Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 2926/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3216/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2016 (Ablehnung einer einstweiligen Anordnung) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin B., K. a. R., wird abgelehnt.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers in der Sache zutreffend abgelehnt.
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist das Begehren des Antragstellers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab dem 25. Juli 2016, nachdem der Antragsgegner über den am 1. Juni 2016 gestellten Leistungsantrag noch nicht entschieden und das SG den am 25. Juli 2016 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufiger Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 25. August 2016 abgelehnt hat.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.
Hinsichtlich der begehrten vorläufigen Leistungsgewährung kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Das SG hat im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass einem Leistungsanspruch des Antragstellers entgegensteht, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers im Inland nicht glaubhaft gemacht ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII sind leistungsberechtigt nach dem Vierten Kapitel - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 SGB XII bestreiten können. Durch das Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts in § 41 Abs. 1 SGB XII soll die Gewährung von Grundsicherung an Personen ausgeschlossen werden, die ihren Lebensmittelpunkt, - jedenfalls zeitweilig - im Ausland haben (Thie in LPK-SGB XII, 10. Auflage 2015, § 41 Rdnr. 10).
Eine Person hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Die Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I gilt auch im Anwendungsbereich des SGB XII. Der gewöhnliche Aufenthalt setzt danach einen (nicht notwendigen einzigen) faktisch dauerhaften Schwerpunkt der Lebensverhältnisse voraus. Maßgeblich ist damit die über eine vorübergehende Verweildauer hinausgehende Dauerhaftigkeit des tatsächlichen Aufenthalts an bestimmten Orten, die sich in bestimmten Umständen manifestieren muss (Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 30 Rdnr. 35). Dabei ist es unerheblich, ob die Person über einen Wohnsitz verfügt oder in einer Gemeinde ordnungsbehördlich angemeldet ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2002 - B 10/14 EG 8/99 R - juris Rdnr. 16). Hierbei ist unter "Ort" die jeweilige politische Gemeinde zu verstehen und nicht ein bestimmtes Haus oder eine bestimmte Wohnung. Der gewöhnliche Aufenthalt ist nicht identisch mit dem Wohnsitz im melderechtlichen Sinne (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 03/15, § 98 Rdnr. 49). Für die Feststellung des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts sind die mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände des Einzelfalls festzustellen; im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung (Prognoseentscheidung) sind alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung im Zeitpunkt des Eintreffens am maßgeblichen Ort erkennbaren Umstände, nicht nur der Wille des Betroffenen, zu würdigen und als hypothetische Tatsache festzustellen, und zwar auch dann, wenn der gewöhnliche Aufenthalt rückblickend zu ermitteln ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 20/13 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 8 SO 19/13 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - juris Rdnr. 27 ff.). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - juris Rdnr. 25). Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen; dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O. Rdnr. 25). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O. Rdnr. 25). Generell muss am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Schwerpunkt der persönlichen Lebensverhältnisse liegen (BSG, Urteil vom 27. September 1990 - 4 REg 30/89 - BSGE 67, 243 - juris Rdnr. 18). Für die Frage, ob der Aufenthalt "gewöhnlich" ist, kommt es in erster Linie auf das rein tatsächliche Verweilen an. Für den gewöhnlichen Aufenthalt ist auch ein subjektives Element erforderlich, nämlich der Wille, auf längere Dauer an dem betreffenden Ort zu verweilen. Dieser wird sich aber, um festgestellt bzw. nachgewiesen werden zu können, regelmäßig in objektiven Umständen bzw. Hinweistatsachen (Indizien) manifestieren müssen. Von einem nur vorübergehenden Aufenthalt ist dann auszugehen, wenn der Aufenthalt von vornherein nur von kurzzeitiger Dauer ist wie z. B. bei Besuchsaufenthalten (Blüggel in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB XII, 2. Auflage 2014, Stand 28. Juli 2016, § 41 Rdnr. 107).
Aufgrund der bisher vorliegenden Unterlagen und Angaben des Antragstellers hat dieser nicht glaubhaft gemacht, dass er in W. oder einem anderen Ort in der Bundesrepublik Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und sich nicht vielmehr in S./F. unter der im Mietvertrag angegebenen Adresse seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Zur Überzeugung des Senats hält sich der Kläger zwar sporadisch kurzzeitig in der Wohnung in W. auf. Hierfür spricht, dass tatsächlich ein, wenn auch marginaler, Strom- und Wasserverbrauch vorliegt. Dies entspricht auch den Angaben eines weiteren Hausbewohners gegenüber den Mitarbeitern des Antragsgegners, der Antragsteller komme alle paar Wochen für ein oder zwei Tage in die Wohnung. Neben den vom SG angeführten Indizien (geringer Wasser- und Stromverbrach, Angabe einer f. Adresse im Mietvertrag) spricht insbesondere das Ergebnis des Hausbesuchs am 1. September 2016 dagegen, dass die Wohnung in W. vom Antragsteller bewohnt wird. So gab es im kombinierten Wohn-Schlafraum lediglich eine Lampe am Schreibtisch, Deckenlampen waren nicht angebracht, ebenso befand sich in der Küche keine Lampe. Die Küchenausstattung (fehlende Grundausstattung an Lebensmitteln), die fehlende jahreszeitliche Bekleidung (keine Winterbekleidung, keine Hose) sowie die fehlende Ausstattung des Badezimmers mit Handtüchern, Wasch- und Reinigungsmitteln sprechen dagegen, dass die Wohnung zu Wohnzwecken benutzt wird. Auch konnten bei dem Hausbesuch - außer wenigen Dokumenten wie z.B. Rentenunterlagen - keine weiteren schriftlichen Unterlagen wie z.B. Steuerbescheide, Arbeitszeugnisse, Kontoauszüge etc. festgestellt werden. Aufgrund dieser Umstände ist nach bisherigem Erkenntnisstand davon auszugehen, dass der Antragsteller sich weit überwiegend an anderen Orten aufhält und dort seinen Grundbedürfnissen (Essen, Körperpflege, Schlafen, Freizeit etc.) nachkommt. Durch die lediglich pauschale Angabe des Antragstellers in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. August 2016, er lebe tatsächlich in der Wohnung in der W. in W. seit dem 1. September 2016 (gemeint: 2015), vermag dies nicht widerlegt zu werden. Etwas anderes ergibt sich - aufgrund der örtlichen Nähe zu S. und der damit gegebenen Möglichkeit, jeweils die dortige Wohnung auch an diesen Tagen zu Wohnzwecken zu nutzen - auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Antragsteller am 22. August 2016 und in den folgenden Tagen in Deutschland aufgehalten hat, um seine Bevollmächtigte zu konsultieren bzw. mit dem Antragsgegner den Hausbesuch abzustimmen. Auch aus den eidesstattlichen Versicherungen des Antragstellers vom 26. August 2016 und 15. September 2016 ergibt sich keine andere Beurteilung. Deren Richtigkeit steht bereits entgegen, dass der Antragsteller darin angegeben hat, er besitze keine Waschmaschine, eine solche jedoch tatsächlich in der Wohnung - wenngleich nicht angeschlossen - vorhanden ist. Ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland ist auch durch den Vortrag seiner Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. September 2016, der Antragsteller sei melderechtlich gemeldet bei der Stadt K. (tatsächlich liegt die Wohnung im Bezirk der Gemeinde W.) und er sei ausweislich des Mietvertrags Mieter der Wohnung, nicht glaubhaft gemacht. Denn maßgeblich für den Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist, wie oben ausgeführt, der gewöhnliche Aufenthalt, der allein durch einen Mietvertrag und eine Anmeldung nicht belegt ist. Jedenfalls solange der Antragsteller keine präziseren Angaben macht, wo er sich in welchen Zeiträumen aufgehalten hat, kann von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nicht ausgegangen werden. Aufgrund dieser Umstände ist noch nicht einmal ein tatsächlicher Aufenthalt des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. dazu Blüggel, a.a.O., § 41 Rdnr. 105; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, Stand 9. September 2016, § 98 Rdnrn. 22 ff.) glaubhaft gemacht, der für einen Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ausreichend ist.
Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hat, dass zwischenzeitlich seine Altersrente bewilligt worden ist (ohne jedoch den entsprechenden Bewilligungsbescheid vorzulegen), so dass nunmehr auch die Krankenversicherung des Antragstellers sichergestellt ist, und nachdem im August 2016 die Rentennachzahlung erfolgt ist, vermag auch keine Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers zu erfolgen.
Mangels Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 73a SGG, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin B., K. a. R., wird abgelehnt.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers in der Sache zutreffend abgelehnt.
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist das Begehren des Antragstellers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab dem 25. Juli 2016, nachdem der Antragsgegner über den am 1. Juni 2016 gestellten Leistungsantrag noch nicht entschieden und das SG den am 25. Juli 2016 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufiger Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 25. August 2016 abgelehnt hat.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.
Hinsichtlich der begehrten vorläufigen Leistungsgewährung kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Das SG hat im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass einem Leistungsanspruch des Antragstellers entgegensteht, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers im Inland nicht glaubhaft gemacht ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII sind leistungsberechtigt nach dem Vierten Kapitel - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 SGB XII bestreiten können. Durch das Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts in § 41 Abs. 1 SGB XII soll die Gewährung von Grundsicherung an Personen ausgeschlossen werden, die ihren Lebensmittelpunkt, - jedenfalls zeitweilig - im Ausland haben (Thie in LPK-SGB XII, 10. Auflage 2015, § 41 Rdnr. 10).
Eine Person hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Die Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I gilt auch im Anwendungsbereich des SGB XII. Der gewöhnliche Aufenthalt setzt danach einen (nicht notwendigen einzigen) faktisch dauerhaften Schwerpunkt der Lebensverhältnisse voraus. Maßgeblich ist damit die über eine vorübergehende Verweildauer hinausgehende Dauerhaftigkeit des tatsächlichen Aufenthalts an bestimmten Orten, die sich in bestimmten Umständen manifestieren muss (Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 30 Rdnr. 35). Dabei ist es unerheblich, ob die Person über einen Wohnsitz verfügt oder in einer Gemeinde ordnungsbehördlich angemeldet ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2002 - B 10/14 EG 8/99 R - juris Rdnr. 16). Hierbei ist unter "Ort" die jeweilige politische Gemeinde zu verstehen und nicht ein bestimmtes Haus oder eine bestimmte Wohnung. Der gewöhnliche Aufenthalt ist nicht identisch mit dem Wohnsitz im melderechtlichen Sinne (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 03/15, § 98 Rdnr. 49). Für die Feststellung des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts sind die mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände des Einzelfalls festzustellen; im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung (Prognoseentscheidung) sind alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung im Zeitpunkt des Eintreffens am maßgeblichen Ort erkennbaren Umstände, nicht nur der Wille des Betroffenen, zu würdigen und als hypothetische Tatsache festzustellen, und zwar auch dann, wenn der gewöhnliche Aufenthalt rückblickend zu ermitteln ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 20/13 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 8 SO 19/13 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 9/13 R - juris Rdnr. 27 ff.). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R - juris Rdnr. 25). Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen; dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O. Rdnr. 25). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O. Rdnr. 25). Generell muss am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Schwerpunkt der persönlichen Lebensverhältnisse liegen (BSG, Urteil vom 27. September 1990 - 4 REg 30/89 - BSGE 67, 243 - juris Rdnr. 18). Für die Frage, ob der Aufenthalt "gewöhnlich" ist, kommt es in erster Linie auf das rein tatsächliche Verweilen an. Für den gewöhnlichen Aufenthalt ist auch ein subjektives Element erforderlich, nämlich der Wille, auf längere Dauer an dem betreffenden Ort zu verweilen. Dieser wird sich aber, um festgestellt bzw. nachgewiesen werden zu können, regelmäßig in objektiven Umständen bzw. Hinweistatsachen (Indizien) manifestieren müssen. Von einem nur vorübergehenden Aufenthalt ist dann auszugehen, wenn der Aufenthalt von vornherein nur von kurzzeitiger Dauer ist wie z. B. bei Besuchsaufenthalten (Blüggel in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB XII, 2. Auflage 2014, Stand 28. Juli 2016, § 41 Rdnr. 107).
Aufgrund der bisher vorliegenden Unterlagen und Angaben des Antragstellers hat dieser nicht glaubhaft gemacht, dass er in W. oder einem anderen Ort in der Bundesrepublik Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und sich nicht vielmehr in S./F. unter der im Mietvertrag angegebenen Adresse seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Zur Überzeugung des Senats hält sich der Kläger zwar sporadisch kurzzeitig in der Wohnung in W. auf. Hierfür spricht, dass tatsächlich ein, wenn auch marginaler, Strom- und Wasserverbrauch vorliegt. Dies entspricht auch den Angaben eines weiteren Hausbewohners gegenüber den Mitarbeitern des Antragsgegners, der Antragsteller komme alle paar Wochen für ein oder zwei Tage in die Wohnung. Neben den vom SG angeführten Indizien (geringer Wasser- und Stromverbrach, Angabe einer f. Adresse im Mietvertrag) spricht insbesondere das Ergebnis des Hausbesuchs am 1. September 2016 dagegen, dass die Wohnung in W. vom Antragsteller bewohnt wird. So gab es im kombinierten Wohn-Schlafraum lediglich eine Lampe am Schreibtisch, Deckenlampen waren nicht angebracht, ebenso befand sich in der Küche keine Lampe. Die Küchenausstattung (fehlende Grundausstattung an Lebensmitteln), die fehlende jahreszeitliche Bekleidung (keine Winterbekleidung, keine Hose) sowie die fehlende Ausstattung des Badezimmers mit Handtüchern, Wasch- und Reinigungsmitteln sprechen dagegen, dass die Wohnung zu Wohnzwecken benutzt wird. Auch konnten bei dem Hausbesuch - außer wenigen Dokumenten wie z.B. Rentenunterlagen - keine weiteren schriftlichen Unterlagen wie z.B. Steuerbescheide, Arbeitszeugnisse, Kontoauszüge etc. festgestellt werden. Aufgrund dieser Umstände ist nach bisherigem Erkenntnisstand davon auszugehen, dass der Antragsteller sich weit überwiegend an anderen Orten aufhält und dort seinen Grundbedürfnissen (Essen, Körperpflege, Schlafen, Freizeit etc.) nachkommt. Durch die lediglich pauschale Angabe des Antragstellers in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. August 2016, er lebe tatsächlich in der Wohnung in der W. in W. seit dem 1. September 2016 (gemeint: 2015), vermag dies nicht widerlegt zu werden. Etwas anderes ergibt sich - aufgrund der örtlichen Nähe zu S. und der damit gegebenen Möglichkeit, jeweils die dortige Wohnung auch an diesen Tagen zu Wohnzwecken zu nutzen - auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Antragsteller am 22. August 2016 und in den folgenden Tagen in Deutschland aufgehalten hat, um seine Bevollmächtigte zu konsultieren bzw. mit dem Antragsgegner den Hausbesuch abzustimmen. Auch aus den eidesstattlichen Versicherungen des Antragstellers vom 26. August 2016 und 15. September 2016 ergibt sich keine andere Beurteilung. Deren Richtigkeit steht bereits entgegen, dass der Antragsteller darin angegeben hat, er besitze keine Waschmaschine, eine solche jedoch tatsächlich in der Wohnung - wenngleich nicht angeschlossen - vorhanden ist. Ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland ist auch durch den Vortrag seiner Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. September 2016, der Antragsteller sei melderechtlich gemeldet bei der Stadt K. (tatsächlich liegt die Wohnung im Bezirk der Gemeinde W.) und er sei ausweislich des Mietvertrags Mieter der Wohnung, nicht glaubhaft gemacht. Denn maßgeblich für den Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist, wie oben ausgeführt, der gewöhnliche Aufenthalt, der allein durch einen Mietvertrag und eine Anmeldung nicht belegt ist. Jedenfalls solange der Antragsteller keine präziseren Angaben macht, wo er sich in welchen Zeiträumen aufgehalten hat, kann von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nicht ausgegangen werden. Aufgrund dieser Umstände ist noch nicht einmal ein tatsächlicher Aufenthalt des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. dazu Blüggel, a.a.O., § 41 Rdnr. 105; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, Stand 9. September 2016, § 98 Rdnrn. 22 ff.) glaubhaft gemacht, der für einen Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ausreichend ist.
Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hat, dass zwischenzeitlich seine Altersrente bewilligt worden ist (ohne jedoch den entsprechenden Bewilligungsbescheid vorzulegen), so dass nunmehr auch die Krankenversicherung des Antragstellers sichergestellt ist, und nachdem im August 2016 die Rentennachzahlung erfolgt ist, vermag auch keine Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers zu erfolgen.
Mangels Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 73a SGG, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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