L 8 R 1058/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 45 R 2280/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 1058/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 50/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.10.2013 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 5.4.2016 wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das gesamte Verfahren auf 12.600,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Kraftfahrer für die Klägerin in den Zeiträumen vom 21.11.2005 bis zum 27.1.2006 und vom 22.3.2006 bis zum 30.9.2006 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und in dem Zeitraum vom 1.10.2006 bis zum 2.7.2010 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung unterlag.

Der am 00.00.1941 geborene und am 4.6.2013 verstorbene Beigeladene zu 1) bezog vom 1.10.2006 bis 30.6.2013 eine Vollrente wegen Alters. Er hatte unter dem 18.2.1998 als Gewerbe den Einzelhandel mit Elektroartikeln angemeldet (Gewerbe-Anmeldung bei der Stadt X, Reg. Nr.: 000) und unter dem 2.7.2010 aus Altersgründen das Gewerbe mit den Tätigkeiten "Einzelhandel mit Elektroartikeln, Einzelhandel mit Sanitärbedarf, Kraftfahrer ohne eigenes Kfz, Erstellen von Webseiten, Webdesign, Kundenbetreuung" abgemeldet (Gewerbe-Abmeldung bei der Stadt X, Reg.Nr.: 000).

Der Beigeladene zu 1) war als Kraftfahrer für die Klägerin, einem Speditionsunternehmen, in den Zeiträumen vom 21.11.2005 bis 27.1.2006 und vom 22.3.2006 bis 2.7.2010 tätig. Ein schriftlicher Vertrag zwischen Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) existierte nicht.

Der Beigeladene zu 1) stellte am 11.3.2011 in Bezug auf seine Tätigkeit als Kraftfahrer für die Klägerin den Antrag nach § 7a SGB IV mit dem Begehren, festzustellen, dass eine Beschäftigung vorliegt. Er überreichte die Anmeldung des Gewerbes "Einzelhandel mit Elektroartikeln" v. 18.2.1998 und die Abmeldung des Gewerbes "Einzelhandel mit Elektroartikeln, Einzelhandel mit Sanitärbedarf, Kraftfahrer ohne eigens Kfz, Erstellen von Webseiten, Webdesign, Kundenbetreuung" vom 2.7.2010. Zur Begründung trug er vor: Nachdem der Umsatz in seiner selbständigen Tätigkeit immer weniger geworden sei, habe er ab 21.11.2005 nur noch als Kraftfahrer für die Klägerin gearbeitet. Er habe nur nachts gearbeitet und ausschließlich einen LKW der Klägerin gefahren. Diese Tätigkeit habe er ohne Unterbrechung von November 2005 bis Juni 2010 ausgeübt. Für jede Woche habe er eine Rechnung gestellt. Andere Einnahmen habe er während dieser Zeit nicht gehabt. Sozialabgaben seien nicht abgeführt worden. Die Frage "Sind Sie neben dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis selbständig tätig und stellt das Arbeitseinkommen aus dieser Tätigkeit den überwiegenden Teil Ihres Gesamteinkommens dar?" verneinte der Beigeladene zu 1). Für andere Auftraggeber habe er nicht gearbeitet. Nach einem kurzen Einstellungsgespräch mit dem "Chef" I I sei er, so wie andere Kraftfahrer auch, für eine feste Tour eingeteilt worden. Herr I habe verlangt, dass er die Fahrerkarte und ADR-Bescheinigung beschaffe. Er habe verlangt, dass er für jede Woche eine Rechnung schreibe und die Tagesberichte (Stundenzettel) beilege. Die Touren habe der andere Chef B O eingeteilt. Er sei ausschließlich nachts gefahren, immer die gleiche Tour. Sämtliche Arbeitsmittel seien von der Klägerin gestellt worden, auch die Fahrzeuge, selbst die Arbeitshandschuhe. Mit Mitarbeitern der Klägerin habe er nicht zusammen gearbeitet, da er die Tour immer allein gefahren habe. Eigene Mitarbeiter habe er nicht beschäftigt gehabt. Die Tour habe er immer persönlich fahren müssen. Pro Nacht habe er 80,00 oder 100,00 Euro in Rechnung stellen dürfen.

Mit an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten Bescheiden vom 16.8.2011 lehnte die Beklagte die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens zunächst mangels Mitwirkung der Beteiligten ab.

In seinem hiergegen am 2.9.2011 erhobenen Widerspruch führte der Beigeladene zu 1) ergänzend aus: Dauer, Beginn und Ende der Arbeitszeit seien vorgeschrieben gewesen. Sie hätten sich nach der jeweiligen Tour gerichtet, für die er eingeteilt gewesen sei. Bei Verhinderung (Krankheit u.s.w.) habe er entweder Herrn O oder Herrn I zu informieren gehabt. Vertretung habe er nicht zu stellen gehabt. Wenn er verhindert gewesen sei, sei ein anderer Fahrer der Klägerin diese Tour gefahren. Die Zeiten, wie z.B. die vorgeschriebene Abfahrtszeit, hätten unbedingt eingehalten werden müssen.

Der Beigeladene zu 1) stellte der Klägerin folgende Rechnungen:

(im Original: Tabelle)

In dem Zeitraum vom 28.1. bis 21.3.2006 war der Beigeladene zu 1) für die Klägerin nicht tätig.

Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 9.11.2011 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) bezogen auf den Beigeladenen zu 1) fest:

" die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status hat ergeben, dass die Tätigkeit als Kraftfahrer bei O & I OHG Spedition seit dem 21.11.2005 bis zum 2.7.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Die Versicherungspflicht beginnt mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.

In dem Beschäftigungsverhältnis besteht Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Versicherungspflicht beginnt am 21.11.2005 bis zum 30.9.2006.

Ab 01.10.2006 besteht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht keine Versicherungspflicht."

