Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 237/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 573/15
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Notwendigkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verkauf von Merchandising Produkten und der künstlerischen Tätigkeit, um die beiden Einnahmearten als einheitliches Arbeitseinkommen i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG qualifizieren zu können.
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 13. Juni 2013 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2014 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.07.2013 streitig.
Mit Bescheid vom 13.06.2013 stellte die Beklagte fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG zum 30.06.2013 ende. Aus den eingereichten Einkommensteuerbescheiden 2007 bis 2010 gehe nämlich hervor, dass er Einkünfte aus einer nicht künstlerischen/nicht publizistischen selbstständigen Tätigkeit in mehr als nur in einem geringfügigen Umfang erziele. Bei dieser Tätigkeit handle es sich um den Verkauf von Fanartikeln. Laut Einkommensteuerbescheid 2010 seien dies Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Beteiligungen.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2014 zurück.
Dagegen hat die Bevollmächtigte des Klägers am 07.07.2014 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16.06.2014 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Augsburg verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 10.11.2014 hat die Bevollmächtigte zur Klagebegründung vorgetragen, dass der Kläger seit ca. 1990 als Musiker und Künstler tätig sei. Die Versicherungspflicht des Klägers nach dem KSVG sei mit Bescheid vom 20.09.1999 aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit als Sänger, Komponist und Texter der Musikband "M. " festgestellt worden. Nach seiner Trennung von der Band "M. " habe der Kläger mit seinem Kollegen S. 2003 die Band "E." in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Die steuerliche Veranlagung sei mittels gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte beim Betriebsfinanzamt Augsburg Land erfolgt. Seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger Frontsänger der Band "E." sowie als Texter und Komponist tätig. Neben dieser Tätigkeit sei der Kläger auch als Musiker in anderen Formationen sowie als Schauspieler tätig. Eine Unterbrechung dieser Tätigkeiten habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Band "E." habe seit ihrem Bestehen einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad erlangt. Diese Öffentlichkeitswirkung sei vor allem durch kontinuierliche Liveauftritte, verbunden mit einem geschickten Merchandising, erreicht worden. Aus rein steuerlichen Gründen sei im Jahr 2010 eine mit der Band "E." personenidentische GbR gegründet worden, unter der ab diesem Zeitpunkt die gewerblichen Einkünfte aus Merchandising erklärt würden. Diese Maßnahme sei steuerlich notwendig gewesen, um zu verhindern, dass nach der durch die Rechtsprechung entwickelten "Abfärbetheorie" die freiberuflichen Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würden. Bei dem Einkommen aus dem Verkauf von Fanartikeln handele es sich aber nicht um ein Nebeneinkommen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG. Vielmehr handle es sich auch bei den Einnahmen aus dem Verkauf von Fanartikeln um Einkommen, welches in einem ursächlichen Zusammenhang zu der künstlerischen Tätigkeit stehe. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) reiche insoweit ein mittelbarer, ursächlicher Zusammenhang aus (BSG, Urteil vom 21.07.2011 - B 3 KS 5/10 R). Nach der Rechtsauffassung des BSG liege der ursächliche Zusammenhang zwischen den erzielten Einnahmen und der künstlerischen Tätigkeit vor, wenn sich die Einkünfte im weitesten Sinn als Gegenleistung für eine künstlerische Tätigkeit erweisten. Der Verkauf der Fanartikel erfolge überwiegend hier im Rahmen der Liveauftritte der Band "E.". Der Verkauf werde durch freie Mitarbeiter während des Konzerts organisiert. Der Kläger selbst stehe weder am Verkaufsstand, noch sei er als Händler tätig. Das Merchandising befriedige die Bedürfnisse der Fans der Band "E.", die nicht nur einen Liveauftritt erleben wollten, sondern von diesem Konzert eine Erinnerung in Form von speziell gestalteten Artikeln mitnehmen wollten. Vor der Gründung der zweiten GbR hätten im Rahmen der steuerlichen Veranlagung die Betriebseinnahmen aus dem Verkauf von Merchandising-Produkten zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit gehört. Wie bereits vorgetragen, sei die Gründung der zweiten personenidentischen GbR rein aus steuerlichen Gründen erfolgt, um eine steuerliche Umqualifizierung der gesamten Einkünfte zu gewerblichen Einkünften zu verhindern. Diese steuerliche Gestaltung könne jedoch nicht zu einer anderen Wertung im Rahmen der Bewertung der Versicherungspflicht oder Freiheit nach dem KSVG führen. Zwischen beiden Tätigkeiten bestehe wie beschrieben ein wirtschaftlicher, inhaltlicher und auch organisatorischer Zusammenhang. Die künstlerische Tätigkeit mache das Merchandising gerade erst möglich. Das Merchandising wiederum trage zu einer Verbreitung der künstlerischen Werke des Klägers und seiner Band "E." bei. Weiterhin bestehe auch ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der künstlerischen Tätigkeit des Klägers und dem Verkauf von Fanartikeln. Nach den Wertungen des BSG im genannten Urteil vom 21.04.2011 liege im vorliegenden Fall damit ein einheitliches Berufsbild vor. Der Kläger erziele somit insgesamt aus seiner Tätigkeit als Sänger, Komponist, Texter und dem Verkauf von Fanartikeln ein einheitliches Arbeitseinkommen aus künstlerischer Tätigkeit gemäß § 1 und § 3 Abs. 1 KSVG. Eine schädliche Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 KSVG liege somit nicht vor.
