Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 85/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 33/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.10.2012 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2011 verurteilt, an den Kläger EUR 13.198,39 zu zahlen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Beiträgen.
Der im März 1948 in der Türkei geborene türkische Kläger war (nach Berufstätigkeit und Wehrdienst in der Türkei) vom 24.5.1973 bis zum 30.9.1982 im deutschen Steinkohlebergbau versicherungspflichtig beschäftigt; zuletzt war er im Bergwerk F/D der Eschweiler Bergwerks-Verein (EBV) AG in I tätig. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, weil der Kläger seit dem 18.10.1982 ohne Entschuldigung der Arbeit fern geblieben sei (Schreiben vom 28.10.1982, gerichtet an die Anschrift des Klägers in der Türkei). In der Türkei war der Kläger bis Dezember 1991 und erneut ab Februar 1992 bis August 1995 berufstätig. Auf seinen Antrag vom August 1995 bewilligte ihm der türkische Rentenversicherungsträger ab dem 1.9.1995 eine Rente, die allein auf türkischen Zeiten beruht.
Im September 2004 ging bei der Beklagten (damals noch "Bundesknappschaft, seit dem 1.10.2005 "Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See (DRV KBS)") ein Schreiben eines P I aus B als "Bevollmächtigtem" in der "Rentenangelegenheit Herr L" ein, dem eine handschriftliche "Vollmacht" beigefügt war. Er bitte um Mitteilung, ob der Versicherte seine Rente monatlich oder die ganze Rente zusammen bekommen könne. Auf diesem Schreiben befand sich ein handschriftlicher Vermerk, worin es heißt, der Betroffene habe Deutschland am 17.8.1982 freiwillig verlassen. Die Beklagte fertigte unter dem 29.9.2004 einen Ausdruck aus dem elektronisch gespeicherten Versicherungskonto des Klägers (sog. Gesamtkontospiegel) und entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Beitragserstattung habe. Die nach den elektronisch gespeicherten Daten von ihm in der Zeit vom 24.5.1973 bis zum 30.9.1982 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge in Höhe von DM 25.813,80 seien mit Bescheid vom 20.3.1985 erstattet worden (Bescheid vom 02.11.2004, gerichtet an die Anschrift des Klägers in der Türkei, bekannt gegeben wohl nur dem "Bevollmächtigten" I).
Im November 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer (Alters -)Rente. Er habe von Januar 1973 bis zum 14.8.1982 in Deutschland "im Eschweiler Bergwerk" gearbeitet. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab, weil auf die Wartezeit anrechenbare deutsche Versicherungszeiten nicht mehr vorhanden seien. Die vom 24.5.1973 bis 30.9.1982 entrichteten Beiträge seien ihm mit Bescheid vom 20.3.1985 erstattet worden. Dies führe dazu, dass das Versicherungsverhältnis endgültig aufgelöst sei (Bescheid vom 12.2.2008). Mit seinem Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass er keine Beitragsrückerstattung beantragt oder erhalten habe. Er bitte um Übersendung einer Kopie seines Antrags, damit er das Vorbringen der Beklagten prüfen könne. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Dem Kläger sei bereits im November 2004 mitgeteilt worden, dass die in Deutschland gezahlten Beiträge erstattet worden seien (Widerspruchsbescheid vom 14.7.2008).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund (Vorprozess, Aktenzeichen (Az) S 6 KN 236/08) machte der Kläger geltend, er habe den behaupteten Erstattungsbetrag nicht erhalten. Ein P I sei von ihm nicht beauftragt worden, die vorgelegte Vollmacht enthalte nicht seine Unterschrift. Die Beklagte legte dort einen (verschlüsselten) Ausdruck der bei ihr elektronisch gespeicherten Daten des Klägers (Gesamtkontospiegel vom 27.11.2008) vor, aus dem sich ergeben soll, dass sie nach Ablehnung eines ersten Erstattungsantrags vom 13.9.1984 (mit Bescheid vom 30.1.1985) den weiteren Erstattungsantrag vom 8.2.1985 mit Bescheid vom 20.3.1985 dahingehend beschieden habe, dass für den Zeitraum vom 24.5.1973 - 30.9.1982 ein Betrag von insgesamt 25.813,80 DM als Erstattungsbetrag festgesetzt wurde. Über die Zustellung des Bescheides vom 20.3.1985 oder die Leistungsbewirkung enthält der Gesamtkontospiegel keine Angaben. Nach Hinweis des SG, dass nach dem Lebensalter des Klägers eine Regelaltersrente noch nicht in Betracht komme, machte der Kläger den zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Beitragserstattung zum Hauptantrag, stellte - nach weiterem Hinweis des SG, dass insoweit noch kein anfechtbarer Bescheid vorliege - im Juli 2010 einen Antrag auf Beitragserstattung (auch nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) und nahm (am 1.9.2011) die Klage zurück.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Beitragserstattung ab: Erstattungsfähige Beiträge seien nicht mehr vorhanden. Die vom 24.5.1973 bis 30.9.1982 gezahlten Arbeitnehmeranteile seien erstattet worden. Damit sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst. Eine nochmalige Auszahlung des Beitragserstattungsbetrages sei ausgeschlossen. Aufgrund der getroffenen Entscheidung erübrige sich eine Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 2.11.2004 gemäß § 44 SGB X (Bescheid vom 29.12.2010). Mit seinem Widerspruch behauptete der Kläger, sein Anspruch auf Beitragserstattung sei nicht erfüllt worden. Eine Auszahlung an ihn sei nicht erfolgt. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.2.2011).
Mit seiner Klage vom 24.2.2011 hat der Kläger begehrt, die Beklagte zur Zahlung von 13.198,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. Der Anspruch auf Beitragserstattung sei nicht durch Erfüllung erloschen. Die Beweislast für die Erfüllung liege bei der Beklagten. Der Beweis sei nicht erbracht, weil die Beklagte die entsprechenden Schriftstücke nicht vorlegen könne.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung für richtig gehalten und hat darauf hingewiesen, dass sich aus dem Schlüssel 1830 im elektronischen Versicherungskonto zweifelsfrei ein knappschaftlicher Erstattungsbetrag in Höhe von 25.813,80 DM ergebe. Sie hat dazu einen weiteren Gesamtkontospiegel vom 16.6.2011 (auszugsweise) vorgelegt, aus dem sie dies herleitet.
Das SG hat die Klage - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung -abgewiesen: Es sei davon auszugehen, dass dem Kläger die streitigen Beiträge erstattet worden sind. Dieser Vorgang ergebe sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Gesamtkontospiegel der Beklagten vom 29.9.2004/27.11.2008. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die sich aus dem Gesamtkontospiegel ergebenden Grunddaten fehlerhaft sein könnten. Auch der Umstand, dass der Kläger gegen den Bescheid vom 2.11.2004 keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, spreche dafür, dass ein Beitragserstattungsverfahren durchgeführt worden ist. Andernfalls hätte sich der Kläger nach allgemeiner Lebenserfahrung bereits gegen diesen Bescheid gewandt (Urteil vom 26.1.2012, dem Klägerbevollmächtigten am 3.2.2012 zugestellt).
Mit seiner am Montag, dem 5.3.2012 eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er habe die Bundesrepublik Deutschland im August 1982 verlassen. Er sei seinerzeit in die Türkei mit der Absicht eingereist, dort lediglich den Sommerurlaub zu verbringen und wieder nach Deutschland zurückzukehren. In der Türkei habe er jedoch entschieden, in seiner Heimat zu bleiben, und seine Arbeit in der Bundesrepublik nicht fortzusetzen. Den Angaben im Gesamtkontospiegel könne nicht entnommen werden, dass der Erstattungsbeitrag tatsächlich ausgezahlt worden ist. Bei der Erstellung eines EDV-Dokuments wie des Gesamtkontospiegel könnten Fehler unterlaufen, weil dieser durch einen Mitarbeiter der Beklagten erstellt werde. Ihm komme keine gesetzliche Vermutung zu. Der Kläger hat in Ablichtung die Gehaltsabrechnung der EBV AG für den Monat Juni 1981 in Ablichtung vorgelegt. Aus dem dort angegebenen Bankenschlüssel ergibt sich, dass der Kläger damals ein Gehaltskonto der der BHF Bank unterhielt.
Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat, sie werde im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung den Zinsanspruch des Klägers selbstverständlich erfüllen, beantragt der Kläger nur noch,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.01.2012 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2011 zu verurteilen, dem Kläger von Mai 1973 bis September 1982 gezahlte Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von EUR 13.198,39 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die angefochtene Entscheidung sei zutreffend. Aus der Kombination der Angaben im Gesamtkontospiegel und einem fehlenden Zahlungsrücklauf ergebe sich der Nachweis einer früheren Beitragserstattung, überdies sei der Erstattungsanspruch verjährt. Nach Auffassung des Bayrischen LSG reichten für den Nachweis einer wirksamen Beitragserstattung die Angaben im Gesamtkontospiegel aus. Sie hat angeregt, den Kläger als Partei zum Beweis der Tatsachen zu vernehmen, dass ihm auf seinen Antrag die Beiträge mit Bescheid vom 20.3.1985 in Höhe von DM 25.813,80 erstattet worden sind und er den Erstattungsbetrag auch tatsächlich in Empfang genommen hat.
Die BHF Bank hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, sie könne nur noch bestätigen, dass in der Vergangenheit eine Geschäftsbeziehung zum Kläger bestanden habe. Unterlagen dazu seien in ihrem Archiv nicht mehr vorhanden. In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger eingehend befragt worden. Der als Zeuge geladene P I hat sein Nichterscheinen durch Krankheit entschuldigt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Vorprozessakten des SG Dortmund (Az S 6 KN 236/08) Bezug genommen. Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Entgegen der Auffassung des SG ist der Kläger durch den Bescheid vom 29.12.2010 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2011, § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) beschwert, § 54 Abs 2 S 1 SGG. Der ablehnende Bescheid ist rechtswidrig, weil dem Kläger der streitige Erstattungsanspruch zusteht.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.2.2011. Darin lehnt die Beklagte einen Erstattungsanspruch ab, weil erstattungsfähige Beiträge nicht mehr vorlägen. Dies folge daraus, dass "nach den elektronisch gespeicherten Daten" die streitigen Beiträge bereits 1985 erstattet worden seien. Damit sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst; Ansprüche aus den zuvor in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten bestünden nicht mehr; eine nochmalige Auszahlung des Erstattungsbetrages sei ausgeschlossen. Die Beklagte entscheidet damit zu Recht originär über den Erstattungsantrag von Juli 2010 und nicht - wie ebenfalls beantragt - nach § 44 SGB X über einen Antrag aus 2004. Sie verzichtet damit darauf, sich über § 44 SGB X auf die Bestandskraft des Bescheides vom 2.11.2004 zu berufen. (Dieses Vorgehen dürfte in der Sache richtig sein, weil nach Lage der Akten nicht festgestellt werden kann, ob der Antrag vom September 2004 dem Kläger zuzurechnen und der Bescheid vom 2.11.2004 dem Kläger wirksam bekannt gegeben worden ist.) Die Beklagte wendet gegen den geltend gemachten Erstattungsanspruch im Ergebnis nicht (lediglich) ein, dieser sei bereits erfüllt, sondern - weiter reichend - es bestehe aufgrund eines früher durchgeführten (vollständigen) Erstattungsverfahrens kein Versicherungsverhältnis mehr, aus dem Ansprüche hergeleitet werden könnten, § 210 Abs 6 S 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist begründet. Der - in der Höhe zu Recht von den Beteiligten mit EUR 13.198,39 bezifferte - Erstattungsanspruch des Klägers folgt aus § 210 Abs 1 Nr 1, Abs 3 S 1 SGB VI. Da der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (hier spätestens Juli 2010) die für ihn geltende Regelaltersgrenze (65 Jahre und 2 Monate, vgl § 235 Abs 2 Satz 2 SGB VI) noch nicht erreicht hatte, ist für sein Begehren nicht § 210 Abs 1 Nr 2 SGB VI, sondern § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI einschlägig. Danach werden Beiträge zur (deutschen) gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag solchen Versicherten erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben. Weitere Voraussetzungen sind, dass seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und dass seither nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist, § 210 Abs 2 SGB VI.
