Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1515/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 371/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13.01.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ohne Absenkung des Zugangsfaktors.
Bei dem 1947 geborenen, verheirateten Kläger ist die Schwerbehinderteneigenschaft ab 08.07.2002 (GdB von 60) anerkannt. Er ist in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert.
Der Kläger absolvierte vom 15.04.1962 bis 31.03.1965 eine Berufsausbildung zum Zimmermann. Ab 01.04.1962 bis Mai 2004 war er in seinem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.
Am 29.01.2007 wurde dem Kläger eine Hüfttotalendoprothese links implantiert. Im Anschluss daran gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund eines Antrages vom 30.01.2007 auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 06.02.2007 bis 27.02.2007 in der R. Kliniken Bad K. , aus der er arbeitsunfähig und mit einem beruflichen Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich für eine Tätigkeit als Zimmermann und Betonbauer sowie von 6 Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde [ärztlicher Entlassungsbericht vom 07.03.2007, Bl. 27/35 des ärztlichen Teils der Verwaltungsakten (VA)]. In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10.04.2007 stimmte Dr. K. der Leistungseinschätzung zu.
Am 19.06.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf die Gewährung einer Altersrente bei Vollendung des 60. Lebensjahres "in allen erdenklichen Varianten". Aufgrund einer Hüftgelenksoperation sei er gegenwärtig arbeitsunfähig und beziehe Krankengeld. Die Rente solle beginnen, wenn der Krankengeldanspruch bei Auslaufen von Arbeitsunfähigkeit ende.
Ergänzend stellte er am 16.07.2007 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen (Bl. 11/25 VA ärztlicher Teil) und des ärztlichen Entlassungsberichts vom 07.03.2007 stimmte Dr. R. unter dem 19.07.2007 der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10.04.2007 zu.
Unter dem 31.07.2007 erläuterte die Beklagte dem Kläger in Betracht kommende Rentenarten. Seit dem 18.12.2006 sei das Leistungsvermögen in dem bisher hauptsächlich ausgeübten Beruf auf unter drei Stunden täglich gesunken. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betrage des Leistungsvermögen weiterhin sechs Stunden und mehr. Mit Eintritt der Leistungsminderung seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer erfüllt. Die Rente würde am 01.01.2007 beginnen. Des Weiteren habe der Kläger die Voraussetzungen für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfüllt. Frühestmöglicher Rentenbeginn sei der 01.06.2007, aufgrund des Erhalts von Krankengeld bis 31.07.2007 könne die Rente auch erst ab 01.08.2007 in Anspruch genommen werden.
Am 10.08.2007 teilte der Kläger die Beantragung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2007 mit.
Mit Bescheid vom 21.08.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2007 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 957,13 Euro, ab 01.10.2007 von 1059,35 Euro. Sie legte 40,3254 persönliche Entgeltpunkte, einen Rentenartfaktor für die Altersrente von 1,0 und einen (aktuellen) Rentenwert von monatlich 26,27 Euro zugrunde. An Entgeltpunkten berücksichtigte sie dabei ausweislich der Anlage 6 zum Rentenbescheid 42,5148 Punkte für Beitragszeiten, 0,7436 Punkte für beitragsfreie Zeiten sowie 1,6474 Punkte an zusätzlichen Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (Summe der Entgeltpunkte: 44,9058). Der Zugangsfaktor betrage 1,0. Er vermindere sich für jeden Kalendermonat, für den die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen werde, um 0,003. Die Verminderung beim Kläger betrage für 34 Kalendermonate 0,102. Daraus ergebe sich bei 44,9058 Entgeltpunkten insgesamt ein Zugangsfaktor von 0,898, so dass sich die persönlichen Entgeltpunkte auf 40,3254 (44,9058 x 0,898) beliefen. Von der unter Zugrundelegung dessen berechneten monatlichen Rente von 1.059,35 Euro brachte sie den monatlichen Beitragsanteil des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 81,56 Euro und den monatlichen Beitrag des Klägers zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 20,66 Euro (Berechnung Anlage 1 zum Rentenbescheid) in Abzug.
Am 13.09.2007 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein. Es sei noch ein Schwerbehindertenverfahren anhängig, in welchem es darum gehe, ob vor dem 16.11.2000 die Schwerbehinderteneigenschaft vorgelegen habe oder nicht. Der Widerspruch verstehe sich vor diesem Hintergrund im Hinblick auf den versicherungsmathematischen Abschlag und ein beim Bundesverfassungsgericht anhängiges Verfahren. Das Widerspruchsverfahren wurde zum Ruhen gebracht.
Mit Schreiben vom 30.10.2014 griff die Beklagte das Widerspruchsverfahren wieder auf. Der Kläger teilte daraufhin mit (Schreiben vom 25.11.2014), dass die Klage im Schwerbehindertenverfahren auf Erlangung eines GdB zum 16.11.2000 oder früher habe zurückgenommen werden müssen. Es werde darauf hingewiesen, dass die versicherungsmathematischen Abschläge im Hinblick auf Art. 14 EMRK i.V.m. VO 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Diskussion seien. Es gebe diesbezüglich noch mehrere anhängige Verfahren. Darüber hinaus werde die Auffassung vertreten, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz die versicherungsmathematischen Abschläge, die als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung anzusehen seien, seit 01.07.2014 automatisch verfassungswidrig geworden seien. Rein fürsorglich werde ein Antrag nach § 48 neben dem Widerspruchsverfahren gestellt. Es müsse der Antrag gestellt werden, eine abschlagsfreie Rente zu zahlen ab 01.07.2014.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rentenberechnung sei korrekt vorgenommen worden und entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.
Am 01.04.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Die durch das Bundesverfassungsgericht seinerzeit abgesegneten versicherungsmathematischen Abschläge, zuletzt im Hinblick auf die Renten wegen voller Erwerbsminderung durch verfassungsgerichtliche Entscheidung im Jahr 2011, seien durch das RV Leistungsverbesserungsgesetz, zum 01.07.2014 in Kraft getreten, verfassungswidrig geworden. Das Bundesverfassungsgericht habe den Eingriff in die eigentumsgeschützte Rentenanwartschaften und Rentenansprüchen gemäß Art. 14 GG nur abgesegnet vor dem Hintergrund des Bestehens einer so genannten Notlage. Um das Gesamtsozialversicherungssystem aufrecht und zahlungsfähig zu erhalten, seien versicherungsmathematische Abschläge eingeführt worden. Wenn das RV Leistungsverbesserungsgesetz Segnungen für einen anderen Teil der Versichertengemeinschaft einführe mit Mehrausgaben von 6 Milliarden EUR jährlich, dann sei eine Notsituation nicht mehr gegeben. Die Rentenbescheide, die Abschläge enthielten, würden automatisch verfassungswidrig zum 01.07.2014, weil ab diesem Moment keine Rechtfertigung mehr gegeben sei für Abschläge. Diese Situation sei durch die Art und Weise der Gesetzgebung bewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung verwies das SG auf den Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015. Ergänzend wies es darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden habe, dass die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
Am 26.01.2016 hat der Kläger gegen den seinem Bevollmächtigten am 15.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung stütze das klägerische Vorbringen im vorliegenden Fall. Er wiederholt sinngemäß seine Ausführungen zur Klagebegründung. Es gehe hier darum, dass der Gesetzgeber statt einer die Rentenversicherung mit Mehrausgaben belastende Gesetzgebung durch neue Leistungen (Verdopplung der Kindererziehungszeiten für die Zeit von 1992 und Rente mit 63 ohne Abschläge für bestimmte Jahrgänge) die versicherungsmathematischen Abschläge hätte zurücknehmen müssen. Die Vorgehensweise des Gesetzgebers sei eindeutig verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13.01.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, eine abschlagsfreie Rente von Rentenbeginn an, hilfsweise ab 01.07.2014 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die in der Berufungsbegründung vorgetragenen Argumente seien rein spekulativ und entbehrten jeglicher gesetzlicher Grundlage. Insbesondere enthalte das RV Leistungsverbesserungsgesetz keine Regelung, welche eine Rücknahme der Kürzung der Zugangsfaktoren nach § 77 SGB VI zum Inhalt habe. Der Interpretation des klägerischen Bevollmächtigten, dass die Regelung des §§ 77 SGB VI ab 01.07.2014 verfassungswidrig sei, könne nicht gefolgt werden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers und seines Bevollmächtigten im Termin entscheiden können, denn der ordnungsgemäß geladene Kläger war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Absatz 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Klägerbevollmächtigte hat sein Ausbleiben mit Fax vom 28.09.2016 auch angekündigt und sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Eine gleichlautende Einverständniserklärung der Beklagten liegt nicht vor, weshalb der Senat aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der auch der Kläger selbst nicht erschienen ist, entschieden hat.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Kläger begehrt höhere Leistungen für länger als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 13.01.2016 die Klage zu Recht abgewiesen. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 21.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 lediglich insoweit, als sich der Kläger ausschließlich gegen die Berechnung der Rentenhöhe mit vermindertem Zugangsfaktor, nicht dagegen gegen die Rentenart und den Rentenbeginn, wendet. Der Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines unverminderten Zugangsfaktors von 1,0, weder ab Rentenbeginn ab 01.08.2007 noch ab 01.07.2014.
Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers auf höhere Erwerbsminderungsrente sind die Regelungen der §§ 63 ff. Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die Rentenhöhe. Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs. 6, § 64 Nr. 1 bis 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich gemäß § 66 Abs. 1 SGB VI, indem die Summe aller Entgeltpunkte unter anderem für Beitragszeiten mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt werden. Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte, dessen Höhe in § 77 SGB VI (hier in der ab dem 01.08.2004 geltenden Fassung vom 21.07.2004) näher geregelt ist. Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0. Bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, ist der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a) SGB VI).
Ausgehend von davon hat die Beklagte bei der Berechnung der dem Kläger ab dem 01.08.2007 gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu Recht nicht einen Zugangsfaktor von 1,0, sondern nur von 0,898 berücksichtigt. Denn der Kläger hat diese Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen.
Nach § 236a SGB VI in der ab dem 01.01.2002 gültigen Fassung vom 19.02.2002 haben Versicherte, die vor dem 01.01.1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1), bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind (Nr. 2) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (Nr. 3). Die Altersgrenze von 60 Jahren wird für Versicherte angehoben, die nach dem 31.12.1940 geboren sind. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme bestimmen sich nach Anlage 22. Nach Satz 5 der Vorschrift wird die Altersgrenze von 60 Jahren nicht angehoben für Versicherte, die bis zum 16.11.1950 geboren sind und am 16.11.2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren (Nr. 1) oder vor dem 01.01.1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren.
Für den 1947 geborenen Kläger war eine abschlagsfreie Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 63. Lebensjahr möglich. Der Kläger ist zwar bis zum 16.11.1950 geboren. Er war jedoch am 16.11.2000 nicht schwerbehindert, wie er im Widerspruchsverfahren bestätigt hat. Ebenso wenig lag bei ihm zu diesem Zeitpunkt Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor, nachdem der Kläger noch bis Mai 2004 in seinem Beruf beschäftigt war. Das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit am 16.11.2000 hat er auch nicht behauptet. Danach wurde die Altersgrenze gemäß Anl. 22 zum SGB VI für den Kläger auf 63 Jahre angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme ab der Vollendung des 60. Lebensjahres war möglich.
Da der Kläger zum Zeitpunkt des Rentenbeginns [zur Auslegung des Begriffs "Rentenbeginn" im Sinne des Rentenzahlbeginns Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25.11.2008 – B 5 RJ 15/04 R, juris] erst das 60. Lebensjahr und 2 Monate vollendet hatte, war der Zugangsfaktor für 34 Kalendermonate um jeweils 0,003 zu mindern und daher mit 0,898 anzunehmen. Dass der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelte Monatsbetrag der Rente von der Beklagten nicht zutreffend festgestellt worden wäre, hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente und die Vertrauensschutzregelungen sind auch verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL 3/05 u.a., BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05.02.2009 – 1 BvR 1631/04; BSG, Urteil vom 05.05.2009 – B 13 R 77/08 R). Das Bundesverfassungsgericht hat explizit entschieden, dass die für die gesamte Dauer des Rentenbezugs vorgenommene Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003 für jeden Kalendermonat des vorzeitigen Rentenbezugs einer Altersrente auf Grundlage des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a) SGB VI mit dem GG vereinbar ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05.02.2009 – 1 BvR 1631/04 und Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL 3/05). Es hat im Hinblick auf die Absenkung des Zugangsfaktors weder eine Verletzung des Grundrechts auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt. Darüber hinaus hat es dargelegt, dass zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage eingeführt werden dürfen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Sachliche Gründe der Gesamtregelung hat das BVerfG ebenso bejaht wie die Zulässigkeit der Beschränkung rentenrechtlicher Anwartschaften als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfG vom 11.11.2008, a.a.O., m.w.N.). Insbesondere lag es im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, die Bestimmung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst a SGB VI nach den von ihm gewählten versicherungsmathematischen Berechnungen vorzunehmen. Dass der Gesetzgeber in seine Berechnung evident sachwidrige Faktoren eingestellt hätte, hat das BVerfG nicht erkannt (BVerfG vom 11.11.2008, a.a.O.). Ebenso hat es eine übermäßige Belastung der Bezieher vorzeitiger Altersrente im Sinne einer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verneint.
