L 4 R 4834/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 4057/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4834/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. September 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. Juni 2013.

Die Klägerin ist am 1957 geboren und bei der Beklagten rentenversichert. Sie hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war sie als Versandarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Dezember 2011 ist sie arbeitslos. Von November 2012 bis Februar 2015 übte sie eine geringfügige Tätigkeit als Reinigungskraft aus.

Vom 9. bis 30. April 2013 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Kurklinik A. B. in O ... Im Entlassungsbericht vom 10. Mai 2013 berichtet Leitender Arzt St. über die Diagnosen eines Bandscheibenvorfalls der Halswirbelsäule, eines chronischen Schmerzsyndroms bei degenerativem Lendenwirbelsäulensyndrom, rezidivierender depressiver Episoden (aktuell mittelgradige Depression), einer Anpassungsstörung, einer Infektanfälligkeit sowie rezidivierender chronischer Sinusitiden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien der Klägerin leichte Tätigkeiten über sechs Stunden zumutbar. Schweres Heben, Tragen sowie Überkopfarbeiten sollten vermieden werden. Die Körperhaltung sollte gewechselt werden. Von psychiatrischer Seite müsste die Situation noch eingeschätzt werden.

Die Klägerin beantragte am 13. Juni 2013 bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Sie begründete dies mit einer chronischen Depression seit etwa 15 Jahren, Schlafstörungen, Konzentrationsstörung, Antriebslosigkeit, Halswirbel- und Lendenwirbelsäulenproblemen, chronischen Schmerzen auch nach Schmerztherapie und Akkupunktur. Sie könne keine Arbeiten mehr verrichten.

Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. verwies in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 20. Juni 2013 auf den Entlassungsbericht des Arztes St. vom 10. Mai 2013. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 25. Juni 2013 ab. Die Klägerin können noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Solche Tätigkeiten seien ihr auch auf Grund ihres beruflichen Werdeganges zumutbar.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 10. Juli 2013 Widerspruch. Die chronifizierte Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und die depressive Störung stellten ganz erhebliche, stark behindernde Störungen mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit dar, welche sie nicht in die Lage versetze, mehr als sechs Stunden dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Sie befinde sich fortlaufend in nervenärztlicher Behandlung bei Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B ...

Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. H. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 9. September 2013 am selben Tag ein ärztliches Gutachten. Er diagnostizierte eine kombinierte Persönlichkeitsvariante, einen Verdacht auf Anpassungsstörung (differenzialdiagnostisch Dysthymie) sowie eine Somatisierung. Die Klägerin könne eine Tätigkeit als Arbeiterin sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 zurück. Die Klägerin sei als Versandarbeiterin noch sechs Stunden und mehr einsatzfähig. Die Klägerin könne auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besonderen Zeitdruck und ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten sechs Stunden und mehr täglich ausüben.

Hiergegen erhob die Klägerin am 17. Dezember 2013 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Sie leide schon ohne Belastung auf Grund ihrer Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule an chronischen Schmerzen mit mittelschwerer depressiver Symptomatik. Die Schmerzsymptomatik sei derart verfestigt, dass sie sich zwischenzeitlich über den gesamten Rücken ausgebreitet habe, teils mit Ausstrahlung zum Kopf und in die Extremitäten. Es handele sich hierbei um Dauerschmerzen, welche unter Belastung weiter entgleisten und sie nahezu unbeweglich machten. Sie leide an einer anhaltenden wenigstens mittelschwer ausgeprägten depressiven Störung mit psychophysischer Erschöpfung mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen der gesamten Leistungsfunktionsbreite einhergehend mit Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Ausdauerstörung. Sowohl die Schmerzen als auch die Depressionen stünden in wechselseitiger Bedingung und verstärkten sich gegenseitig. Sie sei auf Grund ihrer Leiden nicht einmal mehr in der Lage, einfache und leichte Hausarbeiten ohne Hilfe von Familienmitgliedern zu verrichten. Sie verwies auf ein (vorgelegtes) nervenärztliches Attest des Dr. B. vom 17. Juli 2013.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte sozialmedizinische Stellungnahmen des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sc. vom 25. Juni 2014 und vom 9. Juni 2015 vor.

Das SG befragte behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. berichtete unter dem 11. Mai 2014 über regelmäßige Vorstellungen der Klägerin. Bei der Klägerin sei ein persistierendes mittelschweres Schmerzsyndrom bei ausgeprägten, chronisch progredierenden degenerativen Veränderungen im Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbereich bekannt. Weiterhin träten bei der Klägerin rezidivierende depressive Episoden auf, die teilweise sehr stark ausgeprägt seien. Eine kontinuierliche medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva sei weiterhin erforderlich. Im Rahmen der depressiven Verstimmung träten u. a. massive Schlafstörungen auf. Orthopädischerseits sei das Vorliegen einer degenerativen Innenmeniskuspropathie links vermutet worden. Auch fände sich in den Dauerdiagnosen eine rechtsseitige Gonarthrose. Die Klägerin sei aus hausärztlicher Sicht vermutlich nicht mehr in der Lage, über längere Zeit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dr. B. berichtete unter dem 12. Mai 2014 über nervenärztliche Behandlungen der Klägerin seit 2001, zuletzt am 31. Januar 2014. Sie habe sich jeweils in größeren Abständen bei ihm vorgestellt. Es liege eine rezidivierende depressive Störung mit erheblicher Chronifizierungstendenz vor, wobei zuletzt eine mittelschwere Beschwerdeepisode ohne psychotische Symptome mit ausgeprägter psychophysischer Erschöpfung und Fixierung auf berufliche Belastung vorgelegen habe. Er halte die Klägerin auf Grund der chronifizierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im versicherungsrelevanten Umfang auf absehbare Zeit für nicht mehr belastbar. Allerdings sei ihm der momentane Gesundheitszustand nicht bekannt. Facharzt für Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie L. berichtete unter dem 31. Mai 2014, dass sich die Klägerin zwischen dem 22. Januar und 21. Mai 2010 für kurze Zeit in seiner Praxis in Behandlung befunden habe. Im Februar 2014 habe sie sich erneut vorgestellt.

Das SG bestellte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. D. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 21. Oktober 2014 unter dem 11. November 2014 ein nervenärztliches Gutachten. Er diagnostizierte eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Dysthymia sowie ein Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit. Auf Grund der Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren in Verbindung mit dem Wirbelsäulensyndrom seien der Klägerin nur noch leichte körperliche Tätigkeiten möglich. Es sollte ihr ein Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ermöglicht werden. Sie könne keine schweren Gegenstände heben, tragen und/oder bewegen und auch nicht auf Leitern, Treppen und/oder Gerüsten arbeiten. Wegen der psychischen Störung im Sinne einer Dysthymie sei auch ihre geistig-psychische Belastbarkeit beeinträchtigt. Ihre Stresstoleranz sei reduziert. Sie könne keine Tätigkeiten verrichten, die mit einem besonderen Zeitdruck verbunden seien, also keine Akkordtätigkeiten und keine anderen taktgebundenen Tätigkeiten. Insbesondere auf Grund der bestehenden Schlaffragmentierung seien auch Tätigkeiten im Nacht- und/oder Wechselschicht ungeeignet. Mit diesen Einschränkungen seien der Klägerin aus neurologisch-psychiatrischer Sicht noch leichte Tätigkeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich möglich. Bei Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen seien keine besonderen, von den betriebsüblichen Bedingungen abweichenden Arbeitsbedingungen unerlässlich. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin lasse sich aus den auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen nicht ableiten.

Das SG bestellte sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie Dr. Ku. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. Ku. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 30. März 2015 unter dem 13. Mai 2015 ein schmerztherapeutisches Gutachten. Bei der Klägerin liege aus schmerztherapeutischer Sicht eine chronische Schmerzstörung vor. Zu Grunde liege dem eine somatoforme Schmerzstörung mit dysfunktionaler körperlicher (Schmerzen selbst bei leichter körperlicher Betätigung) und seelischer (Depression, Angststörung) Beschwerdesymptomatik. Wegen der rein körperlichen Aspekte der Erkrankung, also der Einschränkung der Leistungsfähigkeit durch die Schmerzen, sei die Klägerin für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig leistungsfähig. Die psychischen Aspekte der Erkrankung, das heißt die Einschränkung der Leistungsfähigkeit durch die fehlende seelische Belastbarkeit im Alltag- und Privatleben begrenzten die Leistungsfähigkeit im Beruf so sehr, dass der Klägerin insgesamt leichte Tätigkeiten nur noch bis zu einer Dauer von drei Stunden täglich möglich seien. Eintönige, sich ständig wiederholende Tätigkeiten mit ständig gleichem Arbeitsablauf sowie mittelschwere Tätigkeiten (Heben, Tragen, Bücken) und solche, die eine erhöhte Aufmerksamkeit erforderten, seien zu vermeiden. Daher seien auch Arbeiten mit erhöhtem Stressfaktor (Akkord, Fließband, Zeitdruck) sowie Wechselschichttätigkeit zu vermeiden. Zwangshaltungen seien ebenfalls zu vermeiden. Das gleiche gelte für Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Gerüsten, Leitern und Treppen. Aufgrund der vorliegenden Angststörung und Depression sei die Klägerin nicht in der Lage, ein selbständiges Leben zu führen und selbst das tägliche Aufstehen bedeute für sie eine Belastung, der sie sich nicht gewachsen fühle. Da die Klägerin nicht einmal mehr in der Lage sei, ihre Hunde auszuführen und regelmäßig mit ihrem Ehemann einzukaufen, sei von einer Einschränkung der Gehfähigkeit auszugehen. Eine Gehstrecke von 500 Metern könne die Klägerin in etwa zehn bis zwölf Minuten bewältigen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 22. September 2015 ab. Die Klägerin sei noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, sofern qualitative Einschränkungen beachtet würden. Das SG stützte seine Überzeugung auf das Gutachten des Dr. D. sowie das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. H. und den Entlassungsbericht des Arztes St ... Es könne sich nicht der Einschätzung des Dr. Ku. anschließen. Dieser habe in seinem Gutachten unter verschiedenen allgemeinen Ausführungen zur Schmerzproblematik die Auffassung vertreten, dass die bei der Klägerin vorliegenden Schmerzen eine vollschichtige Tätigkeit weiterhin zuließen. Nur unter Hinzutreten der psychischen Belastung, insbesondere einer Stressintoleranz, läge ein unter dreistündiges Leistungsvermögen vor. Diese Einschätzung sei vor dem Hintergrund des Gutachtens von Dr. D. nicht nachvollziehbar.

Gegen das ihr am 22. Oktober 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. November 2015 Berufung eingelegt. Dr. B. habe am 16. Oktober 2015 abermals eine Depression mit anhaltender, zumindest mittelschwerer Episode diagnostiziert und bestätigt, dass sie auf Grund ihres Lumbalsyndroms zwei- bis dreimal täglich 600 mg Ibuprofen nehmen müsse. Zudem sei thymoleptisch (stimmungsaufhellend) Cymbalta beginnend mit 30 mg sowie zur Nacht 10 mg Zolpidem verordnet worden. Sie habe keine sozialen Kontakte und gehe auch keinen persönlichen Aktivitäten mehr nach. Sie hat ein entsprechendes Attest des Dr. B. vom 16. Oktober 2015 (Untersuchung vom selben Tag; psychisch stehe eine zumindest mittelschwer ausgeprägte depressive Störung im Vordergrund, außerdem Lumbalsyndrom) vorgelegt. Die Klägerin hat ferner ein fachärztliches Attest des Facharztes L. vom 12. Januar 2016 (Diagnosen: Lumbalgie links, lumbaler Bandscheibenvorfall, zervikaler Bandscheibenschaden, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, chronisches Schmerzsyndrom Gerbershagen II, Halswirbelsäulen-Schultersyndrom links, depressive Reaktion, aktuell mittelschwere Episode), ein Schreiben des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Fr. vom 15. Januar 2016 (Diagnosen: Chronisches Schmerzsyndrom Grad II nach Gerbershagen sowie ein Bandscheibenprolaps im Lendenwirbelsäulenbereich und Halswirbelsäulenbereich sowie Schulter-Arm-Syndrom beidseits, chronisches Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, reaktive Depression mittelschwerer Episode) sowie ein nervenärztliche Attest des Dr. B. vom 20. Januar 2016 (seit mehr als 10 Jahre bestehende, inzwischen völlig chronifizierte, schwergradig ausgeprägte depressive Störung einhergehend mit schwerer, chronifizierter, inzwischen somatoform überlagerter Schmerzstörung primär orthopädischer Genese, zunächst den Rücken betreffend) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. September 2015 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2013 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, ab dem 1. Juni 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest und verweist auf ihr bisheriges Vorbringen. Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. Sc. vom 22. Februar 2016 vorgelegt.

Der Senat hat Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Prof. Dr. Dr. W. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 19. Juli 2016 unter dem 21. Juli 2016 ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten. Die Klägerin habe während der Exploration erklärt, sie wolle jetzt aufhören und nach Hause. Auf seinen Vorhalt, dass sie doch etwas von der Rentenversicherung wolle und Klage hierfür eingereicht habe, habe sie geantwortet, es sei ihr aber alles zu viel. Er habe ihr daraufhin erklärt, dass sie das weitere Vorgehen selbst bestimmen könne. Sie sei daraufhin aufgestanden, habe sich kurz verabschiedet und das Untersuchungszimmer verlassen. Die Exploration habe bis dahin eine Stunde gedauert. Eine klare Diagnosestellung sei ihm auf Grund des Abbruchs der Untersuchung durch die Klägerin nicht möglich. Er vermöge daher lediglich zu erklären, was nicht vorliege. Es liege keine schwergradige depressive Störung, eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder ein hirnorganisches Psychosyndrom vor. Zu äußern sei der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden einer in das Berufsleben eingebrachten Persönlichkeitsakzentuierung oder sogar Persönlichkeitsstörung einschließlich einer möglichen erlebnisreaktiven Störung auf Grund verschiedener familiärer und sozialer Konflikte. Auf Grund des Verhaltens im Wartebereich und des unerwarteten Abbruchs der gutachterlichen Exploration sei auch der Verdacht auf eine soziale Phobie zu stellen. Hinsichtlich der Auswirkungen der Gesundheitsstörung auf die berufliche Leistungsfähigkeit vermöge er über gewisse Vermutungen bezüglich einer reduzierten Stressbelastbarkeit hinaus keine klaren Aussagen zu machen. Was die Gehstrecke angehe, habe zumindest im Rahmen der Beobachtung keine Einschränkung vorgelegen. Angesichts der Unmöglichkeit einer sachgerechten Exploration und Untersuchung habe er sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die Klägerin nicht noch in der Lage wäre, gegebenenfalls unter Beachtung qualitativer Einschränkungen Erwerbstätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche auszuüben.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats hingewiesen, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört, die beide einer Entscheidung durch Beschluss zugestimmt haben.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da diese Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

3. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Juni 2013 und auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b) Nach diesen Maßstäben steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zwar liegen bei ihr gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese mindern ihre berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht.

(1) Bei der Klägerin besteht eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Dysthymia sowie ein Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. D ... Ausgeschlossen werden kann hingegen das Vorliegen einer schwergradigen depressiven Störung, einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder eines hirnorganisches Psychosyndrom. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W ... Prof. Dr. Dr. W. konnte zwar aufgrund des Abbruchs der Exploration durch die Klägerin keine abschließenden positiven Diagnosen stellen, hat aber die genannten Erkrankungen ausdrücklich ausgeschlossen. Die Diagnose des Dr. D. einer chronischen Schmerzstörung deckt sich mit der vom gerichtlichen Sachverständigen Dr. Ku. geäußerten Auffassung. Weitere Diagnosen hat auch er nicht gestellt.

Davon, dass die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet über das Ausmaß einer Dysthymia, also nach ihrer Definition nach dem ICD-10 (F34.1) einer chronischen, wenigstens mehrere Jahre andauernden depressiven Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen, konnte sich der Senat angesichts der vorliegenden Sachverständigengutachten trotz der entgegenstehenden Einschätzung insbesondere des Dr. B. nicht überzeugen.

(2) Aus den bei der Klägerin vorliegenden und vom Senat festgestellten Gesundheitsstörungen ergeben sich qualitative Einschränkungen. Die Klägerin kann nur eine Tätigkeit verrichten, die einen Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ermöglicht. Sie kann keine schweren Gegenstände heben, tragen und/oder bewegen und auch nicht auf Leitern, Treppen und/oder Gerüsten arbeiten. Wegen der psychischen Störung im Sinne einer Dysthymie ist auch ihre geistig-psychische Belastbarkeit beeinträchtigt und ihre Stresstoleranz reduziert. Sie kann keine Tätigkeiten verrichten, die mit einem besonderen Zeitdruck verbunden seien, also keine Akkordtätigkeiten und keine anderen taktgebundenen Tätigkeiten. Insbesondere auf Grund der bestehenden Schlaffragmentierung sind auch Tätigkeiten im Nacht- und/oder Wechselschicht ungeeignet. All dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen Dr. D ...

(3) Die bei der Klägerin zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; die Klägerin ist weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Dies entspricht der übereinstimmenden Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. D., des im Verwaltungsverfahren tätigten Gutachters Dr. H., dessen Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51), sowie des Leitenden Arztes St. in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 10. Mai 2013.

Soweit der nach § 109 Abs. 1 SGG beauftragte gerichtliche Sachverständige Dr. Ku. eine Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden angenommen hat, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Dr. Ku. geht davon aus, dass aus rein körperlicher Sicht noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei der Klägerin vorliegt. Er stützt seine Annahme der Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin allein auf das Hinzutreten der psychischen Aspekte der Erkrankung. Insofern konnte sich der Senat aber – siehe oben – nicht die notwendige Überzeugung verschaffen, dass eine stärkere Störung als eine Dysthymia vorliegt. Eine Dysthymie ist aber in der Regel nicht geeignet, eine zeitliche Leistungseinschränkung herbeizuführen (Beschluss des Senats vom 7. April 2015 – L 4 R 5183/14 –, Urteil des Senats vom 19. Juni 2015 – L 4 R 4233/14 –, Urteil des Senats vom 18. September 2015 – L 4 R 864/15 –; Urteil des Senats vom 11. Dezember 2015 – L 4 R 4616/14 –; Urteil des Senats vom 18. März 2016 – L 4 R 3006/15 – alle nicht veröffentlicht).

(4) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

(5) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei der Klägerin vorhanden.

(6) Auch die Wegefähigkeit der Klägerin war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin sprechen. Zwar hat der gerichtliche Sachverständige Dr. Ku. aufgrund der Äußerung der Klägerin, nicht mehr in der Lage zu sein, ihre Hunde auszuführen und regelmäßig einzukaufen, eine Einschränkung ihrer Gehfähigkeit angenommen. Zugleich hat er aber die Einschätzung geäußert, die Klägerin könne eine Gehstrecke von 500 Metern in etwa zehn bis zwölf Minuten bewältigen. Damit liegt auch nach seiner Einschätzung keine rentenrelevante Einschränkung der Gehfähigkeit vor.

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 19/04 R – juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; BSG Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R – juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).

(2) Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Versandarbeiterin war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.

Da die Klägerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 – 5 RJ 50/94 – juris; Urteil des Senats vom 23. Januar 2015 – L 4 R 5008/13 – nicht veröffentlicht).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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