Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 182/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 120/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Verletztengeld sowie Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles.
Am 03. September 2010 erlitt der Kläger einen Autounfall. Wegen Unwohlseins hatte der Kläger an diesem Tag seine berufliche Tätigkeit in Absprachen mit dem Arbeitgeber eingestellt und befand sich als Fahrer eines Kleintransporters auf dem Weg nach Hause. Als ein vor ihm fahrendes Fahrzeug plötzlich und unerwartet bremste, sei er mit dem Fuß aus ihm nicht ersichtlichen Gründen von der Bremse abgerutscht (so die Schilderung des Unfallgeschehens im Gutachten von Dr. P, Dr. E, Sklinik, vom 23. Mai 2012). Zum Unfallhergang wird im Entlassungsbericht der Charité vom 13. September 2010 wiedergegeben, dass der Kläger einen Moment lang nicht aufgepasst habe und mit dem Fuß von der Kupplung abgerutscht sei, als er plötzlich einem anderen Auto habe ausweichen müssen. Im Befundbericht der den Kläger behandelnden Fachärztin für Psychiatrie J vom 29. Juli 2011 ist die Schilderung des Klägers so wiedergegeben, dass auf dem Nachhauseweg plötzlich während des Autofahrens die rechte Hand und das rechte Bein taub gewesen seien, so dass er mit dem Fuß vom Pedal abgerutscht sei, der Fuß sich zwischen den Pedalen verklemmt habe und um nicht in eine Menschenmenge zu rasen, er das Auto gegen einen Baum gesteuert habe. Fest steht, dass das Fahrzeug von der Fahrbahn abkam, ein Verteilerhäuschen überfuhr und mit ca. 40 – 45 km/h gegen einen Baum prallte.
Dem Einsatzbogen des Rettungsdienstes der Berliner Feuerwehr vom Unfalltag ist zu entnehmen, dass der Kläger über Schmerzen und Taubheitsgefühl im rechten Arm und im rechten Bein sowie über Schmerzen im Bereich der linken Hüfte und des rechten Knies sowie "Auf der Fahrt" auch über Schmerzen im HWS-Bereich geklagt habe. Im Einsatzbogen waren der rechte Schulterbereich sowie die linke Hüfte und das rechte Bein als von der Beschwerdeschilderung betroffene Körperstellen gekennzeichnet worden.
Der Kläger wurde zunächst in die chirurgische Notaufnahme des C Klinikums gebracht. Dort klagte er über Schmerzen im Bereich der LWS und des linken Fußes. Nach Röntgenuntersuchungen der Halswirbelsäule und des linken Fußes, Computertomographie von Halswirbelsäule, Thorax und Becken sowie Abdomensonographie wurden keine Frakturen oder Organläsionen festgestellt und die Diagnosen stumpfes Thoraxtrauma, stumpfes Bauchtrauma sowie Fußprellung links gestellt.
Zur Überwachung wurde der Kläger stationär aufgenommen.
Am Folgetag übersah der Kläger, der auf dem Gelände des Klinikums zu Fuß unterwegs war, eine große Säule und prallte mit dem Kopf gegen diese. Er habe danach Kopfschmerzen gehabt und die rechte Körperseite nicht mehr richtig bewegen können. Bei der erneuten Einlieferung in die Rettungsstelle berichtete er von seit einem halben Jahr bestehenden, neu aufgetretenen Kopfschmerzen und von einer Kraftminderung der rechten Körperhälfte, welche seit dem Unfall bestehe. Im CCT zeigte sich ein subakuter Mediainfarkt links, woraufhin die Übernahme des Klägers in die neurologische Abteilung erfolgte. In dem mit Kontrastmittel durchgeführten MRT vom 05. September 2010 zeigten sich - neben dem Infarkt im linken Mediastromgebiet – multiple Infarkte im hinteren und vorderen Stromgebiet, links mehr als rechts. Diese zeigten eine unterschiedliche Kontrastmittelaufnahme, woraus die behandelnden Ärzte ein unterschiedliches Alter der Infarkte ableiteten. Es erfolgte eine umfangreiche kardiovaskuläre Diagnostik. Bei der Angiographie Untersuchung am 13. September 2010 zeigten sich deutliche Kaliberschwankungen der intrazerebralen Gefäße. Es wurde die Diagnose "isolierte ZNS-Vaskulitis" gestellt. Es wurden sowohl eine Cyclophosphamidstoßtherapie als auch eine Cortisontherapie eingeleitet.
Bei der im September 2011 erfolgten Kontrolluntersuchung in der Neurologischen Abteilung der C Klinikum zeigte sich bei der Duplexsonographie ein unauffälliger Befund und ein MRT des Kopfes ergab keine Befundänderung im Vergleich zum Vor-MRT vom März, weshalb die Cyclophosphamidstoßtherapie - bei Fortführung der Cortisontherapie - beendet wurde.
Mit Bescheid vom 01. November 2010 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall an sowie eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 06. September 2010. Eine darüber hinausgehende Leistungsverpflichtung lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass der Kläger den Unfall aufgrund eines vorangegangenen Schlaganfalls erlitten habe, der jedoch als innere Ursache unversichert sei. Eine Leistungsverpflichtung der Beklagten in Bezug auf diesen Schlaganfall und seine Folgen scheide daher aus.
Vom 01. Dezember 2010 bis zum 12. Januar 2011 befand sich der Kläger im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der M Klinik B , Reha Klinik für Neurologie und Orthopädie, und wurde dort arbeitsunfähig entlassen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011 unter Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid zurück.
Mit seiner am 04. März 2011 beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Unfall lediglich durch Übermüdung ausgelöst worden sei und der Schlaganfall Folge des Unfallgeschehens gewesen sei. In Bezug auf Schlaganfälle habe er früher nie Probleme gehabt, so dass dieser Folge des Unfallgeschehens sein müsse.
Das SG hat die Behandlungs- und Arbeitsunfähigkeitsdaten des Klägers bei seiner gesetzlichen Krankenkasse (m Betriebskrankenkasse) ab September 2007 eingeholt, die beim Landesamt für Gesundheit und Soziales geführte Verwaltungsakte, Entlassungsbriefe des C Klinikums sowie Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte H (Facharzt für Allgemeinmedizin) vom 22. Juli 2011, der Fachärztin für Psychiatrie J vom 29. Juli 2011, von den Ärzten für Orthopädie Dr. M / P vom 01. September 2011, von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. K vom 30. August 2011 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H vom 20. September 2011.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG sodann das auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 23. Mai 2012 beruhende vom selben Tag datierende neurologische Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P eingeholt. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine isolierte ZNS-Vaskulitis vorliege, eine vermutlich autoimmun bedingte Entzündungsreaktion der Hirngefäße, im Rahmen derer es typischerweise zu Durchblutungsstörungen in Form von Schlaganfällen komme, die bei dem Kläger offenbar auch spontan mehrfach vor dem Unfall aufgetreten seien. Die bei dem Kläger festzustellenden multiplen zerebralen Infarkte sowie daraus resultierende neurologische Folgen seien ausschließlich dieser vorbestehenden isolierten ZNS- Vaskulitis zuzurechnen und nicht als Folge des Unfallgeschehens zu bewerten.
Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht eine weiteres neurologisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N eingeholt, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 07. Juni 2013 am 14. Juni 2013 erstellt und unter dem 11. September 2010 ergänzt hat. Darin ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass selbst das Unfallereignis die bei dem Kläger festzustellenden multiplen Hirninfarkte nicht habe auslösen können, da dies auch für schwerste Schädel-Hirn-Traumata - was bei dem Kläger nicht der Fall gewesen sei - nur in äußerst seltenen Situationen denkbar sei. Zudem spreche die Mehrzeitlichkeit der Hirninfarkte gegen ein einmaliges Schädigungsereignis. In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 11. März und 12. August 2014 hat der Sachverständige Prof. Dr. N bekräftigt, dass eine kausale Verursachung der Hirninfarkte und die damit verbundene neurologischen Ausfallsymptome durch das Unfallereignis auszuschließen sei. Vielmehr würden die sich im zeitlichen Verlauf steigernden neurologischen Defizite noch deutlicher für einen sich entwickelnden zerebralen Prozess sprechen. Auch eine Mitkausalität des Verkehrsunfalles sei sehr unwahrscheinlich. Ob floride entzündete Gefäße im Zuge einer akuten Vaskulitis der hirnversorgenden Arterien eine erhöhte Vulnerabilität hinsichtlich einer Traumaeinwirkung aufweisen könnten, sei reine Spekulation und nicht durch Fakten oder Erkenntnisse zu belegen.
Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. In seinen Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, dass es nach Einholung der beiden neurologischen Sachverständigengutachten davon überzeugt sei, dass das bei dem Kläger festzustellende Schlaganfallgeschehen nicht durch den von ihm erlittenen und von der Beklagten als Arbeitsunfall dem Grunde nach anerkannten Verkehrsunfall ausgelöst worden sei. Beide Sachverständige hätten nachvollziehbar und in aller Deutlichkeit dargestellt, dass ein derartiger Zusammenhang wissenschaftlich nicht erweist bar sei und insbesondere das multiple Infarktgeschehen gegen jeglichen Zusammenhang mit dem einmaligen Unfallgeschehen spreche. Auch der Umstand, dass bei dem Kläger eine nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand autoimmun bedingte Grunderkrankung dieses Infarktgeschehen aus Sicht beider Sachverständiger erklärlich macht, spreche nach Überzeugung der Kammer dafür, dass deren Einschätzung zutreffend und der Entscheidung des Gerichtes zugrunde zulegen sei. Der Einwand des Klägers, dass er vor diesem Unfallgeschehen "nie Probleme" in Bezug auf Schlaganfälle gehabt habe, könne zu keiner anderen Beurteilung führen, da es gerade typisch für Schlaganfälle sei, dass Sie ohne jegliche Vorwarnung aufträten.
