L 8 U 4584/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 3653/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4584/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 01.10.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägern auf Verletztengeld über den 21.01.2013 hinaus aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 12.12.2012 streitig.

Die 1964 geborene Klägerin verunfallte am 12.12.2012 bei einer versicherten Fahrt mit einem PKW im Rahmen ihrer Tätigkeit als Krankenschwester in der Intensivpflege beim Befahren einer Kreuzung, wobei ein anderes Fahrzeug von links in die Fahrertür prallte [Unfallanzeige vom 05.04.2013, Bl. 1 der Verwaltungsakten der Beklagten (VA)]. Es wurde die Erstdiagnose einer LWS-Prellung gestellt (Durchgangsarztbericht vom 12.12.2012, Bl. 2 VA). Im Rahmen einer Untersuchung durch Dr. B. am 16.01.2013 wurden ergänzend die Diagnosen traumatisch aktivierte caudale Coxarthrose, Dorsolumbalgie, Myogelosen im Wirbelsäulenbereich, akute Cervicocephalgie und WS-Prellung gestellt; es wurde vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab 17.02.2013 ausgegangen (H Arzt Bericht vom 16.01.2013, Bl. 2a VA). Im Zwischenbericht vom 06.02.2013 (Bl. 11 VA) ging Dr. S. , der weiterhin nur die Diagnose einer LWS-Prellung nannte, aufgrund einer ausgeprägten vegetativen Begleitsymptomatik von Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.01.2013 aus. Sollten darüber hinaus noch Beschwerden bestehen, sei die Behandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführen. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade verbleibe nicht.

Bei der Untersuchung der Klägerin am 07.05.2013 (ambulanter Untersuchungsbericht vom 08.05.2013, Bl. 34/36 VA) erachtete Prof. Dr. St. eine intensive physiotherapeutischer Behandlung im Rahmen einer BGSW Behandlung (Berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung) für indiziert. In diesem Rahmen werde ausreichend Potenzial zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gesehen. Nach der BGSW werde aufgrund des nur leichtgradigen Beschwerdebildes mit Wirbelsäulenprellung vom 12.12.2012 das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren als beendet angesehen.

Dr. K. erachtete in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 15.05.2013 (Bl. 40 VA) die vorgeschlagene Therapie als übertrieben. Die Arbeitsunfähigkeit habe nur bis 21.01.2013 bestanden. In der Stellungnahme vom 27.05.2013 (Bl. 52/53 VA) führte er aus, dass für das Ereignis vom 12.12.2012 von einer Rumpfprellung ohne weitergehende strukturelle Läsionen auszugehen sei. Schadensbilder dieser Art bedürften in der Regel keiner besonderen Therapie und begründeten auch keine Arbeitsunfähigkeit. Nur mit Bedenken könne daher der vom behandelnden Arzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeit bis 21.01.2013 gefolgt werden.

Mit Bescheid vom 14.06.2013 (Bl. 91 VA) erkannte die Beklagte den Unfall vom 12.12.2012 als Arbeitsunfall (Wegeunfall) und eine Rumpfprellung als Unfallfolge sowie das Bestehen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis 21.01.2013 an. Die anhaltenden Lendenwirbelsäulenbeschwerden (Lumboischialgie) bestünden unabhängig von dem Arbeitsunfall.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 27.06.2013 Widerspruch ein. Sie befinde sich wegen anhaltender Wirbelsäulenbeschwerden nach wie vor in fachärztlicher Behandlung aufgrund des Unfalls. Vorher habe sie keinerlei entsprechende Beschwerden gehabt.

Die Beklagte zog von der Krankenkasse der Klägerin, AOK, die Vorerkrankungsbescheinigung vom 02.08.2013 (Bl. 118/125 VA) bei und ließ die Klägerin durch Prof. Dr. K./OA G. unfallchirurgisch begutachten. Im Gutachten vom 17.03.2014 (Bl. 183/193 VA) bestätigten diese unfallbedingte Verletzungen in Form einer LWS-Prellung und einer HWS-Beschleunigungsverletzung Grad I nach Erdmann, die zu einer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von maximal 6 Wochen geführt hätten. Als unfallunabhängige Erkrankungen stellten sie eine seit Jahren bestehende Lumbosakralgie, eine Hyperkyphose der BWS, eine konsekutive Hyperlordose der HWS und LWS sowie geringe Verschleißerscheinungen der LWS im Sinne von Spondylarthrosen caudal betont fest.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2014 (Bl. 204/205 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 27.10.2014 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie sei bis zum erlittenen Unfall beschwerdefrei gewesen; erst nach dem aufgetretenen Unfall hätten sich die Beschwerden entwickelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerden mit dem Unfall in wesentlicher bzw. wenigstens Teilursache in Zusammenhang stünden, dürfte näher liegen als ein Zufall.

Das SG zog den ärztlichen Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad D. vom 10.10.2013 (Bl. 36/45 SG-Akte) bei und befragte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Orthopäde Dr. B. teilte unter dem 12.02.2015 (Bl. 24/25 SG-Akte) mit, die erste Vorstellung der Klägerin am 03.03.2003 sei wegen Beschwerden der Wirbelsäule erfolgt. Eine Behandlung der Lendenwirbelsäule sei am 08.06.2009 erfolgt. Er legte den Krankenblattauszug vom 12.02.2015 (Bl. 26/35 SG-Akten) vor. Der Orthopäde Dr. M. bestätigte unter dem 27.02.2015 (Bl. 48 SG-Akte) eine Behandlung der Klägerin ab 10.11.2014 aufgrund Lendenwirbelsäulenbeschwerden. Die Allgemeinmedizinerin Dr. L.-K. gab mit Schreiben vom 16.03.2015 eine Behandlung der Klägerin seit September 2009 an, wobei die Klägerin die Sprechstunde häufig wegen LWS- und BWS-Beschwerden aufgesucht habe.

Von der AOK zog das SG die Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung sowie die Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 19./20.03.2015 (Bl. 55/61 SG-Akte) bei.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.10.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass die bei der Klägerin über den 21.01.2013 hinaus bestehenden Beschwerden im Bereich der Lenden- und Brustwirbelsäule, die zu Arbeitsunfähigkeitszeiten nach dem 21.01.2013 geführt hätten, nicht auf den Unfall vom 12.12.2012 zurückzuführen seien.

Die Klägerin hat gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 12.10.2015 zugestellten Gerichtsbescheid am 02.11.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die Entscheidung der Beklagten und des SG seien für sie nicht nachvollziehbar. Es sei zwar korrekt, dass im Vorerkrankungsverzeichnis eine Erkrankung der LWS vor dem 12.12.2012 enthalten sei. Diesbezüglich sei allerdings darauf hinzuweisen, dass es sich lediglich um Zeiträume von maximal etwas über 3 Wochen gehandelt habe. Von Arbeitsunfähigkeit in erheblichen Umfang könne entgegen der Auffassung des SG nicht ausgegangen werden. Nach ihrer Auffassung seien die Vorschäden stark überbewertet worden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 01.10.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 zu verurteilen, ihr Verletztengeld über den 21.01.2013 hinaus zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Überbewertung der Vorschäden durch das SG sei den Entscheidungsgründen in keinster Weise zu entnehmen.

Der Rechtsstreit ist durch die Berichterstatterin mit den Beteiligten in den nicht-öffentlichen Sitzungen am 30.05.2016 und 27.06.2016 erörtert worden. Auf die Niederschriften, Bl. 44/46, 49/52 der Senatsakte wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und nach § 151 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 01.10.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verletztengeld über den 21.01.2013 hinaus. Soweit die Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens noch die Gewährung von Heilbehandlung beantragt hat, kommt diesbezüglich für die Vergangenheit, in der Heilbehandlung in Form von Sachleistungen bereits durch die gesetzliche Krankenversicherung gewährt wurde, nur noch ein Kostenerstattungsanspruch bezüglich der von der Klägerin zu tragenden Eigenanteile in Betracht. Über die Zulässigkeit des gestellten Leistungsantrags auf Heilbehandlung muss der Senat indes nicht mehr entscheiden, da die Klägerin diesen zuletzt nicht mehr weiterverfolgt hat.

