Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3096/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 3471/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. August 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Der in Polen geborene Kläger ist ausgebildeter Nähmaschinenmechaniker. 1977 kam er nach Deutschland. Nach einer Umschulung vom Juni 1978 bis Januar 1980 zum Feinmechaniker arbeitete er als Metallarbeiter in der Kabelherstellung und von Januar 1988 bis März 2004 als Metallarbeiter bei der Firma D. Ab 2000 verrichtete er schwere Montagearbeiten im Akkord. Nachdem er ab März 2004 arbeitslos geworden war, bezog er Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosengeld II. Seit dem 31. Oktober 2005 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 von 100 festgestellt.
Am 19. Januar 2006 beantragte er erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 5. April 2006 und Widerspruchsbescheid vom 2. August 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen erhob der Kläger am 25. August 2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Im Klageverfahren veranlasste das SG Begutachtungen des Klägers durch den Nervenarzt Dr. N. (Gutachten vom 27. August 2007), den Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. (Gutachten vom 4. April 2008) sowie - gemäß Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - durch den Chefarzt der Klinik Bad Dr. B. (psychiatrisch-schmerzpsychologisches Gutachten vom 30. Juni 2008). Mit Urteil vom 22. Oktober 2008 wies das SG die Klage ab. Hiergegen erhob der Kläger am 17. November 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 2 R 5305/08). Mit Beschluss vom 31. Juli 2009 wies das LSG die Berufung des Klägers zurück. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG vom 31. Juli 2009 wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 19. November 2009 zurück. Der Beschluss des LSG wurde damit rechtskräftig.
Am 15. November 2010 beantragte der Kläger zum zweiten Mal Rente wegen Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren veranlasste die Beklagte Begutachtungen des Klägers durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. L., die Chirurgin Z. und den Neurologen und Psychiater Dr. B. (Gutachten vom Mai/Juni 2011). Alle Sachverständigen hielten den Kläger noch dazu in der Lage, einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich und regelmäßig nachzugehen. Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Erwerbsminderungsrente ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung lägen nicht vor. Als möglicher Eintritt der Erwerbsminderung legte die Beklagte dabei den 15. November 2010 (Rentenantragstellung) zugrunde. Im sich daraus ergebenden maßgeblichen Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis 14. November 2010 enthalte das Versicherungskonto des Klägers jedoch nur 35, nicht die Mindestzahl von 36 Monaten an Pflichtbeiträgen. Den Widerspruch des Klägers, den er damit begründete, es müsse ein neutraler Gutachter beauftragt werden, da zahlreiche Unterlagen belegten, dass er krank sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2012 zurück.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2012 wandte sich der Kläger gegen diesen Widerspruchsbescheid. Da die Klagefrist versäumt war, führte die Beklagte deshalb ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch. Mit Bescheid vom 7. September 2012 lehnte sie es ab, den Bescheid vom 29. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2012 aufzuheben. Zur Begründung führte sie aus, die medizinische Überprüfung habe kein anderes Bild ergeben. Die MRT der Halswirbelsäule bestätige denselben Befund wie im Jahre 2004. An Hüft- und Ellenbogengelenken zeige sich nur eine geringe alterstypische Arthrose.
Am 26. November 2012 beantragte der Kläger zum dritten Mal Rente wegen Erwerbsminderung. Seit 2004 sei er nicht mehr erwerbstätig. Er beziehe Leistungen nach Arbeitslosengeld II. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch Prof. Dr. G. (Gutachten vom Dezember 2012). Er diagnostizierte eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und paranoiden Zügen, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol. Er stellte eine Leistungsminderung des Klägers auf unter drei Stunden täglich fest, die seit 26. November 2012 bestehe voraussichtlich bis Februar 2016.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2013 lehnte die Beklagte dennoch den Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente ab und führte zur Begründung aus, zwar sei der Kläger seit 26. November 2012 befristet voll erwerbsgemindert; es lägen jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen von 36 Beitragsmonaten innerhalb der fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht vor. Als maßgeblicher Zeitraum sei vom 1. November 2004 bis 25. November 2012 auszugehen. In diesem Zeitraum fänden sich nur 35 Monate mit Pflichtbeiträgen.
Hiergegen erhob der Kläger am 4. April 2013 Widerspruch - die Beklagte ging laut Aktenvermerk vom 8. April 2013 von einer fristgemäßen Widerspruchserhebung aus - den er damit begründete, es sei unklar, warum er erst seit 26. November 2012 als erwerbsgemindert anzusehen sei. Es sei auch zu erläutern, wie der angenommene Zeitraum für die Pflichtbeitragszeiten vom 1. November 2004 bis 25. November 2012 ermittelt worden sei.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2013 verwies die Beklagte zur Feststellung der Leistungsminderung auf ihren Ärztlichen Dienst. Mit Schreiben vom 25. Juli 2013 führte die Beklagte aus, dass der Zeitraum vom 1. November 2004 bis 25. November 2012 bereits der "verlängerte" Zeitraum für die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten sei. Es seien sämtliche Zeiten als sogenannter Verlängerungstatbestand miteinbezogen worden, sodass Zeiten ab dem 1. November 2004 berücksichtigt werden könnten. In diesem maßgeblichen Zeitraum seien nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Nachdem der Bevollmächtigte des Klägers auf das Gutachten von Dr. B. vom 30. Juni 2008 verwiesen hatte, nachdem bereits vor dem 26. November 2012 Erwerbsminderung des Klägers bestanden habe, weshalb sich der Zeitraum für die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten verlängere und bereits unter Berücksichtigung des Monats Oktober 2004 36 Pflichtbeitragsmonate vorhanden seien, verwies die Beklagte auf die Ablehnung des früheren Rentenantrages und die Feststellung eines vollschichtigen Leistungsvermögens, wobei das Gutachten von Dr. B. bereits in einem früheren Klageverfahren vorgelegen und der damaligen Entscheidung zugrunde gelegen hätte. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2013 wies die Beklagte dann den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung bereits im Dezember 2008 eingetreten wäre.
Hiergegen hat der Kläger am 18. November 2013 Klage zum SG erhoben und zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Er hat ausgeführt, fehlerhaft gehe die Beklagte von einem Vorliegen der Erwerbsminderung erst im November 2012 aus. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Es seien für neun fiktive Leistungsfälle maschinelle Berechnungen durchgeführt worden beginnend ab Januar 2009 bis August 2012. Bei allen diesen Berechnungsabläufen habe eine Erfüllung der Voraussetzungen von 36 Monaten nicht festgestellt werden können. Hierzu hat der Kläger vortragen lassen, dass beispielsweise bei einem angenommenen Leistungsfall im August 2012 und einem Rentenbeginn am 1. September 2012 der Beginn des maßgeblichen Zeitraumes nicht der 1. November 2004, sondern der 1. August 2004 sei. Im dann maßgeblichen Zeitraum vom 1. August 2004 bis 14.August 2012 lägen 38 Monate Pflichtbeitragszeiten vor. Hierauf hat die Beklagte erwidert, aufgrund der Versicherungslücke vom 1. September 2006 bis 8. Februar 2009 ergäbe sich, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig bei einem Leistungsfall im Dezember 2008 erfüllt seien. Es sei im Juni 2011 festgestellt worden, dass beim Kläger noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen habe. Nachdem der Kläger nochmals auf eine bereits früher eingetretene Erwerbsminderung im Jahre 2008 verwiesen hat, hat die Beklagte mit Schreiben vom 2. April 2016 ausgeführt, der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängere sich u.a. um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt seien: Um Anrechnungszeiten und Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten seien, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit liege. Es sei die Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 1. September 2006 bis 27. November 2006 zu berücksichtigen, obwohl diese Zeit nicht anrechenbar sei, da innerhalb von sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeit ein Pflichtbeitrag vorhanden sei. Unter Zugrundelegung des Leistungsfalls vom 26. November 2012 hat die Beklagte den verlängerten Fünfjahreszeitraum vom 26. November 2004 bis 25. November 2012 im Einzelnen erneut dargelegt. Sie hat auf den Feststellungsbescheid vom 29. Juli 2011 verwiesen und ausgeführt, ein Kontenklärungsverfahren sei durchgeführt worden, weshalb die Zeiten geklärt seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. August 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Es bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung seien nicht erfüllt. Im maßgeblichen Zeitraum vom 26. November 2004 bis zum 25. November 2012 seien nur 35 Monate an Pflichtbeiträgen vorhanden. Letztmals wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei einem Leistungsfall im Dezember 2008 erfüllt gewesen. Der Leistungsfall Erwerbsminderung sei jedoch erst im November 2012 eingetreten. Ein vom Kläger geltend gemachter früherer Leistungsfall sei nicht belegt. Hierzu hat sich das Gericht auf das Gutachten von Prof. Dr. G. vom Dezember 2012 sowie auf die Vorgutachten vom Mai und Juni 2011 gestützt, weiter auf die Auswertung der im früheren Klageverfahren vor dem SG erstatteten Gutachten des Dr. Neher, Dr. Schmid und Dr. B., die dem Urteil des SG vom 27. Oktober 2008 zugrunde lägen, welches rechtskräftig geworden sei. In den zum Rentenantrag vom 15. November 2010 erstellten Gutachten vom Mai und Juni 2011 seien von Dr. L. die Diagnosen Belastungsbeschwerden und leichte Bewegungsbehinderung der Halswirbelsäule bei fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen ohne neurologische Ausfälle, Neigung zu deutlicher psychogener Ausweitung der Körperbeschwerden, bewegungsabhängige Schmerzen im linken Hüftgelenk bei beginnender Arthrose, leichte Kniebeschwerden rechts nach operativer Versorgung einer Kniescheibenfraktur ohne Bewegungsbehinderung festgestellt worden sowie ein Morbus Crohn bei stabilem Verlauf ohne Komplikationen, weiter Osteoporose unter Bisphosphonat-Therapie, diskrete ferment-aktive Fettleber und noch angegebene Schwerhörigkeit und Tinnitus beidseits ohne neurologische Begleitsymptomatik. Nachvollziehbar habe Dr. L. noch leichte bis mittelschwere Arbeiten über sechsstündig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen als ausführbar angesehen. Zu vermeiden seien Arbeiten ständig überhorizontal oder überkopf, Arbeiten mit häufigem Bücken, Knien oder Hocken sowie Stressoren wie erhöhter Zeitdruck, Tätigkeiten mit Konfliktpotential oder erhöhten Verletzungsgefahren. Aus internistischer Sicht müsste eine Toilette am Arbeitsplatz jederzeit erreichbar sein. Eine Vortätigkeit als Mitarbeiter in der PKW-Produktion sei dem Kläger nicht mehr gesundheitlich zumutbar. Der ablehnende Rentenbescheid vom 29. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2012 sowie der Überprüfungsbescheid vom 7. September 2012 seien bestandskräftig geworden. Weiterhin hat sich das SG auf die Begutachtungen im Klageverfahren Aktenzeichen: S 11 R 3144/06 und deren Auswertung im Urteil vom 22. Oktober 2008 bezogen, der es sich angeschlossen hat. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht festgestellt worden gestützt auf das Ergebnis dieser Begutachtungen. Der Beurteilung von Dr. B., der ein nur noch dreistündiges Leistungsvermögen arbeitstäglich befürwortet habe, sei das Gericht nicht gefolgt. Dieser habe ein erhebliches Schmerzsyndrom und eine somatoforme Schmerzstörung zugrunde gelegt. Seiner Einschätzung einer auch zeitlich das Leistungsvermögen herabmindernden Ausprägung der Gesundheitsstörungen habe sich das SG nicht angeschlossen. Eine überzeugende Plausibilitätsprüfung habe der Beurteilung von Dr. B. nicht zugrunde gelegen. Das Urteil des SG vom 22. Oktober 2008 sei ebenfalls rechtskräftig geworden. Hingegen sei ein zeitlich herabgesetztes Leistungsvermögen auf unter drei Stunden arbeitstäglich im Gutachten der Luisenklinik ab dem Zeitpunkt der erneuten Rentenantragstellung am 26. November 2012 festgestellt worden. Prof. Dr. G. habe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen Anteilen vom impulsiven Typ, dissoziale und paranoide Züge, weiter eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine psychische Verhaltensstörung durch Alkohol sowie außerhalb seines Fachgebiets ein degeneratives Halswirbelsäulensyndrom sowie die Morbus-Crohn-Erkrankung festgestellt. Als Zeitpunkt des Eintretens der Leistungsminderung habe er den Tag der Rentenantragstellung am 26. November 2012 angesetzt. Prof. Dr. G. habe die Problematik der Persönlichkeitsstörung als größten leistungseinschränkenden Faktor angesehen. Er habe auf ein fehlendes und nicht zu vermittelndes Krankheitsverständnis, das die fehlende psychotherapeutische Behandlung erkläre, verwiesen. Bei zusammenfassender Prüfung der vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen sei ein bereits vor der Rentenantragstellung am 26. November 2012 anzusetzender Leistungsfall nicht belegt. Vorhergehende Ablehnungsbescheide und das Urteil des SG vom 22. Oktober 2008 seien bestandskräftig geworden. Die Berechnung der Beklagten, wonach im maßgeblichen Zeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung nur 35 Monate an Pflichtbeiträgen vorhanden seien, sei nicht zu beanstanden. Insoweit seien die Ausführungen der Beklagten vom 20. April 2016 heranzuziehen, worin die Berechnung erneut umfassend erklärt worden sei. Der maßgebliche Zeitrahmen umfasse die Zeit vom 26. November 2004 bis zum 25. November 2012. Zunächst sei der Fünfjahreszeitraum vom 26. November 2007 bis zum 25. November 2012 anzusetzen, worin 23 Monate an Anrechnungszeiten lägen (von Januar 2011 bis November 2012). Durch die Anrechnungszeiten werde eine Verlängerung um 23 Monate vom 25. November 2007 bis zum 26. Dezember 2005 bewirkt. Auch in diesem Zeitraum lägen fünf Monate an Anrechnungszeiten (Dezember 2005, Januar 2006 und September bis November 2006). Durch diese fünf Monate an Anrechnungszeiten ergäbe sich erneut eine Verlängerung um fünf Monate, zu rechnen sei vom 25. Dezember 2005 bis zum 26. Juli 2005. Nachdem auch in diesem Verlängerungszeitraum fünf Monate an Anrechnungszeiten lägen (Juli 2005 bis November 2005) ergäbe sich erneut eine Verlängerung um fünf Monate vom 25. Juli 2005 bis zum 26. März 2005. Auch dieser Zeitraum enthalte vier Monate an Anrechnungszeiten (März 2005 bis Juni 2005). Deshalb ergäbe sich eine erneute Verlängerung um vier Monate vom 25. März 2005 bis zum 26. November 2004. In diesem Zeitraum seien keine Anrechnungszeiten mehr enthalten. Der maßgebende Zeitraum sei hiernach zutreffend vom 26. November 2004 bis zum 25. November 2012 festgesetzt. In diesem Zeitraum seien 35 Monate an Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen. Die diesbezügliche Darlegung der Beklagten sei nachvollziehbar und schlüssig. Einwände hiergegen seien von der Klägerseite nicht vorgetragen worden. Mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei eine Rente nicht zu gewähren.
Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 23. August 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte des Klägers am 5. September 2016 beim SG schriftlich Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Erwerbsminderung des Klägers sei bereits im Jahre 2008 eingetreten. Insoweit sei auf das Gutachten von Dr. B. vom 30. Juni 2008 zu verweisen. Dr. B. habe nicht nur ein erhebliches Schmerzsyndrom und eine somatoforme Schmerzstörung zugrunde gelegt, sondern in erster Linie die beim Kläger vorhandene kombinierte Persönlichkeitsstörung sowie die orthopädischen Diagnosen mit den Folgen der Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Insbesondere die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf neurologischem Fachgebiet seien in den anderen medizinischen Beurteilungen nicht berücksichtigt worden. Bei korrekter Berücksichtigung des Beginns der Erwerbsminderung und insbesondere auch bei korrekter Berechnung der Pflichtbeitragszeiten unter Berücksichtigung der Anrechnungszeiten seien die Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente gegeben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. August 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 24. Oktober 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogene Gerichtsakte des SG Aktenzeichen: S 11 R 3144/06 (zwei Bände) und die beigezogene Akte des LSG Aktenzeichen: L 2 R 5305/08 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung verneint.
Das SG hat zutreffend gestützt auf die hier maßgebliche gesetzliche Regelung in § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBVI) und die vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder auch teilweiser Erwerbsminderung beim Kläger verneint. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.
Ergänzend zu den Einwendungen des Bevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren ist noch auf folgendes hinzuweisen:
Erfolglos beruft sich der Kläger auf das Sachverständigengutachten von Dr. B. vom 30. Juni 2008 für seine Annahme, er sei bereits im Jahre 2008 erwerbsgemindert gewesen. Mit Urteil vom 22. Oktober 2008 - also nach Erstellung des Gutachtens von Dr. B. - hat das SG in seinem rechtskräftigen Urteil unter Einbeziehung des Gutachtens von Dr. B. die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht erwerbsgemindert war. Dieses Urteil hat der Kläger erfolglos mit der Berufung beim LSG (Aktenzeichen: L 2 R 5305/08, Beschluss vom 31. Juli 2009) angefochten. Den Beschluss des LSG wiederum hat der Kläger erfolglos mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG (Aktenzeichen: B 13 R 391/09 B, Beschluss vom 19. November 2009) angefochten. Mit Blick auf den Beschluss des LSG vom 31. Juli 2009 steht somit zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig fest, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert war. Weiterhin hat die Beklagte den zweiten Rentenantrag des Klägers mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 29. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2012 abgelehnt; somit steht auch zum 19. Januar 2012 bestandskräftig fest, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert war. Das Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X bezüglich des Bescheids vom 29. Juli 2011 blieb nämlich ebenfalls erfolglos (bestandskräftiger Bescheid vom 7. September 2012). Somit ist erstmals mit dem Gutachten von Prof. Dr. G. vom Dezember 2012 eine Grundlage für die Annahme der Erwerbsminderung des Klägers bezogen auf den 26. November 2012 (so Prof. Dr. G. in seiner Einschätzung) geschaffen. Von einer Erwerbsminderung des Klägers bezogen auf den Zeitpunkt der dritten Beantragung von Erwerbsminderungsrente am 26. November 2012 geht im Übrigen auch die Beklagte und das SG in seinem Gerichtsbescheid vom 17. August 2016 aus.
Allerdings ist dem SG darin zu folgen, dass ausgehend von dem Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung am 26. November 2012 im von der Beklagten zutreffend ermittelten maßgeblichen Zeitraum 26. November 2004 bis 25. November 2012 "nur" 35 Monate belegt mit Pflichtbeiträgen vorhanden sind; der Kläger hat somit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt.
Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Der in Polen geborene Kläger ist ausgebildeter Nähmaschinenmechaniker. 1977 kam er nach Deutschland. Nach einer Umschulung vom Juni 1978 bis Januar 1980 zum Feinmechaniker arbeitete er als Metallarbeiter in der Kabelherstellung und von Januar 1988 bis März 2004 als Metallarbeiter bei der Firma D. Ab 2000 verrichtete er schwere Montagearbeiten im Akkord. Nachdem er ab März 2004 arbeitslos geworden war, bezog er Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosengeld II. Seit dem 31. Oktober 2005 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 von 100 festgestellt.
Am 19. Januar 2006 beantragte er erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 5. April 2006 und Widerspruchsbescheid vom 2. August 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen erhob der Kläger am 25. August 2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Im Klageverfahren veranlasste das SG Begutachtungen des Klägers durch den Nervenarzt Dr. N. (Gutachten vom 27. August 2007), den Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. (Gutachten vom 4. April 2008) sowie - gemäß Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - durch den Chefarzt der Klinik Bad Dr. B. (psychiatrisch-schmerzpsychologisches Gutachten vom 30. Juni 2008). Mit Urteil vom 22. Oktober 2008 wies das SG die Klage ab. Hiergegen erhob der Kläger am 17. November 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 2 R 5305/08). Mit Beschluss vom 31. Juli 2009 wies das LSG die Berufung des Klägers zurück. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG vom 31. Juli 2009 wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 19. November 2009 zurück. Der Beschluss des LSG wurde damit rechtskräftig.
Am 15. November 2010 beantragte der Kläger zum zweiten Mal Rente wegen Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren veranlasste die Beklagte Begutachtungen des Klägers durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. L., die Chirurgin Z. und den Neurologen und Psychiater Dr. B. (Gutachten vom Mai/Juni 2011). Alle Sachverständigen hielten den Kläger noch dazu in der Lage, einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich und regelmäßig nachzugehen. Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Erwerbsminderungsrente ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung lägen nicht vor. Als möglicher Eintritt der Erwerbsminderung legte die Beklagte dabei den 15. November 2010 (Rentenantragstellung) zugrunde. Im sich daraus ergebenden maßgeblichen Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis 14. November 2010 enthalte das Versicherungskonto des Klägers jedoch nur 35, nicht die Mindestzahl von 36 Monaten an Pflichtbeiträgen. Den Widerspruch des Klägers, den er damit begründete, es müsse ein neutraler Gutachter beauftragt werden, da zahlreiche Unterlagen belegten, dass er krank sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2012 zurück.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2012 wandte sich der Kläger gegen diesen Widerspruchsbescheid. Da die Klagefrist versäumt war, führte die Beklagte deshalb ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch. Mit Bescheid vom 7. September 2012 lehnte sie es ab, den Bescheid vom 29. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2012 aufzuheben. Zur Begründung führte sie aus, die medizinische Überprüfung habe kein anderes Bild ergeben. Die MRT der Halswirbelsäule bestätige denselben Befund wie im Jahre 2004. An Hüft- und Ellenbogengelenken zeige sich nur eine geringe alterstypische Arthrose.
Am 26. November 2012 beantragte der Kläger zum dritten Mal Rente wegen Erwerbsminderung. Seit 2004 sei er nicht mehr erwerbstätig. Er beziehe Leistungen nach Arbeitslosengeld II. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch Prof. Dr. G. (Gutachten vom Dezember 2012). Er diagnostizierte eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und paranoiden Zügen, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol. Er stellte eine Leistungsminderung des Klägers auf unter drei Stunden täglich fest, die seit 26. November 2012 bestehe voraussichtlich bis Februar 2016.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2013 lehnte die Beklagte dennoch den Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente ab und führte zur Begründung aus, zwar sei der Kläger seit 26. November 2012 befristet voll erwerbsgemindert; es lägen jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen von 36 Beitragsmonaten innerhalb der fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht vor. Als maßgeblicher Zeitraum sei vom 1. November 2004 bis 25. November 2012 auszugehen. In diesem Zeitraum fänden sich nur 35 Monate mit Pflichtbeiträgen.
Hiergegen erhob der Kläger am 4. April 2013 Widerspruch - die Beklagte ging laut Aktenvermerk vom 8. April 2013 von einer fristgemäßen Widerspruchserhebung aus - den er damit begründete, es sei unklar, warum er erst seit 26. November 2012 als erwerbsgemindert anzusehen sei. Es sei auch zu erläutern, wie der angenommene Zeitraum für die Pflichtbeitragszeiten vom 1. November 2004 bis 25. November 2012 ermittelt worden sei.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2013 verwies die Beklagte zur Feststellung der Leistungsminderung auf ihren Ärztlichen Dienst. Mit Schreiben vom 25. Juli 2013 führte die Beklagte aus, dass der Zeitraum vom 1. November 2004 bis 25. November 2012 bereits der "verlängerte" Zeitraum für die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten sei. Es seien sämtliche Zeiten als sogenannter Verlängerungstatbestand miteinbezogen worden, sodass Zeiten ab dem 1. November 2004 berücksichtigt werden könnten. In diesem maßgeblichen Zeitraum seien nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Nachdem der Bevollmächtigte des Klägers auf das Gutachten von Dr. B. vom 30. Juni 2008 verwiesen hatte, nachdem bereits vor dem 26. November 2012 Erwerbsminderung des Klägers bestanden habe, weshalb sich der Zeitraum für die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten verlängere und bereits unter Berücksichtigung des Monats Oktober 2004 36 Pflichtbeitragsmonate vorhanden seien, verwies die Beklagte auf die Ablehnung des früheren Rentenantrages und die Feststellung eines vollschichtigen Leistungsvermögens, wobei das Gutachten von Dr. B. bereits in einem früheren Klageverfahren vorgelegen und der damaligen Entscheidung zugrunde gelegen hätte. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2013 wies die Beklagte dann den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung bereits im Dezember 2008 eingetreten wäre.
Hiergegen hat der Kläger am 18. November 2013 Klage zum SG erhoben und zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Er hat ausgeführt, fehlerhaft gehe die Beklagte von einem Vorliegen der Erwerbsminderung erst im November 2012 aus. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Es seien für neun fiktive Leistungsfälle maschinelle Berechnungen durchgeführt worden beginnend ab Januar 2009 bis August 2012. Bei allen diesen Berechnungsabläufen habe eine Erfüllung der Voraussetzungen von 36 Monaten nicht festgestellt werden können. Hierzu hat der Kläger vortragen lassen, dass beispielsweise bei einem angenommenen Leistungsfall im August 2012 und einem Rentenbeginn am 1. September 2012 der Beginn des maßgeblichen Zeitraumes nicht der 1. November 2004, sondern der 1. August 2004 sei. Im dann maßgeblichen Zeitraum vom 1. August 2004 bis 14.August 2012 lägen 38 Monate Pflichtbeitragszeiten vor. Hierauf hat die Beklagte erwidert, aufgrund der Versicherungslücke vom 1. September 2006 bis 8. Februar 2009 ergäbe sich, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig bei einem Leistungsfall im Dezember 2008 erfüllt seien. Es sei im Juni 2011 festgestellt worden, dass beim Kläger noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen habe. Nachdem der Kläger nochmals auf eine bereits früher eingetretene Erwerbsminderung im Jahre 2008 verwiesen hat, hat die Beklagte mit Schreiben vom 2. April 2016 ausgeführt, der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängere sich u.a. um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt seien: Um Anrechnungszeiten und Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten seien, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit liege. Es sei die Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 1. September 2006 bis 27. November 2006 zu berücksichtigen, obwohl diese Zeit nicht anrechenbar sei, da innerhalb von sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeit ein Pflichtbeitrag vorhanden sei. Unter Zugrundelegung des Leistungsfalls vom 26. November 2012 hat die Beklagte den verlängerten Fünfjahreszeitraum vom 26. November 2004 bis 25. November 2012 im Einzelnen erneut dargelegt. Sie hat auf den Feststellungsbescheid vom 29. Juli 2011 verwiesen und ausgeführt, ein Kontenklärungsverfahren sei durchgeführt worden, weshalb die Zeiten geklärt seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. August 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Es bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung seien nicht erfüllt. Im maßgeblichen Zeitraum vom 26. November 2004 bis zum 25. November 2012 seien nur 35 Monate an Pflichtbeiträgen vorhanden. Letztmals wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei einem Leistungsfall im Dezember 2008 erfüllt gewesen. Der Leistungsfall Erwerbsminderung sei jedoch erst im November 2012 eingetreten. Ein vom Kläger geltend gemachter früherer Leistungsfall sei nicht belegt. Hierzu hat sich das Gericht auf das Gutachten von Prof. Dr. G. vom Dezember 2012 sowie auf die Vorgutachten vom Mai und Juni 2011 gestützt, weiter auf die Auswertung der im früheren Klageverfahren vor dem SG erstatteten Gutachten des Dr. Neher, Dr. Schmid und Dr. B., die dem Urteil des SG vom 27. Oktober 2008 zugrunde lägen, welches rechtskräftig geworden sei. In den zum Rentenantrag vom 15. November 2010 erstellten Gutachten vom Mai und Juni 2011 seien von Dr. L. die Diagnosen Belastungsbeschwerden und leichte Bewegungsbehinderung der Halswirbelsäule bei fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen ohne neurologische Ausfälle, Neigung zu deutlicher psychogener Ausweitung der Körperbeschwerden, bewegungsabhängige Schmerzen im linken Hüftgelenk bei beginnender Arthrose, leichte Kniebeschwerden rechts nach operativer Versorgung einer Kniescheibenfraktur ohne Bewegungsbehinderung festgestellt worden sowie ein Morbus Crohn bei stabilem Verlauf ohne Komplikationen, weiter Osteoporose unter Bisphosphonat-Therapie, diskrete ferment-aktive Fettleber und noch angegebene Schwerhörigkeit und Tinnitus beidseits ohne neurologische Begleitsymptomatik. Nachvollziehbar habe Dr. L. noch leichte bis mittelschwere Arbeiten über sechsstündig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen als ausführbar angesehen. Zu vermeiden seien Arbeiten ständig überhorizontal oder überkopf, Arbeiten mit häufigem Bücken, Knien oder Hocken sowie Stressoren wie erhöhter Zeitdruck, Tätigkeiten mit Konfliktpotential oder erhöhten Verletzungsgefahren. Aus internistischer Sicht müsste eine Toilette am Arbeitsplatz jederzeit erreichbar sein. Eine Vortätigkeit als Mitarbeiter in der PKW-Produktion sei dem Kläger nicht mehr gesundheitlich zumutbar. Der ablehnende Rentenbescheid vom 29. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2012 sowie der Überprüfungsbescheid vom 7. September 2012 seien bestandskräftig geworden. Weiterhin hat sich das SG auf die Begutachtungen im Klageverfahren Aktenzeichen: S 11 R 3144/06 und deren Auswertung im Urteil vom 22. Oktober 2008 bezogen, der es sich angeschlossen hat. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht festgestellt worden gestützt auf das Ergebnis dieser Begutachtungen. Der Beurteilung von Dr. B., der ein nur noch dreistündiges Leistungsvermögen arbeitstäglich befürwortet habe, sei das Gericht nicht gefolgt. Dieser habe ein erhebliches Schmerzsyndrom und eine somatoforme Schmerzstörung zugrunde gelegt. Seiner Einschätzung einer auch zeitlich das Leistungsvermögen herabmindernden Ausprägung der Gesundheitsstörungen habe sich das SG nicht angeschlossen. Eine überzeugende Plausibilitätsprüfung habe der Beurteilung von Dr. B. nicht zugrunde gelegen. Das Urteil des SG vom 22. Oktober 2008 sei ebenfalls rechtskräftig geworden. Hingegen sei ein zeitlich herabgesetztes Leistungsvermögen auf unter drei Stunden arbeitstäglich im Gutachten der Luisenklinik ab dem Zeitpunkt der erneuten Rentenantragstellung am 26. November 2012 festgestellt worden. Prof. Dr. G. habe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen Anteilen vom impulsiven Typ, dissoziale und paranoide Züge, weiter eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine psychische Verhaltensstörung durch Alkohol sowie außerhalb seines Fachgebiets ein degeneratives Halswirbelsäulensyndrom sowie die Morbus-Crohn-Erkrankung festgestellt. Als Zeitpunkt des Eintretens der Leistungsminderung habe er den Tag der Rentenantragstellung am 26. November 2012 angesetzt. Prof. Dr. G. habe die Problematik der Persönlichkeitsstörung als größten leistungseinschränkenden Faktor angesehen. Er habe auf ein fehlendes und nicht zu vermittelndes Krankheitsverständnis, das die fehlende psychotherapeutische Behandlung erkläre, verwiesen. Bei zusammenfassender Prüfung der vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen sei ein bereits vor der Rentenantragstellung am 26. November 2012 anzusetzender Leistungsfall nicht belegt. Vorhergehende Ablehnungsbescheide und das Urteil des SG vom 22. Oktober 2008 seien bestandskräftig geworden. Die Berechnung der Beklagten, wonach im maßgeblichen Zeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung nur 35 Monate an Pflichtbeiträgen vorhanden seien, sei nicht zu beanstanden. Insoweit seien die Ausführungen der Beklagten vom 20. April 2016 heranzuziehen, worin die Berechnung erneut umfassend erklärt worden sei. Der maßgebliche Zeitrahmen umfasse die Zeit vom 26. November 2004 bis zum 25. November 2012. Zunächst sei der Fünfjahreszeitraum vom 26. November 2007 bis zum 25. November 2012 anzusetzen, worin 23 Monate an Anrechnungszeiten lägen (von Januar 2011 bis November 2012). Durch die Anrechnungszeiten werde eine Verlängerung um 23 Monate vom 25. November 2007 bis zum 26. Dezember 2005 bewirkt. Auch in diesem Zeitraum lägen fünf Monate an Anrechnungszeiten (Dezember 2005, Januar 2006 und September bis November 2006). Durch diese fünf Monate an Anrechnungszeiten ergäbe sich erneut eine Verlängerung um fünf Monate, zu rechnen sei vom 25. Dezember 2005 bis zum 26. Juli 2005. Nachdem auch in diesem Verlängerungszeitraum fünf Monate an Anrechnungszeiten lägen (Juli 2005 bis November 2005) ergäbe sich erneut eine Verlängerung um fünf Monate vom 25. Juli 2005 bis zum 26. März 2005. Auch dieser Zeitraum enthalte vier Monate an Anrechnungszeiten (März 2005 bis Juni 2005). Deshalb ergäbe sich eine erneute Verlängerung um vier Monate vom 25. März 2005 bis zum 26. November 2004. In diesem Zeitraum seien keine Anrechnungszeiten mehr enthalten. Der maßgebende Zeitraum sei hiernach zutreffend vom 26. November 2004 bis zum 25. November 2012 festgesetzt. In diesem Zeitraum seien 35 Monate an Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen. Die diesbezügliche Darlegung der Beklagten sei nachvollziehbar und schlüssig. Einwände hiergegen seien von der Klägerseite nicht vorgetragen worden. Mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei eine Rente nicht zu gewähren.
Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 23. August 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte des Klägers am 5. September 2016 beim SG schriftlich Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Erwerbsminderung des Klägers sei bereits im Jahre 2008 eingetreten. Insoweit sei auf das Gutachten von Dr. B. vom 30. Juni 2008 zu verweisen. Dr. B. habe nicht nur ein erhebliches Schmerzsyndrom und eine somatoforme Schmerzstörung zugrunde gelegt, sondern in erster Linie die beim Kläger vorhandene kombinierte Persönlichkeitsstörung sowie die orthopädischen Diagnosen mit den Folgen der Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Insbesondere die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf neurologischem Fachgebiet seien in den anderen medizinischen Beurteilungen nicht berücksichtigt worden. Bei korrekter Berücksichtigung des Beginns der Erwerbsminderung und insbesondere auch bei korrekter Berechnung der Pflichtbeitragszeiten unter Berücksichtigung der Anrechnungszeiten seien die Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente gegeben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. August 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 24. Oktober 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogene Gerichtsakte des SG Aktenzeichen: S 11 R 3144/06 (zwei Bände) und die beigezogene Akte des LSG Aktenzeichen: L 2 R 5305/08 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung verneint.
Das SG hat zutreffend gestützt auf die hier maßgebliche gesetzliche Regelung in § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBVI) und die vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder auch teilweiser Erwerbsminderung beim Kläger verneint. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.
Ergänzend zu den Einwendungen des Bevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren ist noch auf folgendes hinzuweisen:
Erfolglos beruft sich der Kläger auf das Sachverständigengutachten von Dr. B. vom 30. Juni 2008 für seine Annahme, er sei bereits im Jahre 2008 erwerbsgemindert gewesen. Mit Urteil vom 22. Oktober 2008 - also nach Erstellung des Gutachtens von Dr. B. - hat das SG in seinem rechtskräftigen Urteil unter Einbeziehung des Gutachtens von Dr. B. die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht erwerbsgemindert war. Dieses Urteil hat der Kläger erfolglos mit der Berufung beim LSG (Aktenzeichen: L 2 R 5305/08, Beschluss vom 31. Juli 2009) angefochten. Den Beschluss des LSG wiederum hat der Kläger erfolglos mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG (Aktenzeichen: B 13 R 391/09 B, Beschluss vom 19. November 2009) angefochten. Mit Blick auf den Beschluss des LSG vom 31. Juli 2009 steht somit zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig fest, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert war. Weiterhin hat die Beklagte den zweiten Rentenantrag des Klägers mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 29. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2012 abgelehnt; somit steht auch zum 19. Januar 2012 bestandskräftig fest, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert war. Das Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X bezüglich des Bescheids vom 29. Juli 2011 blieb nämlich ebenfalls erfolglos (bestandskräftiger Bescheid vom 7. September 2012). Somit ist erstmals mit dem Gutachten von Prof. Dr. G. vom Dezember 2012 eine Grundlage für die Annahme der Erwerbsminderung des Klägers bezogen auf den 26. November 2012 (so Prof. Dr. G. in seiner Einschätzung) geschaffen. Von einer Erwerbsminderung des Klägers bezogen auf den Zeitpunkt der dritten Beantragung von Erwerbsminderungsrente am 26. November 2012 geht im Übrigen auch die Beklagte und das SG in seinem Gerichtsbescheid vom 17. August 2016 aus.
Allerdings ist dem SG darin zu folgen, dass ausgehend von dem Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung am 26. November 2012 im von der Beklagten zutreffend ermittelten maßgeblichen Zeitraum 26. November 2004 bis 25. November 2012 "nur" 35 Monate belegt mit Pflichtbeiträgen vorhanden sind; der Kläger hat somit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt.
Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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