L 5 R 4167/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 764/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4167/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.08.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1969 in der T. geborene Klägerin hält sich seit dem 06.07.1986 in Deutschland auf. Sie war zuletzt mit Unterbrechung durch den Bezug von Krankengeld bzw. Übergangsgeld vom 20.01.2007 bis 30.09.2011 versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss daran bezog sie bis 30.09.2012 Arbeitslosengeld. Im Zeitraum vom 22.12.2009 bis 21.01.2010 nahm die Klägerin an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik H., Fachklinik für Innere Medizin und Rheumatische Erkrankungen, in B.-B. teil. Im Entlassbericht sind als Diagnosen ein Fibromyalgie-Syndrom, ein chronisches Syndrom der Halswirbelsäule bei Bandscheibenvorfall C5 bis 7, eine Adipositas und ein Nikotinabusus genannt. Die Klägerin sei trotz der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Lage, täglich 6 Stunden und mehr in einer Fünf-Tage-Woche als Mitarbeiterin in der Holzbearbeitung (Autoinneneinrichtung) und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein.

Nach zwei Operationen an den Bandscheiben der Halswirbelsäule im April 2010 und Juli 2011, beantragte die Klägerin im November 2011 erneut Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten. Die Beklagte veranlasste daraufhin die nervenärztliche und orthopädische Begutachtung der Klägerin. Dr. B., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, stellte in seinem Gutachten vom 22.02.2012 aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 06.02.2012 die nachfolgenden Diagnosen:

1. Z.n. zweimaligem zervikalem Bandscheibeneingriff (2010 sowie Juli 2011), jetzt ohne Anhalt für objektivierbare überdauernde, etwa radikuläre Ausfälle 2. V.a. unabhängig davon bestehendes latentes Carpaltunnelsyndrom rechtsbetont, 3. Herzphobisch gefärbte Panikattacken, 4. V.a. nicht unerhebliche psychogene Überlagerung der somatisch beklagten Beschwerden nach Art einer somatoformen Schmerzstörung.

Die Klägerin könne aus nervenärztlicher Sicht noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Auszuschließen seien Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, an unmittelbar gefährdenden Maschinen, in Nacht- oder Wechselschicht sowie unter ständigem Zeitdruck oder in ständiger nervöser Anspannung. Neuropsychiatrisch sei eine stationäre Reha-Maßnahme nicht zu befürworten.

Die Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Z. führte im Gutachten vom 05.03.2012 nach der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 06.02.2012 aus, dass bei der Klägerin nachfolgende Diagnosen zu berücksichtigen seien:

1. Leichte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei Z.n. zweimaliger Versteifung HW 5 - HW 7 in 2010 und 2011 bei Bandscheibenvorfällen ohne Wurzelreizsymptomatik 2. Syndrom der Brust- sowie Lendenwirbelsäule mit leichten Bewegungseinschränkungen bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbel 11/12 sowie 3. Herzphobisch gefärbte Panikattacken ohne überdauerndes Vermeidungsverhalten 4. V.a. nicht unerhebliche psychogene Überlagerung der somatisch beklagten Beschwerden nach Art einer somatoformen Schmerzstörung. 5. Latentes Carpaltunnelsyndrom, rechtsbetont ohne wesentliche Funktionseinschränkung.

Mit diesen Erkrankungen könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung überwiegend im Sitzen, Gehen und Stehen zumindest sechsstündig in Früh- und Spätschicht in einer Fünf-Tage-Woche verrichten. Auszuschließen seien Wirbelsäulenzwangshaltung sowie Überkopftätigkeiten als auch Tätigkeiten, die eine erhöhte Kraft der Arme und Hände erfordern würden. Auch häufiges Bücken und länger dauerndes Hocken sei nicht leidensgerecht. Das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sollte ebenfalls nicht zugemutet werden. Des Weiteren seien Tätigkeiten mit erhöhter psychischer Anspannung und höheren Anforderungen an die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit wie auch Tätigkeiten an unmittelbar gefährdenden Maschinen zu vermeiden. Die zuletzt angegebene Tätigkeit sei aufgrund der einseitigen Körperhaltung im ständigen Sitzen nicht mehr vollständig als leidensgerecht zu sehen und nur noch drei- bis unter sechsstündig ausführbar. Sie empfehle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Mit Bescheid vom 16.03.2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab. Mit weiterem Bescheid vom 16.03.2012 stellte sie der Klägerin Leistungen zur ErL.ung eines Arbeitsplatzes als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht. Gegen den ablehnenden Bescheid vom 16.03.2012 legte die Klägerin im Anschluss Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2012 zurückwies. Das hiergegen erhobene Klageverfahren blieb erfolglos (Sozialgericht Karlsruhe [SG] - S 15 R 2685/12 -; klagabweisendes Urteil vom 25.06.2013). Rechtsmittel wurden nicht eingelegt.

Am 08.08.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 22.02.2012 sowie das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Z. vom 05.03.2012 bei. Darüber hinaus berücksichtigte sie das am 13.03.2012 von Dr. R., Bundesagentur für Arbeit, erstellte Gutachten, wonach die Klägerin eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mit gelegentlichem Stehen sowie überwiegend im Sitzen und Gehen vollschichtig ausüben könne. Unter Berücksichtigung der darüber hinaus eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 25.10.2013 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 31.10.2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 als unbegründet zurück. Es lägen keine Anhaltspunkte für eine quantitative Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin vor.

Hiergegen richtete sich die am 03.03.2014 zum SG erhobene Klage. Zur Begründung wies die Klägerin insbesondere auf die Operationen an der Halswirbelsäule hin. Darüber hinaus sei eine Knieoperation im Jahr 2012 zu berücksichtigen. Trotz dieser Operationen sei keine Besserung ihres Gesundheitszustandes eingetreten. Unter zusätzlicher Berücksichtigung ihres Fibromyalgie-Syndroms, der Depression, der Panikattacken und der Sinusitis sei von einem aufgehobenen Leistungsbild auszugehen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG erhob Beweis durch Befragen der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Schmerztherapie Dr. W. teilte in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 28.04.2014 mit, dass eine zeitliche Leistungseinschätzung nicht erfolgen könne. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin würden im Übrigen mehrere Fachgebiete, in erster Linie den rheumatologischen Bereich bzw. das orthopädische Sachgebiet sowie das psychiatrische Fachgebiet, betreffen. Der Facharzt für Neurologie Dr. H. sah auf der Grundlage von am 21.01. und 28.02.2014 durchgeführten Untersuchungen in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 05.05.2014 die Leistungsfähigkeit der Klägerin als aufgehoben an. Die maßgeblichen Beschwerden lägen auf neurologischem, neurochirurgischem und orthopädischem Fachgebiet. Der Chirurg Dr. Sch. ging in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 30.07.2014 von einer Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zwischen 3 bis 6 Stunden aus. Das maßgebliche Fachgebiet liege auf unfallchirurgisch/orthopädischem Gebiet. Der Facharzt für Allgemeinmedizin R. gab schließlich in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 07.08.2014 an, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen. Das Hauptleiden liege im orthopädisch/chirurgischem Bereich. Die mittlerweile hinzugetretenen psychischen Leiden seien nicht primär, sondern sekundär auf der Grundlage der Ersterkrankung zu sehen.

Das SG beauftragte daraufhin den Facharzt für Orthopädie Dr. M. mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser stellte in seinem fachärztlichen Gutachten vom 26.11.2014 aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 25.11.2014 nachfolgende Diagnosen:

Auf orthopädischem Fachgebiet:

1. Funktionsstörung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung C 5 bis C 7, derzeit ohne Hinweis auf Wurzelkompressions-Symptomatik. 2. Subjektive Beschwerden der Lendenwirbelsäule bei freier Funktion ohne Wurzelreiz bei computertomographischem Nachweis eines Bandscheibenvorfalls D 12/L 1 (30.01.2012).

Auf nichtorthopädischem Gebiet:

1. Orthopädisch/organisch nicht begründbarer Ganzkörperschmerz im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms 2. Mittelnerven-Engpass-Syndrom beiderseits (Karpaltunnel-Syndrom).

Der Klägerin sei eine Arbeitszeit im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche in Höhe von 8 Stunden pro Tag unter qualitativen Einschränkungen zumutbar.

Das SG veranlasste darüber hinaus die nervenärztliche Begutachtung der Klägerin durch Dr. N ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 03.05.2015 aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 27.04.2015 die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nach zweimaliger HWS-Operation 2010 und 2011.

Nach seiner Einschätzung sei die Klägerin unter qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, 8 Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche tätig zu sein.

