L 17 U 210/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 10 U 26/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 210/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 250/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.03.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im zugrundeliegenden Verfahren streiten die Beteiligten über die Frage, ob bei der Berechnung der Verletztenrente des Klägers eine von ihm bezogene knappschaftliche Rente in den zugrundezulegenden Jahresarbeitsverdienst (JAV) einzubeziehen ist.

Bei dem im Jahr 1938 geborenen Kläger stellte die Beklagte erstmalig mit Bescheid vom 15.05.1998 das Vorliegen der Voraussetzungen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4101 (Quarzstaublungenerkrankung - Silikose -) der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) fest. Ferner hieß es, einen rentenberechtigenden Grad erreiche die BK nicht. Mit weiterem Bescheid vom 26.01.2011 bewilligte die dem Kläger für die BK 4101 wegen der bei ihm bestehenden Quarzstaublungenerkrankung - Silikose- mit hierdurch bedingter Beeinträchtigung von Atmung und Kreislauf eine Teilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. für die Zeit ab 08.09.2010 mit einem Zahlbetrag von 589,72 EUR monatlich. Im Klageverfahren S 10 U 171/13 SG Aachen, das mit dem Abschluss eines Vergleichs endete, wurde die MDE dann ab 12.10.2007 mit 20 v.H. und ab 08.09.2010 mit 30 v.H. bewertet. Der Berechnung der Rente legte die Beklagte unter dem Vorbehalt einer späteren Korrektur einen JAV von 53.074,83 EUR zu Grunde. In den Erläuterungen zum JAV führte sie aus, für dessen Berechnung gelte der 31.07.1990, weil dies für den Kläger günstiger sei (§ 84 SGB VII). An diesem Tag hat der Kläger seine Untertagetätigkeit als Steiger letztmalig ausgeübt.

Im Folgenden forderte die Beklagte bei der Arbeitgeberin des Klägers, der S AG (S), Entgeltnachweise für den maßgeblichen Zeitraum 01.07.1989 bis 30.06.1990 an und setzte mit Bescheid vom 02.03.2011 den JAV endgültig auf 50.974,18 EUR fest. Auf dieser Grundlage errechnete sie für die BK 4101 eine monatliche Teilrente von 566,38 EUR.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 24.03.2011. Die "08 Rente" sei bei der Berechnung des JAV nicht berücksichtigt worden. Es handele sich hierbei um eine Rente der Knappschaft, die als Ersatz für entgangenes Arbeitsentgelt ab dem 50. Lebensjahr habe bezogen werden können. Hierfür hätten sich die Bergleute herabstufen lassen müssen, um diese Rente beziehen zu können. Voraussetzung sei eine Verdiensteinbuße von 12,5 % gewesen, die Rente habe diese Verdiensteinbuße ausgleichen sollen, d.h., sie sei als Einkommensersatz gedacht gewesen und habe damals monatlich 1400 DM betragen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der der Rentenberechnung zugrunde liegende JAV sei nicht zu korrigieren. Die 08 Rente sei nicht zu berücksichtigen da es sich um eine auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage erbrachte gesetzliche Leistung handele, die selbst auf vorangegangenen Arbeitsentgeltzahlungen beruhe, für die Subsumtion unter den Begriff des Arbeitsentgelts fehle jeglicher Ansatz.

