Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 8064/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 920/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gesellschafter, die ihnen nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung verhindern können, können trotzdem in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen, wenn sie nicht gleichzeitig Geschäftsführer sind.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Dezember 2013 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012 abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, wobei die Beigeladenen ihre Kosten selbst tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen festgesetzt auf jeweils 5.000,00 Euro.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1 bei seiner Tätigkeit für die Klägerin, die er in der Zeit vom 01.05.2011 bis einschließlich 26.06.2012 mittels eines Beratervertrages ausübte, wegen abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Klägerin wurde durch notariellen Vertrag vom 20.01.2011 gegründet und am 12.04.2011 in das Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital der Klägerin beläuft sich auf 25.000,00 Euro. Am Stammkapital waren zunächst die vier Gründungsmitglieder und Gesellschafter (C.), (L.), (Cz.) und der Beigeladene zu 1 jeweils mit 25 v. H. beteiligt. Nach § 6 Abs. 5 der Satzung der Klägerin können Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig gefasst werden. Zum alleinigen Geschäftsführer wurde Cz. berufen. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 schlossen am 01.05.2011 einen "Beratungsvertrag", der im Einzelnen folgende Bestimmungen enthielt:
* Der Beigeladene zu 1 erhält den Auftrag, die Klägerin zu beraten bei "Marketing/Vertrieb für die Internet-Plattform xy.de (früherer Name der Klägerin) (Nr. 1).
* Ort und Zeit der Leistungserbringung werden im Einzelnen einvernehmlich vereinbart. In der Regel habe der Beigeladene zu 1 seine Leistung außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers zu erbringen und für die erforderliche Arbeitsausstattung selbst Sorge zu tragen. Der Beigeladene zu 1 verpflichte sich, sein gesamtes Knowhow einzusetzen (Nr. 2).
* Der Beigeladene zu 1 erhalte für die erbrachte Leistung eine monatliche Pauschale in Höhe von 2.500,00 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Diese Beratungsvergütung werde jeweils zum Monatsende nach entsprechender Rechnungstellung durch den Beigeladenen zu 1 fällig. Darüber hinaus erhalte der Beigeladene zu 1 den Ersatz von Fahrtkosten bei entsprechendem Nachweis per Beleg (Nr. 3).
* Der Vertrag gelte unbefristet und sei für beide Parteien mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende jeweils kündbar, wobei das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt bleibe (Nr. 5).
* Die Klägerin habe dafür Sorge zu tragen, dass der Beigeladene zu 1 alle für die Ausführung seiner Tätigkeit notwendigen Unterlagen rechtzeitig erhalte und Informationen rechtzeitig erhalte, insbesondere solche, die erst während der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bekannt werden. Auf Verlangen des Beigeladenen zu 1 habe die Klägerin die Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen und Informationen schriftlich zu bestätigen (Nr. 6).
* Der Beigeladene zu 1 unterliege einer Schweigepflicht und dürfe die ihm bekannt gewordenen Daten im Rahmen seiner Tätigkeit nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der Klägerin weitergeben (Nr. 7).
* Der Beigeladene zu 1 unterliege einem Wettbewerbsverbot (Nr. 8).
* Der Beigeladene zu 1 habe die ihm übergebenen Unterlagen aufzubewahren und nach Ende seiner Tätigkeit zurückzugeben (Nr. 9).
Durch Vertrag vom 13.12.2011 erwarb Herr (P.) Gesellschaftsanteile von insgesamt 3 v. H. Dabei erhielt P. von dem Beigeladenen zu 1, C. und L., jeweils 1 % der Stammanteile an der Gesellschaft. Cz. behielt weiterhin 25 v. H.
Am 28.03.2012 wurde Antrag auf Statusfeststellung bezüglich der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Beklagten gestellt. Aufgrund weiterer Änderungen der Gesellschaftsanteile wegen erneuten Anteilskäufen durch P. belief sich der Anteil des Beigeladenen zu 1 am Stammkapital nach dem Registerauszug vom 17.04.2012 zu diesem Zeitpunkt nur noch auf 5.000,00 Euro, also 20 %. Der Beigeladene zu 1 sei aufgrund seines Know-How jedoch von Anfang an Kopf und Seele der Klägerin gewesen und habe in Zusammenschau mit seinem gesellschaftsrechtlich abgesicherten Vetorecht in § 6 Abs. 5 der Satzung der Klägerin, mit dem er ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse habe verhindern können, eine einem Selbständigen vergleichbare Stellung innegehabt.
Mit Bescheiden vom 21.05.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Beratungstätigkeit für die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werde und daher seit dem 01.05.2011 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Beigeladene zu 1) habe zwar eine gesellschaftsrechtliche Stellung, mit der er ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern könne, sei aber nicht Geschäftsführer und unterliege somit im Rahmen seines Beratungsvertrages den Weisungen des Geschäftsführers wie ein abhängig Beschäftigter.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens wurden der Beigeladene zu 1 sowie C. und L. durch Geschäftsführervertrag vom 20.06.2012 mit Wirkung zum 27.06.2012 neben Cz. zu gleichberechtigten Geschäftsführern bestellt.
Mit Bescheiden vom 20.12.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Minderheitengesellschafter-Geschäftsführer ab dem 27.06.2012 nicht mehr im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und daher sozialversicherungsfrei sei. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Für die Zeit ab 01.05.2011 hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 29.11.2012 jedoch die Widersprüche zurückgewiesen, da der Beigeladene zu 1 aufgrund des Beratervertrags und seiner fehlenden Geschäftsführerstellung abhängig beschäftigt gewesen sei.
Die Klägerin erhob demgemäß gegen den Bescheid vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 Klage zum Sozialgericht Regensburg, soweit darin noch eine Versicherungspflicht für die Zeit vom 01.05.2011 bis 26.06.2012 festgestellt wurde.
Mit Urteil vom 11.12.2013 hob das Sozialgericht Regensburg den Bescheid der Beklagten vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 auf und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1 bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.05.2011 bis einschließlich 26.06.2012 nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig gewesen sei.
Der Beigeladene zu 1 habe im streitigen Zeitraum vom 01.05.2011 bis 26.06.2012 zunächst über Anteile von 25 v. H. und zuletzt von 20 v. H. am Stammkapital verfügt, sei aber aufgrund des gesellschaftsvertraglich abgesicherten Vetorechts jederzeit in der Lage gewesen, ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Der Beigeladene zu 1 sei in dieser Zeit zwar nicht Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte jedoch auf die Geschäftsführerstellung abgestellt. Diesem Umstand käme keine entscheidende Bedeutung zu. Aus dem Beratungsvertrag habe sich keine Weisungsgebundenheit ergeben. Vielmehr sei die Klägerin auf die fortdauernden Leistungen des Beigeladenen zu 1 bei der Entwicklung und dem Betrieb der XY-Plattform angewiesen gewesen, die das Herzstück der Klägerin gebildet hätten. Für den streitgegenständlichen Zeitraum sei daher auf die tatsächlichen Verhältnisse und die de facto gleichberechtigte Stellung des Beigeladenen zu 1 mit dem Geschäftsführer Cz. abzustellen. Entscheidend sei die weitgehende Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1. Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe, dass der Beigeladene zu 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen sei.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Ein mitarbeitender, aber nicht zum Geschäftsführer bestellter Gesellschafter wie der Beigeladene zu 1 besitze allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag sei die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über Angestellte einer GmbH Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung. Habe eine Gesellschafterversammlung im Gesellschaftervertrag Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten der GmbH weder an sich gezogen noch vorgehalten, werde der mitarbeitende Gesellschafter als Erfüllungsgehilfe der Geschäftsführung tätig. Entscheidend seien daher die Elemente des Beratungsvertrages, die schon aufgrund des Festgehaltes für eine abhängige Beschäftigung sprächen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Dezember 2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Gesamtabwägung ergebe, dass eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 vorgelegen habe. Zu Recht habe das Sozialgericht entschieden, dass der Beigeladene zu 1 als Herzstück der Klägerin seine Tätigkeit gleichberechtigt neben dem damaligen Geschäftsführer ausgeübt habe.
Die weiteren Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11.12.2013 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 abgewiesen.
Diese Entscheidungen der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Zu Recht hat die Beklagte mit streitgegenständlichen Bescheiden festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 bei seiner Tätigkeit mittels Beratungsvertrages abhängig beschäftigt und damit in der Zeit vom 01.05.2011 und 26.06.2012 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Feststellungsbescheid ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach können Beteiligte schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Hierfür bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen versicherungspflichtigen Be-schäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, BSG, Urteil v. 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R,).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.08.2012, B 12 R 14/10 R). Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben.
Ob eine "Beschäftigung" i.S.v. § 7 SGB IV vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.09.2011, B 12 R 17/09 R).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beklagte zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1 im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin als Berater abhängig beschäftigt gewesen ist.
Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängigen Beschäftigung entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.
Diese allgemeinen Grundsätze zur Unterscheidung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH.
Grundsätzlich kann ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann. Das Bundessozialgericht bejaht eine selbständige Tätigkeit, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und als solcher entweder Mehrheitsgesellschafter ist oder über eine Sperrminorität dergestalt verfügt, dass er an ihn gerichtete Weisungen verhindern kann (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 25). Demgegenüber geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Fremdgeschäftsführer (Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile) in der Regel in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (siehe BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, Rn. 21).
Die neuere Rechtsprechung des BSG stellt bei der Beurteilung, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer anhängig beschäftigt ist, im Ergebnis in erster Linie darauf ab, ob der Geschäftsführer aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter die Rechtsmacht hat, unliebsame Weisungen in Bezug auf seine Geschäftsführertätigkeit zu verhindern (vgl. etwa BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R und B 12 KR 13/14 R) kommt einer solchen Gesellschafterstellung entscheidende Indizwirkung für eine selbständige Tätigkeit zu.
Dies gilt jedoch nur, wenn ein Gesellschafter gleichzeitig auch Geschäftsführer ist und in keinem anderen Rechtsverhältnis für die Gesellschaft tätig wird, bei dem er Weisungen des Geschäftsführers der Gesellschaft unterliegt (BSG, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, Rn. 23).
Der Geschäftsführer der Klägerin Cz. war im Rahmen der laufenden Geschäftsführung rechtlich und tatsächlich in der Lage, Weisungen gegenüber Angestellten bzw. anderen abhängig Beschäftigten der Klägerin, damit auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1, zu erteilen. Eine Einschränkung des Weisungsrechts sah weder der Gesellschaftsvertrag noch der Geschäftsführervertrag vor (vgl. dazu BayLSG Urteil vom 26.06.2015, L 16 R 1240/13 Rz. 44). Der Geschäftsführer war berechtigt und auch verpflichtet, soweit notwendig, Weisungen zu erteilen.
Der Kläger hätte Weisungen des Geschäftsführers Cz. an sich nur verhindern können, wenn er aufgrund seiner Gesellschafterstellung die Gesellschafterversammlung beherrscht hätte. Eine derartige Rechtsmacht hatte der Kläger nicht. Anders als bei einem zum Geschäftsführer bestimmten Gesellschafter reicht bei einem mitarbeitenden Gesellschafter eine Sperrminorität nicht aus. Vielmehr muss ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschafterversammlung bestehen, um von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen zu können. Der Kläger hätte Weisungen der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung hinsichtlich seiner Tätigkeit als Berater verhindern können müssen. Das war vorliegend nicht der Fall. Der Kläger konnte zwar direkte Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern. Weisungen des Geschäftsführers im Rahmen der ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte konnte er jedoch weder rechtlich noch tatsächlich verhindern.
Nachdem aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung kein ausschlaggebendes Indiz für die Beurteilung der Tätigkeit als selbständig oder abhängig beschäftigt abgeleitet werden kann, ist in erster Linie der Beratungsvertrag für die Beurteilung der Tätigkeit ausschlaggebend.
Dieser Vertrag enthält typische Merkmale eines Angestellten, der abhängig beschäftigt ist, vor allem das monatliche Festgehalt. Der Beigeladene zu 1 erhielt damit seine fachlichen Beiträge für die Klägerin unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin ohne unternehmerisches Risiko bezahlt. Bei seiner Tätigkeit im Rahmen der Beratung unterlag er den Weisungen des Gesellschaftergeschäftsführers Cz. Denn die Durchführung des Beratungsvertrages oblag auf Seiten der Klägerin ausschließlich dem Geschäftsführer, der vom Beigeladenen zu 1 die vertraglich geschuldeten Leistungen einfordern konnte. Insoweit war der Geschäftsführer gegenüber dem Beigeladenen zu 1 weisungsbefugt. Bei seiner Tätigkeit, die der Beigeladene zu 1 für die Klägerin ausführte, war der Beigeladene zu 1 auch in die Organisationsstruktur der Klägerin eingegliedert. Er hatte seine Tätigkeit in enger Zusammenarbeit mit der Klägerin zu erbringen, insbesondere auch die Geschäftsidee so umzusetzen, dass die Klägerin erfolgreich auf dem Markt starten konnte.
Demgegenüber fallen die Elemente, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, nur unwesentlich ins Gewicht. Bezüglich Ort und Zeit der Leistungserbringung war der Beigeladene zu 1 zwar im Wesentlichen frei, auch wenn nach Nr. 2 des Vertrages letztlich Einvernehmen mit der Klägerin hierfür notwendig war. Soweit die Vertragspartner im Vertrag beide eine selbständige Tätigkeit wollten, kommt diesem Willen ebenso nur eine untergeordnete Bedeutung zu wie dem Fehlen arbeitnehmertypischer Rechte wie z.B. Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw ... Dies alles sind von den Vertragspartnern gewählte Gestaltungselemente, die hinter der in §§ 7, 7a SGB IV zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Bewertung von Tätigkeiten als Beschäftigung regelmäßig zurücktreten, da sie in erster Linie nur formalen Charakter haben.
Für eine selbstständige Tätigkeit spricht zwar des Weiteren, dass der Beigeladene zu 1 sein Know-How in die Klägerin einbrachte, mit seiner Geschäftsidee auch Mitgründer der Klägerin war und im Kern die Klägerin um die Geschäftsidee des Beigeladenen zu 1 entstanden ist. Jedoch wurde in Umsetzung der Geschäftsidee des Beigeladenen zu 1 die Firmenstruktur mittels des Gesellschaftsvertrages, einem anderen Geschäftsführer und lediglich einem Beratungsvertrages für den Beigeladenen zu 1 so gewählt, dass der Beigeladene zu 1, sollte es zu Schwierigkeiten aufgrund des Beratungsvertrages kommen, sich letztlich insoweit mit dem Geschäftsführer auseinandersetzen musste. Sein Vetorecht innerhalb der Gesellschaft aufgrund seiner Anteile und der gesellschaftsrechtlich abgesicherten Stimmbindung war insoweit unbedeutend, da im Gesellschaftervertrag der Gesellschafterversammlung bei Ausführung des Beratungsvertrages keine eigenständigen Rechte eingeräumt waren.
Im Ergebnis wurde der Kläger daher in der genannten Zeit nicht als Selbstständiger für die Klägerin tätig und der Berufung der Beklagten war im Ergebnis stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 5.000,00 Euro festgesetzt gemäß § 197a SGG i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 07.07.2015, 3/15 B), die wiederum auf der Rechtsprechung des BSG beruht.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, wobei die Beigeladenen ihre Kosten selbst tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen festgesetzt auf jeweils 5.000,00 Euro.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1 bei seiner Tätigkeit für die Klägerin, die er in der Zeit vom 01.05.2011 bis einschließlich 26.06.2012 mittels eines Beratervertrages ausübte, wegen abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Klägerin wurde durch notariellen Vertrag vom 20.01.2011 gegründet und am 12.04.2011 in das Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital der Klägerin beläuft sich auf 25.000,00 Euro. Am Stammkapital waren zunächst die vier Gründungsmitglieder und Gesellschafter (C.), (L.), (Cz.) und der Beigeladene zu 1 jeweils mit 25 v. H. beteiligt. Nach § 6 Abs. 5 der Satzung der Klägerin können Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig gefasst werden. Zum alleinigen Geschäftsführer wurde Cz. berufen. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 schlossen am 01.05.2011 einen "Beratungsvertrag", der im Einzelnen folgende Bestimmungen enthielt:
* Der Beigeladene zu 1 erhält den Auftrag, die Klägerin zu beraten bei "Marketing/Vertrieb für die Internet-Plattform xy.de (früherer Name der Klägerin) (Nr. 1).
* Ort und Zeit der Leistungserbringung werden im Einzelnen einvernehmlich vereinbart. In der Regel habe der Beigeladene zu 1 seine Leistung außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers zu erbringen und für die erforderliche Arbeitsausstattung selbst Sorge zu tragen. Der Beigeladene zu 1 verpflichte sich, sein gesamtes Knowhow einzusetzen (Nr. 2).
* Der Beigeladene zu 1 erhalte für die erbrachte Leistung eine monatliche Pauschale in Höhe von 2.500,00 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Diese Beratungsvergütung werde jeweils zum Monatsende nach entsprechender Rechnungstellung durch den Beigeladenen zu 1 fällig. Darüber hinaus erhalte der Beigeladene zu 1 den Ersatz von Fahrtkosten bei entsprechendem Nachweis per Beleg (Nr. 3).
* Der Vertrag gelte unbefristet und sei für beide Parteien mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende jeweils kündbar, wobei das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt bleibe (Nr. 5).
* Die Klägerin habe dafür Sorge zu tragen, dass der Beigeladene zu 1 alle für die Ausführung seiner Tätigkeit notwendigen Unterlagen rechtzeitig erhalte und Informationen rechtzeitig erhalte, insbesondere solche, die erst während der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bekannt werden. Auf Verlangen des Beigeladenen zu 1 habe die Klägerin die Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen und Informationen schriftlich zu bestätigen (Nr. 6).
* Der Beigeladene zu 1 unterliege einer Schweigepflicht und dürfe die ihm bekannt gewordenen Daten im Rahmen seiner Tätigkeit nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der Klägerin weitergeben (Nr. 7).
* Der Beigeladene zu 1 unterliege einem Wettbewerbsverbot (Nr. 8).
* Der Beigeladene zu 1 habe die ihm übergebenen Unterlagen aufzubewahren und nach Ende seiner Tätigkeit zurückzugeben (Nr. 9).
Durch Vertrag vom 13.12.2011 erwarb Herr (P.) Gesellschaftsanteile von insgesamt 3 v. H. Dabei erhielt P. von dem Beigeladenen zu 1, C. und L., jeweils 1 % der Stammanteile an der Gesellschaft. Cz. behielt weiterhin 25 v. H.
Am 28.03.2012 wurde Antrag auf Statusfeststellung bezüglich der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Beklagten gestellt. Aufgrund weiterer Änderungen der Gesellschaftsanteile wegen erneuten Anteilskäufen durch P. belief sich der Anteil des Beigeladenen zu 1 am Stammkapital nach dem Registerauszug vom 17.04.2012 zu diesem Zeitpunkt nur noch auf 5.000,00 Euro, also 20 %. Der Beigeladene zu 1 sei aufgrund seines Know-How jedoch von Anfang an Kopf und Seele der Klägerin gewesen und habe in Zusammenschau mit seinem gesellschaftsrechtlich abgesicherten Vetorecht in § 6 Abs. 5 der Satzung der Klägerin, mit dem er ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse habe verhindern können, eine einem Selbständigen vergleichbare Stellung innegehabt.
Mit Bescheiden vom 21.05.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Beratungstätigkeit für die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werde und daher seit dem 01.05.2011 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Beigeladene zu 1) habe zwar eine gesellschaftsrechtliche Stellung, mit der er ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern könne, sei aber nicht Geschäftsführer und unterliege somit im Rahmen seines Beratungsvertrages den Weisungen des Geschäftsführers wie ein abhängig Beschäftigter.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens wurden der Beigeladene zu 1 sowie C. und L. durch Geschäftsführervertrag vom 20.06.2012 mit Wirkung zum 27.06.2012 neben Cz. zu gleichberechtigten Geschäftsführern bestellt.
Mit Bescheiden vom 20.12.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Minderheitengesellschafter-Geschäftsführer ab dem 27.06.2012 nicht mehr im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und daher sozialversicherungsfrei sei. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Für die Zeit ab 01.05.2011 hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 29.11.2012 jedoch die Widersprüche zurückgewiesen, da der Beigeladene zu 1 aufgrund des Beratervertrags und seiner fehlenden Geschäftsführerstellung abhängig beschäftigt gewesen sei.
Die Klägerin erhob demgemäß gegen den Bescheid vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 Klage zum Sozialgericht Regensburg, soweit darin noch eine Versicherungspflicht für die Zeit vom 01.05.2011 bis 26.06.2012 festgestellt wurde.
Mit Urteil vom 11.12.2013 hob das Sozialgericht Regensburg den Bescheid der Beklagten vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 auf und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1 bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.05.2011 bis einschließlich 26.06.2012 nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig gewesen sei.
Der Beigeladene zu 1 habe im streitigen Zeitraum vom 01.05.2011 bis 26.06.2012 zunächst über Anteile von 25 v. H. und zuletzt von 20 v. H. am Stammkapital verfügt, sei aber aufgrund des gesellschaftsvertraglich abgesicherten Vetorechts jederzeit in der Lage gewesen, ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Der Beigeladene zu 1 sei in dieser Zeit zwar nicht Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte jedoch auf die Geschäftsführerstellung abgestellt. Diesem Umstand käme keine entscheidende Bedeutung zu. Aus dem Beratungsvertrag habe sich keine Weisungsgebundenheit ergeben. Vielmehr sei die Klägerin auf die fortdauernden Leistungen des Beigeladenen zu 1 bei der Entwicklung und dem Betrieb der XY-Plattform angewiesen gewesen, die das Herzstück der Klägerin gebildet hätten. Für den streitgegenständlichen Zeitraum sei daher auf die tatsächlichen Verhältnisse und die de facto gleichberechtigte Stellung des Beigeladenen zu 1 mit dem Geschäftsführer Cz. abzustellen. Entscheidend sei die weitgehende Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1. Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe, dass der Beigeladene zu 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen sei.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Ein mitarbeitender, aber nicht zum Geschäftsführer bestellter Gesellschafter wie der Beigeladene zu 1 besitze allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag sei die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über Angestellte einer GmbH Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung. Habe eine Gesellschafterversammlung im Gesellschaftervertrag Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten der GmbH weder an sich gezogen noch vorgehalten, werde der mitarbeitende Gesellschafter als Erfüllungsgehilfe der Geschäftsführung tätig. Entscheidend seien daher die Elemente des Beratungsvertrages, die schon aufgrund des Festgehaltes für eine abhängige Beschäftigung sprächen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Dezember 2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Gesamtabwägung ergebe, dass eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 vorgelegen habe. Zu Recht habe das Sozialgericht entschieden, dass der Beigeladene zu 1 als Herzstück der Klägerin seine Tätigkeit gleichberechtigt neben dem damaligen Geschäftsführer ausgeübt habe.
Die weiteren Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11.12.2013 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 abgewiesen.
Diese Entscheidungen der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Zu Recht hat die Beklagte mit streitgegenständlichen Bescheiden festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 bei seiner Tätigkeit mittels Beratungsvertrages abhängig beschäftigt und damit in der Zeit vom 01.05.2011 und 26.06.2012 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Feststellungsbescheid ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach können Beteiligte schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Hierfür bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen versicherungspflichtigen Be-schäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, BSG, Urteil v. 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R,).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.08.2012, B 12 R 14/10 R). Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben.
Ob eine "Beschäftigung" i.S.v. § 7 SGB IV vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.09.2011, B 12 R 17/09 R).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beklagte zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1 im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin als Berater abhängig beschäftigt gewesen ist.
Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängigen Beschäftigung entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.
Diese allgemeinen Grundsätze zur Unterscheidung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH.
Grundsätzlich kann ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann. Das Bundessozialgericht bejaht eine selbständige Tätigkeit, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und als solcher entweder Mehrheitsgesellschafter ist oder über eine Sperrminorität dergestalt verfügt, dass er an ihn gerichtete Weisungen verhindern kann (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 25). Demgegenüber geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Fremdgeschäftsführer (Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile) in der Regel in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (siehe BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, Rn. 21).
Die neuere Rechtsprechung des BSG stellt bei der Beurteilung, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer anhängig beschäftigt ist, im Ergebnis in erster Linie darauf ab, ob der Geschäftsführer aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter die Rechtsmacht hat, unliebsame Weisungen in Bezug auf seine Geschäftsführertätigkeit zu verhindern (vgl. etwa BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R und B 12 KR 13/14 R) kommt einer solchen Gesellschafterstellung entscheidende Indizwirkung für eine selbständige Tätigkeit zu.
Dies gilt jedoch nur, wenn ein Gesellschafter gleichzeitig auch Geschäftsführer ist und in keinem anderen Rechtsverhältnis für die Gesellschaft tätig wird, bei dem er Weisungen des Geschäftsführers der Gesellschaft unterliegt (BSG, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R, Rn. 23).
Der Geschäftsführer der Klägerin Cz. war im Rahmen der laufenden Geschäftsführung rechtlich und tatsächlich in der Lage, Weisungen gegenüber Angestellten bzw. anderen abhängig Beschäftigten der Klägerin, damit auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1, zu erteilen. Eine Einschränkung des Weisungsrechts sah weder der Gesellschaftsvertrag noch der Geschäftsführervertrag vor (vgl. dazu BayLSG Urteil vom 26.06.2015, L 16 R 1240/13 Rz. 44). Der Geschäftsführer war berechtigt und auch verpflichtet, soweit notwendig, Weisungen zu erteilen.
Der Kläger hätte Weisungen des Geschäftsführers Cz. an sich nur verhindern können, wenn er aufgrund seiner Gesellschafterstellung die Gesellschafterversammlung beherrscht hätte. Eine derartige Rechtsmacht hatte der Kläger nicht. Anders als bei einem zum Geschäftsführer bestimmten Gesellschafter reicht bei einem mitarbeitenden Gesellschafter eine Sperrminorität nicht aus. Vielmehr muss ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschafterversammlung bestehen, um von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen zu können. Der Kläger hätte Weisungen der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung hinsichtlich seiner Tätigkeit als Berater verhindern können müssen. Das war vorliegend nicht der Fall. Der Kläger konnte zwar direkte Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern. Weisungen des Geschäftsführers im Rahmen der ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte konnte er jedoch weder rechtlich noch tatsächlich verhindern.
Nachdem aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung kein ausschlaggebendes Indiz für die Beurteilung der Tätigkeit als selbständig oder abhängig beschäftigt abgeleitet werden kann, ist in erster Linie der Beratungsvertrag für die Beurteilung der Tätigkeit ausschlaggebend.
Dieser Vertrag enthält typische Merkmale eines Angestellten, der abhängig beschäftigt ist, vor allem das monatliche Festgehalt. Der Beigeladene zu 1 erhielt damit seine fachlichen Beiträge für die Klägerin unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin ohne unternehmerisches Risiko bezahlt. Bei seiner Tätigkeit im Rahmen der Beratung unterlag er den Weisungen des Gesellschaftergeschäftsführers Cz. Denn die Durchführung des Beratungsvertrages oblag auf Seiten der Klägerin ausschließlich dem Geschäftsführer, der vom Beigeladenen zu 1 die vertraglich geschuldeten Leistungen einfordern konnte. Insoweit war der Geschäftsführer gegenüber dem Beigeladenen zu 1 weisungsbefugt. Bei seiner Tätigkeit, die der Beigeladene zu 1 für die Klägerin ausführte, war der Beigeladene zu 1 auch in die Organisationsstruktur der Klägerin eingegliedert. Er hatte seine Tätigkeit in enger Zusammenarbeit mit der Klägerin zu erbringen, insbesondere auch die Geschäftsidee so umzusetzen, dass die Klägerin erfolgreich auf dem Markt starten konnte.
Demgegenüber fallen die Elemente, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, nur unwesentlich ins Gewicht. Bezüglich Ort und Zeit der Leistungserbringung war der Beigeladene zu 1 zwar im Wesentlichen frei, auch wenn nach Nr. 2 des Vertrages letztlich Einvernehmen mit der Klägerin hierfür notwendig war. Soweit die Vertragspartner im Vertrag beide eine selbständige Tätigkeit wollten, kommt diesem Willen ebenso nur eine untergeordnete Bedeutung zu wie dem Fehlen arbeitnehmertypischer Rechte wie z.B. Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw ... Dies alles sind von den Vertragspartnern gewählte Gestaltungselemente, die hinter der in §§ 7, 7a SGB IV zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Bewertung von Tätigkeiten als Beschäftigung regelmäßig zurücktreten, da sie in erster Linie nur formalen Charakter haben.
Für eine selbstständige Tätigkeit spricht zwar des Weiteren, dass der Beigeladene zu 1 sein Know-How in die Klägerin einbrachte, mit seiner Geschäftsidee auch Mitgründer der Klägerin war und im Kern die Klägerin um die Geschäftsidee des Beigeladenen zu 1 entstanden ist. Jedoch wurde in Umsetzung der Geschäftsidee des Beigeladenen zu 1 die Firmenstruktur mittels des Gesellschaftsvertrages, einem anderen Geschäftsführer und lediglich einem Beratungsvertrages für den Beigeladenen zu 1 so gewählt, dass der Beigeladene zu 1, sollte es zu Schwierigkeiten aufgrund des Beratungsvertrages kommen, sich letztlich insoweit mit dem Geschäftsführer auseinandersetzen musste. Sein Vetorecht innerhalb der Gesellschaft aufgrund seiner Anteile und der gesellschaftsrechtlich abgesicherten Stimmbindung war insoweit unbedeutend, da im Gesellschaftervertrag der Gesellschafterversammlung bei Ausführung des Beratungsvertrages keine eigenständigen Rechte eingeräumt waren.
Im Ergebnis wurde der Kläger daher in der genannten Zeit nicht als Selbstständiger für die Klägerin tätig und der Berufung der Beklagten war im Ergebnis stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 5.000,00 Euro festgesetzt gemäß § 197a SGG i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 07.07.2015, 3/15 B), die wiederum auf der Rechtsprechung des BSG beruht.
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