Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 3028/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 SF 429/16 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf den Antrag des Beschwerdeführers wird die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 22.08.2016 ausgesetzt, soweit der Beschwerdeführer verpflichtet wird "nachgewiesene Kosten der Unterkunft" zu zahlen sowie bei der Berücksichtigung des Einkommens Freibeträge in Abzug zu bringen. Im Übrigen wird der Antrag des Beschwerdeführers abgelehnt. Der Beschwerdeführer hat ½ der Kosten der Beschwerdegegnerin zu erstatten.
Gründe:
Die Entscheidung beruht auf § 199 Abs. 2 SGG. Danach kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen, wenn das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.
Der Aussetzungsantrag ist zulässig. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts vom 22.08.2016 ist ein vollstreckbarer Titel (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Der Umstand, dass das Sozialgericht den Beschwerdeführer im Ergebnis nur dem Grunde nach zur Leistungszahlung verpflichtet hat, steht dem nicht entgegen (BSG, Beschluss vom 06.08.1999 - B 4 RA 25/98 R). Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§ 175 Satz 1 und 2 SGG).
Der Antrag ist nur im tenorierten Umfang begründet.
Die Anordnung, die Vollstreckung einstweilen auszusetzen, ist eine Ermessensentscheidung (BSG Beschluss vom 08.12.2009 - B 8 SO 17/09; LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 03.12.2014 - L 19 SF 801/14 ER und vom 16.07.2014 - L 6 SF 556/14 ER; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 26.01.2006 - L 8 AS 403/06 ER; abweichend BSG Beschluss vom 06.08.1999 - B 4 RA 25/98 B). Sie erfordert (auch wenn die Entscheidung als gebundene Entscheidung ergeht; hierzu Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2 Aufl. § 199 Rn 13) regelmäßig eine Abwägung des Interesses des Gläubigers an der Vollziehung mit dem Interesse des Schuldners, nicht vor der Beendigung des Instanzenzugs leisten zu müssen. Für die einstweilige Aussetzung der Vollstreckung bedarf es regelmäßig besonderer rechtfertigender Umstände, die über die Nachteile hinausgehen, die für den Antragsteller mit der Zwangsvollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Titel regelmäßig verbunden sind. Dies folgt aus der Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Rechtsmittel Berufung und Beschwerde grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben (§§ 154, 175 SGG, hierzu auch BSG Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R). Für die Aussetzung der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung kommt hinzu, dass schon das in der Hauptsache geführte Eilverfahren darauf gerichtet ist, effizienten Rechtsschutz unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu gewährleisten (so etwa BVerfG Beschluss vom 10.10.2013 - 1 BvR 2025/03). Daher bedarf es für eine vorläufige Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG der Glaubhaftmachung weiterer schwerer und unzumutbarer, nicht anders abwendbarer Beeinträchtigungen, die durch die Entscheidung über die Beschwerde auch angesichts des Umstands, dass es sich auch beim Beschwerdeverfahren um ein Eilverfahren handelt, nicht mehr beseitigt werden können. Sind existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt im Streit, ist zudem zu berücksichtigen, dass deren Gewährung einer verfassungsrechtlichen, dem Schutz der Menschenwürde dienenden Pflicht des Staates entspricht (zuletzt BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 Bvl 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691713). Auch deshalb müssen in diesen Fällen die Interessen des Antragstellers gegenüber der existenzsichernden Funktion der zuerkannten Leistungen für den Beschwerdeführer deutlich überwiegen (ähnlich Bayerisches LSG Urteil vom 08.02.2006 - L 10 AS 17/06 ER; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 24.06.2008 - L 7 AS 2955/08 ER).