Die Klägerin erhob am 17.11.2011 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass der Beigeladene zu 1) seinerzeit bei seiner Vorstellung erklärt habe, dass er nebenbei noch einen Vertrieb von Elektrik-/Elektronikteilen sowie eine Vermittlungsagentur zur Partnersuche gehabt habe. Er sei deshalb nur an Nachttouren interessiert, für die er deswegen nachgefragt habe, ob noch ein Nachunternehmer gesucht werde. Im Rahmen des ersten Gesprächs sei dem Auftragnehmer bereits mitgeteilt worden, dass bei einer eventuellen Auftragserteilung ausschließlich die Speditionsrichtlinien (CMR) zur Grundlage der Vertragsverhältnisse gemacht würden. Der Beigeladene zu 1) sei weisungsunabhängig gewesen. Er sei mit dem Transportieren von sog. "Brücken" beauftragt gewesen. Dem Auftragnehmer seien lediglich die Rahmenbedingungen mitgeteilt worden, die für den Auftraggeber interessant gewesen seien. Es habe sich hierbei um folgende Bedingungen gehandelt: Der Beigeladene zu 1) sei der LKW von der Klägerin für den Zeitraum von 18.00 bis 6.00 Uhr zur Verfügung gestellt worden. Die Kosten für den Zug und die Zugmaschine seien vom Auftraggeber übernommen worden. Der Kunde des Auftraggebers habe die zu transportierenden Brücken um 21.00 Uhr zur Abholung bereitgestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Brücke abgeholt werden müssen. Danach habe die Brücke verbracht werden müssen. Der Zug habe spätestens um 6.00 Uhr morgens wieder auf dem Betriebsgelände der Auftraggeberin stehen sollen, da der Zug tagsüber anderweitig verplant gewesen sei. Wie und wann der Auftragnehmer den Auftrag abarbeite, ob er selbst fahre oder einer seiner Angestellten, sei für die Auftraggeberin uninteressant gewesen. Der Auftrag der Auftraggeberin an den Auftragnehmer habe lediglich den Transport der Brücken beinhaltet. Für sie seien nur die oben geschilderten Rahmenbedingungen wichtig gewesen. Wenn ein Auftrag nicht habe ausgeführt werden können, so habe stets die Regel gegolten, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber frühestmöglich habe hierüber informieren sollen. Die Information habe an den Disponenten weitergereicht werden sollen, damit der Auftraggeber einen anderen Auftragnehmer oder aber einen seiner Angestellten mit dem Transport habe beauftragen können. Grundsätzlich habe der Auftragnehmer die Pflicht gehabt, bei Verhinderung eine eigene Vertretung zu stellen. Diese Pflicht habe er jedoch einige Male nicht eingehalten. Eine direkte Kontrolle der Arbeiten habe nicht stattgefunden. Der Auftragnehmer habe dem Auftraggeber die Papiere (Ladepapiere, gegebenenfalls Wiegekarten) zusammen mit der Rechnung übergeben, damit der Auftragnehmer die Fälligkeit seiner Rechnung habe erreichen können. Die Parteien hätten zuvor vereinbart, dass eine Begleichung der ausgestellten Rechnung nur bei ordnungsgemäßer Dokumentation der von ihm durchgeführten Fahrten erfolgen könne. Diese in der Speditionsbranche übliche Vereinbarung sei für den Auftraggeber deswegen wichtig, damit er gegenüber seinen Kunden nachweisen könne, dass die Brücken ordnungsgemäß transportiert worden seien.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2012 zurück. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Mit ihrer am 26.10.2012 zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat vorgetragen, dass die Beklagte übersehe, dass ein Subunternehmer in der Art und Weise seiner Ausführung den gleichen Anforderungen unterliege wie ein Arbeitnehmer. Ein als Subunternehmer tätiges Speditionsunternehmen unternehme zwangsläufig die gleichen Fahrten wie ein Arbeitnehmer. Insbesondere gelte dies dann, wenn der Subunternehmer über keinen eigenen LKW verfüge. Insoweit sei es mehr als normal, dass der Subunternehmer gerade die Fracht transportiere, die vom Auftraggeber vorgegeben werde. Insbesondere sei hier auf die Tatsache hinzuweisen, dass der LKW, den die Klägerin zur Verfügung gestellt habe, am nächsten Tag im normalen Betrieb mit eigenen Angestellten benötigt werde. Von daher sei eine andere Vorgehensweise als das Abstellen des Fahrzeuges auf dem Betriebsgelände und eine Absprache mit Arbeitnehmern der Klägerin, wo und wann das Fahrzeug benötigt werde, nicht anders vorstellbar. Der Subunternehmer könne jedoch stets frei entscheiden, welche Aufträge er annehme und welche er nicht fahre. Insoweit habe ihm also das "Ob überhaupt" im Rahmen seiner Entscheidungsfreiheit zur Verfügung gestanden. Der eigentliche Transport als solches sei eine Tätigkeit, die naturgemäß keine großen Ausbrüche aus dem Auftrag erlaubten. Nachdem der Auftrag angenommen worden sei, bestehe noch nicht einmal die Frage, ob der Auftrag ausgeführt werde oder nicht. Insoweit gehe auch die Annahme fehl, dass die Klägerin dem Subunternehmer konkrete Arbeitsinhalte vorgegeben habe. Die Klägerin wisse stets Bescheid, egal wie der Transport ausgeführt werde. Es sei nur relevant gewesen, dass die Frachten zu den Zielen verbracht worden seien. Es sei dem Subunternehmer freigestellt gewesen, seine Tour und beispielsweise damit verbundene Pausen in Häufigkeit und Länge selber zu bestimmen. Die für die Abarbeitung der Aufträge der Klägerin erforderlichen Eignungen (Führerscheine) und Gerätschaften (Telefone, Navigationsgeräte und Fahrerkarte) habe der Beigeladene zu 1) selber mitgebracht. Er habe niemals einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Urlaub gehabt. Wenn er einen Auftrag zur Beförderung von der Klägerin angenommen habe, dann habe er sich selbst im Falle der Verhinderung um eine oder mehrere Ersatzpersonen gekümmert.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 9.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2012 festzustellen, dass der Beigeladene nicht im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin tätig geworden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen. Gründe, die zu einer Änderung ihrer Rechtsauffassung führen könnten, seien nicht ersichtlich.

Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.10.2013 den Zeugen T, Fuhrparkleiter der Klägerin, vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Mit Urteil vom 21.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das ihr am 11.11.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.11.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend, dass der Benutzung der Zugmaschine bzw. des Lkw der Klägerin keine Indizwirkung für ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zukomme. Es sei nicht unüblich, dass große Speditionen komplette Züge (bestehend aus Zugmaschine und Auflieger) an selbständige Fahrer vermieten würden, was gerade dem Umstand geschuldet sei, dass Anfänger auf dem Markt nur selten die erheblichen Investitionen, die ein Lkw koste - eine Zugmaschine inkl. Auflieger koste ca. 170.000,00 Euro -, stemmen könne. Die Klägerin habe dem Beigeladenen zu 1) ihren Zug vermietet, um sicher zu gehen, dass ein Fahrzeug eingesetzt werde, welches in technischer Hinsicht geeignet sei, den Transportauftrag pünktlich abzuarbeiten. Der Beigeladene zu 1) habe immer dieselben Touren gefahren. Er habe sog. Wechselbrücken gefahren, bei denen es sich um Aufsätze handele, die bereits geladen seien und so zu einem festen Termin an einem bestimmten Ort sein müssten, weil sie dann auf ein anderes Verkehrsmittel umgeladen würden. Das Verwenden eines Zuges der Klägerin sei gerade deswegen nicht unüblich, weil sie habe sichergehen wollen, dass die Ladung auch pünktlich an ihrem Bestimmungsort ankomme. Ihr drohten empfindliche Vertragsstrafen, falls die "Just-in Time"-Lieferung nicht pünktlich ankomme.

Sie sei als Eigentümerin des Zuges dafür verantwortlich, dass nur derjenige fahre, der im Besitz einer für den Zug erforderlichen Fahrerlaubnis sei. Insoweit habe die Klägerin immer wissen müssen, wer der tatsächliche Fahrer des Zuges sei und ob er eine Fahrerlaubnis besitze. Das gleiche gelte für die Stellung eines eigenen Fahrers, wenn der Beigeladene zu 1) die Tour nicht habe fahren können. Die zu fahrende Tour sei Teil eines extrem umfangreichen Rahmenvertrages gewesen, den die Klägerin mit ihrem Kunden abgeschlossen gehabt habe. Insoweit sei es für sie vollkommen gleich gewesen, wer die Tour fahre. Irgendjemand habe die Tour fahren müssen. Deswegen habe der Zeuge T bekundet, dass dann, wenn der Beigeladene zu 1) die Tour nicht gefahren wäre, ein eigener Fahrer die Tour gefahren hätte. Die bloße Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) die Tour nicht habe fahren können, hätte sie niemals von ihrer Pflicht zur Erbringung der Leistung gegenüber ihrer Partnerin befreit. Das unternehmerische Risiko habe auch bei dem Beigeladenen zu 1) gelegen. Wenn er eine Tour nicht fahre, werde er dafür auch nicht bezahlt. Im Übrigen habe er es sich nicht leisten können nicht zu fahren, weil die Klägerin dann nicht mehr auf den Beigeladenen zu 1) insoweit gesetzt hätte, als dass man ihm weitere Aufträge gegeben hätte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.10.2013 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 9.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2012 und des Bescheides vom 5.4.2016 festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Kraftfahrer für die Klägerin vom 21.11.2005 bis 30.9.2006 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und vom 1.10.2006 bis 2.7.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. In der Berufungsbegründung würden keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung ihrer bisher vertretenen Auffassung rechtfertigen würde.

Der Senat hat die persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin persönlich gehört, Herrn I I in der öffentlichen Sitzung am 15.4.2015 und Herrn B O in der nichtöffentlichen Sitzung am 16.3.2016, sowie den Zeugen T, Fuhrparkleiter der Klägerin, in der öffentlichen Sitzung am 15.4.2015 und den Zeugen X, Disponent bei der Klägerin, in der nichtöffentlichen Sitzung am 16.3.2016 vernommen. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Mit an die Klägerin adressierten Bescheid vom 5.4.2016, hat die Beklagte folgende Regelungen getroffen:

" , der Bescheid vom 9.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2012 wird dahingehend abgeändert, dass in der von Herrn C als LKW Fahrer ausgeübten Beschäftigung vom 21.11.2005 - 27.1.2006 und vom 22.3.2006 - 30.9.2006 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, vom 1.10.2006 - 2.7.2010 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung bestand und vom 1.10.2006 - 2.7.2010 Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Versicherungspflicht beginnt mit der Aufnahme der Beschäftigung."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) verhandeln und in der Sache entscheiden können, da er mit ordnungsgemäßen Terminnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Trotz des Todes des Beigeladenen zu 1) am 4.6.2013 konnte das SG bzw. hat der Senat entscheiden können, da der Tod eines notwendig Beigeladenen das Verfahren nicht nach § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 239 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbricht (vgl. BSG, Urteil vom 10.9.1980, 11 RK 1/80, juris). Etwaige Rechtsnachfolger des Beigeladenen zu 1) sind nicht notwendig gem. § 75 Abs. 2 SGG beizuladen. Streitig ist das Vorliegen von Versicherungspflicht. Es handelt sich hierbei um höchstpersönliche Rechte bzw. Pflichten des Beigeladenen zu 1), in die keine Rechtsnachfolge stattfindet (BSG a.a.O.).

II. Die am 13.11.2013 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 11.11.2013 zugestellte Urteil des SG Düsseldorf vom 21.10.2013 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 SGG ohne gerichtliche Zulassung statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG).

III. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 9.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2012 und des Bescheides vom 5.4.2016 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn der Beigeladene zu 1) war im Streitzeitraum vom 21.11.2005 bis 27.1.2006 und vom 22.3.2006 bis 30.9.2006 als abhängig Beschäftigter der Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie ab dem 1.10.2006 bis zum 2.7.2010 in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Hinsichtlich des Bescheides vom 5.4.2016, der noch nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung war, entscheidet der Senat auf Klage.

Die als Anfechtungs- und Feststellungsklage statthafte Klage ist unbegründet. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung, die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

1. Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschriften setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies regelmäßig der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45; v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 24.1.2007, a.a.O.). Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen.

Ausgehend von den vorgenannten Kriterien stand der Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum zur Klägerin in einer abhängigen Beschäftigung. Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale zeigen, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis dem eines abhängig Beschäftigten entsprach, wohingegen die Aspekte, die für eine Qualifikation der Tätigkeit als selbständige Tätigkeit sprechen, nicht gegeben sind.

2. Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung sind die vertraglichen Grundlagen der zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin begründeten Rechtsbeziehung. Obgleich insoweit schriftliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten nicht getroffen wurden, lassen die von dem Senat festgestellten mündlichen Vereinbarungen sowie die tatsächlich gelebte Beziehung der Zusammenarbeit wesentliche Merkmale eines Arbeitsvertrages erkennen.

Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) erlaubt unter Zugrundelegung des Inhalts der Vereinbarung eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung im Sinne einer Vollzeitbeschäftigung und eines Dauerschuldverhältnisses.

Ausweislich der glaubhaften Bekundungen des Zeugen T vor dem SG und dem Senat und des Zeugen X vor dem Senat und den Angaben der persönlich haftenden Gesellschafter O und I, soweit sie glaubhaft waren, lassen sich zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) folgende Feststellungen treffen:

a) Danach war zwischen den Beteiligten vereinbart, dass der Beigeladene zu 1) für die Klägerin vom 21.11.2005 bis 27.1.2006 und vom 22.3.2006 bis 2.7.2010 als Kraftfahrer nur in Nachtschicht tätig wird. Es handelte sich bei den Touren um Nachtlinien im sog. Begegnungsverkehr. Der Beigeladene zu 1) hatte sich um 18.00 bzw. 18.30 Uhr bei der Klägerin einzufinden und mit den anderen Fahrern der Klägerin in einem Aufenthaltsraum zu warten, bis ihn ein Mitarbeiter der Fuhrparks, u.a. der Zeuge T, darüber informierte, welche Nachtlinie er zu fahren und welches Fahrzeug er zu verwenden habe. Ein festes Fahrzeug war dem Beigeladenen zu 1) nicht zugewiesen. Der Beigeladene zu 1) fuhr über längere Zeit immer dieselbe Tour. Der Zeuge T bekundete bei seiner Vernehmung vor dem SG, dass der Beigeladene zu 1) in der Regel fünfmal in der Woche feste Touren für die Klägerin gefahren sei. Das für ihn bestimmte Fahrzeug bestehend aus Zugmaschine und Wechselbrücke stand betankt und abfahrbereit auf dem Betriebshof der Klägerin bereit. Ihm wurde zudem der von ihm anzufahrende Wechselpunkt mitgeteilt, der teilweise bereits in das Navigationsgerät eingegeben war. Die Schlüssel für das Fahrzeug wurden dem Beigeladenen zu 1) von einem Mitarbeiter des Fuhrparks der Klägerin ausgehändigt. Dem Fahrer oblag sodann noch die sog. Abfahrkontrolle, d. h. die Prüfung des Fahrzeugs auf Verkehrstauglichkeit. Der Beigeladene zu 1) musste sodann zu dem festgelegten Wechselpunkt fahren, mit einem von einem anderen Ausgangspunkt gekommenen Fahrzeug die Wechselbrücken dort tauschen und wieder zum Betriebshof der Klägerin zurück fahren. Die Fahrzeugschlüssel musste er im Fuhrpark sodann wieder abgeben. Bei der Durchführung der Fahrten gab es im Vergleich zu den Arbeitnehmern der Klägerin keine Unterschiede. Die Disponenten der Klägerin vergaben die Touren an den Beigeladenen zu 1) und an die übrigen Fahrer. Ausweislich der zu einzelnen Rechnungen vorgelegten Stundenzettel war der Beigeladene zu 1) teilweise mit einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden und mehr für die Klägerin tätig, für die er überwiegend 400,00 Euro/Woche und später 500,00 Euro/Woche, gelegentlich geringere Beträge der Klägerin in Rechnung stellte. Vereinbart war ein Pauschalbetrag von 80,00 bzw. 100,00 Euro pro Nachtfahrt. Vereinbart war, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit der Klägerin wöchentlich in Rechnung stellte.

b) Eine die Rechtsbeziehung des Beigeladenen zu 1) zur Klägerin prägende eigene Delegationsbefugnis des Beigeladenen zu 1) bestand nicht (vgl. zur Delegationsbefugnis im Einzelnen BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R; Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R; jeweils juris).

Der Beigeladene zu 1) stellte zwar sporadisch einen Ersatzfahrer, wobei nicht genau festgestellt werden konnte, wie oft dies der Fall war. Die persönliche Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) war jedoch die Regel, wie der Zeuge T vor dem Senat glaubhaft bekundete. Die maßgeblichen Entscheidungen im Hinblick auf die Tätigkeit der Ersatzfahrer hat jedenfalls die Klägerin durch ihren Fuhrparkleiter getroffen, nicht der Beigeladene zu 1). Denn die vom Beigeladenen zu 1) gestellten Ersatzfahrer erhielten das zu führende Fahrzeug der Klägerin ebenfalls von deren Fuhrparkleiter, dem Zeugen T, ausgehändigt. Zuvor prüfte der Zeuge T die Fahrerlaubnis des Ersatzfahrers und fragte diesen, ob das Fahrzeug bekannt sei. Ebenso wie der Beigeladene zu 1) wurden die von ihm gestellten Ersatzfahrer bei ihrem erstmaligen Tätigwerden in die Fahrzeuge der Klägerin durch den Zeugen T eingewiesen.

Die Behauptungen der Klägerin, dass der Beigeladene zu 1) grundsätzlich die Pflicht gehabt habe, bei Verhinderung eine eigene Vertretung zu stellen, diese Pflicht jedoch einige Male nicht eingehalten habe, sind nicht nachweisbar. Der Zeuge T hat bei seiner Vernehmung vor dem SG hierzu keine Angaben machen und damit entsprechende Vertragspflichten nicht bestätigen können.

c) Ein generelles Recht des Beigeladenen zu 1) zur Tourenablehnung ist gleichfalls nicht feststellbar. Es ist ebenfalls nicht feststellbar, wie häufig und aus welchen Gründen der Beigeladene zu 1) das Fahren von Touren ablehnte. Jedenfalls ist nicht bewiesen, dass die Tourenablehnung durch den Beigeladenen zu 1) prägend für dessen Rechtsbeziehung zur Klägerin war. Ausweislich der vorgelegten Rechnungen und den glaubhaften Angaben des Zeugen T vor dem SG war der Beigeladene zu 1) in der Regel fünfmal in der Woche gefahren, wobei die vereinzelt mit den Rechnungen vorgelegten Arbeitszeitnachweise 50 und mehr Arbeitsstunden ausweisen. Erst ab Oktober 2009 ist durch die Rechnungen eine Reduzierung auf vier Touren wöchentlich belegt, wobei offen ist, ob nicht gleichwohl eine Vollzeittätigkeit von etwa 40 Arbeitsstunden in der Woche bestanden hat.

Vor diesem Hintergrund ist eine Ablehnung von Touren durch den Beigeladenen zu 1), der im Streitzeitraum zwischen 64 und 68 Jahren alt war, mit der Begründung, dass ihm Touren "zu stressig" seien bzw. "zu viel" geworden seien, der berechtigte Hinweis auf eine gesundheitliche Überforderung, dem die Klägerin als verantwortungsvolle Arbeitgeberin Rechnung getragen hat, und nicht Ausdruck unternehmerischer Gestaltungsfreiheiten.

Es ist schließlich vorliegend nicht nachgewiesen, dass der Beigeladene zu 1) ohne triftige Gründe wie Krankheit, Arztbesuche, Wahrnehmung dringender Termine bei Behörden oder Gerichten, Urlaub etc., die auch Arbeitnehmer berechtigen, ihrer Dienstleistungsverpflichtung nicht nachzukommen (vgl. § 616 Bürgerliches Gesetzbuch), jemals eine Tour abgelehnt hat. Die Klägerin räumt in ihrem Berufungsvorbingen vielmehr selbst ein, dass der Beigeladene zu 1) sich gar nicht habe leisten können nicht zu fahren, weil er sonst kein Geld und keine weiteren Touren bekommen hätte.

3. In der tatsächlichen Ausgestaltung seiner Tätigkeit war der Beigeladene zu 1) in einen fremden Betrieb, nämlich den der Klägerin, eingegliedert und dieser gegenüber weisungsgebunden.

a) Der Beigeladene zu 1) war in eine fremde Betriebsorganisation, nämlich die der Klägerin eingegliedert. Unter für ihn kostenloser Verwendung eines von der Klägerin zur Verfügung gestellten Transportfahrzeugs erledigte er nach dem Bedarf der Klägerin für diese Transport-/Fahraufträge entsprechend den von der Klägerin festgelegten Touren zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten gegenüber ihren Kunden. Die Klägerin stellte die komplette betriebliche Infrastruktur in sachlicher und personeller Hinsicht zur Verfügung. Der im Berufungsverfahren von der Klägerin behauptete Fahrzeugmietvertrag mit dem Beigeladenen zu 1) war nicht nachweisbar. Weder im Verwaltungs- und Vor- noch im Klageverfahren wurde ein entsprechendes Mietvertragsverhältnis auch nur ansatzweise erwähnt. Im Gegenteil: Im Widerspruchsverfahren erklärte die Klägerin noch, die Kosten für den Zug und die Zugmaschine seien vom Auftraggeber - also von ihr - übernommen worden. So räumte der persönlich haftende Gesellschafter I I bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat letztlich ein, dass es einen derartigen Mietvertrag nicht gegeben habe.

b) Bei seiner Tätigkeit für die Klägerin unterlag der Beigeladene zu 1) deren weitgehendem Weisungsrecht hinsichtlich Art, Ort, Dauer und Zeit der Arbeitsausführung. Mit der Festlegung der Touren und der anzufahrenden Wechselpunkte und Bestimmung des zu verwendenden Fahrzeugs bestimmte die Klägerin im Wesentlichen durch ihre Disponenten einseitig Art, Ort, Dauer und Zeit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1).

4. Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin sprechen, liegen nicht vor.

a) Der Beigeladene zu 1) verfügte nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin bestehende Betriebsstätte. Über die wesentlichen Betriebsmittel (Zugmaschine, Wechselbrücke) verfügte er ebenfalls nicht, weder als Eigentümer noch als berechtigter Besitzer aufgrund eines Mietvertrages.

b) Er trug auch kein für eine selbständige Tätigkeit maßgeblich sprechendes Unternehmerrisiko.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft nur dann für Selbständigkeit spricht, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R; BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R; jeweils juris).

Der Beigeladene zu 1) hat weder Kapital noch Arbeit mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Er verfügte nicht über ein eigenes Kraftfahrzeug und sonstige Betriebsmittel, diese wurden ihm vielmehr kostenlos von der Klägerin gestellt. Zudem wurde er nach Arbeitszeit bezahlt, sodass der Einsatz seiner Arbeitskraft unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit für die Klägerin vergütet wurde.

c) Schließlich verfügte er hinsichtlich Arbeitszeit und Ausgestaltung der Tätigkeit für die Klägerin über keine unternehmertypischen Freiheiten. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Regelungen zum Frachtführer gem. §§ 407 ff Handelsgesetzbuch (HGB). Nach der Rechtsprechung des BSG kann das Sozialversicherungsrecht für die Frage, wie die Rechtsbeziehungen im Einzelnen ausgestaltet sind, an den Begriff der Selbständigkeit des HGB nur bedingt, nämlich nur dann anknüpfen, wenn er wie beim Handelsvertreter den gleichen Inhalt hat. Die Selbständigkeit im Handelsrecht bestimmt sich begrifflich (ausschließlich) nach den Bedürfnissen dieses Rechtsgebiets und damit nach Erweiterung der Privatautonomie, gesteigertem Verkehrs- und Vertrauensschutz, erhöhter Flexibilität, Schnelligkeit und Einfachheit des Rechtsverkehrs. Eine Parallele mit dem Frachtführer kann jedenfalls nicht für sich betrachtet das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit belegen. Dies gilt insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - dem Versicherten hinsichtlich der Gestaltung seiner Tätigkeit engere Vorgaben gesetzt worden sind als dem Frachtführer (BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25). Der Beigeladene zu 1) war vorliegend nicht wie ein selbständiger Frachtführer im Wesentlichen frei, seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen zu können. Wie bereits oben ausgeführt war der Beigeladene zu 1) in die Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden. Er war davon abhängig, dass die Klägerin ihm die erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung stellt. Ort, Art, Zeit und Dauer seiner Tätigkeit waren ihm durch die Tourenplanung und Auswahl des zu verwendenden Fahrzeugs durch die Klägerin vorgegeben. Relevante Freiheiten in der Gestaltung seiner Tätigkeit und Bestimmung seiner Arbeitszeit bestanden nicht. Diese waren schon im Hinblick auf die zeitlichen Verpflichtungen der Klägerin im Rahmen der ihren Kunden geschuldeten "just in time"-Lieferungen ausgeschlossen.

d) Soweit die Klägerin behauptet, die Fahrerdaten des Beigeladenen zu 1) und der von ihm gestellten Ersatzfahrer, die digital auf Fahrerkarten gespeichert werden, seien - im Gegensatz zu den bei ihr beschäftigten Fahrern - nicht von ihr, sondern vom Beigeladenen zu 1) ausgelesen worden und bei diesem verblieben, handelt es sich nicht um Gesichtspunkte, die für eine Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen, sondern sie sind Folge der rechtlich unzutreffenden Annahme der Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1).

e) Rechtlich irrelevant ist des Weiteren, dass der Beigeladene zu 1) neben der Tätigkeit für die Klägerin die Möglichkeit gehabt hat, einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen bzw. für andere Auftrag- bzw. Arbeitgeber tätig zu werden, bzw. diese Möglichkeit evtl. sogar genutzt hat. Die in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertungen verdeutlichen, dass der Zahl der Auftrag- bzw. Arbeitgeber keine Aussagekraft im Hinblick auf den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Person zukommt. Es kann sowohl bei nur einem Auftraggeber Selbständigkeit vorliegen (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI), als auch können bei dem Tätigwerden für mehrere Arbeitgeber mehrere abhängige Beschäftigungen gegeben sein (vgl. §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) bzw. abhängige Beschäftigungen neben selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden (§ 5 Abs. 5 SGB V).

f) Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.

5. Da Merkmale, die für Selbständigkeit sprechen, nicht vorliegen und die für eine abhängige Beschäftigung typischen Merkmale der Eingliederung und persönlichen Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) gegeben sind, kann im Rahmen der Gesamtwürdigung die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Kraftfahrer für die Klägerin nur als abhängige Beschäftigung bewertet werden.

6. Zutreffend hat die Beklagte hinsichtlich des Zeitraums vom 1.10.2006 bis 2.7.2010 wegen des Bezugs einer Vollrente wegen Alters Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) festgestellt. Darüber hinausgehend sind keine Versicherungsfreiheitstatbestände gegeben.

a) Es handelt sich nicht um eine entgeltgeringfügige Beschäftigung gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, da der Beigeladene zu 1) nicht regelmäßig ein Arbeitsentgelt von höchstens 400,00 Euro monatlich bezog. Ausweislich der vorliegenden Rechnungen erzielte der Beigeladene zu 1) regelmäßig ein monatliches Arbeitsentgelt von über 1.500,00 Euro.

b) Die Jahresarbeitsentgeltgrenzen gem. § 6 Abs. 6 und 7 SGB V überschritt er damit ersichtlich nicht, sodass keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und dem folgend in der sozialen Pflegeversicherung vorlag.

c) Eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 5 Abs. 5 SGB V wegen hauptberuflicher Selbständigkeit liegt nicht vor. Hauptberuflich ist eine selbständige Tätigkeit, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet (vgl. Felix in: jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, § 5 Rdnr. 111; BSG, Urteil v. 23.7.2014, B 12 KR 16/12 R, juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist schon nichts dafür ersichtlich und von der Klägerin auch nicht einmal schlüssig dargetan worden, dass der Beigeladene zu 1) neben seiner Vollzeit-Beschäftigung für die Klägerin mit teilweise ca. 50 Arbeitsstunden pro Woche vom zeitlichen Aufwand her noch überwiegend anderweitig erwerbstätig war.

d) Eine Versicherungsfreiheit nach dem Recht der Arbeitsförderung gem. § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III ist nicht gegeben, da der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin nicht unständig beschäftigt war. Die nur etwa sieben Wochen unterbrochene, ansonsten durchgehende Beschäftigung von nahezu fünf Jahren schließt dies aus.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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