Hiergegen richtet sich die am 02.02.2012 vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage, mit der der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens sein Begehren weiterverfolgt. Bei der Berechnung des JAV seien neben dem Einkommen des Versicherten auch alle weiteren Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen auch z.B. in anderen Unternehmen zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse, die der JAV widerspiegeln solle, würden durch den Gesamtverdienst aus allen Tätigkeiten geprägt. Dabei komme es weder darauf an, ob es sich um das Entgelt oder Einkommen aus einer versicherten oder unversicherten Tätigkeit, einer dauernden oder nur vorübergehenden Beschäftigung handele oder der Versicherungsfall mit der Zweitbeschäftigung in einem inneren Zusammenhang stehe. Aus diesem Grunde sei die 08 Rente als Einkommensersatz bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2012 zu verurteilen, bei der Berechnung der Rente von einem höheren JAV als in den angefochtenen Bescheiden auszugehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, für eine rechtswidrige Festsetzung des JAV ergäben sich keine Anhaltspunkte.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.03.2014 abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Berechnung des JAV seien die §§ 81 ff Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII). Der JAV sei nach § 82 Abs. 1 S. 1 der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV)) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) in den zwölf Monaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten sei. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die 08 Rente bei der Berechnung des JAV nicht zu berücksichtigen, da es sich hierbei nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV handele. Geregelt sei die Rente in § 45 SGB VI. Es handele sich hierbei um eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau und damit um eine auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage erbrachte gesetzliche Leistung. Demzufolge handele es sich nicht um eine Einnahme aus einer Beschäftigung im Sinne des § 14 SGB IV und daher auch nicht um Arbeitsentgelt. Der Sachverhalt sei insoweit vergleichbar mit der Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diesbezüglich habe das Bundessozialgericht ( BSG) in seinem Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 15/02 R - dargelegt, dass die Erwerbsminderungsrente aus der Rentenversicherung als Sozialleistung kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV darstelle, weil diese keine Gegenleistung für eine Arbeitstätigkeit sei. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 07.04.2014 zugestellt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 11.04.2014, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt er seinen erstinstanzlichen Vortrag, auf den der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt. An seinem ursprünglichen Begehren, die Höhe des JAV im maßgeblichen Zeitraum auch unter dem Gesichtspunkt des bezogenen Freibrandes und Weihnachtsgeldes zu überprüfen, hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nicht festgehalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.03.2014 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2012 zu verurteilen, bei der Berechnung seiner Verletztenrente einen im Zeitraum 01.07.1989 bis 30.06.1990 maßgeblichen Jahresarbeitsverdienst unter Einbeziehung seiner knappschaftlichen Rente zugrundezulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und nimmt daher für die Begründung ihres Antrags auf die dortigen Ausführungen Bezug.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts-und Verwaltungsakten sowie der Akte S 10 U 171/13 SG Aachen, die der Senat beigezogen und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist sowie auf den Vortrag der Beteiligten im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 02.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn er hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren JAV.

Streitgegenstand des Verfahrens ist allein dessen Festsetzung. Auch wenn die JAV- Feststellung im Bescheid nicht in Bindungswirkung erwächst, vielmehr nur als verwaltungsinterne Klärung eines Wertfaktors im Rahmen der Vorbereitung der Feststellung der Versichertenrente anzusehen ist und erst deren Feststellung Verwaltungsaktsqualität hat (vgl. Schudmann in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 81 Rn 3 und Bereiter-Hahn/Mehrtens, Kommentar zum SGB VII, Stand 01.09.2016, § 81 Rn 5), reduziert sich das Verfahren auf die Frage der Feststellung des JAV, da der Bescheid vom 02.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2012 nur unter diesem Gesichtspunkt angefochten worden ist und die übrigen Feststellungen damit in Bindungswirkung (§ 77 SGG) erwachsen sind (BSG, Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 15/02 R - Juris-Rn 23). Dabei streiten die Beteiligten allein noch über die Frage, ob unter Berücksichtigung der im maßgeblichen Zeitraum bezogenen knappschaftlichen Rente der Berechnung der Verletztenrente des Klägers ein höherer JAV als Berechnungsgrundlage zugrundezulegen ist. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit anderer Berechnungselemente sieht auch der Senat nach eigener Prüfung nicht.

Die Festsetzung des JAV richtet sich nach §§ 82 ff SGB VII. Nach § 82 SGB VII ist der JAV der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV wird Arbeitsentgelt definiert als alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Bei Berufskrankheiten gilt nach § 84 S. 1 SGB VII für die Berechnung des JAV als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 BKVO genannten Zeitpunktes (Beginn der Arbeitsunfähigkeit, der Behandlungsbedürftigkeit oder der rentenberechtigenden MDE). Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschriften für Kinder oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest-und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt (§ 87 S. 1 SGB VII).

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundlagen ist die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des JAV unter Nichtberücksichtigung der knappschaftlichen Rente des Klägers nicht zu beanstanden. Bereits aus der Begriffsdefinition in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB VII ergibt sich, dass eine Rente nicht die Voraussetzungen des Arbeitsentgeltes erfüllt. Unabhängig von der Frage, von welcher Alternative des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV man ausgeht, ist Voraussetzung für die Charakterisierung einer Einnahme als Arbeitsentgelt, dass sie eine Gegenleistung für die Arbeit im weitesten Sinne ist (BSG, aaO, juris-Rn 28), d.h., dass die Beschäftigung die Grundlage ist, aus der das Arbeitsentgelt herrührt und sich damit für die Beziehung von Einnahmen und Beschäftigung ein innerer Zusammenhang ergeben muss. Dieser ist dahingehend zu beschreiben, dass die Beschäftigung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass beim Arbeitnehmer die Einnahme entfiele (Werner in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 14 Rn 36). Hierher gehören demnach vor allem die Gegenleistungen des Arbeitgebers oder uU eines Dritten für eine konkret zu ermittelnde Arbeitsleistung des Beschäftigten (vgl. hierzu und zum Nachstehenden BSG, aaO, juris-Rn 28 mwN), aber auch solche Vergütungen, die wesentlich von dem Ziel mitbestimmt sind, dem Beschäftigten neben dem laufend gezahlten Arbeitsentgelt eine zusätzliche Vergütung für geleistete Arbeit zukommen zu lassen und zugleich einen Anreiz für weitere erfolgreiche Arbeit zu schaffen, wie etwa Gratifikationen, Gewinnbeteiligungen und sonstige Vorteile. Ebenso erfasst werden bestimmte Zahlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, denen ein Anspruch des Arbeitgebers auf eine Arbeitsleistung nicht gegenüber steht, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und das Urlaubsgeld. Schließlich sind auch Zahlungen Arbeitsentgelt, die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, soweit sie sich zeitlich der versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen lassen, dh auf die Zeit der Beschäftigung und der Versicherungspflicht entfallen.

Diese Voraussetzungen erfüllt eine Rente gerade nicht, da sie unabhängig von der Tätigkeit gezahlt wird und damit keine Gegenleistung für die Tätigkeit darstellt. Diese Bewertung steht im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt und wonach eine Rente eben nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs.1 S. 1 SGB IV zählt (aaO juris-Rn 28). Zur Begründung dafür führt das BSG aus, dass weder eine Erwerbsunfähigkeitsrente noch private Versicherungsleistungen das Äquivalent für eine Arbeitstätigkeit bildeten, da sie nicht im Hinblick auf die konkret zuzuordnende Tätigkeit gezahlt würden. Anhaltspunkte dafür, dass für bestimmte Rentenleistungen eine abweichende Beurteilung vorzunehmen ist, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.

Die in der genannten Entscheidung aufgeführten Aspekte im Zusammenhang mit der Charakterisierung von Rentenleistungen gelten auch im vorliegenden Fall. Die Argumentation des Klägers, seine knappschaftliche Rente, die er als " 08 Rente" bezeichnet, sei Einkommensersatz und deshalb als Arbeitsentgelt anzusehen, weil sie nur bei einem Einkommensverzicht von 12,5 % gezahlt worden sei, führt zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Zum einen würde dann jede Rente als Einkommen angesehen werden müssen, denn sie tritt in jeder Erwerbsbiographie letztendlich an die Stelle des nicht mehr erzielbaren Arbeitsentgeltes und ersetzt dieses als Einkommen, zum anderen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, dass die Frage des 12,5 prozentigen Einkommensverlustes lediglich eine Tatbestandsvoraussetzung ist für die Gewährung der Rente, die ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 3 SGB Sechstes Buch - gesetzliche Rentenversicherung - ( SGB VI) hat. Nach seinem eigenen Vortrag hat der Kläger die Rente mit Vollendung des 50. Lebensjahres bezogen. Aus der Vorschrift ergibt sich, dass der Anspruch auf Rente für Bergleute, wenn sie das 50. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1) weiter voraussetzt, dass sie eine wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht mehr ausüben können dürfen (Nr. 2). Im Zusammenhang mit der wirtschaftlich gleichwertigen Beschäftigung kommt es auf die Frage an, ob Verweisungstätigkeiten im Wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sind. Der Rentenanspruch hängt davon ab, dass die Differenz zwischen der tariflichen Einstufung des Hauptberufs und der tariflichen Einstufung der in Betracht gezogenen Verweisungsberufe mindestens etwa 12,5 % (Knau in Schlegel/ Voelzke, Juris-PK SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 45 Rn 64). Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen - neben dem weiter erforderlichen Erfüllen einer 25-jährigen Wartezeit (Nr. 3) - ergibt sich als Rechtsfolge der Anspruch auf Zahlung der Knappschaftsrente. Der Bezug der 08 Rente setzt damit gerade voraus, dass ein Weniger an Arbeitsentgelt erzielt wird. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG (aaO, juris-Rn 33) die Lebensstellung prägende Sozialleistungen, etwa auch Renten, für die Bestimmung des JAV nicht stets unbeachtlich, jedoch nur soweit sie durch den Eintritt des Versicherungsfalles wegfallen und etwa Hinterbliebenen des Versicherten nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung ergibt sich auch aus § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII. In der Vorschrift wird festgeschrieben, dass sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens richtet. Damit soll die MDE, die primär für die Höhe der Verletztenrente maßgeblich ist, ausgleichen, was durch die Minderung auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr erzielt werden kann. Von derartigen Minderungen bleibt die Rentenzahlung jedoch unberührt, denn sie wird auch bei Vorliegen einer durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit bedingten MdE ungekürzt weitergezahlt, hängt also nicht von der Erwerbsfähigkeit ab.

Bei der demnach von der Beklagten zutreffend vorgenommenen Berechnung des JAV ist die Höhe der dem Kläger gezahlten Verletztenrente auch nicht in erheblichem Maße unbillig iSd § 87 S. 1 SGB VI. Der Begriff "in erheblichem Maße unbillig" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Prüfung der Unfallversicherungsträger keinen Beurteilungsspielraum hat und der vom Gericht in vollem Umfang überprüfbar ist (BSG, aaO, juris-Rn 31). Er setzt voraus, dass bei der Feststellung des JAV eine Ausnahmesituation aufgrund außergewöhnlicher Umstände vorliegen muss, die dazu führt, dass der JAV, welcher dann Grundlage für die gesamte Laufzeit der Rente wäre, als zu hoch oder zu niedrig anzusehen ist. Ob es sich um eine erhebliche Unbilligkeit handelt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, u.a. insbesondere nach der Höhe der prozentualen Abweichung vom sonstigen Verdienstniveau. Eine starre Grenze hierfür gibt es nicht. In der Rechtsprechung sind Abweichungen als unbeachtlich angesehen worden, die sich im Rahmen bis zu 20 % bewegen (zum Ganzen vgl. Becker in Becker/Franke/Molkentin, Kommentar zum SGB VII, 4. Aufl. 2013 § 87 Rn 3-6 mwN). Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Der im angefochtenen Bescheid festgesetzte JAV beträgt 50.974,18 EUR. Die unberücksichtigt gebliebene Knappschaftsrente belief sich nach den Angaben des Klägers auf 1400 bzw. 1500 DM, umgerechnet also ca. 700-750 EUR, max. also 9000 EUR, so dass eine Differenz von 20 % nicht erreicht ist. Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine abweichende Bewertung erforderten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben. Die rechtliche Charakterisierung von Rentenleistungen im Zusammenhang mit der Berechnung des JAV ist durch die zitierte Entscheidung des BSG vom 18.03.2003 (a.a.O.) höchstrichterlich geklärt. Von dieser Rechtsprechung weicht der Senat mit der getroffenen Entscheidung nicht ab.
Rechtskraft
Aus
Saved