L 8 U 3814/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 2136/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3814/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.08.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten streitig, ob dem Kläger wegen eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 17.06.2009 ein Anspruch auf Verletztenrente (Stützrente) zusteht.

Der 958 geborene Kläger erlitt am 17.06.2009 einen Arbeitsunfall. Dabei zog sich der Kläger ein Oberschenkelhämatom links ohne knöcherne Verletzung zu, mit Hämatomausräumung am 09.07.2009 (Durchgangsarztbericht Dr. S. vom 17.06.2009; Operationsbericht Z. Klinikum vom 09.07.2009). Bei fortbestehenden Kniegelenksbeschwerden erfolgte am 06.08.2009 im Z. Klinikum eine arthroskopische Plica-Resektionen sowie partielle Synovialektomie (Operationsbericht Z. Klinikum vom 06.08.2009 und Zwischenbericht PD Dr. C. vom 28.08.2009). Mit Bescheid vom 15.09.2009 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen des Unfalls vom 17.06.2009 ab. Als Unfallfolgen wurde eine Prellung am linken Oberschenkel sowie am rechten Schienbein und eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis 26.07.2009 anerkannt. Festgestellte Verschleißerscheinungen im Bereich des linken Kniegelenkes seien nicht durch den Arbeitsunfall entstanden, sondern beruhten auf degenerativen Veränderungen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte holte insbesondere den neurologischen Befundbericht des Prof. Dr. S. vom 02.11.2009 ein und nahm den Befund- und Entlassungsbericht der BG Unfallklinik T. vom 10.11.2009 sowie den Zwischenbericht von Dr. B. vom 29.11.2009 zu den Akten. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Maßgabe zurück, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis einschließlich 04.11.2009 anerkannt werde. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S 7 U 4333/09), mit dem Ziel, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 04.11.2009 hinaus anzuerkennen. Das SG hörte Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen an, der sich unter dem 03.07.2010 äußerte und aufgrund wesentlich gebesserter Schmerzen von einer Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 06.02.2010 ausging. Außerdem holte das SG das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten von Dr. S. vom 12.02.2011 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) über die 26. Woche hinaus nicht vorliege. Der Kläger nahm daraufhin seine Klage zurück (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2011).

Außerdem erlitt der Kläger am 27.10.2011 einen Arbeitsunfall. Dabei zog sich der Kläger insbesondere Verletzungen am rechten Schulterblatt, dem Kopf und dem Brustkorb zu. Nach Einholung der Gutachten insbesondere des Dr. J. 20.06.2012 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 12.07.2012 und 12.10.2012 sowie des Dr. M. vom 20.08.2012 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 07.02.2013 für die Zeit vom 04.04.2012 bis 31.12.2012 Rente nach einer MdE um 20 v.H. Die hiergegen vom Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage beim SG (Aktenzeichen S 8 U 2474/13, fortgeführt Aktenzeichen S 8 U 195/14) blieb durch Gerichtsbescheid des SG vom 15.04.2014 erfolglos. Die hiergegen vom Kläger beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 3 U 2202/14) nahm der Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung am 28.01.2015 zurück. In einem weiteren beim SG geführten Klageverfahren (S 8 U 658/14) schlossen die Beteiligten nach schriftlicher Anhörung des Dr. A. als sachverständigen Zeugen (Aussage vom 06.03.2015) in der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 05.05.2015 einen Vergleich dahin, dass sich die Beteiligten einig sind, dass der Arbeitsunfall vom 27.10.2011 beim Kläger eine MdE von 10 v.H. auf Dauer seit dem 01.01.2013 bedingt.

Am 14.12.2011 beantragte der Kläger den Bescheid vom 15.09.2009 gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen. Dieser Antrag blieb durch Schreiben der Beklagten vom 09.02.2012 ohne Erfolg.