Verletztengeld wird erbracht, wenn der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen hatte (§ 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII - ). Es wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt ist und endet u.a. mit dem letzten Tag der – unfallbedingten – Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB VII).

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist.

Der Wegeunfall, den ein Versicherter danach bei der versicherten Tätigkeiten erleidet, setzt voraus, dass das Verhalten am Ort der Tätigkeit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 18.04.2000 – B 2 U 7/99 R, USK 2000-95). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der so genannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82, 95, 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 27; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 38; BSG, Urteil vom 18.04.2000, a.a.O.). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher nach den gesetzlichen Vorgaben der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3 2200 § 548 Nr. 32; BSG, Urteil vom 18.04.2000, a.a.O.). Die zum Unfall führende Verrichtung als solche muss im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit liegen (vgl. zum Ganzen BSG Urteil vom 28.04.2004 – B 2 U 26/03 R m. w. H.).

Einen solchen Wegeunfall hat die Klägerin am 12.12.2012 erlitten, was von der Beklagten durch die streitgegenständlichen Bescheide auch ausdrücklich anerkannt worden ist.

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 = SozR 4 2700 § 8 Nr. 15, jeweils Rn. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 Rn. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R, juris).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs – der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität – genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S.d. "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist zur Überzeugung des Senats ein wesentlicher Zusammenhang zwischen den bei der Klägerin über den 21.01.2013 hinaus bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden mit dem Wegeunfall vom 12.12.2012 nicht belegt. Das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit begründenden Unfallfolgen im Bereich der Wirbelsäule über den 21.01.2013 hinaus kann der Senat nicht feststellen. Insoweit ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.

Der Senat kann allenfalls feststellen, dass die Klägerin sich bei dem Unfallereignis am 12.12.2012 eine Prellung der LWS und eine Distorsion der HWS Grad I zugezogen hat, die bis zum 21.01.2013 ausgeheilt war. Die darüber hinaus bestehenden Beschwerden der LWS, insbesondere in Gestalt von Lumbosakralgien und von Cervicocephalgien, beruhen auf unfallunabhängigen Achsenabweichungen mit Hyperkyphosen der BWS und Hyperlordose der LWS sowie beginnenden Verschleißerscheinungen der Wirbelgelenke an der LWS im Sinne von Spondylarthrosen caudal betont. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit lag damit nach dem 21.01.2013 nicht mehr vor.

Dies entnimmt der Senat insbesondere dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. K./OA G. vom 17.03.2014. Die Gutachter haben wie schon der Beratungsarzt Dr. K. in der Stellungnahme vom 27.05.2013 nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass das Unfallgeschehen vom 12.12.2012 die bestehenden Achsenabweichungen der Wirbelsäule nicht verursacht hat. Dies stützen die Gutachter sowie auch der Beratungsarzt Dr. K. darauf, dass bei der Klägerin unmittelbar nach dem Unfall keine Traumafolgen an der LWS, sowohl knöchern wie auch diskoligamentär, festgestellt werden konnten und sich auch an der HWS keine Unfallfolgen nachweisen ließen. So fand sich computertomographisch am 12.12.2012 kein Hinweis auf ein Trauma der Lendenwirbelsäule, eine Fraktur war nicht nachweisbar (Bericht des Dr. A. vom 12.12.2012, Bl. 5 VA). Auch im Bereich der HWS zeigten Röntgenaufnahmen, nachdem sich die Klägerin am 20.12.2012 wegen neu aufgetretener Schmerzen an der HWS vorgestellt hatte, keine Unfallfolgen (Zwischenbericht vom 06.02.2013, Bl. 11 VA). Daraus schließt Dr. K. auf das Erleiden allenfalls einer Rumpfprellung. Prof. Dr. K./OA G. gehen von einer LWS-Prellung und einer HWS-Distorsion aus. Im Übrigen stützen die Gutachter ihre Auffassung für den Senat nachvollziehbar darauf, dass nach der Vorerkrankungsbescheinigung der AOK die Klägerin bereits seit 2008 an Lumbosakralgien leidet. Danach sind für die Zeit vom 29.10.2008 bis 09.11.2008 eine Krankheit der Wirbelsäule/des Rückens, vom 08.06.2009 bis 14.06.2009, vom 15.07.2010 bis 01.08.2010 und vom 28.02.2011 bis 25.03.2011 die Diagnosen Lumboischialgie und Spondylolisthesis sowie zeitweise Radikulopathie im Lumbalbereich aufgeführt. Darüber hinaus ergeben sich aus der Übersicht über Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 20.03.2015 bereits Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 05.02.1990 bis 10.03.1990 wegen eines Lendenwirbelsäulensyndroms, vom 02.01.2002 bis 30.01.2002 wegen Rückenschmerzen sowie vom 10.04.2003 bis 26.04.2003 wegen einer Lumboischialgie. Auch für den Bereich der Halswirbelsäule ist neben der Diagnose einer HWS-Distorsion, die für die Zeit vom 28.07.2011 bis 15.08.2011 gestellt wurde, aus der Übersicht über Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 20.03.2015 eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 20.01.1997 bis 22.01.1997 aufgrund einer Zervikobrachialgie ersichtlich. Auch die als sachverständige Zeugen befragten behandelnden Ärzte der Klägerin bestätigen Behandlungen wegen Wirbelsäulenbeschwerden bereits lange Zeit vor dem Unfallereignis. Dr. B. hat die Klägerin am 03.03.2003 wegen Beschwerden besonders der HWS mit rezidivierenden Blockierungen und Manipulationen behandelt. Als Diagnosen sind eine chronische Cervikalgie und multiple Blockierungen der Wirbelsäule genannt. Zudem ergibt sich aus dem Krankenblattauszug für den 02.03.2003, dass bereits eine Schmerztherapie durchgeführt worden war. Nach den Angaben zu den Behandlungen im Jahr 2009 ist dem Krankenblattauszug das Bestehen einer akuten Lumboischialgie und Spondylolisthesis L5/S1 zu entnehmen, die zur Verordnung von Ibuprofen, einer physikalischen Therapie und einer LWS-Bandage geführt haben. Bei den Vorstellungen im Juli und August 2009 bestanden die Diagnosen fort, weswegen ein MRT der LWS veranlasst wurde. Es erfolgte, wie erneut im Dezember 2009, die Verordnung physikalischer Therapiemaßnahmen. Erneut im Juli 2010 hatte sich die Klägerin wieder mit starken Schmerzen des lumbosakralen Übergangs und Ischialgie beidseitig vorgestellt. Im September 2010 ist eine Behandlung wegen einer akuten Cervicocephalgie beschrieben. Im Februar und März 2011 stellte sich die Klägerin wiederum mit unter anderem Schmerzen im Bereich des Sitzbeines beidseits vor und wurde wegen einer Spondylolisthesis L5/S1 und Bestehen einer Gangstörung zum Neurologen überwiesen. Im Juni 2011 erfolgte wegen einer Spondylolisthesis und akuten Lumboischialgie mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung die Verordnung einer physikalischen Therapie. Auch die sachverständige Zeugin Dr. L.-K., die die Klägerin seit September 2009 hausärztlich betreut, hat ausgeführt, dass die Klägerin sich häufig wegen LWS- und BWS-Beschwerden vorgestellt hat. Danach litt die Klägerin bereits vor dem Unfallereignis unter Arbeitsunfähigkeit begründenden Beschwerden im Bereich von LWS und HWS, die sich durch die vorbestehenden Achsenabweichungen und degenerativen Veränderungen erklären. Dass die nach dem Unfall bestehenden Beschwerden auf eine Gefügestörung des Achsenorgans zurückzuführen sind, ergibt sich auch aus dem Attest des Dr. M. vom 03.02.2015 (Bl. 64 SG-Akte). Soweit dem Attest darüber hinaus zu entnehmen ist, dass die Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich und Lumbalbereich Folgen des am 12.12.2012 erlittenen Seitenaufpralls seien, begründet dies nicht einen Ursachenzusammenhang der Gesundheitsstörungen mit dem angeschuldigten Unfallereignis. Wie der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. M. zu entnehmen ist, handelt es sich dabei nicht um seine eigene Einschätzung, sondern die der Klägerin, die das Beschwerdebild auf die am 12.12.2012 erlittene Verletzung zurückführe. Zudem behandelt der sachverständige Zeuge die Klägerin erst seit November 2014, so dass er zum Beginn des Beschwerdebildes keine eigenen Erkenntnisse mitteilen kann. Im Übrigen ist seinen Angaben keine Begründung zu entnehmen, auf die die Annahme eines Ursachenzusammenhangs gestützt werden könnte. Auch soweit nach dem ambulanten Untersuchungsbericht des Prof. Dr. St. davon ausgegangen wird, dass sämtliche Beschwerden im Bereich der LWS unfallbedingt seien, spricht dies nicht gegen das Bestehen unfallunabhängiger Vorerkrankungen. Bei seiner Annahme, dass die bei seiner Untersuchung fortbestehenden Beschwerden der Wirbelsäule unfallbedingt seien, stützt sich Prof. Dr. St. allein auf die Angaben der Klägerin, die unfallunabhängige Erkrankungen verneint und angegeben hat, die Schmerzen im Bereich der LWS seien nachfolgend nach dem Unfall eingetreten. Das Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin lag Prof. Dr. St. offensichtlich nicht vor. Prof. Dr. St. konnte demnach die sich daraus ergebenden Gesichtspunkte in seine Bewertung nicht einbeziehen. Dass die vor dem Unfall auftretenden Beschwerden nach den Darstellungen der Klägerin nicht das Ausmaß der danach bestehenden Beschwerden erreichten, spricht nicht für eine Verursachung durch den angeschuldigten Wegeunfall. Vielmehr bestehen bei der Klägerin nach den Feststellungen der Gutachter Prof. Dr. K./OA G. degenerative Veränderungen in Form einer Spondylarthrose, welche naturgemäß im Laufe der Zeit zunehmen, somit auch zunehmende Beschwerden erklären.

