dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115b SGB V erbracht habe, könne sie der Beklagten eine entsprechende Rechnung stellen. Die Beklagte kündigte die Verrechnung dieser Forderung mit einer der nächsten Sammelrechnungen an. Aufgerechnet wurde dann am 07.10.2011 mit einem Betrag iHv 728,97 EUR.
Am 18.08.2015 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.048,97 EUR nebst Zinsen. Der Betrag setzt sich aus einer Vergütungsforderung iHv 748,97 EUR und der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V iHv 300 EUR zusammen. Die Beklagte habe im Rahmen eines Sammelavis am 07.10.2011 mit einer Forderung in Höhe von 748,97 EUR aufgerechnet. Die Klage sei auch ohne Schlichtungsverfahren zulässig, weil nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.06.2015 (B 1 KR 26/14 R) Vertrauensschutz bezüglich der früheren Rechtsprechung des BSG bis zum 31.08.2015 bestehe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten; sie hält die Klage für unbegründet.
Mit Urteil vom 15.12.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die auf Krankenhausvergütung gerichtete Zahlungsklage sei unzulässig, da die Beteiligten das nach § 17c Abs 4b Satz 3 iVm Abs 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung erforderliche Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt hätten. Das gesetzliche Erfordernis des fehl-geschlagenen Schlichtungsversuches gelte unabhängig davon, ob in Baden-Württemberg ein arbeitsfähiger Schlichtungsausschuss existiere oder nicht. Der Umstand, dass die hiesige Schiedsstelle den Landesverbänden der Krankenkassen, dem Verband der Ersatzkassen und der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft eV nicht angezeigt habe, dass sie die Schlichtung nach § 17c Abs 4 KHG übernehmen werde, mache die Klage nicht zulässig. Die entsprechende Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG 08.10.2014, B 3 KR 7/14 R, BSGE 117, 65 = SozR 4-5560 § 17c Nr 2), wonach die Regelung zur obligatorischen Schlichtung bei Vergütungsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen mit Streitwerten bis zu 2.000 EUR erst anwendbar sei, wenn der Schlichtungsausschuss angerufen werden könne, dh wenn er seine Errichtung und Funktionsfähigkeit förmlich angezeigt habe, sei obsolet, nachdem der nunmehr alleine für das Leistungserbringerrecht der Krankenhäuser zuständige 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben habe, weil sie die Grenzen verfassungskonformer Auslegung überschreite (unter Hinweis auf BSG 23.06.2015, B 1 KR 26/14 R , SozR 4-5560 § 17c Nr 3). Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der 1. Senat des BSG habe im Hinblick auf seine Aufgabe der Rechtsprechung des 3. Senats ausgeführt, dass es ihm unter Achtung des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes möglich sei, das vom 3. Senat konstruierte Anzeigeerfordernis zu beseitigen. Dementsprechend gehe der 1. Senat davon aus, dass die obligatorische Vorschaltung eines fehlgeschlagenen Schlichtungsverfahrens jedenfalls ab dem 01.09.2015 als Zulässigkeitsvoraussetzung für neu eingehende Klagen auf Krankenhausvergütung unterhalb einer Bagatellgrenze in Höhe von 2.000 EUR auch dann wirke, wenn die Schlichtungsstelle nach § 17c Abs 4 KHG keine Anzeige ihrer Arbeitsfähigkeit abgegeben habe. Die vorliegende Klage wäre allenfalls dann zulässig, wenn sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 18.08.2015 auf Vertrauensschutz hätte berufen können. Ein derartiges tatsächliches Vertrauen habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung indes nicht gehabt und auch nicht haben können. Sie habe nämlich in ihrer Klageschrift ausdrücklich auf die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 23.06.2015 Bezug genommen, habe also gewusst, dass die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG hinfällig sei. Die Klägerin verkenne, dass die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 23.06.2015 selbst gar kein schützenswertes Vertrauen vermittle, sondern dieses vielmehr voraussetze. Der 1. Senat des BSG habe gerade nicht entschieden, dass Vergütungsleistungsklagen bis zu 2.000 EUR ohne Durchführung des Schlichtungsverfahrens erst ab dem 01.09.2015 unzulässig seien, sondern dass derartige Klagen, die jedenfalls vor diesem Zeitpunkt im Vertrauen auf die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG erhoben worden seien und erhoben würden, aus Vertrauensschutzgründen zulässig sein könnten. Die Klägerin habe die vorliegende Klage aber nicht im Vertrauen auf die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG erhoben, sondern im Gegenteil in positiver Kenntnis der nunmehr alleine geltenden Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Davon abgesehen könnte sich die Klägerin, selbst wenn sie tatsächlich ein schützenswertes Vertrauen hätte, nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn sie habe rechtsmissbräuchlich gehandelt. Sie habe im Zeitraum zwischen Mitte Juli und Ende August 2015 beim SG mehr als 150 Vergütungsklagen unterhalb der Bagatellgrenze von 2.000 EUR erhoben. Ihr sei ersichtlich daran gelegen gewesen, noch möglichst viele Bagatellklagen vor dem 01.09.2015 ohne Durchführung des Schlichtungsverfahrens anhängig zu machen, obgleich sie jedenfalls seit Mitte Juli 2015 Kenntnisse von der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung gehabt habe. Dieser Versuch, unter Geltendmachung einer vermeintlichen formalen Rechtsposition die gesetzliche Vorschrift des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG zu umgehen und die staatlichen Gerichte, die von derartigen Bagatellklagen gerade entlastet werden sollten, in Anspruch zu nehmen, sei verwerflich, zumal es sich bei der Klägerin um eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts handle und auch nicht ersichtlich sei, dass Verjährung der ein-geklagten Forderungen drohe. § 17c Abs 4b Satz 3 KHG sei auch verfassungsgemäß. Der Um-stand, dass das obligatorische Schlichtungsverfahren als Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 17c Abs 4b Satz 3 KHG mit Wirkung ab 01.01.2016 ersatzlos gestrichen werde, rechtfertige keine andere Entscheidung. Da dem Gericht wegen der Unzulässigkeit der Vergütungsklage eine Sachentscheidung verwehrt sei, könne die Klägerin auch nicht mit Erfolg die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V geltend machen. Das MDK-Prüfergebnis sei für den Anspruch auf die Aufwandspauschale dann unbeachtlich, wenn es im nachfolgenden Gerichtsverfahren keine Bestätigung iS der Zuerkennung eines geringeren Zahlbetrags finde. Ob die Beklagte die Rechnung im Wege der Aufrechnung zu Recht gekürzt habe, sei wegen der Unzulässigkeit der Vergütungsklage nicht zu prüfen. Im Hinblick auf die begehrte Aufwandspauschale sei die Klage daher ohne weitere Ermittlungen als (derzeit) unbegründet abzuweisen.
Gegen das ihr am 04.01.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.01.2016 Berufung eingelegt. Das SG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Unabhängig von der Frage, ob die Klage im Zeitpunkt der Klageerhebung unzulässig gewesen sei und der Frage, ob das Gericht den Streitgegenstand verkannt habe, sei die Klage nunmehr nach § 17c Abs 4b KHG in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Strukturen in der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG – vom 10.12.2015, BGBl I S 2229) zulässig. Im Übrigen sei die Klage aber auch bei Erhebung am 18.08.2015 zulässig gewesen. Die im Rahmen des § 159 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anzustellende Ermessensentscheidung spreche hier für eine Zurück-verweisung an die erste Instanz. Bei einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts ginge sonst eine Tatsacheninstanz verL.n.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.12.2015 aufzuheben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Sozialgerichts Stuttgart, hilfsweise an die 19. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart zurückzuverweisen, 2. hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.048,97 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach folgender Zinsstaffel zu zahlen: auf 748,97 EUR vom 07.10.2011 bis 17.08.2015, auf 1.048,97 EUR ab 18.08.2015.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klage sei aus ihrer Sicht zumindest unbegründet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG Erfolg.
Die gemäß §§ 151 Abs 1, 143 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung an das SG begründet.
