L 13 R 4716/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 800/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4716/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ab August 2011 eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen zusteht. Die 1951 geborene Klägerin, bei der seit dem 24. Juni 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt ist, war bei der Körperbehindertenförderung xxx e.V. beschäftigt. Sie beantragte am 20. Dezember 2006 bei ihrem Arbeitgeber die Bewilligung von Altersteilzeit. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber wurde durch Vergleich vom 6. Februar 2007 geregelt, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2007 bis 31. Juli 2011 in Altersteilzeit fortgeführt wird. In Ausführung dieses Vergleichs schloss die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber am 25. Juli 2007 einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 14. Februar 1991 ab, welcher die Vereinbarung von Altersteilzeit ab dem 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2011 zum Gegenstand hatte. Am 29. März 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Bescheid vom 14. Juli 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 1. August 2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von monatlich 1.178,98 EUR und nahm dabei wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente einen Abschlag von 10,8 % vor. Am 28. September 2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Rentenbescheids vom 14. Juli 2011 und führte im Wesentlichen aus, sie beziehe seit dem 1. August 2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Abschlag von 10, 8 %. Bei einer telefonischen Beratung habe ihr die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H., mitgeteilt, sie könne bereits ab 60 Jahren die Altersrente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei beziehen, sofern der Nachweis des Altersteilzeitvertrages vor dem 1. Januar 2007 eingereicht werde. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2012 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 14. Juli 2011 ab und führte zur Begründung aus, sie habe bei Erlass des Bescheids weder das Recht unrichtig angewandt, noch sei sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Die Vertrauensschutzregelungen bezüglich der Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen seien aufgrund des Geburtsdatums der Klägerin nicht anwendbar. Ein abschlagsfreier Rentenbezug wäre für die Klägerin erst ab dem 1. August 2014 möglich gewesen. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, sie könne nicht nachvollziehen, weshalb ausgerechnet der Jahrgang 1951 von den Vertrauensschutzregelungen ausgeschlossen sei. Auch sei ihr im Zuge von Beratungen stets mitgeteilt worden, sie könne aufgrund ihrer Behinderung mit 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente sei zwingend mit einer Rentenminderung verbunden. Ferner werde die Klägerin aufgrund ihres Geburtsjahrgangs nicht von den Vertrauensschutzregelungen des § 236a SGB VI erfasst. Dagegen hat die Klägerin am 18. März 2013 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Mit Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 14. Juli 2011 durch die Beklagte zu, da diese weder das Recht unrichtig angewandt noch einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Die Voraussetzungen des § 236a Abs. 1 Abs. 2 S. 1 SGB VI seien unstreitig gegeben. Da die am 17. Juli 1951 geborene Klägerin im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1. August 2011 erst 60 Jahre alt gewesen sei, habe die beantragte Altersrente für schwerbehinderte Menschen nicht ohne einen Abschlag gewährt werden können. Eine abschlagsfreie Altersrente wäre nach § 236a Abs.1, Abs. 2 S. 1 SGB VI erst ab dem 1. August 2014 möglich gewesen. Auch aus den in § 236a Abs. 2 S. 2, Abs. 2 S. 3. Abs. 3 SGB VI normierten Vertrauensschutzregelungen ergebe sich keine abschlagsfreie Altersrente der Klägerin. Gemäß § 236a Abs. 2 S. 2 SGB VI würden für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren seien, die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme entsprechend angehoben. Diese Vorschrift enthalte eine Vertrauensschutzregelung für Versicherte, die von Januar 1952 bis Dezember 1963 geboren seien. Da die Klägerin am 17. Juli 1951, und damit vor dem 1. Januar 1952 geboren sei, sei diese Regelung nicht anwendbar. Nach § 236a Abs. 2 S. 3 SGB VI würden für Versicherte, die 1. am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt gewesen seien und 2.) entweder a) vor dem 1. Januar 1955 geboren seien und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTzG vereinbart hätten oder b) Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen hätten, die Altersgrenzen nicht angehoben. Diese Vertrauensschutzregelung beziehe sich auf Versicherte, die vor dem 1. Januar 1955 geboren seien und bis zum 31. Dezember 2006 eine Vereinbarung über Altersteilzeit getroffen hätten. In Umsetzung des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 6. Februar 2007 sei die Altersteilzeitvereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber am 25. Juli 2007, und damit nicht bis zum 31. Dezember 2006, geschlossen worden. Dies habe zur Folge, dass § 236a Abs. 2 S. 3 SGB VI nicht anwendbar sei. Gemäß § 236a Abs. 3 SGB VI hätten Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren seien, unter den Voraussetzungen des § 236a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind. Die Anwendung dieser Vertrauensschutzvorschrift komme bereits deshalb nicht in Betracht, da die Klägerin am 17. Juli 1951 und folglich nicht vor dem 1. Januar 1951 geboren sei. Ein Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente wegen Schwerbehinderung folge auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Es seien keine Anhaltspunkte für einen konkreten Beratungsfehler der Beklagten ersichtlich. Gegen den ihr am 12. Oktober 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. Oktober 2013 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat zur Begründung vorgebracht, sie könne nicht verstehen, warum die Vertrauensschutzregelung für ihren Jahrgang nicht gültig sei. Es sei auch ein ausdrücklicher Beratungsfehler seitens der Beklagten gegeben. Im telefonischen Gespräch sei ihr konkret mitgeteilt worden, dass sie aufgrund ihrer Behinderung abschlagsfrei mit 60 Jahren in Rente gehen könne. Der Name der Beraterin (Frau H.) sei ihr erst durch das Urteil bekannt geworden. Damit ergebe sich eindeutig, dass ein Gespräch mit der Beklagten stattgefunden habe und hierüber auch eine entsprechende Aktennotiz gefertigt worden sei. Ein Anspruch auf Gewährung abschlagsfreier Rente ergebe sich daher aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Darüber hinaus sei es auch verfassungswidrig, dass der Jahrgang 1951 im Regelungszusammenhang der §§ 236, 236a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) herausgenommen worden sei. Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2013 und Rücknahme des Bescheids vom 14. Juli 2011 ab dem 1. August 2011 ungekürzte Altersrente für schwerbehinderte Menschen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hat sich zuletzt darauf bezogen, dass die Klägerin von der Anhebung der Altersgrenze gemäß § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI gar nicht betroffen sei, da die dort geregelte Anhebung der Altersgrenze nur für Versicherte gelte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren seien. Aus diesem Grund könnten auch die entsprechenden Vertrauensschutzregelungen (§ 236a Abs. 2 Satz 3 SGB VI) nicht greifen. Die Möglichkeit, abschlagsfrei mit 60 Jahren in Rente zu gehen, ergebe sich lediglich gemäß § 236a Abs. 4 SGB VI. Ein Beratungsfehler der Beklagten sei nicht erkennbar. Der Senat hat im Erörterungstermin am 30. Juli 2015 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. H. O. (bis 31. August 2008 Geschäftsführerin des Arbeitgebers der Klägerin) und T. S. (Geschäftsführer des Arbeitgebers der Klägerin). Bezüglich der Aussagen der Zeugen wird auf Bl. 107 - 116 der Senatsakten Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 14. Juli 2011 und Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. August 2011. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheids vom 14. Juli 2011 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Sie hat der Klägerin zutreffend und rechtsfehlerfrei auf deren Antrag vom 29. März 2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. August 2011 bewilligt, insbesondere in nicht zu beanstandender Höhe. Nach § 37 Satz 1 SGB VI (in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 [RVAltGrAnpG]) haben Versicherte Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1), bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IX) anerkannt sind (Nr. 2) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (Nr. 3). Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich (§ 37 Satz 2 SGB VI). Nach der Übergangsregelung des § 236a Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 58 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (RVAltGrAnpG) haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1), bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt sind (Nr. 2) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (Nr. 3). Nach § 236a Abs. 1 Satz 2 SGB VI ist die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Versicherte, die - wie die Klägerin - vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich (§ 236a Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme demgegenüber nach Maßgabe der Tabelle des § 236a Abs. 2 angehoben (§ 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Für Versicherte, die am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt waren und vor dem 1. Januar 1955 geboren sind sowie vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitarbeitsgesetzes (AltTZG) vereinbart haben, werden die Altersgrenzen (vgl. § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI) gemäß § 236a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 Buchst. a) SGB VI nicht angehoben. Gemäß § 236a Abs. 4 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 SGB IX), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie 1. das 60. Lebensjahr vollendet haben und 2. bei Beginn der Altersrente a) als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt oder b) berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und 3. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die Klägerin erfüllte ab August 2011 die Voraussetzungen für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI. Sie hat am 17. Juli 2011 und damit vor dem 1. Januar 1952 das 60. Lebensjahr vollendet, war zu diesem Zeitpunkt (ab 24. Juni 2014) als schwerbehinderter Mensch gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt und hatte die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Daher war für sie die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 SGB VI ohne weitere Voraussetzungen möglich; eine Anhebung der Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme gemäß § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI findet nicht statt. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, wann die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber Altersteilzeitarbeit vereinbart hat. Denn die Regelung des § 236a Abs. 2 Satz 3 SGB VI, die u.a. voraussetzt, dass vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit vereinbart wurde, sieht lediglich vor, dass bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen keine Anhebung der Altersgrenze nach Maßgabe des § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfolgt und hat daher im Fall der Klägerin keine Bedeutung, da bei ihr schon kraft Gesetzes keine Anhebung der Altersgrenze stattfindet. Ein Anspruch der Klägerin auf eine höhere (abschlagsfreie) Altersrente besteht jedoch nicht. Da die Klägerin die Altersrente für schwerbehinderte Menschen vorzeitig - die Altersgrenze betrug für sie gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 SGB VI 63 Jahre - bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahrs ab August 2011, mithin 36 Monate früher in Anspruch genommen hat, ergibt sich unter Zugrundelegung der Regelung des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) SGB VI die von der Beklagten berücksichtigte Verminderung des Zugangsfaktors von 0,108 (36 x 0,003), also der verminderte Zugangsfaktor von 0,892 für die der Berechnung der Rente zugrundeliegenden persönlichen Entgeltpunkte. Denn nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) SGB VI ist der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0. Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente (hier: § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI) und die Vertrauensschutzregelungen sind verfassungsgemäß. Das BVerfG hat explizit entschieden, dass die für die gesamte Dauer des Rentenbezugs vorgenommene Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003 für jeden Kalendermonat des vorzeitigen Rentenbezugs einer Altersrente auf Grundlage des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) SGB VI mit dem GG vereinbar ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 5. Februar 2009 - 1 BvR 1631/04 - juris, Rn. 27 und Beschluss vom 11. November 2008 - 1 BvL 3/05 u.a. - juris, Rn. 80 ff.; siehe im Übrigen etwa auch BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 77/08 R - juris Rn. 20 zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit; Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 5/09 R - juris Rn. 28 zur Altersrente für langjährig Versicherte; Urteil vom 25. Februar 2010 - B 13 R 41/09 R - juris Rn. 17 zur Altersrente für Frauen; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2013 - L 4 R 4840/11 - n.v. zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen), weil die Vorschrift eine zum Schutz der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), die in den Abschlagsregelungen liegende Einschränkung der Anwartschaft durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entspricht. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG vor. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Art. 3 Abs. 1 GG ist erst dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 117, 272, 301; st.Rspr). Die unterschiedliche Behandlung von Versicherten nach § 236a SGB VI ist zur Überzeugung des Senats durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen Stichtage eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 117, 272, 301; st.Rspr). Dies gilt auch bei der Einführung von neuen Vorschriften, die einzelne Personengruppen begünstigen und wegen des Stichtages andere von der Begünstigung ausnehmen (vgl. BVerfGE 87, 1, 47). Allerdings ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfGE 80, 297, 311; 87, 1, 47; st.Rspr). Eine willkürliche Benachteiligung der Versicherten mit dem Geburtsjahrgang 1951 - wie von der Klägerin vorgetragen - liegt nicht vor. Mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (RRErwerbG) bzw. dem RV - Altersgrenzenanpassungsgesetz (RVAltGrAnpG) vom 20. April 2007, das ab 1. Januar 2008 gilt, wurden die Altersgrenzen des § 37 SGB VI für den abschlagsfreien Eintritt zunächst auf 63 Jahre und mittlerweile auf 65 Jahre und für den vorzeitigen Rentenbeginn auf zunächst 60 Jahre und mittlerweile 62 Jahre angehoben und die Übergangsregelungen des § 236a SGB VI der neuen Grundregel des § 37 SGB VI angepasst. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, erfolgt nach der aktuellen, ab 1. Januar 2008 gültigen Fassung des § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 63 Jahren und der Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme entsprechend der Tabelle zu § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI, wobei die Klägerin von dieser ungünstigeren Regelung gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 SGB VI nicht betroffen ist, da sie bereits 1951 geboren ist. Insofern enthält § 236a Abs. 2 SGB VI eine Vertrauensschutzregelung, die gerade auch den Geburtsjahrgang 1951 umfasst. Soweit § 236a Abs. 4 SGB VI eine weitere Vertrauensschutzregelung für Versicherte enthält, die vor dem 17. November 1950 geboren und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 SGB IX), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, begegnet dies keinen Bedenken im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. § 236a Abs. 4 SGB VI in der aktuellen Fassung ab 1. Januar 2008 entspricht inhaltlich der Regelung des § 236a Satz 5 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2007, die aufgrund des RRErwerbG vom 20. Dezember 2000 eingefügt wurde. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten nur solche Versicherte in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der früheren günstigeren Altersgrenzen geschützt werden, die am Stichtag 16. November 2000 mindestens 50 Jahre alt sind, zu diesem Zeitpunkt bereits die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch erfüllen und lediglich noch nicht das jeweilige Eintrittsalter erreicht haben, die aber einem rentennahen Jahrgang angehören und sich daher womöglich schon auf den erwarteten Renteneintritt vorbereitet hatten (vgl. O´Sullivan in jurisPK-SGB VI, § 236a, Rn. 45f.). Der Stichtag 16. November 2000 ist der Tag der 3. Lesung des RRErwerbG im Bundestag und entspricht damit eher den Anforderungen des Vertrauensschutzgrundsatzes als eine Beratung im Kabinett (vgl. O´Sullivan a.a.O. Rn. 49). Auch der gesetzgeberische Wille, in den Vertrauensschutz nur Versicherte aufzunehmen, die im Zeitpunkt der (beabsichtigten) Gesetzesänderung zumindest das 50. Lebensjahr vollendet haben, bewegt sich innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und ist unter sachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt, so dass dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die Beklagte hat die Rente mit Bescheid vom 14. Juli 2011 auch nach den gesetzlichen Bestimmungen korrekt berechnet. Anhaltspunkte für eine falsche Berechnung liegen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden. Die Klägerin kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als würde sie die Voraussetzungen für die abschlagsfreie Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. August 2011 erfüllen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung des BSG auf der Tatbestandsseite eine dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnende Pflichtverletzung voraus, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 19/14 R - juris, Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris, Rdnr. 39 m.w.N.; BSG, Urteil vom 4. September 2013 – B 12 AL 2/12 R – juris, Rdnr. 19). Rechtsfolge des Bestehens eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist der Anspruch gegen die Behörde auf Vornahme einer rechtlich zulässigen Amtshandlung, durch den der Zustand wiederhergestellt werden könnte, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl. etwa BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris, Rdnr. 39; BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 5 R 5/13 R – juris, Rdnr. 37; BSG, Urteil vom 11. März 2004 – B 13 RJ 16/13 R – juris Rdnr. 24). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Vorfeld ihres Rentenantrags von der Beklagten falsch beraten wurde. Denn im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann zwar eine rechtmäßige Amtshandlung fingiert werden. Der Herstellungsanspruch ist auf die Herstellung der Situation gerichtet, die bei einer fehlerfreien Betreuung des Betroffenen eingetreten wäre. Bei einer (möglichen) Falschberatung der Klägerin über die rechtlichen Voraussetzungen ihres Anspruchs auf Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht jedoch keine Möglichkeit, durch Vornahme einer rechtmäßigen Amtshandlung den Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug der abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen sind im Fall der Klägerin offenkundig nicht erfüllt und die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen (Geburtsdatum vor dem 17. November 1950) können durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht fingiert werden. Schließlich liegt auch keine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X vor, auf die sich die Klägerin mit Erfolg berufen könnte. Denn eine Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt (hier die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen) später zu erlassen bedarf gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Daher kann sich die Klägerin auf die von ihr behauptete mündliche Zusage durch eine Mitarbeiterin der Beklagten nicht berufen. Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8 erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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