S 2 KR 59/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 2 KR 59/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.757,74 EUR nebst 5% Zinsen seit dem 07.07.2010 zu bezahlen. 2. Die Widerklage wird abgewiesen. 3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 4. Der Streitwert wird auf 13.544,85 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

In Streit steht die Vergütung einer psychiatrischen Krankenhausbehandlung im Zeitraum 11. September 2008 bis 13. März 2009.

Die bei der Beklagten zum Behandlungsbeginn 24jährige Versicherte wurde am 11. September 2008 wegen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit Sucht-, gestörtem Essverhalten sowie selbstverletzendem Verhalten zur stationären Behandlung aufgenommen. Nach Entlassung der Versicherten am 13. März 2009 stellte die Klägerin für die stationäre Behandlung insgesamt 35.770,60 EUR in Rechnung, die die Beklagte nach Vorliegen der § 301-Daten zunächst auch vollständig bezahlte. Zur Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung schaltete die Beklagte allerdings den MDK ein, der in seinem Gutachten vom 13. Mai 2010 zu dem Ergebnis kam, dass die stationäre Behandlung der Versicherten ab 13. Februar 2009 nicht mehr erforderlich gewesen sei. Daraufhin verrechnete die Beklagte am 7. Juli 2010 einen Betrag in Höhe von 4.757,74 mit anderen unstrittigen Forderungen der Klägerin. Nach einem entsprechenden Widerspruch der Klägerin bestätigte der MDK mit Gutachten vom 15. März 2012 seine bisherige Einschätzung.

Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 11. November 2013 Klage erhoben, mit dem Ziel die restliche Vergütung in Höhe von 4.757,74 EUR von der Beklagten zu erhalten, da die Versicherte über den gesamten Zeitraum hinweg einer stationären beziehungszentrierten psychodynamischen Psychotherapie bedurft habe. Die Versicherte habe destruktive Verhaltensmuster gezeigt und an einer hochgradig gestörten Selbst- und Objektwahrnehmung gelitten. Zwar seien die Symptome ab 13. Februar 2009 relativ stabil gewesen, dies sei jedoch Voraussetzung für die durchgeführte Therapie gewesen, die sehr anstrengend sei und zwangsläufig zu einer hohen Belastung führe, was wiederum auch zu einer vorübergehenden Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes führen könne.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.757,74 EUR nebst 5% Zinsen seit dem 07.07.2010 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und beruft sich insoweit auf die MDK-Gutachten vom 13. März 2009 und 15. März 2012.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Der medizinische Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 13. November 2013 zu dem Ergebnis, dass eine Verkürzung der Behandlungszeitraumes nicht in Betracht komme; während des gesamten Behandlungszeitraumes jedoch keine stationäre sondern nur eine teilstationäre Behandlung stattgefunden habe, (vgl. Bl. 25 – 50 der Prozessakte).

Daraufhin macht die Beklagte geltend, dass sie für den bislang nicht streitigen Zeitraum vom 11. September 2011 bis 12.Februar 2012 bereits eine stationäre Behandlung vergütet habe und ihr demnach noch ein zusätzlicher Erstattungsanspruch zustehe, da die Klägerin wegen der durchgängigen Tagesbeurlaubungen nach dem medizinischen Sachverständigengutachten in diesem Zeitraum tatsächlich nur eine tagesklinische Leistung erbracht habe. Sie erhebt mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 Widerklage und beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 13.544,85 EUR zuzüglich 5% Zinsen hierauf ab Rechtshängigkeit zu bezahlen,

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen

und verweist darauf, dass die Therapie parallel zur stationären Behandlung durch therapeutische Expositionen ins soziale Außenfeld, die keine "Beurlaubungen" darstellten, geprägt gewesen sei. Es sei von großer Wichtigkeit, dass die auf der Station erreichten therapeutischen Erfolge und Veränderungen nicht nur im zwangsläufig etwas künstlichen Schutzraum der Station intensiv ausprobiert und eingeübt würden, sondern parallel auch im sozialen Lebensraum zu erproben seien. Etwaige auftretende Probleme, Widerstände, Konflikte, Krisen und Rückfälle in dysfunktionale Verhaltens- und Beziehungsmuster würden anschließend mit intensivem Personalaufwand im multimodalen Behandlungsteam vor- und nachbearbeitet und gegebenenfalls aufgefangen. Damit die Therapie wirksam und nachhaltig sei, müsse sie sich an dem orientieren, was "draußen" im sozialen Leben noch nicht funktioniere. Diese Aufgabe hätte aber tagesklinisch nicht bewältigt werden können, da die destruktiven Verhaltensmuster in der Vergangenheit immer abends oder nachts stattgefunden hätten und folglich abends und nachts das stationäre Setting notwendig gewesen sei. Damit ein Transfer der erreichten Therapiefortschritte nach draußen gelingen konnte, sei eine "geschützte Einübungsphase" mit einem dosierten Mix aus außerklinischen sozialen Aktivitäten und vollstationären Elementen notwendig gewesen.

In einer ergänzende Stellungnahme vom 10. April 2014 hat der medizinische Sachverständige seine bisherige Beurteilung bestätigte (vgl. Bl. 63 – 68 der Prozessakte).

Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozess- und beigezogenen Verwaltungs- und Krankenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Leistungsklage ist statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R, recherchiert nach juris) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen weiteren Vergütungsanspruch in Höhe von 4.757,74 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 7. Juli 2010. Die von der Beklagten zulässigerweise nach § 100 SGG erhobene Widerklage ist unbegründet, da ihr keinen - zusätzlicher - Erstattungsanspruch für die Behandlung der Versicherten im Zeitraum 11. September 2011 bis 12. Februar 2012 in Höhe von 13.544,85 EUR zusteht.

Streitbefangen ist in Bezug auf die Leistungsklage nicht mehr der Anspruch auf Zahlung des Behandlungsfalles der versicherten Patientin, da diese Forderung von der Beklagten bereits nach Vorliegen der notwendigen Abrechnungsdaten vollständig beglichen wurde. In Streit steht aktuell, ob die Beklagte berechtigt war, am 7. Juli 2010 mit einem entsprechenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus diesem Behandlungsfall gegen spätere unstreitige Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen in Höhe der Klageforderung aufzurechnen. Eine solche Aufrechnung ist nach § 69 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich möglich; vorliegend ist die Kammer jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagten ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nach § 69 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 812 BGB nicht zusteht, da die Versicherte während des gesamten Behandlungszeitraumes der stationären Behandlung bedurfte und eine solche auch erhalten hat. Die Klägerin hat folglich aus den später unstreitig erfolgten weiteren Behandlungen anderer Versicherten noch einen Vergütungsanspruch in Höhe der Klageforderung.

Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V resultierenden Behandlungspflicht des Krankenhauses steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17, 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPfV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird sowie den am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KR 15/07 R, recherchiert nach juris).

Vorliegend hat die vollstationäre Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus stattgefunden und war auch nach der Überzeugung der Kammer aus medizinischen Gründen in vollem Umfang erforderlich. Damit hat die Beklagte die klägerischen Rechnungen zu Recht bezahlt und ihr steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, mit dem sie wirksam aufrechnen konnte bzw. den sie im Rahmen der Widerklage zusätzlich beanspruchen kann.

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist eine stationäre Behandlung erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung ist weiter davon abhängig, dass die Behandlung primär dazu dient, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder die Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl. § 27 Abs. 1 SGB V). Die Krankenkasse ist dann nicht mehr leistungspflichtig, wenn der Versicherte keiner ärztlichen Behandlung mehr bedarf, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit, zur Verwahrung oder zum Schutz der Öffentlichkeit im Krankenhaus behalten und dort untergebracht wird. Die Krankenkasse schuldet eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur dann, wenn der Gesundheitszustand des Patienten sie aus medizinischen Gründen erfordert (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007 – GS 1/06, recherchiert nach juris), wobei die Frage, ob eine vollstationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, gerichtlich grundsätzlich in vollem Umfang nachprüfbar ist.

In seiner Entscheidung vom 13. November 2012 (vgl. B 1 KR 27/11 R, recherchiert nach juris) hat das BSG nochmals betont, dass das Regelungssystem des SGB V Ansprüche auf eine erforderliche Krankenhausbehandlung unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nach objektiven Kriterien begründet. Dies bedeute, dass die Krankenhausbehandlung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein muss und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfe. Nur unter diesen Voraussetzungen schulde die Krankenkasse dem Versicherten eine Krankenhausbehandlung und dem Leistungserbringer korrespondierend die vereinbarte Vergütung. Über die Erforderlichkeit der Behandlung habe allein die Krankenkasse und im Streitfall das Gericht zu entscheiden, ohne dass diese an die Einschätzung des Krankenhauses oder seiner Ärzte gebunden seien.