Mit Urteil vom 26.08.2015 wies das SG die Klage ab. Zwar leide die Klägerin an einer Funktionsstörung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung, an subjektiven Beschwerden der Lendenwirbelsäule sowie einem orthopädisch-organisch nicht begründbaren Ganzkörperschmerz im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms, an einem Karpaltunnel-Syndrom sowie einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Diese Gesundheitsstörungen rechtfertigten aber nicht die Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Kammer schließe sich insoweit der Leistungsbeurteilung der Gutachter Dr. M. und Dr. N. an. Aufgrund der überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen in ihren Gutachten könne der Einschätzung der behandelnden Ärzte der Klägerin nicht gefolgt werden.

Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 02.09.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 02.10.2015 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung der Klägerin. Zur Begründung ist lediglich vorgetragen worden, dass ihre schwerwiegenden Erkrankungen mittlerweile bekannt sein dürften. Die Klägerin hat die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. A. beantragt.

Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.08.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2014 aufzuheben und der Klägerin ab 01.08.2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat den Facharzt für Chirurgie Dr. A. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 31.05.2016 stellt Dr. A. nach der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 27.05.2016 nachfolgende Diagnosen:

Generalisierte Fibromyalgie bei mehreren Lokalisationen. Chronische Schmerzstörung mit vorwiegend somatischen und ergänzenden psychischen Faktoren.

Die Klägerin könne allenfalls noch leichte Tätigkeiten durchführen. Aufgrund der Schmerzerkrankung bei Fibromyalgie unter Reduktion des gesamtstatischen und dynamischen Systems im Haltungs- und Bewegungsapparats sei die Klägerin allenfalls noch in der Lage, unter dreistündig tätig zu sein. Aus den chronologisch vorgetragenen Einschränkungen lasse sich ein wettbewerbsfähiges Leistungsprofil im Übrigen nicht mehr abgrenzen.

In ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 27.06.2016 hat die Fachärztin für Chirurgie Dr. L. Einwände gegen das Gutachtens des Dr. A. erhoben. Bezüglich der Schmerzen sei keine strukturierte Anamnese nach Lokalisation und Typisierung erfolgt. Auch fehlten im Anamneseteil zunächst die Angaben zur Therapie. Diese würde erst nach der Beurteilung der wohl vorgelegten Tomographiebilder nachgeholt. Auch der körperliche Untersuchungsbefund werde nicht im Sinne einer neutralen Befunderhebung wiedergegeben, sondern mit Beurteilungen vermischt. Darüber hinaus gehe der Gutachter von einem typischen Bewegungsablauf bei angeblicher weichteilrheumatischer Ausrichtung aus, obwohl eine solcher in der Medizin nicht existiere. Im Übrigen würden zwar in dem nunmehr vorliegenden Gutachten erstmalig endgradige Funktionseinschränkung der Extremitäten-Gelenke dargelegt. Medizinische Ausführungen hierzu fehlten jedoch. Auch die erstmals im Fließtext angegebene groteske Verformung der Kniegelenke, die aus den Kopien der Fotos im Übrigen nicht erkennbar sei, sei nicht näher erläutert. Soweit der Gutachter eine fehlende Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild der Fibromyalgie in den Vorgutachten rüge, sei dies ebenfalls nicht nachvollziehbar. Sowohl Dr. M. als auch Dr. N. hätten sich im Rahmen ihrer Begutachtung mit diesem Krankheitsbild auseinandergesetzt. Soweit der Gutachter schließlich die in den Vorgutachten festgestellte freie Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule bemängele, sei auch dies nicht nachvollziehbar. Weder im Rahmen des chirurgischen Gutachtens 2012 noch des orthopädischen Gutachtens 2014 seien wesentliche Beeinträchtigungen festgestellt worden. Auch der nervenärztliche Gutachter, der im Rahmen der neurologischen Befunderhebung 2015 die Wirbelsäule untersucht habe, habe keine wesentliche Funktionseinschränkung oder besondere Schmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule feststellen können, bei ähnlichem Fingerbodenabstand wie bei den Vorgutachten. Da sich aus den medizinischen Unterlagen und den Ausführungen des Gutachters auch nicht ergebe, dass es zu einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation gekommen sei, seien nicht die Bewegungsmaße der Vorgutachter kritisch zu hinterfragen, sondern die von Dr. A. erhobenen Werte.

Die Beteiligten sind von dem Berichterstatter mit Schreiben vom 21.09.2016 darauf hingewiesen worden, dass der Senat die Berufung gegen den § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, auf die Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des SG in den Verfahren S 16 R 2685/12 und S 17 R 764/14 sowie auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten gehört. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat im Schreiben vom 22.09.2016 sein Einverständnis mit der beabsichtigten Verfahrensweise erklärt.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Recht abgelehnt.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll- bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeinen Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Davon ausgehend steht der Klägerin keine Erwerbsminderungsrente zu. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert. Sie ist nach wie vor in der Lage, zumindest leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem täglichen zeitlichen Umfang von 6 Stunden und mehr in einer Fünf-Tage-Woche nachzugehen.

Der Senat folgt der Leistungseinschätzung der im Klageverfahren beauftragten Gutachter Dr. M. und Dr. N ... Hiernach leidet die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet an einer Funktionsstörung der Halswirbelsäule nach operativer Versteifung C 5 bis C 7 ohne Hinweis auf eine Wurzelkompressionssymptomatik und unter subjektiven Beschwerden der Lendenwirbelsäule bei freier Funktion ohne Wurzelreiz bei computertomographischem Nachweis eines Bandscheibenvorfalls D 12/L 1 (am 30.01.2012). Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist unter Berücksichtigung der Spondylodese C 5 bis C 7 nur geringfügig eingeschränkt. So gelingt die Rotation nach allen Richtungen um 60 Grad, die Seitneigung ist frei, das Vorneigen und Rückneigen mit 50-0-40 Grad geringfügig eingeschränkt. Bei maximal möglicher Rotation der Halswirbelsäule unter gleichzeitiger Rückbeuge kommt es auch unter Beibehaltung der Provokationshaltung zu keinem Auftreten von Ausstrahlungsschmerzen in die Arme oder zu Kribbelparästhesien der Finger, so dass der Spurling-Test negativ ist. Auch die Lendenwirbelsäule ist frei beweglich. Bei der Rumpfbeuge ist ein Fingerspitzen-Boden-Abstand von nahezu null cm erreichbar, die Entfaltbarkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule ist altersüblich. Manualmedizinisch sind lokale Funktionsstörungen der einzelnen Segmente nicht nachweisbar. Hieraus leitet der Gutachter Dr. M. nahvollziehbar und schlüssig ab, dass die Klägerin schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit dem Heben und Tragen von Lasten über 5 kg nicht mehr zumutbar leisten kann. Auch gleichförmige Körperhaltungen, insbesondere stereotypische Bewegungsabläufe der Nacken-Schulter-Region sind nicht mehr leidensgerecht. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen ist es der Klägerin jedoch nach wie vor möglich, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich 6 Stunden und mehr in einer Fünf-Tage-Woche zu erbringen.

Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aufgrund der Erkrankungen auf nervenärztlichem Sachgebiet. Insoweit hat Dr. N. eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nach zweimaliger HWS-Operation 2010 und 2011 festgestellt. Im Vordergrund des aktuellen Störungsbildes steht dabei ein Ganzkörperschmerz mit Schmerzprojektion in den Kopf -, des Wirbel- und Extremitäten-Bereichs. Allerdings ist hierbei in Übereinstimmung mit der Untersuchung durch Dr. M. keine sensible oder motorische Funktionsstörung und auch kein radikuläres Reizsymptom nachweisbar. Unter Berücksichtigung des fachorthopädischen Gutachtens von Dr. M. ist daher in Übereinstimmung mit Dr. N., schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg sowie dauerndes Stehen und Gehen nicht möglich. Auch Körperhaltungen mit Zwangshaltung im HWS - und LWS-Bereich sind ebenso wenig zumutbar, wie Arbeiten mit häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Kälte und Nässe. Des weiteren sind Tätigkeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung, wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung nicht zumutbar. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen ist die Klägerin jedoch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich 6 Stunden und mehr in einer Fünf-Tage-Woche zu erbringen.

Auch in Zusammenschau der Erkrankungen der Klägerin ist keine quantitative Leistungseinschränkung gegeben. Sowohl der Gutachter Dr. M. als auch Dr. N. haben bei ihrer Begutachtung die orthopädischen und nervenärztlichen Beschwerden der Klägerin wechselseitig berücksichtigt. In Übereinstimmung mit der gesamtheitlichen Betrachtungsweise aus dem Reha-Verfahren aus dem Jahr 2009/2010 und den durchgeführten Begutachtungen im Verwaltungsverfahren zur Erlangung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2012 begründen diese Erkrankungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet auch in einer Gesamtschau keine qualitativen Leistungseinschränkungen. Bestätigt wird diese Einschätzung auch durch das Gutachten des Dr. R. vom 13.03.2012.

Soweit Dr. A. in seinem Gutachten von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgeht, vermochte sich der Senat dieser Leistungseinschätzung nicht anzuschließen. Zutreffend hat Dr. L. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 27.06.2016 gravierende Mängel im Rahmen der Begutachtung moniert. So hat der Gutachter im Wesentlichen eine generalisierte Fibromyalgie bei mehreren Lokalisationen sowie eine chronische Schmerzstörung mit vorwiegend somatischen und wesentlichen psychischen Faktoren diagnostiziert. Weitere Diagnosen finden sich bei der Beantwortung der entsprechenden Beweisfrage nicht. Gleichzeitig wurde bezüglich der Schmerzen weder nach Lokalisation noch Typisierung eine strukturierte Anamnese erhoben. Auch eine neutrale Befunderhebung im Rahmen des körperlichen Untersuchungsbefundes erfolgte nicht. Nicht nachvollziehbar ist für den Senat auch die Aussage des Gutachters, dass sich die Klägerin nur unter Hilfestellung der Dolmetscherin habe entkleiden können, obwohl nur endgradige Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt wurden. Auch der schmerzhaft gebundene Bewegungsablauf bei weichteilrheumatischer Ausrichtung ist für den Senat vor dem Hintergrund der nur endgradig eingeschränkten Beweglichkeit der Gelenke nicht nachvollziehbar. Zutreffend hat Dr. L. auch darauf hingewiesen, dass selbst diese endgradigen Funktionseinschränkungen im Hinblick auf die im Klageverfahren durchgeführten Gutachten fraglich erscheinen. Sowohl im Rahmen des Gutachtens von Dr. M. als auch bei der Begutachtung von Dr. N. war keine entsprechenden Funktionsbeeinträchtigungen feststellbar. Auch eine Verschlechterung wird von Dr. A. nicht postuliert. Die lediglich pauschale Aussage von Dr. A., wonach die Befunderhebung im Klageverfahren in Hinblick auf die von ihm erhobenen Befunde kritisch zu hinterfragen sei, kann den dargestellten Widerspruch nicht erklären. Dies gilt umso mehr, als Dr. A. als Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sozialmedizin auf orthopädischem Fachgebiet selbst keine Diagnosen stellt. Nicht nachvollziehbar sind im Übrigen auch seine Ausführungen hinsichtlich einer Erkrankung der Kniegelenke der Klägerin. Hinweise auf die von ihm angenommene groteske Verformung des Kniegelenks finden sich nicht in den Unterlagen und insbesondere auch nicht in dem mitübersandten Bildmaterial. Nochmals ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch hinsichtlich der angegebenen Verformung keine Diagnose gestellt wird. Unzutreffend bemängelt schließlich Dr. A. die fehlende Auseinandersetzung der Vorgutachten mit dem Krankheitsbild der Fibromyalgie. Sowohl das Gutachten von Dr. M. als auch das Gutachten von Dr. N. setzen sich mit diesem Krankheitsbild auseinander. Auch hierauf hat Dr. L. in der Stellungnahme zutreffend hingewiesen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass maßgeblich nicht eine Diagnose ist, sondern die aus der Erkrankung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen.

Eine quantitative Leistungsminderung ergibt sich zur Überzeugung des Senats im Übrigen auch nicht aus den sachverständigen Zeugenauskünften der behandelnden Ärzte. Diese lassen bereits eine Unterscheidung zwischen quantitativer und qualitativer Leistungseinschätzung vermissen. Die genannten Ärzte haben im Übrigen auch keine Befunde mitgeteilt, die eine quantitative Einschränkung ergeben würden. Insbesondere ist durch die gerichtlichen Sachverständigengutachten geklärt, dass die Erkrankungen der Klägerin keine derart gravierende Auswirkung haben. Die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte ist damit widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st. Rspr. des Senats (vgl. Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen.

Aus den medizinischen Unterlagen ergibt sich ein klares und eindeutiges Bild der (lediglich qualitativen) Leistungseinschränkungen. Bei einer Gesamtbetrachtung sind dauerhafte gravierende Leistungseinschränkungen damit nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben waren, bestehen nicht. Ein Großteil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG, Urteil vom 30.11.1983, - 5 ARKn 28/82 - ; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, - GS 2/95 -; siehe auch BSG, Urteil vom 05.10.2005, - B 5 RJ 6/05 R - , alle in juris). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin leidensgerecht unzumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich oder mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass die Klägerin vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1969 und damit nach dem Stichtag geboren.

Es war daher wie tenoriert zu entscheiden, wobei sich die Kostenfolge aus § 193 SGG ergibt.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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