Damit verengt sich der Anwendungsbereich des § 199 Abs. 2 SGG in Eilverfahren nach dem SGB II auf Fallgestaltungen, in denen die Vollstreckung gegen den Leistungsträger ganz erheblich über die Nachteile hinausgeht, die für ihn regelmäßig mit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel ohnehin verbunden sind (ständige Rechtsprechung des Senats, vergl nur Beschluss vom 09.01.2015 - L 7 SF 928/154 ER; in diesem Sinne auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 03.12.2014 - L 19 SF 801/14 ER, vom 04.11.2014 - L 19 SF 725/14 ER, vom 12.09.2013 - L 19 SF 267/13, vom 16.07.2014 - L 6 SF 556/14 und vom 22.05.2014 - L 6 SF 450/14 ER). Die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels sind insoweit zu berücksichtigen, als bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung die Vollzugsaussetzung regelmäßig angeordnet werden sollte.
Unter Berücksichtigung dieser strengen Maßstäbe ist der Aussetzungsantrag begründet, soweit das Sozialgericht den Beschwerdeführer verpflichtet hat, der Beschwerdegegnerin Kosten der Unterkunft zu zahlen. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdegegnerin einer ersthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Bereits das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass der Mietvertrag die Mindestanforderungen an einen nachvollziehbaren rechtsverbindlichen Vertrag nicht erfüllt, da aus ihm nicht deutlich wird, welche Räumlichkeiten überhaupt vermietet werden sollen. Zudem hat der Außendienst des Beschwerdeführers unwidersprochen festgestellt, dass die angeblich vermieteten Räumlichkeiten noch nicht bewohnbar sind und die Herstellung der Bewohnbarkeit "noch Monate dauern" kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es wahrscheinlicher, dass die Beschwerdegegnerin mit ihrer Tochter bei Herrn T in einer Wohnung wohnt. Dann aber geht der angebliche Mietvertrag, der sich offensichtlich auf eine eigene Wohnung der Beschwerdeführerin beziehen soll, ins Leere.
Begründet ist der Aussetzungsantrag auch, soweit das Sozialgericht den Beschwerdeführer verpflichtet hat, das Einkommen unter Berücksichtigung etwaiger Freibeträge anzurechnen. Auch Einkommen in Höhe von Freibeträgen steht zur einstweiligen Deckung des Lebensbedarfs tatsächlich zur Verfügung und ist daher im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht in Abzug zu bringen (vergl auch Beschluss des Senats vom 17.12.2015 - L 7 AS 1711/15 B ER).
Im Übrigen ist der Aussetzungsantrag unbegründet.
Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Beschwerdeführerin gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als rumänische Arbeitsuchende von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist oder ob ihr ein anderweitiges Aufenthaltsrecht, insbesondere als Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU zusteht. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (vergl. Beschlüsse vom 16.12.2015 - L 7 AS 1466/15 B ER, vom 17.12.2015 - L 7 AS 1711/15 B ER, vom 04.03.2016 - L 7 AS 2143/15 B ER, vom 22.03.2016 - L 7 AS 354/16 B ER, vom 05.04.2016 - L 7 AS 453/16 und vom 07.04.2016 - L 7 AS 288/16 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER)) ist der Beschwerdeführer als Träger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§§ 6, 44b Abs. 1 SGB II) nach § 43 SGB I jedenfalls zur Erbringung vorläufiger Leistungen verpflichtet. Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann gem. § 43 SGB I der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags. Die Beschwerdeführerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf existenzsichernde Sozialleistungen (zur Notwendigkeit der Zweckidentität von vorgeleisteter und ggfs. endgültig zustehender Leistung Grube, in: JurisPK, § 102 SGB X Rn. 37). Sie ist mangels ausreichenden eigenen Einkommens und Vermögens hilfebedürftig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern erfüllt sie sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II als auch die Voraussetzungen des §§ 19 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie bewegt sich innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II; für Leistungen nach dem SGB XII sind Altersgrenzen nicht vorgegeben (lediglich die Leistungsart ist gem. § 19 Abs. 2 SGB XII altersabhängig).
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sowohl nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII als Person, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus der Arbeitsuche ergibt, möglicherweise von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen ist, steht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge einem Anspruch nicht entgegen. Das BSG hat mit Urteilen vom 03.12.2015 (B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 B ER), vom 16.12.2015 (B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (B 4 AS 24/14 R) sowie vom 17.03.2016 (B 4 AS 32/15 R) entschieden, dass sowohl für Arbeitsuchende, als auch für Personen, die in Ermangelung von Erfolgsaussichten bei der Arbeitsuche nicht über eine Freizügigkeitsberechtigung verfügen, zumindest Sozialhilfeleistungen im Ermessenswege zu erbringen sind, wenn - wie bei der Beschwerdeführerin - ein verfestigter Aufenthalt (über sechs Monate) vorliegt. Das in der Norm vorgesehene Ermessen ist aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum in der Weise reduziert, dass regelmäßig zumindest Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten ist. Der Senat folgt der abweichenden Rechtsprechung einiger Instanzgerichte in Eilverfahren (vergl. ua LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2016 - L 29 AS 20/16 ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2016 - L 3 AS 668/15 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 - L 9 AS 1335/15 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2016 - L 12 SO 79/16 B ER) nicht.
Es liegt zwischen dem Beschwerdeführer und dem Sozialhilfeträger ein negativer Kompetenzkonflikt iSd § 43 SGB I vor. Dies folgt aus § 21 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Regelung erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Umstritten ist, ob das Tatbestandsmerkmal dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II nur allgemein die Leistungssysteme des SGB II einerseits und des SGB XII andererseits nach dem Kriterium der Erwerbsfähigkeit abgrenzt mit der Folge, dass erwerbsfähige Personen keinen Anspruch nach dem SGB XII geltend machen können, auch nicht bei Eingreifen eines Leistungsausschlusses (so zB LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 8 SO 129/14 BER mwN auch zur Gegenauffassung), oder ob die Vorschrift den Zugang zum SGB XII eröffnet, wenn Hilfebedürftige aufgrund eines negativen Tatbestandsmerkmals keinen Zugang zu SGB II-Leistungen haben (so ua LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2012 - L 19 AS 1917/12 B ER). Seit dem Urteil des BSG vom 03.12.2015 (B 4 AS 44/15 R) ist höchstrichterlich entschieden, dass jedenfalls auch erwerbsfähige Personen mit einem verfestigten Aufenthalt Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII haben können. Damit ist die Frage, ob Antragsteller dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfallen, - ähnlich wie die Frage der Erwerbsfähigkeit iSd § 8 Abs. 1 SGB II (vergl. § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II) - (lediglich) maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Leistungsträgers. Unterliegt die Beschwerdeführerin dem Leistungsausschluss nicht, weil sie auch über ein anderweitiges Aufenthaltsrecht verfügt, ist der Beschwerdeführer für die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuständig. Unterliegt die Beschwerdegegnerin hingegen dem Leistungsausschluss, ist der Sozialhilfeträger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die Erbringung von Hilfe zum Lebensunterhalt zuständig.
Der Beschwerdeführer ist zuerst angegangener Leistungsträger iSd § 43 SGB I. Die Beschwerdegegnerin hat nach Aktenlage lediglich bei ihm existenzsichernde Leistungen beantragt. Unbeachtlich ist, dass der Beschwerdeführer seine Leistungspflicht aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bereits abgelehnt hat. Eine - der Sache nach wegen fehlender Zuständigkeit - bereits ergangene Ablehnungsentscheidung steht einer Vorleistungspflicht nach § 43 SGB I jedenfalls solange die Ablehnungsentscheidung (wie hier) noch nicht bestandskräftig geworden ist, nicht entgegen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R mwN) und die daher unabhängig von der Ablehnung endgültig zustehender Leistungen erbracht werden können.
In dem Leistungsantrag ist im Zweifel auch ein Antrag iSd § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I zu sehen, vorläufige Leistungen zu erbringen. Ein Antrag ist jede gegenüber dem erstangegangenen Leistungsträger abgegebene Willenserklärung, aus der - erforderlichenfalls durch Auslegung - zu entnehmen ist, dass der Berechtigte zumindest vorläufige Leistungen wünscht (Lilge, SGB I, § 43 Rn. 40). Dies ist bei einem Antrag auf existenzsichernde Leistungen im Regelfall zu bejahen.
Einer Anwendung von § 43 SGB I steht nicht entgegen, dass die Bewilligung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII grundsätzlich im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht. Zwar trifft zu, dass § 43 SGB I nach wohl herrschender Meinung nicht angewendet werden kann, wenn die Leistung des einen Trägers eine gebundene Leistung ist, während die Leistung des anderen Trägers in dessen Ermessen steht (Wagner, in: JurisPK, § 43 SGB I Rn. 23 mit Hinweisen auf die Gegenauffassung). Vorliegend ist jedoch maßgeblich, dass nach der zitierten Rechtsprechung des BSG eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen ist. Insoweit ist der Anwendungsbereich von § 43 SGB I damit eröffnet.
Die Rechte des Beschwerdeführers sind gewahrt, weil er für den Fall, dass die Beschwerdegegnerin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen kann. Der aus der Anwendung von § 43 SGB I folgende Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X erfordert die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der vorläufig erbrachten Leistungen (allg. Meinung, vergl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.04.2013 - L 20 SO 453/11 mwN). Sie ist gegeben, weil es sich bei der Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eingreift, in Folge der zitierten Rechtsprechung des BSG nicht um den Streit um eine materielle Anspruchsvoraussetzung, sondern um die Eröffnung eines Kompetenzkonfliktes handelt. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den Beschwerdeführer geltenden Rechtsvorschriften (§ 102 Abs. 2 SGB X). Der Sozialhilfeträger kann diese evtl. erweiterte Erstattungspflicht vermeiden, indem er den Leistungsfall übernimmt und den negativen Kompetenzkonflikt damit beendet.
Der wohl gegebene Anspruch der Tochter der Beschwerdegegnerin auf vorläufige Zahlung von Sozialgeld (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II) ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Entscheidung beruht auf § 199 Abs. 2 SGG. Danach kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen, wenn das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.
Der Aussetzungsantrag ist zulässig. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts vom 22.08.2016 ist ein vollstreckbarer Titel (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Der Umstand, dass das Sozialgericht den Beschwerdeführer im Ergebnis nur dem Grunde nach zur Leistungszahlung verpflichtet hat, steht dem nicht entgegen (BSG, Beschluss vom 06.08.1999 - B 4 RA 25/98 R). Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§ 175 Satz 1 und 2 SGG).
Der Antrag ist nur im tenorierten Umfang begründet.
Die Anordnung, die Vollstreckung einstweilen auszusetzen, ist eine Ermessensentscheidung (BSG Beschluss vom 08.12.2009 - B 8 SO 17/09; LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 03.12.2014 - L 19 SF 801/14 ER und vom 16.07.2014 - L 6 SF 556/14 ER; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 26.01.2006 - L 8 AS 403/06 ER; abweichend BSG Beschluss vom 06.08.1999 - B 4 RA 25/98 B). Sie erfordert (auch wenn die Entscheidung als gebundene Entscheidung ergeht; hierzu Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2 Aufl. § 199 Rn 13) regelmäßig eine Abwägung des Interesses des Gläubigers an der Vollziehung mit dem Interesse des Schuldners, nicht vor der Beendigung des Instanzenzugs leisten zu müssen. Für die einstweilige Aussetzung der Vollstreckung bedarf es regelmäßig besonderer rechtfertigender Umstände, die über die Nachteile hinausgehen, die für den Antragsteller mit der Zwangsvollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Titel regelmäßig verbunden sind. Dies folgt aus der Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Rechtsmittel Berufung und Beschwerde grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben (§§ 154, 175 SGG, hierzu auch BSG Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R). Für die Aussetzung der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung kommt hinzu, dass schon das in der Hauptsache geführte Eilverfahren darauf gerichtet ist, effizienten Rechtsschutz unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu gewährleisten (so etwa BVerfG Beschluss vom 10.10.2013 - 1 BvR 2025/03). Daher bedarf es für eine vorläufige Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG der Glaubhaftmachung weiterer schwerer und unzumutbarer, nicht anders abwendbarer Beeinträchtigungen, die durch die Entscheidung über die Beschwerde auch angesichts des Umstands, dass es sich auch beim Beschwerdeverfahren um ein Eilverfahren handelt, nicht mehr beseitigt werden können. Sind existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt im Streit, ist zudem zu berücksichtigen, dass deren Gewährung einer verfassungsrechtlichen, dem Schutz der Menschenwürde dienenden Pflicht des Staates entspricht (zuletzt BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 Bvl 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691713). Auch deshalb müssen in diesen Fällen die Interessen des Antragstellers gegenüber der existenzsichernden Funktion der zuerkannten Leistungen für den Beschwerdeführer deutlich überwiegen (ähnlich Bayerisches LSG Urteil vom 08.02.2006 - L 10 AS 17/06 ER; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 24.06.2008 - L 7 AS 2955/08 ER).
Damit verengt sich der Anwendungsbereich des § 199 Abs. 2 SGG in Eilverfahren nach dem SGB II auf Fallgestaltungen, in denen die Vollstreckung gegen den Leistungsträger ganz erheblich über die Nachteile hinausgeht, die für ihn regelmäßig mit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel ohnehin verbunden sind (ständige Rechtsprechung des Senats, vergl nur Beschluss vom 09.01.2015 - L 7 SF 928/154 ER; in diesem Sinne auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 03.12.2014 - L 19 SF 801/14 ER, vom 04.11.2014 - L 19 SF 725/14 ER, vom 12.09.2013 - L 19 SF 267/13, vom 16.07.2014 - L 6 SF 556/14 und vom 22.05.2014 - L 6 SF 450/14 ER). Die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels sind insoweit zu berücksichtigen, als bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung die Vollzugsaussetzung regelmäßig angeordnet werden sollte.
Unter Berücksichtigung dieser strengen Maßstäbe ist der Aussetzungsantrag begründet, soweit das Sozialgericht den Beschwerdeführer verpflichtet hat, der Beschwerdegegnerin Kosten der Unterkunft zu zahlen. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdegegnerin einer ersthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Bereits das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass der Mietvertrag die Mindestanforderungen an einen nachvollziehbaren rechtsverbindlichen Vertrag nicht erfüllt, da aus ihm nicht deutlich wird, welche Räumlichkeiten überhaupt vermietet werden sollen. Zudem hat der Außendienst des Beschwerdeführers unwidersprochen festgestellt, dass die angeblich vermieteten Räumlichkeiten noch nicht bewohnbar sind und die Herstellung der Bewohnbarkeit "noch Monate dauern" kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es wahrscheinlicher, dass die Beschwerdegegnerin mit ihrer Tochter bei Herrn T in einer Wohnung wohnt. Dann aber geht der angebliche Mietvertrag, der sich offensichtlich auf eine eigene Wohnung der Beschwerdeführerin beziehen soll, ins Leere.
Begründet ist der Aussetzungsantrag auch, soweit das Sozialgericht den Beschwerdeführer verpflichtet hat, das Einkommen unter Berücksichtigung etwaiger Freibeträge anzurechnen. Auch Einkommen in Höhe von Freibeträgen steht zur einstweiligen Deckung des Lebensbedarfs tatsächlich zur Verfügung und ist daher im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht in Abzug zu bringen (vergl auch Beschluss des Senats vom 17.12.2015 - L 7 AS 1711/15 B ER).
Im Übrigen ist der Aussetzungsantrag unbegründet.
Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Beschwerdeführerin gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als rumänische Arbeitsuchende von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist oder ob ihr ein anderweitiges Aufenthaltsrecht, insbesondere als Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU zusteht. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (vergl. Beschlüsse vom 16.12.2015 - L 7 AS 1466/15 B ER, vom 17.12.2015 - L 7 AS 1711/15 B ER, vom 04.03.2016 - L 7 AS 2143/15 B ER, vom 22.03.2016 - L 7 AS 354/16 B ER, vom 05.04.2016 - L 7 AS 453/16 und vom 07.04.2016 - L 7 AS 288/16 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER)) ist der Beschwerdeführer als Träger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§§ 6, 44b Abs. 1 SGB II) nach § 43 SGB I jedenfalls zur Erbringung vorläufiger Leistungen verpflichtet. Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann gem. § 43 SGB I der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags. Die Beschwerdeführerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf existenzsichernde Sozialleistungen (zur Notwendigkeit der Zweckidentität von vorgeleisteter und ggfs. endgültig zustehender Leistung Grube, in: JurisPK, § 102 SGB X Rn. 37). Sie ist mangels ausreichenden eigenen Einkommens und Vermögens hilfebedürftig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern erfüllt sie sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II als auch die Voraussetzungen des §§ 19 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie bewegt sich innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II; für Leistungen nach dem SGB XII sind Altersgrenzen nicht vorgegeben (lediglich die Leistungsart ist gem. § 19 Abs. 2 SGB XII altersabhängig).
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sowohl nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII als Person, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus der Arbeitsuche ergibt, möglicherweise von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen ist, steht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge einem Anspruch nicht entgegen. Das BSG hat mit Urteilen vom 03.12.2015 (B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 B ER), vom 16.12.2015 (B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (B 4 AS 24/14 R) sowie vom 17.03.2016 (B 4 AS 32/15 R) entschieden, dass sowohl für Arbeitsuchende, als auch für Personen, die in Ermangelung von Erfolgsaussichten bei der Arbeitsuche nicht über eine Freizügigkeitsberechtigung verfügen, zumindest Sozialhilfeleistungen im Ermessenswege zu erbringen sind, wenn - wie bei der Beschwerdeführerin - ein verfestigter Aufenthalt (über sechs Monate) vorliegt. Das in der Norm vorgesehene Ermessen ist aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum in der Weise reduziert, dass regelmäßig zumindest Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten ist. Der Senat folgt der abweichenden Rechtsprechung einiger Instanzgerichte in Eilverfahren (vergl. ua LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2016 - L 29 AS 20/16 ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2016 - L 3 AS 668/15 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 - L 9 AS 1335/15 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2016 - L 12 SO 79/16 B ER) nicht.
Es liegt zwischen dem Beschwerdeführer und dem Sozialhilfeträger ein negativer Kompetenzkonflikt iSd § 43 SGB I vor. Dies folgt aus § 21 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Regelung erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Umstritten ist, ob das Tatbestandsmerkmal dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II nur allgemein die Leistungssysteme des SGB II einerseits und des SGB XII andererseits nach dem Kriterium der Erwerbsfähigkeit abgrenzt mit der Folge, dass erwerbsfähige Personen keinen Anspruch nach dem SGB XII geltend machen können, auch nicht bei Eingreifen eines Leistungsausschlusses (so zB LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 8 SO 129/14 BER mwN auch zur Gegenauffassung), oder ob die Vorschrift den Zugang zum SGB XII eröffnet, wenn Hilfebedürftige aufgrund eines negativen Tatbestandsmerkmals keinen Zugang zu SGB II-Leistungen haben (so ua LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2012 - L 19 AS 1917/12 B ER). Seit dem Urteil des BSG vom 03.12.2015 (B 4 AS 44/15 R) ist höchstrichterlich entschieden, dass jedenfalls auch erwerbsfähige Personen mit einem verfestigten Aufenthalt Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII haben können. Damit ist die Frage, ob Antragsteller dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfallen, - ähnlich wie die Frage der Erwerbsfähigkeit iSd § 8 Abs. 1 SGB II (vergl. § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II) - (lediglich) maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Leistungsträgers. Unterliegt die Beschwerdeführerin dem Leistungsausschluss nicht, weil sie auch über ein anderweitiges Aufenthaltsrecht verfügt, ist der Beschwerdeführer für die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuständig. Unterliegt die Beschwerdegegnerin hingegen dem Leistungsausschluss, ist der Sozialhilfeträger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die Erbringung von Hilfe zum Lebensunterhalt zuständig.
Der Beschwerdeführer ist zuerst angegangener Leistungsträger iSd § 43 SGB I. Die Beschwerdegegnerin hat nach Aktenlage lediglich bei ihm existenzsichernde Leistungen beantragt. Unbeachtlich ist, dass der Beschwerdeführer seine Leistungspflicht aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bereits abgelehnt hat. Eine - der Sache nach wegen fehlender Zuständigkeit - bereits ergangene Ablehnungsentscheidung steht einer Vorleistungspflicht nach § 43 SGB I jedenfalls solange die Ablehnungsentscheidung (wie hier) noch nicht bestandskräftig geworden ist, nicht entgegen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R mwN) und die daher unabhängig von der Ablehnung endgültig zustehender Leistungen erbracht werden können.
In dem Leistungsantrag ist im Zweifel auch ein Antrag iSd § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I zu sehen, vorläufige Leistungen zu erbringen. Ein Antrag ist jede gegenüber dem erstangegangenen Leistungsträger abgegebene Willenserklärung, aus der - erforderlichenfalls durch Auslegung - zu entnehmen ist, dass der Berechtigte zumindest vorläufige Leistungen wünscht (Lilge, SGB I, § 43 Rn. 40). Dies ist bei einem Antrag auf existenzsichernde Leistungen im Regelfall zu bejahen.
Einer Anwendung von § 43 SGB I steht nicht entgegen, dass die Bewilligung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII grundsätzlich im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht. Zwar trifft zu, dass § 43 SGB I nach wohl herrschender Meinung nicht angewendet werden kann, wenn die Leistung des einen Trägers eine gebundene Leistung ist, während die Leistung des anderen Trägers in dessen Ermessen steht (Wagner, in: JurisPK, § 43 SGB I Rn. 23 mit Hinweisen auf die Gegenauffassung). Vorliegend ist jedoch maßgeblich, dass nach der zitierten Rechtsprechung des BSG eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen ist. Insoweit ist der Anwendungsbereich von § 43 SGB I damit eröffnet.
Die Rechte des Beschwerdeführers sind gewahrt, weil er für den Fall, dass die Beschwerdegegnerin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen kann. Der aus der Anwendung von § 43 SGB I folgende Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X erfordert die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der vorläufig erbrachten Leistungen (allg. Meinung, vergl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.04.2013 - L 20 SO 453/11 mwN). Sie ist gegeben, weil es sich bei der Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eingreift, in Folge der zitierten Rechtsprechung des BSG nicht um den Streit um eine materielle Anspruchsvoraussetzung, sondern um die Eröffnung eines Kompetenzkonfliktes handelt. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den Beschwerdeführer geltenden Rechtsvorschriften (§ 102 Abs. 2 SGB X). Der Sozialhilfeträger kann diese evtl. erweiterte Erstattungspflicht vermeiden, indem er den Leistungsfall übernimmt und den negativen Kompetenzkonflikt damit beendet.
Der wohl gegebene Anspruch der Tochter der Beschwerdegegnerin auf vorläufige Zahlung von Sozialgeld (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II) ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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