Gegen das ihm am 16. Juli 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. August 2015 Berufung eingelegt und ausgeführt, dass zumindest ein Teil der Infarkte hinreichend wahrscheinlich durch den Verkehrsunfall verursacht worden sei. Dafür spreche, dass der Kläger vor dem Unfallereignis beschwerdefrei gewesen sei. Auch das Unfallgeschehen selbst spräche nicht dafür, dass der Kläger bereits vor dem Unfall durch die Infarkte betroffen worden sei, da er sonst nicht so rasch hätte reagieren können. Ausgewichen sei der Kläger dem vor ihm bremsenden Fahrzeug, da er durch die Heckscheibe ein Kind erkannt habe und dieses nicht durch einen Aufprall habe gefährden wollen. Die armbetonte Hemiparese habe sich erst nach dem Unfall entwickelt. Aufgrund des Unfallgeschehens und der Vorgeschichte bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass ein nicht unerheblicher Teil der Infarkte durch den Unfall verursacht worden sei. Das Fehlen von Anzeichen für eine Dissektion der hirnversorgenden Arterien schließe eine Unfallverursachung durch einen Schlaganfall nicht aus. Selbst wenn der Unfall nicht durch die Infarkte verursacht worden sei, habe das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte verstärkt. Diesbezüglich seien die Aussagen der Sachverständigen widersprüchlich. Zumindest besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Mitkausalität des Unfallereignisses für die Infarkte. Es fehle an einer Aussage der Sachverständigen dazu, ob das Unfallereignis bereits vorhandene Infarkte wesentlich verstärkt habe.
Der Kläger beantragt,
die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens durch das Gericht auf dem Gebiet Schädel-Hirn-Trauma,
hilfsweise
nach § 109 SGG die Einholung eines weiteren Gutachtens durch Prof. Dr. B, Wweg in B
zur Behauptung der Tatsache, dass das Fehlen von Anzeichen für eine Dissektion der hirnversorgenden Arterien eine Unfallverursachung durch den Schlaganfall nicht ausschließt sowie zur Behauptung der Tatsache, dass selbst wenn der Unfall nicht durch die Infarkte verursacht wurde, das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte verstärkt hat
und verweist auf seinen Schriftsatz vom 12. August 2015.
Weiter beantragt der Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 zu verurteilen, dem Kläger Verletztengeld bis einschließlich 03. März 2012 sowie Verletztenrente ab dem 04. März 2012 nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das angegriffene Urteil, welches sie für zutreffend hält.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 22. Oktober 2015 einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 155 Abs. 3 und 4 SGG.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Er hat keinen Anspruch auf Verletztengeld bis einschließlich 03. März 2012 sowie Verletztenrente ab dem 04. März 2012 nach einer MdE von 30 v. H. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird zunächst abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG.
Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ergibt sich kein anderes Ergebnis. Hierbei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem SG und unter Bezugnahme auf die Feststellungen der beiden Sachverständigen Dr. P und Prof. Dr. N davon aus, dass die beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen - multiple cerebrale Infarkte im vorderen und hinteren Stromgebiet, zentrale Parese des rechten Armes, mnestisches Syndrom bei Multiinfarktsyndrom - weder im Sinne einer erstmaligen Entstehung noch im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen, vorbestehenden Leidens ursächlich auf das Unfallereignis vom 03. September 2010 zurückzuführen sind, sondern allein Folge der vorbestehenden isolierten ZNS-Vaskulitis sind. Für den Senat steht zur Überzeugung fest, dass zwischen dem Schlaganfall und dem Unfall nur ein zeitlicher, jedoch kein kausaler Zusammenhang besteht.
Nachvollziehbar und schlüssig haben Dr. P und Prof. Dr. N dargelegt, dass gegen die unfallbedingte Verursachung eines Schlaganfalls/Hirninfarktes spricht, dass eine, den Infarkt auslösende, Dissektion, also ein bei einem Unfall durchaus möglicher und durch Scherkrafteinwirkung auf die Gefäße bewirkter Gefäßwandeinriss, beim Kläger nicht vorlag, wie sich aus dem Entlassungsbericht der C Klinikum vom 13. September 2010 ergibt. Hierzu hat der Sachverständige Dr. P auf das Vorbringen des Klägers ergänzend unter dem 11. September 2010 ausführlich und wissenschaftlich fundiert Stellung genommen, worauf sich der Senat bezieht. Auch Prof. Dr. N hat bestätigt, dass ein unfallassoziierter Schlaganfallmechanismus nicht erkennbar ist, was auch bei schwersten Schädel-Hirn-Traumen - wie es beim Kläger sicher nicht vorgelegene hat – nur in äußerst seltenen Situationen denkbar sei. Hinzu kommt, dass eine Verletzung des Kopfes durch den Verkehrsunfall weder vom Kläger nach dem Unfall angegeben wurde noch sonst im Einsatzprotokoll oder im Entlassungsbericht der Charité dokumentiert wurde.
Weiterhin spricht gegen einen Schlaganfall durch unfallbedingte Dissektion, dass sich Durchblutungsstörungen in mehreren Stromgebieten beim Kläger fanden und dass sie mehrzeitlich waren, wie durch das MRT unter Kontrastmittel nachgewiesen wurde.
Letztlich spricht nicht nur die vorbestehende, wenn auch für den Kläger, bis auf Kopfschmerzen, weitgehend symptomlos verlaufenen Gefäßentzündung der Hirnarterien (Vaskulitis) als massive Vorerkrankung gegen den Ursachenzuammenhang, sondern zudem auch das beim Kläger festgestellte kardiovaskuläre Risikoprofil, also eine erhöhte Gefahr für einen Schlaganfall, in Gestalt arterieller Hypertonie, Hyperlipidämie, Nikotinkonsum und starkem Übergewicht.
Diese unfallunabhängigen Ursachen sind von überragender Bedeutung für den Schlaganfall, der Unfall selbst von völlig untergeordneter. Es sprechen keinerlei Befunde oder wissenschaftliche Erkenntnisse für eine wesentliche unfallbedingte (Mit-) Verursachung des Schlaganfalls.
Zu weiteren Ermittlungen sah sich der Senat angesichts der klaren und im Ergebnis übereinstimmenden Einschätzungen beider Sachverständigen nicht veranlasst (§ 103, 106 SGG). Dies insbesondere auch nicht mit Blick auf die im Beweisantrag des Klägers formulierten Behauptungstatsachen, dass das Fehlen von Anzeichen für eine Dissektion der hirnversorgenden Arterien eine Unfallverursachung durch den Schlaganfall nicht ausschließt und dass, selbst wenn der Unfall nicht durch die Infarkte verursacht wurde, das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte verstärkt hat.
Für die unfallrechtliche Kausalitätsprüfung im Rahmen des hier verfolgten Anspruches ist es nicht erheblich, ob der Unfall durch den Schlaganfall verursacht wurde, auch wenn dies im angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2015 – unpräzise - als Ablehnungsgrund in den Fokus gesetzt wird. Vielmehr maßgeblich ist die von den Sachverständigen umfangreich erörterte Frage, ob ein Schlafanfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Unfalls war und – falls ja – das beim Kläger bestehende mnestische Syndrom bei Multiinfarktsyndrom als Folge des Verkehrsunfalles zu werten ist.
Ob das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens verstärkt hat, wurde ebenfalls von den Sachverständigen beantwortet, was deutlich wird, wenn man die wissenschaftlichen Darstellungen im Gesamtkontext liest und nicht nur die Einzelantworten zu den Beweisfragen (vgl. Gutachten Dr. P, Seite 9 zu Frage 3a)). Prof. Dr. N hat wörtlich ausgeführt: "Zusammenfassend ist eine Mitkausalität des Verkehrsunfalls und auch des zweiten Kollisionsunfalls sowohl für die Entwicklung der Hirninfarkte als auch für die damit verbundenen Beschwerden als sehr unwahrscheinlich zu bezeichnen. Ob floride entzündete Gefäße im Zuge einer akuten Vaskulitis der hirnversorgenden Arterien eine erhöhte Vulnerabilität hinsichtlich einer Traumaeinwirkung aufweisen und damit auch leichtere Traumen im Sinne einer möglichen Mitkausalität ursächlich bedeutsam sein könnten, ist reine Spekulation und nicht durch Fakten und Erkenntnisse zu belegen. Nach meinem Kenntnisstand existieren dazu auch in der einschlägigen Literatur keine Daten."
Die Nichtnachweisbarkeit eines Kausalzusammenhangs geht zu Lasten des Klägers.
Der auf die Einholung eines weiteren Gutachtens bei Prof. Dr. B nach § 109 SGG gestellte Hilfsantrag des Klägers war abzulehnen, da dessen Antragsrecht verbraucht war. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG, welches bereits erstinstanzlich durch Einholung eines fachneuromedizinischen Gutachtens bei Prof. Dr. N ausgeübt worden ist, steht grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung. Es entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15. April 1991 - 5 RJ 32/90 -, juris, Rz. 16; Kolmetz, SGb 2004, S. 83 (86)). Außerdem ist § 109 SGG als Ausnahmevorschrift zu der Regelung des § 103 Satz 2 SGG, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, eng auszulegen (BSG, Beschluss vom 17. März 2010 - B 3 P 33/09 B -, juris, Rz. 12). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher, auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 26. Januar 1970 - 7/2 RU 64/69 -, SozR Nr. 37 zu § 109 SGG; vom 6. Mai 1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG und vom 29. November 1957 - 2 RU 241/56 -, SozR Nr. 14 zu § 109 SGG), nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche sind zwar in der Literatur anerkannt, wenn für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig sind und ein Spezialist auf einem Fachgebiet gehört werden soll, dem die zuerst gehörte sachverständige Person nicht angehört (Senatsurteil vom 24. Oktober 2013, a. a. O., m. w. N.). Dies kann bei eng verwandten Fachgebieten wiederum Einschränkungen unterliegen (vgl. Roller, in Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl. 2012, § 109 Rz. 10). Solche besonderen Umstände sind vorliegend indes nicht gegeben. Einerseits kommt es - aus den dargelegten Gründen - nicht auf die Ursächlichkeit des Schlaganfalls für die Unfallverursachung an. Zum anderen wurde die Frage der Mitursächlichkeit im Sinne der Verschlimmerung von Prof. Dr. N – wie dargelegt - beantwortet wurde. Auch ist durch Prof. Dr. B kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn auf einem anderen Fachgebiet zu erwarten, da er ebenso wie Prof. Dr. N und Dr. P Neurologe und eine zusätzliche einschlägige Qualifizierung weder dargetan noch ersichtlich nicht ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Verletztengeld sowie Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles.
Am 03. September 2010 erlitt der Kläger einen Autounfall. Wegen Unwohlseins hatte der Kläger an diesem Tag seine berufliche Tätigkeit in Absprachen mit dem Arbeitgeber eingestellt und befand sich als Fahrer eines Kleintransporters auf dem Weg nach Hause. Als ein vor ihm fahrendes Fahrzeug plötzlich und unerwartet bremste, sei er mit dem Fuß aus ihm nicht ersichtlichen Gründen von der Bremse abgerutscht (so die Schilderung des Unfallgeschehens im Gutachten von Dr. P, Dr. E, Sklinik, vom 23. Mai 2012). Zum Unfallhergang wird im Entlassungsbericht der Charité vom 13. September 2010 wiedergegeben, dass der Kläger einen Moment lang nicht aufgepasst habe und mit dem Fuß von der Kupplung abgerutscht sei, als er plötzlich einem anderen Auto habe ausweichen müssen. Im Befundbericht der den Kläger behandelnden Fachärztin für Psychiatrie J vom 29. Juli 2011 ist die Schilderung des Klägers so wiedergegeben, dass auf dem Nachhauseweg plötzlich während des Autofahrens die rechte Hand und das rechte Bein taub gewesen seien, so dass er mit dem Fuß vom Pedal abgerutscht sei, der Fuß sich zwischen den Pedalen verklemmt habe und um nicht in eine Menschenmenge zu rasen, er das Auto gegen einen Baum gesteuert habe. Fest steht, dass das Fahrzeug von der Fahrbahn abkam, ein Verteilerhäuschen überfuhr und mit ca. 40 – 45 km/h gegen einen Baum prallte.
Dem Einsatzbogen des Rettungsdienstes der Berliner Feuerwehr vom Unfalltag ist zu entnehmen, dass der Kläger über Schmerzen und Taubheitsgefühl im rechten Arm und im rechten Bein sowie über Schmerzen im Bereich der linken Hüfte und des rechten Knies sowie "Auf der Fahrt" auch über Schmerzen im HWS-Bereich geklagt habe. Im Einsatzbogen waren der rechte Schulterbereich sowie die linke Hüfte und das rechte Bein als von der Beschwerdeschilderung betroffene Körperstellen gekennzeichnet worden.
Der Kläger wurde zunächst in die chirurgische Notaufnahme des C Klinikums gebracht. Dort klagte er über Schmerzen im Bereich der LWS und des linken Fußes. Nach Röntgenuntersuchungen der Halswirbelsäule und des linken Fußes, Computertomographie von Halswirbelsäule, Thorax und Becken sowie Abdomensonographie wurden keine Frakturen oder Organläsionen festgestellt und die Diagnosen stumpfes Thoraxtrauma, stumpfes Bauchtrauma sowie Fußprellung links gestellt.
Zur Überwachung wurde der Kläger stationär aufgenommen.
Am Folgetag übersah der Kläger, der auf dem Gelände des Klinikums zu Fuß unterwegs war, eine große Säule und prallte mit dem Kopf gegen diese. Er habe danach Kopfschmerzen gehabt und die rechte Körperseite nicht mehr richtig bewegen können. Bei der erneuten Einlieferung in die Rettungsstelle berichtete er von seit einem halben Jahr bestehenden, neu aufgetretenen Kopfschmerzen und von einer Kraftminderung der rechten Körperhälfte, welche seit dem Unfall bestehe. Im CCT zeigte sich ein subakuter Mediainfarkt links, woraufhin die Übernahme des Klägers in die neurologische Abteilung erfolgte. In dem mit Kontrastmittel durchgeführten MRT vom 05. September 2010 zeigten sich - neben dem Infarkt im linken Mediastromgebiet – multiple Infarkte im hinteren und vorderen Stromgebiet, links mehr als rechts. Diese zeigten eine unterschiedliche Kontrastmittelaufnahme, woraus die behandelnden Ärzte ein unterschiedliches Alter der Infarkte ableiteten. Es erfolgte eine umfangreiche kardiovaskuläre Diagnostik. Bei der Angiographie Untersuchung am 13. September 2010 zeigten sich deutliche Kaliberschwankungen der intrazerebralen Gefäße. Es wurde die Diagnose "isolierte ZNS-Vaskulitis" gestellt. Es wurden sowohl eine Cyclophosphamidstoßtherapie als auch eine Cortisontherapie eingeleitet.
Bei der im September 2011 erfolgten Kontrolluntersuchung in der Neurologischen Abteilung der C Klinikum zeigte sich bei der Duplexsonographie ein unauffälliger Befund und ein MRT des Kopfes ergab keine Befundänderung im Vergleich zum Vor-MRT vom März, weshalb die Cyclophosphamidstoßtherapie - bei Fortführung der Cortisontherapie - beendet wurde.
Mit Bescheid vom 01. November 2010 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall an sowie eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 06. September 2010. Eine darüber hinausgehende Leistungsverpflichtung lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass der Kläger den Unfall aufgrund eines vorangegangenen Schlaganfalls erlitten habe, der jedoch als innere Ursache unversichert sei. Eine Leistungsverpflichtung der Beklagten in Bezug auf diesen Schlaganfall und seine Folgen scheide daher aus.
Vom 01. Dezember 2010 bis zum 12. Januar 2011 befand sich der Kläger im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der M Klinik B , Reha Klinik für Neurologie und Orthopädie, und wurde dort arbeitsunfähig entlassen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011 unter Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid zurück.
Mit seiner am 04. März 2011 beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Unfall lediglich durch Übermüdung ausgelöst worden sei und der Schlaganfall Folge des Unfallgeschehens gewesen sei. In Bezug auf Schlaganfälle habe er früher nie Probleme gehabt, so dass dieser Folge des Unfallgeschehens sein müsse.
Das SG hat die Behandlungs- und Arbeitsunfähigkeitsdaten des Klägers bei seiner gesetzlichen Krankenkasse (m Betriebskrankenkasse) ab September 2007 eingeholt, die beim Landesamt für Gesundheit und Soziales geführte Verwaltungsakte, Entlassungsbriefe des C Klinikums sowie Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte H (Facharzt für Allgemeinmedizin) vom 22. Juli 2011, der Fachärztin für Psychiatrie J vom 29. Juli 2011, von den Ärzten für Orthopädie Dr. M / P vom 01. September 2011, von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. K vom 30. August 2011 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H vom 20. September 2011.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG sodann das auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 23. Mai 2012 beruhende vom selben Tag datierende neurologische Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P eingeholt. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine isolierte ZNS-Vaskulitis vorliege, eine vermutlich autoimmun bedingte Entzündungsreaktion der Hirngefäße, im Rahmen derer es typischerweise zu Durchblutungsstörungen in Form von Schlaganfällen komme, die bei dem Kläger offenbar auch spontan mehrfach vor dem Unfall aufgetreten seien. Die bei dem Kläger festzustellenden multiplen zerebralen Infarkte sowie daraus resultierende neurologische Folgen seien ausschließlich dieser vorbestehenden isolierten ZNS- Vaskulitis zuzurechnen und nicht als Folge des Unfallgeschehens zu bewerten.
Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht eine weiteres neurologisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N eingeholt, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 07. Juni 2013 am 14. Juni 2013 erstellt und unter dem 11. September 2010 ergänzt hat. Darin ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass selbst das Unfallereignis die bei dem Kläger festzustellenden multiplen Hirninfarkte nicht habe auslösen können, da dies auch für schwerste Schädel-Hirn-Traumata - was bei dem Kläger nicht der Fall gewesen sei - nur in äußerst seltenen Situationen denkbar sei. Zudem spreche die Mehrzeitlichkeit der Hirninfarkte gegen ein einmaliges Schädigungsereignis. In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 11. März und 12. August 2014 hat der Sachverständige Prof. Dr. N bekräftigt, dass eine kausale Verursachung der Hirninfarkte und die damit verbundene neurologischen Ausfallsymptome durch das Unfallereignis auszuschließen sei. Vielmehr würden die sich im zeitlichen Verlauf steigernden neurologischen Defizite noch deutlicher für einen sich entwickelnden zerebralen Prozess sprechen. Auch eine Mitkausalität des Verkehrsunfalles sei sehr unwahrscheinlich. Ob floride entzündete Gefäße im Zuge einer akuten Vaskulitis der hirnversorgenden Arterien eine erhöhte Vulnerabilität hinsichtlich einer Traumaeinwirkung aufweisen könnten, sei reine Spekulation und nicht durch Fakten oder Erkenntnisse zu belegen.
Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. In seinen Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, dass es nach Einholung der beiden neurologischen Sachverständigengutachten davon überzeugt sei, dass das bei dem Kläger festzustellende Schlaganfallgeschehen nicht durch den von ihm erlittenen und von der Beklagten als Arbeitsunfall dem Grunde nach anerkannten Verkehrsunfall ausgelöst worden sei. Beide Sachverständige hätten nachvollziehbar und in aller Deutlichkeit dargestellt, dass ein derartiger Zusammenhang wissenschaftlich nicht erweist bar sei und insbesondere das multiple Infarktgeschehen gegen jeglichen Zusammenhang mit dem einmaligen Unfallgeschehen spreche. Auch der Umstand, dass bei dem Kläger eine nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand autoimmun bedingte Grunderkrankung dieses Infarktgeschehen aus Sicht beider Sachverständiger erklärlich macht, spreche nach Überzeugung der Kammer dafür, dass deren Einschätzung zutreffend und der Entscheidung des Gerichtes zugrunde zulegen sei. Der Einwand des Klägers, dass er vor diesem Unfallgeschehen "nie Probleme" in Bezug auf Schlaganfälle gehabt habe, könne zu keiner anderen Beurteilung führen, da es gerade typisch für Schlaganfälle sei, dass Sie ohne jegliche Vorwarnung aufträten.
Gegen das ihm am 16. Juli 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. August 2015 Berufung eingelegt und ausgeführt, dass zumindest ein Teil der Infarkte hinreichend wahrscheinlich durch den Verkehrsunfall verursacht worden sei. Dafür spreche, dass der Kläger vor dem Unfallereignis beschwerdefrei gewesen sei. Auch das Unfallgeschehen selbst spräche nicht dafür, dass der Kläger bereits vor dem Unfall durch die Infarkte betroffen worden sei, da er sonst nicht so rasch hätte reagieren können. Ausgewichen sei der Kläger dem vor ihm bremsenden Fahrzeug, da er durch die Heckscheibe ein Kind erkannt habe und dieses nicht durch einen Aufprall habe gefährden wollen. Die armbetonte Hemiparese habe sich erst nach dem Unfall entwickelt. Aufgrund des Unfallgeschehens und der Vorgeschichte bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass ein nicht unerheblicher Teil der Infarkte durch den Unfall verursacht worden sei. Das Fehlen von Anzeichen für eine Dissektion der hirnversorgenden Arterien schließe eine Unfallverursachung durch einen Schlaganfall nicht aus. Selbst wenn der Unfall nicht durch die Infarkte verursacht worden sei, habe das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte verstärkt. Diesbezüglich seien die Aussagen der Sachverständigen widersprüchlich. Zumindest besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Mitkausalität des Unfallereignisses für die Infarkte. Es fehle an einer Aussage der Sachverständigen dazu, ob das Unfallereignis bereits vorhandene Infarkte wesentlich verstärkt habe.
Der Kläger beantragt,
die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens durch das Gericht auf dem Gebiet Schädel-Hirn-Trauma,
hilfsweise
nach § 109 SGG die Einholung eines weiteren Gutachtens durch Prof. Dr. B, Wweg in B
zur Behauptung der Tatsache, dass das Fehlen von Anzeichen für eine Dissektion der hirnversorgenden Arterien eine Unfallverursachung durch den Schlaganfall nicht ausschließt sowie zur Behauptung der Tatsache, dass selbst wenn der Unfall nicht durch die Infarkte verursacht wurde, das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte verstärkt hat
und verweist auf seinen Schriftsatz vom 12. August 2015.
Weiter beantragt der Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 zu verurteilen, dem Kläger Verletztengeld bis einschließlich 03. März 2012 sowie Verletztenrente ab dem 04. März 2012 nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das angegriffene Urteil, welches sie für zutreffend hält.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 22. Oktober 2015 einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 155 Abs. 3 und 4 SGG.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Er hat keinen Anspruch auf Verletztengeld bis einschließlich 03. März 2012 sowie Verletztenrente ab dem 04. März 2012 nach einer MdE von 30 v. H. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird zunächst abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG.
Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ergibt sich kein anderes Ergebnis. Hierbei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem SG und unter Bezugnahme auf die Feststellungen der beiden Sachverständigen Dr. P und Prof. Dr. N davon aus, dass die beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen - multiple cerebrale Infarkte im vorderen und hinteren Stromgebiet, zentrale Parese des rechten Armes, mnestisches Syndrom bei Multiinfarktsyndrom - weder im Sinne einer erstmaligen Entstehung noch im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen, vorbestehenden Leidens ursächlich auf das Unfallereignis vom 03. September 2010 zurückzuführen sind, sondern allein Folge der vorbestehenden isolierten ZNS-Vaskulitis sind. Für den Senat steht zur Überzeugung fest, dass zwischen dem Schlaganfall und dem Unfall nur ein zeitlicher, jedoch kein kausaler Zusammenhang besteht.
Nachvollziehbar und schlüssig haben Dr. P und Prof. Dr. N dargelegt, dass gegen die unfallbedingte Verursachung eines Schlaganfalls/Hirninfarktes spricht, dass eine, den Infarkt auslösende, Dissektion, also ein bei einem Unfall durchaus möglicher und durch Scherkrafteinwirkung auf die Gefäße bewirkter Gefäßwandeinriss, beim Kläger nicht vorlag, wie sich aus dem Entlassungsbericht der C Klinikum vom 13. September 2010 ergibt. Hierzu hat der Sachverständige Dr. P auf das Vorbringen des Klägers ergänzend unter dem 11. September 2010 ausführlich und wissenschaftlich fundiert Stellung genommen, worauf sich der Senat bezieht. Auch Prof. Dr. N hat bestätigt, dass ein unfallassoziierter Schlaganfallmechanismus nicht erkennbar ist, was auch bei schwersten Schädel-Hirn-Traumen - wie es beim Kläger sicher nicht vorgelegene hat – nur in äußerst seltenen Situationen denkbar sei. Hinzu kommt, dass eine Verletzung des Kopfes durch den Verkehrsunfall weder vom Kläger nach dem Unfall angegeben wurde noch sonst im Einsatzprotokoll oder im Entlassungsbericht der Charité dokumentiert wurde.
Weiterhin spricht gegen einen Schlaganfall durch unfallbedingte Dissektion, dass sich Durchblutungsstörungen in mehreren Stromgebieten beim Kläger fanden und dass sie mehrzeitlich waren, wie durch das MRT unter Kontrastmittel nachgewiesen wurde.
Letztlich spricht nicht nur die vorbestehende, wenn auch für den Kläger, bis auf Kopfschmerzen, weitgehend symptomlos verlaufenen Gefäßentzündung der Hirnarterien (Vaskulitis) als massive Vorerkrankung gegen den Ursachenzuammenhang, sondern zudem auch das beim Kläger festgestellte kardiovaskuläre Risikoprofil, also eine erhöhte Gefahr für einen Schlaganfall, in Gestalt arterieller Hypertonie, Hyperlipidämie, Nikotinkonsum und starkem Übergewicht.
Diese unfallunabhängigen Ursachen sind von überragender Bedeutung für den Schlaganfall, der Unfall selbst von völlig untergeordneter. Es sprechen keinerlei Befunde oder wissenschaftliche Erkenntnisse für eine wesentliche unfallbedingte (Mit-) Verursachung des Schlaganfalls.
Zu weiteren Ermittlungen sah sich der Senat angesichts der klaren und im Ergebnis übereinstimmenden Einschätzungen beider Sachverständigen nicht veranlasst (§ 103, 106 SGG). Dies insbesondere auch nicht mit Blick auf die im Beweisantrag des Klägers formulierten Behauptungstatsachen, dass das Fehlen von Anzeichen für eine Dissektion der hirnversorgenden Arterien eine Unfallverursachung durch den Schlaganfall nicht ausschließt und dass, selbst wenn der Unfall nicht durch die Infarkte verursacht wurde, das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte verstärkt hat.
Für die unfallrechtliche Kausalitätsprüfung im Rahmen des hier verfolgten Anspruches ist es nicht erheblich, ob der Unfall durch den Schlaganfall verursacht wurde, auch wenn dies im angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2015 – unpräzise - als Ablehnungsgrund in den Fokus gesetzt wird. Vielmehr maßgeblich ist die von den Sachverständigen umfangreich erörterte Frage, ob ein Schlafanfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Unfalls war und – falls ja – das beim Kläger bestehende mnestische Syndrom bei Multiinfarktsyndrom als Folge des Verkehrsunfalles zu werten ist.
Ob das Unfallereignis die Auswirkungen der Infarkte im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens verstärkt hat, wurde ebenfalls von den Sachverständigen beantwortet, was deutlich wird, wenn man die wissenschaftlichen Darstellungen im Gesamtkontext liest und nicht nur die Einzelantworten zu den Beweisfragen (vgl. Gutachten Dr. P, Seite 9 zu Frage 3a)). Prof. Dr. N hat wörtlich ausgeführt: "Zusammenfassend ist eine Mitkausalität des Verkehrsunfalls und auch des zweiten Kollisionsunfalls sowohl für die Entwicklung der Hirninfarkte als auch für die damit verbundenen Beschwerden als sehr unwahrscheinlich zu bezeichnen. Ob floride entzündete Gefäße im Zuge einer akuten Vaskulitis der hirnversorgenden Arterien eine erhöhte Vulnerabilität hinsichtlich einer Traumaeinwirkung aufweisen und damit auch leichtere Traumen im Sinne einer möglichen Mitkausalität ursächlich bedeutsam sein könnten, ist reine Spekulation und nicht durch Fakten und Erkenntnisse zu belegen. Nach meinem Kenntnisstand existieren dazu auch in der einschlägigen Literatur keine Daten."
Die Nichtnachweisbarkeit eines Kausalzusammenhangs geht zu Lasten des Klägers.
Der auf die Einholung eines weiteren Gutachtens bei Prof. Dr. B nach § 109 SGG gestellte Hilfsantrag des Klägers war abzulehnen, da dessen Antragsrecht verbraucht war. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG, welches bereits erstinstanzlich durch Einholung eines fachneuromedizinischen Gutachtens bei Prof. Dr. N ausgeübt worden ist, steht grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung. Es entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15. April 1991 - 5 RJ 32/90 -, juris, Rz. 16; Kolmetz, SGb 2004, S. 83 (86)). Außerdem ist § 109 SGG als Ausnahmevorschrift zu der Regelung des § 103 Satz 2 SGG, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, eng auszulegen (BSG, Beschluss vom 17. März 2010 - B 3 P 33/09 B -, juris, Rz. 12). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher, auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 26. Januar 1970 - 7/2 RU 64/69 -, SozR Nr. 37 zu § 109 SGG; vom 6. Mai 1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG und vom 29. November 1957 - 2 RU 241/56 -, SozR Nr. 14 zu § 109 SGG), nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche sind zwar in der Literatur anerkannt, wenn für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig sind und ein Spezialist auf einem Fachgebiet gehört werden soll, dem die zuerst gehörte sachverständige Person nicht angehört (Senatsurteil vom 24. Oktober 2013, a. a. O., m. w. N.). Dies kann bei eng verwandten Fachgebieten wiederum Einschränkungen unterliegen (vgl. Roller, in Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl. 2012, § 109 Rz. 10). Solche besonderen Umstände sind vorliegend indes nicht gegeben. Einerseits kommt es - aus den dargelegten Gründen - nicht auf die Ursächlichkeit des Schlaganfalls für die Unfallverursachung an. Zum anderen wurde die Frage der Mitursächlichkeit im Sinne der Verschlimmerung von Prof. Dr. N – wie dargelegt - beantwortet wurde. Auch ist durch Prof. Dr. B kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn auf einem anderen Fachgebiet zu erwarten, da er ebenso wie Prof. Dr. N und Dr. P Neurologe und eine zusätzliche einschlägige Qualifizierung weder dargetan noch ersichtlich nicht ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
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