Nach Würdigung der MDK-Gutachten wie auch des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 13. November 2013 ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die stationäre Krankenhausbehandlung im streitigen Zeitraum vom 11. September 2008 bis 13. März 2009 im Sinne von §§ 27 Abs. 1, 39 Abs. 1 SGB V erforderlich war und durchgeführt wurde und damit zu Recht von der Beklagten beglichen wurde.

Die Kammer folgt den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen soweit er feststellt, dass vorliegend auf Grund der psychischen Erkrankungen grundsätzlich eine stationäre Behandlung indiziert war und dass die Dauer der Therapie dem Krankheits- und Heilungsverlauf angemessen war. Insoweit ist das Gutachten überzeugend und nachvollziehbar. So führt der medizinische Sachverständige aus, dass die psychotherapeutische Behandlung in einem therapeutischen Bogen erfolge, der aus einer Einführungs- und Gewöhnungsphase, einer Konfliktphase und abschließend aus einer Integrations- und Abschiedsphase bestehe. Eine leitliniengerechte Behandlung sei bei einer willkürlichen Verkürzung um vier Wochen, wie vom MDK vorgeschlagen, nicht mehr gegeben. Damit rechtfertigt allein der Umstand, dass sich bei der Versicherten wohl unstreitig ab 13. Februar 2009 eine psychische Stabilisierung zeigte, noch keine Verkürzung der Behandlungsdauer um vier Wochen. Entscheidend ist insoweit, ab wann konkret erkennbar war, dass eine entsprechende Stabilisierung ab Mitte Februar eintreten werde. Nachvollziehbar ist, dass die Versicherte auf die bevorstehende Entlassung nach monatelanger stationärer Behandlung vorzubereiten war und diese Phase nicht kurzfristig durchgeführt werden konnte. Das zeigt sich auch daran, dass in den Pflegeunterlagen immer wieder notiert ist, dass die Versicherte im Zeitraum ab Mitte Februar 2009 trotz psychischer Stabilisierung Angst vor der bevorstehenden Entlassung äußerte. Insoweit hätte sich bereits gegen Mitte/Ende Januar 2009 abzeichnen müssen, dass eine Entlassung Mitte Februar 2009 möglich sein wird, um diese entsprechend vorbereiten zu können. Dass sich eine entsprechende Gesundung bereits Wochen vor dem 13. Februar 2009 abzeichnete, ist aber den vorliegenden MDK-Gutachten nicht zu entnehmen.

Die Kammer folgt allerdings nicht der Einschätzung des gerichtlich bestellten medizinischen Sachverständigen, soweit dieser davon ausgeht, dass auf Grund der nahezu täglichen Tagesbeurlaubungen ab 8.00 Uhr, 10.00 Uhr, 12.00 oder 15.00 Uhr bis 20.30 bzw. 23.00 Uhr über den gesamten Behandlungszeitraum hinweg von keiner stationären Behandlung mehr ausgegangen werden könne. Nach seiner Auffassung sei die stationäre Psychotherapie gekennzeichnet von einer Herausnahme des Patienten aus dem persönlichen Lebensumfeld und einer Integration in die therapeutische Gemeinschaft, auf die sich der Betroffene im Ganzen verlassen soll und die passager sein möglichst weitgehend bestimmtes Lebensumfeld werden soll (vgl. Seite 22 des Gutachtens vom 13. November 2013). Dieser Effekt könne nicht mehr erzielt werden, wenn der Patient täglich und von Anfang an in Belastungsurlaube, die halbe Tage und mehr umfassten, geschickt werde. Die anhaltende Anwesenheit in der Klinik und damit der Kontakt mit Mitpatienten und dem therapeutischen Team seien damit nicht erfüllt. Im Unterschied zu einer tagesklinischen Behandlung habe die Versicherte nur in der Klinik geschlafen, was die stattgehabte Behandlung nicht zu einer stationären Behandlung qualifiziere.

Dieser Schlussfolgerung schließt sich die Kammer jedoch nicht an, da , was der medizinische Sachverständige selbst einräumt, die Versicherte grundsätzlich werktags im Tagesverlauf eine therapeutische Behandlung erhielt (vgl. Seite 5 2. Absatz der ergänzenden Stellungnahme vom 10. April 2014) und zusätzlich in der klägerischen Klinik übernachte und auch in den Morgenstunden bis zum Beginn der Therapien bzw. bis zur Gewährung von therapeutischen Expositionen in das soziale Außenfeld samstags, sonn- und feiertags in der Klinik ärztlich/pflegerisch betreut wurde. Damit hat die Versicherte deutlich mehr an therapeutischer Betreuung und Behandlung erhalten als im Rahmen einer tagesklinischen Behandlung, die im Allgemeinen werktags zwischen 9.00 und 17.00 stattfindet und samstags, sonn- und feiertags keine Leistungen zur Verfügung stellt. Eine Durchsicht aller "Beurlaubungen" hat auch ergeben, dass die Versicherte grundsätzlich werktags erst ab 15.00 Uhr und damit nach Abschluss der angebotenen Therapien die Klinik verließ und der Versicherten nur samstags, sonn- und feiertags teilweise bereits ab 10.00 Uhr bzw. 12.00 Uhr entsprechende therapeutische Expositionen ins soziale Außenfeld gewährt wurden, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich die Versicherte insgesamt auch 60 Tage ohne jeglichen Ausgang in der stationären Behandlung befand. Damit war die Versicherte durchgängig jeden Tag unter medizinischer Beobachtung und Betreuung, so dass sich das Betreuungsteam jeweils auch sofort nach Rückkehr der Versicherten in die Klinik vom gesundheitlichen Zustand der Versicherten ein Bild machen und die notwendige Behandlungs- oder Betreuungsschritte einleiten konnte. Den Pflegeunterlagen sind auch entsprechende laufende Eintragungen abends, nachts und morgens zu entnehmen. Sofern die Versicherte nur eine tagesklinische Behandlung erfahren hätte, wäre sie grundsätzlich in den Abend-, Nacht- und Morgenstunden sowie samstags, sonn- und feiertags ohne ärztliche und pflegerische Betreuung allein in ihrem häuslichen Umfeld gewesen.

Für die Kammer ist es auch nachvollziehbar, dass es therapeutisch sinnvoll ist, die Patientin regelmäßig mit der sozialen Außenwelt zu konfrontieren, um die Behandlung an die jeweils auftretenden Probleme anzupassen. Damit zielt die stattgehabte stationäre Behandlung nicht auf eine vollständige Abschirmung der Patientin von der Außenwelt und Fokussierung auf das therapeutische Team und die Mitpatienten ab, so wie es der medizinische Sachverständige als notwendig erachtet, sondern ist gekennzeichnet von einer regelmäßigen stundenweisen "Entlassung" in das soziale Umfeld allerdings mit täglicher Rückkehr in das stationäre Setting. Die Kammer ist insoweit zu der Auffassung gelangt, dass hier trotz der regelmäßigen stundenweisen "Entlassung" der Versicherten aus der unmittelbaren stationären Betreuung insgesamt gesehen trotzdem mit den Mitteln der stationären Therapie gearbeitet wurde, da deutlich mehr als tagesklinische Leistungen erbracht wurden, und nur ein anderer, aber ebenfalls qualifizierter therapeutischer – stationärer - Ansatz verfolgt wurde, der letztlich unstreitig auch zu einem Behandlungserfolg geführt hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten auf Seite 23 zu dem Ergebnis kommt, dass die Versicherte eine hoch qualifizierte und auch gelungene Therapie durchlaufen habe (vgl. Bl. 47 der Prozessakte).

Aus den genannten Gründen steht der Beklagten kein zusätzlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 13.544,85 EUR zu, der im Rahmen der Widerklage geltend gemacht wird, da die Klägerin im Zeitraum 11. September 2011 bis 12. Februar 2012 nicht nur tagesklinische Leistungen erbracht hat sondern die Versicherte im gesamten Leistungszeitraum stationär behandelt hat.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§12, 14 des Hamburger Vertrages über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie in vollem Umfang unterlegen ist.

Der Streitwert wird in Höhe des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs gemäß § 197a SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3, § 45 Abs. 1 Satz 3 Gerichtskostengesetz GKG festgesetzt. Da hier Klage und Widerklage dem Grunde nach den gleichen Streitgegenstand betreffen ist der Wert der – höheren - Widerklage maßgeblich. Klage und Widerklage können nicht gleichzeitig nebeneinander bestehen, da die Versicherte entweder stationär oder teilstationär behandelt wurde und dementsprechend entweder die Klage oder die Widerklage Erfolg hat.
Rechtskraft
Aus
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