Die Beklagte hat hierauf mit Schreiben vom 09.12.2014 erwidert, dass der Kläger ausweislich des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2010 neben seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 49.859,00 EUR (als Musiker) auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (24.717,00 EUR) erzielt habe. In der Entscheidung des BSG vom 2107.2011 - B 3 KS 5/10 R - sei "die Erstellung von Texten, deren kostenlose Veröffentlichung im Netz bzw. deren Weiterveräußerung an andere Onlinedienste sowie der Verkauf von Werbeflächen" als Bestandteile einer einheitlichen publizistischen Tätigkeit gewertet wurden, da diesem Tätigkeitsbereich ein wirtschaftlicher, inhaltlicher und organisatorischer Zusammenhang zugrunde liege. In wirtschaftlicher Hinsicht sei die Erzielung von Einnahmen aus dem Verkauf von Werbeflächen notwendige Bedingung für die Ausübung der journalistischen Tätigkeit und der Verwendung des Trägermediums Internet. Journalistische Leistungen würden dort grundsätzlich über Werbeeinnahmen finanziert. Schon hieran fehle es im vorliegenden Fall. Der Verkauf von Fanartikeln sei keine notwendige Bedingung für die Ausübung der musikalischen Tätigkeit des Klägers in der Band "E.". Es fehle auch an einem erforderlichen organisatorischen Zusammenhang. Im Fall des Klägers liege nämlich keine einheitliche Tätigkeit vor. Der Kläger sei zunächst und in erster Linie ausübender Musiker und - mithilfe von Hilfspersonal - Händler von entsprechenden Tassen, T-Shirts et cetera. In diesem Sinne liege ein gemischtes, aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetztes Berufsbild vor. Dass im Weiteren Fanartikel im Wesentlichen bei Liveauftritten verkauft würden, mache diesen Verkauf nicht zu einem "Gesamtwerk" in Bezug auf die musikalische Tätigkeit. Im Gegensatz zum Urteil vom 21.07.2011 des BSG erhalte der Kläger die Einkünfte aus dem Verkauf von Merchandising nicht für die Nutzung künstlerischer bzw. publizistischer Leistungen.
Diese Ansicht werde auch durch das Urteil des BSG vom 26.01.2006 - B 3 KR 3/05 R - gestützt.
Dazu hat die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 19.03.2015 Stellung genommen und ausgeführt, dass seit Gründung der Band neben der "rein" künstlerischen Tätigkeit der öffentlichen Wiedergabe der Lieder sowie der Verwertung durch Tonträger schon immer Merchandising-Produkte verkauft worden seien. Das Merchandising gehöre zu dem Gesamtkonzept der Vermarktung der Band "E.". Die Kombination zwischen Liveauftritten und geschicktem Merchandising habe erst zu dem Bekanntheitsgrad der Band "E." geführt. Aufgrund dieser Tatsache hätten aus einkommensteuerrechtlicher Sicht bis zum Jahr 2010 die Einkünfte der Band "E." als gewerbliche Einkünfte gegolten. Aus dieser Tatsache ergebe sich, dass die Beklagte in den Jahren von 2003 bis 2009 aus der steuerlichen Wertung keine Rückschlüsse gezogen habe, sondern die Tätigkeit des Klägers als sozialrechtlicher Sicht als künstlerische bewertet habe.
Mit Schreiben vom 08.04.2015 hat die Beklagte weiter vorgetragen, dass nochmals auf den Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG hinzuweisen sei. Hiernach schließe jede anderweitige selbstständige Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze den Versicherungsschutz aus. Der Verkauf von Fanartikel stelle nach den vorherigen Ausführungen keine künstlerische Tätigkeit dar. Er bilde auch keine Einheit mit der musikalischen Tätigkeit des Klägers. Das Merchandising und der musikalische Bereich könnten klar voneinander abgegrenzt werden und bedingten einander nicht. Da die in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG genannte Grenze überschritten werde, bestehe hier keine Versicherungspflicht nach dem KSVG. Dies entspräche auch dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG. Diese orientierten sich am sozialen Schutzbedürfnis. Angesichts der Einkünfte, die der Kläger aus dem Merchandising-Verkauf erziele, bestehe dieses Schutzbedürfnis nicht mehr. Denn die Einkünfte würden aus einer nicht künstlerischen Tätigkeit erzielt.
Hierauf hat die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 07.07.2015 geantwortet, dass entgegen der Ansicht der Beklagten zur Bejahung einer einheitlichen Tätigkeit kein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer "conditio sine qua non" erforderlich sei. Wie das BSG in seinem Urteil - B 3 KS 5/10 R - unter der Rn. 14 ausführe, reiche zwischen den beiden Tätigkeiten ein mittelbarer ursächlicher Zusammenhang aus. Dieser liege vor, wenn sich die Einkünfte als Gegenleistung der künstlerischen Tätigkeit im weitesten Sinn erweisten. In den weiteren Urteilsgründen begründe das BSG den mittelbaren Zusammenhang zwischen publizistischer Tätigkeit und dem Verkauf von Werbeflächen mit dem wirtschaftlichen, inhaltlichen und organisatorischen Zusammenhang der beiden Tätigkeiten. Weiterhin träfe es gerade nicht zu, dass Musikergruppen allein aus ihrer Tätigkeit als Musiker leben könnten. Dies sei nicht der Fall und die diesbezüglichen Darstellungen der Beklagten entsprächen einem Idealbild. Vielmehr seien Musikgruppen gerade auf Einnahmen aus dem Merchandising angewiesen, um den nötigen Lebensunterhalt für die Bandmitglieder zu verdienen. Ohne die Einnahmen aus dem Merchandising könnten der Kläger und seine Bandkollegen ihren Lebensunterhalt nicht aus der künstlerischen Tätigkeit allein bestreiten. Die künstlerische Tätigkeit und das Merchandising bedingten sich unmittelbar gegenseitig.
Die Beklagte hat hierzu mit Schreiben vom 27.07.2015 abschließend erwidert, dass der Kläger durch die Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandising-Artikeln finanziell besser gestellt sei, reiche für einen Zusammenhang zwischen dem Verkauf dieser Artikel und der künstlerischen Tätigkeit nicht aus. Viele Musiker verkauften keine Merchandising-Artikel. Ein inhaltlicher Zusammenhang sei ebenfalls nicht gegeben. Es werde bestritten, dass der Kläger mit seinen Auftritten keinen Gewinn bzw. kein Arbeitseinkommen erziele. Dagegen sprächen bereits die vorliegenden Steuerbescheide. Auch bestehe eine einheitliche Tätigkeit dann nicht, wenn ein aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetztes Berufsbild vorliege, wenn die Tätigkeit selbstständig nebeneinander bestehen könne. Der Verkauf von T-Shirts, Tassen usw. stelle im Zusammenhang mit den Konzerten sicher kein virtuelles Gesamtwerk dar.
Die Bevollmächtigte beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2015,
den Bescheid der Beklagten vom 13.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger auch ab dem 01.07.2013 nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert ist.
Der Bevollmächtige der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 13.06.2013 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2014 festgestellt, dass der Kläger ab 01.07.2013 nicht mehr der Versicherungspflicht nach dem KSVG in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Diese Rechtsfolge ergibt sich nämlich aus § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG. Danach ist in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungsfrei, wer neben seiner selbstständigen künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit eine andere nicht künstlerische oder nicht publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig ausübt, es sei denn, diese ist geringfügig im Sinn des § 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Dass die Einnahmen des Klägers aus dem Verkauf seiner Merchandising-Produkte die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV übersteigt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Entgegen der Annahme der Bevollmächtigten des Klägers war der Verkauf der Merchandising-Produkte - wie von der Beklagten angenommen - als nicht künstlerische und nicht publizistische Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG zu werten. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Merchandising-Produkte stellen nämlich kein Arbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG dar, da es sich bei dem Verkauf von Merchandising-Produkten nach der Rechtsprechung des BSG um keine künstlerische Tätigkeit handelt (siehe hierzu Urteil des BSG vom 26.01.2006 - B 3 KR 3/05 R - und vom 02.04.2014 - B 3 KS 3/12 R - sowie auch Urteil des Finanzgerichts Köln vom 01.03.2011 - 8 K 4450/08). Vorliegend kann auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 21.07.2011 - B 3 KS 5/10 R - zwischen dem Verkauf der Merchandising-Produkte und der künstlerischen Tätigkeit des Klägers der dafür notwendige ursächliche Zusammenhang gesehen werden, um diese als einheitliches Arbeitseinkommen qualifizieren zu können. Zwar sieht das BSG in der genannten Entscheidung einen mittelbaren Zusammenhang zwischen der künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit und der erzielten Einnahme als ausreichend an, um diese Einnahme dem Arbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit zuordnen zu können. Es hat aber in der genannten Entscheidung auch ausgeführt, dass zur Konkretisierung des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG die Regelungen in § 14 und § 15 SGB IV heranzuziehen sind, um insoweit eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sicherzustellen. Des Weiteren hat das BSG seine Entscheidung weiter damit begründet, dass letztendlich der normgeschichtlich belegte Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG die Berücksichtigung von (nur) in einem mittelbaren Zusammenhang mit der künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit stehenden Einnahmen erfordere. Nach dem ersten Entwurf für ein KSVG sei eine dem heutigen § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG inhaltlich entsprechende Regelung Bestandteil des § 1Abs. 2 KSVG gewesen, das heiße, die Versicherungspflicht sollte seinerzeit unter anderem davon abhängen, dass ein Arbeitseinkommen von mehr als der Hälfte des Gesamteinkommens aus künstlerischer bzw. publizistischer Tätigkeit erzielt werde. Auf diese Weise sollten Personen von der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden, für die die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit nicht die wirtschaftliche Existenz darstelle. Diese Regelung sei im weiteren Gesetzgebungsverfahren - ohne Änderung des Normzwecks - durch den die Versicherungsfreiheit regelnden § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG ersetzt worden. Diese Vorschrift diene daher ebenso wie das Merkmal der Erwerbsmäßigkeit dem Zweck, die Versicherungspflicht auf Personen zu beschränken, die des sozialen Schutzes durch das KSVG bedürften. Dieser Zielsetzung werde nur Rechnung getragen, wenn im Rahmen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG auch mittelbar mit einer künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Einnahmen berücksichtigt würden, weil andernfalls ein Großteil der nach der Intention des KSVG schutzbedürftigen Künstler und Publizisten von der Versicherungspflicht ausgeschlossen blieben. Die Definition, dass ein Zusammenhang zwischen der künstlerischen und publizistischen Tätigkeit und den erzielten Einnahmen dann bestehe, wenn ein wirtschaftlicher, einheitlicher und organisatorischer Zusammenhang festgestellt werden könne, ist somit im Licht der davor gemachten Ausführungen zu begreifen. Mit seiner Entscheidung wollte nach Ansicht des Gerichts nämlich das BSG nicht den Grundsatz der Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht aufgeben und auch nicht den Kreis der Versicherungspflichtigen auf nicht Schutzwürdige im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG erweitern. Insgesamt ist daher das Auslegungskriterium des wirtschaftlichen, inhaltlichen und orga- nisatorischen Zusammenhanges unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wiederum auszulegen.