Die als Folge des Arbeitsunfalls feststellbaren Gesundheitsstörungen einer LWS-Prellung und einer HWS-Distorsion heilen längstens innerhalb von 6 Wochen, worauf die Gutachter Prof. Dr. K./OA G. hingewiesen haben aus (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 464). Auch der die Klägerin nach dem Unfall behandelnde D-Arzt Dr. S. hat bei der Nachuntersuchung am 14.01.2013 bei Fehlen feststellbarer Unfallfolgen im Bereich der HWS und dem Ausschluss einer unfallbedingten Fraktur im Bereich der LWS lediglich aufgrund einer ausgeprägten vegetativen Begleitsymptomatik eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.01.2013 befürwortet (Bericht vom 06.02.2013). Die von Dr. B. darüber hinaus am 08.02.2013 zunächst bis 24.02.2013 (Bl. 12 VA) attestierte Arbeitsunfähigkeit bestand nicht unfallbedingt. Vielmehr entsprachen die aufgeführten Beschwerden in Gestalt von Schmerzen der LWS und des lumbosakralen Übergangs mit Druckschmerzhaftigkeit des lumbosakralen Übergangs und paravertebral den bereits vor dem Arbeitsunfall wiederholt aufgetretenen Beschwerden aufgrund der Achsenabweichungen. Die über den 21.01.2013 hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit bestand demnach nicht unfallbedingt und begründet somit keinen Anspruch auf Verletztengeld.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved