L 4 KR 5028/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 660/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5028/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Oktober 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt.

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf EUR 14.842,65 festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen, die ihm aus regelmäßigen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen für den Beigeladenen zu 1, einen Empfänger für Grundsicherungsleistungen entstanden sind.

Der Kläger erbringt seit Februar 2011 laufende Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den bei der Beklagten krankenversicherten Beigeladenen zu 1. Der am 1991 geborene Beigeladene zu 1 leidet unter anderem an einer seelischen, geistigen und körperlichen Entwicklungsstörung nach Frühgeburt und an einer angeborenen Blutzuckerstoffwechselstörung. Er benötigt deshalb mehrmals täglich Insulininjektionen nach vorhergehenden Messungen des Blutzuckerspiegels. Wegen seiner geistigen Behinderung kann er diese Maßnahme nicht selbst vornehmen. Wenn er sich zu Hause aufhält, werden die Messungen und die Injektionen durch seine Mutter durchgeführt.

Der Beigeladene zu 1 besuchte seit dem 1. März 2011 den Berufsbildungsbereich der Beigeladenen zu 2, einer Werkstätte für behinderte Menschen; die Kosten hierfür trug die Agentur für Arbeit. Seit dem 11. Januar 2013 ist der Beigeladene zu 1 im Arbeitsbereich der Beigeladenen zu 2 tätig; die Kosten hierfür trägt der Kläger. Seit dem 30. Januar 2013 erhält der Beigeladene zu 1 in der Behindertenwerkstatt nach vorheriger Messung des Blutzuckerspiegels (teilweise mehrfach) täglich subkutane Insulininjektionen, die auf ärztliche Verordnung entsprechender Behandlungspflege von einem ambulanten Pflegedienst erbracht werden.

Verordnungen des Arztes für Innere Medizin Dr. D. über häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege) in Form von zweimal täglich Blutzuckermessungen und subkutanen Insulininjektionen vom 30. Januar 2013 (für die Zeit vom 30. Januar bis 30. Juni 2013) bzw. über das Herrichten und Verabreichen subkutaner Injektionen vom 2. Juli 2013 (für die Zeit vom 1. Juli bis 5. Oktober 2013), vom 18. September 2013 (für die Zeit vom 6. Oktober 2013 bis zum 5. Januar 2014), vom 7. Januar 2014 (für die Zeit vom 6. Januar bis 31. März 2014), vom 4. Februar 2014 (für die Zeit vom 1. Februar bis 31. März 2014), vom 25. März 2014 (für die Zeit vom 23. März bis 14. April 2014), vom 14. April 2014 (für die Zeit vom 15. April bis 30. Juni 2014), vom 18. Juni 2014 (für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2014), vom 26. September 2014 (für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2014) und vom 17. Dezember 2014 (für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015) leitete die Beklagte mit Schreiben vom 5. Februar 2013, vom 12. Juli 2013, vom 8. Oktober 2013, vom 13. Januar 2014, vom 11. Februar 2014, vom 1. April 2014, vom 23. April 2014, vom 2. Juli 2014, vom 6. Oktober 2014 und vom 22. Januar 2015 wegen angenommener Unzuständigkeit nach § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) an den Kläger weiter.

Der Kläger bewilligte dem Beigeladenen zu 1 jeweils die beantragten Leistungen (Bescheide vom 27. Juni 2013, 10. Oktober 2013, 21. März 2014, 15. April 2014, 15. Mai 2014, 17. Juni 2014, vom 24. Oktober 2014 und vom 4. Februar 2015). Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 (für den Zeitraum vom 30. Januar bis 30. Juni 2013), vom 10. Oktober 2013 (für den Zeitraum vom 1. Juli bis 5. Oktober 2013), vom 21. März 2014 (Zeiträume vom 6. Oktober 2013 bis 5. Januar 2014, 6. Januar bis 31. März 2014 und 1. Februar bis 31. März 2014), 15. April 2014 (für den Zeitraum vom 23. März bis 14. April 2014), 15. Mai 2014 (für den Zeitraum vom 15. April bis 30. Juni 2014), vom 24. Oktober 2014 (für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2014) und 4. Februar 2015 (für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015) machte der Kläger gegenüber der Beklagten dem Grunde nach einen Erstattungsanspruch als zweitangegangener Reha-Träger geltend. Die Beklagte sei für die Übernahme der Kosten zuständig. In der Folgezeit bezifferte der Kläger die Erstattungsansprüche, zuletzt mit Schreiben vom 24. Oktober 2014, und zwar für die Zeit von Februar 2013 bis einschließlich September 2014 auf insgesamt EUR 5.163,99.

Die Beklagte lehnte den Erstattungsanspruch vom 10. Oktober 2013 mit beim Kläger am 25. Oktober 2013 eingegangenen Schreiben ab. Sie könne Leistungen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege in Werkstätten für behinderten Menschen nur dann gewähren, wenn ein besonders hoher Bedarf an Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorliege. Das Verabreichen von Injektionen seien planbare Leistungen. Es erfordere nicht den ständigen Einsatz einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft, insbesondere weil die behandlungspflegerischen Maßnahmen in ihrer Intensität und Häufigkeit am Tag oder in der Nacht nicht unvorhersehbar seien. Ebenso lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 14. April 2014 den Erstattungsanspruch vom 21. März 2014, mit Schreiben vom 24. April 2014 den Erstattungsanspruch vom 15. April 2014, mit Schreiben vom 10. Juni 2014 den Erstattungsanspruch vom 15. Mai 2014, mit Schreiben vom 7. November 2014 den Erstattungsanspruch vom 24. Oktober 2014 und mit Schreiben vom 23. Februar 2015 den Erstattungsanspruch vom 4. Februar 2015 ab.

Am 5. März 2015 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er beantragte zuletzt, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der häuslichen Krankenpflege für den Beigeladenen zu 1 ab Februar 2013 bis vorläufig Oktober 2015 in Höhe von EUR 7.102.65 "einschließlich Verzinsung" zu erstatten und die seit Oktober 2015 entstandenen Kosten der häuslichen Krankenpflege fortlaufend zu tragen. Unstreitig sei, dass der Beigeladene zu 1 einen Anspruch auf häusliche Krankenhilfe habe. Die Verordnungen der häuslichen Krankenpflege dienten zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung. Es lägen ärztliche Verordnungen über die Verabreichung von subkutanen Injektionen vor. Diese Behandlungspflege falle beim Beigeladenen zu 1 sowohl zu Hause als auch in der Werkstatt an. Sie sei für beide Aufenthaltsorte des Beigeladenen zu 1 vom Arzt verordnet worden. Zu Hause werde die Behandlungspflege von den Eltern ausgeführt, in der Werkstatt vom Pflegedienst. Die Beigeladene zu 2 habe bestätigt, dass der Beigeladene zu 1 insulinpflichtig wäre und täglich Injektionen benötigen würde, die er sich wegen seiner Behinderung nicht selbst verabreichen könne, was einen besonders hohen Pflegebedarf darstelle, dass die Werkstatt ein geeigneter Ort für häusliche Krankenpflege im Sinne von § 37 SGB V sei und dass das hierfür erforderliche Pflegepersonal üblicherweise nicht zum Personal einer Werkstatt für behinderte Menschen gehören und dort nicht vorgehalten werden würde. Die Beigeladene zu 2 habe keine Pflegekräfte, welche die verordneten Leistungen ausführen könnten. Es bestehe ein Anspruch auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege durch die Krankenkasse auch in Einrichtungen der Eingliederungshilfe (Hinweis auf Medieninformation Nr. 3/15 des Bundessozialgerichts [BSG] vom 25. Februar 2015 in den Verfahren B 3 KR 10/14 R und B 3 KR 11/14 R). Die Leistungspflicht der Krankenkasse setze ein, wenn und soweit die Einrichtung nicht selbst verpflichtet sei, die Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu gewähren, auf die der Betroffene in der Einrichtung konkret angewiesen sei. Ihm stehe somit der geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) gegen die Beklagte zu. Der Kläger legte die Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zwischen ihm und der Beigeladenen zu 2 sowie Auszüge aus dem Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ein Leistungsanspruch lasse sich aus den Regelungen der häuslichen Krankenpflege nicht ableiten. Ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege für den Beigeladenen zu 1 und damit ein Erstattungsanspruch der Klägerin bestünde nur, wenn ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege gegeben wäre. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Bei Werkstätten für behinderte Menschen handele es sich grundsätzlich um einen Leistungsort für die Erbringung der häuslichen Krankenpflege, wenn wegen des Pflegebedarfs die zur Verfügung stehenden Pflegekräfte nicht ausreichten. Allerdings müsse im Regelfall der pflegerische Bedarf durch die Einrichtung abgedeckt werden. Insoweit verweise § 37 SGB V ausdrücklich auf die Werkstättenverordnung (WVO). Von einem Regelfall könne immer dann ausgegangen werden, wenn keine Besonderheiten in der behandlungspflegerischen Versorgung vorlägen. Subkutane Insulininjektionen seien in einer Werkstatt für behinderte Menschen sicherlich keine Ausnahmesituation. Würde man der Argumentation des Klägers folgen, würde dies bedeuten, dass es die Einrichtung selbst in der Hand habe, ob sie Personal für behandlungspflegerische Maßnahmen vorhalten wolle. Beschäftige sie nur eine Pflegehilfskraft, müsse die Krankenkasse mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege einspringen. Diese Intention widerspreche jedoch § 10 WVO. In dessen Abs. 1 sei geregelt, dass die Werkstätte über begleitende Dienste u. a. für medizinische Betreuung verfügen müsse. Darüber hinaus werde in Abs. 2 klargestellt, dass die Einrichtung – in Abhängigkeit von Art und Schwere der Behinderung der Mitarbeiter – für erforderliche Fachkräfte sorgen müsse, also auch für geeignete Pflegefachkräfte. Diesem Sicherstellungsauftrag komme die Beigeladene zu 2 offensichtlich im Fall des Beigeladenen zu 1 nicht nach. Eine Verschiebung zu ihren Lasten sei nicht zulässig. Das Urteil des BSG vom 25. Februar 2015 (B 3 KR 10/14 R – juris) sei nicht zu einem Patienten ergangen, der in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeite. Gegenstand sei vielmehr die Frage gewesen, ob eine Einrichtung nach § 43a Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) die häusliche Krankenpflege sicherstellen müsse. Das Urteil sei auf diesen Fall nicht übertragbar. Die Beklagte verwies auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Thüringen vom 26. Januar 2015 (L 6 KR 1588/14 B ER – juris). Danach fielen Insulininjektionen in einer Werkstatt für behinderte Menschen nicht in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenkasse. Für die Dauer seines Aufenthalts in einer Werkstatt für behinderte Menschen stehe dem Beigeladenen zu 1 kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege zu. Somit entfalle auch ein Erstattungsanspruch des Klägers.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 21. Oktober 2015 ab und entschied, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien. § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX könne nicht Anspruchsgrundlage des erhobenen Erstattungsanspruches sein. Die streitige Behandlungspflege sei keine Leistung zur Teilhabe nach dem SGB IX, sondern eine Leistung der Krankenbehandlung gemäß § 27 SGB V. Eine Erstattungspflicht der Beklagten könne sich allenfalls aus § 104 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ergeben. Für einen solchen Erstattungsanspruch fehle es jedoch an einer Grundvoraussetzung, denn die Beklagte schulde dem Beigeladenen zu 1 während seines Aufenthaltes in der Werkstatt für behinderte Menschen keine Behandlungspflege in Gestalt von Blutzuckermessungen und Gabe von Insulin. Nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie) sei der Anspruch auf Behandlungspflege bei einem Aufenthalt in einer Einrichtung nur dann und insoweit beschränkt, als nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf eine Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung selbst bestehe. Nach diesen Regelungen bestehe für den Beigeladenen zu 1 kein Anspruch auf Behandlungssicherungspflege für die Blutzuckermessung und Insulingabe gegenüber der Beklagten, denn er könne nach den gesetzlichen Bestimmungen diese Leistungen von der Beigeladenen zu 2 beanspruchen. Aus § 2 Abs. 2 der zu seinen Gunsten gemäß § 75 Abs. 3 SGB XI abgeschlossenen Rahmenvereinbarung des Beigeladenen zu 2 mit dem Kläger ergebe sich sein Anspruch auf den Leistungstyp I.4.4. (tagesstrukturierende Angebote für Menschen mit Behinderungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderten Menschen), dessen Umfang sich insbesondere nach den gesetzlichen Vorgaben der WVO richte. Gemäß § 10 Abs. 1 WVO müsse die Werkstatt zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen, die den Bedürfnissen der behinderten Menschen gerecht würden. Der darin eingeschlossene Anspruch auf medizinische Betreuung bedeute zwar noch nicht, dass damit von der Beigeladenen zu 2 jede auch noch so aufwendige Behandlungspflege zu leisten sei, er umfasse aber mindestens alle einfachen behandlungspflegerischen Verrichtungen, deren Erbringung keine ärztlichen oder medizinischen pflegerischen Kenntnisse erfordere, wie hier die Blutzuckermessung und die Insulininjektion (Hinweis auf LSG Thüringen, Beschluss vom 26. Januar 2015 – L 6 KR 1588/14 B – juris). Für eine Werkstatt für behinderte Menschen gelte dies im besonderen Maße, weil dort nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nur im Ausnahmefall eines besonders hohen Pflegebedarfs Behandlungssicherungspflege von der Krankenkasse geleistet werden solle.

