Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 35 R 505/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 483/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. Mai 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 03. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 23. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 für die Zeit ab dem 01. August 2007 teilweise zurückzunehmen und als glaubhaft gemachtes tatsächliches Arbeitsentgelt zusätzlich zu den bereits berücksichtigten Arbeitsentgelten für das Jahr 1971 764,58 Mark, 1972 837,25 Mark, 1973 834,95 Mark, 1976 1.080,94 Mark, 1977 1.099,71 Mark, 1980 822,80 Mark, 1981 988,69 Mark, 1982 1.052,80 Mark, 1983 988,86 Mark, 1974 1.077,80 Mark, 1985 1.071,53 Mark, 1986 1.043,65 Mark festzustellen. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger bezüglich einer teilweisen Rücknahme wie oben tenoriert für die Zeit bis zum 31. Juli 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu 4/5 zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt – im Wege der Überprüfung – jetzt noch die Feststellung höherer Entgelte für die Jahre 1970 – 1974 und 1976 – 1990 unter Berücksichtigung von Jahresendprämien (JEP) sowie unter Berücksichtigung einer einmaligen Belohnung von jeweils 30,- Mark für die Jahre 1977 und 1978.
Der 1941 geborene, also jetzt 74 Jahre alte Kläger war in der Zeit vom 01. Januar 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Ingenieurökonom, zuletzt als "Leiter Ökonomie Instandhaltung", beim VEB Braunkohlenwerk Jugend in Lübbenau tätig. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2001 hatte die Beklagte die Zeit vom 01. Juli 1970 bis zum 30. Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die erzielten Arbeitsentgelte festgestellt.
Am 31. August 2007 stellte der Kläger einen Antrag auf "Neufeststellung seiner Rente in Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes zur Jahresendprämie (Az. B 4 RS 4/06 R)". Am 19. September 2007 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Klägers ein, mit dem er die Überprüfung des Bescheides vom 23. Oktober 2001 und die Berücksichtigung der an ihn gezahlten zusätzlichen Belohnungen (Bergmannsgeld und Jahresendprämie) begehrte. Er reichte verschiedene Unterlagen bzgl. seines Beschäftigungsverhältnisses ein unter anderem einen "Nachweis Jahresendprämie", in dem er die Höhe der jährlichen JEP angab, und zwar für 1970 i. H. v. 126 % des Einkommens, für 1971 i. H. v. 104 % des Einkommens und für die Jahre 1972 bis 1990 i. H. v. jeweils 96 % des Einkommens. Die prozentuale Höhe der JEP für die Jahre 1970 bis 1972 sei den Dienstbüchern des ehemaligen Hauptabteilungsleiters bzw. Direktors für Instandhaltung und Vorgesetzten des Klägers, des Zeugen B, entnommen, und für die restlichen Jahre entspreche sie der Erinnerung des Klägers. Der Kläger reichte eine Zeugenerklärung des Zeugen B vom 22. August 2008 ein. Darin bezeugt dieser, dass er für die Jahre 1969 bis 1972 die prozentuale Höhe der JEP aus den Dienstbüchern nachweisen könne. Im Übrigen habe diese zwischen 92 und 102 % gelegen. Im Durchschnitt habe die JEP 96% des monatlichen Bruttoverdienstes betragen.
Mit Bescheid vom 03. November 2008 hat die Beklagte für das Jahr 1986 eine Prämienzahlung von 150,- Mark berücksichtigt und dementsprechend ein höheres Entgelt festgestellt. Im Übrigen hat sie den Antrag, höhere Entgelte unter Berücksichtigung der JEP (und von Bergmannsprämien) festzustellen, abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Eingang bei der Beklagten am 21. November 2008 Widerspruch erhoben. Er legte eine weitere Zeugenerklärung des Zeugen B, und zwar vom 17. April 2009, vor. Darin gab dieser an, dass er die für den Bereich Instandhaltung – in der auch der Kläger tätig gewesen sei – festgelegte Höhe der JEP auf der Grundlage seiner Dienstbücher für die Jahre 1969 bis 1973, 1976 und 1977, 1981 bis 1986 und 1990 bestätigen könne. Für die Jahre 1975, 1978, 1980 und 1987 sei in seinen Dienstbüchern ein Nachweis über erfolgte Zahlungen vorhanden, jedoch nicht über deren Höhe. Für die Jahre 1974, 1979, 1988 und 1989 seien die entsprechenden Hinweise zu den Jahresendprämien nicht auffindbar. Aus den beigefügten handschriftlichen Aufzeichnungen ergeben sich folgende JEP’s:
1970 (für 1969) = 126 % 1971 (für 1970) = 100 % 1972 (für 1971) = 102 % 1973 (für 1972) = 94 % (Basishöhe) plus 5 % = 99 % 1974 und 1975 fehlen 1976 (für 1975) = 106 % 1977 (für 1976) = 104 %
1978 – 1980 fehlt 1981 (für 1980) nicht erkennbar 1982 (für 1981) = 86 % 1983 (für 1982) = 86 % 1984 (für 1983) = 86 % 1985 (für 1984) = 85,5 % 1986 (für 1985) = 85,5 % 1987 – 1989 fehlt 1990 (für 1989) JEP als 13. Monatsgehalt.
Der Kläger reichte erneut eine Übersicht über die prozentuale Höhe der Jahresendprämie ein, wobei er für die fehlenden Jahre 100 % angenommen hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2009 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Es reiche nicht aus, wenn glaubhaft gemacht werde, dass die Einrichtung grundsätzlich JEP gezahlt habe. Es müsse glaubhaft werden, dass dem Betroffenen die Prämie auch Jahr für Jahr – immer wiederkehrend – in einer bestimmten Höhe zugeflossen sei.
Mit der am 08. Juli 2009 bei dem Sozialgericht Cottbus eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er auf die Zeugenerklärung von Herrn B verwiesen. Die Kriterien für die Zahlung der JEP für seinen Bereich Instandhaltung seien gegeben. Die JEP sei nach vorgegebenen Kriterien durch die Betriebsleitung berechnet worden in Abstimmung der Ergebnisse durch den Betriebsdirektor mit der Betriebsgewerkschaftsleitung. Es habe eine verbindliche Festlegung der prozentualen Höhe der JEP für jeden Betriebsbereich stattgefunden sowie eine verbindliche Festlegung der auszuzahlenden JEP für alle Bereiche der Instandhaltung durch den Direktor für Instandhaltung nach Beratung im Leitungskollektiv und nach Zustimmung der zuständigen Gewerkschaftsleitungen. JEP für die Zeit 1974-1975, 1978-1979 und 1987-1989 mache er nicht geltend, da diese Jahre ohne Nachweis seien.
Der Kläger legte eine Erklärung des Zeugen M vom 03. August 2010 vor. Dieser war Direktor für Produktion im VEB Braunkohlewerk Cottbus bis zum 30. Juni 1989. Der Kläger habe jedes Jahr von 1969 bis 1990 eine JEP ohne Abzüge erhalten, entsprechend der von Herrn B für den Bereich Instandhaltung ausgewiesenen Höhe. Wegen der Einzelheiten der Zeugenerklärung wird auf diese verwiesen.
Die Beklagte legte ein Antwortschreiben der R vom 26. August 2010 vor, wonach für den Kläger dort keine Unterlagen archiviert sind. Diese befänden sich bei V. Die Firma V teilte mit Schreiben vom 22. Februar 2011 mit, dass bzgl. der JEP keine Unterlagen vorhanden seien, bescheinigte aber höhere Entgelte unter Berücksichtigung des Bergmannsgeldes.