Der Kläger hat den erforderlichen (gestaltenden) Antrag jedenfalls im Juli 2010 gestellt. Sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, entsteht der Erstattungsanspruch. Da dieser keine wiederkehrende, sondern eine einmalige Leistung betrifft (BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 10), ist für seine Beurteilung (und seine rechtsgestaltende Wirkung) allein die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der wirksamen Antragstellung maßgeblich; spätere Änderungen sind nicht mehr zu berücksichtigen (stRspr, vgl BSGE 86, 262, 265 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2 S 5 mwN; BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 15). Folglich ist ohne Belang, dass der Kläger zwischenzeitlich (im Jahr 2013) die Regelaltersgrenze erreicht hat.
Der Kläger hat zum Zeitpunkt der Antragstellung sämtliche Voraussetzungen für eine Beitragserstattung erfüllt: Er ist aufgrund der für ihn in den Jahren 1973 bis 1982 gezahlten Pflichtbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung "Versicherter" iS der Vorschrift. Das vorgelegte Kündigungsschreiben sowie die vorgelegten Gehaltsabrechnung bestätigen zusätzlich, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Der Kläger war im Juli 2010 in der deutschen Rentenversicherung offensichtlich "nicht versicherungspflichtig". Er hatte bei Antragstellung auch nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 210 Abs 1 Nr 1 Halbsatz 2 SGB VI. Nach § 7 Abs 1 S 1 SGB VI (in der bis heute unverändert geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989, BGBl I 2261) können sich alle Personen, die "nicht versicherungspflichtig" sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Dies gilt nach dem persönlichen und räumlichen Anwendungsbereich der Versicherung allerdings nur für Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 3 Abs 1 Nr 2 SGB IV) oder für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben (§ 7 Abs 1 S 2 SGB VI). Es gilt also nicht für den in der Türkei lebenden türkischen Kläger. Schließlich sind seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Monate abgelaufen, ohne dass (bis 2010) erneut Versicherungspflicht eingetreten ist, § 210 Abs 2 SGB VI.
Dagegen kann die Beklagte nicht einwenden, das auf der Beschäftigung von 1973 bis 1982 beruhende Versicherungsverhältnis sei 1985 durch eine Beitragserstattung aufgelöst worden, § 210 Abs 6 S 2 SGB VI. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung im deutschen Steinkohlenbergbau nach der anschließenden Rückkehr in seine türkische Heimat grundsätzlich einen Erstattungsanspruch erworben hat. Die Beklagte wendet gegen diesen Anspruch lediglich rechtsvernichtend ein, der Kläger habe sein Gestaltungsrecht auf Erstattung der gezahlten (Arbeitnehmer-)Beiträge bereits 1984/85 ausgeübt, und sie habe daraufhin den Erstattungsanspruch bereits 1985 erfüllt. Dadurch sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst worden, § 210 Abs 6 S 2 SGB VI. Damit wendet sie gegen den Anspruch ein, der Kläger sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2010 (und schon früher) nicht mehr Versicherter gewesen. Streitig ist damit allein, ob ein früheres Beitragserstattungsverfahren zur Auflösung des Versicherungsverhältnisses geführt hat, so dass der Kläger daraus keine Rechte mehr herleiten kann. Das ist nicht der Fall.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass 1985 eine vollständige, rechtswirksame Beitragserstattung erfolgt ist. Die verbleibenden (Rest-)Zweifel wirken sich nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten aus. Dieser Grundsatz besagt, dass der Nachteil der Nichterweislichkeit von Tatsachen sich zu Lasten desjenigen auswirkt, der aus diesen Tatsachen Rechtsfolgen herleitet. Dies ist hier die Beklagte, die gegen den Erstattungsanspruch des Klägers - rechtsvernichtend - einwendet, das Versicherungsverhältnis sei 1985 durch Beitragserstattung aufgelöst worden.
Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich (1) ein Erstattungsantrag, (2) ein wirksamer Erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung (= Erfüllung des Erstattungsanspruchs entsprechend § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) vorliegen. Für die ordnungsgemäße und wirksame Durchführung einer Beitragserstattung trägt die Beklagte die objektive Beweislast (vgl besonders zur Beweislast: BSGE 80, 41 ff = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6; vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 21.9.2003, Az L 2 KN 19/03, und Urteil vom 16.8.2007, Az L 2 KN 259/06; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 (2) KN 42/08, L 18 KN 30/10 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11 und zuletzt vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und L 18 KN 45/11, alle bei juris). Es kann offen bleiben, ob die rechtsgestaltende Wirkung der Beitragserstattung bereits aus dem Erstattungsantrag oder erst aus dem Erstattungsbescheid folgt (LSG NRW, Urteil vom 18.10.2001, Az L 2 KN 64/01 mwN) und unter welchen Voraussetzungen sich die Beklagte bei nicht erwiesener Erfüllung der Erstattungsforderung nach Treu und Glauben darauf nicht (mehr) berufen kann. Denn hier ist weder erwiesen, dass der Kläger 1985 einen Antrag auf Erstattung der Beiträge gestellt hat, noch, dass die Beklagte 1985 einen Erstattungsbescheid erlassen, dem Kläger wirksam bekannt gegeben und ihre Erstattungsschuld erfüllt hat.
Allein aufgrund der im Versicherungskonto elektronisch gespeicherten Daten, der Einlassungen des Klägers und der Angaben in der "Stammkarte für Ausländer" steht nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit (Beweismaßstab des Vollbeweises) fest, dass die drei genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies gilt selbst dann, wenn man zugunsten der beweisbelasteten Beklagten ergänzend die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins (sog prima facie-Beweis) heranzieht. Diese Beweisregel gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSGE 8, 245, 247; 12, 242, 246; 19, 52, 54; Humpert in: Jansen. Sozialgerichtsgesetz. 4. Aufl. 2012, § 128 Rdnr 7 mwN;Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer. SGG. 11. Auf 2014. § 128 RdNr 9 mwN; Pawlak in Hennig. SGG. Stand Mai 2016. § 128 RdNr 96; Zeihe. Das SGG und seine Anwendung. Stand April 2016. 3.G. vor § 103; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 32/10, vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11 und L 18 KN 120/12, vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11 und zuletzt vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und L 18 KN 45/11, alle bei juris). Sie besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen auf eine Tatsache geschlossen werden kann, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig Folge eines solchen Geschehensablaufs ist (BSG in: Breithaupt 1999, 357, 362; Keller. aaO. RdNr 9a). Dabei wird der (Voll )Beweis einer Tatsache vermutet, solange nicht Tatsachen erwiesen sind, die den vermuteten typischen Geschehensablauf in Zweifel ziehen (vgl Humpert. AaO; Keller. AaO. RdNr 9e mwN; Pawlak. AaO. RdNrn 94, 99). Ein nachweislich durch eigenen Antrag eingeleitetes und durch bewilligenden Bescheid abgeschlossenes Verwaltungsverfahren zur (vollständigen) Beitragserstattung lässt bei Fehlen entgegenstehender Tatsachen typischerweise den Schluss zu, dass die geschuldete Leistung bewirkt worden ist (stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 (2) KN 42/08, L 18 KN 30/10 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11 und L 18 KN 120/12, vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11, und zuletzt vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und L 18 KN 45/11, alle bei juris; außerdem: LSG NRW, Urteile vom 3.6.2005, Az L 4 RJ 12/03, sowie vom 22.11.2007, Az L 2 KN 140/06; LSG Hamburg, Urteil vom 27.4.2006, Az L 6 RJ 89/04 mwN). Letzteres muss jedenfalls dann gelten, wenn die Leistungsbewirkung nicht substantiiert bestritten worden ist und sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungserbringung nicht zeitnah erfolgt ist (wie etwa zeitnahe Nachfragen des Versicherten, wo das Geld bleibe, vgl LSG NRW, Urteile vom 17.2.1997, Az L 4 J 16/95, und vom 3.6.2005, Az L 4 RJ 12/03; Bayerisches LSG, Urteile vom 14.5.2002, Az L 19 RJ 3/02, und vom 8.12.2004, Az L 19 RJ 203/03). Auch von einem solchen typischen Geschehensablauf kann aber nicht ausgegangen werden, weil es bereits an Urkunden (oder sonstigen Beweismitteln) fehlt, die einen früheren Erstattungsantrag des Klägers und eine folgende Bekanntgabe eines stattgebenden Erstattungsbescheides belegen.
Urkundliche Unterlagen zu dem von der Beklagten behaupteten Erstattungsverfahren (zB Antrag(sformular), Erstattungsbescheid) finden sich in den Akten nicht; dies gilt gleichermaßen für Nachweise über den Zugang eines Erstattungsbescheides sowie die Auszahlung bzw Überweisung des Erstattungsbetrages. Die Beklagte stützt sich zum Nachweis eines ordnungsgemäß durchgeführten Erstattungsverfahrens deshalb im Kern auf die im elektronischen Versicherungskonto des Klägers gespeicherten Daten. Diese Daten allein genügen zur Überzeugung des Senats aber nicht, eine vollständige wirksame Beitragserstattung mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit zu beweisen (grundlegend bereits: Urteil des Senats vom 19.8.2014, Az. L 18 KN 45/11, s dazu den die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückweisenden Beschluss des BSG vom 2.4.2015, Az B 13 R 361/14 B). Sie lassen bestenfalls den Schluss auf einen intern abgelaufenen Verwaltungsvorgang zu und (im Übrigen) allenfalls als möglich erscheinen, dass (außerdem) verfahrenseinleitend ein wirksamer Erstattungsantrag des betroffenen Versicherten gestellt und ein Erstattungsbescheid an ihn ergangen ist (vgl zuletzt Senatsurteile vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11 und L 18 KN 120/12, vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11, und vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und grundlegend: L 18 KN 45/11, alle bei juris; zuvor insbesondere Urteile des 2. Senats des LSG NRW vom 16.12.2010, Az L 2 KN 169/09, vom 22.11.2007, Az L 2 KN 140/06, und vom 16.8.2007, Az L 2 KN 259/06, diese zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). Zum Nachweis der wirksamen Antragstellung durch den Versicherten, des Zugangs eines Erstattungsbescheids und der Erfüllung der Erstattungsforderung bedarf es in der Regel (mindestens) weiterer feststehender Hilfstatsachen, die den Schluss auf die maßgeblichen Haupttatsachen (Antragstellung, Zugang eines Erstattungsbescheides, Leistung mit befreiender Wirkung an den - ehemaligen - Versicherten) zulassen. Der abweichenden Auffassung des Bayerischen LSG (zB Urteil vom 17.7.2013, Az L 13 R 275/12 sowie Urteil vom 18.11.2009, Az L 13 R 559/08, beide zitiert nach juris) schließt sich der Senat nicht an, weil diese Rechtsprechung nicht erklärt, inwiefern sich aus elektronisch gespeicherten Daten nach den maßgeblichen prozessualen Beweisgrundsätzen im Wege des Strengbeweises (vgl dazu M. Kühl in: Breitkreutz-Fichte. SGG. Kommentar. 2. Aufl. 2014, § 118 Rdnr 2) die Antragstellung, die Bekanntgabe des darin erwähnten Bescheids und die Erfüllung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergeben sollen.
Der Ausdruck des Gesamtkontospiegels, also der in dem von der Beklagten geführten elektronischen Versicherungskonto des Klägers gespeicherten Daten, ist keine öffentliche Urkunde, aus der sich die genannten Haupttatsachen ergeben, weder eine öffentliche Urkunde über Erklärungen nach § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 415 Abs 1 ZPO noch eine öffentliche Urkunde über eine amtliche Entscheidung nach § 417 ZPO. Allein mit einem solchen Ausdruck kann nicht bewiesen werden, dass die dort gespeicherten Vorgänge (Datum eines Antrags sowie eines Bescheids, Erstattungszeitraum sowie -betrag) so wie dort gespeichert stattgefunden haben. Der Ausdruck kann insoweit keine Urkunde sein, weil es sich lediglich um einen "Ausdruck" handelt, der (allenfalls) dokumentiert, dass die entsprechenden Daten elektronisch gespeichert sind. Zur objektiven Richtigkeit der Daten besagt er nichts. Urkunden in diesem Sinne können nur schriftliche Dokumente sein, von denen ein Original existiert bzw existiert hat, vgl § 435 ZPO. Beweiskraft kann einer Urkunde nur zukommen, wenn sie echt ist oder dies vermutet wird (§§ 437 ff ZPO; vgl Huber in: Musielak. ZPO. 11. Aufl 2014. § 415 RdNr 2). Diese Anforderungen kann ein (beliebig wiederholbarer) Ausdruck elektronisch gespeicherter Daten von vornherein nicht erfüllen.
Der Ausdruck des Gesamtkontospiegels steht auch nicht - selbst wenn er mit einem Beglaubigungsvermerk versehen wäre - nach § 416a ZPO einer öffentlichen Urkunde in beglaubigter Abschrift gleich. Nach dieser Vorschrift steht der mit einem Beglaubigungsvermerk versehene Ausdruck eines öffentlichen elektronischen Dokuments gemäß § 371a Abs 3 ZPO einer öffentlichen Urkunde in beglaubigter Abschrift gleich, wenn ihn eine öffentliche Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt hat. Bei dem elektronischen Gesamtkontospiegel, also den in dem Versicherungskonto gespeicherten Daten, handelt es sich gerade nicht um ein öffentliches elektronisches Dokument nach § 371a Abs 3 S 1 ZPO. Danach sind öffentliche elektronische Dokumente (nur) elektronische Dokumente, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt worden sind. Die Regelung des § 416a ZPO soll gewährleisten, dass der Beweis durch Urkunden in Papierform auch dann geführt werden kann, wenn das Originaldokument (nur) in elektronischer Form besteht. Die Vorschrift bestimmt, unter welchen Voraussetzungen dem Papier-Ausdruck eines bestimmten elektronischen Dokuments die Wirkungen einer Urkunde zukommen können (Huber. AaO. § 416a RdNr 1). Daraus ergibt sich, dass ein öffentliches elektronisches Dokument iS der § 371a Abs 3 S 1 und § 416a ZPO mit Ausnahme der Schriftlichkeit die Merkmale einer öffentlichen Urkunde iS der §§ 415, 417 f ZPO erfüllen muss, um mit diesen gleichgestellt werden zu können. Dies ist bei dem elektronischen Gesamtkontospiegel nicht der Fall.
Der elektronische Gesamtkontospiegel kann keiner öffentlichen Urkunde über Erklärungen nach § 415 Abs 1 ZPO gleichgestellt werden. Die Beweiskraft nach dieser Vorschrift erstreckt sich darauf, dass die Erklärung samt dem niedergelegten Inhalt und den Begleitumständen (Zeit, Ort, Behörde, Urkundsperson) zutreffend und vollständig so wie beurkundet, bzw - bei öffentlichen elektronischen Dokumenten - gespeichert, und nicht anders abgegeben wurde (Huber. AaO. § 415 RdNr 10). Daten mit dieser Aussagekraft über bei der Beklagten abgegebene Erklärungen enthält der elektronische Gesamtkontospiegel nicht. Dieser gibt lediglich die Daten "Antrag 08.02.1985" wieder. Dies stellt die bloße Angabe dar, dass an dem genannten Datum eine Erklärung gegenüber der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundesknappschaft, abgegeben worden sein soll. Der tatsächliche Inhalt der Erklärung, der die Bewertung zulässt, es handele sich rechtlich um einen Antrag auf Erstattung der zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge, ist dem Gesamtkontospiegel gerade nicht zu entnehmen. Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte diesen Antrag unter dem "Schlüssel" SC 1830, der nach Angabe der Beklagten für die Speicherung von Beitragserstattungsverfahren gebraucht wird, gespeichert hat, kann nicht auf den Inhalt der abgegebenen Erklärung geschlossen werden. Vielmehr muss sich aus dem öffentlichen elektronischen Dokument selbst die Erklärung mitsamt dem niedergelegten Inhalt ergeben, damit sich die Beweiskraft nach § 415 Abs 1 ZPO hierauf erstrecken kann. Darüber hinaus geht die Zuweisung zu dieser "Schlüsselnummer" nicht auf den Erklärenden, sondern auf die Beklagte zurück. Sie kann deshalb auch auf der unzutreffenden Wertung einer Erklärung beruhen. Daneben ergibt sich aus den Daten des elektronischen Gesamtkontospiegels auch nicht, wer den etwaigen "Antrag" gestellt haben soll, ob dies der Kläger persönlich, ein wirksam Bevollmächtigter oder irgendeine - uU nicht wirksam bevollmächtigte - dritte Person war. Da der Kläger nur bis Mitte 1982 in Deutschland beschäftigt war und nach eigenen Angaben seither dauerhaft in der Türkei lebt, liegt nahe, dass er sich im Zeitpunkt, an dem der Antrag gestellt worden sein soll, in der Türkei aufhielt, so dass durchaus möglich erscheint, dass ein Dritter für ihn den (etwaigen) Antrag gestellt haben könnte. In diesem Fall müsste die Beklagte nachweisen, dass diese dritte Person ordnungsgemäß vom Kläger bevollmächtigt worden ist. Im Hinblick auf das 2004 eingeleitete Erstattungsverfahren lässt sich beispielsweise nicht sicher feststellen, ob der augenscheinlich tätig gewordene P I vom Kläger bevollmächtigt worden ist. Der Kläger hat dies durchweg bestritten. Die vorgelegte handschriftliche Vollmacht enthält ersichtlich nicht die - mehrfach aktenkundige - Unterschrift des Klägers, sondern lediglich dessen Namen in Einzelbuchstaben, wobei sich das äußere Erscheinungsbild des Namenszuges sich nicht vom Übrigen Text abhebt. Anhaltspunkte für eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sind nicht ersichtlich. Trotzdem hat die Beklagte diesen Antrag als rechtswirksam gestellt betrachtet und beschieden. Die Person des Erklärenden sowie mögliche Vollmachten des Versicherten lassen sich den gespeicherten Daten nicht entnehmen, so dass eine wirksame, dem Kläger zurechenbare Antragstellung dem elektronischen Gesamtkontospiegel nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen ist.
Dem elektronischen Gesamtkontospiegel kann auch nicht die Beweiskraft von öffentlichen Urkunden über amtliche Anordnungen, Verfügungen oder Entscheidungen nach § 417 ZPO zukommen, da er keine amtliche Entscheidung iS eines Verwaltungsakts ist. Im hier maßgeblichen Zusammenhang sind ihm lediglich die Daten "Bescheid 20.3.1985", "Erstattung von 24.05.1973 bis 30.09.1982", "Erstattungsbetrag 0,00" bzw "1 25813,80" zu entnehmen. Dies reicht nicht aus, um den elektronischen Gesamtkontospiegel einer öffentlichen Urkunde nach § 417 ZPO gleichstellen zu können. Die Beweiskraft nach dieser Vorschrift umfasst, dass die Anordnung, Verfügung oder Entscheidung tatsächlich erlassen wurde und hierbei den Inhalt hat, der sich aus der Urkunde ergibt, und unter den in der Urkunde angegebenen Umständen ergangen ist, also Beweis erbringt auch hinsichtlich Ort und Zeit (Krafka in: BeckOK ZPO. Stand: 1.3.2016. § 417 RdNr 5). Mit der Aktenlage nicht (ganz) übereinstimmenden Angaben in einem Gesamtkontospiegel hat der Senat bereits in zahlreichen anderen Verfahren festgestellt (vgl zB das Parallelurteil vom heutigen Tag in der Streitsache L 18 KN 31/14, aber auch das bereits mehrfach erwähnte Senatsurteil vom 19.8.2014, Az L 18 KN 45/11). Vor diesem Hintergrund ist der Senat nicht davon überzeugt, dass sich aus der bloßen Speicherung von Daten in einem elektronischen Gesamtkontospiegel mit der nötigen Sicherheit entnehmen lässt, dass ein vollständiges Beitragsverfahren stattgefunden hat, zumal sich darin grundsätzlich keine Angaben zur Bekanntmachung eines Erstattungsbescheides und Bewirkung der Leistung finden lassen.
Im Wege des Augenscheinbeweises kann dem Ausdruck des elektronischen Gesamtkontospiegels allenfalls entnommen werden, dass Bedienstete (oder Beauftragte) der Beklagten die Daten irgendwann eingegeben und gespeichert haben. Den sicheren Schluss auf die entscheidungserheblichen Tatsachen lässt die Inaugenscheinnahme des elektronischen Gesamtkontospiegel bzw der Ausdrucke nicht zu. Es kann daraus bestenfalls der - wahrscheinliche, da Eingabefehler nie ganz auszuschließen sind - Schluss gezogen werden, dass zum Versichertenkonto des Klägers ein Vorgang existierte, den die Beklagte intern als "Erstattungsverfahren" bewertet und bearbeitet hat.
Geschehensabläufe, die typischerweise den Schluss auf eine Beitragserstattung an den Kläger zulassen, sind danach nicht erwiesen. Dies gilt selbst dann, wenn man in Rechnung stellt, dass die zur Beitragserstattung gespeicherten Daten durchaus eine gewisse Plausibilität haben. Den letzten Pflichtbeitrag in Deutschland hat der Kläger im September 1982 entrichtet. Nach § 95 Abs 1 S 2 Reichsknappschaftsgesetz war eine Beitragserstattung auch damals idR erst zwei Jahre nach Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung möglich. Im Zeitpunkt der gespeicherten (ersten) Antragstellung im September 1984 war diese Frist abgelaufen. Es lässt sich aber gerade nicht typischerweise folgern, dass eine Beitragserstattung immer nach Ablauf der maßgeblichen Wartefrist wirksam durchgeführt worden ist. So sind dem Senat (und damit auch der Beklagten) Fälle bekannt, in denen eine Beitragserstattung gar nicht oder nicht zeitnah dokumentiert ist oder erst später vom Rentenversicherungsträger (zB anlässlich eines Rentenantrags wegen Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit) angeregt worden ist. Hinzu kommt vorliegend, dass der Kläger - nach eigenen, durchgehend einheitlichen, im Termin bestätigten Angaben - nicht geordnet und planmäßig in die Türkei zurückgekehrt ist, sondern ursprünglich nur eine Urlaubsreise beabsichtigt hatte, und danach entschieden hat, dauerhaft in der Türkei zu verbleiben, wohl weil er psychisch überfordert und nicht mehr in der Lage war, sich in Deutschland allein zu versorgen. Das lässt den Schluss zu, dass er sich bis jedenfalls bis dahin über eine Beitragserstattung keine Gedanken gemacht hatte. Anknüpfungspunkte dafür, dass sich das in den Jahren danach geändert hat, sieht der Senat nicht.
Die persönlichen Angaben des Klägers im Termin begründen im Gegenteil erhebliche Zweifel daran, dass dem Kläger die Beiträge 1985 erstattet worden sind. Er hat auf die gezielte Nachfrage ausdrücklich bekundet, von der Beklagten kein Geld erhalten zu haben. Er habe sich nach der Rückkehr in die Türkei nicht mehr mit deutschen Behörden in Verbindung gesetzt. Er habe niemals aus Deutschland Geld erhalten. Aus den Äußerungen des Klägers ergeben sich (anders als in vielen anderen Verfahren) auch keine (mittelbaren) Hinweise auf eine Erstattung oder überhaupt den Erhalt eines Geldbetrages (dies unterscheidet den vorliegenden Sachverhalt zB von demjenigen, der dem Urteil des Bayerischen LSG vom 18.11.2009, Az L 13 R 559/08, zugrunde lag, da der dortige Kläger "nach anfänglichem Zögern eingeräumt (hatte), er habe damals einen Geldbetrag erhalten; er (hatte) diesen nur nicht als Beitragserstattung, sondern als Zahlung von Arbeitsentgelt" eingestuft).
Der Senat hat nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung keine greifbaren Zweifel daran, dass der Kläger seine (rudimentären) Angaben wahrheitsgemäß gemacht hat. Aus seinen Angaben ergeben sich jedenfalls - und das ist wesentlich - entgegen der ursprünglichen Erwartung der Beklagten keine im Sinne des Beklagtenvorbringens positiv ergiebigen Tatsachen. Solche finden sich auch sonst nicht.
Die Stammkarte für Ausländer(Arbeiter) ist - ungeachtet ihres Beweiswerts im Allgemeinen - für die Beklagte allenfalls negativ ergiebig. Sie enthält als handschriftlichen Eintrag neben den persönlichen Daten des Klägers lediglich den Beschäftigungsbeginn "24.5.73". Sie enthält nicht einmal - wie in zahlreichen anderen Verfahren, in denen sich die Beklagte auf eine vollständig durchgeführte Beitragserstattung berufen hat - den Stempelaufdruck "Beitragserstattung" (zum Beweiswert dieses Aufdrucks vgl das weitere Urteil des Senats vom heutigen Tage, Az L 18 KN 31/14).
Auch kann die Beklagte nichts daraus herleiten, dass der Kläger sich nicht gegen den Bescheid vom 2.11.2004 gewandt hat. Es ist schon nicht erkennbar, dass dieser Bescheid dem Kläger (wirksam) bekannt gegeben worden ist. Denn es ist vom Kläger bestritten und auch nach Lage der Akten nicht feststellbar, dass der damals tätig gewordene P I vom Kläger wirksam bevollmächtigt wurde (s.o.). Aber selbst wenn eine wirksame Bevollmächtigung vorlag, kann die Entscheidung, von einem Widerspruch abzusehen, auf mannigfaltigen Gründen beruhen, und ist deshalb im vorliegenden Kontext unergiebig.
Sonstige Hilfstatsachen, die den sicheren Schluss auf eine vollständige Beitragserstattung zulassen, liegen nicht vor.
Es liegt auch kein Sachverhalt vor, der zu einer Umkehr der Beweislast oder einer Absenkung des Beweismaßstabs führte. Der Beweisnotstand der Beklagten resultiert in erster Linie daraus, dass sie ihre etwaigen (Original-)Unterlagen zu dem von ihr behaupteten Beitragserstattungsverfahren vernichtet hat (der Gesamtkontospiegel vom 27.11.2008 enthält dazu den "Vermerk: VERNICHTUNG 2049), so dass ihr nur noch der elektronische Datenbestand des Versicherungskontos, dokumentiert im Gesamtkontospiegel, zu Nachweiszwecken zur Verfügung steht. Aus dieser Vorgehensweise ergeben sich weder eine Absenkung des Beweismaßstabs noch eine Umkehr der Beweislast oder eine der Beklagten zugutekommende Beweiserleichterung. In Fällen einer Beweisnot (bei typischen und unverschuldeten Beweisschwierigkeiten) kann im sozialgerichtlichen Verfahren im Einzelfall zwar eine Beweiserleichterung angenommen werden, so dass sich das Gericht über Zweifel hinwegsetzen und eine Tatsache als bewiesen ansehen kann (BSG, Urteil vom 2.9.2004, Az B 7 AL 88/03 R, juris RdNr 17; vgl auch Keller. aaO. § 128 RdNr 3e mwN). Selbst wenn ein typischer und unverschuldeter Beweisnotstand vorläge, wäre der Senat jedoch weder befugt, den Beweismaßstab zu verringern (BSG, Urteil vom 27.5.1997, Az 2 RU 38/96, juris RdNr 25; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte. SGG. Kommentar. 2. Aufl. 2014, § 128 Rdnr 7), noch träte eine Umkehr der Beweislast ein (BSG, Beschluss vom 4.2.1998, Az B 2 U 304/97 B, juris RdNr 4; Breitkreuz. AaO). Nach den dargestellten Grundsätzen können die Beweisschwierigkeiten der Beklagten nicht dazu führen, dass zu ihren Gunsten Beweiserleichterungen eingreifen, so dass an den Beweis der ordnungsgemäßen Beitragserstattung weniger hohe Anforderungen gestellt werden könnten.
Es handelt sich weder um typische noch um unverschuldete Beweisschwierigkeiten. Typische Beweisschwierigkeiten sind solche, die auf den Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts basieren, also etwa regelmäßig eintreten, wenn Versicherte, die im Ausland leben, Rentenleistungen beantragen. Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist dem Senat aus vielen vergleichbaren Verfahren bekannt, dass andere Rentenversicherungsträger, gelegentlich auch die Beklagte selbst, noch über Unterlagen zu Beitragserstattungsverfahren verfügen, selbst wenn diese vor längerer Zeit (zB in den 1970er-Jahren) stattgefunden haben. Dies beruht offenbar auf der weisen Entscheidung, wichtige Beweisunterlagen auch nach Ablauf von Aufbewahrungsfristen aufzubewahren (bzw von der Vernichtung auszunehmen), wenn sie zum Nachweis der darin urkundlich belegten Tatsachen noch benötigt werden könnten. Es liegen damit schon deshalb keine unverschuldeten Beweisschwierigkeiten vor, weil die Beklagte diese selbst dadurch herbeigeführt hat, dass sie die Unterlagen zu dem behaupteten Beitragserstattungsverfahren vernichtet hat.
Überdies dürfte der Beklagten auch klar sein, dass die im vorliegenden Fall erwiesene Tatsachenlage nicht ausreicht, um den Beweis einer durchgeführten Beitragserstattung zu führen. So hat sie im Parallelverfahren (s. Urteil des Senats vom gleichen Tag, Az L 18 KN 31/14) selbst vorgetragen, 1979 sei in einer Büroverfügung geregelt worden, dass die Akten in Beitragserstattungsfällen für die Dauer von 6 Jahren aufzubewahren seien. Aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG. Urt v 29.1.1997, Az 5 RJ 52/94) sei "zur Vermeidung von Vermögensschäden" die Arbeitsanweisung der Beklagten erst am 26.11.1998 ergänzt worden. Außerdem hat sie 2007 einen "Musterbrief, wenn behauptet wird, dass das Geld aufgrund eines alten Erstattungsbescheides nicht angekommen ist" entworfen. Darin heißt es ua, "Der Bescheid wurde mit Einschreiben/Rückschein zugestellt, die Auszahlung erfolgte per Scheck über eine Bank Ihres Wohnortes an Ihre damalige Adresse [ ] auf das von Ihnen angegebene Konto [ ]". Diese Beispiele machen deutlich, dass auch nach den verschiedenen von der Beklagten angelegten Maßstäben die zur Beweisführung erforderlichen Tatsachen vorliegend nicht bewiesen sind.
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Insbesondere bedarf es keiner Vernehmung des ursprünglich (vorsorglich) geladenen Zeugen I. Es ist nicht ersichtlich, welche von der Beklagten behaupteten Tatsachen der Zeuge bestätigen könnte. Solche Tatsachen hat die Beklagte selbst nicht bezeichnet und entsprechend auch einen dahingehenden Beweisantrag nicht gestellt.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.
C. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs 2 SGG. Maßgeblich für die Entscheidung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Beiträgen.
Der im März 1948 in der Türkei geborene türkische Kläger war (nach Berufstätigkeit und Wehrdienst in der Türkei) vom 24.5.1973 bis zum 30.9.1982 im deutschen Steinkohlebergbau versicherungspflichtig beschäftigt; zuletzt war er im Bergwerk F/D der Eschweiler Bergwerks-Verein (EBV) AG in I tätig. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, weil der Kläger seit dem 18.10.1982 ohne Entschuldigung der Arbeit fern geblieben sei (Schreiben vom 28.10.1982, gerichtet an die Anschrift des Klägers in der Türkei). In der Türkei war der Kläger bis Dezember 1991 und erneut ab Februar 1992 bis August 1995 berufstätig. Auf seinen Antrag vom August 1995 bewilligte ihm der türkische Rentenversicherungsträger ab dem 1.9.1995 eine Rente, die allein auf türkischen Zeiten beruht.
Im September 2004 ging bei der Beklagten (damals noch "Bundesknappschaft, seit dem 1.10.2005 "Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See (DRV KBS)") ein Schreiben eines P I aus B als "Bevollmächtigtem" in der "Rentenangelegenheit Herr L" ein, dem eine handschriftliche "Vollmacht" beigefügt war. Er bitte um Mitteilung, ob der Versicherte seine Rente monatlich oder die ganze Rente zusammen bekommen könne. Auf diesem Schreiben befand sich ein handschriftlicher Vermerk, worin es heißt, der Betroffene habe Deutschland am 17.8.1982 freiwillig verlassen. Die Beklagte fertigte unter dem 29.9.2004 einen Ausdruck aus dem elektronisch gespeicherten Versicherungskonto des Klägers (sog. Gesamtkontospiegel) und entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Beitragserstattung habe. Die nach den elektronisch gespeicherten Daten von ihm in der Zeit vom 24.5.1973 bis zum 30.9.1982 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge in Höhe von DM 25.813,80 seien mit Bescheid vom 20.3.1985 erstattet worden (Bescheid vom 02.11.2004, gerichtet an die Anschrift des Klägers in der Türkei, bekannt gegeben wohl nur dem "Bevollmächtigten" I).
Im November 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer (Alters -)Rente. Er habe von Januar 1973 bis zum 14.8.1982 in Deutschland "im Eschweiler Bergwerk" gearbeitet. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab, weil auf die Wartezeit anrechenbare deutsche Versicherungszeiten nicht mehr vorhanden seien. Die vom 24.5.1973 bis 30.9.1982 entrichteten Beiträge seien ihm mit Bescheid vom 20.3.1985 erstattet worden. Dies führe dazu, dass das Versicherungsverhältnis endgültig aufgelöst sei (Bescheid vom 12.2.2008). Mit seinem Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass er keine Beitragsrückerstattung beantragt oder erhalten habe. Er bitte um Übersendung einer Kopie seines Antrags, damit er das Vorbringen der Beklagten prüfen könne. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Dem Kläger sei bereits im November 2004 mitgeteilt worden, dass die in Deutschland gezahlten Beiträge erstattet worden seien (Widerspruchsbescheid vom 14.7.2008).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund (Vorprozess, Aktenzeichen (Az) S 6 KN 236/08) machte der Kläger geltend, er habe den behaupteten Erstattungsbetrag nicht erhalten. Ein P I sei von ihm nicht beauftragt worden, die vorgelegte Vollmacht enthalte nicht seine Unterschrift. Die Beklagte legte dort einen (verschlüsselten) Ausdruck der bei ihr elektronisch gespeicherten Daten des Klägers (Gesamtkontospiegel vom 27.11.2008) vor, aus dem sich ergeben soll, dass sie nach Ablehnung eines ersten Erstattungsantrags vom 13.9.1984 (mit Bescheid vom 30.1.1985) den weiteren Erstattungsantrag vom 8.2.1985 mit Bescheid vom 20.3.1985 dahingehend beschieden habe, dass für den Zeitraum vom 24.5.1973 - 30.9.1982 ein Betrag von insgesamt 25.813,80 DM als Erstattungsbetrag festgesetzt wurde. Über die Zustellung des Bescheides vom 20.3.1985 oder die Leistungsbewirkung enthält der Gesamtkontospiegel keine Angaben. Nach Hinweis des SG, dass nach dem Lebensalter des Klägers eine Regelaltersrente noch nicht in Betracht komme, machte der Kläger den zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Beitragserstattung zum Hauptantrag, stellte - nach weiterem Hinweis des SG, dass insoweit noch kein anfechtbarer Bescheid vorliege - im Juli 2010 einen Antrag auf Beitragserstattung (auch nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) und nahm (am 1.9.2011) die Klage zurück.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Beitragserstattung ab: Erstattungsfähige Beiträge seien nicht mehr vorhanden. Die vom 24.5.1973 bis 30.9.1982 gezahlten Arbeitnehmeranteile seien erstattet worden. Damit sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst. Eine nochmalige Auszahlung des Beitragserstattungsbetrages sei ausgeschlossen. Aufgrund der getroffenen Entscheidung erübrige sich eine Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 2.11.2004 gemäß § 44 SGB X (Bescheid vom 29.12.2010). Mit seinem Widerspruch behauptete der Kläger, sein Anspruch auf Beitragserstattung sei nicht erfüllt worden. Eine Auszahlung an ihn sei nicht erfolgt. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.2.2011).
Mit seiner Klage vom 24.2.2011 hat der Kläger begehrt, die Beklagte zur Zahlung von 13.198,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. Der Anspruch auf Beitragserstattung sei nicht durch Erfüllung erloschen. Die Beweislast für die Erfüllung liege bei der Beklagten. Der Beweis sei nicht erbracht, weil die Beklagte die entsprechenden Schriftstücke nicht vorlegen könne.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung für richtig gehalten und hat darauf hingewiesen, dass sich aus dem Schlüssel 1830 im elektronischen Versicherungskonto zweifelsfrei ein knappschaftlicher Erstattungsbetrag in Höhe von 25.813,80 DM ergebe. Sie hat dazu einen weiteren Gesamtkontospiegel vom 16.6.2011 (auszugsweise) vorgelegt, aus dem sie dies herleitet.
Das SG hat die Klage - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung -abgewiesen: Es sei davon auszugehen, dass dem Kläger die streitigen Beiträge erstattet worden sind. Dieser Vorgang ergebe sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Gesamtkontospiegel der Beklagten vom 29.9.2004/27.11.2008. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die sich aus dem Gesamtkontospiegel ergebenden Grunddaten fehlerhaft sein könnten. Auch der Umstand, dass der Kläger gegen den Bescheid vom 2.11.2004 keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, spreche dafür, dass ein Beitragserstattungsverfahren durchgeführt worden ist. Andernfalls hätte sich der Kläger nach allgemeiner Lebenserfahrung bereits gegen diesen Bescheid gewandt (Urteil vom 26.1.2012, dem Klägerbevollmächtigten am 3.2.2012 zugestellt).
Mit seiner am Montag, dem 5.3.2012 eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er habe die Bundesrepublik Deutschland im August 1982 verlassen. Er sei seinerzeit in die Türkei mit der Absicht eingereist, dort lediglich den Sommerurlaub zu verbringen und wieder nach Deutschland zurückzukehren. In der Türkei habe er jedoch entschieden, in seiner Heimat zu bleiben, und seine Arbeit in der Bundesrepublik nicht fortzusetzen. Den Angaben im Gesamtkontospiegel könne nicht entnommen werden, dass der Erstattungsbeitrag tatsächlich ausgezahlt worden ist. Bei der Erstellung eines EDV-Dokuments wie des Gesamtkontospiegel könnten Fehler unterlaufen, weil dieser durch einen Mitarbeiter der Beklagten erstellt werde. Ihm komme keine gesetzliche Vermutung zu. Der Kläger hat in Ablichtung die Gehaltsabrechnung der EBV AG für den Monat Juni 1981 in Ablichtung vorgelegt. Aus dem dort angegebenen Bankenschlüssel ergibt sich, dass der Kläger damals ein Gehaltskonto der der BHF Bank unterhielt.
Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat, sie werde im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung den Zinsanspruch des Klägers selbstverständlich erfüllen, beantragt der Kläger nur noch,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.01.2012 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2011 zu verurteilen, dem Kläger von Mai 1973 bis September 1982 gezahlte Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von EUR 13.198,39 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die angefochtene Entscheidung sei zutreffend. Aus der Kombination der Angaben im Gesamtkontospiegel und einem fehlenden Zahlungsrücklauf ergebe sich der Nachweis einer früheren Beitragserstattung, überdies sei der Erstattungsanspruch verjährt. Nach Auffassung des Bayrischen LSG reichten für den Nachweis einer wirksamen Beitragserstattung die Angaben im Gesamtkontospiegel aus. Sie hat angeregt, den Kläger als Partei zum Beweis der Tatsachen zu vernehmen, dass ihm auf seinen Antrag die Beiträge mit Bescheid vom 20.3.1985 in Höhe von DM 25.813,80 erstattet worden sind und er den Erstattungsbetrag auch tatsächlich in Empfang genommen hat.
Die BHF Bank hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, sie könne nur noch bestätigen, dass in der Vergangenheit eine Geschäftsbeziehung zum Kläger bestanden habe. Unterlagen dazu seien in ihrem Archiv nicht mehr vorhanden. In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger eingehend befragt worden. Der als Zeuge geladene P I hat sein Nichterscheinen durch Krankheit entschuldigt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Vorprozessakten des SG Dortmund (Az S 6 KN 236/08) Bezug genommen. Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Entgegen der Auffassung des SG ist der Kläger durch den Bescheid vom 29.12.2010 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2011, § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) beschwert, § 54 Abs 2 S 1 SGG. Der ablehnende Bescheid ist rechtswidrig, weil dem Kläger der streitige Erstattungsanspruch zusteht.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.2.2011. Darin lehnt die Beklagte einen Erstattungsanspruch ab, weil erstattungsfähige Beiträge nicht mehr vorlägen. Dies folge daraus, dass "nach den elektronisch gespeicherten Daten" die streitigen Beiträge bereits 1985 erstattet worden seien. Damit sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst; Ansprüche aus den zuvor in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten bestünden nicht mehr; eine nochmalige Auszahlung des Erstattungsbetrages sei ausgeschlossen. Die Beklagte entscheidet damit zu Recht originär über den Erstattungsantrag von Juli 2010 und nicht - wie ebenfalls beantragt - nach § 44 SGB X über einen Antrag aus 2004. Sie verzichtet damit darauf, sich über § 44 SGB X auf die Bestandskraft des Bescheides vom 2.11.2004 zu berufen. (Dieses Vorgehen dürfte in der Sache richtig sein, weil nach Lage der Akten nicht festgestellt werden kann, ob der Antrag vom September 2004 dem Kläger zuzurechnen und der Bescheid vom 2.11.2004 dem Kläger wirksam bekannt gegeben worden ist.) Die Beklagte wendet gegen den geltend gemachten Erstattungsanspruch im Ergebnis nicht (lediglich) ein, dieser sei bereits erfüllt, sondern - weiter reichend - es bestehe aufgrund eines früher durchgeführten (vollständigen) Erstattungsverfahrens kein Versicherungsverhältnis mehr, aus dem Ansprüche hergeleitet werden könnten, § 210 Abs 6 S 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist begründet. Der - in der Höhe zu Recht von den Beteiligten mit EUR 13.198,39 bezifferte - Erstattungsanspruch des Klägers folgt aus § 210 Abs 1 Nr 1, Abs 3 S 1 SGB VI. Da der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (hier spätestens Juli 2010) die für ihn geltende Regelaltersgrenze (65 Jahre und 2 Monate, vgl § 235 Abs 2 Satz 2 SGB VI) noch nicht erreicht hatte, ist für sein Begehren nicht § 210 Abs 1 Nr 2 SGB VI, sondern § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI einschlägig. Danach werden Beiträge zur (deutschen) gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag solchen Versicherten erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben. Weitere Voraussetzungen sind, dass seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und dass seither nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist, § 210 Abs 2 SGB VI.
