L 9 R 3386/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1843/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3386/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 25. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes die Förderung einer Umschulungsmaßnahme zur Arbeitserzieherin.

Die 1971 geborene Antragstellerin erlernte nach Besuch der Hauptschule und Fachschulausbildung von 1990 bis 1993 den Beruf der Floristin, in dem sie - unterbrochen durch Zeiten der Kindererziehung und der Arbeitslosigkeit - bis zum Jahre 2011 versicherungspflichtig beschäftigt war. Seitdem bezieht sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Einen im Jahr 2014 gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Antragsgegnerin ab.

Im Zeitraum vom 28.04.2016 bis 18.05.2016 wurde die Antragstellerin in der F. in St. B. - Fachklinik für Lymphologie und Ödemkrankheiten - wegen eines Lipo-Lymphödems beider Beine und Arme bei stark ausgeprägter Lipohypertrophie stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 18.05.2016 sind als weitere Diagnosen unter anderem ein Zustand nach Borderlinestörung, nach beidseitiger Hüftgelenksdysplasie und nach Cholezystektomie angegeben. Bei der Abschlussuntersuchung habe sich eine gute Entödematisierung der Arme und Beine beidseitig bei wesentlicher Besserung der ödembedingten Beschwerden gezeigt. Zuhause seien krankengymnastische Behandlungen weiterhin erforderlich. Vermieden werden sollte häufiges Bücken, Knien und Hocken, langes Stehen und Sitzen, das Ersteigen von Leitern und Gerüsten, das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg, die Einnahme von Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten unter extrem schwankenden Temperaturen oder mit erhöhter Unfallgefahr.

Am 20.06.2016 stellte die Antragstellerin bei der Bundesagentur für Arbeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die diesen mit Schreiben vom 27.06.2016 an die Antragsgegnerin wegen sachlicher Unzuständigkeit weiterleitete.

Die Antragstellerin teilte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11.07.2016 mit, dass sie in naher Zukunft eine Ausbildung/Umschulung anfangen dürfe. In den Jahren 2009 bis 2015 habe sie diverse Seminare zur Erziehungshilfe besucht.

Mit Bescheid vom 02.08.2016 lehnte diese den Antrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei.

Hiergegen legte die Antragstellerin am 09.08.2016 Widerspruch ein und führte hierzu aus, der Beruf der Floristin beinhalte Tätigkeiten wie tägliches Stehen und Laufen, Tragen von schweren Lasten (mit Wasser befüllte Vasen, Säcke mit Gewichten von 25 bis 40 kg, Balkonkästen, Trauerkränze), häufiges Bücken oder tägliches Schieben von schweren Pflanzenkübeln. Ferner wies sie darauf hin, dass sie die Zusage für einen Ausbildungsplatz als Arbeitserzieherin zum 01.09.2016 habe und den Ausbildungsvertrag diese Woche unterschreiben müsse. Sie arbeite bereits seit etwa 1,5 Jahren ehrenamtlich in diesem Bereich.

Am 15.08.2016 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und dargelegt, sie müsse den Vertrag unterschreiben, um ihren Schulplatz nicht zu verlieren. Die Ausbildung, die sie jetzt machen möchte, sei ihr nicht fremd, da sie in dem Bereich ehrenamtlich tätig gewesen sei. Außerdem hat sie die Kopie eines Schulausbildungsvertrages mit der Schule für Arbeitserziehung R. für die Zeit vom 14.09.2016 bis 13.09.2018 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 25.08.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, für die von der Antragstellerin begehrte Regelungsanordnung, die vorläufige Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer schulischen Ausbildung zur Arbeitserzieherin, fehle es bereits an einem Anordnungsanspruch. Zwar sei zumindest glaubhaft, dass die Antragstellerin bezogen auf ihren Beruf als Floristin in ihrer Erwerbsfähigkeit jedenfalls erheblich gefährdet sei. Im Ergebnis könne dies jedoch dahinstehen, da Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stets im pflichtgemäßen Ermessen des jeweiligen Leistungsträgers stünden und die Voraussetzungen für eine erforderliche Ermessensreduzierung auf Null nicht vorlägen. Es bestünden bereits Zweifel, ob die Antragstellerin den Anforderungen bereits der Ausbildung zur Arbeitserzieherin, zumindest aber dieser Tätigkeit, überhaupt gewachsen sei. Zum einen beinhalte die Tätigkeit eine Reihe von körperlich anstrengenden - auch handwerklichen - Tätigkeiten. Insoweit werde explizit auf die praktischen Ausbildungsinhalte der Schule für Arbeitserziehung R. verwiesen, die insbesondere auch die fachpraktische Ausbildung im Bereich Fertigungstechniken Holz sowie Metall umfasse, was online in der entsprechenden Broschüre der Einrichtung nachzulesen sei. Darüber hinaus handele es sich bei dieser Tätigkeit auch um eine in psychischer Hinsicht belastende Tätigkeit, da Arbeitserzieher in der Betreuung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in offenen und geschlossenen sozialpädagogischen Einrichtungen der Erziehung, Resozialisierung und Rehabilitation tätig seien. Hier sei jedoch von einer erheblichen und auch psychischen Belastung auszugehen. Da in den medizinischen Unterlagen von einer instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ mit rezidivierenden Depressionen die Rede sei, bestünden erhebliche Zweifel, ob eine entsprechende psychische Belastbarkeit der Antragstellerin für die Tätigkeit als Arbeitserzieherin gegeben sei.

