L 8 R 1793/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1128/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 1793/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 06.05.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1963 geborene Kläger hat den Beruf des Drehers erlernt und war nach einer Umschulung zum Industriekaufmann zuletzt bis April 2009 als Einkaufssachbearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Seit 10.02.2011 ist bei dem Kläger ein GdB von 50 festgestellt (Bl. 95 VA). Seit 01.11.2011 übt er einen Minijob aus.

Am 23.12.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Begutachtung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin, für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K., der eine phasenhaft verlaufende depressive Störung, derzeit schwere Episode, eine Dysthymia, eine generalisierte Angststörung und eine asthenische Persönlichkeitsstörung diagnostizierte und den Kläger für nicht mehr in der Lage erachtete, drei oder mehr Stunden täglich einer leichten körperlichen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen [Gutachten vom 03.03.2011, Bl. 45/54 der Verwaltungsakten (VA)], bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit ab 01.02.2011 bis 31.01.2013 (vgl. Bl. 70 VA). Auf den Weiterzahlungsantrag vom 10.08.2012 bewilligte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 01.02.2013 hinaus bis 31.01.2015 (Bescheid vom 16.10.2012, Bl. 115 VA)

Am 15.08.2014 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung.

Nach Einholung eines Befundscheins von Dr. K., der den Kläger seit 23.05.2011 psychiatrisch und psychotherapeutisch behandelte und ihn als weiterhin nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig erachtete, gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 15.01.2015 (Bl. 160 VA) die Weiterzahlung der Rente bis 28.02.2015. Zudem holte sie das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. vom 15.01.2015 (Bl. 162/172 VA) ein, der nur noch eine Dysthymia diagnostizierte und den Kläger in seinem Beruf als Industriekaufmann und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig erachtete. Die schwere depressive Episode sei vollständig abgeklungen.

Mit Bescheid vom 04.02.2015 (Bl. 180 VA) lehnte die Beklagte den Antrag auf Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.03.2015 ab.

Am 12.02.2015 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein. Seine Krankheitsbeschwerden einer schweren Depression bestünden weiterhin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 17.04.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Neben psychischen Beeinträchtigungen machte er zur Begründung orthopädische Gesundheitsstörungen (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen) geltend.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. med. D. teilte unter dem 18.06.2015 (Bl. 26/29 SG Akte) ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mit. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Dr. F. gab unter dem 15.07.2015 (Bl. 29/38 SG Akte) an, bei den vom Kläger geklagten Beschwerden sei dieser nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. erachtete den Kläger nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden täglich auszuführen (Schreiben vom 08.08.2015, Bl. 40/47 SG Akte).

Ferner holte das SG das nervenfachärztliche Gutachten der Dr. M. vom 11.11.2015 (Bl. 62/78 SG Akte) ein. Die Gutachterin diagnostizierte eine depressive Störung, derzeit leicht, und erachtete den Kläger für Tätigkeiten ohne über das normale Maß hinausgehenden Stress und Druck und ohne Nachtarbeit als vollschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Im testpsychologischen Zusatzgutachten vom 19.10.2015 (Bl. 79/103 SG Akten) konnte Dr. H. B. die vom Kläger genannten Beschwerden, insbesondere kognitive Funktionseinschränkungen nicht objektivieren.

Auf Antrag des Klägers erstattete der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. das Gutachten vom 01.03.2016 (Bl. 112/128 SG Akte). Er diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung, eine ängstlich (vermeidende) Persönlichkeitsstörung sowie spezifische Phobien. Der Kläger sei trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen in der Lage, seine Tätigkeit als Industriekaufmann weiterhin auszuüben und auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu bewältigen.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.05.2016 wies das SG die Klage ab.

Am 13.05.2016 hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er sei zu 50 Prozent schwerbehindert. Bis Februar 2015 habe der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen. Eine Besserung des Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. Aus dem Sachverständigengutachten des Dr. M. gäben sich erhebliche gesundheitliche Einschränkungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet. Ferner beruft er sich auf die Stellungnahmen des Dr. Dr. F. und des Dr. K ... Zudem macht er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da kein Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid bestanden habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 06.05.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit ab 01.03.2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen, hilfsweise Dr. K. und Dr. F. als sachverständige Zeugen zu hören.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich auf den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass eine Schwerbehinderung nicht mit einer vollen bzw. teilweisen Erwerbsminderung gleichgesetzt werden könne.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid, dessen Erlass nicht an das Einverständnis der Beteiligten gebunden ist, die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben – bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen – Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass der Kläger die Voraussetzungen für diese Rente nicht erfüllt, weil er nicht voll erwerbsgemindert, sondern weiterhin in der Lage ist, unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Es hat sich dabei zu Recht den Einschätzungen der Gutachter Dr. M. und Dr. M. sowie des sachverständigen Zeugen Dr. med. D. angeschlossen. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zur Begründung seiner eigenen Entscheidung voll zu eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Berufung ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.

Ergänzend hierzu bleibt auszuführen:

Dass im Gesundheitszustand des Klägers, der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis Februar 2015 bezogen hat, seiner Auffassung nach eine Besserung, d.h. eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, nicht eingetreten ist, begründet nicht einen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist bei der Entscheidung über die Weitergewährung einer befristet gewährten Rente über das Fristende hinaus nicht anwendbar. Nach § 102 Abs. 1 SGB VI enden befristete Renten mit Ablauf der Frist. Bei Befristung fällt die Rente daher mit Zeitablauf weg, ohne dass es der Aufhebung der Rentenbewilligung bedarf (Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 102 SGB VI, Rn. 4). Somit sind bei der Entscheidung über den Weiterzahlungsantrag die Anspruchsvoraussetzungen neu zu prüfen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich gegenüber der vorangegangenen Bewilligung die Verhältnisse wesentlich geändert haben. Nichts anderes folgt aus § 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, wonach es im Fall der Verlängerung bei dem ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber lediglich eine Neuberechnung der Rente auf der Grundlage des zum Weitergewährungszeitpunkts maßgeblichen Rechts verhindern (BT-Drs. 16/3794, S. 37).

Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lässt sich ab 01.03.2015 jedoch nicht feststellen, was in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt wurde.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Gutachten des Dr. M. vom 01.03.2016 berufen. Zwar hat Dr. M. im Gegensatz zu Dr. M., die nur eine leichtgradige depressive Störung diagnostiziert hat, eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode und darüber hinaus eine abhängige und eine ängstliche Persönlichkeitsstörung sowie spezifische Phobien festgestellt. Insbesondere aufgrund der Persönlichkeitsstörung sieht Dr. M. Beeinträchtigungen des Klägers in der Teilhabe am allgemeinen Leben. Daraus leitet der Gutachter jedoch keine quantitativen, sondern nur qualitative Leistungsbeeinträchtigungen ab. Insbesondere geht er von einer erschwerten Umstellungsfähigkeit und Konfliktbewältigung sowie einer leichten Einschränkung der Konzentration aus. Da es sich dabei im Wesentlichen nur um subjektiv vom Kläger empfundene Beeinträchtigungen handeln kann, ist die Leistungseinschätzung des Gutachters überzeugend. Seinem Gutachten sind keine Ausführungen dazu zu entnehmen, woraus er derartige Beeinträchtigungen herleitet, insbesondere aufgrund welcher Beobachtungen in der Begutachtungssituation derartige Beeinträchtigungen objektiviert werden können. Im Gegensatz zu Dr. M. hat die Gutachterin Dr. M. keine Hinweise für Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten, eine Reduktion der Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sowie der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit gefunden. Vielmehr hat sie den Kläger als ausgesprochen anpassungs- und umstellungsfähig beschrieben. Diese Einschätzung ist insbesondere nach dem Zusatzgutachten der Dr. H.-B. schlüssig. Danach arbeitete der Kläger während der Untersuchungszeit von sechs Stunden, während der er lediglich eine 15 Minuten dauernde Pause nach der Hälfte der Untersuchungszeit sowie eine kurze Toilettenpause in Anspruch genommen hat, fokussiert und mit angemessenem Zeitbedarf. Er bearbeitete alle Aufgaben. Den Bildschirm positionierte er spontan in einem für ihn geeigneten Abstand. Die Erfassung der Daueraufmerksamkeitsleistung erbrachte durchschnittliche Ergebnisse. Bei der Fassung der Problemlösefähigkeit zeigte der Kläger eine durchschnittliche Leistung. Auch hinsichtlich der kognitiven Flexibilität erreichte der Kläger ein durchschnittliches Resultat. Zudem ging die Gutachterin von einem noch höheren Leistungsniveau aus, wenn der Kläger ausreichend Anstrengungsbereitschaft zeige. Insgesamt sprechen diese Feststellungen nicht für das Bestehen von relevanten Beeinträchtigungen der Konzentrations-, der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Auch gegenüber Dr. H.-B. gab der Kläger schriftlich insbesondere eine stark erhöhte Depressivität und Angstsymptomatik an, deren subjektive Wahrnehmung durch den Kläger die Gutachterin zwar nicht infrage gestellt, jedoch nachvollziehbar darauf hingewiesen hat, dass die derzeitige Behandlung in niedriger Frequenz und die Alltagsschilderungen gegen einen aktuell so hohen Leidensdruck sprechen, wie es der angegebenen Symptomatik zufolge zu erwarten wäre. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den von Dr. M. angegebenen Beeinträchtigungen im Wesentlichen um vom Kläger subjektiv wahrgenommene Beeinträchtigungen. Den beklagten subjektiven Konzentrationsbeeinträchtigungen und Beeinträchtigungen im Hinblick auf Umstellungsfähigkeit und Konfliktbewältigungsfähigkeit kann durch Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an diese Fähigkeiten Rechnung getragen werden, ohne dass dabei das zeitliche Leistungsvermögen beeinträchtigt wird. Insgesamt ist danach die Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. M., der den Kläger bezüglich leichter, qualitativ zumutbarer Tätigkeiten als vollschichtig leistungsfähig erachtet und den Einschätzungen des Dr. G. und der Dr. M. zustimmt, schlüssig.

Soweit der sachverständige Zeuge Dr. med. D. mitgeteilt hat, dass das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden primär auf dem Gebiet der Psychiatrie/Psychologie liege, lässt sich daraus kein Hinweis für eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit entnehmen. Der sachverständige Zeuge hat für sein orthopädisches Fachgebiet qualitative Leistungseinschränkungen insbesondere bezüglich körperlicher Zwangshaltungen, Heben und Tragen schwerer oder mittelschwerer Lasten, häufiges Bücken, Tätigkeiten überwiegend im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe sowie unter Zeitdruck, insbesondere Akkord, benannt. Solche sind aufgrund der von Dr. med. D. angegebenen Gesundheitsstörungen in Form eines chronischen Wirbelsäulensyndroms mit Muskelspannungsstörungen und funktioneller Einschränkung sowie einer Rhizarthrose links mit funktioneller Einschränkung nachvollziehbar. Daraus ergeben sich jedoch keine Hinweise für das Bestehen einer Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht, weshalb auch die Leistungseinschätzung des Dr. med. D., der bei Beachtung der qualitativen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sieht, schlüssig ist. Zu dieser Einschätzung passen auch die Beobachtungen der Dr. H. B., wonach der Kläger bei der gegebenen Möglichkeit, zwischen stehenden und sitzenden Tätigkeit zu wechseln, keine Einschränkungen, wie Kribbeln in den Beinen, angab. Relevante Beeinträchtigungen sind danach jedenfalls für körperlich leichte Wechseltätigkeiten nicht ersichtlich. Mit dem Hinweis auf das Bestehen von Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet bezieht sich der sachverständige Zeuge lediglich auf ein vom Kläger angegebenes Burn¬ out Syndrom, gibt jedoch keine Einschätzung hinsichtlich der Auswirkungen von fachfremd bestehenden Gesundheitsstörungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit ab.

Der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. Dr. F., wonach der Kläger nicht in der Lage sein soll, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, kann sich der Senat nicht anschließen. Der Allgemeinmediziner Dr. Dr. F. bezieht sich in seiner Aussage vorwiegend auf die vom Kläger die Fachbereiche Orthopädie/Neurologie betreffenden geklagten Beschwerden. Konkrete von ihm erhobene Befunde oder Fremdbefunde, die seine Leistungseinschätzung stützen, hat er nicht mitgeteilt. Bezüglich des orthopädischen Fachgebiets hat Dr. Dr. F. lediglich einen Bericht des Dr. med. D. vorgelegt, aus dem die von diesem auch in dessen sachverständigen Zeugenaussage bestätigten Gesundheitsstörungen hervorgehen. Nach der fachärztlichen Einschätzung des Dr. med. D. begründen die Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und der linken Hand keine zeitliche Leistungseinschränkung bezüglich körperlich leichter Tätigkeiten. Aus den pauschalen Angaben des Zeugen Dr. Dr. F. bezüglich des Bestehens von Schmerzzuständen, Bewegungseinschränkung, Verminderung der Grobmotorik sowie der Greiffunktion der linken Hand, wozu es an konkreten Befunden fehlt, kann nicht auf das Bestehen insbesondere auch einer zeitlichen Leistungseinschränkung geschlossen werden. Die Einschätzung des Dr. Dr. F. passt auch nicht zu den Aktivitäten des Klägers, wie sie sich aus den Gutachten der Dr. M. und des Dr. M. ergeben. Danach ist der Kläger in der Lage, eine Heckenschere zu betätigen, Gemüseanbau im Garten zu betreiben, Holz zu holen, im Rahmen eines Minijobs Verpackungsmaterial zu recyceln, im Rahmen von Renovierungsarbeiten Zimmer bzw. die Garage aus- bzw. einzuräumen. Diese Aktivitäten stehen im Widerspruch zu bereits leichte Hebetätigkeiten und übliche Greiftätigkeiten verunmöglichenden Gesundheitsstörungen. Nach den Angaben des Klägers gegenüber Dr. M. bestehen die Probleme im Bereich der Hände auch nur beim Anfassen von kalten Gegenständen oder bei der Erforderlichkeit von Drehbewegungen, was nicht gegen die Verrichtung der von Dr. med. D. für qualitativ angemessen gehaltenen Tätigkeiten spricht. Die von Dr. Dr. F. benannten psychischen Beeinträchtigungen, zu denen er keinerlei Befunde mitgeteilt bzw. vorgelegt hat, bedingen nach den eingeholten Sachverständigengutachten keine rentenrelevante Leistungsbeeinträchtigung. Dass die Schilddrüsenfehlfunktion sich in rentenberechtigendem Ausmaß auf die Leistungsfähigkeit des Klägers auswirken könnte, ist nicht ersichtlich.

Der Senat kann sich auch nicht aufgrund der Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. K. davon überzeugen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Verweis auf die Leistungseinschätzung durch Dr. K. als behandelnden Arzt kann die Beurteilung durch Dr. M. und Dr. M. nicht entkräften. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.01.2012 – L 11 R 4953/10). Die von dem sachverständigen Zeugen zur Begründung seiner zeitlichen Leistungseinschätzung angeführten erheblichen Störungen von Antrieb, Konzentration und Durchhaltevermögen ließen sich weder bei Begutachtung durch Dr. M. und Dr. H.-B. noch bei Begutachtung durch Dr. M. in einem die zeitliche Leistungsfähigkeit vermindernden Ausmaß objektivieren. Auch Dr. K. selbst gibt zum psychopathologischen Befund eine lediglich diskret eingeschränkte Aufmerksamkeit und Konzentration an, was im Widerspruch zu seiner Leistungseinschätzung steht. Im Übrigen lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen, wie sich die behaupteten Beeinträchtigungen äußern, weshalb seine Einschätzung für den Senat nicht nachvollziehbar ist. Dr. M. und Dr. H.-B. haben dagegen den Kläger entgegen dessen Behauptung, Dr. M. habe ihn nicht ordnungsgemäß untersucht, eingehend untersucht und unter Auswertung psychologischer Tests, den Angaben des Klägers und den Beobachtungen in der Begutachtungssituation keine erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die gegen eine mindestens sechsstündige Verrichtung leichter Tätigkeiten sprechen, festgestellt und dies ausführlich und nachvollziehbar begründet. Dass der Kläger bereits Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen und der Gesundheitszustand nach Behauptung des Klägers keine Besserung habe zugeführt werden können, steht nicht im Widerspruch zur Leistungseinschätzung durch Dr. M., da es für das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Rente nach dem Wegfallzeitpunkt der vormals bewilligten Rente – wie bereits ausgeführt – nicht auf eine Änderung der Verhältnisse ankommt. Von der Gutachterin war daher nicht zu untersuchen, inwieweit sich der Gesundheitszustand seit der erstmaligen Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente verbessert hat. Ob Dr. K. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 08.08.2015 mit seiner Beurteilung, eine Änderung des psychischen Zustands sei (seit März 2015 nicht eingetreten, einer Fehleinschätzung unterliegt oder seine bisherige Leistungsbeurteilung selbst medizinisch zu hinterfragen wäre, kann dahinstehen.

Aus der Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft folgt ebenfalls nicht, dass der Kläger erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschlüsse vom 08.08.2001 – B 9 SB 5/01 B und vom 09.12.1987 – 5b BJ 156/87, juris).

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt. Diese vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Dem Hilfsbeweisantrag des Klägers, Dr. Dr. F. und Dr. K. als sachverständige Zeugen zu vernehmen, brauchte der Senat nicht nachzukommen. Ein entscheidungsfähiger Beweisantrag ist dem Hilfsbeweisantrag nicht zu entnehmen. Vom Kläger wurde weder ein Beweisthema ausdrücklich benannt noch ist für den Senat aus dem Klägervorbringen ersichtlich geworden, welche entscheidungsrelevante medizinische Frage noch aufklärungsbedürftig wäre. Die Notwendigkeit einer wiederholenden Vernehmung der bereits durch das SG gehörten Zeugen ist vom Kläger nicht dargelegt worden und auch nicht ersichtlich. Dafür, dass seit der Begutachtung durch Dr. M. und Dr. M. eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers eingetreten ist, gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 B 11 AL 81/97 R, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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