Mit Schriftsatz vom 11. April 2011 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass für die Zeit von Juli 1970 bis 30. Juni 1990 die Entgelte entsprechend der Bescheinigung von V vom 22. Februar 2011 unter Berücksichtigung des Bergmannsgeldes neu festgestellt würden. Dieses Teilanerkenntnis führte sie mit Feststellungsbescheiden vom 24. März 2011 und 17. März 2011 aus. Der Bescheid vom 17. März 2011 unterscheidet sich hinsichtlich des Jahres 1986. Die anerkannte Belohnung wurde erst im Bescheid vom 24. März 2011 ausgewiesen, ansonsten sind die Bescheide identisch. Der Bescheid vom 24. März 2011 enthielt folgenden Zusatz: "Die Bescheide vom 23. 10. 2001, 03. 11. 2008 und 24. 06. 2009 in der Fassung des Bescheides von 17. 03. 2011 wird aufgehoben, soweit er diesem Bescheid entgegensteht".
Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.
In einem Erörterungstermin am 08. August 2012 hat der Kläger erklärt, für die Auszeichnung bzgl. des Kollektives der sozialistischen Arbeit habe er jeweils 30,- DDR-Mark für die Jahre 1977-1978 erhalten, habe hierüber jedoch keinen Zahlungsnachweis. Der Kläger beantragte nunmehr, die Jahresendprämien für die Jahre 1970-1990 als Entgelte festzustellen.
Mit Urteil vom 07. Mai 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht erfüllt. Das Gericht halte die Zahlung der JEP an den Kläger nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit feststehend. Soweit der Kläger seinen Anspruch auf die Zeugenaussage des Zeugen B und dessen Kopien aus den Dienstbüchern gestützt habe, folge ihm die Kammer nicht. Darin könnten bestenfalls, ohne dass die Kammer letztlich darüber entscheiden müsse, die jeweiligen Prozentsätze für die Berechnung der JEP entnommen werden, nicht jedoch, ob und ggfs. in welcher konkreten Höhe dem Kläger Zahlungen tatsächlich zugeflossen seien. Im Widerspruchsbescheid sei bereits darauf hingewiesen worden, dass die Zahlung von JEP leistungsabhängig und von zahlreichen zusätzlichen Faktoren abhängig gewesen sei.
Ebenfalls stehe für die Kammer mit der für eine Verurteilung der Beklagten notwendigen Sicherheit nicht fest, dass und in welcher konkreten Höhe der Kläger in den Jahren 1975, 1977 und 1978 zusätzliche einmalige Belohnungen erhalten habe. Die vorliegenden Urkunden sagten hierzu nichts aus. Die Kammer verwies, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides.
Gegen das am 25. Juni 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02. Juli 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Seine Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen im Widerspruchs- und Klageverfahren. Er sei in seiner Funktion als Leiter der Bereichsökonomie Instandhaltung im Besitz aller JEP-Listen gewesen. Diese seien bei seinem Wechsel zur Hauptverwaltung der L ausnahmslos alle vernichtet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. Mai 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten den Bescheid vom 23. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 für die Zeit ab dem 01. August 2007 teilweise zurückzunehmen und als glaubhaft gemachtes tatsächliches Arbeitsentgelt zusätzlich zu den bereits berücksichtigten Arbeitsentgelten für das Jahr 1970 Entgelte in Höhe von 126 Prozent, für 1971 in Höhe von 104 Prozent und für die Jahre 1972 bis 1974 und 1976 bis 1990 jeweils in Höhe von 96 Prozent des durchschnittlichen Brutto-Monatsverdienstes des Vorjahres sowie für die Jahre 1977 und 1978 zusätzlich jeweils 30,00 Mark der DDR festzustellen,
sowie die Beklagte zu verpflichten dem Kläger bzgl. einer teilweisen Rücknahme wie oben beantragt für die Zeit bis zum 31. Juli 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass der Kläger seine Bewertung der Sach- und Rechtslage noch einmal umfassend dargestellt habe. Er habe aufgezeigt, dass das Prämienniveau nicht nur bezogen auf das Gesamtunternehmen von Jahr zu Jahr geschwankt habe, sondern auch zwischen den Bereichen einer Abteilung bei der Zumessung der Prämienhöhe differenziert worden sei. Auch wegen der in der Lebenswirklichkeit jährlich anderen Prämien-Bemessungskriterien sei das vom Kläger favorisierte pauschalisierte Verfahren zur Annäherung an eine individuelle Prämienhöhe rechtlich nicht tragfähig. Das BSG sehe eine Beweiserleichterung, bei der eine Prämienhöhe ohne sichere Anknüpfungspunkte durch eine Schätzung "ins Blaue" hinein festgelegt würde, nicht vor. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.
Der Kläger hat eine Zeugenerklärung des Herrn F vom 11. Dezember 2014 eingereicht. Darin erklärte dieser, er sei im Zeitraum 1969-1990 Mitarbeiter und Vorgesetzter des Klägers gewesen. Unter seiner Leitung und Verantwortung sei die JEP ausgezahlt worden. Die durchschnittliche Höhe der JEP ergebe sich aus der beigefügten Anlage. Hierin ist die prozentuale JEP für die Jahre 1970 bis 1989 zwischen 67,36 und 103,10 % ausgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Zeugenerklärung und die Anlage hierzu verwiesen.
In einem Erörterungstermin am 21. Mai 2015 hat der Kläger auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass für das Jahr 1975 die Beitragsbemessungsgrenze bereits überschritten sei, die Feststellung höherer Entgelte für das Jahr 1975 nicht mehr geltend gemacht. Der Kläger hat erklärt, dass er zwar Mitglied der SED gewesen, jedoch nicht mehr im Besitz seines SED-Parteibuchs sei.
Der Senat hat das Mitgliedsbuch der SED eines Kollegen des Klägers, und zwar des Herrn P (mit dessen Einverständnis) beigezogen. Hierin ist für den Herrn P für die Jahre 1972 bis 1976 ein Beitrag für die JEP extra ausgewiesen, für die Jahre 1971, 1977 bis 1980 und 1982 bis 1989 weist das SED-Mitgliedsbuch jeweils im März oder April einen deutlich höheren Beitrag aus, im Jahr 1981 dagegen nicht.
Der Senat hat den Beteiligten zwei Anfragen vom 13. Februar 2014 und 25. März 2014 sowie die Antworten vom 21. März 2014 und 01. April 2014 des Bundesschatzmeisters der Partei "Die Linke" aus einem anderen Rechtsstreit zur Kenntnis gegeben.
In einem Erörterungstermin am 04. Juli 2016 hat die Berichterstatterin Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn M, des Herrn B und des Herrn F. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 04. Juli 2016 Bezug genommen.
Der Senat hat das Mitgliedsbuch der SED des Zeugen Bin Kopie zur Akte genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. August 2016 hat der Vertreter der Beklagten erklärt, dass nach ständiger Praxis der Beklagten sowohl die Jahresendprämie als auch die Bermannsprämie immer bezogen auf den Zeitpunkt ihres Zuflusses der Mitgliedschaft in dem Zusatzversorgungssystem zugeordnet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 153 SGG). Sie ist auch teilweise begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. Mai 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 3. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als das Sozialgericht und die Beklagte es abgelehnt haben, weitere Entgelte wie tenoriert festzustellen.
Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger auch höhere Entgelte für die Jahre 1974 bis 1975, 1978 bis 1979 und 1987 bis 1990 begehrt, weil diesbezüglich die Klage bereits unzulässig ist. In der Sache zu befinden ist nur für die Zeiträume 1970 bis 1973, 1976 bis 1977, 1980 bis 1986 und 1990. Bezüglich der Zeiträume 1974 bis 1975, 1978 bis 1979 und 1987 bis 1989 hatte der Kläger ursprünglich keine Klage erhoben. Der Bescheid vom 3. November 2008 ist daher insoweit bestandskräftig geworden. Der Kläger hat zwar später seine Klage um die Zeiträume 1974 bis 1975, 1978 bis 1979 und 1987 bis 1989 erweitert, insoweit ist die Klage jedoch unzulässig, weil ihr die Bestandskraft des Bescheides vom 3. November 2008 entgegensteht. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte mit den - gemäß § 96 SGG Gegenstand de Verfahrens gewordenen - Bescheiden vom 17. März 2011 und 24. März 2011 gegenüber dem Bescheid vom 23. Oktober 2001 zum Teil weitere Entgelte festgestellt hat. Diese betreffen nicht die begehrten JEP, in den neuen Bescheiden hat die Beklagte keine erneute Entscheidung über die JEP getroffen, sondern lediglich ihr Anerkenntnis bzgl. des Bergmannsgeldes ausgeführt.