Gegen das ihm am 6. November 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. Nach der Weiterleitung des Antrages durch den zuerst angegangenen Rehabilitationsträger werde der zweitangegangene Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zum behinderten Menschen nicht nur vorläufig, sondern endgültig und umfassend leistungspflichtig. Dabei handele es sich um eine gleichsam aufgedrängte Zuständigkeit mit der Folge, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger – bei Vorliegen eines entsprechenden Rehabilitationsbedarfs – die erforderlichen Rehabilitationsleistungen selbst dann erbringen müsse, wenn er der Meinung sei, hierfür nicht ständig zu sein. Vorliegend habe die Beklagte die Anträge auf Behandlungspflege wegen angenommener Unzuständigkeit gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB XI in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Gemeinsamen Empfehlung zur Zuständigkeitsklärung an ihn weitergeleitet und ihm damit eine Entscheidung über die beantragten Leistungen aufgedrängt. Der Beigeladene zu 1 habe auch einen Anspruch auf Behandlungspflege für die Blutzuckermessung und subkutane Insulingabe als häusliche Krankenpflege. Zwar gehöre die Blutzuckermessung zu den einfachen Maßnahmen der Krankenpflege, die grundsätzlich von jedem Erwachsenen durchgeführt werden könnten. Für die Injektion des Insulins gelte dies jedoch nicht (Hinweis auf BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – juris, Rn. 41). Die Ausführung von Insulinspritzen sei somit eine Maßnahme, die nur durch medizinisches Fachpersonal vorgenommen werden könne, soweit sie nicht durch den Betroffenen selbst durchgeführt werde. Die Verabreichung von Insulinspritzen könne daher auch nicht zu dem üblichen Pflegebedarf gezählt werden, der durch die Werkstatt für behinderten Menschen mit dem Personal ihres begleitenden Dienstes durch Maßnahmen der kleinen Behandlungspflege selbst gedeckt werden müsse. Eine Verpflichtung, medizinisches Fachpersonal für die Behandlungspflege in der Werkstatt für behinderten Menschen vorzuhalten, ergebe sich weder aus dem Rahmenvertrag noch aus der mit der Beigeladenen zu 2 abgeschlossenen Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII. Auch die in § 10 WVO festgelegte Sicherstellung der medizinischen Betreuung führe unter Berücksichtigung des Ziels der Leistungen der Eingliederungshilfe im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderten Menschen nicht zu einer Verpflichtung des Träger der Werkstatt, in allen von ihr getragenen Werkstätten für alle in Betracht kommenden Erkrankungen und Behinderungen, die bei in einer Werkstatt für behinderte Menschen aufgenommenen Personen vorliegen könnten, entsprechendes Fachpersonal vorzuhalten (Hinweis auf Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3797/11 – juris, Rn. 30). Da vorliegend der Beigeladene zu 1 auf Grund seiner Behinderung die Spritzen nicht selbst setzen könne, sei er auf medizinisches Fachpersonal angewiesen. Solches halte die Beigeladene zu 2 jedoch nicht vor. Deren Fachkräfte seien in der Regel Mitarbeiter mit einer dreijährigen (handwerklichen) Berufsausbildung und einer sozialpädagogischen Zusatzqualifikation. Pflegepersonal (Ärzte und medizinische Pflegefachkräfte) würden hingegen nicht vorgehalten. Die Beigeladene zu 2 schulde dem Beigeladenen zu 1 daher nicht die Verabreichung von Insulininjektionen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der häuslichen Krankenpflege für den Beigeladenen zu 1 ab Februar 2013 bis Oktober 2015 in Höhe von EUR 7.102,65 einschließlich Verzinsung zu erstatten und die Beklagte zu verurteilen, die seit Oktober 2015 erstandenen Kosten der häuslichen Krankenpflege fortlaufend zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene zu 1 hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 2, die keinen Antrag gestellt hat, vertritt die Ansicht, dass sie gemäß § 10 WVO zur medizinischen Betreuung und Beratung verpflichtet sei, aber nicht zur Pflege und Behandlung selbst. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei die Betreuung und Beratung, damit behinderte Menschen in die Lage versetzt werden könnten, Leistungen der Krankenkasse bzw. der Pflegekasse überhaupt erst in Anspruch nehmen zu können. Diese Interpretation des § 10 WVO entspreche der grundsätzlichen konzeptionellen Ausrichtung der Behindertenwerkstätte als Einrichtung der Eingliederungshilfe. Sollten hingegen die Behindertenwerkstätten tatsächlich auch für die Pflege und Behandlung behinderter Menschen zuständig sei, könnten die Einrichtungen der Eingliederungshilfe im Rahmen der den Entgeltsätzen zu Grunde liegenden Personalschlüssel ihren eigentlichen Auftrag nicht einmal ansatzweise mehr erfüllen. Im Übrigen würde dann der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe gegenüber anderen Sozialleistungen völlig ins Leere laufen. Wahrscheinlich sei dies auch der Grund, warum das BSG in seiner aktuellen Rechtsprechung den Einrichtungen der Eingliederungshilfe die Pflicht zur Erbringung von Behandlungspflege nur bei einfachsten medizinischen Maßnahmen zuweise, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden könnten und keine medizinische Fachkunde erfordere. Diese Pflicht, aber keine darüber hinaus gehende, dürfte aus Praktikabilitätsgründen sinnvoll sein. Ausdrücklich nehme das BSG die Injektion von Insulin von den einfachen behandlungspflegerischen Maßnahmen aus (Hinweis auf BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 – juris, Rn. 50 – gemeint Rn. 41). Abgesehen davon handele es sich bei der Diabeteserkrankung des Beigeladenen zu 1 um eine besonders kompliziert zu behandelnde Diabeteserkrankung des Typs Diabetes mellitus I. Bei ihm träten unvermittelt ohne erkennbaren Grund zum Teil lebensbedrohliche Unterzuckerungen und auch Überzuckerungen auf. Die zum Teil extremen Schwankungen des Blutzuckergehaltes entzögen sich bis dato der durchgreifenden erfolgreichen ärztlichen Behandlung, so dass besondere Sorgfalt und Fachkenntnis bei den Insulininjektionen unabdingbar seien, wie auch die Fähigkeit der genauen Krankenbeobachtung und engen Kooperation mit dem behandelnden Arzt. Falls der Beigeladene zu 1 in ihrer Einrichtung zu Schaden kommen sollte, dürften die Haftungsverhältnisse deutlich weitreichender sein als bei Selbstinjektion oder bei Injektion im familiären Bereich. Die Pflicht zur Übernahme einer derart spezifischen Behandlungspflegemaßnahme dürfe sie selbst dann nicht treffen, wenn diese im häuslichen Bereich vom erwachsenen Haushaltsangehörigen übernommen würden. Die Beklagte habe rechtswidrig die Prüfung der Voraussetzungen des § 37 SGB V unterlassen und den Antrag an den Kläger weitergeleitet. Hier liege kein Fall der Unzuständigkeit vor, sondern ein Sachverhalt, in dem nach dem Vortrag der Beklagten die Genehmigung der häuslichen Krankenpflege verweigert werden könne und sogar müsse. Die Weiterleitung sei für den Kläger bindend. Sein gegenüber dem Beigeladenen zu 1 ergangener Bescheid sei für den Erstattungsstreit konstitutiv und bindend (Hinweis auf BSG, Urteil vom 25. April 1990 – 5 RJ 12/89 – juris).

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat daraufhin an seiner Rechtsauffassung festgehalten. Ein Kostenerstattungsanspruch folge jedenfalls aus § 104 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Beklagte hat vorgetragen, eine Entscheidung durch Beschluss für sachgerecht zu halten. Der Beigeladene zu 1 hat sich nicht geäußert. Die Beigeladene zu 2 hat gebeten, die im Hinweis enthaltene richterliche Einschätzung zu überprüfen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Akten der Beteiligten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten, nachdem die Beteiligten ihre Rechtsauffassung umfassend und erschöpfend schriftsätzlich vorgebracht haben. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hatten die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie bedurfte auch nicht gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG der Zulassung, denn die Erstattungsforderung betrifft wiederkehrende Leistungen für den Zeitraum seit Februar 2013 und damit einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, so dass die Zulassung der Berufung wegen § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht notwendig ist.

3. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zwar ist die Klage überwiegend zulässig, aber unbegründet.

a) Die Klage ist überwiegend zulässig. Richtige Klageart ist die allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens, weil aufgrund des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Gleichordnungsverhältnisses ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Der Kläger hat seinen Erstattungsanspruch nur für die Zeit bis Oktober 2015 beziffert, nicht aber für die Zeit danach, soweit ihm Kosten für die häusliche Krankenpflege des Beigeladenen zu 1 entstanden sind. Der Senat sieht davon ab, auf eine entsprechende Bezifferung hinzuwirken, da ein Erstattungsanspruch nicht besteht.

Die Klage ist nur insoweit unzulässig, als pauschal "Verzinsung" beantragt wird. Weder ist der Zeitraum benannt, für den die Verurteilung zur Zinszahlung beantragt wird, noch ist die Zinshöhe beziffert. Ein derart pauschaler Verzinsungsantrag reicht jedoch nicht aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 253 Rn. 132).

b) Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlungspflege seit Februar 2013. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 103 Abs. 1 SGB X noch aus § 104 Abs. 1 SGB X oder aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX.

aa) § 103 Abs. 1 SGB X ist von vorneherein nicht einschlägig. Diese Norm bestimmt: Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 103 Abs. 1 SGB X). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 103 Abs. 2 SGB X).

§ 103 Abs. 1 SGB X ist nur anwendbar bei institutionell gleichrangigen Leistungsträgern (BSG, Urteil vom 28. August 1997 – 14/10 RKg 11/96 – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 14. September 1994 – 3/1 RK 56/93 – juris, Rn. 10; Urteil des Senats vom 11. Dezember 2015 – L 4 P 1171/15 – juris, Rn. 29; Becker, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 103 Rn. 9 [August 2011]; Prange, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 103 Rn. 21 ff., 41). Dies ist im Verhältnis zwischen dem Kläger als Sozialhilfeträger und der Beklagten als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung nicht der Fall. Denn § 2 SGB XII ordnet den Nachrang der Sozialhilfe gegenüber den Sozialleistungen aller anderen Träger an. Erstattungsansprüche von Sozialhilfeträgern gegen andere Leistungsträger richten sich somit regelmäßig nach § 104 SGB X (BSG, Urteil vom 28. August 1997 – 14/10 RKg 11/96 – juris, Rn. 10; Urteil des Senats vom 11. Dezember 2015 – L 4 P 1171/15 – juris, Rn. 29; noch weitergehender ["stets"] BSG, Urteil vom 14. September 1994 – 3/1 RK 56/93 – juris, Rn. 10; siehe auch Roos, in: von Wulffen/Schütze [Hrsg.], SGB X, 8. Aufl. 2014, § 104 Rn. 2 f., 6a).

So verhält es sich auch hier. Der Kläger ist als Sozialhilfeträger institutionell nachrangiger Leistungsträger gegenüber der Beklagten als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung. Besonderheiten des Einzelfalles, die von diesem Nachrangverhältnis abzuweichen veranlassen, liegen nicht vor.

bb) Der geltend gemachte Anspruch des Klägers folgt indes auch nicht aus § 104 SGB X.

(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 104 Abs. 3 SGB X).

Die Erstattungsansprüche der §§ 102 ff. SGB X sind grundsätzlich selbständig und nicht mit dem Sozialleistungsanspruch gegen den auf Erstattung in Anspruch genommenen Träger identisch. Die eigenständigen Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X entstehen nicht dadurch, dass der Erstattung begehrende Leistungsträger etwa aufgrund einer Überleitungsanzeige oder im Wege des Forderungsüberganges in eine Anspruchsposition des Berechtigten gegenüber dem auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger einrückt (BSG, Urteil vom 28. April 1999 – B 9 V 7/98 R – juris, Rn. 15 m.w.N. – auch zum Folgenden). Vielmehr sind die Erstattungsansprüche allein von der Erfüllung der in §§ 102 ff. SGB X geregelten Tatbestandsvoraussetzungen abhängig und entstehen grundsätzlich unabhängig von und selbständig neben einem Anspruch des Berechtigten gegen den zur Erstattung herangezogenen Leistungsträger. Ungeachtet dieser Selbständigkeit ist der Erstattungsanspruch allerdings auch inhaltlich abhängig von und untrennbar verbunden mit dem Anspruch des (vermeintlich) Leistungsberechtigten. Denn es ist offensichtlich Sinn des Erstattungsanspruchs, die Kosten von Sozialleistungen, die einem bestimmten Berechtigten gewährt worden sind, auf die als leistungspflichtig in Frage kommenden Träger angemessen zu verteilen und dabei zugleich Doppelleistungen zu vermeiden.

Der Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X setzt daher voraus, dass der vorrangig verpflichtete Leistungsträger bereits zum gleichen Zeitpunkt wie der nachrangig verpflichtete Leistungsträger leistungspflichtig war (BSG, Urteil vom 22. April 1998 – B 9 VG 6/96 R – juris, Rn. 20 m.w.N.; Urteil des Senats vom 11. Dezember 2015 – L 4 P 1171/15 – juris, Rn. 34). Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, wonach der Berechtigte gegen den Erstattungsverpflichteten einen Anspruch haben bzw. gehabt haben muss. Mit dieser Vorgabe wird gesichert, dass der Rechtszustand wiederhergestellt wird, der bestanden hätte, wenn der vorrangige Leistungsträger von Anfang an geleistet hätte. Bekräftigt wird dies durch § 104 Abs. 3 SGB X, der den Umfang des Erstattungsanspruches an den Umfang des Leistungsanspruchs gegenüber dem vorrangig verpflichteten Leistungsträger knüpft (vgl. Oberverwaltungsgericht [OVG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. September 2012 – 12 A 1082/12 – juris, Rn. 36).

Das fehlende objektive Bestehen eines Anspruchs des Versicherten gegen den vorrangig verpflichteten Leistungsträger kann nicht dadurch ersetzt werden, dass der nachrangig verpflichtete Leistungsträger (gleichwohl) einen entsprechenden – rechtswidrigen – Bescheid erlässt. Etwas anderes lässt sich auch dem von der Beigeladenen zu 1 angeführten Urteil des BSG vom 25. April 1990 (5 RJ 12/89 – juris) nicht entnehmen.

(2) Der Erstattungsanspruch scheitert vor diesem Hintergrund daran, dass der Beigeladene zu 1 gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Behandlungspflege in Form von Blutzuckermessungen und Insulininjektionen während seines Aufenthalts in der Werkstatt des Beigeladenen zu 2 hatte.

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst (u.a.) die häusliche Krankenpflege (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB V). Diese stellt eine (akzessorische) Nebenleistung zur Krankenbehandlung dar und ist vom behandelnden Arzt nach Maßgabe der HKP-Richtlinie zu verordnen (§ 73 Abs. 2 Nr. 8, § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 3 HKP-Richtlinie); durch die vertragsärztliche Verordnung wird das Rahmenrecht des Versicherten aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB V konkretisiert. Außerdem ist die Genehmigung durch die Krankenkasse (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä und § 6 HKP-Richtlinie) notwendig. Nach der allgemeinen Ausschlussklausel des § 37 Abs. 3 SGB V besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Nach § 37 Abs. 6 SGB V legt der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Abs. 1 und 2 des § 37 SGB V auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

Der GBA ist seinem Regelungsauftrag aus § 37 Abs. 6 SGB V durch die zum 11. Juni 2008 in Kraft getretene Änderung der HKP-Richtlinie nachgekommen. In § 1 Abs. 2 der HKP-Richtlinie ist bestimmt:

"Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen &8722; die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und &8722; für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z. B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satzes 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein."

In § 1 Abs. 6 der HKP-Richtlinie ist bestimmt: "Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Be-stimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen."

In § 1 Abs. 7 der HKP-Richtlinie ist bestimmt: "Abweichend von Absatz 6 kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. [ ...]"

Nach dem Regelungsgefüge, das sich aus den gesetzlichen Vorschriften in Verbindung mit den Normen der HKP-Richtlinie ergibt, besteht der Anspruch zunächst an allen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist (BSG, Urteil vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – juris, Rn. 16 – auch zum Folgenden). Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus der Regelung des § 1 Abs. 6 HKP-Richtlinie, das heißt für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht.

Es ist daher konsequent, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Einrichtungen nur dann und insoweit zu beschränken, als nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Der Gesetzgeber hat auf eine gesetzliche Festlegung der geeigneten Leistungsorte bewusst verzichtet. Er wollte damit im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Einrichtungen jeglichen Eingriff in die bestehenden Strukturen der Einrichtungen und insbesondere in ihre Leistungspflichten im Hinblick auf die medizinische Behandlungspflege vermeiden und die Präzisierung der Einrichtungen, in denen die Versicherten Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach dem SGB V haben, dem GBA überlassen. Die Richtlinien des GBA haben normativen Charakter und sind für die Beteiligten verbindlich (ständige Rechtsprechung, siehe nur BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – juris, Rn. 25 m.w.N.).

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen grundsätzlich geeignete Orte für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V durch die GKV sein können, wenn der Versicherte im Einzelfall keinen Anspruch auf die Erbringung der Maßnahme durch die Einrichtung hat (BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – juris, Rn. 35).

Zwar ist die Beigeladene zu 2 damit ein geeigneter Ort für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege im Sinne des § 37 Abs. 1 SGB V (so auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012 – L 5 KR 1905/10 – juris, Rn. 53). Eine Leistungspflicht der Beklagten bestand indes nicht, weil schon die Beigeladene zu 2 zur Erbringung der streitgegenständlichen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen verpflichtet war.

Die Erbringung häuslicher Krankenpflege (auf Kosten der Krankenkasse) in einer Werkstatt für behinderte Menschen setzt einen besonders hohen Pflegebedarf voraus (§ 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V; siehe bereits Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3797/11 – juris, Rn. 27; zum Folgenden Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 6 KR 1290/11 – juris, Rn. 36). Nach der Begründung des Gesetzentwurfes kann ein Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen in Form der häuslichen Krankenpflege auch in Werkstätten für behinderte Menschen gegeben sein, "wenn wegen des besonders hohen Pflegebedarfs eines Versicherten die zur Verfügung stehenden pflegerischen Fachkräfte nicht ausreichen. Im Regelfall bleibt es hier aber dabei, dass nach § 10 [WVO] der pflegerische Bedarf durch die Werkstätten selbst abgedeckt wird" (Bundestags-Drucksache 16/4247, S. 33 f.). Ein besonders hoher Pflegebedarf liegt demnach bei Versicherten vor, deren Pflege mit den Einrichtungen und dem Personal einer Werkstatt für behinderte Menschen, also deren begleitenden Diensten, nicht ausreichend sichergestellt werden kann. Dies bedeutet nach § 1 Abs. 7 Satz 1 HKP-Richtlinie, dass die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt für behinderte Menschen zu erbringenden Pflege so hoch sein muss, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 WVO verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. Nach den genannten Vorschriften ist zu unterscheiden zwischen dem in einer Werkstatt für behinderte Menschen üblichen Pflegebedarf und dem diesen Rahmen im Einzelfall überschreitenden besonders hohen Pflegebedarf der behinderten Menschen. Den üblichen Pflegebedarf muss die Werkstatt für behinderte Menschen mit dem Personal ihrer begleitenden Diensten durch Maßnahmen der "kleinen Behandlungspflege" (selbst) decken; dazu gehört regelmäßig etwa die Gabe von Insulinspritzen (Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 6 KR 1290/11 – juris, Rn. 36; Thüringer LSG, Beschluss vom 26. Januar 2015 – L 6 KR 1588/14 B ER – juris, Rn. 25; Padé, in jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 37 Rn. 34; a.A. Sächsisches LSG, Urteil vom 26. August 2016 – L 1 KR 137/11 – juris, Rn. 45, 48). Dagegen muss die Krankenkasse (bei Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen im Übrigen) bei besonders hohem Pflegebedarf die Leistungen der häuslichen Krankenpflege gewähren. Die Regelungen unterscheiden dabei auch nicht danach, ob die medizinischen und therapeutischen Leistungen zur Behandlung der die Behinderung auslösenden Krankheit oder sonstiger Begleiterkrankungen (hier z.B. des Diabetes des Versicherten) erforderlich sind. Daher begründet weder die geistige Behinderung des Beigeladenen zu 1 und dessen daraus resultierende Hilfebedürftigkeit für sich allein noch die Notwendigkeit für die Werkstatt für behinderte Menschen, hierfür – wie im Übrigen gerade von § 10 Abs. 1 WVO nach dem oben Gesagten gefordert – Personal vorhalten zu müssen, eine besonders hohe Pflegebedürftigkeit. Dies ergibt sich vielmehr allein aus der konkreten Krankheit und dem Umfang des hieraus folgenden notwendigen Pflegebedarfs. Die Beklagte ist auch nicht im Wege der Selbstbindung bereits nach der HKP-Richtlinie zur Erbringung der beantragten Sachleistung verpflichtet, da, wie oben dargelegt, gerade § 1 Abs. 7 Satz 1 HKP-Richtlinie nach der Intensität bzw. der Häufigkeit der zu erbringenden Pflege unterscheidet (Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 6 KR 1290/11 – juris, Rn. 36; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2014 – L 9 KR 524/12 – juris, Rn. 63).

In Anwendung dieser Grundsätze besteht bei dem Beigeladenen zu 1 hinsichtlich der Durchführung der Insulininjektionen während des Aufenthalts bei der Beigeladenen zu 2 kein besonders hoher Pflegebedarf nach § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V. Die streitgegenständlichen subkutanen Injektionen zählen zu den einfachen Leistungen der Behandlungspflege; ihre Durchführung erfordert keine medizinische Fachkraft oder -kenntnisse (ebenso Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 6 KR 1290/11 – juris, Rn. 37 – auch zum Folgenden; a.A. Sächsisches LSG, Urteil vom 26. August 2016 – L 1 KR 137/11 – juris, Rn. 45; LSG Niedersachen-Bremen, Urteil vom 28. Januar 2016 – L 8 SO 385/12 – juris. Rn. 47 mit Blick auf die psychische Verfassung des im dortigen Verfahren betroffenen behinderten Versicherten). Dies ergibt sich aus Nr. 18 des als Anlage zur HKP-Richtlinie geführten Leistungsverzeichnisses, wonach subkutane Injektionen überhaupt nur bei Patienten mit erheblichen, z.T. schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen (etwa der Sehkraft oder der Feinmotorik) verordnungsfähig sind. Der Richtliniengeber geht somit, wie sich im Umkehrschluss ergibt, davon aus, dass alle anderen Versicherten subkutane Injektionen an sich selbst, ggf. nach Anleitung, durchführen können, medizinische Fachkenntnisse jedoch nicht erforderlich sind. Die regelrechte Ausführung der täglich wiederkehrenden Applikation des Insulins, gegebenenfalls auch vorangegangener Blutzuckermessungen und -anpassungen, kann im Falle des Beigeladenen zu 1 durch geschulte Laien, z.B. geschulte Betreuungspersonen erbracht werden, wobei davon auszugehen ist, dass ein Zeitumfang von fünf bis zehn Minuten je Applikation ausreicht (Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 6 KR 1290/11 – juris, Rn. 37 – auch zum Folgenden). Neben der Schulung ist dabei zwar auch eine Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal, wie z.B. dem behandelnden Hausarzt und/oder Diabetologen bzw. einem ambulanten Pflegedienst erforderlich. Diese Vernetzung mit entsprechend medizinisch ausgebildetem Fachpersonal dürfte bei Behinderteneinrichtungen ohnehin die Regel sein, zumal § 10 Abs. 3 WVO ausdrücklich die vertragliche Sicherstellung der besonderen ärztlichen Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und der medizinischen Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt fordert. Die Gefahr des Auftretens von Komplikationen sowie die Notwendigkeit der begleitenden Behandlung durch den Hausarzt bzw. des Diabetologen bis hin zu gegebenenfalls erforderlichen kurzeitigen Klinikaufenthalten besteht im Übrigen gleichermaßen bei nicht behinderten Menschen mit Diabeteserkrankung, die die Blutzuckerbestimmung sowie die Insulinapplikationen selbst vornehmen.

Dass geschulte Betreuungspersonen subkutane Injektionen übernehmen können, wird auch dadurch bestätigt, dass diese von der Mutter des Beigeladenen zu 1 durchgeführt werden, wenn er sich zu Hause aufhält. Dass die Mutter des Beigeladenen zu 1 besondere medizinische Fachkenntnisse hat, hat der Kläger nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den vorliegenden Akten.

Nicht erheblich ist, ob der Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII oder die Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2 vom 21. Mai 2015 eine entsprechende Verpflichtung der Beigeladenen zu 2 enthalten. Dies verneint zumindest die Beigeladenen zu 2 und macht geltend, dass nach dem Stellenschlüssel auch keine entsprechenden Fachkräfte vorgehalten werden. Dies kann aber nicht entgegen dem Gesetzes- bzw. Verordnungswortlaut zu einer Verlagerung der Leistungszuständigkeit auf die Beklagte mittels entsprechender vertraglicher Regelungen führen. Andernfalls hätten es die Sozialhilfeträger und/oder Werkstätten in der Hand, Inhalt und Umfang der von ihnen zu erbringenden Leistungen selbst zu bestimmen und Leistungen zu Lasten anderer Kostenträger, hier der beklagten Krankenversicherung, auszugliedern. Erforderlichenfalls sind die Vereinbarung und die Personalausstattung der Werkstatt für behinderte Menschen der Rechtslage nach der Neufassung des § 37 SGB V anzupassen.

Aus den vom Kläger angeführten Urteilen des BSG vom 25. Februar 2015 (B 3 KR 10/14 R bzw. B 3 KR 11/14 – beide juris) folgt nichts anderes (so bereits Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 6 KR 1290/11 – juris, Rn. 40). Diese Urteile betrafen nicht Werkstätten für behinderte Menschen, sondern eine stationäre Einrichtung zur sozialpädagogisch betreuten Unterbringung wohnungsloser Menschen (BSG, Urteil vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – juris, Rn. 2) bzw. eine stationäre sozialtherapeutische Einrichtung der Wohnungslosenhilfe (BSG, Urteil vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – juris, Rn. 2). Für Werkstätten für behinderte Menschen gelten aber die zitierten bereichsspezifischen Regelungen (nämlich § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 10 der WVO sowie der HKP-Richtlinie). Im Übrigen handelte es sich bei den im Urteil des BSG vom 25. Februar 2015 (B 3 KR 11/14 R) genannten Injektionen erkennbar nicht um lediglich subkutan zu verabreichende Insulininjektionen, für die keine medizinische Ausbildung erforderlich ist, denn der dortige Versicherte litt nicht an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus, sondern an einem Fußgeschwür (vgl. BSG vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – juris, Rn. 31). Der Versicherte im Verfahren B 3 KR 10/14 R litt unter HIV, Hepatits C, substituierter Drogenabhängigkeit und Enzphalitis mit Wesensveränderung (BSG, a.a.O., juris, Rn. 2). Das Urteil des BSG vom 22. April 2015 (B 3 KR 16/14 R – juris) betraf zwar unter anderem Insulininjektionen, jedoch nicht deren Verabreichung in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Das BSG hat im Übrigen gerade bezüglich der Pflichten von Eingliederungseinrichtungen darauf abgestellt, ob es um einfachste medizinische Maßnahmen geht, die im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können und keine medizinische Fachkunde erfordern (BSG vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 10/14 R – juris, Rn. 27; BSG vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 11/14 R – juris, Rn. 28; BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – juris, Rn. 32). Dies ist aber gerade bei Insulininjektionen der Fall, was im vorliegenden Fall nicht zuletzt dadurch belegt wird, dass außerhalb der Werkstatt die Mutter des Beigeladenen zu 1 die Insulininjektionen vornimmt.

cc) Ein Erstattungsanspruch des Klägers folgt schließlich auch nicht aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. Dabei kann offen bleiben, ob die streitige Behandlungspflege eine Leistung zur Teilhabe ist und in den Anwendungsbereich des § 14 SGB IX fällt. Denn ein Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX setzt voraus, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist als derjenige, der die Leistung tatsächlich erbracht hat, im konkreten Fall also, dass die Beklagte für die Leistung zuständig war und ist. Dies ist hier aber aus den oben dargelegten Gründen gerade nicht der Fall.

dd) Nachdem die Beklagte aus den oben dargelegten Gründen nicht für die Erbringung der Behandlungspflege zu Gunsten des Beigeladene zu 1 zuständig ist, kann der Kläger von der Beklagten schon deswegen auch nicht die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der zukünftigen Leistungen zu Gunsten des Beigeladenen zu 1 mit Erfolg beantragen.

4. Abweichend von dem Urteil des SG, in dem keine Entscheidung über die Tragung der Gerichtskosten getroffen wurde, war klarzustellen, dass die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge der Kläger zu tragen hat. Dies folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG i.V.m § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kostenprivilegierung des Sozialhilfeträgers nach § 64 Abs. 2 Satz 3 SGB X wird in Erstattungsstreitigkeiten wie den vorliegenden durch § 197a Abs. 3 SGG verdrängt (vgl. BSG, Beschluss vom 28. Januar 2016 – B 13 SF 3/16 S – juris, Rn. 8 f. m.w.N.). Die Kosten der Beigeladenen dem Kläger aufzulegen, wäre unbillig, da die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

6. Die Festsetzung des Streitwertes – auch für den ersten Rechtszug, nachdem dies im Urteil des SG unterblieben ist – beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Sie berücksichtigt einerseits die Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruchs von EUR 7.102,65 und andererseits, dass der Kläger auch die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der zukünftigen Leistungen zu Gunsten des Beigeladenen zu 1 begehrte. Insoweit ging der Senat von monatlichen durchschnittlichen Kosten von gerundet EUR 215,00 (EUR 7.102,65 geteilt durch 33 Monate) aus. Dies entspricht jährlichen Kosten in Höhe von EUR 2.580,00. Da ein Ende des Zeitraums, für den der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der zukünftigen Leistungen zu Gunsten des Beigeladenen zu 1 begehrte, nicht erkennbar ist, berücksichtigt der Senat dies mit dem dreijährigen Jahresbetrag, mithin EUR 7.740,00. Zusammen mit dem geltend gemachten Erstattungsbetrag ergibt sich ein Betrag von EUR 14.842,65.
Rechtskraft
Aus
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