Der Beschluss ist der Antragstellerin am 27.08.2016 zugestellt worden. Mit Faxschreiben vom 27.08.2016 und 31.08.2016 hat sich die Antragstellerin erneut an das SG gewandt, in denen sie unter anderem ausführte, dass sie den Beschluss des SG menschlich und sozial nicht nachvollziehen könne und es daher für sinnvoll halte, wenn der zuständige Richter den Mensch hinter dem Fall kennenlerne und das SG bat, den Beschluss noch einmal zu überdenken.

Mit Schreiben vom 02.09.2016 hat das SG die Antragstellerin um Mitteilung gebeten, ob ihre Schreiben als Beschwerde auszulegen seien, damit eine Weiterleitung an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erfolgen könne. Daraufhin hat die Antragstellerin am 05.09.2016 das SG telefonisch darum gebeten, das Verfahren an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg weiterzuleiten und mitgeteilt, sie werde die Beschwerde nicht schriftlich einreichen, sondern bestehe darauf, dass diese vom SG eingereicht werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2016 hat die Antragsgegnerin dem Widerspruch insoweit stattgegeben, als sie nunmehr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Form eines Vermittlungsbescheides für erforderlich gehalten hat. Im Übrigen werde dem Widerspruch nicht abgeholfen. Mit Bescheid vom 20.09.2016 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt und sich bereit erklärt, ihr einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten. Am 08.09.2016 hat das SG die Akten an das LSG Baden-Württemberg weitergeleitet. Mit Schreiben vom 12.09.2016 hat der Senat die Antragstellerin (erneut) um schriftliche Klarstellung bis 27.09.2016 gebeten, ob ihr Begehren mit Schreiben vom 27.08.2016 und 31.08.2016 als Beschwerde auszulegen sei. Mit Fax vom 19.09.2016 hat die Antragstellerin geantwortet, dass sie Beschwerde gegen den Beschluss des SG einlege.

Zur Begründung trägt sie vor, sie habe sich sehr lange auf die begehrte Ausbildung zur Arbeitserzieherin vorbereitet und erkundigt. Sie erfülle alle Kriterien für die Maßnahme, die dennoch abgelehnt worden sei. Das Jugendamt habe sie vor zwei Jahren darauf hingewiesen, so einen sozialen Beruf zu erlernen, da sie dafür Kompetenzen habe. Die Jugendeinrichtung "Rückenwind", die sie aufgrund ihres behinderten Sohnes seit 2009 kenne, sei auch der Meinung, dass der Beruf der Arbeitserzieherin für sie richtig sei. Außerdem sei sie von einer Psychologin in der Rehaklinik als gesund und vollkommen stabil eingeordnet worden. Sie sei seit Jahren psychisch gesund. Sie habe bereits einen Schulplatz und gute Chancen auf einen Arbeitsplatz nach der Ausbildung.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 25. August 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Förderung einer zweijährigen Ausbildung zur Arbeitserzieherin an der Schule für Arbeitserziehung R. zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie halte entsprechend des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2016 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines Vermittlungsbescheids für erforderlich. Der entsprechende Bescheid sei am 20.09.2016 erteilt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Antragstellerin die Beschwerde gemäß § 173 Satz 1 SGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht (SG) schriftlich eingelegt. Ob dies bereits durch die Faxschreiben vom 27.08.2016 oder 31.08.2016 erfolgt ist, kann offen bleiben, denn spätestens mit Fax vom 19.09.2016 - und somit noch innerhalb der bis 27.09.2016 laufenden Beschwerdefrist bei einer Bekanntgabe der Entscheidung des SG am 27.08.2016 - hat die Antragstellerin unter laufendem Aktenzeichen ausdrücklich und schriftlich Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 25.08.2016 eingelegt.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist dabei, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. der durch die Anordnung zu sichernde, in der Sache gegebene und im Hauptsacheverfahren geltend gemachte materielle Leistungsanspruch) als auch ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile und somit der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], stattgebender Kammerbeschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02 (juris)). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (BVerfG, a.a.O.).

Eine einstweilige Anordnung darf hingegen nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt dann vor, wenn eine begehrte Sachleistung aufgrund einer einstweiligen Anordnung erbracht wird und, für den Fall eines Unterliegens im anschließenden Hauptsacheverfahren, eine Rückabwicklung nicht oder nur eingeschränkt möglich ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 31). Das ist hier der Fall, da die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Bewilligung einer Sachleistung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, konkret bezogen auf eine Maßnahme, fordert. Das bedeutet allerdings nicht, dass einstweilige Anordnungen, die auf eine solche Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind, stets ausgeschlossen sind. Da der einstweilige Rechtsschutz als verfassungsrechtliche Notwendigkeit in jedem Verfahren gewährt werden muss, darf eine einstweilige Anordnung in solchen Fällen dann ausnahmsweise getroffen werden, wenn der Antragsteller eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirken kann. In diesem Fall ist allerdings ein strenger Maßstab an Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund anzulegen (Keller, a.a.O.).

Orientiert an diesen Vorgaben hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Dabei war das Begehren der Antragstellerin so auszulegen, dass sie im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes allein die Förderung der Umschulungsmaßnahme zur Arbeitserzieherin an der Schule für Arbeitserziehung R. begehrt, an der sie bereits seit September 2016 teilnimmt.

Indem die Bundesagentur für Arbeit den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben innerhalb einer Frist von zwei Wochen an die Antragsgegnerin weitergeleitet hat, ist diese gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3, Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zuständiger Reha-Träger geworden.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen zur Teilhabe haben nach Satz 2 der Regelung Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Weder die persönlichen (§ 10 Abs. 1 SGB VI) noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 Abs. 1 SGB VI) sind vorliegend streitig. Die Antragsgegnerin hat mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2016 und Bescheid vom 20.09.2016 der Antragstellerin Leistungen zur Teilhabe bewilligt, jedoch lediglich in Form eines Vermittlungsbescheides und nicht in Form der von der Antragstellerin begehrten Umschulung zur Arbeitserzieherin.

Einen Anspruch auf Förderung der begehrten Maßnahme hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Der Träger der Rentenversicherung bestimmt gemäß § 13 Abs. 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Nach § 16 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 SGB IX sowie im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen nach § 40 SGB IX. Gemäß § 33 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen zur Teilhabe umfassen u.a. die berufliche Weiterbildung (§ 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX) und die berufliche Ausbildung (§ 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX). Bei der Auswahl der Leistungen sind nach § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist der Antragsgegnerin mithin ein Ermessen eingeräumt. Macht die Antragstellerin – wie hier – einen Anspruch geltend, über den die Behörde nach Ermessen zu entscheiden hat, so kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel nur dann Erfolg haben, wenn ein Fall der sogenannten Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist, d.h. wenn das Ermessen nur in eine einzige Richtung ausgeübt werden kann, so dass jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (Keller, a.a.O., Rn. 30a).

Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist vorliegend nicht erkennbar.

Zwar ist zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass die in Rede stehende Maßnahme ihren Neigungen entspricht und sie sich in diesem Arbeitsbereich bereits seit einigen Jahren ehrenamtlich engagiert hat und an einigen an Eltern gerichtete Seminare in Erziehungsfragen teilgenommen hat. Allerdings handelt es sich bei der Neigung des Versicherten nur um einen Aspekt, der im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung zu berücksichtigen ist. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Ermessensentscheidung daneben noch weitere Kriterien zu berücksichtigen, wie beispielsweise die bisherige Tätigkeit des Versicherten, die Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sowie die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Zunächst hat die Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt, weshalb nur eine Umschulungsmaßnahme, die Zugang zu einem eigenen Berufsbild ermöglicht, in ihrem Fall in Betracht kommt und weshalb weniger qualifizierende Maßnahmen, wie die Teilnahme an berufsvorbereitenden praktischen Seminaren oder etwa der von der Antragsgegnerin bewilligte Vermittlungsgutschein nicht auch eine Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen könnten. Zudem hat die Antragstellerin bislang nicht nachgewiesen, dass das von ihr angestrebte Berufsbild tatsächlich ihren gesundheitlichen Fähigkeiten entspricht. Aus dem Entlassungsbericht der F. vom 18.05.2016 ist als Diagnose ein Zustand nach Borderline-Störung sowie anamnestisch eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren angegeben. Ferner ist ausgeführt, dass die Antragstellerin seit ihrem 22. Lebensjahr an Angst- und Panikattacken leide (oder gelitten habe), sie zweimal in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen sei und aufgrund der Borderline-Erkrankung über Jahre hinweg psychotherapeutische Behandlung erfahren habe. Angesichts der beruflichen Anforderungen des Internetauftritts der Bundesagentur für Arbeit ("https://berufenet.arbeitsagentur.de") ist zu dem Berufsbild der Arbeitserzieherin angegeben, dass Voraussetzung für die Ausübung unter anderem ein intaktes und belastbares Nervensystem ist, da die Vertreter dieser Berufsgruppe auch in angespannten Konfliktsituationen sicher und souverän aufzutreten haben. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die in der Vergangenheit auf psychiatrischem Fachgebiet vorgelegenen Gesundheitsstörungen vollständig ausgeheilt sind und auch keine entsprechende Disposition für ein weiteres Ausbrechen besteht. Die Antragstellerin trägt hierzu vor, eine Psychologin in der F. habe sie diesbezüglich als gesund und vollkommen stabil eingeordnet. Dies kann aber bei Unklarheit über ein Fortwirken zumindest der Grunderkrankung bzw. der entsprechenden Disposition nicht ohne die Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen angenommen werden. Zudem erfordert der Beruf des Arbeitserziehers auch den praktischen Einsatz in Werkstätten, um den Schülern den Umgang mit verschiedenen Werkzeugen und Maschinen zu demonstrieren. Insbesondere in den Bereichen Gartenbau und Landwirtschaft halten sie sich auch im Freien auf und sind dabei den unterschiedlichsten Witterungsverhältnissen ausgesetzt (im Einzelnen vgl. "https://berufenet.arbeits-agentur.de"). Ob der Antragstellerin, die nach den Angaben im Entlassungsbericht der F. gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, Lasten über 5 kg zu heben und zu tragen, Zwangshaltungen einzunehmen, längere Zeit zu stehen und zu sitzen sowie Tätigkeiten mit extrem schwankenden Temperaturen oder mit erhöhter Unfallgefahr zu vermeiden hat, die hierfür gesundheitlichen Voraussetzungen mit sich bringt, ist zweifelhaft. Insbesondere wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache und des deswegen anzuwendenden strengen Maßstabs sind hier Zweifel angebracht, die der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs entgegenstehen. Es gibt keine Anhaltspunkte hierfür, dass diese Kriterien im vorliegenden Fall hinter der Neigung der Antragstellerin zurückzutreten hätten.

Nicht zu entscheiden war, ob die Entscheidung der Antragsgegnerin auf einen Ermessensfehlgebrauch beruht. Denn dies hätte nur Auswirkungen auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren im Sinne einer Verpflichtung der Antragsgegnerin, erneut über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht jedoch auf das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem die Antragstellerin keinen diesbezüglichen Antrag gestellt hat, unabhängig von der Frage, ob ein solcher überhaupt statthaft wäre.

Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte für einen Anspruch der Antragstellerin auf Förderung der Maßnahme aufgrund anderer Leistungsgesetze ersichtlich, die von der Antragsgegnerin gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3, Satz 1 SGB IX ebenfalls zu prüfen sind. Insbesondere kommt wegen der subsidiären Zuständigkeit der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch kein Anspruch nach diesem Gesetz in Betracht.

Schließlich ist auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn es ist davon auszugehen, dass die Schule für Arbeitserziehung R. den Ausbildungsgang in regelmäßigen, wohl jährlichen Abständen anbietet, so dass keine Dringlichkeit für die Antragstellerin besteht, dieses Jahr mit der Umschulung zu beginnen. Daran ändert auch nicht die Tatsache, dass sie bereits eine Aufnahmezusage der Schule für das aktuelle Schuljahr hat, da ihre Bewerbung ohne Zusage eines Kostenträgers ihr eigenes Risiko darstellt. Auch ihre langjährige Arbeitslosigkeit begründet keine im Vergleich zu anderen Arbeitslosen bestehende verstärkte Dringlichkeit.

Mithin war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved