L 17 U 287/16 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 U 126/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 287/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.04.2016 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 21.04.2016 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 23.393,44 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller (ASt) wendet sich gegen eine Forderung der Antragsgegnerin (Ag).

Er schloss mit der Ag am 11.12.1996 vor dem Landessozialgericht einen Vergleich, wonach er mit der Ag einig war, dieser ausgehend von deren Beitragsbescheid vom 05.08.1992 36.000 DM zu schulden. Er verpflichtete sich, die Schuld in Raten abzutragen. Bei Verzug mit mehr als zwei Raten lebe der Beitragsbescheid vom 05.08.1992 nebst allen Nebenkosten der Säumnis wieder auf. In dem Bescheid vom 05.08.1992 hatte die Ag für die Zeit vom 01.10.1991 bis 31.05.1992 Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten sowie Rückstände für die Zeit davor (ab 01.09.1988) einschl. Nebenkosten in Höhe von insgesamt 36.927,06 DM festgesetzt. Der ASt zahlte in der Folgezeit nach dem Vergleichsschluss nach eigenen Angaben hierauf 7.000 EUR. Am 03.02.2016 unternahm das Hauptzollamt E bei dem Kläger einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch wegen noch offener Beitragsforderungen zzgl. Säumniszuschlägen in Höhe von 23.393,44 EUR.

Der ASt hat bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am 05.02.2016 beantragt, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, einstweilen von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen bzw. die Vollstreckung einzustellen. Zur Begründung hat er angeführt, nur seine Bevollmächtigte habe den Baubetrieb S geführt. Der geforderte Betrag beruhe nur auf Schätzungen der Ag.

Nach Verweisung an das Sozialgericht Gelsenkirchen hat dieses mit Beschluss vom 15.04.2016, hinsichtlich eines Teils der Kostenentscheidung ergänzt durch Beschluss vom 21.04.2016, den Antrag abgelehnt, weil die Beitragsforderung nicht offensichtlich rechtswidrig sei. Die Kostenentscheidung "Kosten sind nicht zu erstatten" hat es auf § 193 SGG gestützt und zugleich einen Streitwert von 5.900 EUR festgesetzt. Mit Ergänzungsbeschluss - analog § 140 SGG, weil noch über die Gerichtskosten zu entscheiden sei - hat es sodann die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt.

Die am 28.04.2016 eingelegte Beschwerde begründet der ASt damit, er habe "an die Bauberufsgenossenschaft nichts zu bezahlen", er habe die Forderungen nicht zu vertreten.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Der Antrag ist unzulässig.

Der Antrag bedarf trotz vordergründig eindeutiger Formulierung - einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung - der Auslegung. Denn Tatsachen, die einer Vollstreckung der aufgrund des Vergleichs vom 11.12.1996 bestandskräftigen und vollstreckungsfähigen Forderung (§ 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG) durch die Ag entgegenstehen könnten, werden vom ASt überhaupt nicht vorgetragen. Ob Vollstreckungsrechtsschutz gegen die Vollstreckungsbehörde (hier das Hauptzollamt) oder aber gegen die die Vollstreckung anordnende Behörde (hier die Ag) gegeben ist, richtet sich nach der Art der erhobenen Einwendungen. Bei Einwendungen gegen die Art und Weise konkreter Vollstreckungshandlungen ist einstweiliger Rechtsschutz gegen die Vollstreckungsbehörde gegeben. Wenn dagegen der vermeintliche Vollstreckungsschuldner geltend macht, die die Vollstreckung anordnende Behörde sei schlechthin nicht berechtigt, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, so kann er eine derartige Einwendung gegen diese geltend machen. Dies gilt insbesondere, wenn geltend gemacht wird, es fehle an einem zu vollstreckenden Leistungsbescheid (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.10.2009, L 7 KA 34/09 B ER). Der ASt trägt aber nichts dergleichen vor. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Ag nicht berechtigt sein könnte, die Vollstreckung durchführen zu lassen.

Der Sache nach wendet sich der ASt vielmehr gar nicht gegen die Tatsache der Vollstreckung der gegen ihn geltend gemachten Forderung, sondern gegen die Forderung selbst, die er für unberechtigt hält. Dies ergibt sich daraus, dass er ausschließlich vorträgt, er habe "an die Bauberufsgenossenschaft nichts zu bezahlen", nur seine Bevollmächtigte habe den Baubetrieb S geführt, es handele sich auch nur um Schätzungen. Der demnach allein in Betracht kommende einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG setzt aber voraus, dass in der Hauptsache eine Anfechtungsklage oder ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X erhoben ist. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Forderung der Ag gegen den ASt steht bestandskräftig fest. Denn sie wurde mit Vergleich vom 11.12.1996 vom ASt anerkannt und nicht in der vereinbarten Weise beglichen, so dass entsprechend der getroffenen Vergleichsvereinbarung die Beitragsforderung gemäß Beitragsbescheid vom 05.08.1992 wieder aufgelebt ist und in dem von der Ag geltend gemachten Umfang weiterhin besteht. Die Forderung besteht ausweislich des Vergleiches und dem zugrundeliegenden Bescheid gegen den ASt persönlich, sie ist entgegen den Angaben der Bevollmächtigten des ASt nicht bezogen auf ein von dieser früher geleitetes Unternehmen. Ein Hauptsacheverfahren im oben beschriebenen Sinne ist nicht anhängig.

Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts war abzuändern. Sie folgt für beide Instanzen aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Das Rechtsmittelgericht überprüft die Kostenentscheidung der 1. Instanz von Amts wegen, es kann sie auch zum Nachteil des Rechtsmittelführers abändern (Bayer. LSG, Beschluss vom 07.01.2010, L 2 KN 22/06 P; OLG Jena, Urteil vom 27.03.2002, 4 U 663/01). Hier war die erstinstanzliche Kostenentscheidung schon deshalb zu berichtigen, weil sie zunächst allein auf § 193 SGG gestützt war, obwohl der ASt - wie das Sozialgericht richtig erkannt hat - nicht zu dem nach § 183 SGG privilegierten Personenkreis gehört und weil sie nach § 140 SGG hinsichtlich der Gerichtskosten ergänzt wurde, obwohl die ursprüngliche Kostenentscheidung nicht unvollständig war.

Der Streitwert bestimmt sich nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 GKG. Der Sache nach geht es darum, eine Forderung in Höhe von 23.393,44 EUR endgültig abzuwenden.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundesozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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