Vorliegend ist sodann festzustellen, dass aus finanzsteuerlicher Sicht eine Trennung zwischen der Tätigkeit des Klägers als Künstler und seiner Tätigkeit im Rahmen des Verkaufs der Merchandising-Produkte eine Trennung vorgenommen worden ist. Die Einnahmen aus den künstlerischen Tätigkeiten wurden im Einkommensteuerbescheid 2010 damit als Einnahmen aus einer freiberuflichen selbstständigen Tätigkeit und die Einnahmen aus dem Verkauf der Merchandising-Produkte aus Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt. Eine solche Trennung, die von der Finanzverwaltung vorgenommen worden ist, ist aber nur dann rechtlich möglich, wenn die einzelnen Tätigkeiten nicht derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsanschauung eine Einheit bilden. Bilden sie nämlich nach der Verkehrsanschauung eine Einheit, sind die Einkünfte nach dem Schwerpunkt zu bewerten (Urteil des Bundesfinanzhof - BFH - vom 18.04.2007 - XI R 57/05). Da also die Finanzverwaltung eine Trennung der Einkunftsarten des Klägers anerkannt hat, ist nach ihrer Bewertung im Hinblick auf die Verkehrsanschauung von keiner einheitlichen Tätigkeit zwischen der künstlerischen Tätigkeit des Klägers und dem Verkauf seiner Merchandising-Produkte auszugehen. Angesichts der vom Gesetzgeber gewollten Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht kann der vom BSG aufgestellte Maßstab des wirtschaftlichen, inhaltlichen und organisatorischen Zusammenhangs zur Feststellung einer einheitlichen Tätigkeit schon grundsätzlich auch sodann zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach Überzeugung des Gerichts ist dies hier auch nicht der Fall, da zwischen der Tätigkeit des Klägers für die Band "E." und seiner Tätigkeit im Rahmen der GbR zum Verkauf der Merchandising-Produkte keine organisatorische Verknüpfung besteht. Beide Tätigkeiten sind in rechtlich getrennten privatrechtlichen Gesellschaften organisiert und können getrennt voneinander geführt werden, da beide unterschiedliche Aufgaben haben. In der "künstlerischen" GbR geht es nämlich um die Entwicklung von neuen Liedern und Durchführung entsprechender Veranstaltungen zur Aufführung der Lieder. Die "gewerbliche" GbR hat in ihrem Aufgabenfeld dagegen die Entwicklung von neuen Merchandising-Produkten und die Präsentation dieser auf geeigneten Märkten. Selbst die Bevollmächtigte des Klägers hat vorgetragen, dass der Verkauf der Fanartikel durch die Mitarbeiter organisiert werde. Der Kläger als Händler gerade nicht aktiv werde. Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Merchandising-Produkte auch nicht zwingend nur bei Liveauftritten der Band angeboten werden können. Sicherlich ist grundsätzlich auch ein Online-Verkauf der Fanartikel denkbar. Insgesamt stellen sich daher für das Gericht beide Tätigkeiten somit nicht als eine Art Gesamtkunstwerk dar, sondern - wie auch von der Finanzverwaltung angenommen - um trennbare Tätigkeitsbereiche. Da es sich damit bei dem Verkauf der Merchandising-Produkte um eine abtrennbare Tätigkeit von der künstlerischen Tätigkeit des Klägers handelt, war der Verkauf der Merchandising-Produkte als Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG anzusehen. Diese Wertung steht nach Überzeugung des Gerichts auch im Einklang mit dem Normzweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG. Hier hat nämlich das BSG in seiner Entscheidung vom 21.07.2011 - wie bereits oben dargestellt - ausgeführt, dass von der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden sollten diejenigen, für die die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit nicht die wirtschaftliche Existenz darstellt. Weil aber der Kläger mit dem Verkauf der Merchandising-Produkte in einen Gewinnbereich gekommen ist, der nach eigenem Vortrag der Bevollmächtigten die Gefahr einer Umqualifizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 im Einkommensteuergesetz (EStG) mit sich brachte, war die gewerbliche Tätigkeit nicht mehr als geringfügige anzusehen (siehe hierzu BFH-Urteil vom 08.03.2004 - IV B 212/03 und Urteil des Finanzgerichts Köln vom 01.03.2011 - 8 K 4450/08). Bei einer nur geringen gewerblichen Tätigkeit kommt nämlich eine Umqualifizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht in Betracht. Da also nach finanzsteuerlicher Sicht von einer nicht mehr geringfügigen gewerblichen Tätigkeit des Klägers im Rahmen des Verkaufs seiner Merchandising-Produkte auszugehen war und er mit den hieraus erzielten Einnahmen über dem Geringfügigkeitsbetrag des § 8 SGB IV lag, war der Kläger nach Ansicht des Gerichts zu Recht nicht mehr dem Schutzbereich des KSVG bezogen auf die Kranken- und Pflegeversicherung zuzuordnen. Die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit des Klägers stellt nämlich mit den Einnahmen aus den Merchandising-Produkten nicht mehr allein die wirtschaftliche Existenz des Klägers dar. Im Rahmen der gesetzlichen Wertung ist es ihm daher zumutbar, solange er Einkünfte aus dem Verkauf seiner Merchandising-Produkte über den Geringfügigkeitsbetrag des § 8 SGB IV erzielt, sich außerhalb des Künstlersozialversicherungsgesetzes mangels sozialer Schutzbedürftigkeit anderweitig selbst, zum Beispiel durch eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, zu versichern.
Insgesamt war daher die Klage gegen den Bescheid vom 13.06.2013 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2015 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.07.2013 streitig.
Mit Bescheid vom 13.06.2013 stellte die Beklagte fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG zum 30.06.2013 ende. Aus den eingereichten Einkommensteuerbescheiden 2007 bis 2010 gehe nämlich hervor, dass er Einkünfte aus einer nicht künstlerischen/nicht publizistischen selbstständigen Tätigkeit in mehr als nur in einem geringfügigen Umfang erziele. Bei dieser Tätigkeit handle es sich um den Verkauf von Fanartikeln. Laut Einkommensteuerbescheid 2010 seien dies Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Beteiligungen.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2014 zurück.
Dagegen hat die Bevollmächtigte des Klägers am 07.07.2014 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16.06.2014 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Augsburg verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 10.11.2014 hat die Bevollmächtigte zur Klagebegründung vorgetragen, dass der Kläger seit ca. 1990 als Musiker und Künstler tätig sei. Die Versicherungspflicht des Klägers nach dem KSVG sei mit Bescheid vom 20.09.1999 aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit als Sänger, Komponist und Texter der Musikband "M. " festgestellt worden. Nach seiner Trennung von der Band "M. " habe der Kläger mit seinem Kollegen S. 2003 die Band "E." in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Die steuerliche Veranlagung sei mittels gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte beim Betriebsfinanzamt Augsburg Land erfolgt. Seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger Frontsänger der Band "E." sowie als Texter und Komponist tätig. Neben dieser Tätigkeit sei der Kläger auch als Musiker in anderen Formationen sowie als Schauspieler tätig. Eine Unterbrechung dieser Tätigkeiten habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Band "E." habe seit ihrem Bestehen einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad erlangt. Diese Öffentlichkeitswirkung sei vor allem durch kontinuierliche Liveauftritte, verbunden mit einem geschickten Merchandising, erreicht worden. Aus rein steuerlichen Gründen sei im Jahr 2010 eine mit der Band "E." personenidentische GbR gegründet worden, unter der ab diesem Zeitpunkt die gewerblichen Einkünfte aus Merchandising erklärt würden. Diese Maßnahme sei steuerlich notwendig gewesen, um zu verhindern, dass nach der durch die Rechtsprechung entwickelten "Abfärbetheorie" die freiberuflichen Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würden. Bei dem Einkommen aus dem Verkauf von Fanartikeln handele es sich aber nicht um ein Nebeneinkommen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG. Vielmehr handle es sich auch bei den Einnahmen aus dem Verkauf von Fanartikeln um Einkommen, welches in einem ursächlichen Zusammenhang zu der künstlerischen Tätigkeit stehe. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) reiche insoweit ein mittelbarer, ursächlicher Zusammenhang aus (BSG, Urteil vom 21.07.2011 - B 3 KS 5/10 R). Nach der Rechtsauffassung des BSG liege der ursächliche Zusammenhang zwischen den erzielten Einnahmen und der künstlerischen Tätigkeit vor, wenn sich die Einkünfte im weitesten Sinn als Gegenleistung für eine künstlerische Tätigkeit erweisten. Der Verkauf der Fanartikel erfolge überwiegend hier im Rahmen der Liveauftritte der Band "E.". Der Verkauf werde durch freie Mitarbeiter während des Konzerts organisiert. Der Kläger selbst stehe weder am Verkaufsstand, noch sei er als Händler tätig. Das Merchandising befriedige die Bedürfnisse der Fans der Band "E.", die nicht nur einen Liveauftritt erleben wollten, sondern von diesem Konzert eine Erinnerung in Form von speziell gestalteten Artikeln mitnehmen wollten. Vor der Gründung der zweiten GbR hätten im Rahmen der steuerlichen Veranlagung die Betriebseinnahmen aus dem Verkauf von Merchandising-Produkten zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit gehört. Wie bereits vorgetragen, sei die Gründung der zweiten personenidentischen GbR rein aus steuerlichen Gründen erfolgt, um eine steuerliche Umqualifizierung der gesamten Einkünfte zu gewerblichen Einkünften zu verhindern. Diese steuerliche Gestaltung könne jedoch nicht zu einer anderen Wertung im Rahmen der Bewertung der Versicherungspflicht oder Freiheit nach dem KSVG führen. Zwischen beiden Tätigkeiten bestehe wie beschrieben ein wirtschaftlicher, inhaltlicher und auch organisatorischer Zusammenhang. Die künstlerische Tätigkeit mache das Merchandising gerade erst möglich. Das Merchandising wiederum trage zu einer Verbreitung der künstlerischen Werke des Klägers und seiner Band "E." bei. Weiterhin bestehe auch ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der künstlerischen Tätigkeit des Klägers und dem Verkauf von Fanartikeln. Nach den Wertungen des BSG im genannten Urteil vom 21.04.2011 liege im vorliegenden Fall damit ein einheitliches Berufsbild vor. Der Kläger erziele somit insgesamt aus seiner Tätigkeit als Sänger, Komponist, Texter und dem Verkauf von Fanartikeln ein einheitliches Arbeitseinkommen aus künstlerischer Tätigkeit gemäß § 1 und § 3 Abs. 1 KSVG. Eine schädliche Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 KSVG liege somit nicht vor.
Die Beklagte hat hierauf mit Schreiben vom 09.12.2014 erwidert, dass der Kläger ausweislich des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2010 neben seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 49.859,00 EUR (als Musiker) auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (24.717,00 EUR) erzielt habe. In der Entscheidung des BSG vom 2107.2011 - B 3 KS 5/10 R - sei "die Erstellung von Texten, deren kostenlose Veröffentlichung im Netz bzw. deren Weiterveräußerung an andere Onlinedienste sowie der Verkauf von Werbeflächen" als Bestandteile einer einheitlichen publizistischen Tätigkeit gewertet wurden, da diesem Tätigkeitsbereich ein wirtschaftlicher, inhaltlicher und organisatorischer Zusammenhang zugrunde liege. In wirtschaftlicher Hinsicht sei die Erzielung von Einnahmen aus dem Verkauf von Werbeflächen notwendige Bedingung für die Ausübung der journalistischen Tätigkeit und der Verwendung des Trägermediums Internet. Journalistische Leistungen würden dort grundsätzlich über Werbeeinnahmen finanziert. Schon hieran fehle es im vorliegenden Fall. Der Verkauf von Fanartikeln sei keine notwendige Bedingung für die Ausübung der musikalischen Tätigkeit des Klägers in der Band "E.". Es fehle auch an einem erforderlichen organisatorischen Zusammenhang. Im Fall des Klägers liege nämlich keine einheitliche Tätigkeit vor. Der Kläger sei zunächst und in erster Linie ausübender Musiker und - mithilfe von Hilfspersonal - Händler von entsprechenden Tassen, T-Shirts et cetera. In diesem Sinne liege ein gemischtes, aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetztes Berufsbild vor. Dass im Weiteren Fanartikel im Wesentlichen bei Liveauftritten verkauft würden, mache diesen Verkauf nicht zu einem "Gesamtwerk" in Bezug auf die musikalische Tätigkeit. Im Gegensatz zum Urteil vom 21.07.2011 des BSG erhalte der Kläger die Einkünfte aus dem Verkauf von Merchandising nicht für die Nutzung künstlerischer bzw. publizistischer Leistungen.
Diese Ansicht werde auch durch das Urteil des BSG vom 26.01.2006 - B 3 KR 3/05 R - gestützt.
Dazu hat die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 19.03.2015 Stellung genommen und ausgeführt, dass seit Gründung der Band neben der "rein" künstlerischen Tätigkeit der öffentlichen Wiedergabe der Lieder sowie der Verwertung durch Tonträger schon immer Merchandising-Produkte verkauft worden seien. Das Merchandising gehöre zu dem Gesamtkonzept der Vermarktung der Band "E.". Die Kombination zwischen Liveauftritten und geschicktem Merchandising habe erst zu dem Bekanntheitsgrad der Band "E." geführt. Aufgrund dieser Tatsache hätten aus einkommensteuerrechtlicher Sicht bis zum Jahr 2010 die Einkünfte der Band "E." als gewerbliche Einkünfte gegolten. Aus dieser Tatsache ergebe sich, dass die Beklagte in den Jahren von 2003 bis 2009 aus der steuerlichen Wertung keine Rückschlüsse gezogen habe, sondern die Tätigkeit des Klägers als sozialrechtlicher Sicht als künstlerische bewertet habe.
Mit Schreiben vom 08.04.2015 hat die Beklagte weiter vorgetragen, dass nochmals auf den Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG hinzuweisen sei. Hiernach schließe jede anderweitige selbstständige Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze den Versicherungsschutz aus. Der Verkauf von Fanartikel stelle nach den vorherigen Ausführungen keine künstlerische Tätigkeit dar. Er bilde auch keine Einheit mit der musikalischen Tätigkeit des Klägers. Das Merchandising und der musikalische Bereich könnten klar voneinander abgegrenzt werden und bedingten einander nicht. Da die in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG genannte Grenze überschritten werde, bestehe hier keine Versicherungspflicht nach dem KSVG. Dies entspräche auch dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG. Diese orientierten sich am sozialen Schutzbedürfnis. Angesichts der Einkünfte, die der Kläger aus dem Merchandising-Verkauf erziele, bestehe dieses Schutzbedürfnis nicht mehr. Denn die Einkünfte würden aus einer nicht künstlerischen Tätigkeit erzielt.
Hierauf hat die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 07.07.2015 geantwortet, dass entgegen der Ansicht der Beklagten zur Bejahung einer einheitlichen Tätigkeit kein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer "conditio sine qua non" erforderlich sei. Wie das BSG in seinem Urteil - B 3 KS 5/10 R - unter der Rn. 14 ausführe, reiche zwischen den beiden Tätigkeiten ein mittelbarer ursächlicher Zusammenhang aus. Dieser liege vor, wenn sich die Einkünfte als Gegenleistung der künstlerischen Tätigkeit im weitesten Sinn erweisten. In den weiteren Urteilsgründen begründe das BSG den mittelbaren Zusammenhang zwischen publizistischer Tätigkeit und dem Verkauf von Werbeflächen mit dem wirtschaftlichen, inhaltlichen und organisatorischen Zusammenhang der beiden Tätigkeiten. Weiterhin träfe es gerade nicht zu, dass Musikergruppen allein aus ihrer Tätigkeit als Musiker leben könnten. Dies sei nicht der Fall und die diesbezüglichen Darstellungen der Beklagten entsprächen einem Idealbild. Vielmehr seien Musikgruppen gerade auf Einnahmen aus dem Merchandising angewiesen, um den nötigen Lebensunterhalt für die Bandmitglieder zu verdienen. Ohne die Einnahmen aus dem Merchandising könnten der Kläger und seine Bandkollegen ihren Lebensunterhalt nicht aus der künstlerischen Tätigkeit allein bestreiten. Die künstlerische Tätigkeit und das Merchandising bedingten sich unmittelbar gegenseitig.
Die Beklagte hat hierzu mit Schreiben vom 27.07.2015 abschließend erwidert, dass der Kläger durch die Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandising-Artikeln finanziell besser gestellt sei, reiche für einen Zusammenhang zwischen dem Verkauf dieser Artikel und der künstlerischen Tätigkeit nicht aus. Viele Musiker verkauften keine Merchandising-Artikel. Ein inhaltlicher Zusammenhang sei ebenfalls nicht gegeben. Es werde bestritten, dass der Kläger mit seinen Auftritten keinen Gewinn bzw. kein Arbeitseinkommen erziele. Dagegen sprächen bereits die vorliegenden Steuerbescheide. Auch bestehe eine einheitliche Tätigkeit dann nicht, wenn ein aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetztes Berufsbild vorliege, wenn die Tätigkeit selbstständig nebeneinander bestehen könne. Der Verkauf von T-Shirts, Tassen usw. stelle im Zusammenhang mit den Konzerten sicher kein virtuelles Gesamtwerk dar.
Die Bevollmächtigte beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2015,
den Bescheid der Beklagten vom 13.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger auch ab dem 01.07.2013 nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert ist.
Der Bevollmächtige der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 13.06.2013 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2014 festgestellt, dass der Kläger ab 01.07.2013 nicht mehr der Versicherungspflicht nach dem KSVG in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Diese Rechtsfolge ergibt sich nämlich aus § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG. Danach ist in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungsfrei, wer neben seiner selbstständigen künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit eine andere nicht künstlerische oder nicht publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig ausübt, es sei denn, diese ist geringfügig im Sinn des § 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Dass die Einnahmen des Klägers aus dem Verkauf seiner Merchandising-Produkte die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV übersteigt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Entgegen der Annahme der Bevollmächtigten des Klägers war der Verkauf der Merchandising-Produkte - wie von der Beklagten angenommen - als nicht künstlerische und nicht publizistische Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG zu werten. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Merchandising-Produkte stellen nämlich kein Arbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG dar, da es sich bei dem Verkauf von Merchandising-Produkten nach der Rechtsprechung des BSG um keine künstlerische Tätigkeit handelt (siehe hierzu Urteil des BSG vom 26.01.2006 - B 3 KR 3/05 R - und vom 02.04.2014 - B 3 KS 3/12 R - sowie auch Urteil des Finanzgerichts Köln vom 01.03.2011 - 8 K 4450/08). Vorliegend kann auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 21.07.2011 - B 3 KS 5/10 R - zwischen dem Verkauf der Merchandising-Produkte und der künstlerischen Tätigkeit des Klägers der dafür notwendige ursächliche Zusammenhang gesehen werden, um diese als einheitliches Arbeitseinkommen qualifizieren zu können. Zwar sieht das BSG in der genannten Entscheidung einen mittelbaren Zusammenhang zwischen der künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit und der erzielten Einnahme als ausreichend an, um diese Einnahme dem Arbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit zuordnen zu können. Es hat aber in der genannten Entscheidung auch ausgeführt, dass zur Konkretisierung des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG die Regelungen in § 14 und § 15 SGB IV heranzuziehen sind, um insoweit eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sicherzustellen. Des Weiteren hat das BSG seine Entscheidung weiter damit begründet, dass letztendlich der normgeschichtlich belegte Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG die Berücksichtigung von (nur) in einem mittelbaren Zusammenhang mit der künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit stehenden Einnahmen erfordere. Nach dem ersten Entwurf für ein KSVG sei eine dem heutigen § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG inhaltlich entsprechende Regelung Bestandteil des § 1Abs. 2 KSVG gewesen, das heiße, die Versicherungspflicht sollte seinerzeit unter anderem davon abhängen, dass ein Arbeitseinkommen von mehr als der Hälfte des Gesamteinkommens aus künstlerischer bzw. publizistischer Tätigkeit erzielt werde. Auf diese Weise sollten Personen von der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden, für die die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit nicht die wirtschaftliche Existenz darstelle. Diese Regelung sei im weiteren Gesetzgebungsverfahren - ohne Änderung des Normzwecks - durch den die Versicherungsfreiheit regelnden § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG ersetzt worden. Diese Vorschrift diene daher ebenso wie das Merkmal der Erwerbsmäßigkeit dem Zweck, die Versicherungspflicht auf Personen zu beschränken, die des sozialen Schutzes durch das KSVG bedürften. Dieser Zielsetzung werde nur Rechnung getragen, wenn im Rahmen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG auch mittelbar mit einer künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Einnahmen berücksichtigt würden, weil andernfalls ein Großteil der nach der Intention des KSVG schutzbedürftigen Künstler und Publizisten von der Versicherungspflicht ausgeschlossen blieben. Die Definition, dass ein Zusammenhang zwischen der künstlerischen und publizistischen Tätigkeit und den erzielten Einnahmen dann bestehe, wenn ein wirtschaftlicher, einheitlicher und organisatorischer Zusammenhang festgestellt werden könne, ist somit im Licht der davor gemachten Ausführungen zu begreifen. Mit seiner Entscheidung wollte nach Ansicht des Gerichts nämlich das BSG nicht den Grundsatz der Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht aufgeben und auch nicht den Kreis der Versicherungspflichtigen auf nicht Schutzwürdige im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG erweitern. Insgesamt ist daher das Auslegungskriterium des wirtschaftlichen, inhaltlichen und orga- nisatorischen Zusammenhanges unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wiederum auszulegen.
Vorliegend ist sodann festzustellen, dass aus finanzsteuerlicher Sicht eine Trennung zwischen der Tätigkeit des Klägers als Künstler und seiner Tätigkeit im Rahmen des Verkaufs der Merchandising-Produkte eine Trennung vorgenommen worden ist. Die Einnahmen aus den künstlerischen Tätigkeiten wurden im Einkommensteuerbescheid 2010 damit als Einnahmen aus einer freiberuflichen selbstständigen Tätigkeit und die Einnahmen aus dem Verkauf der Merchandising-Produkte aus Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt. Eine solche Trennung, die von der Finanzverwaltung vorgenommen worden ist, ist aber nur dann rechtlich möglich, wenn die einzelnen Tätigkeiten nicht derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsanschauung eine Einheit bilden. Bilden sie nämlich nach der Verkehrsanschauung eine Einheit, sind die Einkünfte nach dem Schwerpunkt zu bewerten (Urteil des Bundesfinanzhof - BFH - vom 18.04.2007 - XI R 57/05). Da also die Finanzverwaltung eine Trennung der Einkunftsarten des Klägers anerkannt hat, ist nach ihrer Bewertung im Hinblick auf die Verkehrsanschauung von keiner einheitlichen Tätigkeit zwischen der künstlerischen Tätigkeit des Klägers und dem Verkauf seiner Merchandising-Produkte auszugehen. Angesichts der vom Gesetzgeber gewollten Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht kann der vom BSG aufgestellte Maßstab des wirtschaftlichen, inhaltlichen und organisatorischen Zusammenhangs zur Feststellung einer einheitlichen Tätigkeit schon grundsätzlich auch sodann zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach Überzeugung des Gerichts ist dies hier auch nicht der Fall, da zwischen der Tätigkeit des Klägers für die Band "E." und seiner Tätigkeit im Rahmen der GbR zum Verkauf der Merchandising-Produkte keine organisatorische Verknüpfung besteht. Beide Tätigkeiten sind in rechtlich getrennten privatrechtlichen Gesellschaften organisiert und können getrennt voneinander geführt werden, da beide unterschiedliche Aufgaben haben. In der "künstlerischen" GbR geht es nämlich um die Entwicklung von neuen Liedern und Durchführung entsprechender Veranstaltungen zur Aufführung der Lieder. Die "gewerbliche" GbR hat in ihrem Aufgabenfeld dagegen die Entwicklung von neuen Merchandising-Produkten und die Präsentation dieser auf geeigneten Märkten. Selbst die Bevollmächtigte des Klägers hat vorgetragen, dass der Verkauf der Fanartikel durch die Mitarbeiter organisiert werde. Der Kläger als Händler gerade nicht aktiv werde. Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Merchandising-Produkte auch nicht zwingend nur bei Liveauftritten der Band angeboten werden können. Sicherlich ist grundsätzlich auch ein Online-Verkauf der Fanartikel denkbar. Insgesamt stellen sich daher für das Gericht beide Tätigkeiten somit nicht als eine Art Gesamtkunstwerk dar, sondern - wie auch von der Finanzverwaltung angenommen - um trennbare Tätigkeitsbereiche. Da es sich damit bei dem Verkauf der Merchandising-Produkte um eine abtrennbare Tätigkeit von der künstlerischen Tätigkeit des Klägers handelt, war der Verkauf der Merchandising-Produkte als Nebentätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG anzusehen. Diese Wertung steht nach Überzeugung des Gerichts auch im Einklang mit dem Normzweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG. Hier hat nämlich das BSG in seiner Entscheidung vom 21.07.2011 - wie bereits oben dargestellt - ausgeführt, dass von der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden sollten diejenigen, für die die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit nicht die wirtschaftliche Existenz darstellt. Weil aber der Kläger mit dem Verkauf der Merchandising-Produkte in einen Gewinnbereich gekommen ist, der nach eigenem Vortrag der Bevollmächtigten die Gefahr einer Umqualifizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 im Einkommensteuergesetz (EStG) mit sich brachte, war die gewerbliche Tätigkeit nicht mehr als geringfügige anzusehen (siehe hierzu BFH-Urteil vom 08.03.2004 - IV B 212/03 und Urteil des Finanzgerichts Köln vom 01.03.2011 - 8 K 4450/08). Bei einer nur geringen gewerblichen Tätigkeit kommt nämlich eine Umqualifizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht in Betracht. Da also nach finanzsteuerlicher Sicht von einer nicht mehr geringfügigen gewerblichen Tätigkeit des Klägers im Rahmen des Verkaufs seiner Merchandising-Produkte auszugehen war und er mit den hieraus erzielten Einnahmen über dem Geringfügigkeitsbetrag des § 8 SGB IV lag, war der Kläger nach Ansicht des Gerichts zu Recht nicht mehr dem Schutzbereich des KSVG bezogen auf die Kranken- und Pflegeversicherung zuzuordnen. Die künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit des Klägers stellt nämlich mit den Einnahmen aus den Merchandising-Produkten nicht mehr allein die wirtschaftliche Existenz des Klägers dar. Im Rahmen der gesetzlichen Wertung ist es ihm daher zumutbar, solange er Einkünfte aus dem Verkauf seiner Merchandising-Produkte über den Geringfügigkeitsbetrag des § 8 SGB IV erzielt, sich außerhalb des Künstlersozialversicherungsgesetzes mangels sozialer Schutzbedürftigkeit anderweitig selbst, zum Beispiel durch eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, zu versichern.
Insgesamt war daher die Klage gegen den Bescheid vom 13.06.2013 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2015 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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