Die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente ist entgegen dem klägerischen Vortrag auch nicht aufgrund des zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014, BGBl. 2014, Teil I, Seite 787 ff.) entfallen, und der Bescheid vom 21.08.2007 nicht "automatisch rechtswidrig" geworden. Zum 01.07.2014 wurde u. a. § 236b SGB VI eingeführt, wonach Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonderes langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Bei der ab 01.07.2014 bestehenden Möglichkeit, vom vollendeten 63. Lebensjahr an eine abschlagsfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen, handelt es sich um eine Sonderregelung mit zeitlich begrenztem Anwendungsbereich. Die Regelung hat den Charakter einer Übergangsregelung (BT-Drs. 18/909, S. 14 f, 22 "befristete Sonderregelung"). Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die zum 01.07.2014 gewährte Vergünstigung nicht auf Bestandsrentner ausgedehnt und keine Ausnahme von der für alle Altersrentner geltenden Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI vorgenommen hat. Eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG zwischen Versicherten, die ab 01.07.2014 erstmals eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen, und Bestandsrentnern, die die Anspruchsvoraussetzungen des § 236b SGB VI erfüllen, denen aber wegen der früheren Bewilligung oder des Bezugs einer Altersrente die Umwandlung dieser Altersrente in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte wegen § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt ist, liegt nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob es sich um eine vergleichbare Gruppe von Normadressaten handelt oder der Rentenbezug ein sachliches Differenzierungsmerkmal darstellt, ist unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttretens noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgebers steht es frei, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen (BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008, a.a.O., Urteil vom 07.07.1992, 1 BvL 51/86 u.a., vgl. auch BSG, Beschluss vom 30.12.2015 – B 13 R 345/15 B). Im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung durfte der Gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzugreifen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte Privilegierung einzubeziehen (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 21.05.2015 – L 7 R 5354/14 und vom 23.02.2016 – L 9 R 4357/14; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.08.2015 – L 6 R 114/15, juris, jeweils m.w.N.). Im Übrigen hat der Kläger, der eine Altersrente bereits im Alter von 60 Jahren in Anspruch genommen hat, die Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die erst ab Vollendung des 63. Lebensjahres möglich ist, nicht erfüllt, so dass schon aus diesem Grund in Bezug auf den Kläger keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich ist. Ab Vollendung des 63. Lebensjahres hätte auch der Kläger die Rente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch nicht entnommen werden, dass nur eine finanzielle Notsituation der gesetzlichen Rentenversicherung den Eingriff in Anwartschaften gerechtfertigt hätte, weshalb mit Einführung des RV Leistungsverbesserungsgesetz zum 01.07.2014 die Regelung des §§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI verfassungswidrig geworden wäre, weil die Rentenversicherung nun eine solche Notlage nicht mehr aufweisen würde. Nach den vom Kläger angeführten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2011 (1 BVR 3558/08 und 1 BVR 558/09) war das Ziel der Neuregelung des Zugangsfaktors die Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung und damit der Erhalt, die Verbesserung und die Anpassung der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung an veränderte wirtschaftliche Bedingungen. Mit dem RV Leistungsverbesserungsgesetz verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die bisherige ungleiche Honorierung von Kindererziehung je nach Geburtsdatum des Kindes zu verringern und die Erziehungsleistung von Müttern und Vätern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, in der Rente besser zu berücksichtigen (vgl. BT Drs. 18/909, S. 14), sowie vorübergehend für bestimmte Jahrgänge einen abschlagsfreien Renteneintritt mit 45 Beitragsjahren bereits vor dem vollendeten 65. Lebensjahr zu ermöglichen, weil diese von der fortschreitenden Verbesserung der Arbeitsbedingungen, mit denen die Erhöhung der Regelaltersgrenze bis zur Vollendung 67. Lebensjahres gerechtfertigt wurde, weniger oder gar nicht profitiert haben (vgl. BT Drs. 18/909, S. 13). Dabei handelt es sich um legitime Ziele, die unter Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems der gesetzlichen Rentenversicherung bei den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen zu finanzieren sind. Die mit der Absenkung des Zugangsfaktors verfassungsrechtlich legitimen Zielen haben damit auch nach der Einführung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes weiterhin Gültigkeit.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Solche hat auch der Kläger nicht dargelegt, weshalb seinem Hilfsantrag auf Revisionszulassung nicht entsprochen wurde.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ohne Absenkung des Zugangsfaktors.
Bei dem 1947 geborenen, verheirateten Kläger ist die Schwerbehinderteneigenschaft ab 08.07.2002 (GdB von 60) anerkannt. Er ist in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert.
Der Kläger absolvierte vom 15.04.1962 bis 31.03.1965 eine Berufsausbildung zum Zimmermann. Ab 01.04.1962 bis Mai 2004 war er in seinem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.
Am 29.01.2007 wurde dem Kläger eine Hüfttotalendoprothese links implantiert. Im Anschluss daran gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund eines Antrages vom 30.01.2007 auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 06.02.2007 bis 27.02.2007 in der R. Kliniken Bad K. , aus der er arbeitsunfähig und mit einem beruflichen Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich für eine Tätigkeit als Zimmermann und Betonbauer sowie von 6 Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde [ärztlicher Entlassungsbericht vom 07.03.2007, Bl. 27/35 des ärztlichen Teils der Verwaltungsakten (VA)]. In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10.04.2007 stimmte Dr. K. der Leistungseinschätzung zu.
Am 19.06.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf die Gewährung einer Altersrente bei Vollendung des 60. Lebensjahres "in allen erdenklichen Varianten". Aufgrund einer Hüftgelenksoperation sei er gegenwärtig arbeitsunfähig und beziehe Krankengeld. Die Rente solle beginnen, wenn der Krankengeldanspruch bei Auslaufen von Arbeitsunfähigkeit ende.
Ergänzend stellte er am 16.07.2007 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen (Bl. 11/25 VA ärztlicher Teil) und des ärztlichen Entlassungsberichts vom 07.03.2007 stimmte Dr. R. unter dem 19.07.2007 der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10.04.2007 zu.
Unter dem 31.07.2007 erläuterte die Beklagte dem Kläger in Betracht kommende Rentenarten. Seit dem 18.12.2006 sei das Leistungsvermögen in dem bisher hauptsächlich ausgeübten Beruf auf unter drei Stunden täglich gesunken. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betrage des Leistungsvermögen weiterhin sechs Stunden und mehr. Mit Eintritt der Leistungsminderung seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer erfüllt. Die Rente würde am 01.01.2007 beginnen. Des Weiteren habe der Kläger die Voraussetzungen für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfüllt. Frühestmöglicher Rentenbeginn sei der 01.06.2007, aufgrund des Erhalts von Krankengeld bis 31.07.2007 könne die Rente auch erst ab 01.08.2007 in Anspruch genommen werden.
Am 10.08.2007 teilte der Kläger die Beantragung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2007 mit.
Mit Bescheid vom 21.08.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2007 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 957,13 Euro, ab 01.10.2007 von 1059,35 Euro. Sie legte 40,3254 persönliche Entgeltpunkte, einen Rentenartfaktor für die Altersrente von 1,0 und einen (aktuellen) Rentenwert von monatlich 26,27 Euro zugrunde. An Entgeltpunkten berücksichtigte sie dabei ausweislich der Anlage 6 zum Rentenbescheid 42,5148 Punkte für Beitragszeiten, 0,7436 Punkte für beitragsfreie Zeiten sowie 1,6474 Punkte an zusätzlichen Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (Summe der Entgeltpunkte: 44,9058). Der Zugangsfaktor betrage 1,0. Er vermindere sich für jeden Kalendermonat, für den die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen werde, um 0,003. Die Verminderung beim Kläger betrage für 34 Kalendermonate 0,102. Daraus ergebe sich bei 44,9058 Entgeltpunkten insgesamt ein Zugangsfaktor von 0,898, so dass sich die persönlichen Entgeltpunkte auf 40,3254 (44,9058 x 0,898) beliefen. Von der unter Zugrundelegung dessen berechneten monatlichen Rente von 1.059,35 Euro brachte sie den monatlichen Beitragsanteil des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 81,56 Euro und den monatlichen Beitrag des Klägers zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 20,66 Euro (Berechnung Anlage 1 zum Rentenbescheid) in Abzug.
Am 13.09.2007 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein. Es sei noch ein Schwerbehindertenverfahren anhängig, in welchem es darum gehe, ob vor dem 16.11.2000 die Schwerbehinderteneigenschaft vorgelegen habe oder nicht. Der Widerspruch verstehe sich vor diesem Hintergrund im Hinblick auf den versicherungsmathematischen Abschlag und ein beim Bundesverfassungsgericht anhängiges Verfahren. Das Widerspruchsverfahren wurde zum Ruhen gebracht.
Mit Schreiben vom 30.10.2014 griff die Beklagte das Widerspruchsverfahren wieder auf. Der Kläger teilte daraufhin mit (Schreiben vom 25.11.2014), dass die Klage im Schwerbehindertenverfahren auf Erlangung eines GdB zum 16.11.2000 oder früher habe zurückgenommen werden müssen. Es werde darauf hingewiesen, dass die versicherungsmathematischen Abschläge im Hinblick auf Art. 14 EMRK i.V.m. VO 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Diskussion seien. Es gebe diesbezüglich noch mehrere anhängige Verfahren. Darüber hinaus werde die Auffassung vertreten, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz die versicherungsmathematischen Abschläge, die als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung anzusehen seien, seit 01.07.2014 automatisch verfassungswidrig geworden seien. Rein fürsorglich werde ein Antrag nach § 48 neben dem Widerspruchsverfahren gestellt. Es müsse der Antrag gestellt werden, eine abschlagsfreie Rente zu zahlen ab 01.07.2014.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rentenberechnung sei korrekt vorgenommen worden und entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.
Am 01.04.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Die durch das Bundesverfassungsgericht seinerzeit abgesegneten versicherungsmathematischen Abschläge, zuletzt im Hinblick auf die Renten wegen voller Erwerbsminderung durch verfassungsgerichtliche Entscheidung im Jahr 2011, seien durch das RV Leistungsverbesserungsgesetz, zum 01.07.2014 in Kraft getreten, verfassungswidrig geworden. Das Bundesverfassungsgericht habe den Eingriff in die eigentumsgeschützte Rentenanwartschaften und Rentenansprüchen gemäß Art. 14 GG nur abgesegnet vor dem Hintergrund des Bestehens einer so genannten Notlage. Um das Gesamtsozialversicherungssystem aufrecht und zahlungsfähig zu erhalten, seien versicherungsmathematische Abschläge eingeführt worden. Wenn das RV Leistungsverbesserungsgesetz Segnungen für einen anderen Teil der Versichertengemeinschaft einführe mit Mehrausgaben von 6 Milliarden EUR jährlich, dann sei eine Notsituation nicht mehr gegeben. Die Rentenbescheide, die Abschläge enthielten, würden automatisch verfassungswidrig zum 01.07.2014, weil ab diesem Moment keine Rechtfertigung mehr gegeben sei für Abschläge. Diese Situation sei durch die Art und Weise der Gesetzgebung bewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung verwies das SG auf den Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015. Ergänzend wies es darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden habe, dass die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
Am 26.01.2016 hat der Kläger gegen den seinem Bevollmächtigten am 15.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung stütze das klägerische Vorbringen im vorliegenden Fall. Er wiederholt sinngemäß seine Ausführungen zur Klagebegründung. Es gehe hier darum, dass der Gesetzgeber statt einer die Rentenversicherung mit Mehrausgaben belastende Gesetzgebung durch neue Leistungen (Verdopplung der Kindererziehungszeiten für die Zeit von 1992 und Rente mit 63 ohne Abschläge für bestimmte Jahrgänge) die versicherungsmathematischen Abschläge hätte zurücknehmen müssen. Die Vorgehensweise des Gesetzgebers sei eindeutig verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13.01.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, eine abschlagsfreie Rente von Rentenbeginn an, hilfsweise ab 01.07.2014 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die in der Berufungsbegründung vorgetragenen Argumente seien rein spekulativ und entbehrten jeglicher gesetzlicher Grundlage. Insbesondere enthalte das RV Leistungsverbesserungsgesetz keine Regelung, welche eine Rücknahme der Kürzung der Zugangsfaktoren nach § 77 SGB VI zum Inhalt habe. Der Interpretation des klägerischen Bevollmächtigten, dass die Regelung des §§ 77 SGB VI ab 01.07.2014 verfassungswidrig sei, könne nicht gefolgt werden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers und seines Bevollmächtigten im Termin entscheiden können, denn der ordnungsgemäß geladene Kläger war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Absatz 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Klägerbevollmächtigte hat sein Ausbleiben mit Fax vom 28.09.2016 auch angekündigt und sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Eine gleichlautende Einverständniserklärung der Beklagten liegt nicht vor, weshalb der Senat aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der auch der Kläger selbst nicht erschienen ist, entschieden hat.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Kläger begehrt höhere Leistungen für länger als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 13.01.2016 die Klage zu Recht abgewiesen. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 21.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 lediglich insoweit, als sich der Kläger ausschließlich gegen die Berechnung der Rentenhöhe mit vermindertem Zugangsfaktor, nicht dagegen gegen die Rentenart und den Rentenbeginn, wendet. Der Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines unverminderten Zugangsfaktors von 1,0, weder ab Rentenbeginn ab 01.08.2007 noch ab 01.07.2014.
Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers auf höhere Erwerbsminderungsrente sind die Regelungen der §§ 63 ff. Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die Rentenhöhe. Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs. 6, § 64 Nr. 1 bis 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich gemäß § 66 Abs. 1 SGB VI, indem die Summe aller Entgeltpunkte unter anderem für Beitragszeiten mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt werden. Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte, dessen Höhe in § 77 SGB VI (hier in der ab dem 01.08.2004 geltenden Fassung vom 21.07.2004) näher geregelt ist. Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0. Bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, ist der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a) SGB VI).
Ausgehend von davon hat die Beklagte bei der Berechnung der dem Kläger ab dem 01.08.2007 gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu Recht nicht einen Zugangsfaktor von 1,0, sondern nur von 0,898 berücksichtigt. Denn der Kläger hat diese Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen.
Nach § 236a SGB VI in der ab dem 01.01.2002 gültigen Fassung vom 19.02.2002 haben Versicherte, die vor dem 01.01.1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1), bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind (Nr. 2) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (Nr. 3). Die Altersgrenze von 60 Jahren wird für Versicherte angehoben, die nach dem 31.12.1940 geboren sind. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme bestimmen sich nach Anlage 22. Nach Satz 5 der Vorschrift wird die Altersgrenze von 60 Jahren nicht angehoben für Versicherte, die bis zum 16.11.1950 geboren sind und am 16.11.2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren (Nr. 1) oder vor dem 01.01.1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren.
Für den 1947 geborenen Kläger war eine abschlagsfreie Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 63. Lebensjahr möglich. Der Kläger ist zwar bis zum 16.11.1950 geboren. Er war jedoch am 16.11.2000 nicht schwerbehindert, wie er im Widerspruchsverfahren bestätigt hat. Ebenso wenig lag bei ihm zu diesem Zeitpunkt Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor, nachdem der Kläger noch bis Mai 2004 in seinem Beruf beschäftigt war. Das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit am 16.11.2000 hat er auch nicht behauptet. Danach wurde die Altersgrenze gemäß Anl. 22 zum SGB VI für den Kläger auf 63 Jahre angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme ab der Vollendung des 60. Lebensjahres war möglich.
Da der Kläger zum Zeitpunkt des Rentenbeginns [zur Auslegung des Begriffs "Rentenbeginn" im Sinne des Rentenzahlbeginns Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25.11.2008 – B 5 RJ 15/04 R, juris] erst das 60. Lebensjahr und 2 Monate vollendet hatte, war der Zugangsfaktor für 34 Kalendermonate um jeweils 0,003 zu mindern und daher mit 0,898 anzunehmen. Dass der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelte Monatsbetrag der Rente von der Beklagten nicht zutreffend festgestellt worden wäre, hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente und die Vertrauensschutzregelungen sind auch verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL 3/05 u.a., BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05.02.2009 – 1 BvR 1631/04; BSG, Urteil vom 05.05.2009 – B 13 R 77/08 R). Das Bundesverfassungsgericht hat explizit entschieden, dass die für die gesamte Dauer des Rentenbezugs vorgenommene Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003 für jeden Kalendermonat des vorzeitigen Rentenbezugs einer Altersrente auf Grundlage des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a) SGB VI mit dem GG vereinbar ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05.02.2009 – 1 BvR 1631/04 und Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL 3/05). Es hat im Hinblick auf die Absenkung des Zugangsfaktors weder eine Verletzung des Grundrechts auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt. Darüber hinaus hat es dargelegt, dass zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage eingeführt werden dürfen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Sachliche Gründe der Gesamtregelung hat das BVerfG ebenso bejaht wie die Zulässigkeit der Beschränkung rentenrechtlicher Anwartschaften als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfG vom 11.11.2008, a.a.O., m.w.N.). Insbesondere lag es im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, die Bestimmung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst a SGB VI nach den von ihm gewählten versicherungsmathematischen Berechnungen vorzunehmen. Dass der Gesetzgeber in seine Berechnung evident sachwidrige Faktoren eingestellt hätte, hat das BVerfG nicht erkannt (BVerfG vom 11.11.2008, a.a.O.). Ebenso hat es eine übermäßige Belastung der Bezieher vorzeitiger Altersrente im Sinne einer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verneint.
Die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente ist entgegen dem klägerischen Vortrag auch nicht aufgrund des zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014, BGBl. 2014, Teil I, Seite 787 ff.) entfallen, und der Bescheid vom 21.08.2007 nicht "automatisch rechtswidrig" geworden. Zum 01.07.2014 wurde u. a. § 236b SGB VI eingeführt, wonach Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonderes langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Bei der ab 01.07.2014 bestehenden Möglichkeit, vom vollendeten 63. Lebensjahr an eine abschlagsfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen, handelt es sich um eine Sonderregelung mit zeitlich begrenztem Anwendungsbereich. Die Regelung hat den Charakter einer Übergangsregelung (BT-Drs. 18/909, S. 14 f, 22 "befristete Sonderregelung"). Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die zum 01.07.2014 gewährte Vergünstigung nicht auf Bestandsrentner ausgedehnt und keine Ausnahme von der für alle Altersrentner geltenden Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI vorgenommen hat. Eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG zwischen Versicherten, die ab 01.07.2014 erstmals eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen, und Bestandsrentnern, die die Anspruchsvoraussetzungen des § 236b SGB VI erfüllen, denen aber wegen der früheren Bewilligung oder des Bezugs einer Altersrente die Umwandlung dieser Altersrente in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte wegen § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt ist, liegt nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob es sich um eine vergleichbare Gruppe von Normadressaten handelt oder der Rentenbezug ein sachliches Differenzierungsmerkmal darstellt, ist unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttretens noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgebers steht es frei, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen (BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008, a.a.O., Urteil vom 07.07.1992, 1 BvL 51/86 u.a., vgl. auch BSG, Beschluss vom 30.12.2015 – B 13 R 345/15 B). Im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung durfte der Gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzugreifen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte Privilegierung einzubeziehen (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 21.05.2015 – L 7 R 5354/14 und vom 23.02.2016 – L 9 R 4357/14; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.08.2015 – L 6 R 114/15, juris, jeweils m.w.N.). Im Übrigen hat der Kläger, der eine Altersrente bereits im Alter von 60 Jahren in Anspruch genommen hat, die Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die erst ab Vollendung des 63. Lebensjahres möglich ist, nicht erfüllt, so dass schon aus diesem Grund in Bezug auf den Kläger keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich ist. Ab Vollendung des 63. Lebensjahres hätte auch der Kläger die Rente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch nicht entnommen werden, dass nur eine finanzielle Notsituation der gesetzlichen Rentenversicherung den Eingriff in Anwartschaften gerechtfertigt hätte, weshalb mit Einführung des RV Leistungsverbesserungsgesetz zum 01.07.2014 die Regelung des §§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI verfassungswidrig geworden wäre, weil die Rentenversicherung nun eine solche Notlage nicht mehr aufweisen würde. Nach den vom Kläger angeführten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2011 (1 BVR 3558/08 und 1 BVR 558/09) war das Ziel der Neuregelung des Zugangsfaktors die Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung und damit der Erhalt, die Verbesserung und die Anpassung der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung an veränderte wirtschaftliche Bedingungen. Mit dem RV Leistungsverbesserungsgesetz verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die bisherige ungleiche Honorierung von Kindererziehung je nach Geburtsdatum des Kindes zu verringern und die Erziehungsleistung von Müttern und Vätern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, in der Rente besser zu berücksichtigen (vgl. BT Drs. 18/909, S. 14), sowie vorübergehend für bestimmte Jahrgänge einen abschlagsfreien Renteneintritt mit 45 Beitragsjahren bereits vor dem vollendeten 65. Lebensjahr zu ermöglichen, weil diese von der fortschreitenden Verbesserung der Arbeitsbedingungen, mit denen die Erhöhung der Regelaltersgrenze bis zur Vollendung 67. Lebensjahres gerechtfertigt wurde, weniger oder gar nicht profitiert haben (vgl. BT Drs. 18/909, S. 13). Dabei handelt es sich um legitime Ziele, die unter Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems der gesetzlichen Rentenversicherung bei den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen zu finanzieren sind. Die mit der Absenkung des Zugangsfaktors verfassungsrechtlich legitimen Zielen haben damit auch nach der Einführung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes weiterhin Gültigkeit.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Solche hat auch der Kläger nicht dargelegt, weshalb seinem Hilfsantrag auf Revisionszulassung nicht entsprochen wurde.
Rechtskraft
Aus
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