Der Kläger hat den erforderlichen (gestaltenden) Antrag jedenfalls im Juli 2010 gestellt. Sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, entsteht der Erstattungsanspruch. Da dieser keine wiederkehrende, sondern eine einmalige Leistung betrifft (BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 10), ist für seine Beurteilung (und seine rechtsgestaltende Wirkung) allein die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der wirksamen Antragstellung maßgeblich; spätere Änderungen sind nicht mehr zu berücksichtigen (stRspr, vgl BSGE 86, 262, 265 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2 S 5 mwN; BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 15). Folglich ist ohne Belang, dass der Kläger zwischenzeitlich (im Jahr 2013) die Regelaltersgrenze erreicht hat.
Der Kläger hat zum Zeitpunkt der Antragstellung sämtliche Voraussetzungen für eine Beitragserstattung erfüllt: Er ist aufgrund der für ihn in den Jahren 1973 bis 1982 gezahlten Pflichtbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung "Versicherter" iS der Vorschrift. Das vorgelegte Kündigungsschreiben sowie die vorgelegten Gehaltsabrechnung bestätigen zusätzlich, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Der Kläger war im Juli 2010 in der deutschen Rentenversicherung offensichtlich "nicht versicherungspflichtig". Er hatte bei Antragstellung auch nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 210 Abs 1 Nr 1 Halbsatz 2 SGB VI. Nach § 7 Abs 1 S 1 SGB VI (in der bis heute unverändert geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989, BGBl I 2261) können sich alle Personen, die "nicht versicherungspflichtig" sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Dies gilt nach dem persönlichen und räumlichen Anwendungsbereich der Versicherung allerdings nur für Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 3 Abs 1 Nr 2 SGB IV) oder für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben (§ 7 Abs 1 S 2 SGB VI). Es gilt also nicht für den in der Türkei lebenden türkischen Kläger. Schließlich sind seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Monate abgelaufen, ohne dass (bis 2010) erneut Versicherungspflicht eingetreten ist, § 210 Abs 2 SGB VI.
Dagegen kann die Beklagte nicht einwenden, das auf der Beschäftigung von 1973 bis 1982 beruhende Versicherungsverhältnis sei 1985 durch eine Beitragserstattung aufgelöst worden, § 210 Abs 6 S 2 SGB VI. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung im deutschen Steinkohlenbergbau nach der anschließenden Rückkehr in seine türkische Heimat grundsätzlich einen Erstattungsanspruch erworben hat. Die Beklagte wendet gegen diesen Anspruch lediglich rechtsvernichtend ein, der Kläger habe sein Gestaltungsrecht auf Erstattung der gezahlten (Arbeitnehmer-)Beiträge bereits 1984/85 ausgeübt, und sie habe daraufhin den Erstattungsanspruch bereits 1985 erfüllt. Dadurch sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst worden, § 210 Abs 6 S 2 SGB VI. Damit wendet sie gegen den Anspruch ein, der Kläger sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2010 (und schon früher) nicht mehr Versicherter gewesen. Streitig ist damit allein, ob ein früheres Beitragserstattungsverfahren zur Auflösung des Versicherungsverhältnisses geführt hat, so dass der Kläger daraus keine Rechte mehr herleiten kann. Das ist nicht der Fall.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass 1985 eine vollständige, rechtswirksame Beitragserstattung erfolgt ist. Die verbleibenden (Rest-)Zweifel wirken sich nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten aus. Dieser Grundsatz besagt, dass der Nachteil der Nichterweislichkeit von Tatsachen sich zu Lasten desjenigen auswirkt, der aus diesen Tatsachen Rechtsfolgen herleitet. Dies ist hier die Beklagte, die gegen den Erstattungsanspruch des Klägers - rechtsvernichtend - einwendet, das Versicherungsverhältnis sei 1985 durch Beitragserstattung aufgelöst worden.
Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich (1) ein Erstattungsantrag, (2) ein wirksamer Erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung (= Erfüllung des Erstattungsanspruchs entsprechend § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) vorliegen. Für die ordnungsgemäße und wirksame Durchführung einer Beitragserstattung trägt die Beklagte die objektive Beweislast (vgl besonders zur Beweislast: BSGE 80, 41 ff = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6; vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 21.9.2003, Az L 2 KN 19/03, und Urteil vom 16.8.2007, Az L 2 KN 259/06; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 (2) KN 42/08, L 18 KN 30/10 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11 und zuletzt vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und L 18 KN 45/11, alle bei juris). Es kann offen bleiben, ob die rechtsgestaltende Wirkung der Beitragserstattung bereits aus dem Erstattungsantrag oder erst aus dem Erstattungsbescheid folgt (LSG NRW, Urteil vom 18.10.2001, Az L 2 KN 64/01 mwN) und unter welchen Voraussetzungen sich die Beklagte bei nicht erwiesener Erfüllung der Erstattungsforderung nach Treu und Glauben darauf nicht (mehr) berufen kann. Denn hier ist weder erwiesen, dass der Kläger 1985 einen Antrag auf Erstattung der Beiträge gestellt hat, noch, dass die Beklagte 1985 einen Erstattungsbescheid erlassen, dem Kläger wirksam bekannt gegeben und ihre Erstattungsschuld erfüllt hat.
Allein aufgrund der im Versicherungskonto elektronisch gespeicherten Daten, der Einlassungen des Klägers und der Angaben in der "Stammkarte für Ausländer" steht nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit (Beweismaßstab des Vollbeweises) fest, dass die drei genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies gilt selbst dann, wenn man zugunsten der beweisbelasteten Beklagten ergänzend die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins (sog prima facie-Beweis) heranzieht. Diese Beweisregel gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSGE 8, 245, 247; 12, 242, 246; 19, 52, 54; Humpert in: Jansen. Sozialgerichtsgesetz. 4. Aufl. 2012, § 128 Rdnr 7 mwN;Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer. SGG. 11. Auf 2014. § 128 RdNr 9 mwN; Pawlak in Hennig. SGG. Stand Mai 2016. § 128 RdNr 96; Zeihe. Das SGG und seine Anwendung. Stand April 2016. 3.G. vor § 103; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 32/10, vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11 und L 18 KN 120/12, vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11 und zuletzt vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und L 18 KN 45/11, alle bei juris). Sie besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen auf eine Tatsache geschlossen werden kann, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig Folge eines solchen Geschehensablaufs ist (BSG in: Breithaupt 1999, 357, 362; Keller. aaO. RdNr 9a). Dabei wird der (Voll )Beweis einer Tatsache vermutet, solange nicht Tatsachen erwiesen sind, die den vermuteten typischen Geschehensablauf in Zweifel ziehen (vgl Humpert. AaO; Keller. AaO. RdNr 9e mwN; Pawlak. AaO. RdNrn 94, 99). Ein nachweislich durch eigenen Antrag eingeleitetes und durch bewilligenden Bescheid abgeschlossenes Verwaltungsverfahren zur (vollständigen) Beitragserstattung lässt bei Fehlen entgegenstehender Tatsachen typischerweise den Schluss zu, dass die geschuldete Leistung bewirkt worden ist (stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 (2) KN 42/08, L 18 KN 30/10 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11 und L 18 KN 120/12, vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11, und zuletzt vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und L 18 KN 45/11, alle bei juris; außerdem: LSG NRW, Urteile vom 3.6.2005, Az L 4 RJ 12/03, sowie vom 22.11.2007, Az L 2 KN 140/06; LSG Hamburg, Urteil vom 27.4.2006, Az L 6 RJ 89/04 mwN). Letzteres muss jedenfalls dann gelten, wenn die Leistungsbewirkung nicht substantiiert bestritten worden ist und sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungserbringung nicht zeitnah erfolgt ist (wie etwa zeitnahe Nachfragen des Versicherten, wo das Geld bleibe, vgl LSG NRW, Urteile vom 17.2.1997, Az L 4 J 16/95, und vom 3.6.2005, Az L 4 RJ 12/03; Bayerisches LSG, Urteile vom 14.5.2002, Az L 19 RJ 3/02, und vom 8.12.2004, Az L 19 RJ 203/03). Auch von einem solchen typischen Geschehensablauf kann aber nicht ausgegangen werden, weil es bereits an Urkunden (oder sonstigen Beweismitteln) fehlt, die einen früheren Erstattungsantrag des Klägers und eine folgende Bekanntgabe eines stattgebenden Erstattungsbescheides belegen.
Urkundliche Unterlagen zu dem von der Beklagten behaupteten Erstattungsverfahren (zB Antrag(sformular), Erstattungsbescheid) finden sich in den Akten nicht; dies gilt gleichermaßen für Nachweise über den Zugang eines Erstattungsbescheides sowie die Auszahlung bzw Überweisung des Erstattungsbetrages. Die Beklagte stützt sich zum Nachweis eines ordnungsgemäß durchgeführten Erstattungsverfahrens deshalb im Kern auf die im elektronischen Versicherungskonto des Klägers gespeicherten Daten. Diese Daten allein genügen zur Überzeugung des Senats aber nicht, eine vollständige wirksame Beitragserstattung mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit zu beweisen (grundlegend bereits: Urteil des Senats vom 19.8.2014, Az. L 18 KN 45/11, s dazu den die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückweisenden Beschluss des BSG vom 2.4.2015, Az B 13 R 361/14 B). Sie lassen bestenfalls den Schluss auf einen intern abgelaufenen Verwaltungsvorgang zu und (im Übrigen) allenfalls als möglich erscheinen, dass (außerdem) verfahrenseinleitend ein wirksamer Erstattungsantrag des betroffenen Versicherten gestellt und ein Erstattungsbescheid an ihn ergangen ist (vgl zuletzt Senatsurteile vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11 und L 18 KN 120/12, vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11, und vom 19.8.2014, Az L 18 KN 63/10 und grundlegend: L 18 KN 45/11, alle bei juris; zuvor insbesondere Urteile des 2. Senats des LSG NRW vom 16.12.2010, Az L 2 KN 169/09, vom 22.11.2007, Az L 2 KN 140/06, und vom 16.8.2007, Az L 2 KN 259/06, diese zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). Zum Nachweis der wirksamen Antragstellung durch den Versicherten, des Zugangs eines Erstattungsbescheids und der Erfüllung der Erstattungsforderung bedarf es in der Regel (mindestens) weiterer feststehender Hilfstatsachen, die den Schluss auf die maßgeblichen Haupttatsachen (Antragstellung, Zugang eines Erstattungsbescheides, Leistung mit befreiender Wirkung an den - ehemaligen - Versicherten) zulassen. Der abweichenden Auffassung des Bayerischen LSG (zB Urteil vom 17.7.2013, Az L 13 R 275/12 sowie Urteil vom 18.11.2009, Az L 13 R 559/08, beide zitiert nach juris) schließt sich der Senat nicht an, weil diese Rechtsprechung nicht erklärt, inwiefern sich aus elektronisch gespeicherten Daten nach den maßgeblichen prozessualen Beweisgrundsätzen im Wege des Strengbeweises (vgl dazu M. Kühl in: Breitkreutz-Fichte. SGG. Kommentar. 2. Aufl. 2014, § 118 Rdnr 2) die Antragstellung, die Bekanntgabe des darin erwähnten Bescheids und die Erfüllung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergeben sollen.
Der Ausdruck des Gesamtkontospiegels, also der in dem von der Beklagten geführten elektronischen Versicherungskonto des Klägers gespeicherten Daten, ist keine öffentliche Urkunde, aus der sich die genannten Haupttatsachen ergeben, weder eine öffentliche Urkunde über Erklärungen nach § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 415 Abs 1 ZPO noch eine öffentliche Urkunde über eine amtliche Entscheidung nach § 417 ZPO. Allein mit einem solchen Ausdruck kann nicht bewiesen werden, dass die dort gespeicherten Vorgänge (Datum eines Antrags sowie eines Bescheids, Erstattungszeitraum sowie -betrag) so wie dort gespeichert stattgefunden haben. Der Ausdruck kann insoweit keine Urkunde sein, weil es sich lediglich um einen "Ausdruck" handelt, der (allenfalls) dokumentiert, dass die entsprechenden Daten elektronisch gespeichert sind. Zur objektiven Richtigkeit der Daten besagt er nichts. Urkunden in diesem Sinne können nur schriftliche Dokumente sein, von denen ein Original existiert bzw existiert hat, vgl § 435 ZPO. Beweiskraft kann einer Urkunde nur zukommen, wenn sie echt ist oder dies vermutet wird (§§ 437 ff ZPO; vgl Huber in: Musielak. ZPO. 11. Aufl 2014. § 415 RdNr 2). Diese Anforderungen kann ein (beliebig wiederholbarer) Ausdruck elektronisch gespeicherter Daten von vornherein nicht erfüllen.
Der Ausdruck des Gesamtkontospiegels steht auch nicht - selbst wenn er mit einem Beglaubigungsvermerk versehen wäre - nach § 416a ZPO einer öffentlichen Urkunde in beglaubigter Abschrift gleich. Nach dieser Vorschrift steht der mit einem Beglaubigungsvermerk versehene Ausdruck eines öffentlichen elektronischen Dokuments gemäß § 371a Abs 3 ZPO einer öffentlichen Urkunde in beglaubigter Abschrift gleich, wenn ihn eine öffentliche Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt hat. Bei dem elektronischen Gesamtkontospiegel, also den in dem Versicherungskonto gespeicherten Daten, handelt es sich gerade nicht um ein öffentliches elektronisches Dokument nach § 371a Abs 3 S 1 ZPO. Danach sind öffentliche elektronische Dokumente (nur) elektronische Dokumente, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt worden sind. Die Regelung des § 416a ZPO soll gewährleisten, dass der Beweis durch Urkunden in Papierform auch dann geführt werden kann, wenn das Originaldokument (nur) in elektronischer Form besteht. Die Vorschrift bestimmt, unter welchen Voraussetzungen dem Papier-Ausdruck eines bestimmten elektronischen Dokuments die Wirkungen einer Urkunde zukommen können (Huber. AaO. § 416a RdNr 1). Daraus ergibt sich, dass ein öffentliches elektronisches Dokument iS der § 371a Abs 3 S 1 und § 416a ZPO mit Ausnahme der Schriftlichkeit die Merkmale einer öffentlichen Urkunde iS der §§ 415, 417 f ZPO erfüllen muss, um mit diesen gleichgestellt werden zu können. Dies ist bei dem elektronischen Gesamtkontospiegel nicht der Fall.
Der elektronische Gesamtkontospiegel kann keiner öffentlichen Urkunde über Erklärungen nach § 415 Abs 1 ZPO gleichgestellt werden. Die Beweiskraft nach dieser Vorschrift erstreckt sich darauf, dass die Erklärung samt dem niedergelegten Inhalt und den Begleitumständen (Zeit, Ort, Behörde, Urkundsperson) zutreffend und vollständig so wie beurkundet, bzw - bei öffentlichen elektronischen Dokumenten - gespeichert, und nicht anders abgegeben wurde (Huber. AaO. § 415 RdNr 10). Daten mit dieser Aussagekraft über bei der Beklagten abgegebene Erklärungen enthält der elektronische Gesamtkontospiegel nicht. Dieser gibt lediglich die Daten "Antrag 08.02.1985" wieder. Dies stellt die bloße Angabe dar, dass an dem genannten Datum eine Erklärung gegenüber der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundesknappschaft, abgegeben worden sein soll. Der tatsächliche Inhalt der Erklärung, der die Bewertung zulässt, es handele sich rechtlich um einen Antrag auf Erstattung der zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge, ist dem Gesamtkontospiegel gerade nicht zu entnehmen. Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte diesen Antrag unter dem "Schlüssel" SC 1830, der nach Angabe der Beklagten für die Speicherung von Beitragserstattungsverfahren gebraucht wird, gespeichert hat, kann nicht auf den Inhalt der abgegebenen Erklärung geschlossen werden. Vielmehr muss sich aus dem öffentlichen elektronischen Dokument selbst die Erklärung mitsamt dem niedergelegten Inhalt ergeben, damit sich die Beweiskraft nach § 415 Abs 1 ZPO hierauf erstrecken kann. Darüber hinaus geht die Zuweisung zu dieser "Schlüsselnummer" nicht auf den Erklärenden, sondern auf die Beklagte zurück. Sie kann deshalb auch auf der unzutreffenden Wertung einer Erklärung beruhen. Daneben ergibt sich aus den Daten des elektronischen Gesamtkontospiegels auch nicht, wer den etwaigen "Antrag" gestellt haben soll, ob dies der Kläger persönlich, ein wirksam Bevollmächtigter oder irgendeine - uU nicht wirksam bevollmächtigte - dritte Person war. Da der Kläger nur bis Mitte 1982 in Deutschland beschäftigt war und nach eigenen Angaben seither dauerhaft in der Türkei lebt, liegt nahe, dass er sich im Zeitpunkt, an dem der Antrag gestellt worden sein soll, in der Türkei aufhielt, so dass durchaus möglich erscheint, dass ein Dritter für ihn den (etwaigen) Antrag gestellt haben könnte. In diesem Fall müsste die Beklagte nachweisen, dass diese dritte Person ordnungsgemäß vom Kläger bevollmächtigt worden ist. Im Hinblick auf das 2004 eingeleitete Erstattungsverfahren lässt sich beispielsweise nicht sicher feststellen, ob der augenscheinlich tätig gewordene P I vom Kläger bevollmächtigt worden ist. Der Kläger hat dies durchweg bestritten. Die vorgelegte handschriftliche Vollmacht enthält ersichtlich nicht die - mehrfach aktenkundige - Unterschrift des Klägers, sondern lediglich dessen Namen in Einzelbuchstaben, wobei sich das äußere Erscheinungsbild des Namenszuges sich nicht vom Übrigen Text abhebt. Anhaltspunkte für eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sind nicht ersichtlich. Trotzdem hat die Beklagte diesen Antrag als rechtswirksam gestellt betrachtet und beschieden. Die Person des Erklärenden sowie mögliche Vollmachten des Versicherten lassen sich den gespeicherten Daten nicht entnehmen, so dass eine wirksame, dem Kläger zurechenbare Antragstellung dem elektronischen Gesamtkontospiegel nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen ist.
Dem elektronischen Gesamtkontospiegel kann auch nicht die Beweiskraft von öffentlichen Urkunden über amtliche Anordnungen, Verfügungen oder Entscheidungen nach § 417 ZPO zukommen, da er keine amtliche Entscheidung iS eines Verwaltungsakts ist. Im hier maßgeblichen Zusammenhang sind ihm lediglich die Daten "Bescheid 20.3.1985", "Erstattung von 24.05.1973 bis 30.09.1982", "Erstattungsbetrag 0,00" bzw "1 25813,80" zu entnehmen. Dies reicht nicht aus, um den elektronischen Gesamtkontospiegel einer öffentlichen Urkunde nach § 417 ZPO gleichstellen zu können. Die Beweiskraft nach dieser Vorschrift umfasst, dass die Anordnung, Verfügung oder Entscheidung tatsächlich erlassen wurde und hierbei den Inhalt hat, der sich aus der Urkunde ergibt, und unter den in der Urkunde angegebenen Umständen ergangen ist, also Beweis erbringt auch hinsichtlich Ort und Zeit (Krafka in: BeckOK ZPO. Stand: 1.3.2016. § 417 RdNr 5). Mit der Aktenlage nicht (ganz) übereinstimmenden Angaben in einem Gesamtkontospiegel hat der Senat bereits in zahlreichen anderen Verfahren festgestellt (vgl zB das Parallelurteil vom heutigen Tag in der Streitsache L 18 KN 31/14, aber auch das bereits mehrfach erwähnte Senatsurteil vom 19.8.2014, Az L 18 KN 45/11). Vor diesem Hintergrund ist der Senat nicht davon überzeugt, dass sich aus der bloßen Speicherung von Daten in einem elektronischen Gesamtkontospiegel mit der nötigen Sicherheit entnehmen lässt, dass ein vollständiges Beitragsverfahren stattgefunden hat, zumal sich darin grundsätzlich keine Angaben zur Bekanntmachung eines Erstattungsbescheides und Bewirkung der Leistung finden lassen.
Im Wege des Augenscheinbeweises kann dem Ausdruck des elektronischen Gesamtkontospiegels allenfalls entnommen werden, dass Bedienstete (oder Beauftragte) der Beklagten die Daten irgendwann eingegeben und gespeichert haben. Den sicheren Schluss auf die entscheidungserheblichen Tatsachen lässt die Inaugenscheinnahme des elektronischen Gesamtkontospiegel bzw der Ausdrucke nicht zu. Es kann daraus bestenfalls der - wahrscheinliche, da Eingabefehler nie ganz auszuschließen sind - Schluss gezogen werden, dass zum Versichertenkonto des Klägers ein Vorgang existierte, den die Beklagte intern als "Erstattungsverfahren" bewertet und bearbeitet hat.
Geschehensabläufe, die typischerweise den Schluss auf eine Beitragserstattung an den Kläger zulassen, sind danach nicht erwiesen. Dies gilt selbst dann, wenn man in Rechnung stellt, dass die zur Beitragserstattung gespeicherten Daten durchaus eine gewisse Plausibilität haben. Den letzten Pflichtbeitrag in Deutschland hat der Kläger im September 1982 entrichtet. Nach § 95 Abs 1 S 2 Reichsknappschaftsgesetz war eine Beitragserstattung auch damals idR erst zwei Jahre nach Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung möglich. Im Zeitpunkt der gespeicherten (ersten) Antragstellung im September 1984 war diese Frist abgelaufen. Es lässt sich aber gerade nicht typischerweise folgern, dass eine Beitragserstattung immer nach Ablauf der maßgeblichen Wartefrist wirksam durchgeführt worden ist. So sind dem Senat (und damit auch der Beklagten) Fälle bekannt, in denen eine Beitragserstattung gar nicht oder nicht zeitnah dokumentiert ist oder erst später vom Rentenversicherungsträger (zB anlässlich eines Rentenantrags wegen Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit) angeregt worden ist. Hinzu kommt vorliegend, dass der Kläger - nach eigenen, durchgehend einheitlichen, im Termin bestätigten Angaben - nicht geordnet und planmäßig in die Türkei zurückgekehrt ist, sondern ursprünglich nur eine Urlaubsreise beabsichtigt hatte, und danach entschieden hat, dauerhaft in der Türkei zu verbleiben, wohl weil er psychisch überfordert und nicht mehr in der Lage war, sich in Deutschland allein zu versorgen. Das lässt den Schluss zu, dass er sich bis jedenfalls bis dahin über eine Beitragserstattung keine Gedanken gemacht hatte. Anknüpfungspunkte dafür, dass sich das in den Jahren danach geändert hat, sieht der Senat nicht.
Die persönlichen Angaben des Klägers im Termin begründen im Gegenteil erhebliche Zweifel daran, dass dem Kläger die Beiträge 1985 erstattet worden sind. Er hat auf die gezielte Nachfrage ausdrücklich bekundet, von der Beklagten kein Geld erhalten zu haben. Er habe sich nach der Rückkehr in die Türkei nicht mehr mit deutschen Behörden in Verbindung gesetzt. Er habe niemals aus Deutschland Geld erhalten. Aus den Äußerungen des Klägers ergeben sich (anders als in vielen anderen Verfahren) auch keine (mittelbaren) Hinweise auf eine Erstattung oder überhaupt den Erhalt eines Geldbetrages (dies unterscheidet den vorliegenden Sachverhalt zB von demjenigen, der dem Urteil des Bayerischen LSG vom 18.11.2009, Az L 13 R 559/08, zugrunde lag, da der dortige Kläger "nach anfänglichem Zögern eingeräumt (hatte), er habe damals einen Geldbetrag erhalten; er (hatte) diesen nur nicht als Beitragserstattung, sondern als Zahlung von Arbeitsentgelt" eingestuft).
Der Senat hat nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung keine greifbaren Zweifel daran, dass der Kläger seine (rudimentären) Angaben wahrheitsgemäß gemacht hat. Aus seinen Angaben ergeben sich jedenfalls - und das ist wesentlich - entgegen der ursprünglichen Erwartung der Beklagten keine im Sinne des Beklagtenvorbringens positiv ergiebigen Tatsachen. Solche finden sich auch sonst nicht.
Die Stammkarte für Ausländer(Arbeiter) ist - ungeachtet ihres Beweiswerts im Allgemeinen - für die Beklagte allenfalls negativ ergiebig. Sie enthält als handschriftlichen Eintrag neben den persönlichen Daten des Klägers lediglich den Beschäftigungsbeginn "24.5.73". Sie enthält nicht einmal - wie in zahlreichen anderen Verfahren, in denen sich die Beklagte auf eine vollständig durchgeführte Beitragserstattung berufen hat - den Stempelaufdruck "Beitragserstattung" (zum Beweiswert dieses Aufdrucks vgl das weitere Urteil des Senats vom heutigen Tage, Az L 18 KN 31/14).
Auch kann die Beklagte nichts daraus herleiten, dass der Kläger sich nicht gegen den Bescheid vom 2.11.2004 gewandt hat. Es ist schon nicht erkennbar, dass dieser Bescheid dem Kläger (wirksam) bekannt gegeben worden ist. Denn es ist vom Kläger bestritten und auch nach Lage der Akten nicht feststellbar, dass der damals tätig gewordene P I vom Kläger wirksam bevollmächtigt wurde (s.o.). Aber selbst wenn eine wirksame Bevollmächtigung vorlag, kann die Entscheidung, von einem Widerspruch abzusehen, auf mannigfaltigen Gründen beruhen, und ist deshalb im vorliegenden Kontext unergiebig.
Sonstige Hilfstatsachen, die den sicheren Schluss auf eine vollständige Beitragserstattung zulassen, liegen nicht vor.
Es liegt auch kein Sachverhalt vor, der zu einer Umkehr der Beweislast oder einer Absenkung des Beweismaßstabs führte. Der Beweisnotstand der Beklagten resultiert in erster Linie daraus, dass sie ihre etwaigen (Original-)Unterlagen zu dem von ihr behaupteten Beitragserstattungsverfahren vernichtet hat (der Gesamtkontospiegel vom 27.11.2008 enthält dazu den "Vermerk: VERNICHTUNG 2049), so dass ihr nur noch der elektronische Datenbestand des Versicherungskontos, dokumentiert im Gesamtkontospiegel, zu Nachweiszwecken zur Verfügung steht. Aus dieser Vorgehensweise ergeben sich weder eine Absenkung des Beweismaßstabs noch eine Umkehr der Beweislast oder eine der Beklagten zugutekommende Beweiserleichterung. In Fällen einer Beweisnot (bei typischen und unverschuldeten Beweisschwierigkeiten) kann im sozialgerichtlichen Verfahren im Einzelfall zwar eine Beweiserleichterung angenommen werden, so dass sich das Gericht über Zweifel hinwegsetzen und eine Tatsache als bewiesen ansehen kann (BSG, Urteil vom 2.9.2004, Az B 7 AL 88/03 R, juris RdNr 17; vgl auch Keller. aaO. § 128 RdNr 3e mwN). Selbst wenn ein typischer und unverschuldeter Beweisnotstand vorläge, wäre der Senat jedoch weder befugt, den Beweismaßstab zu verringern (BSG, Urteil vom 27.5.1997, Az 2 RU 38/96, juris RdNr 25; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte. SGG. Kommentar. 2. Aufl. 2014, § 128 Rdnr 7), noch träte eine Umkehr der Beweislast ein (BSG, Beschluss vom 4.2.1998, Az B 2 U 304/97 B, juris RdNr 4; Breitkreuz. AaO). Nach den dargestellten Grundsätzen können die Beweisschwierigkeiten der Beklagten nicht dazu führen, dass zu ihren Gunsten Beweiserleichterungen eingreifen, so dass an den Beweis der ordnungsgemäßen Beitragserstattung weniger hohe Anforderungen gestellt werden könnten.
Es handelt sich weder um typische noch um unverschuldete Beweisschwierigkeiten. Typische Beweisschwierigkeiten sind solche, die auf den Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts basieren, also etwa regelmäßig eintreten, wenn Versicherte, die im Ausland leben, Rentenleistungen beantragen. Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist dem Senat aus vielen vergleichbaren Verfahren bekannt, dass andere Rentenversicherungsträger, gelegentlich auch die Beklagte selbst, noch über Unterlagen zu Beitragserstattungsverfahren verfügen, selbst wenn diese vor längerer Zeit (zB in den 1970er-Jahren) stattgefunden haben. Dies beruht offenbar auf der weisen Entscheidung, wichtige Beweisunterlagen auch nach Ablauf von Aufbewahrungsfristen aufzubewahren (bzw von der Vernichtung auszunehmen), wenn sie zum Nachweis der darin urkundlich belegten Tatsachen noch benötigt werden könnten. Es liegen damit schon deshalb keine unverschuldeten Beweisschwierigkeiten vor, weil die Beklagte diese selbst dadurch herbeigeführt hat, dass sie die Unterlagen zu dem behaupteten Beitragserstattungsverfahren vernichtet hat.
Überdies dürfte der Beklagten auch klar sein, dass die im vorliegenden Fall erwiesene Tatsachenlage nicht ausreicht, um den Beweis einer durchgeführten Beitragserstattung zu führen. So hat sie im Parallelverfahren (s. Urteil des Senats vom gleichen Tag, Az L 18 KN 31/14) selbst vorgetragen, 1979 sei in einer Büroverfügung geregelt worden, dass die Akten in Beitragserstattungsfällen für die Dauer von 6 Jahren aufzubewahren seien. Aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG. Urt v 29.1.1997, Az 5 RJ 52/94) sei "zur Vermeidung von Vermögensschäden" die Arbeitsanweisung der Beklagten erst am 26.11.1998 ergänzt worden. Außerdem hat sie 2007 einen "Musterbrief, wenn behauptet wird, dass das Geld aufgrund eines alten Erstattungsbescheides nicht angekommen ist" entworfen. Darin heißt es ua, "Der Bescheid wurde mit Einschreiben/Rückschein zugestellt, die Auszahlung erfolgte per Scheck über eine Bank Ihres Wohnortes an Ihre damalige Adresse [ ] auf das von Ihnen angegebene Konto [ ]". Diese Beispiele machen deutlich, dass auch nach den verschiedenen von der Beklagten angelegten Maßstäben die zur Beweisführung erforderlichen Tatsachen vorliegend nicht bewiesen sind.
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Insbesondere bedarf es keiner Vernehmung des ursprünglich (vorsorglich) geladenen Zeugen I. Es ist nicht ersichtlich, welche von der Beklagten behaupteten Tatsachen der Zeuge bestätigen könnte. Solche Tatsachen hat die Beklagte selbst nicht bezeichnet und entsprechend auch einen dahingehenden Beweisantrag nicht gestellt.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.
C. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs 2 SGG. Maßgeblich für die Entscheidung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls.
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