Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 4170/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2485/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.05.2016 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung und Rückforderung einer Halbwaisenrente.
Nachdem die Beklagte die Halbwaisenrente der Klägerin mit Bescheid vom 18.09.2015 und Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 neu festgestellt und die errechnete Überzahlung zurückgefordert hatte, hat die Klägerin das Sozialgericht Karlsruhe angerufen, das die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 18.05.2016 unter Abweisung der Klage im Übrigen entsprechend dem Teilanerkenntnis der Beklagten insoweit aufgehoben hat, als die Rückforderung einen Betrag von 4.973,49 EUR übersteigt. Gegen das ihr am 21.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 24.06.2016 beim Sozialgericht Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist zu der Absicht des Senats, durch Beschluss zu entscheiden, angehört worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Leistungsakten Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig.
Nach § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, was nach Satz 2 der Vorschrift durch Beschluss geschehen kann, wenn sie - unter anderem - nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt ist. So liegt der Fall hier.
Gemäß § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte die Berufung statt. Diese ist beim Landesozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 SGG). Nach Abs. 2 der Regelung ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Diese Frist ist hier versäumt.
Nach § 63 Abs. 2 SGG wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Dabei kann ein Schriftstück durch Zustellungsauftrag zugestellt werden (§ 176 Abs. 1 ZPO), wobei hierbei die Ausführung der Zustellung nach den §§ 177 bis 181 ZPO erfolgt (§ 176 Abs. 2 ZPO). Gemäß § 177 ZPO kann die Zustellung durch Aushändigung des Schriftstücks an jedem Ort vorgenommen werden, an dem der Adressat angetroffen wird (§ 177 ZPO). Ist eine Aushändigung an den Adressaten und auch eine Ersatzzustellung in dessen Wohnung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, bspw. an einen Familienangehörigen, nicht möglich, kann die Zustellung gemäß § 180 Satz 1 ZPO durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgen. In diesem Fall gilt das Schriftstück mit der Einlegung in den Briefkasten als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO).
Hier hat das SG der Post einen Zustellungsauftrag erteilt. Da der Postbedienstete die Klägerin in ihrer Wohnung zur Aushändigung des Schriftstücks am 21.05.2016 nicht angetroffen hat und auch eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht möglich gewesen ist, hat dieser das Schriftstück ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde in den zur Wohnung der Klägerin gehörenden Briefkasten eingelegt. Gemäß § 180 Satz 2 ZPO gilt das Schriftstück damit zu diesem Zeitpunkt als zugestellt.
Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Gemäß Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die einmonatige Berufungsfrist hat somit am 22.05.2016 begonnen und am 21.06.2016 (Dienstag) geendet. Die Berufung der Klägerin ist dagegen erst am 24.06.2016 und damit nach Fristablauf bei Gericht eingegangen und somit verspätet.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Dies setzt voraus, dass das Versäumen der Frist bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen ist. Dabei steht das Verschulden eines Prozessbevollmächtigten dem Verschulden des Beteiligten gleich (§ 73 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Hier hat der Bevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, seine Tochter habe ihm "sicherlich mitgeteilt", dass "ein Widerspruch bis zum 20.06. zu erfolgen" habe, er habe sich in seinem Kalender jedoch den 30.06. notiert. Warum ihm dieser Fehler unterlaufen sei, könne er im nachhinein nicht mehr sagen. Eine unverschuldete Fristversäumnis begründet dieser fehlerhafte Eintrag im Kalender nicht. Denn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte der Bevollmächtigte der Klägerin erkennen können, dass er sich ein unzutreffendes Datum und nicht das Datum notiert hat, das er an sich hatte eintragen wollen. Gerade vor dem Hintergrund der starken Einschränkung seiner Sehfähigkeit, wäre eine besondere Sorgfalt notwendig gewesen, selbst wenn der Einsatz seines Lesegerätes - für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar - mit gewissen Umständen und damit einem größeren Zeitaufwand verbunden gewesen wäre. Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt deshalb nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung und Rückforderung einer Halbwaisenrente.
Nachdem die Beklagte die Halbwaisenrente der Klägerin mit Bescheid vom 18.09.2015 und Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 neu festgestellt und die errechnete Überzahlung zurückgefordert hatte, hat die Klägerin das Sozialgericht Karlsruhe angerufen, das die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 18.05.2016 unter Abweisung der Klage im Übrigen entsprechend dem Teilanerkenntnis der Beklagten insoweit aufgehoben hat, als die Rückforderung einen Betrag von 4.973,49 EUR übersteigt. Gegen das ihr am 21.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 24.06.2016 beim Sozialgericht Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist zu der Absicht des Senats, durch Beschluss zu entscheiden, angehört worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Leistungsakten Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig.
Nach § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, was nach Satz 2 der Vorschrift durch Beschluss geschehen kann, wenn sie - unter anderem - nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt ist. So liegt der Fall hier.
Gemäß § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte die Berufung statt. Diese ist beim Landesozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 SGG). Nach Abs. 2 der Regelung ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Diese Frist ist hier versäumt.
Nach § 63 Abs. 2 SGG wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Dabei kann ein Schriftstück durch Zustellungsauftrag zugestellt werden (§ 176 Abs. 1 ZPO), wobei hierbei die Ausführung der Zustellung nach den §§ 177 bis 181 ZPO erfolgt (§ 176 Abs. 2 ZPO). Gemäß § 177 ZPO kann die Zustellung durch Aushändigung des Schriftstücks an jedem Ort vorgenommen werden, an dem der Adressat angetroffen wird (§ 177 ZPO). Ist eine Aushändigung an den Adressaten und auch eine Ersatzzustellung in dessen Wohnung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, bspw. an einen Familienangehörigen, nicht möglich, kann die Zustellung gemäß § 180 Satz 1 ZPO durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgen. In diesem Fall gilt das Schriftstück mit der Einlegung in den Briefkasten als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO).
Hier hat das SG der Post einen Zustellungsauftrag erteilt. Da der Postbedienstete die Klägerin in ihrer Wohnung zur Aushändigung des Schriftstücks am 21.05.2016 nicht angetroffen hat und auch eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht möglich gewesen ist, hat dieser das Schriftstück ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde in den zur Wohnung der Klägerin gehörenden Briefkasten eingelegt. Gemäß § 180 Satz 2 ZPO gilt das Schriftstück damit zu diesem Zeitpunkt als zugestellt.
Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Gemäß Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die einmonatige Berufungsfrist hat somit am 22.05.2016 begonnen und am 21.06.2016 (Dienstag) geendet. Die Berufung der Klägerin ist dagegen erst am 24.06.2016 und damit nach Fristablauf bei Gericht eingegangen und somit verspätet.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Dies setzt voraus, dass das Versäumen der Frist bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen ist. Dabei steht das Verschulden eines Prozessbevollmächtigten dem Verschulden des Beteiligten gleich (§ 73 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Hier hat der Bevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, seine Tochter habe ihm "sicherlich mitgeteilt", dass "ein Widerspruch bis zum 20.06. zu erfolgen" habe, er habe sich in seinem Kalender jedoch den 30.06. notiert. Warum ihm dieser Fehler unterlaufen sei, könne er im nachhinein nicht mehr sagen. Eine unverschuldete Fristversäumnis begründet dieser fehlerhafte Eintrag im Kalender nicht. Denn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte der Bevollmächtigte der Klägerin erkennen können, dass er sich ein unzutreffendes Datum und nicht das Datum notiert hat, das er an sich hatte eintragen wollen. Gerade vor dem Hintergrund der starken Einschränkung seiner Sehfähigkeit, wäre eine besondere Sorgfalt notwendig gewesen, selbst wenn der Einsatz seines Lesegerätes - für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar - mit gewissen Umständen und damit einem größeren Zeitaufwand verbunden gewesen wäre. Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt deshalb nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
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