L 1 KR 415/16 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KR 1143/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 415/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2016 wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Mai 2016 bis zum 31. Dezember 2016, längstens aber bis zum Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, Behandlungspflege gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu erbringen und dazu für die Pflege durch die die Leistung derzeit erbringenden Pflegeeinrichtung F, Fstraße B für den genannten Zeitraum eine Pauschale für Behandlungspflege in Heimen in Höhe von täglich 78,70 Euro statt täglich 56,- Euro zu übernehmen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

Gründe:

I. Der 1966 geborene Antragsteller leidet an Chorea Huntington, einem Minimal responsive state als Z. n. schwerem Schädelhirntrauma als Folge eines Sturzes aus großer Höhe im Jahr 2009, Z. n. multiplen Hirnkonsionsblutungen, einem traumatischen subdurales Hämatom und Hirnödem, Postraumatischer Hydrocephalus, Vorhandensein eines Zystostomas, Dysphagie, Z. n. Aspirationspneumonie, Vorhandensein einer PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie), Vorhandenseins eines Zystostomas sowie Harn- und Stuhlinkontinenz. Er ist aufgrund seiner Erkrankungen und Immobilität rund um die Uhr vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen und bedarf intensiver medizinischer und pflegerischer Versorgung. Bei ihm besteht ein sog. Minimal responsive state entsprechend einem Locked-in-Syndrom. Er ist nicht in der Lage sich verbal zu äußern, kann keine Aufforderungen befolgen und ist komplett bettlägerig.

Seine ihn behandelnde Ärztin Averordnete ihm am 20. November 2015 -wie auch in den Jahren zuvor- häusliche Krankenpflege in Form einer 24-stündigen Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft für das "TK (Trachealkanüle)- und Tracheostoma-Management mit Absaugung und Lagerung".

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass beim Antragsteller die Voraussetzungen eines Anspruches auf (häusliche) Krankenpflege ungeachtet der Unterbringung in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 37 Abs. 2 S. 3 SGB V besteht. Die Antragsgegnerin teilte der Pflegeeinrichtung unter dem 13. Januar 2016 mit, im Rahmen häuslicher Krankenpflege eine Pauschale für Behandlungspflege in Heimen vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 vorerst -bis zum Abschluss von vertraglichen Regelungen- 56 EUR pro Tag zu übernehmen. Für die entsprechenden Behandlungspflegeleistungen stellt die Pflegeeinrichtung dem Antragsteller gegenüber im Jahr 2016 jedoch 78,70 EUR täglich in Rechnung. Die entsprechende Differenz wird weder von der Pflegekasse noch dem zuständigen Sozialamt (Landrat des Landkreises O) noch dem mittellosen Antragssteller selbst gedeckt.

Im hiesigen Eilverfahren, das im Mai 2016 beim Sozialgericht Leipzig eingegangen ist und dem ein amtsgerichtliches Mahnverfahren vorgeschaltet gewesen ist, hat der Antragsteller durch seinen Vater als Betreuer, schriftlich beantragt, die Antragsgegnerin im Eilrechtsschutzverfahren zu verurteilen, die kalkulierten ca. 77 EUR an die F zu zahlen, da die 56 EUR unzumutbar seien. Er hat ausgeführt, es gehe im Kern darum, dass der Antragsteller in dieser Pflegeeinrichtung verbleiben könne. Es drohe, dass diese die weitere Pflege ablehne. Sie versuche zwar, die Differenz vom Sozialamt zu erhalten. Dieses stehe aber auf dem Standpunkt, die Krankenkasse sei zuständig.

Das Sozialgericht Berlin (SG), an welches der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 22. Juli 2016 abgelehnt (Zustellung: 27. Juli 2016). Es sei bereits kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich, weil sich aus den eingereichten Unterlagen der Pflegeeinrichtung ergebe, dass die Antragsgegnerin die ihr in Rechnung gestellten Forderungen spätestens seit Anfang 2016 voll begleiche. Es gebe auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese beabsichtige, die Pflege einzustellen. Mit Schreiben vom 25. Juli 2016 hat die F die Zahlung eines Gesamtrückstandes von rund 30.000 EUR angemahnt und die Kündigung des Heimvertrages angedroht.

Gegen den Beschluss des SG richtet sich die Beschwerde des Antragsstellers vom 23. August 2016.

Die F hat mit Kündigungsschreiben vom 2. September 2016 den Heimvertrag mit dem Antragsteller zum 30. September 2016 gekündigt.

Der Antragsteller hat zur Beschwerdebegründung darauf verwiesen, dass das SG in einem früheren Verfahren doch bereits entschieden habe, dass er einen Anspruch auf die verordnete Behandlungspflege habe. Ohne die lebenserhaltenden Maßnahmen drohe der Tod (Hinweis auf den Beschluss des 9. Senats im Haus vom 18. Dezember 2012 -L 9 KR 73/12 B ER).

Die Antragsgegnerin hat vorgebracht, die F sei als nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zugelassene Pflegeeinrichtung nach § 43 Abs. 2 SGB XI verpflichtet, auch die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Grundsätzlich seien diese mit den zwischen Pflegereinrichtung und Pflegekassen und Sozialhilfeträger vereinbarten Vergütungen abgegolten. Für Ausnahmefälle -wie hier- nach § 37 Abs. 2 S. 3 SGB V sei die Vergütung der Behandlungspflege in Verträgen nach § 132a SGB V zu vereinbaren. Ein solcher fehle hier. Bestünde ein solcher, verminderte sich der (SGB XI-)Pflegesatz für alle Heimbewohner, weil die Beträge der Behandlungspflege abgezogen würden. Entsprechendes sehe auch die von der F abgeschlossene (SGB XI-)Vergütungsvereinbarung vor. Die Pflegeeinrichtung würde also keine höhere Vergütung erhalten.

II.

Der Senat hat aufgrund der Eilbedürftigkeit und des vorläufigen Charakters der Entscheidung davon abgesehen, im Beschwerdeverfahren noch das zuständige Sozialamt oder das Pflegeheim F nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beizuladen.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2016 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 SGG zulässig und in der Sache begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Unrecht zur Gänze abgelehnt.

Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Hierfür sind grundsätzlich das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderlich. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -).

Hier ist letztlich nur eine Folgenabwägung möglich:

Es spricht allerdings einiges dafür, dass dem Antragsteller ein Anspruch in der Hauptsache zusteht. Ihm steht ein Anspruch auf Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 S. 3 SGB V im Umfang der Verordnung zu. Er ist– unstreitig – auf Grund seiner Erkrankungen rund um die Uhr vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen und bedarf der intensiven medizinischen und pflegerischen Versorgung. Er muss ganztägig durch eine geeignete Pflegekraft individuell kontrolliert werden, damit er bei unvorhersehbaren Komplikationen sofort adäquat pflegerisch versorgt werden kann. Allerdings könnte der entsprechende Sachleistungsanspruch zumindest für die Zeit bis 30. September 2016 erloschen sein bzw. noch erfüllt werden, indem die Pflegeeinrichtung die Behandlungspflege übernommen hat bzw. aktuell noch übernimmt. Dagegen spricht allerdings, dass die Antragsgegnerin selbst von einem sogenannten vertragslosen Zustand ausgeht, weil die Leistung nicht aufgrund einer (SGB-V)Vergütungsvereinbarung erbracht wird. Der Antragsteller sieht sich Vergütungsansprüchen der Pflegeeinrichtung ausgesetzt. Aus seiner Sicht leistet die Krankenkasse die Sachleistung schon jetzt nicht, sondern statt dessen einen nicht ausreichenden Kostenbeitrag. Ab Oktober ist der Anspruch auf Behandlungspflege nach aktuellem Sachstand gänzlich ungesichert. Umgekehrt spricht nach derzeitigem Aktenstand einiges dafür, dass die Pflegeeinrichtung gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Zahlung des jetzt vorläufig zugesprochenen Betrages hat. Es ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) anerkannt, dass ein Pflegeunternehmen trotz vertragslosem Zustand einen Anspruch auf Vergütung auf bereicherungsrechtlicher Grundlage hat. Erbringt ein Pflegedienst im vertragslosen Zustand an die Versicherten einer gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen der häuslichen Krankenpflege, auf welche jene gegenüber ihrer Krankenkasse Anspruch haben, so ist die Krankenkasse dadurch bereichert, dass der gegen sie gerichtete Anspruch der Versicherten auf Leistung erfüllt wird und damit untergeht. Es handelt sich um einen Fall der Leistungskondiktion im Dreiecksverhältnis (BSG, Urt. v. 13. Mai 2004- B 3 KR 2/03 R – juris Rdnr 20; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 4. Juli 2006 – L 24 KR 1127/05 - juris Rdnr 37, Urteil des Senats vom 08. November 2013 – L 1 KR 47/11 –, Rdnr. 27, juris). Ein Bereicherungsausgleich ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei Krankenpflegeleistungen im vertragslosen Zustand grundsätzlich um eine aufgedrängte Bereicherung der Krankenkassen handeln würde. Davon könnte nur ausgegangen werden, wenn die Krankenkassen sich ausdrücklich gegen die Übernahme der Leistungen durch bestimmte Pflegedienste verwahrt hätten (LSG Hamburg, Urteil v. 31. Oktober 2007 – L 1 KR 21/07 – juris Rdnr. 35). Hier dagegen hat die Beklagte die Übernahme der Leistungen an ihren Versicherten durch die Fjedenfalls geduldet. Sie hat trotz vertragslosem Zustand eine Teilvergütung entrichtet und bislang dem Antragsteller gegenüber nicht auf Verlegung eine Pflegeeinrichtung mit Vergütungsvereinbarung gedrängt.

Es ist auch von Eilbedürftigkeit auszugehen: Dem Antragsteller, vertreten durch seinen Vater, und womöglich auch ihm selbst ist der aktuelle Schwebezustand unzumutbar. Die pflegerische Situation darf nicht ungeklärt bleiben, weil sie -wie ausgeführt- lebensnotwendig ist.

Bei ungeklärter Rechtslage ist über den Erlass einer begehrten einstweiligen Anordnung ist auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu entscheiden. Drohen einem Versicherten ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere, unzumutbare und anders nicht abwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, verlangt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nämlich auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich von den Sozialgerichten eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, die sich von der im Hauptsacheverfahren nicht unterscheidet (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216); NJW 2003, 1236f.). Sind die Sozialgerichte aber schon durch eine Vielzahl von anhängigen entscheidungsreifen Rechtsstreitigkeiten belastet oder ist zu besorgen, dass sich die Gefahr einer Beeinträchtigung des Lebens, der Gesundheit oder der körperlichen Unversehrtheit des Versicherten alsbald verwirklicht, verbieten sich zeitraubende Ermittlungen. In solchen Fällen, die in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel vorliegen werden, hat sich die Entscheidung an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu orientieren (BVerfG NJW 2003, 1236f.). Dabei ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Folgenabwägung vorzunehmen, bei der regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird. Abzuwägen sind stattdessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, obwohl dem Versicherten die streitbefangene Leistung zusteht, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, obwohl er hierauf keinen Anspruch hat (vgl. hierzu Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, § 32 Rdnr. 177 mit umfassenden Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Hierbei ist insbesondere die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch den Verfassungsgeber getroffene objektive Wertentscheidung zu berücksichtigen. Danach haben alle staatlichen Organe die Pflicht, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit zu stellen (vgl. BVerfGE 56, 54 (73)). Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren vor den Sozialgerichten bedeutet dies, dass die Grundrechte der Versicherten auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit zur Geltung zu bringen sind, ohne dabei die ebenfalls der Sicherung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG dienende Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. §§ 1, 2 Abs. 1 und 4 SGB V), ihren Versicherten nur wirksame und hinsichtlich der Nebenwirkungen unbedenkliche Leistungen zur Verfügung zu stellen, sowie die verfassungsrechtlich besonders geschützte finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 68, 193 ( 218)) aus den Augen zu verlieren. Besteht die Gefahr, dass ein Versicherter ohne die Gewährung der umstrittenen Leistung vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens stirbt oder er schwere oder irreversible gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet, ist die begehrte Leistung regelmäßig zu gewähren, wenn das Gericht nicht auf Grund eindeutiger Erkenntnisse davon überzeugt ist, dass die begehrte Leistung unwirksam oder medizinisch nicht indiziert ist oder ihr Einsatz mit dem Risiko behaftetet ist, die abzuwendende Gefahr auf andere Weise zu verwirklichen. Dagegen dürfen die Sozialgerichte die begehrte Leistung im Rahmen der Folgenabwägung versagen, wenn die Beeinträchtigung des Versicherten im Wesentlichen nur darin besteht, dass er die begehrte Leistung zu einem späteren Zeitpunkt erhält, ohne dass sie dadurch für ihn an Wert verliert, weil die Beeinträchtigung der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG genannten Rechtsgüter auch durch eine spätere Leistungsgewährung noch beseitigt werden kann. Nur eine an diesen Grundsätzen orientierte Vorgehensweise wird dem vom Gesetzgeber in allen Prozessordnungen vorgesehenen Vorrang des nachgehenden Rechtschutzes vor dem vorläufigen Rechtsschutz sowie dem sich aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz gerecht, dass die Leistungsgewährung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Ausnahme und nicht die Regel sein soll (Beschlüsse des Senats vom 24. Juni 2014 – L 1 KR 167/14 B ER und vom 3. Februar 2014 – L 1 KR 30/14 B ER – und Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 10. Februar 2014 – L 9 KR 293/13 B ER -).

Unter Beachtung der genannten Grundsätze hat der Antragsteller einen Anspruch auf die begehrte einstweilige Verpflichtung. Es ist unzumutbar, dass der hier bestehende Streit, wer für die Behandlungspflege letztlich aufzukommen hat, auf seinem -bzw. dem seines Vertreters- ausgetragen wird und das Risiko besteht, dass die spezifischen Behandlungspflegemaßnahmen der lückenlosen Überwachung ganz oder teilweise eingestellt werden. Etwaige Vermutungen, die Pflegeeinrichtung werde dies schon nicht machen, wären spekulativ. Bereits die jedenfalls verbleibende Unsicherheitssituation ist untragbar. Wie die F auf Nachfrage des Senats zugesichert hat, wird die Kündigung des Heimvertrages, mit dem die überlebensnotwendige Betreuung des Antragstellers derzeit gewährleistet wird, zurückgenommen, soweit die Antragsgegnerin jedenfalls für die Zeit ab Mai 2016 bis zum Ende des aktuellen Verordnungszeitraumes zur vorläufigen Übernahme der Behandlungspauschale im tenorierten Umfang verpflichtet ist. Der Zeitraum bis 31. Dezember 2016 erscheint dem Senat auch im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin eine alternative Pflegeversorgung frühestens mit einem entsprechenden zeitlichen Vorlauf gewährleisten könnte, angemessen. Da einstweilige Anordnungen grundsätzlich nur zukunftsbezogen eilbedürftig sein können, war die Verpflichtung auf den Zeitraum ab Geltendmachung des entsprechenden gerichtlichen Begehren zu beschränken. Klarstellend war die Beschwerde deshalb im Übrigen zurückzuweisen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Der Antrag hat überwiegend Erfolg.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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