Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SB 1662/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3818/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.08.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die (Neu-)Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 50.
Bei dem 1965 geborenen Kläger war seit 29.10.1997 ein GdB von 30 festgestellt [Bescheid des Versorgungsamtes Karlsruhe vom 01.09.1998, Bl. 42 der Verwaltungsakten des Beklagten (VA)]. Dem lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde: - Reizmagen, Teil-GdB 10, - degeneratives Wirbelsäulensyndrom nach thorakolumbalem Morbus Scheuermann, Teil-GdB 20, - obstruktive Emphysembronchitis, Teil-GdB 20 (versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 02.04.1998, Bl. 36 R VA).
Einen Neufeststellungsantrag vom 13.09.2011 lehnte das LRA mit Bescheid vom 19.10.2011 (Bl. 52/53 VA) ab.
Am 07.08.2013 stellte der Kläger beim Landratsamt Karlsruhe – Amt für Versorgung und Rehabilitation – (LRA) einen Antrag auf Erhöhung des GdB und verwies auf ein Wirbelsäulenleiden, Morbus Scheuermann und ein Bronchialleiden.
Das LRA zog von Dr. medic/IMF K. B. den Befundbericht vom 15.08.2013 sowie Arztbriefe des Orthopäden Dr. C., des Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie, Orthopädie und Traumatologie des SRH Klinikums K., des Radiologen Dr. K. und des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. (Bl. 65/70 VA) sowie einen Befundbericht von dem Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. (Bl. 74/75 VA) bei.
In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.11.2013 (Bl. 78/79 VA) bewertete Dr. H. den Gesamt-GdB mit 40 und die Funktionsbeeinträchtigungen im Einzelnen wie folgt: - Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wachstumsstörung (Scheuermann`sche Krankheit), Teil-GdB 30, - Obstruktive Emphysembronchitis, Teil-GdB 20, - Reizmagen, Teil-GdB 10.
Dementsprechend stellte das LRA mit Bescheid vom 11.11.2013 (Bl. 81/82 VA) den GdB mit 40 seit 07.08.2013 fest.
Dagegen legte der Kläger am 10.12.2013 Widerspruch ein. Er sei 48 Jahre alt und könne somit nicht an Wachstumsstörungen leiden. Er leide an einer Hyperkyphose mit einem Neigungswinkel von über 80° in Verbindung mit einer Skoliose und in der Folge Dorsolumbalgien und einer Kyphose der Halswirbelsäule. Es bestünden Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen, die mit einem GdB von 50 zu bewerten seien. Zudem beanstandete er die fehlende Berücksichtigung von Einschränkungen beim Atmen durch die Wirbelsäulenverformung sowie einer Meniskus-Operation am linken Kniegelenk und einer Arthrose im Bereich des Kniegelenks, die die Beweglichkeit schmerzhaft herabsetze und mit einem GdB von 20 zu berücksichtigen sei. Insgesamt seien ein GdB von mehr als 60 und eine Gehbehinderung festzustellen. Zusätzlich machte er geltend, dass bereits der Bescheid vom 19.10.2011 fehlerhaft gewesen sei, und bat insoweit um eine rückwirkende Berücksichtigung.
Das LRA zog die Befundangaben von Dr. C. vom 18.03.,2014 bei, denen u.a. der ärztliche Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. GmbH Am See vom 03.12.2013 (Bl. 108/121 VA) beigefügt war.
Der Versorgungsarzt Dr. B. schlug unter dem 28.03.2014 (Bl. 126/127 VA) den Gesamt-GdB mit 50 unter Zugrundelegung eines Teil-GdB von 50 für die Wirbelsäulenschäden und eines Teil-GdB von nur noch 10 für eine obstruktive Emphysembronchitis vor. Eine Funktionsbehinderung des Kniegelenkes sei nicht nachgewiesen.
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.04.2014 stellte das LRA den GdB mit 50 seit 07.08.2013 fest. Darüber hinaus bewertete es den GdB für die Zeit ab 13.09.2011 bis 12.03.2013 mit 40 und für die Zeit ab 13.03.2013 bis 06.08.2013 mit 50.
Mit Bescheid vom 03.04.2014 lehnte das LRA die Feststellung des Merkzeichens G ab.
Den Widerspruch gegen die Höhe des GdB verfolgte der Kläger nach dem Teil Abhilfebescheid vom 02.04.2014 weiter und legte zudem Widerspruch gegen die Ablehnung des Merkzeichens G ein (Schreiben vom 07.04.2014).
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.11.2013 in der Fassung des Bescheides vom 02.04.2014 wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – (RP) mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2014 (Bl. 141/143 VA) zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2014 wies das RP auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.04.2014 (Ablehnung des Merkzeichens G) zurück.
Am 14.05.2014 erhob der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.04.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er machte weiterhin eine unzureichende Bewertung der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule sowie arthrotischer Kniegelenksveränderungen links geltend. Zusätzlich benannte er eine Funktionsstörung im Bereich der linken Schulter.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. medic B. stimmte unter dem 01.08.2014 (Bl. 18/28 SG-Akte) der versorgungsärztlichen Einschätzung des Dr. B. vom 28.03.2014 zu. Der Facharzt für Orthopädie Dr. C. gab unter dem 06.08.2014 (Bl. 29/54 SG-Akte) und ergänzend unter dem 23.02.2015 (Bl. 68/69 SG-Akte) an, der Kläger habe Beschwerden von Seiten des Rückens und der linken Schulter geklagt. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule schätzte er als schwer, die der linken Schulter als mittelschwer ein und schlug den Gesamt-GdB unter Einbeziehung der linken Schulter mit 60 vor.
Bei dem vom SG beauftragten orthopädischen Gutachter stellte sich der Kläger nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.08.2015 wies das SG die Klage ab. Dabei bewertete es Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 50. Die von Dr. C. vertretene Einschätzung, eine Funktionsbeeinträchtigung der linken Schulter sei mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten, sei für das Gericht nicht nachvollziehbar. Eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens mit ambulanter Untersuchung des Klägers sei der Kammer nicht möglich gewesen. Funktionsbeeinträchtigungen des linken Kniegelenkes seien nicht nachgewiesen. Eine chronische Bronchitis sowie ein Magenleiden bewertete das SG mit Teil-GdB von jeweils 10.
Am 09.09.2015 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er beruft sich weiterhin auf eine unzureichende Bewertung der Wirbelsäulenschäden. Dem Gerichtsbescheid seien falsche Werte für die Zunahme der Kyphose-Krümmung zugrunde gelegt worden. Durch die zunehmende Kyphose-Krümmung komme es zu einem zunehmenden Drücken auf die inneren Organe. Auch neurologische Ausfälle bestünden. Unzutreffend sei das SG davon ausgegangen, es sei lediglich die Brustwirbelsäule betroffen. Vielmehr seien zusätzlich auch die Lendenwirbelsäule und die Halswirbelsäule betroffen. Den Zusammenhang Wirbelsäule mit Merkzeichen G habe das erstinstanzliche Gericht nicht herzustellen und zu erkennen vermocht. Behandlungen mit Schmerzmitteln seien bei seinen Ärzten nicht hinterfragt worden, weshalb er sich wundere, dass sein chronisches Magenleiden mit dem Gerichtsbescheid infrage gestellt werde. Es müsse die Auffassung vertreten werden, dass das erstinstanzliche Gericht die Sache durch die Entscheidung durch Gerichtsbescheid vor allem kurzfristig habe beenden wollen und an einer Sachaufklärung offensichtlich kein Interesse gehabt habe. Die Nichtberücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigungen der Schulter sei nicht nachvollziehbar. Insoweit lägen die Voraussetzungen für einen Teil-GdB von 20 vor. Die Bewertung einer chronischen Bronchitis mit einem Teil-GdB von 10 verwundere, weil der Beklagte selbst zunächst einen Teil-GdB von 20 angenommen habe und diesbezüglich ganz sicher keine Besserung eingetreten sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.08.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 zu verurteilen, bei ihm einen GdB von wenigstens 60 seit 07.08.2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Berufung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 16.09.2015 (Bl. 16/17 der Senatsakte) die Bewertung des Wirbelsäulenleidens für zutreffend. Die Feststellung des Merkzeichens G könne nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein.
Der Senat hat Dr. J. mit der Erstattung des orthopädischen Gutachtens vom 12.01.2016 (Bl. 42/53 der Senatsakte) beauftragt. Nach Untersuchung des Klägers am 08.01.2016 hat er einen erheblichen Rundrücken als Folge eines durchgemachten Morbus Scheuermann, eine weitgehend aufgehobene Beweglichkeit im unteren Brustwirbelsäulenbereich, eine diskrete thorakale Brustwirbelsäulenkyphose (gemeint: skoliose), rezidivierende Wirbelsäulensyndrome ohne neurologische Ausfälle und eine noch altersentsprechende Beweglichkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule festgestellt, die er mit einem Teil-GdB von 50 bewertet hat, wobei die Bewertung als grenzwertig hoch anzusehen sei. Auch ein Teil-GdB von nur 40 sei zu erwägen. Eine geringe Schultereckgelenksarthrose beidseits mit endgradiger Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks entsprechend einer Schulterteilsteife bedinge einen GdB von 10, ein diskreter Reizzustand des rechten Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung einen GdB von weniger als 10. Insgesamt hat der Gutachter den GdB auf 50 eingeschätzt.
Des Weiteren hat der Senat Dr. medic B. als sachverständigen Zeugen befragt. Unter dem 02.05.2016 (Bl. 66/69 der Senatsakte) hat er Diagnosen und Befunde mitgeteilt und lungenfachärztliche Arztbriefe vorgelegt.
Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten in der nicht-öffentlichen Sitzung am 27.06.2016 durch die Berichterstatterin erörtert worden. Auf die Niederschrift Bl. 77/79 der Senatsakte wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.08.2016 und des Beklagten vom 01.09.2016 haben die Beteiligten nach erneuter Antragstellung des Klägers auf Feststellung des Merkzeichens G am 12.07.2016 und 19.07.2016 sowie eines höheren GdB am 19.07.2016 erneut ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil bestätigt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Soweit der Berufungsschrift des Klägers zu entnehmen ist, dass er das Merkzeichen G begehrt, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Über das Merkzeichen G hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 11.11.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 nicht entschieden. Der Bescheid vom 03.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2014, mit dem der Beklagte das Merkzeichen G abgelehnt hat, wurde im erstinstanzlichen Klageverfahren nicht angefochten, so dass er auch nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Der Kläger hat zuletzt die Feststellung des Merkzeichens G auch nicht mehr beantragt.
Der Bescheid vom 11.11.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid vom 01.09.1998 ist eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) allenfalls insoweit eingetreten, als der GdB mit 50 zu bewerten ist. Einen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 50 hat der Kläger nicht.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96, BSGE 81, 50). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG), und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. Teil A Nr. 3 a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Das Funktionssystem des Rumpfes, wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG), ist bei dem Kläger durch eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule gekennzeichnet, die mit keinem höheren als dem vom Beklagten berücksichtigten Teil-GdB von 50 zu bewerten ist. Nach Teil B Nr. 18.9 VG bedingen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) einen Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 30. Bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Die Obergrenze des GdB 40 ist dabei erst erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil vom 24.01.2014 – L 8 SB 2497/11, juris). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Nach diesen Maßstäben ist beim Kläger ein höherer Teil-GdB als 50 nicht gerechtfertigt. Beim Kläger bestehen Wirbelsäulenschäden im Wesentlichen im Bereich der Brustwirbelsäule. Dort ist in Folge des durchgemachten Morbus Scheuermann röntgenologisch eine erhebliche Kyphose mit einem Krümmungswinkel nach Cobb von ca. 80° und von TH 8 bis L2 eine vermehrte Sklerosierung der Grund- und Deckplatten mit Spondylosen sowie eine diskrete rechtskonvexe Skoliose mit einem Krümmungswinkel von etwa 5° ohne relevante Torsion der Brustwirbelkörper festzustellen, was der Senat insbesondere dem Gutachten des Dr. Jahreiß entnimmt. Besonders schweren Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden entsprechende Funktionsbeeinträchtigungen kann der Senat beim Kläger nicht feststellen. Eine Versteifung großer Teile der Wirbelsäule liegt nicht vor. Nach dem von Dr. J. erhobenen Befund besteht eine Einsteifung lediglich im unteren Drittel der Brustwirbelsäule. Insoweit war die Wirbelsäule bei der Untersuchung des Klägers weitestgehend fixiert und die Mess-Strecke 10 cm im Mittelpunkt/Dornfortsatz L1 auf 10/10,5 cm (normal: 10/14 cm) reduziert. Dies ist aufgrund der röntgenologisch sich zeigenden keilförmigen Deformierung der Wirbelkörper der unteren Brustwirbelsäule auch nachvollziehbar. Eine weitergehende Versteifung hat der Gutachter nicht erhoben. Für den oberen Bereich der Brustwirbelsäule hat Dr. J. noch eine ausreichende Entfaltung der Dornfortsätze angegeben. Dementsprechend ist das Zeichen nach Ott als Zeichen der Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule mit 30/31,5 cm gegenüber dem Normalmaß von 30/32 cm nur leichtgradig reduziert. Auch eine anhaltende Ruhigstellung durch eine drei Wirbelsäulenabschnitte umfassende Rumpforthese erfolgt beim Kläger nicht. Dem Kläger wurde im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Asklepios Klinik Bad S. GmbH lediglich ein Stützkorsett als Schmerztherapie zum stundenweisen Tragen empfohlen (ärztlicher Entlassungsbericht vom 03.12.2013). Einer anhaltenden Ruhigstellung durch Rumpforthese kommt das stundenweise Tragen eines Stützkorsett nicht annähernd gleich. Auch eine schwere Skoliose ab 70° nach Cobb liegt beim Kläger nicht vor. Eine Skoliose, d.h. Seitverbiegung der Wirbelsäule, ist bei ihm nur diskret mit einem Krümmungswinkel von 5° vorhanden. Auch die im Übrigen vom Gutachter Dr. J. erhobenen Befunde begründen nicht mehr als schwere funktionelle Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden. So war die Rotation von Brust- und Lendenwirbelsäule im Sitzen rechts/links bis 25/0/25° und Seitneigen rechts/links bis knapp 10/0/10° möglich. Den Fingerbodenabstand hat Dr. J. mit 32 cm erhoben. Die eingeschränkte Beweglichkeit hinsichtlich Seitneigung und Rotation resultiert nach den Ausführungen des Gutachters aus der weitgehenden Einsteifung des unteren Drittels der Brustwirbelsäule, so dass unter Berücksichtigung der insoweit entsprechend der Mess-Strecke 10 cm im Mittelpunkt/Dornfortsatz L1 auf 10/10,5 cm stark eingeschränkten Entfaltbarkeit der unteren Brustwirbelsäule schwere Bewegungseinschränkungen im Bereich der Brustwirbelsäule festgestellt werden können. Für den Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule sind mittelgradige oder schwere Bewegungseinschränkungen aus dem Gutachten von Dr. J.nicht herzuleiten. Bei einem Zeichen nach Schober von 10/14,5 cm ist die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule nicht relevant eingeschränkt. Ebenso wenig ist im Bereich der Halswirbelsäule bei Bewegungsmaßen von 60/0/60° für Rotation rechts/links, 40/0/30° für Seitneigen rechts/links und einem Kinnspitzen-Jugulum-Abstand von 20/1 cm eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung gegeben. Der Gutachter hat die Beweglichkeit der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule als noch altersentsprechend angegeben. Neurologische Ausfälle hat er ebenso wie Hinweise auf eine Nervenwurzelreizung nicht gefunden. Paresen oder eine Minderung der Gefühlsempfindungen im Beinbereich war nach der Befunderhebung durch Dr. J. nicht gegeben. Der Lasègue war beidseitig lediglich endgradig positiv. Ein über ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome im Sinne schwerer funktioneller Auswirkungen hinausgehendes außergewöhnliches Schmerzsyndrom kann der Senat ebenfalls nicht feststellen. Die Rückenstreckmuskulatur ist nach dem Gutachten von Dr. J. zwar nur sehr mäßig entwickelt. Der Gutachter hat aber nur mäßige Verspannungen im Bereich des oberen Trapeziusrandes beidseits sowie der Lendenstreckmuskulatur angegeben. Isolierte Muskelhärten ließen sich nicht ertasten. Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Wirbelsäule sowie paravertebral beidseits hat er nicht erhoben. Zu seinen Beschwerden hat der Kläger einen leichten, nicht ausstrahlenden Dauerschmerz im Nackenbereich, angegeben. Hinsichtlich der Brustwirbelsäule hat er einen Schmerz verbunden mit Atemproblemen, entsprechend einem Ziehen im Bereich des Brustbeines beim Luftholen, angegeben, die zwei Tage vor der Untersuchung durch Dr. J. bestanden, sich zwischenzeitlich aber zurückgebildet hatten. Darüber hinaus hat der Kläger gelegentlich bei Hustenanfällen auftretende in die Lendenwirbelsäule hineinschießende, mit Ausstrahlung in den linken Oberschenkel verbundene Schmerzen angegeben. Die Nachtruhe hat er aufgrund des Wirbelsäulenschmerzes als nur ab und zu gestört mitgeteilt. Das Bestehen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms lässt sich aus diesen Angaben nicht herleiten. Besonders schwere Auswirkungen sind auch nicht nach den Angaben des sachverständigen Zeugen und der vorliegenden medizinischen Befundunterlagen festzustellen. Dr. medic B. hat das Wirbelsäulenleiden in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 01.08.2014 als mittelschwer, der sachverständige Zeuge Dr. C. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 06.08.2014 als schwer eingeordnet. Auch schwerwiegendere Bewegungseinschränkungen sind nicht dokumentiert. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. vom 03.12.2013 war die Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei einer Beweglichkeit von 60/0/50° für Rotation rechts/links, 40/0/40° für Seitneigung rechts/links und einem Kinn-Jugulum-Abstand von einem Querfinger nicht relevant eingeschränkt. Die Beweglichkeit von Brust- und Lendenwirbelsäule insgesamt zeigte sich bei einer möglichen Rotation rechts/links von 20/0/20°, einer Seitneigung rechts/links von 25/0/20° und einem Finger-Boden Abstand von 25 cm nur leichtgradig eingeschränkt. Der neurologische Befund war unauffällig. Auch ergeben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. vom 03.12.2013 sind Schmerzen mit medikamentöser Schmerztherapie, Fango und Massagen gut zu lindern. Das Bestehen von Arbeitsunfähigkeitszeiten innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten wurde mit 5 Wochen angegeben. LWS-Retroflexionsschmerz bestand ebenso wie Druck-, Klopf- oder Kompressionsschmerz über allen Wirbelsäulenetagen nicht.
Bei den danach allein feststellbaren schweren funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden im Bereich der Brustwirbelsäule ist jedenfalls ein höherer Einzel-GdB als 50 im Funktionssystem Rumpf nicht gerechtfertigt.
Im Funktionssystem Arme bestehen beim Kläger Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultern in Gestalt einer geringen Schultereckgelenksarthrose beidseits, was dem Gutachten des Dr. J. zu entnehmen ist. Einen höheren Teil-GdB als 10 kann der Senat für die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen nicht feststellen. Nach Teil B Nr. 18.13 VG, wonach die Bewertung von Schäden der oberen Gliedmaßen erfolgt, bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) einen GdB von 10, wenn der Arm nur bis zu 120° zu heben ist und eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit besteht, und einen GdB von 20, wenn der Arm nur bis zu 90° zu heben ist und eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit besteht. Nach den von Dr. J. erhobenen Befunden besteht eine Beweglichkeit des Schultergelenks für Abspreizen/Anführen 180/0/30° rechts, 125/0/30° links, für Anheben rückwärts/vorwärts 35/0/180° rechts und 35/0/160° links. Drehen auswärts/einwärts war rechts bis 65/0/90°, links bis 30/0/180° möglich. Danach ist hinsichtlich beider Schultern eine Armhebung über 120° möglich. Gleichzeitig sind schwerwiegende Einschränkungen der Dreh- und Spreizfähigkeit nicht herzuleiten. Soweit der sachverständige Zeuge Dr. C. das Bestehen einer Funktionseinschränkung der linken Schulter mittleren Schweregrades angegeben hat und die Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 vorgeschlagen hat, kann der Senat dem nicht folgen. Die von Dr. C. mitgeteilten Befunde sind bereits für die GdB-Bewertung nicht ausreichend. Zwar hat er für das linke Schultergelenk eine auf knapp 90° eingeschränkte Abduktion angegeben. Eine Einschränkung der Spreizfähigkeit ist jedoch nicht allein bestimmend für die GdB-Bewertung, welche in erster Linie nach der möglichen Arm(vor)hebung zu bestimmen ist. Bewegungsmaße für die mögliche Armhebung hat Dr. C. jedoch nicht mitgeteilt. Eine Einschränkung der Armhebung auf 90° ist auch sonst nicht dokumentiert. Insbesondere waren nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. die Schultergelenke frei beweglich. Die von Dr. J. beschriebene leichte Impingementsymptomatik wirkt sich nicht GdB erhöhend aus, da nach Teil A Nr. 2 lit. j) VG die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit einschließen und auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigen. Ein höherer Einzel-GdB als 10 resultiert danach für das Funktionssystem Arme nicht.
Im Funktionssystem der Beine kann der Senat keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 feststellen. Insbesondere rechtfertigen die Kniegelenksbeschwerden des Klägers keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Es bestehen weder Bewegungseinschränkungen noch ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke, die nach Teil B Nr. 18.14 VG einen GdB von 10 bedingen würden. Einen GdB von bis zu 10 bedingt eine einseitige Bewegungseinschränkung geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90), einen GdB von 10 bis 20 eine beseitige Bewegungseinschränkung geringen Grades. Derartige Bewegungseinschränkungen bestehen beim Kläger nach dem Gutachten des Dr. J. nicht. Er hat eine Kniegelenksbeweglichkeit für Streckung/Beugung von 0/5/145° erhoben. Ein GdB von 10 bis 30 ist zudem vorgesehen bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig ohne Bewegungseinschränkung. Anhaltende Reizerscheinungen aufgrund ausgeprägter Knorpelschäden ergeben sich aus dem Gutachten des Dr. J. ebenfalls nicht. Der Gutachter hat nur einen diskreten Kniegelenkserguss rechts mit diskreter Kapselschwellung und einen leichten Kniescheibenanpress- und verschiebeschmerz links bei leichtem retropatellarem Reiben festgestellt. Die Kniekontur ist seitengleich regelrecht gezeichnet, eine Überwärmung bestand nicht. Aus den übrigen medizinischen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte für schwerwiegendere Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke. Die sachverständigen Zeugen Dr. medic B. und Dr. C. haben Gesundheitsstörungen der Kniegelenke nicht angegeben. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. ergeben sich keine Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke. Die Gelenke der unteren Extremitäten waren frei beweglich.
Im Funktionssystem Atmung besteht kein höherer Einzel-GdB als 10. Nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. medic B. vom 02.05.2016 besteht beim Kläger eine COPD vom Emphysemtyp. Es seien seit Jahren Atemwegsbeschwerden bekannt. 1998 sei eine obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus und Pollenallergie diagnostiziert worden. Gesundheitsstörungen von tieferen Atemwege und Lungen sind nach Teil B Nr. 8 VG zu bewerten. Danach ist insbesondere nach Nr. 8.2 für eine chronische Bronchitis/Bronchiektasen ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion in leichter Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) ein GdB von 0 bis 10, in der schweren Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufige akute Schübe) ein GdB von 20 bis 30 vorgesehen. Bei Vorliegen einer Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades mit das gewöhnliche Maß übersteigender Atemnot bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit); statischen und dynamische Messwerten der Lungenfunktionsprüfung bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte und Blutgaswerten im Normbereich beträgt der GdB 20 bis 40, mittleren Grades mit das gewöhnliche Maß übersteigender Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z. B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit); statischen und dynamischen Messwerten der Lungenfunktionsprüfung bis zu 2/3 niedriger als die Sollwerte und respiratorischer Partialinsuffizienz ist ein GdB von 50 bis 70 vorgesehen. Aus den von Dr. medic B. mitgeteilten Befunden kann der Senat weder eine Einschränkung der Lungenfunktion noch eine schwere Form einer chronischen Bronchitis herleiten. Nach dem von dem sachverständigen Zeugen vorgelegten Bericht des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. vom 12.10.2013 ergab sich bodyplethysmographisch in Ruhe keine Obstruktion, es bestand keine Restriktion und keine Lungenüberblähung. Die Lungenfunktionsprüfung ergab altersentsprechende Normalwerte. Ebenso wurde ein hyperreagibles Bronchialsystem ausgeschlossen. Auch aus dem von Dr. medic Breban angegebenen Befund, wonach anamnestisch anfallsweise Husten und zeitweiliger Auswurf auftritt, ergibt sich kein Hinweis für das Vorliegen einer einen Teil-GdB von 20 bedingenden Bronchitis. Die beklagte Belastungsdyspnoe führt Dr. K. auf orthopädisch zu beurteilende Ursachen zurück. Diese funktionellen Einschränkungen sind im Einzel-GdB 50 für den Wirbelsäulenschaden "Skoliose" miterfasst.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass der Beklagte eine obstruktive Emphysembronchitis noch im Bescheid vom 11.11.2013 mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt hat, ergibt sich daraus kein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB, da – wie bereits ausgeführt – Teil-GdB nicht in Bestandskraft erwachsen.
Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund einer Gesundheitsstörung des Magens vorliegen, die einen höheren Teil GdB als 10 bedingen könnten, ergeben sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen und auch den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. medic B. nicht. Insbesondere bedingt ein Reizmagen nach Teil B Nr. 10.2.1 VG keinen höheren Teil-GdB als 10.
Danach ist kein höherer Gesamt-GdB als 50 seit dem 07.08.2013 zu bilden. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Ausgehend von einem Einzel-GdB von 50 im Funktionssystem Rumpf ergibt sich aufgrund der weiteren mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem Arme, im Funktionssystem Atmung und im Funktionssystem Verdauung, die nach den dargestellten Grundsätzen sich nicht erhöhend auf den GdB auswirken, der vom Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 50. Selbst wenn im Funktionssystem Atmung weiterhin ein GdB von 20 zu berücksichtigen wäre, ergäbe sich vor dem Hintergrund, dass der Senat einen GdB von 50 bedingende Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule nicht feststellen konnte, kein höherer Gesamt-GdB als 50.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die (Neu-)Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 50.
Bei dem 1965 geborenen Kläger war seit 29.10.1997 ein GdB von 30 festgestellt [Bescheid des Versorgungsamtes Karlsruhe vom 01.09.1998, Bl. 42 der Verwaltungsakten des Beklagten (VA)]. Dem lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde: - Reizmagen, Teil-GdB 10, - degeneratives Wirbelsäulensyndrom nach thorakolumbalem Morbus Scheuermann, Teil-GdB 20, - obstruktive Emphysembronchitis, Teil-GdB 20 (versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 02.04.1998, Bl. 36 R VA).
Einen Neufeststellungsantrag vom 13.09.2011 lehnte das LRA mit Bescheid vom 19.10.2011 (Bl. 52/53 VA) ab.
Am 07.08.2013 stellte der Kläger beim Landratsamt Karlsruhe – Amt für Versorgung und Rehabilitation – (LRA) einen Antrag auf Erhöhung des GdB und verwies auf ein Wirbelsäulenleiden, Morbus Scheuermann und ein Bronchialleiden.
Das LRA zog von Dr. medic/IMF K. B. den Befundbericht vom 15.08.2013 sowie Arztbriefe des Orthopäden Dr. C., des Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie, Orthopädie und Traumatologie des SRH Klinikums K., des Radiologen Dr. K. und des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. (Bl. 65/70 VA) sowie einen Befundbericht von dem Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. (Bl. 74/75 VA) bei.
In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.11.2013 (Bl. 78/79 VA) bewertete Dr. H. den Gesamt-GdB mit 40 und die Funktionsbeeinträchtigungen im Einzelnen wie folgt: - Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wachstumsstörung (Scheuermann`sche Krankheit), Teil-GdB 30, - Obstruktive Emphysembronchitis, Teil-GdB 20, - Reizmagen, Teil-GdB 10.
Dementsprechend stellte das LRA mit Bescheid vom 11.11.2013 (Bl. 81/82 VA) den GdB mit 40 seit 07.08.2013 fest.
Dagegen legte der Kläger am 10.12.2013 Widerspruch ein. Er sei 48 Jahre alt und könne somit nicht an Wachstumsstörungen leiden. Er leide an einer Hyperkyphose mit einem Neigungswinkel von über 80° in Verbindung mit einer Skoliose und in der Folge Dorsolumbalgien und einer Kyphose der Halswirbelsäule. Es bestünden Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen, die mit einem GdB von 50 zu bewerten seien. Zudem beanstandete er die fehlende Berücksichtigung von Einschränkungen beim Atmen durch die Wirbelsäulenverformung sowie einer Meniskus-Operation am linken Kniegelenk und einer Arthrose im Bereich des Kniegelenks, die die Beweglichkeit schmerzhaft herabsetze und mit einem GdB von 20 zu berücksichtigen sei. Insgesamt seien ein GdB von mehr als 60 und eine Gehbehinderung festzustellen. Zusätzlich machte er geltend, dass bereits der Bescheid vom 19.10.2011 fehlerhaft gewesen sei, und bat insoweit um eine rückwirkende Berücksichtigung.
Das LRA zog die Befundangaben von Dr. C. vom 18.03.,2014 bei, denen u.a. der ärztliche Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. GmbH Am See vom 03.12.2013 (Bl. 108/121 VA) beigefügt war.
Der Versorgungsarzt Dr. B. schlug unter dem 28.03.2014 (Bl. 126/127 VA) den Gesamt-GdB mit 50 unter Zugrundelegung eines Teil-GdB von 50 für die Wirbelsäulenschäden und eines Teil-GdB von nur noch 10 für eine obstruktive Emphysembronchitis vor. Eine Funktionsbehinderung des Kniegelenkes sei nicht nachgewiesen.
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.04.2014 stellte das LRA den GdB mit 50 seit 07.08.2013 fest. Darüber hinaus bewertete es den GdB für die Zeit ab 13.09.2011 bis 12.03.2013 mit 40 und für die Zeit ab 13.03.2013 bis 06.08.2013 mit 50.
Mit Bescheid vom 03.04.2014 lehnte das LRA die Feststellung des Merkzeichens G ab.
Den Widerspruch gegen die Höhe des GdB verfolgte der Kläger nach dem Teil Abhilfebescheid vom 02.04.2014 weiter und legte zudem Widerspruch gegen die Ablehnung des Merkzeichens G ein (Schreiben vom 07.04.2014).
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.11.2013 in der Fassung des Bescheides vom 02.04.2014 wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – (RP) mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2014 (Bl. 141/143 VA) zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2014 wies das RP auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.04.2014 (Ablehnung des Merkzeichens G) zurück.
Am 14.05.2014 erhob der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.04.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er machte weiterhin eine unzureichende Bewertung der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule sowie arthrotischer Kniegelenksveränderungen links geltend. Zusätzlich benannte er eine Funktionsstörung im Bereich der linken Schulter.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. medic B. stimmte unter dem 01.08.2014 (Bl. 18/28 SG-Akte) der versorgungsärztlichen Einschätzung des Dr. B. vom 28.03.2014 zu. Der Facharzt für Orthopädie Dr. C. gab unter dem 06.08.2014 (Bl. 29/54 SG-Akte) und ergänzend unter dem 23.02.2015 (Bl. 68/69 SG-Akte) an, der Kläger habe Beschwerden von Seiten des Rückens und der linken Schulter geklagt. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule schätzte er als schwer, die der linken Schulter als mittelschwer ein und schlug den Gesamt-GdB unter Einbeziehung der linken Schulter mit 60 vor.
Bei dem vom SG beauftragten orthopädischen Gutachter stellte sich der Kläger nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.08.2015 wies das SG die Klage ab. Dabei bewertete es Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 50. Die von Dr. C. vertretene Einschätzung, eine Funktionsbeeinträchtigung der linken Schulter sei mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten, sei für das Gericht nicht nachvollziehbar. Eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens mit ambulanter Untersuchung des Klägers sei der Kammer nicht möglich gewesen. Funktionsbeeinträchtigungen des linken Kniegelenkes seien nicht nachgewiesen. Eine chronische Bronchitis sowie ein Magenleiden bewertete das SG mit Teil-GdB von jeweils 10.
Am 09.09.2015 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er beruft sich weiterhin auf eine unzureichende Bewertung der Wirbelsäulenschäden. Dem Gerichtsbescheid seien falsche Werte für die Zunahme der Kyphose-Krümmung zugrunde gelegt worden. Durch die zunehmende Kyphose-Krümmung komme es zu einem zunehmenden Drücken auf die inneren Organe. Auch neurologische Ausfälle bestünden. Unzutreffend sei das SG davon ausgegangen, es sei lediglich die Brustwirbelsäule betroffen. Vielmehr seien zusätzlich auch die Lendenwirbelsäule und die Halswirbelsäule betroffen. Den Zusammenhang Wirbelsäule mit Merkzeichen G habe das erstinstanzliche Gericht nicht herzustellen und zu erkennen vermocht. Behandlungen mit Schmerzmitteln seien bei seinen Ärzten nicht hinterfragt worden, weshalb er sich wundere, dass sein chronisches Magenleiden mit dem Gerichtsbescheid infrage gestellt werde. Es müsse die Auffassung vertreten werden, dass das erstinstanzliche Gericht die Sache durch die Entscheidung durch Gerichtsbescheid vor allem kurzfristig habe beenden wollen und an einer Sachaufklärung offensichtlich kein Interesse gehabt habe. Die Nichtberücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigungen der Schulter sei nicht nachvollziehbar. Insoweit lägen die Voraussetzungen für einen Teil-GdB von 20 vor. Die Bewertung einer chronischen Bronchitis mit einem Teil-GdB von 10 verwundere, weil der Beklagte selbst zunächst einen Teil-GdB von 20 angenommen habe und diesbezüglich ganz sicher keine Besserung eingetreten sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.08.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 zu verurteilen, bei ihm einen GdB von wenigstens 60 seit 07.08.2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Berufung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 16.09.2015 (Bl. 16/17 der Senatsakte) die Bewertung des Wirbelsäulenleidens für zutreffend. Die Feststellung des Merkzeichens G könne nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein.
Der Senat hat Dr. J. mit der Erstattung des orthopädischen Gutachtens vom 12.01.2016 (Bl. 42/53 der Senatsakte) beauftragt. Nach Untersuchung des Klägers am 08.01.2016 hat er einen erheblichen Rundrücken als Folge eines durchgemachten Morbus Scheuermann, eine weitgehend aufgehobene Beweglichkeit im unteren Brustwirbelsäulenbereich, eine diskrete thorakale Brustwirbelsäulenkyphose (gemeint: skoliose), rezidivierende Wirbelsäulensyndrome ohne neurologische Ausfälle und eine noch altersentsprechende Beweglichkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule festgestellt, die er mit einem Teil-GdB von 50 bewertet hat, wobei die Bewertung als grenzwertig hoch anzusehen sei. Auch ein Teil-GdB von nur 40 sei zu erwägen. Eine geringe Schultereckgelenksarthrose beidseits mit endgradiger Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks entsprechend einer Schulterteilsteife bedinge einen GdB von 10, ein diskreter Reizzustand des rechten Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung einen GdB von weniger als 10. Insgesamt hat der Gutachter den GdB auf 50 eingeschätzt.
Des Weiteren hat der Senat Dr. medic B. als sachverständigen Zeugen befragt. Unter dem 02.05.2016 (Bl. 66/69 der Senatsakte) hat er Diagnosen und Befunde mitgeteilt und lungenfachärztliche Arztbriefe vorgelegt.
Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten in der nicht-öffentlichen Sitzung am 27.06.2016 durch die Berichterstatterin erörtert worden. Auf die Niederschrift Bl. 77/79 der Senatsakte wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.08.2016 und des Beklagten vom 01.09.2016 haben die Beteiligten nach erneuter Antragstellung des Klägers auf Feststellung des Merkzeichens G am 12.07.2016 und 19.07.2016 sowie eines höheren GdB am 19.07.2016 erneut ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil bestätigt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Soweit der Berufungsschrift des Klägers zu entnehmen ist, dass er das Merkzeichen G begehrt, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Über das Merkzeichen G hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 11.11.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 nicht entschieden. Der Bescheid vom 03.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2014, mit dem der Beklagte das Merkzeichen G abgelehnt hat, wurde im erstinstanzlichen Klageverfahren nicht angefochten, so dass er auch nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Der Kläger hat zuletzt die Feststellung des Merkzeichens G auch nicht mehr beantragt.
Der Bescheid vom 11.11.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid vom 01.09.1998 ist eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) allenfalls insoweit eingetreten, als der GdB mit 50 zu bewerten ist. Einen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 50 hat der Kläger nicht.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96, BSGE 81, 50). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG), und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. Teil A Nr. 3 a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Das Funktionssystem des Rumpfes, wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG), ist bei dem Kläger durch eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule gekennzeichnet, die mit keinem höheren als dem vom Beklagten berücksichtigten Teil-GdB von 50 zu bewerten ist. Nach Teil B Nr. 18.9 VG bedingen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) einen Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 30. Bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Die Obergrenze des GdB 40 ist dabei erst erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil vom 24.01.2014 – L 8 SB 2497/11, juris). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Nach diesen Maßstäben ist beim Kläger ein höherer Teil-GdB als 50 nicht gerechtfertigt. Beim Kläger bestehen Wirbelsäulenschäden im Wesentlichen im Bereich der Brustwirbelsäule. Dort ist in Folge des durchgemachten Morbus Scheuermann röntgenologisch eine erhebliche Kyphose mit einem Krümmungswinkel nach Cobb von ca. 80° und von TH 8 bis L2 eine vermehrte Sklerosierung der Grund- und Deckplatten mit Spondylosen sowie eine diskrete rechtskonvexe Skoliose mit einem Krümmungswinkel von etwa 5° ohne relevante Torsion der Brustwirbelkörper festzustellen, was der Senat insbesondere dem Gutachten des Dr. Jahreiß entnimmt. Besonders schweren Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden entsprechende Funktionsbeeinträchtigungen kann der Senat beim Kläger nicht feststellen. Eine Versteifung großer Teile der Wirbelsäule liegt nicht vor. Nach dem von Dr. J. erhobenen Befund besteht eine Einsteifung lediglich im unteren Drittel der Brustwirbelsäule. Insoweit war die Wirbelsäule bei der Untersuchung des Klägers weitestgehend fixiert und die Mess-Strecke 10 cm im Mittelpunkt/Dornfortsatz L1 auf 10/10,5 cm (normal: 10/14 cm) reduziert. Dies ist aufgrund der röntgenologisch sich zeigenden keilförmigen Deformierung der Wirbelkörper der unteren Brustwirbelsäule auch nachvollziehbar. Eine weitergehende Versteifung hat der Gutachter nicht erhoben. Für den oberen Bereich der Brustwirbelsäule hat Dr. J. noch eine ausreichende Entfaltung der Dornfortsätze angegeben. Dementsprechend ist das Zeichen nach Ott als Zeichen der Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule mit 30/31,5 cm gegenüber dem Normalmaß von 30/32 cm nur leichtgradig reduziert. Auch eine anhaltende Ruhigstellung durch eine drei Wirbelsäulenabschnitte umfassende Rumpforthese erfolgt beim Kläger nicht. Dem Kläger wurde im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Asklepios Klinik Bad S. GmbH lediglich ein Stützkorsett als Schmerztherapie zum stundenweisen Tragen empfohlen (ärztlicher Entlassungsbericht vom 03.12.2013). Einer anhaltenden Ruhigstellung durch Rumpforthese kommt das stundenweise Tragen eines Stützkorsett nicht annähernd gleich. Auch eine schwere Skoliose ab 70° nach Cobb liegt beim Kläger nicht vor. Eine Skoliose, d.h. Seitverbiegung der Wirbelsäule, ist bei ihm nur diskret mit einem Krümmungswinkel von 5° vorhanden. Auch die im Übrigen vom Gutachter Dr. J. erhobenen Befunde begründen nicht mehr als schwere funktionelle Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden. So war die Rotation von Brust- und Lendenwirbelsäule im Sitzen rechts/links bis 25/0/25° und Seitneigen rechts/links bis knapp 10/0/10° möglich. Den Fingerbodenabstand hat Dr. J. mit 32 cm erhoben. Die eingeschränkte Beweglichkeit hinsichtlich Seitneigung und Rotation resultiert nach den Ausführungen des Gutachters aus der weitgehenden Einsteifung des unteren Drittels der Brustwirbelsäule, so dass unter Berücksichtigung der insoweit entsprechend der Mess-Strecke 10 cm im Mittelpunkt/Dornfortsatz L1 auf 10/10,5 cm stark eingeschränkten Entfaltbarkeit der unteren Brustwirbelsäule schwere Bewegungseinschränkungen im Bereich der Brustwirbelsäule festgestellt werden können. Für den Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule sind mittelgradige oder schwere Bewegungseinschränkungen aus dem Gutachten von Dr. J.nicht herzuleiten. Bei einem Zeichen nach Schober von 10/14,5 cm ist die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule nicht relevant eingeschränkt. Ebenso wenig ist im Bereich der Halswirbelsäule bei Bewegungsmaßen von 60/0/60° für Rotation rechts/links, 40/0/30° für Seitneigen rechts/links und einem Kinnspitzen-Jugulum-Abstand von 20/1 cm eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung gegeben. Der Gutachter hat die Beweglichkeit der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule als noch altersentsprechend angegeben. Neurologische Ausfälle hat er ebenso wie Hinweise auf eine Nervenwurzelreizung nicht gefunden. Paresen oder eine Minderung der Gefühlsempfindungen im Beinbereich war nach der Befunderhebung durch Dr. J. nicht gegeben. Der Lasègue war beidseitig lediglich endgradig positiv. Ein über ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome im Sinne schwerer funktioneller Auswirkungen hinausgehendes außergewöhnliches Schmerzsyndrom kann der Senat ebenfalls nicht feststellen. Die Rückenstreckmuskulatur ist nach dem Gutachten von Dr. J. zwar nur sehr mäßig entwickelt. Der Gutachter hat aber nur mäßige Verspannungen im Bereich des oberen Trapeziusrandes beidseits sowie der Lendenstreckmuskulatur angegeben. Isolierte Muskelhärten ließen sich nicht ertasten. Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Wirbelsäule sowie paravertebral beidseits hat er nicht erhoben. Zu seinen Beschwerden hat der Kläger einen leichten, nicht ausstrahlenden Dauerschmerz im Nackenbereich, angegeben. Hinsichtlich der Brustwirbelsäule hat er einen Schmerz verbunden mit Atemproblemen, entsprechend einem Ziehen im Bereich des Brustbeines beim Luftholen, angegeben, die zwei Tage vor der Untersuchung durch Dr. J. bestanden, sich zwischenzeitlich aber zurückgebildet hatten. Darüber hinaus hat der Kläger gelegentlich bei Hustenanfällen auftretende in die Lendenwirbelsäule hineinschießende, mit Ausstrahlung in den linken Oberschenkel verbundene Schmerzen angegeben. Die Nachtruhe hat er aufgrund des Wirbelsäulenschmerzes als nur ab und zu gestört mitgeteilt. Das Bestehen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms lässt sich aus diesen Angaben nicht herleiten. Besonders schwere Auswirkungen sind auch nicht nach den Angaben des sachverständigen Zeugen und der vorliegenden medizinischen Befundunterlagen festzustellen. Dr. medic B. hat das Wirbelsäulenleiden in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 01.08.2014 als mittelschwer, der sachverständige Zeuge Dr. C. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 06.08.2014 als schwer eingeordnet. Auch schwerwiegendere Bewegungseinschränkungen sind nicht dokumentiert. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. vom 03.12.2013 war die Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei einer Beweglichkeit von 60/0/50° für Rotation rechts/links, 40/0/40° für Seitneigung rechts/links und einem Kinn-Jugulum-Abstand von einem Querfinger nicht relevant eingeschränkt. Die Beweglichkeit von Brust- und Lendenwirbelsäule insgesamt zeigte sich bei einer möglichen Rotation rechts/links von 20/0/20°, einer Seitneigung rechts/links von 25/0/20° und einem Finger-Boden Abstand von 25 cm nur leichtgradig eingeschränkt. Der neurologische Befund war unauffällig. Auch ergeben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. vom 03.12.2013 sind Schmerzen mit medikamentöser Schmerztherapie, Fango und Massagen gut zu lindern. Das Bestehen von Arbeitsunfähigkeitszeiten innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten wurde mit 5 Wochen angegeben. LWS-Retroflexionsschmerz bestand ebenso wie Druck-, Klopf- oder Kompressionsschmerz über allen Wirbelsäulenetagen nicht.
Bei den danach allein feststellbaren schweren funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden im Bereich der Brustwirbelsäule ist jedenfalls ein höherer Einzel-GdB als 50 im Funktionssystem Rumpf nicht gerechtfertigt.
Im Funktionssystem Arme bestehen beim Kläger Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultern in Gestalt einer geringen Schultereckgelenksarthrose beidseits, was dem Gutachten des Dr. J. zu entnehmen ist. Einen höheren Teil-GdB als 10 kann der Senat für die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen nicht feststellen. Nach Teil B Nr. 18.13 VG, wonach die Bewertung von Schäden der oberen Gliedmaßen erfolgt, bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) einen GdB von 10, wenn der Arm nur bis zu 120° zu heben ist und eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit besteht, und einen GdB von 20, wenn der Arm nur bis zu 90° zu heben ist und eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit besteht. Nach den von Dr. J. erhobenen Befunden besteht eine Beweglichkeit des Schultergelenks für Abspreizen/Anführen 180/0/30° rechts, 125/0/30° links, für Anheben rückwärts/vorwärts 35/0/180° rechts und 35/0/160° links. Drehen auswärts/einwärts war rechts bis 65/0/90°, links bis 30/0/180° möglich. Danach ist hinsichtlich beider Schultern eine Armhebung über 120° möglich. Gleichzeitig sind schwerwiegende Einschränkungen der Dreh- und Spreizfähigkeit nicht herzuleiten. Soweit der sachverständige Zeuge Dr. C. das Bestehen einer Funktionseinschränkung der linken Schulter mittleren Schweregrades angegeben hat und die Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 vorgeschlagen hat, kann der Senat dem nicht folgen. Die von Dr. C. mitgeteilten Befunde sind bereits für die GdB-Bewertung nicht ausreichend. Zwar hat er für das linke Schultergelenk eine auf knapp 90° eingeschränkte Abduktion angegeben. Eine Einschränkung der Spreizfähigkeit ist jedoch nicht allein bestimmend für die GdB-Bewertung, welche in erster Linie nach der möglichen Arm(vor)hebung zu bestimmen ist. Bewegungsmaße für die mögliche Armhebung hat Dr. C. jedoch nicht mitgeteilt. Eine Einschränkung der Armhebung auf 90° ist auch sonst nicht dokumentiert. Insbesondere waren nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. die Schultergelenke frei beweglich. Die von Dr. J. beschriebene leichte Impingementsymptomatik wirkt sich nicht GdB erhöhend aus, da nach Teil A Nr. 2 lit. j) VG die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit einschließen und auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigen. Ein höherer Einzel-GdB als 10 resultiert danach für das Funktionssystem Arme nicht.
Im Funktionssystem der Beine kann der Senat keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 feststellen. Insbesondere rechtfertigen die Kniegelenksbeschwerden des Klägers keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Es bestehen weder Bewegungseinschränkungen noch ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke, die nach Teil B Nr. 18.14 VG einen GdB von 10 bedingen würden. Einen GdB von bis zu 10 bedingt eine einseitige Bewegungseinschränkung geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90), einen GdB von 10 bis 20 eine beseitige Bewegungseinschränkung geringen Grades. Derartige Bewegungseinschränkungen bestehen beim Kläger nach dem Gutachten des Dr. J. nicht. Er hat eine Kniegelenksbeweglichkeit für Streckung/Beugung von 0/5/145° erhoben. Ein GdB von 10 bis 30 ist zudem vorgesehen bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig ohne Bewegungseinschränkung. Anhaltende Reizerscheinungen aufgrund ausgeprägter Knorpelschäden ergeben sich aus dem Gutachten des Dr. J. ebenfalls nicht. Der Gutachter hat nur einen diskreten Kniegelenkserguss rechts mit diskreter Kapselschwellung und einen leichten Kniescheibenanpress- und verschiebeschmerz links bei leichtem retropatellarem Reiben festgestellt. Die Kniekontur ist seitengleich regelrecht gezeichnet, eine Überwärmung bestand nicht. Aus den übrigen medizinischen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte für schwerwiegendere Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke. Die sachverständigen Zeugen Dr. medic B. und Dr. C. haben Gesundheitsstörungen der Kniegelenke nicht angegeben. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Asklepios Klinik Bad S. ergeben sich keine Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke. Die Gelenke der unteren Extremitäten waren frei beweglich.
Im Funktionssystem Atmung besteht kein höherer Einzel-GdB als 10. Nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. medic B. vom 02.05.2016 besteht beim Kläger eine COPD vom Emphysemtyp. Es seien seit Jahren Atemwegsbeschwerden bekannt. 1998 sei eine obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus und Pollenallergie diagnostiziert worden. Gesundheitsstörungen von tieferen Atemwege und Lungen sind nach Teil B Nr. 8 VG zu bewerten. Danach ist insbesondere nach Nr. 8.2 für eine chronische Bronchitis/Bronchiektasen ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion in leichter Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) ein GdB von 0 bis 10, in der schweren Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufige akute Schübe) ein GdB von 20 bis 30 vorgesehen. Bei Vorliegen einer Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades mit das gewöhnliche Maß übersteigender Atemnot bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit); statischen und dynamische Messwerten der Lungenfunktionsprüfung bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte und Blutgaswerten im Normbereich beträgt der GdB 20 bis 40, mittleren Grades mit das gewöhnliche Maß übersteigender Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z. B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit); statischen und dynamischen Messwerten der Lungenfunktionsprüfung bis zu 2/3 niedriger als die Sollwerte und respiratorischer Partialinsuffizienz ist ein GdB von 50 bis 70 vorgesehen. Aus den von Dr. medic B. mitgeteilten Befunden kann der Senat weder eine Einschränkung der Lungenfunktion noch eine schwere Form einer chronischen Bronchitis herleiten. Nach dem von dem sachverständigen Zeugen vorgelegten Bericht des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. vom 12.10.2013 ergab sich bodyplethysmographisch in Ruhe keine Obstruktion, es bestand keine Restriktion und keine Lungenüberblähung. Die Lungenfunktionsprüfung ergab altersentsprechende Normalwerte. Ebenso wurde ein hyperreagibles Bronchialsystem ausgeschlossen. Auch aus dem von Dr. medic Breban angegebenen Befund, wonach anamnestisch anfallsweise Husten und zeitweiliger Auswurf auftritt, ergibt sich kein Hinweis für das Vorliegen einer einen Teil-GdB von 20 bedingenden Bronchitis. Die beklagte Belastungsdyspnoe führt Dr. K. auf orthopädisch zu beurteilende Ursachen zurück. Diese funktionellen Einschränkungen sind im Einzel-GdB 50 für den Wirbelsäulenschaden "Skoliose" miterfasst.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass der Beklagte eine obstruktive Emphysembronchitis noch im Bescheid vom 11.11.2013 mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt hat, ergibt sich daraus kein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB, da – wie bereits ausgeführt – Teil-GdB nicht in Bestandskraft erwachsen.
Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund einer Gesundheitsstörung des Magens vorliegen, die einen höheren Teil GdB als 10 bedingen könnten, ergeben sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen und auch den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. medic B. nicht. Insbesondere bedingt ein Reizmagen nach Teil B Nr. 10.2.1 VG keinen höheren Teil-GdB als 10.
Danach ist kein höherer Gesamt-GdB als 50 seit dem 07.08.2013 zu bilden. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Ausgehend von einem Einzel-GdB von 50 im Funktionssystem Rumpf ergibt sich aufgrund der weiteren mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem Arme, im Funktionssystem Atmung und im Funktionssystem Verdauung, die nach den dargestellten Grundsätzen sich nicht erhöhend auf den GdB auswirken, der vom Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 50. Selbst wenn im Funktionssystem Atmung weiterhin ein GdB von 20 zu berücksichtigen wäre, ergäbe sich vor dem Hintergrund, dass der Senat einen GdB von 50 bedingende Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule nicht feststellen konnte, kein höherer Gesamt-GdB als 50.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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