Bzgl. des Jahres 1975 hat der Kläger die Berufung zurückgenommen.
Soweit die Klage zulässig ist, gilt Folgendes: Rechtsgrundlage für eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Feststellungsbescheides vom 23. Oktober 2001 ist § 44 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 SGB X. § 44 Abs. 1 SGB X lautet:
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
§ 44 Abs. 2 SGB X lautet:
Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Vorliegend kommt nur eine Rücknahme gemäß § 44 Absatz 2 SGG in Betracht, da es sich bei dem zu überprüfenden Bescheid nicht um einen Leistungsbescheid, sondern um einen Feststellungsbescheid handelt (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 15. Juni 2010, Az. B 5 RS 6/09 R, juris Rdnr. 14 = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4; zuletzt auch Urteil des BSG vom 29. Oktober 2015, Az. B 5 RS 5/14 R, juris Rdnr. 14 ). Dies bedeutet, dass für die Zeit ab dem 01. August 2007 eine Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme besteht, für den Zeitraum davor von ihr jedoch ein neuer Bescheid unter Ausübung von Ermessen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen sein wird. Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung von Arbeitsverdiensten bei Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der DDR ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, hier in Verbindung mit § 6 Abs. 6 AAÜG.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG lautet:
Den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz ist für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256 a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zugrunde zu legen.
§ 6 Abs. 6 AAÜG lautet:
Wird ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht, wird der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Grundsätzlich kann eine JEP als Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG berücksichtigt werden. Dies hat das BSG in seinem Urteil vom 23. August 2007, Az. B 4 Rs 4/06 R, dokumentiert in juris und in SozR 4-8570 § 6 Nr. 4, entschieden. Es handelte sich bei JEP um einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV).
Die JEP diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war deshalb auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB-DDR) bestand ein "Anspruch" auf JEP, wenn
1. die Zahlung einer JEP für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag (im Folgenden: BKV) vereinbart war, 2. der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und 3. der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes war (vgl. Urteil des BSG vom 23. August 2007,aaO., juris Rdnr. 33 bis 36).
Die Feststellung von Entgelten, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hängt davon ab, dass der Empfänger damals die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (vgl. BSG a.a.O. Rn. 42). Der Kläger hat weder bewiesen, dass er als Empfänger von JEP die nach den Rechtsvorschriften der DDR notwendigen Voraussetzungen für die Zahlung einer Jahresendprämie in jedem einzelnen Jahr, für das er eine solche Prämie geltend macht, erfüllt hat, noch hat er bewiesen, in welcher Höhe ihm ein jeweils konkret bestimmter Betrag als Jahresendprämie in den streitbefangenen Jahren tatsächlich zugeflossen ist. Quittungen o.ä. konnte der Kläger nicht vorlegen, solche sind, wie dem Senat aus anderen Rechtsstreitigkeiten bzgl. von JEP bekannt ist, in aller Regel auch nicht ausgestellt worden. Unterlagen des Arbeitgebers über Zahlungen dieser Prämien sind nicht (mehr) vorhanden, auch die Anfragen bei der Firma R und der Firma V blieben diesbezüglich ergebnislos. Auch die Aussagen der vom Senat vernommenen Zeugen B, Fund M führen nicht zur Annahme eines Nachweises. Die Zeugen haben zwar übereinstimmend angegeben, dass dem Kläger in allen hier in Rede stehenden Jahren eine JEP jeweils gezahlt wurde, angesichts der seit den Zahlungen vergangenen Zeit und des langen Zeitraums, um den es hier geht, sowie der vielen Mitarbeiter des VEB Braunkohlenwerk Jugend ist aber nicht anzunehmen, dass sich die Zeugen an jede Ausnahme bzgl. JEP erinnern könnten, die sowohl den gesamten Betrieb betroffen haben könnte, als auch die Person des Klägers, dem möglicherweise aus nur in seiner Person liegenden Gründen in einzelnen Jahren keine JEP gezahlt wurde.
Allerdings sieht das Gesetz, wie sich aus § 6 Abs. 6 AAÜG ergibt, die Möglichkeit der Glaubhaftmachung weiterer Arbeitsentgelte aus JEP vor.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", d.h. es reicht aus, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 8. August 2001, Az. B 9 V 23/01 B, dokumentiert in juris und in SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Nach den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen spricht wesentlich mehr dafür als dagegen, dass dem Kläger tatsächlich in den Jahren 1971 bis 1973, 1976 und 1977 und 1980 bis 1986 jeweils eine JEP ausgezahlt wurde.
Der Betriebskollektivvertrag liegt nicht mehr vor. Glaubhaft gemacht ist jedoch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 AGB-DDR). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 AGB-DDR die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 12. Januar 1972 (GBl.-DDR II 1972, Nr. 5, S. 49; nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" vom 21. Mai 1973 (GBl.-DDR I 1973, Nr. 30, S. 293; nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973), mit der die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 angeordnet wurde, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34, S. 595; nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982). Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand, auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können (so für einen ähnlich gelagerten Fall das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts [LSG] vom 28. April 2015, Az. L 5 RS 286/14, juris Rdnr. 33).
Die zweite Voraussetzung für die Zahlung einer JEP gemäß § 117 Abs. 1 AGB-DDR, nämlich dass der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten, ist ebenfalls glaubhaft gemacht, und zwar dadurch, dass glaubhaft ist, dass die JEP gezahlt wurde. Es ergibt sich aus der Aussage der vom Senat vernommenen Zeugen, dass bei dem VEB Braunkohlenwerk Jugend auch in den genannten Jahren eine JEP jeweils für das Vorjahr gezahlt wurde. Wenn auch, wie oben erläutert, dies nicht zum Vollbeweis ausreicht, ist es jedoch überwiegend wahrscheinlich, dass die Angaben der Zeugen zutreffen und JEP regelmäßig gezahlt wurden. Dies ergibt sich zusätzlich aus den Aufzeichnungen aus den Dienstbüchern, die der Zeuge B vorgelegt hat sowie aus den SED-Parteibüchern des Herrn P und des Zeugen B. Dort ist zum Teil die JEP einzeln ausgewiesen, zum Teil ist jeweils im März oder April eines Jahres ein deutlich höherer Beitrag zur SED gezahlt worden, was darauf schließen lässt, dass das Entgelt auch wesentlich höher war. Es ist aus anderen Verfahren, z. B. auch aus dem oben zitierten Urteil vom 23. August 2007, bekannt, dass die JEP in der Regel im März oder April des Folgejahres ausgezahlt wurde, dies haben die Zeugen ebenfalls bestätigt.
Auch die dritte Voraussetzung, dass der Kläger während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes war, ist erfüllt. Er war seit dem 1. Januar 1969 bei dem genannten VEB beschäftigt, und zwar durchgehend bis zum 30. Juni 1990 (und darüber hinaus), wie sich aus dem Sozialversicherungsausweis (SVA) ergibt.
Auch aus der Tatsache, dass in den SED-Parteibüchern von Herrn Pund dem Zeugen B nicht in allen Jahren eine JEP einzeln ausgewiesen ist, ergibt sich nicht, dass diese nicht gezahlt wurde. Der Bundesschatzmeister der Partei "Die Linke" hat in seiner Auskunft vom 21. März 2014 angegeben, dass zwar nach der Richtlinie für die Beitragskassierung der SED, gültig ab 01. Juli 1986, Punkt 1.3., für ein- bzw. zweimal jährlich gewährte Einkommensteile, u.a. auch die JEP, die Beiträge jeweils getrennt zu berechnen waren. Dieser Nachweis erfolgte in den Beitragsquittungslisten der Partei. Dort waren die Beiträge für das regelmäßige Entgelt und die ein- bzw. zweimal jährlich gewährten Einkommensteile getrennt zu berechnen, nicht jedoch zwingend auch im Mitgliedsbuch. Er hat auch ausgeführt, dass in der Praxis beide Verfahrensweisen vorkamen, nämlich dass der Beitrag nach getrennter Berechnung als Summe in dem jeweiligen Monat im Mitgliedsbuch eingetragen wurde, aber auch, dass es Fälle der getrennten Eintragung gab, z. B. im Dezember unter der zwölften Zeile (wie auch zum Teil in den Mitgliedsbüchern von Herrn P und dem Zeugen B). Aus den Richtlinien über die Beitragsabführung der SED ergibt sich eine Verpflichtung zur Ausweisung der JEP bzw. anderer einmalig gezahlter Entgelte im Mitgliedsbuch nicht. Ein Hinweis darauf, dass ein solcher eigenständiger Ausweis nicht notwendig war, ist auch die Tatsache, dass auf den entsprechenden Seiten des Mitgliedsbuchs der SED ein Platz für die entsprechende Eintragung nicht vorgesehen ist. Wäre dies Vorschrift gewesen, so wäre zu erwarten gewesen, dass sich eine Rubrik für einmalige bzw. mehrmalige jährliche Einkommensbestandteile finden würde.
Zu dem Ergebnis, dass die Zahlung einer JEP aufgrund eines Mitgliedsbuchs der SED glaubhaft ist, kommt auch das LSG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 23. Januar 2014, Az. L 2 R 341/13, dokumentiert in juris.
Auch für das Jahr 1981 ist die Zahlung einer JEP überwiegend wahrscheinlich, obwohl für dieses Jahr in dem Mitgliedsbuch der SED des Herrn P eine JEP weder einzeln ausgewiesen ist noch sich für März oder April ein deutlich höherer Mitgliedsbeitrag ergibt. Die kann daran liegen, dass dem Herrn P in diesem Jahr aus persönlichen Gründen keine JEP gezahlt wurde. Aus den Aufzeichnungen des Zeugen B ergibt sich, dass auch in 1981 eine JEP gezahlt wurde, wenn auch die Höhe aus seinen Aufzeichnungen nicht hervorgeht.
Für das Jahr 1970 ist keine JEP zu berücksichtigen. Es ist zwar glaubhaft, dass der Kläger auch in diesem Jahr eine JEP erhalten hat, diese dürfte aber im März oder April ausgezahlt worden sein. Für diesen Zeitpunkt ist jedoch für den Kläger nicht die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt, sondern erst ab dem 1. Juli 1970, da er erst zu diesem Zeitpunkt mit dem Erwerb der Qualifikation als Ingenieurökonom die persönliche Voraussetzung für die Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem erfüllte. Der Senat stellt für die Möglichkeit der Berücksichtigung der JEP auf den Zufluss derselben zu einem Zeitpunkt, zu dem Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem bestand, ab. Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der Beklagten, so dass sich innerhalb der Gruppe der Zusatzversorgten keine Ungleichbehandlung ergibt.
Auch bzgl. der für die Jahre 1977 und 1978 geltend gemachten zusätzlichen Belohnungen ist die Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich dieser Belohnungen gibt es keine Aufzeichnungen oder sonstigen Nachweise. Auch aus den Zeugenaussagen bzw. -erklärungen kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Zahlung dieser Belohnungen nicht hergeleitet werden. Dermaßen marginale Beträge aus einer so weit zurückliegenden Zeit dürften kaum zu erinnern sein.
Für das Jahr 1990 ist ebenfalls keine JEP zu berücksichtigen, da laut den Aufzeichnungen von Herrn B hier ein 13. Monatsgehalt gezahlt werden sollte, also keine JEP. Sowohl das Mitgliedsbuch von Herrn P als auch des Zeugen Bweisen auch für das Jahr 1990 keine Zahlung einer JEP aus.
Bezüglich der Höhe der JEP orientiert sich der Senat an den Aufzeichnungen des Zeugen B. Für das Jahr 1980 ist keine Prozentzahl angegeben, hier geht der Senat von dem niedrigsten Wert der JEP in den anderen Jahren aus, nämlich 85,5 %, ebenso für das Jahr 1981.
Hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Bruttomonatsgehalts geht der Senat von den – insoweit von dem Kläger nicht in Frage gestellten – Feststellungen der Beklagten im Bescheid vom 23. Oktober 2001 aus, die der Bescheinigung der L(ohne Datum), der Rechtsnachfolgerin des VEB Braunkohlenwerk Jugend, entsprechen. Die mit Bescheid vom 24. März 2011 erfolgte Änderung im Hinblick auf die Feststellung zusätzlicher Bergmannsgelder hat außer Betracht zu bleiben, weil jene jährliche Zahlung nicht Bestandteil der Kalkulation der JEP war. Von den sich hieraus für die tenorierten Jahre ergebenden Beträgen ist nach § 6 Abs. 6 AAÜG ein Abzug in Höhe eines Sechstels vorzunehmen, da der Kläger den Zufluss und die Höhe der JEP nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht hat.
Es ergibt sich folgende Berechnung:
JEP-Anspruchsjahr Jahresarbeitsverdienst Monatsdurchschnittsverdienst JEP in Höhe der Glaubhaftmachung zu Grunde gelegt davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1970 11.010 M 917,50 M 100 % 917,50 M 764,58 M 1971 1971 11.820 M 985,00 M 102 % 1.004,70 M 837,25 M 1972 1972 12.144,72 M 1.012,06 M 99 % 1.001,94 M 834,95 M 1973 1975 14.684,50 M 1.223,71 M 106 % 1.297,13 M 1.080,94 M 1976 1976 15.226,80 M 1.268,90 M 104 % 1.319,66 M 1.099,71 M 1977 1979 13.857,68 M 1.154,81 M 85,5 % 987,36 M 822,80 M 1980 1980 16.651,57 M 1.387,63 M 85,5 % 1.186,42 M 988,69 M 1981 1981 17.628,35 M 1.469,03 M 86 % 1.263,37 M 1.052,80 1982 1982 16.557,72 M 1.379,81 M 86 % 1.186,64 M 988,86 M 1983 1983 18.046,80 M 1.503,90 M 86 % 1.293,35 M 1.077,80 M 1984 1984 18.046,80 M 1.503,90 M 85,5 % 1.285,83 M 1.071,53 M 1985 1985 17.577,24 M 1.464,77 M 85,5 % 1.252,38 M 1.043,65 M 1986
Die Beklagte hat den Bescheid vom 23. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 für die Zukunft, d.h. hier für die Zeit ab dem 1. August 2007, zurückzunehmen. Dahingestellt bleiben kann, ob als Beginn der "Zukunft" der Zeitpunkt anzunehmen ist, zu dem der Überprüfungsbescheid dem Kläger gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X als zugegangen gilt (hier der 6. November 2008) oder bereits ein früherer Zeitpunkt, z.B. der der Antragstellung auf Überprüfung. Denn in jedem Fall wäre das Ermessen der Beklagten, welches ihr im Rahmen der Rücknahme für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X zustünde, insoweit im Sinne eines Anspruchs auf Rücknahme ab dem Beginn des Antragsmonats reduziert. Es ist keine Ermessenserwägung erkennbar, welche sie einer Rücknahme entgegenhalten könnte. Mit dem Zugunstenantrag dokumentiert der Empfänger des Ausgangsbescheides, dass er eine rechtliche Überprüfung geltend machen will. Der weitere Verfahrensgang kann von ihm nicht beeinflusst werden. Es würde deshalb zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung führen, wenn die Behörde, die über den Antrag zu entscheiden hat, den Beginn des Rücknahmezeitraums, für den ihr Ermessen zusteht, durch ihr Verhalten festlegen könnte. Indem auf den Beginn des Antragsmonats abgestellt wird, wird auch einem allgemeinen Prinzip der gesetzlichen Rentenversicherung gefolgt (siehe insbesondere § 99 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -).
Für die Zeit vor dem 1. August 2007 gibt es dagegen keinen Anlass, von einer Ermessensreduzierung auszugehen. Insoweit konnte die Beklagte, die in den angefochtenen Bescheiden keinerlei Ermessen ausgeübt hat, deshalb nur zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die rechtlichen Probleme sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes geklärt, vorliegend handelt es sich lediglich um die Würdigung von Tatsachen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt – im Wege der Überprüfung – jetzt noch die Feststellung höherer Entgelte für die Jahre 1970 – 1974 und 1976 – 1990 unter Berücksichtigung von Jahresendprämien (JEP) sowie unter Berücksichtigung einer einmaligen Belohnung von jeweils 30,- Mark für die Jahre 1977 und 1978.
Der 1941 geborene, also jetzt 74 Jahre alte Kläger war in der Zeit vom 01. Januar 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Ingenieurökonom, zuletzt als "Leiter Ökonomie Instandhaltung", beim VEB Braunkohlenwerk Jugend in Lübbenau tätig. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2001 hatte die Beklagte die Zeit vom 01. Juli 1970 bis zum 30. Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die erzielten Arbeitsentgelte festgestellt.
Am 31. August 2007 stellte der Kläger einen Antrag auf "Neufeststellung seiner Rente in Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes zur Jahresendprämie (Az. B 4 RS 4/06 R)". Am 19. September 2007 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Klägers ein, mit dem er die Überprüfung des Bescheides vom 23. Oktober 2001 und die Berücksichtigung der an ihn gezahlten zusätzlichen Belohnungen (Bergmannsgeld und Jahresendprämie) begehrte. Er reichte verschiedene Unterlagen bzgl. seines Beschäftigungsverhältnisses ein unter anderem einen "Nachweis Jahresendprämie", in dem er die Höhe der jährlichen JEP angab, und zwar für 1970 i. H. v. 126 % des Einkommens, für 1971 i. H. v. 104 % des Einkommens und für die Jahre 1972 bis 1990 i. H. v. jeweils 96 % des Einkommens. Die prozentuale Höhe der JEP für die Jahre 1970 bis 1972 sei den Dienstbüchern des ehemaligen Hauptabteilungsleiters bzw. Direktors für Instandhaltung und Vorgesetzten des Klägers, des Zeugen B, entnommen, und für die restlichen Jahre entspreche sie der Erinnerung des Klägers. Der Kläger reichte eine Zeugenerklärung des Zeugen B vom 22. August 2008 ein. Darin bezeugt dieser, dass er für die Jahre 1969 bis 1972 die prozentuale Höhe der JEP aus den Dienstbüchern nachweisen könne. Im Übrigen habe diese zwischen 92 und 102 % gelegen. Im Durchschnitt habe die JEP 96% des monatlichen Bruttoverdienstes betragen.
Mit Bescheid vom 03. November 2008 hat die Beklagte für das Jahr 1986 eine Prämienzahlung von 150,- Mark berücksichtigt und dementsprechend ein höheres Entgelt festgestellt. Im Übrigen hat sie den Antrag, höhere Entgelte unter Berücksichtigung der JEP (und von Bergmannsprämien) festzustellen, abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Eingang bei der Beklagten am 21. November 2008 Widerspruch erhoben. Er legte eine weitere Zeugenerklärung des Zeugen B, und zwar vom 17. April 2009, vor. Darin gab dieser an, dass er die für den Bereich Instandhaltung – in der auch der Kläger tätig gewesen sei – festgelegte Höhe der JEP auf der Grundlage seiner Dienstbücher für die Jahre 1969 bis 1973, 1976 und 1977, 1981 bis 1986 und 1990 bestätigen könne. Für die Jahre 1975, 1978, 1980 und 1987 sei in seinen Dienstbüchern ein Nachweis über erfolgte Zahlungen vorhanden, jedoch nicht über deren Höhe. Für die Jahre 1974, 1979, 1988 und 1989 seien die entsprechenden Hinweise zu den Jahresendprämien nicht auffindbar. Aus den beigefügten handschriftlichen Aufzeichnungen ergeben sich folgende JEP’s:
1970 (für 1969) = 126 % 1971 (für 1970) = 100 % 1972 (für 1971) = 102 % 1973 (für 1972) = 94 % (Basishöhe) plus 5 % = 99 % 1974 und 1975 fehlen 1976 (für 1975) = 106 % 1977 (für 1976) = 104 %
1978 – 1980 fehlt 1981 (für 1980) nicht erkennbar 1982 (für 1981) = 86 % 1983 (für 1982) = 86 % 1984 (für 1983) = 86 % 1985 (für 1984) = 85,5 % 1986 (für 1985) = 85,5 % 1987 – 1989 fehlt 1990 (für 1989) JEP als 13. Monatsgehalt.
Der Kläger reichte erneut eine Übersicht über die prozentuale Höhe der Jahresendprämie ein, wobei er für die fehlenden Jahre 100 % angenommen hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2009 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Es reiche nicht aus, wenn glaubhaft gemacht werde, dass die Einrichtung grundsätzlich JEP gezahlt habe. Es müsse glaubhaft werden, dass dem Betroffenen die Prämie auch Jahr für Jahr – immer wiederkehrend – in einer bestimmten Höhe zugeflossen sei.
Mit der am 08. Juli 2009 bei dem Sozialgericht Cottbus eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er auf die Zeugenerklärung von Herrn B verwiesen. Die Kriterien für die Zahlung der JEP für seinen Bereich Instandhaltung seien gegeben. Die JEP sei nach vorgegebenen Kriterien durch die Betriebsleitung berechnet worden in Abstimmung der Ergebnisse durch den Betriebsdirektor mit der Betriebsgewerkschaftsleitung. Es habe eine verbindliche Festlegung der prozentualen Höhe der JEP für jeden Betriebsbereich stattgefunden sowie eine verbindliche Festlegung der auszuzahlenden JEP für alle Bereiche der Instandhaltung durch den Direktor für Instandhaltung nach Beratung im Leitungskollektiv und nach Zustimmung der zuständigen Gewerkschaftsleitungen. JEP für die Zeit 1974-1975, 1978-1979 und 1987-1989 mache er nicht geltend, da diese Jahre ohne Nachweis seien.
Der Kläger legte eine Erklärung des Zeugen M vom 03. August 2010 vor. Dieser war Direktor für Produktion im VEB Braunkohlewerk Cottbus bis zum 30. Juni 1989. Der Kläger habe jedes Jahr von 1969 bis 1990 eine JEP ohne Abzüge erhalten, entsprechend der von Herrn B für den Bereich Instandhaltung ausgewiesenen Höhe. Wegen der Einzelheiten der Zeugenerklärung wird auf diese verwiesen.
Die Beklagte legte ein Antwortschreiben der R vom 26. August 2010 vor, wonach für den Kläger dort keine Unterlagen archiviert sind. Diese befänden sich bei V. Die Firma V teilte mit Schreiben vom 22. Februar 2011 mit, dass bzgl. der JEP keine Unterlagen vorhanden seien, bescheinigte aber höhere Entgelte unter Berücksichtigung des Bergmannsgeldes.
Mit Schriftsatz vom 11. April 2011 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass für die Zeit von Juli 1970 bis 30. Juni 1990 die Entgelte entsprechend der Bescheinigung von V vom 22. Februar 2011 unter Berücksichtigung des Bergmannsgeldes neu festgestellt würden. Dieses Teilanerkenntnis führte sie mit Feststellungsbescheiden vom 24. März 2011 und 17. März 2011 aus. Der Bescheid vom 17. März 2011 unterscheidet sich hinsichtlich des Jahres 1986. Die anerkannte Belohnung wurde erst im Bescheid vom 24. März 2011 ausgewiesen, ansonsten sind die Bescheide identisch. Der Bescheid vom 24. März 2011 enthielt folgenden Zusatz: "Die Bescheide vom 23. 10. 2001, 03. 11. 2008 und 24. 06. 2009 in der Fassung des Bescheides von 17. 03. 2011 wird aufgehoben, soweit er diesem Bescheid entgegensteht".
Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.
In einem Erörterungstermin am 08. August 2012 hat der Kläger erklärt, für die Auszeichnung bzgl. des Kollektives der sozialistischen Arbeit habe er jeweils 30,- DDR-Mark für die Jahre 1977-1978 erhalten, habe hierüber jedoch keinen Zahlungsnachweis. Der Kläger beantragte nunmehr, die Jahresendprämien für die Jahre 1970-1990 als Entgelte festzustellen.
Mit Urteil vom 07. Mai 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht erfüllt. Das Gericht halte die Zahlung der JEP an den Kläger nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit feststehend. Soweit der Kläger seinen Anspruch auf die Zeugenaussage des Zeugen B und dessen Kopien aus den Dienstbüchern gestützt habe, folge ihm die Kammer nicht. Darin könnten bestenfalls, ohne dass die Kammer letztlich darüber entscheiden müsse, die jeweiligen Prozentsätze für die Berechnung der JEP entnommen werden, nicht jedoch, ob und ggfs. in welcher konkreten Höhe dem Kläger Zahlungen tatsächlich zugeflossen seien. Im Widerspruchsbescheid sei bereits darauf hingewiesen worden, dass die Zahlung von JEP leistungsabhängig und von zahlreichen zusätzlichen Faktoren abhängig gewesen sei.
Ebenfalls stehe für die Kammer mit der für eine Verurteilung der Beklagten notwendigen Sicherheit nicht fest, dass und in welcher konkreten Höhe der Kläger in den Jahren 1975, 1977 und 1978 zusätzliche einmalige Belohnungen erhalten habe. Die vorliegenden Urkunden sagten hierzu nichts aus. Die Kammer verwies, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides.
Gegen das am 25. Juni 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02. Juli 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Seine Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen im Widerspruchs- und Klageverfahren. Er sei in seiner Funktion als Leiter der Bereichsökonomie Instandhaltung im Besitz aller JEP-Listen gewesen. Diese seien bei seinem Wechsel zur Hauptverwaltung der L ausnahmslos alle vernichtet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. Mai 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten den Bescheid vom 23. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 für die Zeit ab dem 01. August 2007 teilweise zurückzunehmen und als glaubhaft gemachtes tatsächliches Arbeitsentgelt zusätzlich zu den bereits berücksichtigten Arbeitsentgelten für das Jahr 1970 Entgelte in Höhe von 126 Prozent, für 1971 in Höhe von 104 Prozent und für die Jahre 1972 bis 1974 und 1976 bis 1990 jeweils in Höhe von 96 Prozent des durchschnittlichen Brutto-Monatsverdienstes des Vorjahres sowie für die Jahre 1977 und 1978 zusätzlich jeweils 30,00 Mark der DDR festzustellen,
sowie die Beklagte zu verpflichten dem Kläger bzgl. einer teilweisen Rücknahme wie oben beantragt für die Zeit bis zum 31. Juli 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass der Kläger seine Bewertung der Sach- und Rechtslage noch einmal umfassend dargestellt habe. Er habe aufgezeigt, dass das Prämienniveau nicht nur bezogen auf das Gesamtunternehmen von Jahr zu Jahr geschwankt habe, sondern auch zwischen den Bereichen einer Abteilung bei der Zumessung der Prämienhöhe differenziert worden sei. Auch wegen der in der Lebenswirklichkeit jährlich anderen Prämien-Bemessungskriterien sei das vom Kläger favorisierte pauschalisierte Verfahren zur Annäherung an eine individuelle Prämienhöhe rechtlich nicht tragfähig. Das BSG sehe eine Beweiserleichterung, bei der eine Prämienhöhe ohne sichere Anknüpfungspunkte durch eine Schätzung "ins Blaue" hinein festgelegt würde, nicht vor. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.
Der Kläger hat eine Zeugenerklärung des Herrn F vom 11. Dezember 2014 eingereicht. Darin erklärte dieser, er sei im Zeitraum 1969-1990 Mitarbeiter und Vorgesetzter des Klägers gewesen. Unter seiner Leitung und Verantwortung sei die JEP ausgezahlt worden. Die durchschnittliche Höhe der JEP ergebe sich aus der beigefügten Anlage. Hierin ist die prozentuale JEP für die Jahre 1970 bis 1989 zwischen 67,36 und 103,10 % ausgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Zeugenerklärung und die Anlage hierzu verwiesen.
In einem Erörterungstermin am 21. Mai 2015 hat der Kläger auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass für das Jahr 1975 die Beitragsbemessungsgrenze bereits überschritten sei, die Feststellung höherer Entgelte für das Jahr 1975 nicht mehr geltend gemacht. Der Kläger hat erklärt, dass er zwar Mitglied der SED gewesen, jedoch nicht mehr im Besitz seines SED-Parteibuchs sei.
Der Senat hat das Mitgliedsbuch der SED eines Kollegen des Klägers, und zwar des Herrn P (mit dessen Einverständnis) beigezogen. Hierin ist für den Herrn P für die Jahre 1972 bis 1976 ein Beitrag für die JEP extra ausgewiesen, für die Jahre 1971, 1977 bis 1980 und 1982 bis 1989 weist das SED-Mitgliedsbuch jeweils im März oder April einen deutlich höheren Beitrag aus, im Jahr 1981 dagegen nicht.
Der Senat hat den Beteiligten zwei Anfragen vom 13. Februar 2014 und 25. März 2014 sowie die Antworten vom 21. März 2014 und 01. April 2014 des Bundesschatzmeisters der Partei "Die Linke" aus einem anderen Rechtsstreit zur Kenntnis gegeben.
In einem Erörterungstermin am 04. Juli 2016 hat die Berichterstatterin Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn M, des Herrn B und des Herrn F. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 04. Juli 2016 Bezug genommen.
Der Senat hat das Mitgliedsbuch der SED des Zeugen Bin Kopie zur Akte genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. August 2016 hat der Vertreter der Beklagten erklärt, dass nach ständiger Praxis der Beklagten sowohl die Jahresendprämie als auch die Bermannsprämie immer bezogen auf den Zeitpunkt ihres Zuflusses der Mitgliedschaft in dem Zusatzversorgungssystem zugeordnet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 153 SGG). Sie ist auch teilweise begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. Mai 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 3. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als das Sozialgericht und die Beklagte es abgelehnt haben, weitere Entgelte wie tenoriert festzustellen.
Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger auch höhere Entgelte für die Jahre 1974 bis 1975, 1978 bis 1979 und 1987 bis 1990 begehrt, weil diesbezüglich die Klage bereits unzulässig ist. In der Sache zu befinden ist nur für die Zeiträume 1970 bis 1973, 1976 bis 1977, 1980 bis 1986 und 1990. Bezüglich der Zeiträume 1974 bis 1975, 1978 bis 1979 und 1987 bis 1989 hatte der Kläger ursprünglich keine Klage erhoben. Der Bescheid vom 3. November 2008 ist daher insoweit bestandskräftig geworden. Der Kläger hat zwar später seine Klage um die Zeiträume 1974 bis 1975, 1978 bis 1979 und 1987 bis 1989 erweitert, insoweit ist die Klage jedoch unzulässig, weil ihr die Bestandskraft des Bescheides vom 3. November 2008 entgegensteht. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte mit den - gemäß § 96 SGG Gegenstand de Verfahrens gewordenen - Bescheiden vom 17. März 2011 und 24. März 2011 gegenüber dem Bescheid vom 23. Oktober 2001 zum Teil weitere Entgelte festgestellt hat. Diese betreffen nicht die begehrten JEP, in den neuen Bescheiden hat die Beklagte keine erneute Entscheidung über die JEP getroffen, sondern lediglich ihr Anerkenntnis bzgl. des Bergmannsgeldes ausgeführt.
Bzgl. des Jahres 1975 hat der Kläger die Berufung zurückgenommen.
Soweit die Klage zulässig ist, gilt Folgendes: Rechtsgrundlage für eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Feststellungsbescheides vom 23. Oktober 2001 ist § 44 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 SGB X. § 44 Abs. 1 SGB X lautet:
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
§ 44 Abs. 2 SGB X lautet:
Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Vorliegend kommt nur eine Rücknahme gemäß § 44 Absatz 2 SGG in Betracht, da es sich bei dem zu überprüfenden Bescheid nicht um einen Leistungsbescheid, sondern um einen Feststellungsbescheid handelt (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 15. Juni 2010, Az. B 5 RS 6/09 R, juris Rdnr. 14 = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4; zuletzt auch Urteil des BSG vom 29. Oktober 2015, Az. B 5 RS 5/14 R, juris Rdnr. 14 ). Dies bedeutet, dass für die Zeit ab dem 01. August 2007 eine Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme besteht, für den Zeitraum davor von ihr jedoch ein neuer Bescheid unter Ausübung von Ermessen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen sein wird. Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung von Arbeitsverdiensten bei Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der DDR ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, hier in Verbindung mit § 6 Abs. 6 AAÜG.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG lautet:
Den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz ist für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256 a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zugrunde zu legen.
§ 6 Abs. 6 AAÜG lautet:
Wird ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht, wird der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Grundsätzlich kann eine JEP als Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG berücksichtigt werden. Dies hat das BSG in seinem Urteil vom 23. August 2007, Az. B 4 Rs 4/06 R, dokumentiert in juris und in SozR 4-8570 § 6 Nr. 4, entschieden. Es handelte sich bei JEP um einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV).
Die JEP diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war deshalb auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB-DDR) bestand ein "Anspruch" auf JEP, wenn
1. die Zahlung einer JEP für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag (im Folgenden: BKV) vereinbart war, 2. der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und 3. der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes war (vgl. Urteil des BSG vom 23. August 2007,aaO., juris Rdnr. 33 bis 36).
Die Feststellung von Entgelten, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hängt davon ab, dass der Empfänger damals die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (vgl. BSG a.a.O. Rn. 42). Der Kläger hat weder bewiesen, dass er als Empfänger von JEP die nach den Rechtsvorschriften der DDR notwendigen Voraussetzungen für die Zahlung einer Jahresendprämie in jedem einzelnen Jahr, für das er eine solche Prämie geltend macht, erfüllt hat, noch hat er bewiesen, in welcher Höhe ihm ein jeweils konkret bestimmter Betrag als Jahresendprämie in den streitbefangenen Jahren tatsächlich zugeflossen ist. Quittungen o.ä. konnte der Kläger nicht vorlegen, solche sind, wie dem Senat aus anderen Rechtsstreitigkeiten bzgl. von JEP bekannt ist, in aller Regel auch nicht ausgestellt worden. Unterlagen des Arbeitgebers über Zahlungen dieser Prämien sind nicht (mehr) vorhanden, auch die Anfragen bei der Firma R und der Firma V blieben diesbezüglich ergebnislos. Auch die Aussagen der vom Senat vernommenen Zeugen B, Fund M führen nicht zur Annahme eines Nachweises. Die Zeugen haben zwar übereinstimmend angegeben, dass dem Kläger in allen hier in Rede stehenden Jahren eine JEP jeweils gezahlt wurde, angesichts der seit den Zahlungen vergangenen Zeit und des langen Zeitraums, um den es hier geht, sowie der vielen Mitarbeiter des VEB Braunkohlenwerk Jugend ist aber nicht anzunehmen, dass sich die Zeugen an jede Ausnahme bzgl. JEP erinnern könnten, die sowohl den gesamten Betrieb betroffen haben könnte, als auch die Person des Klägers, dem möglicherweise aus nur in seiner Person liegenden Gründen in einzelnen Jahren keine JEP gezahlt wurde.
Allerdings sieht das Gesetz, wie sich aus § 6 Abs. 6 AAÜG ergibt, die Möglichkeit der Glaubhaftmachung weiterer Arbeitsentgelte aus JEP vor.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", d.h. es reicht aus, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 8. August 2001, Az. B 9 V 23/01 B, dokumentiert in juris und in SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Nach den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen spricht wesentlich mehr dafür als dagegen, dass dem Kläger tatsächlich in den Jahren 1971 bis 1973, 1976 und 1977 und 1980 bis 1986 jeweils eine JEP ausgezahlt wurde.
Der Betriebskollektivvertrag liegt nicht mehr vor. Glaubhaft gemacht ist jedoch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 AGB-DDR). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 AGB-DDR die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 12. Januar 1972 (GBl.-DDR II 1972, Nr. 5, S. 49; nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" vom 21. Mai 1973 (GBl.-DDR I 1973, Nr. 30, S. 293; nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973), mit der die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 angeordnet wurde, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34, S. 595; nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982). Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand, auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können (so für einen ähnlich gelagerten Fall das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts [LSG] vom 28. April 2015, Az. L 5 RS 286/14, juris Rdnr. 33).
Die zweite Voraussetzung für die Zahlung einer JEP gemäß § 117 Abs. 1 AGB-DDR, nämlich dass der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten, ist ebenfalls glaubhaft gemacht, und zwar dadurch, dass glaubhaft ist, dass die JEP gezahlt wurde. Es ergibt sich aus der Aussage der vom Senat vernommenen Zeugen, dass bei dem VEB Braunkohlenwerk Jugend auch in den genannten Jahren eine JEP jeweils für das Vorjahr gezahlt wurde. Wenn auch, wie oben erläutert, dies nicht zum Vollbeweis ausreicht, ist es jedoch überwiegend wahrscheinlich, dass die Angaben der Zeugen zutreffen und JEP regelmäßig gezahlt wurden. Dies ergibt sich zusätzlich aus den Aufzeichnungen aus den Dienstbüchern, die der Zeuge B vorgelegt hat sowie aus den SED-Parteibüchern des Herrn P und des Zeugen B. Dort ist zum Teil die JEP einzeln ausgewiesen, zum Teil ist jeweils im März oder April eines Jahres ein deutlich höherer Beitrag zur SED gezahlt worden, was darauf schließen lässt, dass das Entgelt auch wesentlich höher war. Es ist aus anderen Verfahren, z. B. auch aus dem oben zitierten Urteil vom 23. August 2007, bekannt, dass die JEP in der Regel im März oder April des Folgejahres ausgezahlt wurde, dies haben die Zeugen ebenfalls bestätigt.
Auch die dritte Voraussetzung, dass der Kläger während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes war, ist erfüllt. Er war seit dem 1. Januar 1969 bei dem genannten VEB beschäftigt, und zwar durchgehend bis zum 30. Juni 1990 (und darüber hinaus), wie sich aus dem Sozialversicherungsausweis (SVA) ergibt.
Auch aus der Tatsache, dass in den SED-Parteibüchern von Herrn Pund dem Zeugen B nicht in allen Jahren eine JEP einzeln ausgewiesen ist, ergibt sich nicht, dass diese nicht gezahlt wurde. Der Bundesschatzmeister der Partei "Die Linke" hat in seiner Auskunft vom 21. März 2014 angegeben, dass zwar nach der Richtlinie für die Beitragskassierung der SED, gültig ab 01. Juli 1986, Punkt 1.3., für ein- bzw. zweimal jährlich gewährte Einkommensteile, u.a. auch die JEP, die Beiträge jeweils getrennt zu berechnen waren. Dieser Nachweis erfolgte in den Beitragsquittungslisten der Partei. Dort waren die Beiträge für das regelmäßige Entgelt und die ein- bzw. zweimal jährlich gewährten Einkommensteile getrennt zu berechnen, nicht jedoch zwingend auch im Mitgliedsbuch. Er hat auch ausgeführt, dass in der Praxis beide Verfahrensweisen vorkamen, nämlich dass der Beitrag nach getrennter Berechnung als Summe in dem jeweiligen Monat im Mitgliedsbuch eingetragen wurde, aber auch, dass es Fälle der getrennten Eintragung gab, z. B. im Dezember unter der zwölften Zeile (wie auch zum Teil in den Mitgliedsbüchern von Herrn P und dem Zeugen B). Aus den Richtlinien über die Beitragsabführung der SED ergibt sich eine Verpflichtung zur Ausweisung der JEP bzw. anderer einmalig gezahlter Entgelte im Mitgliedsbuch nicht. Ein Hinweis darauf, dass ein solcher eigenständiger Ausweis nicht notwendig war, ist auch die Tatsache, dass auf den entsprechenden Seiten des Mitgliedsbuchs der SED ein Platz für die entsprechende Eintragung nicht vorgesehen ist. Wäre dies Vorschrift gewesen, so wäre zu erwarten gewesen, dass sich eine Rubrik für einmalige bzw. mehrmalige jährliche Einkommensbestandteile finden würde.
Zu dem Ergebnis, dass die Zahlung einer JEP aufgrund eines Mitgliedsbuchs der SED glaubhaft ist, kommt auch das LSG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 23. Januar 2014, Az. L 2 R 341/13, dokumentiert in juris.
Auch für das Jahr 1981 ist die Zahlung einer JEP überwiegend wahrscheinlich, obwohl für dieses Jahr in dem Mitgliedsbuch der SED des Herrn P eine JEP weder einzeln ausgewiesen ist noch sich für März oder April ein deutlich höherer Mitgliedsbeitrag ergibt. Die kann daran liegen, dass dem Herrn P in diesem Jahr aus persönlichen Gründen keine JEP gezahlt wurde. Aus den Aufzeichnungen des Zeugen B ergibt sich, dass auch in 1981 eine JEP gezahlt wurde, wenn auch die Höhe aus seinen Aufzeichnungen nicht hervorgeht.
Für das Jahr 1970 ist keine JEP zu berücksichtigen. Es ist zwar glaubhaft, dass der Kläger auch in diesem Jahr eine JEP erhalten hat, diese dürfte aber im März oder April ausgezahlt worden sein. Für diesen Zeitpunkt ist jedoch für den Kläger nicht die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt, sondern erst ab dem 1. Juli 1970, da er erst zu diesem Zeitpunkt mit dem Erwerb der Qualifikation als Ingenieurökonom die persönliche Voraussetzung für die Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem erfüllte. Der Senat stellt für die Möglichkeit der Berücksichtigung der JEP auf den Zufluss derselben zu einem Zeitpunkt, zu dem Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem bestand, ab. Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der Beklagten, so dass sich innerhalb der Gruppe der Zusatzversorgten keine Ungleichbehandlung ergibt.
Auch bzgl. der für die Jahre 1977 und 1978 geltend gemachten zusätzlichen Belohnungen ist die Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich dieser Belohnungen gibt es keine Aufzeichnungen oder sonstigen Nachweise. Auch aus den Zeugenaussagen bzw. -erklärungen kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Zahlung dieser Belohnungen nicht hergeleitet werden. Dermaßen marginale Beträge aus einer so weit zurückliegenden Zeit dürften kaum zu erinnern sein.
Für das Jahr 1990 ist ebenfalls keine JEP zu berücksichtigen, da laut den Aufzeichnungen von Herrn B hier ein 13. Monatsgehalt gezahlt werden sollte, also keine JEP. Sowohl das Mitgliedsbuch von Herrn P als auch des Zeugen Bweisen auch für das Jahr 1990 keine Zahlung einer JEP aus.
Bezüglich der Höhe der JEP orientiert sich der Senat an den Aufzeichnungen des Zeugen B. Für das Jahr 1980 ist keine Prozentzahl angegeben, hier geht der Senat von dem niedrigsten Wert der JEP in den anderen Jahren aus, nämlich 85,5 %, ebenso für das Jahr 1981.
Hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Bruttomonatsgehalts geht der Senat von den – insoweit von dem Kläger nicht in Frage gestellten – Feststellungen der Beklagten im Bescheid vom 23. Oktober 2001 aus, die der Bescheinigung der L(ohne Datum), der Rechtsnachfolgerin des VEB Braunkohlenwerk Jugend, entsprechen. Die mit Bescheid vom 24. März 2011 erfolgte Änderung im Hinblick auf die Feststellung zusätzlicher Bergmannsgelder hat außer Betracht zu bleiben, weil jene jährliche Zahlung nicht Bestandteil der Kalkulation der JEP war. Von den sich hieraus für die tenorierten Jahre ergebenden Beträgen ist nach § 6 Abs. 6 AAÜG ein Abzug in Höhe eines Sechstels vorzunehmen, da der Kläger den Zufluss und die Höhe der JEP nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht hat.
Es ergibt sich folgende Berechnung:
JEP-Anspruchsjahr Jahresarbeitsverdienst Monatsdurchschnittsverdienst JEP in Höhe der Glaubhaftmachung zu Grunde gelegt davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1970 11.010 M 917,50 M 100 % 917,50 M 764,58 M 1971 1971 11.820 M 985,00 M 102 % 1.004,70 M 837,25 M 1972 1972 12.144,72 M 1.012,06 M 99 % 1.001,94 M 834,95 M 1973 1975 14.684,50 M 1.223,71 M 106 % 1.297,13 M 1.080,94 M 1976 1976 15.226,80 M 1.268,90 M 104 % 1.319,66 M 1.099,71 M 1977 1979 13.857,68 M 1.154,81 M 85,5 % 987,36 M 822,80 M 1980 1980 16.651,57 M 1.387,63 M 85,5 % 1.186,42 M 988,69 M 1981 1981 17.628,35 M 1.469,03 M 86 % 1.263,37 M 1.052,80 1982 1982 16.557,72 M 1.379,81 M 86 % 1.186,64 M 988,86 M 1983 1983 18.046,80 M 1.503,90 M 86 % 1.293,35 M 1.077,80 M 1984 1984 18.046,80 M 1.503,90 M 85,5 % 1.285,83 M 1.071,53 M 1985 1985 17.577,24 M 1.464,77 M 85,5 % 1.252,38 M 1.043,65 M 1986
Die Beklagte hat den Bescheid vom 23. Oktober 2001 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2011 für die Zukunft, d.h. hier für die Zeit ab dem 1. August 2007, zurückzunehmen. Dahingestellt bleiben kann, ob als Beginn der "Zukunft" der Zeitpunkt anzunehmen ist, zu dem der Überprüfungsbescheid dem Kläger gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X als zugegangen gilt (hier der 6. November 2008) oder bereits ein früherer Zeitpunkt, z.B. der der Antragstellung auf Überprüfung. Denn in jedem Fall wäre das Ermessen der Beklagten, welches ihr im Rahmen der Rücknahme für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X zustünde, insoweit im Sinne eines Anspruchs auf Rücknahme ab dem Beginn des Antragsmonats reduziert. Es ist keine Ermessenserwägung erkennbar, welche sie einer Rücknahme entgegenhalten könnte. Mit dem Zugunstenantrag dokumentiert der Empfänger des Ausgangsbescheides, dass er eine rechtliche Überprüfung geltend machen will. Der weitere Verfahrensgang kann von ihm nicht beeinflusst werden. Es würde deshalb zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung führen, wenn die Behörde, die über den Antrag zu entscheiden hat, den Beginn des Rücknahmezeitraums, für den ihr Ermessen zusteht, durch ihr Verhalten festlegen könnte. Indem auf den Beginn des Antragsmonats abgestellt wird, wird auch einem allgemeinen Prinzip der gesetzlichen Rentenversicherung gefolgt (siehe insbesondere § 99 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -).
Für die Zeit vor dem 1. August 2007 gibt es dagegen keinen Anlass, von einer Ermessensreduzierung auszugehen. Insoweit konnte die Beklagte, die in den angefochtenen Bescheiden keinerlei Ermessen ausgeübt hat, deshalb nur zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die rechtlichen Probleme sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes geklärt, vorliegend handelt es sich lediglich um die Würdigung von Tatsachen.
Rechtskraft
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