L 11 R 3741/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 480/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3741/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.08.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über vier Statusanträge gem § 7a SGB IV.

Der 1972 geborene Kläger beantragte am 05.09.2011 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Beschäftigungen bei folgenden vier Arbeitgebern: &61485; als Lagermitarbeiter bei der H. Logitics GmbH vom 08.07.2002 bis 30.06.2003 &61485; als Kellner beim R. L. I. vom 22.09.2003 bis 30.09.2003 &61485; als Aushilfe bei Di P. G. (Restaurant U. Ho.) vom 01.04.2004 bis 30.06.2004 &61485; als Aushilfe zum Beladen von Containern bei der Ge. Lo. S. Ger. GmbH & Co. OHG vom 02.11.2006 bis 06.02.2007

Die Beklagte forderte bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg als kontoführendem Rentenversicherungsträger einen Gesamtkontospiegel an. Daraus ergab sich, dass sämtliche Beschäftigungen im beantragten Umfang von den jeweiligen Arbeitgebern bereits gemeldet und als Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf des Klägers berücksichtigt waren. Die Ge. Lo. S. Ger. GmbH & Co. OHG meldete eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung unter der Betriebsnummer 68808793 vom 02.11.2006 bis 20.03.2007.

Mit Schreiben vom 07.11.2011 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass keinerlei Zweifel hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Einordnungen der Tätigkeiten bestünden. Der Kläger verwies daraufhin auf aus seiner Sicht vorliegende Unstimmigkeiten.

Mit Bescheid vom 24.11.2011 lehnte die Beklagte die Feststellungsanträge des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das Statusfeststellungsverfahren nur Ausnahmefällen und objektiven Zweifelsfällen vorbehalten sei. Über die versicherungs- und beitragsrechtlichen Auswirkungen einer ausgeübten Beschäftigung würden nach § 28h Abs 2 SGB VI die zuständigen Einzugsstellen entscheiden. Aus dem Kontospiegel gehe hervor, dass für die zu beurteilenden Tätigkeiten bereits mit Aufnahme der Tätigkeit Pflichtbeiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung gezahlt bzw Meldungen aufgrund dieser abhängigen Beschäftigungen abgegeben worden seien. Dies entspreche dem Antragswillen. Den gegen den Bescheid am 30.11.2011 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2012 zurück. Eine beim Sozialgericht Ulm (SG) am 07.12.2011 erhobene Untätigkeitsklage bezüglich des Widerspruchs war in drei Instanzen erfolglos (SG Ulm 26.01.2012, S 13 R 4079/11; LSG Baden-Württemberg 12.07.2012, L 4 R 505/12; BSG 25.03.2013, B 12 R 61/12 B).

Am 10.02.2012 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2012 zum SG erhoben. Er ist der Ansicht gewesen, dass die Firma Ge. Lo. GmbH die Zeit vom 01.01.2007 bis 06.02.2007 nicht gemeldet habe.

Das SG hat einen neuen Gesamtkontospiegel (Stand 30.03.2015) von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen. Dieser entspricht bezüglich der im Versicherungsverlauf enthaltenen und vom Kläger beantragten Zeiten dem im Verwaltungsverfahren vorgelegenen Gesamtkontospiegel.

Mit Beschluss vom 08.06.2015 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Klage abgelehnt. Die Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg war erfolglos (Beschluss vom 25.08.2015, L 5 R 2870/15 B).

Mit Gerichtsbescheid vom 31.08.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass bei einem völlig unbegründeten Antrag auf Statusklärung für offenkundig eindeutige vertragliche Beziehungen in der Regel das so genannte Rechtsschutzbedürfnis fehle und daher die willkürliche und unnötige Befassung der Clearingstelle mit einem nicht entscheidungsbedürftigen Antrag auf Statusklärung danach jedenfalls unzulässig sei. So liege der Fall hier. Sowohl die jeweiligen Arbeitgeber als auch der Kläger und die Beklagte gingen übereinstimmend vom Vorliegen abhängiger Beschäftigung aus. Darüber hinaus seien die vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungszeiten als solche bereits jeweils in dessen Versicherungsverlauf vollumfänglich berücksichtigt.

Gegen den dem Kläger am 01.09.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 04.09.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Der PKH-Antrag ist mit Beschluss vom 25.07.2016 abgelehnt worden.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bezüglich der Beschäftigung bei der Firma Ge. Lo. S. Ger. GmbH & Co. OHG um einen objektiven Zweifelsfall handle. Die Beschäftigung bis 06.02.2007 sei vom Arbeitgeber nicht korrekt angemeldet worden. Zudem sei er nicht in Depot 70 sondern im Depot 79 beschäftigt gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.08.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2012 aufzuheben und festzustellen, dass er als Lagermitarbeiter bei der H. Logitics GmbH vom 08.07.2002 bis 30.06.2003, als Kellner beim R. L. I. vom 22.09.2003 bis 30.09.2003, als Aushilfe bei Di P. G. (Restaurant U. Ho.) vom 01.04.2004 bis 30.06.2004 und als Aushilfe zum Beladen von Containern bei der Ge. Lo. S. Ger. GmbH & Co. OHG vom 02.11.2006 bis 06.02.2007 jeweils aufgrund abhängiger Beschäftigungen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der Sozialversicherungspflicht unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Beschwerdeakte L 5 R 2870/15 B sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2012, mit dem die Statusfeststellungsanträge des Klägers abgelehnt worden sind.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte durfte die vier Statusfeststellungsanträge ablehnen, weil im vorliegenden Einzelfall ein Sachbescheidungsinteresse des Klägers für diese Anträge fehlt.

Beim Sachbescheidungsinteresse handelt es sich um eine verwaltungsverfahrensrechtliche Voraussetzung dafür, dass die angegangene Behörde über einen bei ihr gestellten Antrag in der Sache entscheidet. Aus der Sicht des späteren Prozesses ist das Sachbescheidungsinteresse des Antragstellers materiell-rechtliche, nämlich verwaltungsverfahrensrechtliche Voraussetzung für den geltend gemachten Verpflichtungsanspruch (zum Ganzen BVerwG 30.06.2004, 7 B 92/03 Rn 25).

Der Senat kann offen lassen, ob für das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV eine ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung eines Bescheidungsinteresses existiert, wonach nur in objektiven Zweifelsfällen eine Entscheidung getroffen werden muss. Unter Beachtung der Zielsetzung des Gesetzgebers, wonach im Anfrageverfahren zur Statusklärung eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist, kann grundsätzlich ein Antrag der Beteiligten oder der Einzugsstelle beliebig oft gestellt und damit ein Anfrageverfahren beliebig häufig in Gang gesetzt werden (KassKomm-Seewald § 7a SGB IV Rn 6).

In der Regel wird das Sachbescheidungsinteresse allgemein dann verneint, wenn der Antragsteller formal eine ihm günstige Sachentscheidung erwirken könnte, diese für ihn aber aus anderen Gründen völlig nutzlos wäre (vgl BVerwG aaO). Dabei handelt sich um eine vergleichbare Konstellation, wie bei einer unzulässigen Rechtsausübung (Treu und Glauben). Ob ein solcher Fall vorliegt, bedarf einer Würdigung des Einzelfalls.

Im Fall des Klägers verneint der Senat ein Sachbescheidungsinteresse. Der Kläger gehört zum einen nicht zu dem Personenkreis des § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV. Zum anderen können die Gründe, die er für ein Sachbescheidungsinteresse anführt (- angeblich nicht korrekte Meldungen des Arbeitgebers -), ohnehin nicht Gegenstand einer Entscheidung nach § 7a SGB IV sein. Das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und der Versicherungspflicht wird weder von ihm noch von seinen Arbeitgebern, noch von einem Sozialversicherungsträger in Zweifel gezogen. Sämtliche begehrten Beschäftigungsverhältnisse sind bereits im begehrten Umfang im Versicherungsverlauf des Klägers berücksichtigt, so dass der Kläger bei Durchführung der Statusfeststellungsverfahren keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Anmeldung durch die Ge. Lo. S. Ger. GmbH & Co. OHG nicht ersichtlich sind. Zudem ist es unerheblich, ob der Kläger in Depot 70 oder in Depot 79 beschäftigt gewesen ist, weil es sich insoweit um denselben Arbeitgeber handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved