Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 33 KR 55/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 16.09.2009 in der Gestalt des Bescheids vom 22.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12. 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.447,67 EUR zu zahlen und den Kläger zukünftig auf ärztliche Verordnung mit dem Medikament Invega zu versorgen bzw. die Kosten zu übernehmen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Beteiligten streiten über die Kostenübernahme des Medikaments Invega (Wirkstoff Paliperidon).
Der am xxxxx 1980 geborene Kläger leidet unter einer schwerwiegenden geistigen Behinderung und Intelligenzminderung mit einer ausgeprägten Verhaltensstörung. Es kommt zu fremdaggressiven Impulsdurchbrüchen und autoaggressiven Verhaltensweisen. Darüber hinaus besteht eine Chromosomenaberration (Chromosomenanomalie) mit Markerchromosomen 47,xy-MAR und eine fokale Epilepsie mit Anfällen und Bluthochdruck.
Seite 2007 lebt der Kläger in einer Wohngemeinschaft in der Stiftung A ... In der Zeit vom 28. November 2008 bis 22. Dezember 2008 kam es zu einem stationären Aufenthalt wegen Unruhe und fremdaggressivem Verhalten bei epilepsieartigen Zuständen. Im Rahmen der stationären Behandlung erfolgte u.a. eine medikamentöse Umstellung von Risperidon auf Invega (Wirkstoff Risperidon gegenüber Paliperidon). Die Beklagte hatte in der Vergangenheit die Kosten für Risperidon übernommen. Es handelt sich bei beiden Präparaten um so genannte atypische Neuroleptika, die für die Behandlung einer Schizophrenie zugelassen sind, Invega auch zur Behandlung psychotischer und manischer Symptome bei schizoaffektiven Störungen. Risperidon ist darüber hinaus indiziert zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung (bis zu sechs Wochen) von anhaltender Aggression bei Verhaltensstörungen von Kindern im Alter ab fünf Jahren und Jugendlichen mit unterdurchschnittlicher intellektueller Funktion oder mentaler Retardierung. Für die Anwendung im Erwachsenenalter besteht keine Zulassung.
Seit dem 1. Oktober 2009 besteht für die Wirkstoffe Risperidon und Paliperidon eine Festbetragsregelung. Danach ist im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur eine Versorgung zum Preis des Medikaments Risperidon möglich.
Unter dem 7 September 2009 beantragte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, die Übernahme der Zuzahlung gegenüber dem Präparat Risperidon. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 16. September 2009 unter Verweis auf die Festbetragsregelung abgelehnt. Auch der hiergegen erhobene Widerspruch vom 15. Oktober 2009, in welchem auf die massiven Verschlechterungen bei Anwendung des vergleichbaren bzw. wirkstoffidentischen Medikaments verwiesen wurde, blieb erfolglos. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2009 unter Verweis auf die Gesetzeslage zu Festbetragsregelung als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 8. Januar 2010 erhobene Klage. Durch die Umstellung auf das Medikament Invega sei es zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers gekommen und die epileptischen Anfälle hätten sich deutlich reduziert. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Erstattung des Differenzbetrages. Auch die Voraussetzungen für einen zulassungsüberschreitenden Gebrauch (so genannter Off-Label-Use) seien gegeben. Der Kläger leide an einer schwerwiegenden und gravierenden Erkrankung, für die Behandlung stünden keine zugelassenen Medikamente zur Verfügung und die vorliegenden medizinischen Erkenntnisse rechtfertigen die Kostenübernahme.
Der behandelnde Arzt hat fortlaufend das Medikament Invega auf Kassenrezept verordnet. Der Differenzbetrag zum Präparat Risperidon ist von den Eltern des Klägers jeweils an die Apotheke entrichtet wurden. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens Rechnungen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 16.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.447,67 EUR zu erstatten sowie auf ärztliche Verordnung zukünftig die Kosten für die Versorgung mit Medikament Invega zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Es hat zu der Fragestellung, ob eine wirksame Behandlungsalternative mit einem wirkstoffgleichen Präparat zum Festbetrag möglich ist, Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Die Fachärztin für Neurologie Dr. M.V. ist in ihrem Sachverständigengutachten vom 29. Januar 2012 zu dem Ergebnis gelangt, dass das Festbetragsmedikament Risperidon keine Behandlungsalternative zu dem Medikament Invega sei. Eine Auswertung des Behandlungsverlaufs anhand der medizinischen Unterlagen und der Angaben der Eltern habe eine deutliche Besserung durch die Umstellung der Medikamente ergeben. Es sei zu einem Rückgang der Eskalationen und epileptischen Anfälle gekommen. Der Kläger könne an Therapien teilnehmen und durchschlafen. Es sei auch eine Stabilisierung in der Beziehung zu den anderen Patienten der Wohngruppe eingetreten. Während es früher alle 2-3 Tage zu Anfallereignissen gekommen sei, könne jetzt eine Frequenz von 2-3 derartiger Vorkommnisse pro Monat verzeichnet werden. Zwischen den Medikamenten Paliperidon und Risperidon bestünden Unterschiede in den chemischen Strukturen, eine sichere Einschätzung, in welchem Umfang Nebenwirkung eintreten würden, sei jedoch nicht möglich.
Auf Veranlassung der Beklagten ist ein ausführliches Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nord (MDK) eingeholt worden. Der Gutachter Dr. O. hat in seinem Gutachten vom 18. Juli 2012 dargelegt, dass es sich um einen so genannten Off-Label-Use handele. Weder Paliperidon noch Risperidon sei für die spezifischen Erkrankungen des Klägers zugelassen. Mangels belastbarer Studien lägen die Voraussetzungen für einen zulassungsüberschreitenden Gebrauch des Medikaments Invega nicht vor. Eine differenzierte Auswertung der Befunde führe auch nicht zu der Annahme, dass Risperidon unverträglich sei. Zwischen Juli 2008 und Dezember 2008 sei es mehrfach zu einer Änderung der antikonvulsiven Therapie gekommen. So sei auch das Präparat Clonazepam mit der Nebenwirkung Reizbarkeit abgesetzt worden. Vor dem Hintergrund der vielfältig durchgeführten und komplexen medikamentösen Therapieänderung könne ein monokausaler Zusammenhang nicht hergestellt werden. Auch sei die Dosierung von Risperidon nicht ausgeschöpft worden.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. Juli 2013 hat die Sachverständige V. die gutachterlichen Ausführungen des MDK bewertet. Es sei fehlerhaft, die Impulsdurchbrüche des Klägers als Anfälle zu bezeichnen. Es handele sich um zwei unterschiedlichen Erkrankungen, nämlich die epileptischen Anfälle und Impulsdurchbrüche. Zutreffend sei die Epilepsie therapieresistent. Maßgeblich seien die individuellen Therapieansätze, die vom MDK weitgehend unberücksichtigt geblieben seien.
Das Gericht hat nach Erörterung im Verhandlungstermin vom 8. November 2013 zur Abklärung der Voraussetzungen für einen Off-Label-Use ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ist in dem Sachverständigengutachten vom 24. Oktober 2014 zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Erkrankung des Klägers von einer schwerwiegenden, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung, auszugehen sei. Für die Behandlung stünden in Deutschland keine arzneimittelrechtlich zugelassenen Medikamente zur Verfügung. Das gelte für das in Rede stehende Präparat Invega, aber auch für Risperidon, bei welchen für eine dauerhafte Behandlung kein zulassungsrechtlicher Anwendungsbereich eröffnet sei. Die Behandlung organisch- katatoner Erregungszustände und schwerer Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen von Minderbegabung erfolge in der Regel durch einen Off-Label-Use, bei dem so genannte atypischer Neuroleptika zum Einsatz kämen. Dies entspreche einer älteren AWMF- Leitlinie und entspreche dem Standard ärztlicher Behandlung. Auch wenn keine Phase III-Studien vorliegen würden, bestünde in den einschlägigen Fachkreisen Konsens, über den Nutzen atypischer Neuroleptika in der Behandlung von derartigen Verhaltensstörungen und autoaggressivem Verhalten. Es gebe zwar weitere wirkstoffähnliche Medikamente, die jedoch nicht wirkstoffgleich seien. Nach den durchgeführten Therapieversuchen sei davon auszugehen, dass Risperidon keine ausreichende Wirksamkeit habe.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use, die in der Rechtsprechung entwickelt worden seien, nach dem durchgeführten medizinischen Ermittlungen und insbesondere dem Sachverständigengutachten von Dr. N. nicht vorliegen würden. Es mangele an qualifizierten Studien, die die Wirksamkeit belegen könnten.
Der Kläger hat dargelegt, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nach den Sachverständigengutachten gegeben seien. Die behandelnden Ärzte seien haftungsrechtlich in Anspruch zu nehmen, wenn sie Invega nicht verordnen würden.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist - auch als zukunftsorientierte Leistungsklage - zulässig. Das BSG hat im Zusammenhang mit der Gewährung häuslicher Krankenpflege die Zulässigkeit einer allgemeinen Leistungsklage für die Zukunft bejaht (BSG v. 10. November 2005- B 3 KR 38/04 R, SozR 4- 2500 § 37 Nr. 6). Wie im vorliegenden Fall hat der dortige Kläger mit seiner Klage auch eine Verurteilung für die Zukunft begehrt. Das Bundessozialgericht hat eine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG für zulässig erachtet, obwohl die Beklagte über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden hat. Für die Zukunft sei dann nur über eine grundsätzliche Leistungspflicht der Beklagten zu entscheiden. Das bedeutet, dass auch über ein zukunftsorientiertes Leistungsbegehren zu entscheiden ist. Der ursprüngliche Ablehnungsbescheid umfasst (wie in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall )BSG v. 10.November 2005 a.a.O.)) auch die Ablehnung für die Zukunft, was auch sinnvoll ist, da es sich nicht um eine medizinische Einzelfallentscheidung handelt, sondern um eine grundsätzliche Ablehnung.
Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für die Versorgung mit dem Medikament Invega. Für die Vergangenheit besteht ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB-Fünftes Buch (SGB V), für die Zukunft ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten auf Vorlage ärztlicher Verordnungen zu übernehmen.
Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V liegen vor. Die Beklagte hat zu Unrecht die Kostenübernahme für das Medikament Invega verweigert. Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch-Fünftes Buch (SGB V) und ist verpflichtet, einen durch Rechnung nachgewiesenen Gesamtbetrag in Höhe der Klageforderung zu erstatten. Nach § 13 Abs. 3 SGB V besteht ein Kostenerstattungsanspruch, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und hierdurch für den Versicherten Kosten entstanden sind.
Für den Kläger ergibt sich ein Leistungsanspruch auf Versorgung mit einem Medikament, welches zulassungsüberschreitend angewendet wird nach den Grundsätzen eines so genannten Off-Label-Use. Entgegen der im Verwaltungsverfahren und anfänglich im Gerichtsverfahren geführten Diskussion kommt es nicht darauf an, ob für das Arzneimittel wirksam ein Festbetrag im Sinne von § 31 Abs. 2 S. 1-5 SGB V festgesetzt worden ist. Denn diese Regelung knüpft an einem der Zulassung entsprechenden Gebrauch des in Rede stehenden Arzneimittels an. Für den Kläger ergibt sich jedoch sowohl für das von der Beklagten angeführte Medikament Risperidon als auch für Invega die Situation eines Off-Label-Use bei zulassungsüberschreitenden Gebrauch. Hierauf bezieht sich die gesetzliche Festbetragsregelung jedoch nicht.
Sowohl der MDK ist in seinem Gutachten vom 18. Juli 2012 als auch der Sachverständige Dr. N. in seinem Sachverständigengutachten vom 24. Oktober 2014 sind zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Medikamente bei den Erkrankungen des Klägers mangels entsprechender Zulassung grundsätzlich nicht verordnet werden dürfen. Der Sachverständige Dr. N. hat in diesem Zusammenhang dargelegt, dass Invega zur Behandlung von Schizophrenie indiziert sei. Ebenfalls möglich sei die Behandlung schizoaffektiver Störungen. Beide Erkrankungen liegen bei dem Kläger jedoch nicht vor. Der Sachverständige hat nachvollziehbar hergeleitet, dass die Diagnose einer schizophrenen Störung nicht gestellt werden können, und von einer Funktionsstörung mit psychotischem Charakter auszugehen sei als Folge primär cerebraler Erkrankungen bzw. systemische Erkrankungen. Das Medikament Risperidon hat zwar einen weiteren Anwendungsbereich, da eine Indikation auch bei aggressiven Verhaltensauffälligkeiten besteht, jedoch nur vorübergehend und nicht auf Dauer bei Kindern und Jugendlichen (siehe Gutachten des MDK vom 18. Juli 2012). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Es wird eine Dauerbehandlung bereits über viele Jahre praktiziert und der Kläger ist in einem Alter von 34 Jahren und somit weder ein Kind noch Jugendlicher. Es ist nicht von Belang, ob die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen knapp verfehlt werden bzw. ob es sich "formal" um einen Off-Label-Use handelt. Maßgeblich ist allein, ob die Zulassungskriterien erfüllt sind oder nicht. Sind sie nicht erfüllt, weil das Medikament nur kurzzeitig eingesetzt werden kann oder nur in einem bestimmten Alter erfolgt die Anwendung außerhalb der erteilten Zulassung und es handelt sich um einen Off-Label-Use.
Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für eine zulassungsüberschreitende Anwendung liegen vor.
Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 31 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) haben Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankenbehandlung in Form der Versorgung mit Arzneimitteln, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Dieser Anspruch unterliegt jedoch den Einschränkungen aus § 2 Abs. 1 S. 3 und § 12 Abs. 1 SGB V. Er besteht nur für solche Pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Diese Anforderungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht erfüllt, wenn das verabreichte Medikament nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedarf, aber nicht zugelassen ist (BSG v. 19.3.2002 – B 1 KR 37/00 R in juris mit weiteren Nachweisen). Ebenso kann ein Arzneimittel auch dann, wenn es zum Verkehr zugelassen ist, grundsätzlich nicht zu Lasten der Krankenversicherung in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich die Zulassung nicht erstreckt (BSG a.a.O. mit ausführlicher Begründung).
Der Ausschluss eines Off-Label-Gebrauchs von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) allerdings nicht ausnahmslos, wenn es sich um unverzichtbare und erwiesenermaßen wirksame Therapien handelt. Wegen des dargestellten Vorrangs des Arzneimittelrechts muss ein Off-Label-Use zu Lasten der Krankenversicherung aber auf Fälle beschränkt bleiben, in denen einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneitherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind. Die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet kommt deshalb nur in Betracht, wenn es
(1) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, (2) keine andere Therapie verfügbar ist und (3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann.
Damit Letzteres angenommen werden kann, müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit bei vertretbaren Risiken belegen oder wenn außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und auf Grund deren in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht.
Beim Kläger ist von einer schwerwiegenden, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung auszugehen. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird auch vom MDK nicht in Abrede gestellt. Der Sachverständige Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2014 darauf hingewiesen, dass die Verhaltensauffälligkeiten in Form autoaggressivem Verhalten so schwerwiegend sein können, dass es zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen könne, auch wenn nicht von einer voraussichtlich tödlich verlaufenden Erkrankung auszugehen sei. Damit liegen zwar nicht die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze bei der Kostenübernahme einer nicht zugelassenen Behandlungsmethode vor, jedoch ist im Rahmen der Off-Label-Use Prüfung von einer besonders gravierenden und einschränkenden Erkrankung auszugehen mit der Folge, dass an die weiteren Voraussetzungen – ähnlich wie nach der Rechtsprechung des BSG zu unmittelbar tödlich verlaufenden Erkrankung – geringere Anforderungen gestellt werden dürfen.
Es steht auch kein arzneimittelrechtlich zugelassenes Medikament in Deutschland zur Behandlung zur Verfügung. Auch hier sind sich die gerichtlichen Sachverständigen Dr. N. und Dr V. sowie der MDK einig. Das Medikament Invega ist für die Behandlung der Erkrankungen des Klägers, einer Intelligenzminderung mit Verhaltensauffälligkeiten, organisch psychotische Störungen sowie Epilepsie nicht zugelassen. Gleiches gilt, wie bereits herausgearbeitet, für das Medikament Risperidon, bei dem eine Zulassung nur im Rahmen einer kurzzeitigen Intervention bei aggressiven Verhaltensauffälligkeiten vorliegt.
Nach Auffassung des Gerichts ist auch die dritte Voraussetzung erfüllt, auch wenn kein Wirksamkeitsnachweis in Form einer Phase III Studie geführt werden kann. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang der vom Sachverständigen Dr. N. beschriebenen Konsens in einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen atypischer Neuroleptika bei gravierenden Verhaltensstörungen mit autoaggressivem Verhalten. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang dargelegt, dass die Behandlung organisch katatoner Erregungszustände und schweren Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen von geistiger Retardierung (Minderbegabung) in der Regel im Rahmen eines so genannten Off-Label-Use mit Neuroleptika erfolge, wobei atypische Neuroleptika aufgrund des geringeren Nebenwirkungenprofils der Vorzug zu geben sei. Dementsprechend existiere eine AWMF-Leitlinie zur Behandlung selbst verletzenden Verhalten aus dem Jahre 1999 in der unter anderem auch Therapieversuche mit Risperidon benannt würden. Invega sei wegen fehlender Verfügbarkeit seinerzeit nicht aufgenommen werden. Nach den Darstellungen des Sachverständigen ergibt sich somit ein Behandlungsstandard bei der Behandlung derartiger Erkrankungen, wobei ein Konsens besteht, atypische Neuroleptika wie das in Rede stehende Präparat Invega einzusetzen. Bei einem solchen Konsens im Rahmen der Anwendung eines Off-Label-Use kann ausnahmsweise auf Phase III Studien verzichtet werden. Dies scheint auch die Beklagte vom Grundsatz her anzuerkennen, indem sie die Kosten nach der Festbetragsregelung in Höhe der Kosten für das Medikament Risperidon übernimmt. Auch hier handelt es sich um einen Off-Label-Use bei zulassungsüberschreitendem Gebrauch. Hierauf hat auch der MDK hingewiesen. Nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass für dieses wirkstoffähnliche Medikament ebenfalls keine Phase III Studien vorliegen. Deshalb setzt sich die Beklagte auch in Widerspruch, wenn sie argumentiert, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use mangels ausreichendem wissenschaftlichen Nachweis nicht vorliegen. Denn dann könnten auch die Kosten für das Medikament Risperidon nicht übernommen werden. Auch aus dem ausführlichen Gutachten des MDK vom 18. Juli 2012 geht im Ergebnis hervor, dass die Voraussetzungen eines Off-Label-Use für das "wirkstoffidentische" Präparat Risperidon vorliegen. Der Gutachter vertritt jedoch die Auffassung, dass aufgrund der Festbetragsregelung und dem ähnlichen Wirkstoff dieses Medikament im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden könne. Auf die Regelung des § 31 SGB V kann es jedoch bei einem Off-Label-Use nicht ankommen.
Soweit zugelassene Medikamente nicht zur Verfügung stehen, jedoch günstigere Medikamente, die im Rahmen eines Off-Label-Use verordnungsfähig wären, wäre nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot allerdings der preiswerteren Variante der Vorzug zu geben. Voraussetzung ist jedoch, dass der Behandlungserfolg gleichermaßen gesichert ist. Das ist vorliegend nicht der Fall. Entgegen den Ausführungen des MDK sind beide Gerichtssachverständige unter Berücksichtigung der bisher durchgeführten Therapiemaßnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Wirkung von Risperidon als unzureichend einzuschätzen ist. Der Sachverständige Dr. N. hat dargelegt, dass trotz struktureller Ähnlichkeiten in der pharmakologischen Wirkung durchaus Unterschiede zwischen den einzelnen atypischen Neuroleptika bestehen. Man könne keineswegs Olanzapan. Risperidon und Invega gleichsetzen. Im Einzelfall sei individuell abzustimmen, welches Medikament für den betroffenen Patienten am besten geeignet ist. Auch die Sachverständige Dr. V. hat auf die unterschiedlichen chemischen Strukturen der Medikamente abgestellt und unter Auswertung des bisherigen Behandlungsverlaufs einen eindeutigen medizinischen Vorteil für das in Rede stehende Präparat festgestellt. Die von dem Gutachter Dr. O. eingewandte Kritik, dass eine monokausale Betrachtungsweise in Anbetracht der Vielzahl der verabreichten Medikamente und der häufigen Stellung unmöglich sei, ist entgegenzuhalten, dass im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit anderer ebenfalls nicht zugelassene Medikamente im Rahmen eines Off-Label-Use dem individuelle Behandlungsansatz maßgebliche Bedeutung zukommt. Da beide Medikamente zulassungsüberschreitend eingesetzt werden fehlt es naturgemäß an belastbaren, im Rahmen des Zulassungsverfahrens gewonnenen Erkenntnissen zur jeweiligen Wirksamkeit. Nach dem vom Sachverständigen Dr. N. beschriebenen medizinischen Konsens sind daher mit den zur Verfügung stehenden atypischen Neuroleptika Therapieversuche durchzuführen. Genau dies ist von den behandelnden Ärzten auch praktiziert worden. Die Sachverständigen Dr. N. und Dr. V. zu haben Recht darauf abgestellt, dass nur mit dem in Rede stehenden Medikament Invega ein Behandlungserfolg zu erzielen war und sämtliche anderen Medikamentenkombinationen ohne den gewünschten Therapieerfolg blieben. Der individuelle Therapieverlauf spricht also dafür, dass erst durch den Wirkstoff Paliperidon - allein oder in Kombination mit anderen Medikamenten - ein Behandlungserfolg erzielt werden konnte. Selbst wenn aufgrund der komplexen Kombination von Medikamenten und der häufigen Umstellungen, die aufgrund der Erkrankung des Klägers erforderlich waren und sind, ein eindeutiger monokausaler Nachweis nicht angenommen werden kann, führt dies im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zu einer anderen Einschätzung. Denn die im Rahmen des Off-Label-Use durchgeführte Behandlung, die dem medizinischen Erkenntnisstand entspricht, zielt gerade darauf ab zu testen, mit welchem Medikament aus der Gruppe der atypischen Neuroleptika das beste Ergebnis erzielt werden kann. Der Versicherte kann dabei nicht aus Kostenersparnisgründen darauf verwiesen werden, ein kostengünstigeres, ebenfalls nicht zugelassenes Medikament, auszuprobieren wenn hiermit in der Vergangenheit kein Behandlungserfolg erzielt werden konnte. Hinzu kommt noch, dass durch Änderungen in der Medikation der von den Sachverständigen beschriebene Behandlungserfolg gefährdet werden könnte.
Aufgrund des dem Grunde nach bestehenden Sachleistungsanspruchs ist die Beklagte bei unveränderten medizinischen Rahmenbedingungen verpflichtet, den Kläger zukünftig auf entsprechende ärztliche Verordnungen mit dem Medikament Invega zu versorgen bzw. die Kosten für die Beschaffung zu übernehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Beteiligten streiten über die Kostenübernahme des Medikaments Invega (Wirkstoff Paliperidon).
Der am xxxxx 1980 geborene Kläger leidet unter einer schwerwiegenden geistigen Behinderung und Intelligenzminderung mit einer ausgeprägten Verhaltensstörung. Es kommt zu fremdaggressiven Impulsdurchbrüchen und autoaggressiven Verhaltensweisen. Darüber hinaus besteht eine Chromosomenaberration (Chromosomenanomalie) mit Markerchromosomen 47,xy-MAR und eine fokale Epilepsie mit Anfällen und Bluthochdruck.
Seite 2007 lebt der Kläger in einer Wohngemeinschaft in der Stiftung A ... In der Zeit vom 28. November 2008 bis 22. Dezember 2008 kam es zu einem stationären Aufenthalt wegen Unruhe und fremdaggressivem Verhalten bei epilepsieartigen Zuständen. Im Rahmen der stationären Behandlung erfolgte u.a. eine medikamentöse Umstellung von Risperidon auf Invega (Wirkstoff Risperidon gegenüber Paliperidon). Die Beklagte hatte in der Vergangenheit die Kosten für Risperidon übernommen. Es handelt sich bei beiden Präparaten um so genannte atypische Neuroleptika, die für die Behandlung einer Schizophrenie zugelassen sind, Invega auch zur Behandlung psychotischer und manischer Symptome bei schizoaffektiven Störungen. Risperidon ist darüber hinaus indiziert zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung (bis zu sechs Wochen) von anhaltender Aggression bei Verhaltensstörungen von Kindern im Alter ab fünf Jahren und Jugendlichen mit unterdurchschnittlicher intellektueller Funktion oder mentaler Retardierung. Für die Anwendung im Erwachsenenalter besteht keine Zulassung.
Seit dem 1. Oktober 2009 besteht für die Wirkstoffe Risperidon und Paliperidon eine Festbetragsregelung. Danach ist im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur eine Versorgung zum Preis des Medikaments Risperidon möglich.
Unter dem 7 September 2009 beantragte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, die Übernahme der Zuzahlung gegenüber dem Präparat Risperidon. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 16. September 2009 unter Verweis auf die Festbetragsregelung abgelehnt. Auch der hiergegen erhobene Widerspruch vom 15. Oktober 2009, in welchem auf die massiven Verschlechterungen bei Anwendung des vergleichbaren bzw. wirkstoffidentischen Medikaments verwiesen wurde, blieb erfolglos. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2009 unter Verweis auf die Gesetzeslage zu Festbetragsregelung als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 8. Januar 2010 erhobene Klage. Durch die Umstellung auf das Medikament Invega sei es zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers gekommen und die epileptischen Anfälle hätten sich deutlich reduziert. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Erstattung des Differenzbetrages. Auch die Voraussetzungen für einen zulassungsüberschreitenden Gebrauch (so genannter Off-Label-Use) seien gegeben. Der Kläger leide an einer schwerwiegenden und gravierenden Erkrankung, für die Behandlung stünden keine zugelassenen Medikamente zur Verfügung und die vorliegenden medizinischen Erkenntnisse rechtfertigen die Kostenübernahme.
Der behandelnde Arzt hat fortlaufend das Medikament Invega auf Kassenrezept verordnet. Der Differenzbetrag zum Präparat Risperidon ist von den Eltern des Klägers jeweils an die Apotheke entrichtet wurden. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens Rechnungen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 16.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.447,67 EUR zu erstatten sowie auf ärztliche Verordnung zukünftig die Kosten für die Versorgung mit Medikament Invega zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Es hat zu der Fragestellung, ob eine wirksame Behandlungsalternative mit einem wirkstoffgleichen Präparat zum Festbetrag möglich ist, Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Die Fachärztin für Neurologie Dr. M.V. ist in ihrem Sachverständigengutachten vom 29. Januar 2012 zu dem Ergebnis gelangt, dass das Festbetragsmedikament Risperidon keine Behandlungsalternative zu dem Medikament Invega sei. Eine Auswertung des Behandlungsverlaufs anhand der medizinischen Unterlagen und der Angaben der Eltern habe eine deutliche Besserung durch die Umstellung der Medikamente ergeben. Es sei zu einem Rückgang der Eskalationen und epileptischen Anfälle gekommen. Der Kläger könne an Therapien teilnehmen und durchschlafen. Es sei auch eine Stabilisierung in der Beziehung zu den anderen Patienten der Wohngruppe eingetreten. Während es früher alle 2-3 Tage zu Anfallereignissen gekommen sei, könne jetzt eine Frequenz von 2-3 derartiger Vorkommnisse pro Monat verzeichnet werden. Zwischen den Medikamenten Paliperidon und Risperidon bestünden Unterschiede in den chemischen Strukturen, eine sichere Einschätzung, in welchem Umfang Nebenwirkung eintreten würden, sei jedoch nicht möglich.
Auf Veranlassung der Beklagten ist ein ausführliches Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nord (MDK) eingeholt worden. Der Gutachter Dr. O. hat in seinem Gutachten vom 18. Juli 2012 dargelegt, dass es sich um einen so genannten Off-Label-Use handele. Weder Paliperidon noch Risperidon sei für die spezifischen Erkrankungen des Klägers zugelassen. Mangels belastbarer Studien lägen die Voraussetzungen für einen zulassungsüberschreitenden Gebrauch des Medikaments Invega nicht vor. Eine differenzierte Auswertung der Befunde führe auch nicht zu der Annahme, dass Risperidon unverträglich sei. Zwischen Juli 2008 und Dezember 2008 sei es mehrfach zu einer Änderung der antikonvulsiven Therapie gekommen. So sei auch das Präparat Clonazepam mit der Nebenwirkung Reizbarkeit abgesetzt worden. Vor dem Hintergrund der vielfältig durchgeführten und komplexen medikamentösen Therapieänderung könne ein monokausaler Zusammenhang nicht hergestellt werden. Auch sei die Dosierung von Risperidon nicht ausgeschöpft worden.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. Juli 2013 hat die Sachverständige V. die gutachterlichen Ausführungen des MDK bewertet. Es sei fehlerhaft, die Impulsdurchbrüche des Klägers als Anfälle zu bezeichnen. Es handele sich um zwei unterschiedlichen Erkrankungen, nämlich die epileptischen Anfälle und Impulsdurchbrüche. Zutreffend sei die Epilepsie therapieresistent. Maßgeblich seien die individuellen Therapieansätze, die vom MDK weitgehend unberücksichtigt geblieben seien.
Das Gericht hat nach Erörterung im Verhandlungstermin vom 8. November 2013 zur Abklärung der Voraussetzungen für einen Off-Label-Use ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ist in dem Sachverständigengutachten vom 24. Oktober 2014 zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Erkrankung des Klägers von einer schwerwiegenden, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung, auszugehen sei. Für die Behandlung stünden in Deutschland keine arzneimittelrechtlich zugelassenen Medikamente zur Verfügung. Das gelte für das in Rede stehende Präparat Invega, aber auch für Risperidon, bei welchen für eine dauerhafte Behandlung kein zulassungsrechtlicher Anwendungsbereich eröffnet sei. Die Behandlung organisch- katatoner Erregungszustände und schwerer Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen von Minderbegabung erfolge in der Regel durch einen Off-Label-Use, bei dem so genannte atypischer Neuroleptika zum Einsatz kämen. Dies entspreche einer älteren AWMF- Leitlinie und entspreche dem Standard ärztlicher Behandlung. Auch wenn keine Phase III-Studien vorliegen würden, bestünde in den einschlägigen Fachkreisen Konsens, über den Nutzen atypischer Neuroleptika in der Behandlung von derartigen Verhaltensstörungen und autoaggressivem Verhalten. Es gebe zwar weitere wirkstoffähnliche Medikamente, die jedoch nicht wirkstoffgleich seien. Nach den durchgeführten Therapieversuchen sei davon auszugehen, dass Risperidon keine ausreichende Wirksamkeit habe.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use, die in der Rechtsprechung entwickelt worden seien, nach dem durchgeführten medizinischen Ermittlungen und insbesondere dem Sachverständigengutachten von Dr. N. nicht vorliegen würden. Es mangele an qualifizierten Studien, die die Wirksamkeit belegen könnten.
Der Kläger hat dargelegt, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nach den Sachverständigengutachten gegeben seien. Die behandelnden Ärzte seien haftungsrechtlich in Anspruch zu nehmen, wenn sie Invega nicht verordnen würden.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist - auch als zukunftsorientierte Leistungsklage - zulässig. Das BSG hat im Zusammenhang mit der Gewährung häuslicher Krankenpflege die Zulässigkeit einer allgemeinen Leistungsklage für die Zukunft bejaht (BSG v. 10. November 2005- B 3 KR 38/04 R, SozR 4- 2500 § 37 Nr. 6). Wie im vorliegenden Fall hat der dortige Kläger mit seiner Klage auch eine Verurteilung für die Zukunft begehrt. Das Bundessozialgericht hat eine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG für zulässig erachtet, obwohl die Beklagte über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden hat. Für die Zukunft sei dann nur über eine grundsätzliche Leistungspflicht der Beklagten zu entscheiden. Das bedeutet, dass auch über ein zukunftsorientiertes Leistungsbegehren zu entscheiden ist. Der ursprüngliche Ablehnungsbescheid umfasst (wie in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall )BSG v. 10.November 2005 a.a.O.)) auch die Ablehnung für die Zukunft, was auch sinnvoll ist, da es sich nicht um eine medizinische Einzelfallentscheidung handelt, sondern um eine grundsätzliche Ablehnung.
Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für die Versorgung mit dem Medikament Invega. Für die Vergangenheit besteht ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB-Fünftes Buch (SGB V), für die Zukunft ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten auf Vorlage ärztlicher Verordnungen zu übernehmen.
Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V liegen vor. Die Beklagte hat zu Unrecht die Kostenübernahme für das Medikament Invega verweigert. Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch-Fünftes Buch (SGB V) und ist verpflichtet, einen durch Rechnung nachgewiesenen Gesamtbetrag in Höhe der Klageforderung zu erstatten. Nach § 13 Abs. 3 SGB V besteht ein Kostenerstattungsanspruch, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und hierdurch für den Versicherten Kosten entstanden sind.
Für den Kläger ergibt sich ein Leistungsanspruch auf Versorgung mit einem Medikament, welches zulassungsüberschreitend angewendet wird nach den Grundsätzen eines so genannten Off-Label-Use. Entgegen der im Verwaltungsverfahren und anfänglich im Gerichtsverfahren geführten Diskussion kommt es nicht darauf an, ob für das Arzneimittel wirksam ein Festbetrag im Sinne von § 31 Abs. 2 S. 1-5 SGB V festgesetzt worden ist. Denn diese Regelung knüpft an einem der Zulassung entsprechenden Gebrauch des in Rede stehenden Arzneimittels an. Für den Kläger ergibt sich jedoch sowohl für das von der Beklagten angeführte Medikament Risperidon als auch für Invega die Situation eines Off-Label-Use bei zulassungsüberschreitenden Gebrauch. Hierauf bezieht sich die gesetzliche Festbetragsregelung jedoch nicht.
Sowohl der MDK ist in seinem Gutachten vom 18. Juli 2012 als auch der Sachverständige Dr. N. in seinem Sachverständigengutachten vom 24. Oktober 2014 sind zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Medikamente bei den Erkrankungen des Klägers mangels entsprechender Zulassung grundsätzlich nicht verordnet werden dürfen. Der Sachverständige Dr. N. hat in diesem Zusammenhang dargelegt, dass Invega zur Behandlung von Schizophrenie indiziert sei. Ebenfalls möglich sei die Behandlung schizoaffektiver Störungen. Beide Erkrankungen liegen bei dem Kläger jedoch nicht vor. Der Sachverständige hat nachvollziehbar hergeleitet, dass die Diagnose einer schizophrenen Störung nicht gestellt werden können, und von einer Funktionsstörung mit psychotischem Charakter auszugehen sei als Folge primär cerebraler Erkrankungen bzw. systemische Erkrankungen. Das Medikament Risperidon hat zwar einen weiteren Anwendungsbereich, da eine Indikation auch bei aggressiven Verhaltensauffälligkeiten besteht, jedoch nur vorübergehend und nicht auf Dauer bei Kindern und Jugendlichen (siehe Gutachten des MDK vom 18. Juli 2012). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Es wird eine Dauerbehandlung bereits über viele Jahre praktiziert und der Kläger ist in einem Alter von 34 Jahren und somit weder ein Kind noch Jugendlicher. Es ist nicht von Belang, ob die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen knapp verfehlt werden bzw. ob es sich "formal" um einen Off-Label-Use handelt. Maßgeblich ist allein, ob die Zulassungskriterien erfüllt sind oder nicht. Sind sie nicht erfüllt, weil das Medikament nur kurzzeitig eingesetzt werden kann oder nur in einem bestimmten Alter erfolgt die Anwendung außerhalb der erteilten Zulassung und es handelt sich um einen Off-Label-Use.
Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für eine zulassungsüberschreitende Anwendung liegen vor.
Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 31 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) haben Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankenbehandlung in Form der Versorgung mit Arzneimitteln, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Dieser Anspruch unterliegt jedoch den Einschränkungen aus § 2 Abs. 1 S. 3 und § 12 Abs. 1 SGB V. Er besteht nur für solche Pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Diese Anforderungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht erfüllt, wenn das verabreichte Medikament nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedarf, aber nicht zugelassen ist (BSG v. 19.3.2002 – B 1 KR 37/00 R in juris mit weiteren Nachweisen). Ebenso kann ein Arzneimittel auch dann, wenn es zum Verkehr zugelassen ist, grundsätzlich nicht zu Lasten der Krankenversicherung in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich die Zulassung nicht erstreckt (BSG a.a.O. mit ausführlicher Begründung).
Der Ausschluss eines Off-Label-Gebrauchs von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) allerdings nicht ausnahmslos, wenn es sich um unverzichtbare und erwiesenermaßen wirksame Therapien handelt. Wegen des dargestellten Vorrangs des Arzneimittelrechts muss ein Off-Label-Use zu Lasten der Krankenversicherung aber auf Fälle beschränkt bleiben, in denen einerseits ein unabweisbarer und anders nicht zu befriedigender Bedarf an der Arzneitherapie besteht und andererseits die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung hinreichend belegt sind. Die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet kommt deshalb nur in Betracht, wenn es
(1) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, (2) keine andere Therapie verfügbar ist und (3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann.
Damit Letzteres angenommen werden kann, müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit bei vertretbaren Risiken belegen oder wenn außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und auf Grund deren in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht.
Beim Kläger ist von einer schwerwiegenden, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung auszugehen. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird auch vom MDK nicht in Abrede gestellt. Der Sachverständige Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2014 darauf hingewiesen, dass die Verhaltensauffälligkeiten in Form autoaggressivem Verhalten so schwerwiegend sein können, dass es zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen könne, auch wenn nicht von einer voraussichtlich tödlich verlaufenden Erkrankung auszugehen sei. Damit liegen zwar nicht die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze bei der Kostenübernahme einer nicht zugelassenen Behandlungsmethode vor, jedoch ist im Rahmen der Off-Label-Use Prüfung von einer besonders gravierenden und einschränkenden Erkrankung auszugehen mit der Folge, dass an die weiteren Voraussetzungen – ähnlich wie nach der Rechtsprechung des BSG zu unmittelbar tödlich verlaufenden Erkrankung – geringere Anforderungen gestellt werden dürfen.
Es steht auch kein arzneimittelrechtlich zugelassenes Medikament in Deutschland zur Behandlung zur Verfügung. Auch hier sind sich die gerichtlichen Sachverständigen Dr. N. und Dr V. sowie der MDK einig. Das Medikament Invega ist für die Behandlung der Erkrankungen des Klägers, einer Intelligenzminderung mit Verhaltensauffälligkeiten, organisch psychotische Störungen sowie Epilepsie nicht zugelassen. Gleiches gilt, wie bereits herausgearbeitet, für das Medikament Risperidon, bei dem eine Zulassung nur im Rahmen einer kurzzeitigen Intervention bei aggressiven Verhaltensauffälligkeiten vorliegt.
Nach Auffassung des Gerichts ist auch die dritte Voraussetzung erfüllt, auch wenn kein Wirksamkeitsnachweis in Form einer Phase III Studie geführt werden kann. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang der vom Sachverständigen Dr. N. beschriebenen Konsens in einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen atypischer Neuroleptika bei gravierenden Verhaltensstörungen mit autoaggressivem Verhalten. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang dargelegt, dass die Behandlung organisch katatoner Erregungszustände und schweren Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen von geistiger Retardierung (Minderbegabung) in der Regel im Rahmen eines so genannten Off-Label-Use mit Neuroleptika erfolge, wobei atypische Neuroleptika aufgrund des geringeren Nebenwirkungenprofils der Vorzug zu geben sei. Dementsprechend existiere eine AWMF-Leitlinie zur Behandlung selbst verletzenden Verhalten aus dem Jahre 1999 in der unter anderem auch Therapieversuche mit Risperidon benannt würden. Invega sei wegen fehlender Verfügbarkeit seinerzeit nicht aufgenommen werden. Nach den Darstellungen des Sachverständigen ergibt sich somit ein Behandlungsstandard bei der Behandlung derartiger Erkrankungen, wobei ein Konsens besteht, atypische Neuroleptika wie das in Rede stehende Präparat Invega einzusetzen. Bei einem solchen Konsens im Rahmen der Anwendung eines Off-Label-Use kann ausnahmsweise auf Phase III Studien verzichtet werden. Dies scheint auch die Beklagte vom Grundsatz her anzuerkennen, indem sie die Kosten nach der Festbetragsregelung in Höhe der Kosten für das Medikament Risperidon übernimmt. Auch hier handelt es sich um einen Off-Label-Use bei zulassungsüberschreitendem Gebrauch. Hierauf hat auch der MDK hingewiesen. Nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass für dieses wirkstoffähnliche Medikament ebenfalls keine Phase III Studien vorliegen. Deshalb setzt sich die Beklagte auch in Widerspruch, wenn sie argumentiert, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use mangels ausreichendem wissenschaftlichen Nachweis nicht vorliegen. Denn dann könnten auch die Kosten für das Medikament Risperidon nicht übernommen werden. Auch aus dem ausführlichen Gutachten des MDK vom 18. Juli 2012 geht im Ergebnis hervor, dass die Voraussetzungen eines Off-Label-Use für das "wirkstoffidentische" Präparat Risperidon vorliegen. Der Gutachter vertritt jedoch die Auffassung, dass aufgrund der Festbetragsregelung und dem ähnlichen Wirkstoff dieses Medikament im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden könne. Auf die Regelung des § 31 SGB V kann es jedoch bei einem Off-Label-Use nicht ankommen.
Soweit zugelassene Medikamente nicht zur Verfügung stehen, jedoch günstigere Medikamente, die im Rahmen eines Off-Label-Use verordnungsfähig wären, wäre nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot allerdings der preiswerteren Variante der Vorzug zu geben. Voraussetzung ist jedoch, dass der Behandlungserfolg gleichermaßen gesichert ist. Das ist vorliegend nicht der Fall. Entgegen den Ausführungen des MDK sind beide Gerichtssachverständige unter Berücksichtigung der bisher durchgeführten Therapiemaßnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Wirkung von Risperidon als unzureichend einzuschätzen ist. Der Sachverständige Dr. N. hat dargelegt, dass trotz struktureller Ähnlichkeiten in der pharmakologischen Wirkung durchaus Unterschiede zwischen den einzelnen atypischen Neuroleptika bestehen. Man könne keineswegs Olanzapan. Risperidon und Invega gleichsetzen. Im Einzelfall sei individuell abzustimmen, welches Medikament für den betroffenen Patienten am besten geeignet ist. Auch die Sachverständige Dr. V. hat auf die unterschiedlichen chemischen Strukturen der Medikamente abgestellt und unter Auswertung des bisherigen Behandlungsverlaufs einen eindeutigen medizinischen Vorteil für das in Rede stehende Präparat festgestellt. Die von dem Gutachter Dr. O. eingewandte Kritik, dass eine monokausale Betrachtungsweise in Anbetracht der Vielzahl der verabreichten Medikamente und der häufigen Stellung unmöglich sei, ist entgegenzuhalten, dass im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit anderer ebenfalls nicht zugelassene Medikamente im Rahmen eines Off-Label-Use dem individuelle Behandlungsansatz maßgebliche Bedeutung zukommt. Da beide Medikamente zulassungsüberschreitend eingesetzt werden fehlt es naturgemäß an belastbaren, im Rahmen des Zulassungsverfahrens gewonnenen Erkenntnissen zur jeweiligen Wirksamkeit. Nach dem vom Sachverständigen Dr. N. beschriebenen medizinischen Konsens sind daher mit den zur Verfügung stehenden atypischen Neuroleptika Therapieversuche durchzuführen. Genau dies ist von den behandelnden Ärzten auch praktiziert worden. Die Sachverständigen Dr. N. und Dr. V. zu haben Recht darauf abgestellt, dass nur mit dem in Rede stehenden Medikament Invega ein Behandlungserfolg zu erzielen war und sämtliche anderen Medikamentenkombinationen ohne den gewünschten Therapieerfolg blieben. Der individuelle Therapieverlauf spricht also dafür, dass erst durch den Wirkstoff Paliperidon - allein oder in Kombination mit anderen Medikamenten - ein Behandlungserfolg erzielt werden konnte. Selbst wenn aufgrund der komplexen Kombination von Medikamenten und der häufigen Umstellungen, die aufgrund der Erkrankung des Klägers erforderlich waren und sind, ein eindeutiger monokausaler Nachweis nicht angenommen werden kann, führt dies im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zu einer anderen Einschätzung. Denn die im Rahmen des Off-Label-Use durchgeführte Behandlung, die dem medizinischen Erkenntnisstand entspricht, zielt gerade darauf ab zu testen, mit welchem Medikament aus der Gruppe der atypischen Neuroleptika das beste Ergebnis erzielt werden kann. Der Versicherte kann dabei nicht aus Kostenersparnisgründen darauf verwiesen werden, ein kostengünstigeres, ebenfalls nicht zugelassenes Medikament, auszuprobieren wenn hiermit in der Vergangenheit kein Behandlungserfolg erzielt werden konnte. Hinzu kommt noch, dass durch Änderungen in der Medikation der von den Sachverständigen beschriebene Behandlungserfolg gefährdet werden könnte.
Aufgrund des dem Grunde nach bestehenden Sachleistungsanspruchs ist die Beklagte bei unveränderten medizinischen Rahmenbedingungen verpflichtet, den Kläger zukünftig auf entsprechende ärztliche Verordnungen mit dem Medikament Invega zu versorgen bzw. die Kosten für die Beschaffung zu übernehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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