Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 211 KR 1740/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 218/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5 000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten der Sache nach um den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene") in ihrer Tätigkeit als "Consultant" für die Klägerin in der Zeit vom 29. Januar 2007 bis zum 30. September 2012.
Die Beigeladene betrieb im Jahr 2007 ein Nagelstudio, aus welchem sie geringfügige Einnahmen erzielte. Sie nahm am 29. Januar 2007 eine Tätigkeit für die Klägerin als "Consultant" auf. Ein schriftlicher Vertrag wurde zunächst nicht abgeschlossen. Die Tätigkeit bestand im Wesentlichen darin, in einem zeitlichen Umfang von etwa 20 Stunden pro Woche für die Klägerin telefonisch Neukunden zu werben. Die Beigeladene nutzte zunächst ausschließlich einen Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle der Klägerin, welcher ihr nur während der Betriebszeiten zwischen 8.00 Uhr und 16.30 Uhr zur Verfügung stand. Innerhalb dieses Zeitfensters stand es der Beigeladenen frei, wann sie arbeitete. Es gab allerdings eine Absprache mit der Klägerin, an welchen Tagen sie tätig war. Die Beigeladene erhielt 12,00 Euro die Stunde und rechnete monatlich mit der Klägerin ab.
Am Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle der Klägerin hatte die Beigeladene Zugang zum Computersystem der Klägerin und zum Internet. Er befand sich in einem Büro, in welchem sich meistens auch zwei festangestellte Mitarbeiter aufhielten, die ebenfalls in der Telefonakquise tätig waren. Die Beigeladene wurde in einen E Mail Verteiler für die in der Akquise tätigen Mitarbeiter aufgenommen. Sie recherchierte über Datenbanken im Internet Unternehmen, welche als Kunden in Betracht kamen. Sie musste die Suche dabei auf bestimmte Postleitzahlenbereiche beschränken. Sie suchte insbesondere in solchen Branchen, die nach Auswertungen der Klägerin besonders erfolgversprechend waren. Ihre Suchergebnisse glich die Beigeladene vor der Kontaktaufnahme mit der Datenbank der Klägerin ab, um zu verhindern, dass mögliche Kunden doppelt kontaktiert würden. Die Beigeladene bearbeitete die Kundenkontakte im Computersystem der Klägerin weiter, die von bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern der Klägerin angelegt worden waren. Bei ihrer Gesprächsführung am Telefon orientierte sie sich an Vorgaben der Klägerin in einem Telefonleitfaden. Zudem wurde sie zu Beginn der Tätigkeit von der Klägerin geschult. Sie tauschte sich mit den festangestellten Mitarbeitern in ihrem Büro über Verbesserungsmöglichkeiten bei der Telefonakquise aus. Wie erfolgreich die Beigeladene und die festangestellten Mitarbeiter waren, wurde von der Klägerin am Monatsende vergleichend in einer E-Mail dargestellt.
Am 12. November 2009 stellten die Klägerin und die Beigeladene einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten.
Im Verwaltungsverfahren reichte die Beigeladene u. a. Kopien von Rechnungen unter der Firma M (bzw. M) Hand- und Nagelpflege ein und beantwortete einen von der Beklagten mit Schreiben vom 7. September 2011 aufgestellten Fragekatalog.
Nach vorangegangener Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. November 2011 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen fest, dass diese seit dem 29. Januar 2007 ihre Tätigkeit als Consulting bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spreche, dass die Tätigkeit persönlich ausgeübt werde, Art und Weise der Ausübung von der Klägerin vorgegeben werde und sich die Tätigkeit nicht von der festangestellten Mitarbeiter unterscheide.
Gegen diesen ihr nach eigenen Angaben am 12. Dezember 2011 zugegangenen Bescheid legte die Klägerin am 11. Januar 2012 Widerspruch ein. Es sei falsch anzunehmen, dass die Beigeladene regelmäßig an Schulungen teilnehme. Der Inhalt der Tätigkeit werde ihr nicht vorgegeben, allenfalls Ziele, beispielsweise eine bestimmte Anzahl von Neukunden zu akquirieren. Es bestehe keine Verpflichtung, die Hard- und Software der Klägerin zu benutzen. Die Beigeladene habe lediglich die Möglichkeit, dies zu tun. Ihre Tätigkeit werde nicht kontrolliert und überwacht. Allenfalls die Arbeitsergebnisse, die Anzahl der Neukunden, würden kontrolliert.
Am 7. Februar 2012 schlossen die Klägerin und die Beigeladene eine schriftliche Vereinbarung über eine freie Mitarbeit. Nach Abschluss dieses Vertrages war die Beigeladene nicht mehr in der Betriebsstätte der Klägerin tätig, sondern mittels eines ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellten Notebooks von zu Hause aus. Mit diesem hatte sie – nach einer Übergangsphase – weiterhin Zugriff auf die Datenbank der Klägerin.
Mit Schreiben vom 30. August 2012 kündigte die Klägerin den Vertrag mit der Beigeladenen zum 30. September 2012.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 29. November 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2012 zurück (Zustellung: 19. September 2012).
Hiergegen hat die Klägerin am 8. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie u. a. ergänzend vorgebracht, dass die Beigeladene unter Beachtung der Richtlinien für das angestrebte Kundenklientel frei in der Entscheidung gewesen sei, welche Neukunden sie wann und wie kontaktiert habe. Sie hätte in der Art und Weise, wie die Telefonate geführt worden seien, keine Weisungen beachten müssen. Die Klägerin habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Gesprächsführung zu überwachen oder sonst Einfluss zu nehmen. Die Beigeladene habe die Kontakte nach eigenem Ermessen weiter bearbeitet und entschieden, welche Neukunden kontaktiert werden sollten. Sie habe die passenden Schreiben ausgesucht. Ihre Tätigkeit habe sich von der der festangestellten Mitarbeiter insbesondere dadurch unterschieden, dass die Arbeit der Festangestellten kontrolliert worden sei und diese Tätigkeitsprotokolle hätten schreiben müssen, nach vorgegebenen Adressen hätten suchen müssen und Urlaub hätten beantragen müssen. Die Beigeladene habe daneben ein Nagelpflegestudio betrieben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 4. Mai 2015 sind die Prokuristin der Klägerin R und die Beigeladene angehört worden.
Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Es überwögen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die Beigeladene sei eng in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie sei nach außen hin in deren Namen für diese werbend aufgetreten. Ihr sei in der Geschäftsstelle ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden. Nur dort habe sie bis zum Abschluss des Neuvertrages am 4. Februar 2012 gearbeitet. Dies war ihr nur zu den üblichen Geschäftszeiten der Klägerin möglich. Eigene Betriebsmittel habe sie nicht verwendet. Dass die Beigeladene innerhalb der Geschäftszeiten selbst darüber habe entscheiden können, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie ihre etwa 20 Wochenstunden umfassende Tätigkeit ausübe, spreche noch nicht für eine selbständige Tätigkeit, sondern sei eher typisch für eine abhängige Tätigkeit in Teilzeit. Dies gelte umso mehr, als die Beigeladene bei Verhinderung die Niederlassungsleiterin der Klägerin informiert und nach Auskunft der Beigeladenen eine Absprache mit der Klägerin bestanden habe, an welchen Tagen sie tätig werde. Auch sei sie in einen E-Mail Verteiler der Klägerin aufgenommen worden, über den die Klägerin auch mit festangestellten Mitarbeitern kommuniziert habe. Der Arbeitsplatz der Beigeladenen habe sich im Raum mit den festangestellten Akquisemitarbeitern befunden, mit welchen sich diese ausgetauscht habe. Sie habe zumindest teilweise auch an internen Besprechungen teilgenommen. All dies lasse auf eine weitgehende Eingliederung in den Betriebsablauf schließen, wie dies für die abhängige Beschäftigung typisch sei. Darüber hinaus habe die Beigeladene jedenfalls hinsichtlich der Art der Ausübung ihrer Tätigkeit Weisungen unterlegen. Sie habe Telefongespräche in einer von der Klägerin in Leitfäden und Schulungen vorgegebenen Weise führen und für die Klägerin nach einem Muster werben müssen. Schriftliche Korrespondenz mit Kunden habe sie mithilfe von Musterschreiben der Klägerin erledigt. Damit sei ihr eine im Wesentlichen freie Gestaltung ihrer Tätigkeit, wie dies bei Selbständigen üblich sei, nicht möglich gewesen. Die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen, hätten daneben kein Gewicht. Auch in dem Zeitraum nach Abschluss des Vertrages über freie Mitarbeit überwögen die Elemente abhängiger Beschäftigung. Die gelebte Vertragsbeziehung habe entgegen der Vereinbarung weiterhin einer abhängigen Tätigkeit entsprochen. Zwar sei die Beigeladene nicht mehr so stark wie zuvor in den Betrieb eingegliedert gewesen, weil sie von zu Hause aus tätig gewesen sei und sie sich ihre Zeit habe frei einteilen können. Die anderen für eine abhängige Tätigkeit sprechenden Elemente, insbesondere die Tätigkeit nach Leitlinien der Klägerin, Auftreten in deren Namen, Zur-Verfügung Stellen der Betriebsmittel durch die Klägerin, persönliche Leistungserbringung, Mitteilungspflicht bei Erkrankung oder sonstiger Dienstverhinderung innerhalb eines Tages gemäß Nr. 2.1 Abs. 3 des Vertrages über freie Mitarbeit, seien jedoch unverändert prägend gewesen. Für eine abhängige Tätigkeit spreche auch, dass sich die Beigeladene in einem Schreiben vom 4. September 2012 ausdrücklich bei der Klägerin für die "tolle Möglichkeit, meine Tätigkeit für A als Consultant im Home Office zu verwirklichen", bedankt habe. Bei einer selbständigen Tätigkeit hätte es keines solchen Entgegenkommens bedurft, weil die Tätigkeit von eigener Betriebsstätte aus selbstverständlich gewesen wäre.
Gegen dieses ihr am 15. Mai 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 15. Juni 2015.
Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die vom Sozialgericht im angefochtenen Urteil angeführten Punkte könnten nicht zu einer Bewertung der Tätigkeit als Arbeitsverhältnis führen. Eine enge Einbindung der Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin habe nicht bestanden. Kein Kriterium sei, dass die Beigeladene nach außen hin im Namen der Klägerin aufgetreten sei. Dies machten selbständige Versicherungsvertreter und selbständige Handelsvertreter ebenfalls. Auch solche Handelsvertreter würden in E-Mail-Verteiler aufgenommen. Auch bei selbständigen Handels- bzw. Versicherungsvertretern sei ein Vergleich der Leistungen der Mitarbeiter üblich. Diese benutzen ebenfalls Produktleitfäden und würden geschult. Sie erhielten auch Musterschreiben und Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Die Beigeladene sei auch nicht gezwungen gewesen, den Arbeitsplatz in den Räumen der Klägerin zu nutzen.
Ein Weisungsrecht im Sinne des § 106 Gewerbeordnung habe nicht bestanden. Das Vorhandensein von Schwankungen in der Zahl der geleisteten Wochenstunden zeige, dass keine persönliche Abhängigkeit und kein Weisungsrecht vorlägen. Es läge eine Parallele zu dem Urteil des Senats vom 4. Mai 2016 (L 1 KR 397/15) vor.
Sie beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2015 abzuändern,
2. den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2012 aufzuheben sowie
3. festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Consultant bei der Klägerin in der Zeit vom 29. Januar 2007 bis zum 30. September 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten im Verwaltungsverfahren und vor Gericht eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Alle Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 4. Juli 2016 hingewiesen worden.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit scheidet auch eine Feststellung einer gegenteiligen Rechtslage aus.
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris-Rdnr. 16).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Beigeladene für die Klägerin im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständige tätig wurde, sind die für ihre Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Hier ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin und die Beigeladene auch zu Beginn der Beschäftigung 2007 eine Tätigkeit auf freier Basis vereinbart haben. Allerdings ist bereits die Vereinbarung von Dienstleistungen und die Abrechnung nach Stunden und nicht von Werkleistungen (zum Beispiel nachgewiesene Kundenkontakte) ein Indiz für eine vertragliche Bindung auf Basis abhängiger Beschäftigung. Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht ohnehin aus dem Gesetz. Entsprechend kann sie nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris-Rdnr. 17; Urt. v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris-Rdnr. 17).
Ausgehend hiervon hat das SG zutreffend sowohl für den Zeitraum, in welchem ein schriftlicher Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen nicht bestanden hat, als auch für die Zeit unter Geltung der schriftlichen Vereinbarung zutreffend ausgeführt und begründet, weshalb hier von abhängiger Beschäftigung auszugehen ist. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die umfangreiche Begründung verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
Die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin unterscheidet sich in relevanter Hinsicht von der der Beigeladenen im Urteil des Senats vom 4. Mai 2016 (L 1 KR 397/15 - juris). Diese war in ihrer Tätigkeit als telefonische Beraterin eines "virtuellen Call Centers" einem Unternehmerrisiko ausgesetzt, weil sie nur bei eingehenden Anrufen eine entsprechende Vergütung erhielt. Hingegen hat die hiesige Beigeladene eine ganz normale Stundenvergütung unabhängig von der Tätigkeit erhalten. Ein Unternehmerrisiko bestand nicht. Es gab nicht einmal eine erfolgsabhängige Vergütungskomponente. Die Tätigkeit der Beigeladenen im Urteil vom 4. Mai 2016 wurde ausschließlich mit eigenem Equipment im eigenen Büro durchgeführt. Hingegen arbeitete die hiesige Beigeladene überwiegend in den Räumen der Klägerin mit der dortigen Ausstattung. Der Senat teilt die Auffassung des SG, das die Zur-Verfügung-Stellung eines Arbeitsplatzes ein Kriterium für eine Eingliederung in den Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV darstellt. Noch im letzten halben Jahr ihrer Tätigkeit im Home Office wurde ihr ein Computer zur Verfügung gestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung, die unanfechtbar ist, folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten der Sache nach um den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene") in ihrer Tätigkeit als "Consultant" für die Klägerin in der Zeit vom 29. Januar 2007 bis zum 30. September 2012.
Die Beigeladene betrieb im Jahr 2007 ein Nagelstudio, aus welchem sie geringfügige Einnahmen erzielte. Sie nahm am 29. Januar 2007 eine Tätigkeit für die Klägerin als "Consultant" auf. Ein schriftlicher Vertrag wurde zunächst nicht abgeschlossen. Die Tätigkeit bestand im Wesentlichen darin, in einem zeitlichen Umfang von etwa 20 Stunden pro Woche für die Klägerin telefonisch Neukunden zu werben. Die Beigeladene nutzte zunächst ausschließlich einen Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle der Klägerin, welcher ihr nur während der Betriebszeiten zwischen 8.00 Uhr und 16.30 Uhr zur Verfügung stand. Innerhalb dieses Zeitfensters stand es der Beigeladenen frei, wann sie arbeitete. Es gab allerdings eine Absprache mit der Klägerin, an welchen Tagen sie tätig war. Die Beigeladene erhielt 12,00 Euro die Stunde und rechnete monatlich mit der Klägerin ab.
Am Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle der Klägerin hatte die Beigeladene Zugang zum Computersystem der Klägerin und zum Internet. Er befand sich in einem Büro, in welchem sich meistens auch zwei festangestellte Mitarbeiter aufhielten, die ebenfalls in der Telefonakquise tätig waren. Die Beigeladene wurde in einen E Mail Verteiler für die in der Akquise tätigen Mitarbeiter aufgenommen. Sie recherchierte über Datenbanken im Internet Unternehmen, welche als Kunden in Betracht kamen. Sie musste die Suche dabei auf bestimmte Postleitzahlenbereiche beschränken. Sie suchte insbesondere in solchen Branchen, die nach Auswertungen der Klägerin besonders erfolgversprechend waren. Ihre Suchergebnisse glich die Beigeladene vor der Kontaktaufnahme mit der Datenbank der Klägerin ab, um zu verhindern, dass mögliche Kunden doppelt kontaktiert würden. Die Beigeladene bearbeitete die Kundenkontakte im Computersystem der Klägerin weiter, die von bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern der Klägerin angelegt worden waren. Bei ihrer Gesprächsführung am Telefon orientierte sie sich an Vorgaben der Klägerin in einem Telefonleitfaden. Zudem wurde sie zu Beginn der Tätigkeit von der Klägerin geschult. Sie tauschte sich mit den festangestellten Mitarbeitern in ihrem Büro über Verbesserungsmöglichkeiten bei der Telefonakquise aus. Wie erfolgreich die Beigeladene und die festangestellten Mitarbeiter waren, wurde von der Klägerin am Monatsende vergleichend in einer E-Mail dargestellt.
Am 12. November 2009 stellten die Klägerin und die Beigeladene einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten.
Im Verwaltungsverfahren reichte die Beigeladene u. a. Kopien von Rechnungen unter der Firma M (bzw. M) Hand- und Nagelpflege ein und beantwortete einen von der Beklagten mit Schreiben vom 7. September 2011 aufgestellten Fragekatalog.
Nach vorangegangener Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. November 2011 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen fest, dass diese seit dem 29. Januar 2007 ihre Tätigkeit als Consulting bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spreche, dass die Tätigkeit persönlich ausgeübt werde, Art und Weise der Ausübung von der Klägerin vorgegeben werde und sich die Tätigkeit nicht von der festangestellten Mitarbeiter unterscheide.
Gegen diesen ihr nach eigenen Angaben am 12. Dezember 2011 zugegangenen Bescheid legte die Klägerin am 11. Januar 2012 Widerspruch ein. Es sei falsch anzunehmen, dass die Beigeladene regelmäßig an Schulungen teilnehme. Der Inhalt der Tätigkeit werde ihr nicht vorgegeben, allenfalls Ziele, beispielsweise eine bestimmte Anzahl von Neukunden zu akquirieren. Es bestehe keine Verpflichtung, die Hard- und Software der Klägerin zu benutzen. Die Beigeladene habe lediglich die Möglichkeit, dies zu tun. Ihre Tätigkeit werde nicht kontrolliert und überwacht. Allenfalls die Arbeitsergebnisse, die Anzahl der Neukunden, würden kontrolliert.
Am 7. Februar 2012 schlossen die Klägerin und die Beigeladene eine schriftliche Vereinbarung über eine freie Mitarbeit. Nach Abschluss dieses Vertrages war die Beigeladene nicht mehr in der Betriebsstätte der Klägerin tätig, sondern mittels eines ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellten Notebooks von zu Hause aus. Mit diesem hatte sie – nach einer Übergangsphase – weiterhin Zugriff auf die Datenbank der Klägerin.
Mit Schreiben vom 30. August 2012 kündigte die Klägerin den Vertrag mit der Beigeladenen zum 30. September 2012.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 29. November 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2012 zurück (Zustellung: 19. September 2012).
Hiergegen hat die Klägerin am 8. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie u. a. ergänzend vorgebracht, dass die Beigeladene unter Beachtung der Richtlinien für das angestrebte Kundenklientel frei in der Entscheidung gewesen sei, welche Neukunden sie wann und wie kontaktiert habe. Sie hätte in der Art und Weise, wie die Telefonate geführt worden seien, keine Weisungen beachten müssen. Die Klägerin habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Gesprächsführung zu überwachen oder sonst Einfluss zu nehmen. Die Beigeladene habe die Kontakte nach eigenem Ermessen weiter bearbeitet und entschieden, welche Neukunden kontaktiert werden sollten. Sie habe die passenden Schreiben ausgesucht. Ihre Tätigkeit habe sich von der der festangestellten Mitarbeiter insbesondere dadurch unterschieden, dass die Arbeit der Festangestellten kontrolliert worden sei und diese Tätigkeitsprotokolle hätten schreiben müssen, nach vorgegebenen Adressen hätten suchen müssen und Urlaub hätten beantragen müssen. Die Beigeladene habe daneben ein Nagelpflegestudio betrieben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 4. Mai 2015 sind die Prokuristin der Klägerin R und die Beigeladene angehört worden.
Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Es überwögen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die Beigeladene sei eng in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie sei nach außen hin in deren Namen für diese werbend aufgetreten. Ihr sei in der Geschäftsstelle ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden. Nur dort habe sie bis zum Abschluss des Neuvertrages am 4. Februar 2012 gearbeitet. Dies war ihr nur zu den üblichen Geschäftszeiten der Klägerin möglich. Eigene Betriebsmittel habe sie nicht verwendet. Dass die Beigeladene innerhalb der Geschäftszeiten selbst darüber habe entscheiden können, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie ihre etwa 20 Wochenstunden umfassende Tätigkeit ausübe, spreche noch nicht für eine selbständige Tätigkeit, sondern sei eher typisch für eine abhängige Tätigkeit in Teilzeit. Dies gelte umso mehr, als die Beigeladene bei Verhinderung die Niederlassungsleiterin der Klägerin informiert und nach Auskunft der Beigeladenen eine Absprache mit der Klägerin bestanden habe, an welchen Tagen sie tätig werde. Auch sei sie in einen E-Mail Verteiler der Klägerin aufgenommen worden, über den die Klägerin auch mit festangestellten Mitarbeitern kommuniziert habe. Der Arbeitsplatz der Beigeladenen habe sich im Raum mit den festangestellten Akquisemitarbeitern befunden, mit welchen sich diese ausgetauscht habe. Sie habe zumindest teilweise auch an internen Besprechungen teilgenommen. All dies lasse auf eine weitgehende Eingliederung in den Betriebsablauf schließen, wie dies für die abhängige Beschäftigung typisch sei. Darüber hinaus habe die Beigeladene jedenfalls hinsichtlich der Art der Ausübung ihrer Tätigkeit Weisungen unterlegen. Sie habe Telefongespräche in einer von der Klägerin in Leitfäden und Schulungen vorgegebenen Weise führen und für die Klägerin nach einem Muster werben müssen. Schriftliche Korrespondenz mit Kunden habe sie mithilfe von Musterschreiben der Klägerin erledigt. Damit sei ihr eine im Wesentlichen freie Gestaltung ihrer Tätigkeit, wie dies bei Selbständigen üblich sei, nicht möglich gewesen. Die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen, hätten daneben kein Gewicht. Auch in dem Zeitraum nach Abschluss des Vertrages über freie Mitarbeit überwögen die Elemente abhängiger Beschäftigung. Die gelebte Vertragsbeziehung habe entgegen der Vereinbarung weiterhin einer abhängigen Tätigkeit entsprochen. Zwar sei die Beigeladene nicht mehr so stark wie zuvor in den Betrieb eingegliedert gewesen, weil sie von zu Hause aus tätig gewesen sei und sie sich ihre Zeit habe frei einteilen können. Die anderen für eine abhängige Tätigkeit sprechenden Elemente, insbesondere die Tätigkeit nach Leitlinien der Klägerin, Auftreten in deren Namen, Zur-Verfügung Stellen der Betriebsmittel durch die Klägerin, persönliche Leistungserbringung, Mitteilungspflicht bei Erkrankung oder sonstiger Dienstverhinderung innerhalb eines Tages gemäß Nr. 2.1 Abs. 3 des Vertrages über freie Mitarbeit, seien jedoch unverändert prägend gewesen. Für eine abhängige Tätigkeit spreche auch, dass sich die Beigeladene in einem Schreiben vom 4. September 2012 ausdrücklich bei der Klägerin für die "tolle Möglichkeit, meine Tätigkeit für A als Consultant im Home Office zu verwirklichen", bedankt habe. Bei einer selbständigen Tätigkeit hätte es keines solchen Entgegenkommens bedurft, weil die Tätigkeit von eigener Betriebsstätte aus selbstverständlich gewesen wäre.
Gegen dieses ihr am 15. Mai 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 15. Juni 2015.
Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die vom Sozialgericht im angefochtenen Urteil angeführten Punkte könnten nicht zu einer Bewertung der Tätigkeit als Arbeitsverhältnis führen. Eine enge Einbindung der Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin habe nicht bestanden. Kein Kriterium sei, dass die Beigeladene nach außen hin im Namen der Klägerin aufgetreten sei. Dies machten selbständige Versicherungsvertreter und selbständige Handelsvertreter ebenfalls. Auch solche Handelsvertreter würden in E-Mail-Verteiler aufgenommen. Auch bei selbständigen Handels- bzw. Versicherungsvertretern sei ein Vergleich der Leistungen der Mitarbeiter üblich. Diese benutzen ebenfalls Produktleitfäden und würden geschult. Sie erhielten auch Musterschreiben und Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Die Beigeladene sei auch nicht gezwungen gewesen, den Arbeitsplatz in den Räumen der Klägerin zu nutzen.
Ein Weisungsrecht im Sinne des § 106 Gewerbeordnung habe nicht bestanden. Das Vorhandensein von Schwankungen in der Zahl der geleisteten Wochenstunden zeige, dass keine persönliche Abhängigkeit und kein Weisungsrecht vorlägen. Es läge eine Parallele zu dem Urteil des Senats vom 4. Mai 2016 (L 1 KR 397/15) vor.
Sie beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2015 abzuändern,
2. den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2012 aufzuheben sowie
3. festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Consultant bei der Klägerin in der Zeit vom 29. Januar 2007 bis zum 30. September 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten im Verwaltungsverfahren und vor Gericht eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Alle Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 4. Juli 2016 hingewiesen worden.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Damit scheidet auch eine Feststellung einer gegenteiligen Rechtslage aus.
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris-Rdnr. 16).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Beigeladene für die Klägerin im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständige tätig wurde, sind die für ihre Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Hier ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin und die Beigeladene auch zu Beginn der Beschäftigung 2007 eine Tätigkeit auf freier Basis vereinbart haben. Allerdings ist bereits die Vereinbarung von Dienstleistungen und die Abrechnung nach Stunden und nicht von Werkleistungen (zum Beispiel nachgewiesene Kundenkontakte) ein Indiz für eine vertragliche Bindung auf Basis abhängiger Beschäftigung. Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht ohnehin aus dem Gesetz. Entsprechend kann sie nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris-Rdnr. 17; Urt. v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris-Rdnr. 17).
Ausgehend hiervon hat das SG zutreffend sowohl für den Zeitraum, in welchem ein schriftlicher Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen nicht bestanden hat, als auch für die Zeit unter Geltung der schriftlichen Vereinbarung zutreffend ausgeführt und begründet, weshalb hier von abhängiger Beschäftigung auszugehen ist. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die umfangreiche Begründung verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
Die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin unterscheidet sich in relevanter Hinsicht von der der Beigeladenen im Urteil des Senats vom 4. Mai 2016 (L 1 KR 397/15 - juris). Diese war in ihrer Tätigkeit als telefonische Beraterin eines "virtuellen Call Centers" einem Unternehmerrisiko ausgesetzt, weil sie nur bei eingehenden Anrufen eine entsprechende Vergütung erhielt. Hingegen hat die hiesige Beigeladene eine ganz normale Stundenvergütung unabhängig von der Tätigkeit erhalten. Ein Unternehmerrisiko bestand nicht. Es gab nicht einmal eine erfolgsabhängige Vergütungskomponente. Die Tätigkeit der Beigeladenen im Urteil vom 4. Mai 2016 wurde ausschließlich mit eigenem Equipment im eigenen Büro durchgeführt. Hingegen arbeitete die hiesige Beigeladene überwiegend in den Räumen der Klägerin mit der dortigen Ausstattung. Der Senat teilt die Auffassung des SG, das die Zur-Verfügung-Stellung eines Arbeitsplatzes ein Kriterium für eine Eingliederung in den Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV darstellt. Noch im letzten halben Jahr ihrer Tätigkeit im Home Office wurde ihr ein Computer zur Verfügung gestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung, die unanfechtbar ist, folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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