Gemäß § 159 Abs 1 Nr 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Entscheidung des Sozialgerichts im Zeitpunkt dessen Entscheidung rechtswidrig gewesen ist; vielmehr ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts abzustellen (vgl LSG Baden-Württemberg 15.04.2016, L 4 KR 188/16, juris). Dies entspricht dem allgemeinen Grund-satz, dass das Berufungsgericht die Zulässigkeit (und Begründetheit) einer allgemeinen Leistungsklage anhand der zum Zeitpunkt der eigenen Entscheidung geltenden Sach- und Rechtslage zu treffen hat, sofern das streitige Rechtsverhältnis hiervon erfasst wird (Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl , § 54 RdNr 34; vgl auch BSG 09.02.1956, 1 RA 5/55, BSGE 2, 188; BSG 02.12.2010, B 9 SB 3/09 R, SozR 4-3250 § 69 Nr 12). Nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts, die auch für die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage gelten, sind Änderungen der Rechtslage grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anzuwenden (BSG 23.06.2015, aaO). Dies führt dazu, dass eine bei Klageerhebung noch unzulässige Klage durch eine spätere Rechtsänderung zulässig werden kann.
Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das SG liegen danach vor. Denn die Klage ist jedenfalls seit 01.01.2016 zulässig; insbesondere steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, dass ein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs 4b Satz 3 KHG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung des Art 5c Nr 2 Buchstabe e) Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.07.2013 (BGBl I, S 2423) vor Klageerhebung nicht durchgeführt worden ist. Dabei kann dahinstehen, ob – wie das SG in seinem Urteil meinte – die Klage zum Zeitpunkt ihrer Erhebung am 18.08.2015 mangels Durchführung des Schlichtungsverfahrens unzulässig gewesen ist (vgl einerseits BSG 08.10.2014, B 3 KR 7/14 R, BSGE 117, 65 = SozR 4-5560 § 17c Nr 2; andererseits BSG 23.06.2015, B 1 KR 26/14 R , SozR 4-5560 § 17c Nr 3). Allein die Tatsache, dass der 1. Senat des BSG in seinem Urteil vom 23.06.2015 für die Berücksichtigung von Vertrauensschutz in Bezug auf die (frühere) Rechtsprechung des 3. Senats des BSG ein konkretes Datum – 01.09.2015 - genannt hat, spricht allerdings dafür, dass Klagen, die noch vor diesem Stichtag erhoben worden sind, zulässig sind. Die Klageerhebung darüber hinaus auch noch selbst unter der Prämisse, dass die Klägerin ein schützenswertes Vertrauen gehabt hat, als rechtsmissbräuchlich zu bezeichnen, wie es das SG getan hat, ist nicht nachvollziehbar. Entscheidend ist, dass durch den Wegfall des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG mit Wirkung zum 01.01.2016 (aufgehoben durch Art 1 Nr 8 Buchst e) bb) KHSG vom 10.12.2015, BGBl I, 2229) das Schlichtungsverfahren keine Zulässigkeitsvoraussetzung mehr ist. Dies gilt nach den oben dargestellten Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts auch für Klagen, die – wie hier – bereits vor dem 01.01.2016 anhängig gemacht worden sind. Denn der Gesetzgeber hat auf eine Übergangsvorschrift, nach der § 17c Abs 4b Satz 3 KHG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung auch nach seinem Außerkrafttreten noch Wirkung für bis zu diesem Datum erhobene Klagen finden soll, verzichtet. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats erweist sich daher die Zurückweisung der Klage als unzulässig ohne Entscheidung des SG in der Sache als unrichtig, so dass die Voraussetzungen des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG vorliegen.
Der Zurückverweisung steht nicht entgegen, dass das SG hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V die Klage nicht als unzulässig, sondern als "(derzeit) unbegründet" abgewiesen hat. Denn § 159 Abs 1 Nr 1 SGG erfasst nicht nur die Fälle, in denen das SG eine Prozessentscheidung getroffen hat, sondern ist auch anwendbar, wenn das SG aus anderen Gründen zur eigentlichen Rechtsfrage nicht Stellung genommen hat (BSG 18.02.1981, 3 RK 61/80, BSGE 51, 202 = SozR 1500 § 159 Nr 2; Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 159 RdNr 2b). Eine unter den Anwendungs-bereich von § 159 Abs 1 Nr 1 SGG fallende Konstellation liegt auch hier vor. Die Entscheidung über die Aufwandspauschale ist materiell untrennbar mit der Entscheidung über den mit der Klage überwiegend geltend gemachten Anspruch auf Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung verknüpft. Denn der Anspruch auf die Aufwandspauschale besteht nur, wenn die Prüfung der Abrechnung der Krankenhausbehandlung durch die Krankenkasse nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt (§ 275 Abs 1c Satz 3 SGB V). Mangels Sachentscheidung über den Vergütungsanspruch konnte das SG daher auch über die Aufwandspauschale, die sich als Annex zum Vergütungsanspruch darstellt, nicht in der Sache entscheiden, auch wenn es insofern kein Prozessurteil erlassen hat (so bereits LSG Baden-Württemberg 06.04.2016, L 5 KR 111/16 und 15.04.2016, L 4 KR 188/16, juris).
Im Rahmen der von ihm gemäß § 159 Abs 1 Nr 1 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung, ob er die Sache selbst entscheiden oder zurückverweisen will, hat sich der Senat veranlasst gesehen, die Sache an das SG zurückzuverweisen, weil er dem Erhalt des Instanzenzuges im vorliegenden Fall den Vorrang gegenüber dem Interesse der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung eingeräumt hat. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass eine Zurückverweisung als Ausnahme anzusehen und bei Entscheidungsreife hiervon idR Abstand zu nehmen ist (vgl BSG 15.11.1995, 6 RKa 58/94, SozR 3-1300 § 16 Nr 1; BSG 11.12.2002, B 6 KA 1/02 R, SozR 3-2500 § 106 Nr 57). Vorliegend ist der zugrunde liegende medizinische Sachverhalt noch insofern offen, als die medizinischen Gründe, die den Krankenhausarzt bewogen haben, einen stationären Aufenthalt für notwendig zu erachten, noch genauer aufgeklärt werden müssen. Für eine Zurückverweisung spricht auch, dass das Verfahren insgesamt noch keine erhebliche Dauer hat und die Klage bereits 17 Tage nach Erlass des angefochtenen Urteils in jedem Fall zulässig gewesen wäre. Zudem hat die Klägerin selbst im Hauptantrag die Zurückverweisung an das SG gefordert, die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Im Rahmen der Gesamtabwägung tritt daher das Interesse an einer zügigen Sachentscheidung ohne Zurückverweisung hinter dem Interesse der Klägerin an der Erhaltung zweier Tatsacheninstanzen zurück. Für den Fall, dass der Klage stattzugeben ist, wird auch zu klären sein, ob die Forderung der Klägerin tatsächlich 748,97 EUR betragen kann. In Rechnung gestellt wurden nur 728,97 EUR, weil die Zuzahlung der Versicherten iHv 20 EUR abgezogen wurde. Nur in Höhe dieses Betrages erfolgte auch eine Aufrechnung.
Die Zurückverweisung an das SG erfolgt ohne Benennung eines Spruchkörpers, da § 202 SGG iVm § 563 Abs 1 Satz 2 Zivilprozessordnung die Möglichkeit einer Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper im Falle der Zurückverweisung an ein Gericht der ersten Instanz nicht eröffnet (vgl Keller, aaO, § 159 RdNr 5e).
Eine Kostentscheidung ist nicht zu treffen, diese bleibt der Entscheidung des SG vorbehalten (vgl Keller aaO, § 159 RdNr 5f).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.048,97 EUR festgesetzt (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Verzinsungsantrag ist nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs 1 GKG handelt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.048,97 EUR festgesetzt.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Kranken-versicherung zugelassenen Krankenhauses. In diesem Krankenhaus wurde die bei der Beklagten krankenversicherte L. H., geb 1950, (im Folgenden: Versicherte) vom 20.04. bis zum 21.04.2011 stationär behandelt. Die Aufnahme in die Klinik erfolgte zum Staging (Stadienbestimmung) eines eine Woche zuvor festgestellten Rektumkarzinoms. Es wurden eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Beckens, eine Computertomografie (CT) des Beckens und des Abdomens, ein chirurgisches Konsil sowie eine Rektoskopie (Mastdarmspiegelung) mit Endsonografie (Ultraschalluntersuchung mit Hilfe eines Endoskops) durchgeführt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür einen Betrag in Höhe von 728,97 EUR in Rechnung (Rechnung vom 13.05.2011 Nr 1101928795). Die Beklagte bezahlte den Betrag zunächst. Sie prüfte dann die Rechnung gemäß § 275 Abs 1c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unter Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), der in seinem Gutachten vom 13.09.2011 die Auffassung vertrat, dass die durchgeführten diagnostischen Maßnahmen auch ambulant hätten erbracht werden könne. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15.09.2011 mit, dass die Abrechnung im Fall der Versicherten nicht akzeptiert werde. Der Rückforderungsbetrag belaufe sich auf 748,97 EUR. Falls die Klägerin Leistungen aus dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115b SGB V erbracht habe, könne sie der Beklagten eine entsprechende Rechnung stellen. Die Beklagte kündigte die Verrechnung dieser Forderung mit einer der nächsten Sammelrechnungen an. Aufgerechnet wurde dann am 07.10.2011 mit einem Betrag iHv 728,97 EUR.
Am 18.08.2015 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.048,97 EUR nebst Zinsen. Der Betrag setzt sich aus einer Vergütungsforderung iHv 748,97 EUR und der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V iHv 300 EUR zusammen. Die Beklagte habe im Rahmen eines Sammelavis am 07.10.2011 mit einer Forderung in Höhe von 748,97 EUR aufgerechnet. Die Klage sei auch ohne Schlichtungsverfahren zulässig, weil nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.06.2015 (B 1 KR 26/14 R) Vertrauensschutz bezüglich der früheren Rechtsprechung des BSG bis zum 31.08.2015 bestehe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten; sie hält die Klage für unbegründet.
Mit Urteil vom 15.12.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die auf Krankenhausvergütung gerichtete Zahlungsklage sei unzulässig, da die Beteiligten das nach § 17c Abs 4b Satz 3 iVm Abs 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung erforderliche Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt hätten. Das gesetzliche Erfordernis des fehl-geschlagenen Schlichtungsversuches gelte unabhängig davon, ob in Baden-Württemberg ein arbeitsfähiger Schlichtungsausschuss existiere oder nicht. Der Umstand, dass die hiesige Schiedsstelle den Landesverbänden der Krankenkassen, dem Verband der Ersatzkassen und der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft eV nicht angezeigt habe, dass sie die Schlichtung nach § 17c Abs 4 KHG übernehmen werde, mache die Klage nicht zulässig. Die entsprechende Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG 08.10.2014, B 3 KR 7/14 R, BSGE 117, 65 = SozR 4-5560 § 17c Nr 2), wonach die Regelung zur obligatorischen Schlichtung bei Vergütungsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen mit Streitwerten bis zu 2.000 EUR erst anwendbar sei, wenn der Schlichtungsausschuss angerufen werden könne, dh wenn er seine Errichtung und Funktionsfähigkeit förmlich angezeigt habe, sei obsolet, nachdem der nunmehr alleine für das Leistungserbringerrecht der Krankenhäuser zuständige 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben habe, weil sie die Grenzen verfassungskonformer Auslegung überschreite (unter Hinweis auf BSG 23.06.2015, B 1 KR 26/14 R , SozR 4-5560 § 17c Nr 3). Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der 1. Senat des BSG habe im Hinblick auf seine Aufgabe der Rechtsprechung des 3. Senats ausgeführt, dass es ihm unter Achtung des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes möglich sei, das vom 3. Senat konstruierte Anzeigeerfordernis zu beseitigen. Dementsprechend gehe der 1. Senat davon aus, dass die obligatorische Vorschaltung eines fehlgeschlagenen Schlichtungsverfahrens jedenfalls ab dem 01.09.2015 als Zulässigkeitsvoraussetzung für neu eingehende Klagen auf Krankenhausvergütung unterhalb einer Bagatellgrenze in Höhe von 2.000 EUR auch dann wirke, wenn die Schlichtungsstelle nach § 17c Abs 4 KHG keine Anzeige ihrer Arbeitsfähigkeit abgegeben habe. Die vorliegende Klage wäre allenfalls dann zulässig, wenn sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 18.08.2015 auf Vertrauensschutz hätte berufen können. Ein derartiges tatsächliches Vertrauen habe die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung indes nicht gehabt und auch nicht haben können. Sie habe nämlich in ihrer Klageschrift ausdrücklich auf die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 23.06.2015 Bezug genommen, habe also gewusst, dass die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG hinfällig sei. Die Klägerin verkenne, dass die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 23.06.2015 selbst gar kein schützenswertes Vertrauen vermittle, sondern dieses vielmehr voraussetze. Der 1. Senat des BSG habe gerade nicht entschieden, dass Vergütungsleistungsklagen bis zu 2.000 EUR ohne Durchführung des Schlichtungsverfahrens erst ab dem 01.09.2015 unzulässig seien, sondern dass derartige Klagen, die jedenfalls vor diesem Zeitpunkt im Vertrauen auf die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG erhoben worden seien und erhoben würden, aus Vertrauensschutzgründen zulässig sein könnten. Die Klägerin habe die vorliegende Klage aber nicht im Vertrauen auf die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG erhoben, sondern im Gegenteil in positiver Kenntnis der nunmehr alleine geltenden Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Davon abgesehen könnte sich die Klägerin, selbst wenn sie tatsächlich ein schützenswertes Vertrauen hätte, nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn sie habe rechtsmissbräuchlich gehandelt. Sie habe im Zeitraum zwischen Mitte Juli und Ende August 2015 beim SG mehr als 150 Vergütungsklagen unterhalb der Bagatellgrenze von 2.000 EUR erhoben. Ihr sei ersichtlich daran gelegen gewesen, noch möglichst viele Bagatellklagen vor dem 01.09.2015 ohne Durchführung des Schlichtungsverfahrens anhängig zu machen, obgleich sie jedenfalls seit Mitte Juli 2015 Kenntnisse von der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung gehabt habe. Dieser Versuch, unter Geltendmachung einer vermeintlichen formalen Rechtsposition die gesetzliche Vorschrift des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG zu umgehen und die staatlichen Gerichte, die von derartigen Bagatellklagen gerade entlastet werden sollten, in Anspruch zu nehmen, sei verwerflich, zumal es sich bei der Klägerin um eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts handle und auch nicht ersichtlich sei, dass Verjährung der ein-geklagten Forderungen drohe. § 17c Abs 4b Satz 3 KHG sei auch verfassungsgemäß. Der Um-stand, dass das obligatorische Schlichtungsverfahren als Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 17c Abs 4b Satz 3 KHG mit Wirkung ab 01.01.2016 ersatzlos gestrichen werde, rechtfertige keine andere Entscheidung. Da dem Gericht wegen der Unzulässigkeit der Vergütungsklage eine Sachentscheidung verwehrt sei, könne die Klägerin auch nicht mit Erfolg die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V geltend machen. Das MDK-Prüfergebnis sei für den Anspruch auf die Aufwandspauschale dann unbeachtlich, wenn es im nachfolgenden Gerichtsverfahren keine Bestätigung iS der Zuerkennung eines geringeren Zahlbetrags finde. Ob die Beklagte die Rechnung im Wege der Aufrechnung zu Recht gekürzt habe, sei wegen der Unzulässigkeit der Vergütungsklage nicht zu prüfen. Im Hinblick auf die begehrte Aufwandspauschale sei die Klage daher ohne weitere Ermittlungen als (derzeit) unbegründet abzuweisen.
Gegen das ihr am 04.01.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.01.2016 Berufung eingelegt. Das SG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Unabhängig von der Frage, ob die Klage im Zeitpunkt der Klageerhebung unzulässig gewesen sei und der Frage, ob das Gericht den Streitgegenstand verkannt habe, sei die Klage nunmehr nach § 17c Abs 4b KHG in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Strukturen in der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG – vom 10.12.2015, BGBl I S 2229) zulässig. Im Übrigen sei die Klage aber auch bei Erhebung am 18.08.2015 zulässig gewesen. Die im Rahmen des § 159 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anzustellende Ermessensentscheidung spreche hier für eine Zurück-verweisung an die erste Instanz. Bei einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts ginge sonst eine Tatsacheninstanz verL.n.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.12.2015 aufzuheben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Sozialgerichts Stuttgart, hilfsweise an die 19. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart zurückzuverweisen, 2. hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.048,97 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach folgender Zinsstaffel zu zahlen: auf 748,97 EUR vom 07.10.2011 bis 17.08.2015, auf 1.048,97 EUR ab 18.08.2015.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klage sei aus ihrer Sicht zumindest unbegründet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG Erfolg.
Die gemäß §§ 151 Abs 1, 143 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung an das SG begründet.
Gemäß § 159 Abs 1 Nr 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Entscheidung des Sozialgerichts im Zeitpunkt dessen Entscheidung rechtswidrig gewesen ist; vielmehr ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts abzustellen (vgl LSG Baden-Württemberg 15.04.2016, L 4 KR 188/16, juris). Dies entspricht dem allgemeinen Grund-satz, dass das Berufungsgericht die Zulässigkeit (und Begründetheit) einer allgemeinen Leistungsklage anhand der zum Zeitpunkt der eigenen Entscheidung geltenden Sach- und Rechtslage zu treffen hat, sofern das streitige Rechtsverhältnis hiervon erfasst wird (Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl , § 54 RdNr 34; vgl auch BSG 09.02.1956, 1 RA 5/55, BSGE 2, 188; BSG 02.12.2010, B 9 SB 3/09 R, SozR 4-3250 § 69 Nr 12). Nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts, die auch für die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage gelten, sind Änderungen der Rechtslage grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anzuwenden (BSG 23.06.2015, aaO). Dies führt dazu, dass eine bei Klageerhebung noch unzulässige Klage durch eine spätere Rechtsänderung zulässig werden kann.
Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das SG liegen danach vor. Denn die Klage ist jedenfalls seit 01.01.2016 zulässig; insbesondere steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, dass ein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs 4b Satz 3 KHG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung des Art 5c Nr 2 Buchstabe e) Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.07.2013 (BGBl I, S 2423) vor Klageerhebung nicht durchgeführt worden ist. Dabei kann dahinstehen, ob – wie das SG in seinem Urteil meinte – die Klage zum Zeitpunkt ihrer Erhebung am 18.08.2015 mangels Durchführung des Schlichtungsverfahrens unzulässig gewesen ist (vgl einerseits BSG 08.10.2014, B 3 KR 7/14 R, BSGE 117, 65 = SozR 4-5560 § 17c Nr 2; andererseits BSG 23.06.2015, B 1 KR 26/14 R , SozR 4-5560 § 17c Nr 3). Allein die Tatsache, dass der 1. Senat des BSG in seinem Urteil vom 23.06.2015 für die Berücksichtigung von Vertrauensschutz in Bezug auf die (frühere) Rechtsprechung des 3. Senats des BSG ein konkretes Datum – 01.09.2015 - genannt hat, spricht allerdings dafür, dass Klagen, die noch vor diesem Stichtag erhoben worden sind, zulässig sind. Die Klageerhebung darüber hinaus auch noch selbst unter der Prämisse, dass die Klägerin ein schützenswertes Vertrauen gehabt hat, als rechtsmissbräuchlich zu bezeichnen, wie es das SG getan hat, ist nicht nachvollziehbar. Entscheidend ist, dass durch den Wegfall des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG mit Wirkung zum 01.01.2016 (aufgehoben durch Art 1 Nr 8 Buchst e) bb) KHSG vom 10.12.2015, BGBl I, 2229) das Schlichtungsverfahren keine Zulässigkeitsvoraussetzung mehr ist. Dies gilt nach den oben dargestellten Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts auch für Klagen, die – wie hier – bereits vor dem 01.01.2016 anhängig gemacht worden sind. Denn der Gesetzgeber hat auf eine Übergangsvorschrift, nach der § 17c Abs 4b Satz 3 KHG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung auch nach seinem Außerkrafttreten noch Wirkung für bis zu diesem Datum erhobene Klagen finden soll, verzichtet. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats erweist sich daher die Zurückweisung der Klage als unzulässig ohne Entscheidung des SG in der Sache als unrichtig, so dass die Voraussetzungen des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG vorliegen.
Der Zurückverweisung steht nicht entgegen, dass das SG hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V die Klage nicht als unzulässig, sondern als "(derzeit) unbegründet" abgewiesen hat. Denn § 159 Abs 1 Nr 1 SGG erfasst nicht nur die Fälle, in denen das SG eine Prozessentscheidung getroffen hat, sondern ist auch anwendbar, wenn das SG aus anderen Gründen zur eigentlichen Rechtsfrage nicht Stellung genommen hat (BSG 18.02.1981, 3 RK 61/80, BSGE 51, 202 = SozR 1500 § 159 Nr 2; Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 159 RdNr 2b). Eine unter den Anwendungs-bereich von § 159 Abs 1 Nr 1 SGG fallende Konstellation liegt auch hier vor. Die Entscheidung über die Aufwandspauschale ist materiell untrennbar mit der Entscheidung über den mit der Klage überwiegend geltend gemachten Anspruch auf Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung verknüpft. Denn der Anspruch auf die Aufwandspauschale besteht nur, wenn die Prüfung der Abrechnung der Krankenhausbehandlung durch die Krankenkasse nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt (§ 275 Abs 1c Satz 3 SGB V). Mangels Sachentscheidung über den Vergütungsanspruch konnte das SG daher auch über die Aufwandspauschale, die sich als Annex zum Vergütungsanspruch darstellt, nicht in der Sache entscheiden, auch wenn es insofern kein Prozessurteil erlassen hat (so bereits LSG Baden-Württemberg 06.04.2016, L 5 KR 111/16 und 15.04.2016, L 4 KR 188/16, juris).
Im Rahmen der von ihm gemäß § 159 Abs 1 Nr 1 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung, ob er die Sache selbst entscheiden oder zurückverweisen will, hat sich der Senat veranlasst gesehen, die Sache an das SG zurückzuverweisen, weil er dem Erhalt des Instanzenzuges im vorliegenden Fall den Vorrang gegenüber dem Interesse der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung eingeräumt hat. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass eine Zurückverweisung als Ausnahme anzusehen und bei Entscheidungsreife hiervon idR Abstand zu nehmen ist (vgl BSG 15.11.1995, 6 RKa 58/94, SozR 3-1300 § 16 Nr 1; BSG 11.12.2002, B 6 KA 1/02 R, SozR 3-2500 § 106 Nr 57). Vorliegend ist der zugrunde liegende medizinische Sachverhalt noch insofern offen, als die medizinischen Gründe, die den Krankenhausarzt bewogen haben, einen stationären Aufenthalt für notwendig zu erachten, noch genauer aufgeklärt werden müssen. Für eine Zurückverweisung spricht auch, dass das Verfahren insgesamt noch keine erhebliche Dauer hat und die Klage bereits 17 Tage nach Erlass des angefochtenen Urteils in jedem Fall zulässig gewesen wäre. Zudem hat die Klägerin selbst im Hauptantrag die Zurückverweisung an das SG gefordert, die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Im Rahmen der Gesamtabwägung tritt daher das Interesse an einer zügigen Sachentscheidung ohne Zurückverweisung hinter dem Interesse der Klägerin an der Erhaltung zweier Tatsacheninstanzen zurück. Für den Fall, dass der Klage stattzugeben ist, wird auch zu klären sein, ob die Forderung der Klägerin tatsächlich 748,97 EUR betragen kann. In Rechnung gestellt wurden nur 728,97 EUR, weil die Zuzahlung der Versicherten iHv 20 EUR abgezogen wurde. Nur in Höhe dieses Betrages erfolgte auch eine Aufrechnung.
Die Zurückverweisung an das SG erfolgt ohne Benennung eines Spruchkörpers, da § 202 SGG iVm § 563 Abs 1 Satz 2 Zivilprozessordnung die Möglichkeit einer Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper im Falle der Zurückverweisung an ein Gericht der ersten Instanz nicht eröffnet (vgl Keller, aaO, § 159 RdNr 5e).
Eine Kostentscheidung ist nicht zu treffen, diese bleibt der Entscheidung des SG vorbehalten (vgl Keller aaO, § 159 RdNr 5f).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.048,97 EUR festgesetzt (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Verzinsungsantrag ist nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs 1 GKG handelt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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