Mit Schreiben vom 22.03.2013 beantragte der Kläger ihm wegen des Unfalls vom 17.06.2009 Stützrente nach einer MdE um 10 v.H. zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.04.2013 ab. Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch vom 06.05.2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2013 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 12.08.2013 Klage beim SG (S 8 U 2136/13). Das SG holte das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. A. vom 28.02.2014 mit neuropsychologischem Zusatzgutachten der Diplom-Psychologin B. vom 08.03.2014 (zu den Arbeitsunfällen vom 17.06.2009 und 27.10.2011) ein. Prof. Dr. A. gelangte in seinem Gutachten mit ergänzenden Stellungnahmen vom 01.07.2014 und 22.09.2014 hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 17.06.2009 zu der Beurteilung, es bestehe der dringende Verdacht auf eine Schädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis links durch ein ausgedehntes Oberschenkelhämatom. Unter Einbeziehung bestehender Unfallfolgen des Arbeitsunfalles vom 27.10.2011 bewertete der Sachverständige bezüglich der Sensibilitätsstörungen die MdE mit 0 v.H. und bezüglich einer chronischen Schmerzsymptomatik seit der 26. Woche nach dem Arbeitsunfall die MdE mit 20 v.H. sowie hinsichtlich sämtlicher Unfallfolgen die MdE mit 20 v.H. Bezüglich der chronischen Schmerzsymptomatik sei davon auszugehen, dass zumindest eine MdE von 10 v.H. bereits durch die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des linken Oberschenkels seit dem ersten Unfall vom 17.06.2009 bestehe.

Die Beklagte trat dem Gutachten des Prof. Dr. A. entgegen. Es seien ausschließlich die Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.06.2009 zu bewerten. Danach komme als Unfallfolge lediglich eine Sensibilitätsstörung am linken Oberschenkel als Folge einer Druckläsion des Nervus cutaneus femoris lateralis links in Betracht, die als Verdachtsdiagnose nicht gesichert sei und die ungeachtet hiervon keine Funktionsbeeinträchtigung relevanten Ausmaßes nach sich ziehe.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.08.2015 wies das SG die Klage ab.

Gegen den dem Kläger am 25.08.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 03.09.2015 eingelegte Berufung. Er hat zur Begründung geltend gemacht, für die Schädigung des nervus cutaneus femoris lateralis links mit Sensibilitätsstörungen, die chronische Schmerzsymptomatik sowie wegen zunehmender Schmerzen im linken Oberschenkel bei längeren Fahrten und eine zunehmende Schwellung des Oberschenkels im Tagesverlauf sei die MdE mit 10 v.H. anzusetzen. Das SG wäre gehalten gewesen, Dr. M. zur Bewertung der MdE mit 10 v.H. sowie Prof. Dr. A. zur Problematik der Funktionsbeeinträchtigung weiter anzuhören.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.08.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2013 zu verurteilen, aufgrund des Arbeitsunfalles vom 17.06.2009 Verletztenrente als Stützrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v.H. seit dem 04.04.2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat ausgeführt, die Diagnose der Nervenschädigung im Bereich des linken Oberschenkels sei nicht geprüft und rechtfertige nach der unfallmedizinischen Literatur eine MdE von 0 bis 10 v.H. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen von einer MdE am oberen Bemessungsspielraum auszugehen sein solle.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 03.06.2016 erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 03.06.2016 Bezug genommen.

Im Anschluss an den Erörterungstermin hat der Kläger sein Berufungsvorbringen vertieft, (Schriftsatz vom 23.06.2016) sowie beantragt, gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. M. mit der Erstattung eines Gutachtens zu beauftragen und ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Hierzu hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.07.2016 geäußert.

Mit richterlicher Verfügung vom 29.06.2016 ist vom Kläger im Hinblick auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG ein Vorschuss i.H.v. 2.000 EUR angefordert worden. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.07.2016 hat der Kläger mitgeteilt, ihm sei eine Vorschusszahlung finanziell nicht möglich.

Mit Beschluss vom 22.07.2016 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Berufung abgelehnt.

Zum Prozesskostenbeschluss hat der Kläger zuletzt die von ihm veranlasste gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. A. vom 21.09.2016 vorgelegt (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 28.09.2916).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des SG sowie die angefallene Berufungsakte und auf zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 23.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Verletztenrente (als Stützrente) wegen des Arbeitsunfalls vom 17.06.2009 ab dem 04.04.2012 nicht zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Das SG hat die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsgrundlagen und Rechtsgrundsätze im angefochtenen Gerichtsbescheid vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Das SG hat weiter zutreffend entschieden, dass ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 17.06.2009 und dem entzündlichen Reizzustand des linken Kniegelenkes des Klägers ausscheide. Dagegen sei es hinreichend wahrscheinlich, dass das Ereignis vom 17.06.2009 zu einer Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis links und den entsprechenden Beeinträchtigungen geführt habe. Hieraus ergebe sich jedoch keine MdE von wenigstens 10 v.H. Die Bewertung von Prof. Dr. A. vermöge nicht zu überzeugen. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids in vollem Umfang Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:

Die beim Kläger verbliebenen Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 17.06.2009 erreichen keine MdE um 10 v.H., weshalb der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung von Stützrente wegen dieses Arbeitsunfalls gegen die Beklagte hat.

MdE-relevante Funktionsbeeinträchtigungen als Unfallfolge, die die Fähigkeit des Klägers zu Gehen, Stehen, Sitzen und Liegen bedeutsam beeinträchtigen, sind nicht festzustellen. Nach dem im Verfahren S 7 U 4333/09 vom SG eingeholten Gutachten des Dr. S. vom 12.02.2011 zeigten das rechte und das linken Bein eine normale Achse. Eine Umfangsdifferenz in der Weichteilbemantelung war nicht erkennbar. Der Zehenspitzengang, der Hackengang sowie der Einbeinstand wurden vom Kläger sicher durchgeführt. Die Kniebeuge gelang vollständig. Funktionelle Beeinträchtigungen der Hüft- und Kniegelenke liegen beim Kläger nicht vor. Insbesondere bestand beim Kläger nach den Beschreibungen von Dr. S. keine bedeutsame Bewegungseinschränkung der Kniegelenke. Dr. S.geht in seinem Gutachten davon aus, dass beim Kläger eine messbare MdE über die 26. Woche (nach dem Unfallereignis vom 17.06.2009) hinaus nicht gegeben war. Dieser nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung schließt sich der Senat an. Dass beim Kläger zwischenzeitlich relevante funktionelle Beeinträchtigungen als Unfallfolgen eingetreten sind, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.

Dass die durch eine Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis links bestehende Hypästhesien und Hypalgien im Bereich des lateralen linken Oberschenkels MdE-relevante Funktionsbeeinträchtigungen mit sich bringen, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Solche lassen sich insbesondere dem Gutachten des Prof. Dr. A. vom 28.02.2014 nicht entnehmen. Prof. Dr. A. hat eine Minderung der Kraft der einzelnen Muskelgruppen in beiden Beinen (Kraftgrad 5/5) nicht feststellen können. Auch Prof. Dr. A. geht in seinem Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen von einer messbaren MdE durch die Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis nicht aus. Soweit der Kläger geltend macht, beim Fahren eines Lkw träte nach drei bis fünf Stunden ein deutlich vermehrter Schmerz im Oberschenkel mit zumeist auch Schwellungen auf, rechtfertigen diese Beschwerden eine MdE von wenigstens 10 nicht. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Kläger in der Ausübung seiner Berufstätigkeit Beeinträchtigungen ausgesetzt ist, wie er insbesondere im Schreiben vom 23.06.2016 geltend macht. Diese Beschwerden rechtfertigen jedoch nach den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellten, abstrakt an der Relevanz für die Einsatzfähigkeit auf dem gesamten Arbeitsmarkt anknüpfenden MdE-Bewertungskriterien, entgegen der Ansicht des Klägers die Feststellung einer MdE um wenigstens 10 v.H. nicht. Dem steht insbesondere entgegen, dass beim Kläger nach den Gutachten von Dr. S. vom 12.02.2011, Dr. M. vom 20.08.2012 sowie Prof. Dr. A. vom 28.02.2014 keine Schonungszeichen festzustellen sind, insbesondere muskuläre Atrophien oder ein nicht regelgerechter Muskeltonus, was auf eine annähernd normale Beanspruchung der linken unteren Extremität schließen lässt und nur eine geringe Einschränkung der Erwerbsfähigkeit indiziert, die die Feststellung eine MdE von wenigstens 10 v.H. nicht rechtfertigt.

Der davon abweichenden Bewertung von Prof. Dr. A. in seinem Gutachten vom 28.02.2014 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 01.07.2014, 22.09.2014 sowie vom 21.09.2016 kann nicht gefolgt werden. Prof. Dr. A. geht in seinem Gutachten davon aus, dass eine chronische Schmerzsymptomatik beim Kläger eine MdE von 20 v.H. rechtfertige. Erhebliche schmerzbedingte Probleme beschreibt Prof. Dr. A. im Gutachten (II. Aktuelle Beschwerden) hinsichtlich der rechten Schulter. Hierauf bezieht Prof. Dr. A. auch im Gutachten seine Bewertung der MdE mit 20 v.H., die nicht den vorliegenden Arbeitsunfall, sondern den Arbeitsunfall vom 27.10.2011 betrifft. Soweit Prof. Dr. A. dann in seinen ergänzenden Stellungnahmen seine Bewertung dahin revidiert, dass wegen einer Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des linken Oberschenkels eine MdE von 10 v.H. anzunehmen sei, überzeugt diese Bewertung nicht. Gesichtspunkte, die seine revidierte Bewertung plausibel und überzeugend machen, lassen sich den ergänzenden Stellungnahmen nicht entnehmen. Insbesondere beschreibt Prof. Dr. A. hinsichtlich des linken Oberschenkels keine chronische Schmerzsituation. Entsprechendes gilt für die Bewertung der MdE von 10.v.H. im Gutachten von Dr. M. vom 20.08.2012. Dr. M. beschreibt keine Befunde, die eine Ausschöpfung des nach der unfallmedizinischen Literatur vorgesehenen MdE-Rahmens (0 bis 10 v.H.) rechtfertigt, worauf auch die Beklagte zutreffend hinweist.

Unerheblich für die Bewertung der MdE ist, dass der Kläger im Herbst 2012 die Tätigkeit als Berufskraftfahrer aufgegeben hat und anschließend längere Zeit arbeitslos gewesen ist, sowie, dass er sich aufgrund seines Alters auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kaum mehr für vermittelbar hält, wie er im Schriftsatz vom 23.06.2016 geltend macht. Hierauf kommt es nach den in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie im versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätzen für die Bewertung der MdE bei Nervenschäden oder Verletzungen der Extremitäten nicht an.

Weitere Ermittlungen von Amts wegen drängen sich nicht auf. Der Sachverhalt ist durch die im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE. Einer ergänzenden Befragung des Dr. M. zu seiner Bewertung der MdE von 10 v.H. im Gutachten vom 20.08.2012 bedarf es hierzu nicht. Weiter hat Prof. Dr. A. im Gutachten vom 28.02.2014 sowie in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 01.07.2014 sowie 22.09.2014 sich zur Problematik der Funktionsbeeinträchtigung des Klägers geäußert. In seiner vom Kläger vorgelegten Stellungnahme vom 21.09.2016 hat er keinen neuen Gesichtspunkte dargelegt, obgleich der Senat im - nachdem Vorbringen des Klägers Prof. Dr. A. bekannt - PKH-Beschluss vom 22.07.2016 sich mit seinen gutachterlichen Ausführungen zur MdE auseinandergesetzt hat und seiner Einschätzung nicht gefolgt ist. Insbesondere ist Prof. Dr. A. den Erwägungen des Senats im PKH-Beschluss nicht entgegen getreten, was als Zustimmung verstanden werden kann. Einen weiteren Klärungsbedarf, die eine erneute Anhörung des Prof. Dr. A. angezeigt erscheinen lässt, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Den Antrag nach § 109 SGG hat der Kläger nicht weiterverfolgt, sondern in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2016 zurückgenommen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved