Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 4139/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3053/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. August 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vollständige Übernahme der Kosten für eine Versorgung mit Zahnersatz.
Der 1947 geborene Antragsteller ist seit 2012 als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der Antragsgegnerin. Zahnärztin St. stellte im Rahmen einer zahnärztlichen Untersuchung beim Antragsteller fest, dass im Unterkiefer die Zähne 48 sowie 38 und 37 fehlen und die Zähne 47, 46 und 36 sich nicht in einem erhaltungswürdigen Zustand befinden. Über erneuerungsbedürftige Kronen verfügen die Zähne 45, 44 und 43 sowie die Zähne 34 und 35. Mit Brückengliedern versorgt seien die Zähne 42 und 41 sowie 33, 32 und 31.
Am 2. Mai 2016 reichte der Antragsteller einen Heil- und Kostenplan der Zahnärztin St. vom 25. April 2016 für eine prothetische Zahnversorgung ein. Als Maßnahmen der Regelversorgung beschrieb Zahnärztin St. darin die Versorgung der Zähne 47, 46 und 42, 41 sowie der Zähne 37, 36 und 33, 32, 31 mit einer Teilprothese. Die Zähne 45 und 35 würden jeweils mit einer Krone mit komplett gegossener Halte- und Stützvorrichtung versehen und der Zahn 44 mit einer Krone mit vestibulärer Verblendung. Die Zähne 43 und 34 würden mit einer Krone mit komplett gegossener Halte- und Stützvorrichtung sowie mit einer vestibulären Verblendung versehen. Der Antragsteller vereinbarte mit Zahnärztin St. eine von den Maßnahmen der Regelversorgung abweichende Versorgung. Die Zähne 47, 46 und 42, 41 sowie die Zähne 37, 36 und 33, 32, 31 sollten gleichfalls mit einer Teilprothese ersetzt werden. Die Zähne 45, 44 und 43 sowie die Zähne 35 und 34 sollten mit einer Teleskopkrone mit vollkeramischer oder keramisch voll verblendeter Restauration versorgt werden. Für die vereinbarte Versorgung mit Teilprothese und mit fünf Teleskopkronen setzte Zahnärztin St. als vertragszahnärztliches Honorar EUR 243,52, Material-und Laborkosten in Höhe von EUR 4.750,00 sowie ein privatzahnärztlich vereinbartes Zusatzhonorar in Höhe von EUR 2.697,00 (insgesamt EUR 7.690,52) an.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2016 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller aufgrund dessen Einkommensverhältnissen mindestens den doppelten Festzuschuss in Höhe von EUR 2.363,96 für die geplante Behandlung. Sie führte aus, bei einer Regelversorgung übernehme sie die Gesamtkosten (ohne Edelmetalllegierung). Zudem wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Behandlung in den nächsten sechs Monaten abgeschlossen sein müsse, denn nur so lange gelte diese Zusage.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 teilte der Antragsteller Zahnärztin St. mit, von seinem Vorhaben abzusehen, von ihr behandelt zu werden.
Den gegen den Bescheid vom 4. Mai 2016 eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 zurück.
Hiergegen wendete sich der Kläger mit Schreiben vom 1. August 2016 an das Sozialgericht Stuttgart (SG), das mit "KLAGE (Eilverfahren)" überschrieben war. Er führte aus, es solle ein "Eilprozess angestrengt werden". Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, die gesamten Kosten der geplanten prothetischen Versorgung zu übernehmen. Ihm stünden keine finanziellen Mittel zur Verfügung, einen Eigenanteil zu zahlen. "Die Betrachtung und Erörterung der Sachlage soll im Rahmen eines Eilverfahrens erfolgen, da die gesundheitlichen Umstände dies erfordern". Er habe davon abgesehen, von Zahnärztin St. nach deren Heil- und Kostenplan behandelt zu werden. Im Rahmen einer weiteren zahnärztlichen Untersuchung in der Praxis Dr. D., E., habe sich herausgestellt, es sei aus zahnprothetischen Gründen zweckmäßig, die betroffenen Zähne im Unterkiefer mit einer Teleskopkrone zu versorgen.
Die Antragsgegnerin verwies darauf, die Funktionen der Zähne und des Gebisses seien durch die Regelversorgung wiederherstellbar. Mit der Regelversorgung entstünden dem Antragsteller keine eigenen finanziellen Aufwendungen.
Mit Beschluss vom 11. August 2016 lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Der Heil- und Kostenplan der Zahnärztin St. enthalte eine über die Regelversorgung hinausgehende zahnärztliche Versorgung. Eine Beteiligung der Antragsgegnerin sei auf den doppelten Festzuschuss begrenzt. Die Ermittlung der Höhe der zu gewährenden Festzuschüsse für die einzelnen Zähne anhand der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bestimmung der Befunde und der Regelversorgungsleistungen für die Festzuschüsse nach §§ 55, 56 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) (Festzuschuss-Richtlinie) sei von der Antragsgegnerin vollumfänglich und richtig im Widerspruchsbescheid dargestellt. Da die Antragsgegnerin den doppelten Festzuschuss bereits bewilligt habe, bestehe kein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten. Darüber hinaus bestünden auch Zweifel an einem Anordnungsgrund, da der Antragsteller nach eigenen Angaben von einer Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan von Zahnärztin St. abgesehen und eine neue Zahnärztin aufgesucht habe.
Gegen diesen ihm am 12. August 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 15. August 2016 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das SG versuche, die finanzielle Benachteiligung, die er als Sozialhilfe beziehender Rentner erleide, zu legalisieren. Die zahnärztliche Versorgung solle nunmehr in der Praxis Dr. D. erfolgen.
Der Antragsteller beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. August 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die vorgesehene Zahnheilbehandlung in vollem Umfang zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt (sachgerecht gefasst),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat die Beschwerde form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Denn eine Berufung in der Hauptsache bedürfte nicht der Zulassung. Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die vorgesehene Zahnheilbehandlung über den Festkostenzuschuss hinaus, die voraussichtlich mehr als EUR 750,00 betragen, so dass der Beschwerdewert im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten ist.
2. Die Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris, Rn. 9).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris, Rn. 2). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4).
b) Der Senat lässt dahingestellt, ob der vom Kläger am 1. August 2016 beim SG gestellte Antrag dahin auszulegen ist, er begehre lediglich die Durchführung eines "Eilverfahrens", und er somit den Bescheid vom 4. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2016 nicht mit einer Klage angefochten hat, so dass diese Bescheide bindend geworden sind (§ 77 SGG). Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht jedenfalls entgegen, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind.
c) Ein Anordnungsgrund hinsichtlich der zahnprothetischen Versorgung durch Zahnärztin St. fehlt. Denn die Bescheide betreffen die Gewährung eines doppelten Festzuschusses für die Versorgung mit Zahnersatz gemäß dem Heil- und Kostenplan der Zahnärztin St. vom 25. April 2016 und der damit verbundenen Ablehnung der Übernahme auch des Eigenanteils des Antragstellers. Dieses Begehren ist in der Sache erledigt. Denn die angefochtenen Bescheide haben sich auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Ihnen kommt eine rechtliche Wirkung nicht mehr zu, weil der Antragsteller schon mit der Antragstellung beim SG keine Versorgung durch diese Zahnärztin auf der Grundlage des von ihr erstellten Heil- und Kostenplans mehr begehrt. Der Antragsteller hat dies auf Anfrage des Senats in seinem Schreiben vom 2. September 2016 ausdrücklich bestätigt. Darin teilte er – sinngemäß – mit, dass er nunmehr von Zahnärztin Dr. D. behandelt werde. Unerheblich ist damit, dass die in diesem Heil- und Kostenplan vorgesehene Zahnersatzversorgung tatsächlich binnen der vorgesehenen Frist von sechs Monaten nicht eingegliedert worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 5/12 R – juris, Rn. 10 ff. zur generellen Befristung der Genehmigung eines Heil- und Kostenplanes) und auch nicht mehr eingliedert werden soll.
d) Soweit der Antragsteller nunmehr eine Versorgung durch Zahnärztin Dr. D. wünscht, ist ein Anordnungsanspruch (zahnprothetische Behandlung) nicht glaubhaft gemacht. Denn es fehlt an einem Heil- und Kostenplan dieser Zahnärztin und damit auch an der vor Beginn der Behandlung erforderlichen Bewilligung eines Festzuschusses. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB V die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. Den Leistungsanspruch der Versicherten hinsichtlich der Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen regeln §§ 55 und 56 SGB V. Anspruch besteht insoweit auf befundbezogene Festzuschüsse. Nach § 87 Abs. 1a SGB V hat der Vertragszahnarzt vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 SGB V nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet (Satz 2). Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen (Satz 4). Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 SGB V entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund (Satz 6). Die Bewilligung des Festzuschusses hat mithin vor der Behandlung zu erfolgen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 19/08 R – juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 5/12 R – juris, Rn. 11).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vollständige Übernahme der Kosten für eine Versorgung mit Zahnersatz.
Der 1947 geborene Antragsteller ist seit 2012 als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der Antragsgegnerin. Zahnärztin St. stellte im Rahmen einer zahnärztlichen Untersuchung beim Antragsteller fest, dass im Unterkiefer die Zähne 48 sowie 38 und 37 fehlen und die Zähne 47, 46 und 36 sich nicht in einem erhaltungswürdigen Zustand befinden. Über erneuerungsbedürftige Kronen verfügen die Zähne 45, 44 und 43 sowie die Zähne 34 und 35. Mit Brückengliedern versorgt seien die Zähne 42 und 41 sowie 33, 32 und 31.
Am 2. Mai 2016 reichte der Antragsteller einen Heil- und Kostenplan der Zahnärztin St. vom 25. April 2016 für eine prothetische Zahnversorgung ein. Als Maßnahmen der Regelversorgung beschrieb Zahnärztin St. darin die Versorgung der Zähne 47, 46 und 42, 41 sowie der Zähne 37, 36 und 33, 32, 31 mit einer Teilprothese. Die Zähne 45 und 35 würden jeweils mit einer Krone mit komplett gegossener Halte- und Stützvorrichtung versehen und der Zahn 44 mit einer Krone mit vestibulärer Verblendung. Die Zähne 43 und 34 würden mit einer Krone mit komplett gegossener Halte- und Stützvorrichtung sowie mit einer vestibulären Verblendung versehen. Der Antragsteller vereinbarte mit Zahnärztin St. eine von den Maßnahmen der Regelversorgung abweichende Versorgung. Die Zähne 47, 46 und 42, 41 sowie die Zähne 37, 36 und 33, 32, 31 sollten gleichfalls mit einer Teilprothese ersetzt werden. Die Zähne 45, 44 und 43 sowie die Zähne 35 und 34 sollten mit einer Teleskopkrone mit vollkeramischer oder keramisch voll verblendeter Restauration versorgt werden. Für die vereinbarte Versorgung mit Teilprothese und mit fünf Teleskopkronen setzte Zahnärztin St. als vertragszahnärztliches Honorar EUR 243,52, Material-und Laborkosten in Höhe von EUR 4.750,00 sowie ein privatzahnärztlich vereinbartes Zusatzhonorar in Höhe von EUR 2.697,00 (insgesamt EUR 7.690,52) an.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2016 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller aufgrund dessen Einkommensverhältnissen mindestens den doppelten Festzuschuss in Höhe von EUR 2.363,96 für die geplante Behandlung. Sie führte aus, bei einer Regelversorgung übernehme sie die Gesamtkosten (ohne Edelmetalllegierung). Zudem wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Behandlung in den nächsten sechs Monaten abgeschlossen sein müsse, denn nur so lange gelte diese Zusage.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 teilte der Antragsteller Zahnärztin St. mit, von seinem Vorhaben abzusehen, von ihr behandelt zu werden.
Den gegen den Bescheid vom 4. Mai 2016 eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 zurück.
Hiergegen wendete sich der Kläger mit Schreiben vom 1. August 2016 an das Sozialgericht Stuttgart (SG), das mit "KLAGE (Eilverfahren)" überschrieben war. Er führte aus, es solle ein "Eilprozess angestrengt werden". Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, die gesamten Kosten der geplanten prothetischen Versorgung zu übernehmen. Ihm stünden keine finanziellen Mittel zur Verfügung, einen Eigenanteil zu zahlen. "Die Betrachtung und Erörterung der Sachlage soll im Rahmen eines Eilverfahrens erfolgen, da die gesundheitlichen Umstände dies erfordern". Er habe davon abgesehen, von Zahnärztin St. nach deren Heil- und Kostenplan behandelt zu werden. Im Rahmen einer weiteren zahnärztlichen Untersuchung in der Praxis Dr. D., E., habe sich herausgestellt, es sei aus zahnprothetischen Gründen zweckmäßig, die betroffenen Zähne im Unterkiefer mit einer Teleskopkrone zu versorgen.
Die Antragsgegnerin verwies darauf, die Funktionen der Zähne und des Gebisses seien durch die Regelversorgung wiederherstellbar. Mit der Regelversorgung entstünden dem Antragsteller keine eigenen finanziellen Aufwendungen.
Mit Beschluss vom 11. August 2016 lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Der Heil- und Kostenplan der Zahnärztin St. enthalte eine über die Regelversorgung hinausgehende zahnärztliche Versorgung. Eine Beteiligung der Antragsgegnerin sei auf den doppelten Festzuschuss begrenzt. Die Ermittlung der Höhe der zu gewährenden Festzuschüsse für die einzelnen Zähne anhand der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bestimmung der Befunde und der Regelversorgungsleistungen für die Festzuschüsse nach §§ 55, 56 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) (Festzuschuss-Richtlinie) sei von der Antragsgegnerin vollumfänglich und richtig im Widerspruchsbescheid dargestellt. Da die Antragsgegnerin den doppelten Festzuschuss bereits bewilligt habe, bestehe kein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten. Darüber hinaus bestünden auch Zweifel an einem Anordnungsgrund, da der Antragsteller nach eigenen Angaben von einer Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan von Zahnärztin St. abgesehen und eine neue Zahnärztin aufgesucht habe.
Gegen diesen ihm am 12. August 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 15. August 2016 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das SG versuche, die finanzielle Benachteiligung, die er als Sozialhilfe beziehender Rentner erleide, zu legalisieren. Die zahnärztliche Versorgung solle nunmehr in der Praxis Dr. D. erfolgen.
Der Antragsteller beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. August 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die vorgesehene Zahnheilbehandlung in vollem Umfang zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt (sachgerecht gefasst),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat die Beschwerde form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Denn eine Berufung in der Hauptsache bedürfte nicht der Zulassung. Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die vorgesehene Zahnheilbehandlung über den Festkostenzuschuss hinaus, die voraussichtlich mehr als EUR 750,00 betragen, so dass der Beschwerdewert im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten ist.
2. Die Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris, Rn. 9).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris, Rn. 2). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4).
b) Der Senat lässt dahingestellt, ob der vom Kläger am 1. August 2016 beim SG gestellte Antrag dahin auszulegen ist, er begehre lediglich die Durchführung eines "Eilverfahrens", und er somit den Bescheid vom 4. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2016 nicht mit einer Klage angefochten hat, so dass diese Bescheide bindend geworden sind (§ 77 SGG). Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht jedenfalls entgegen, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind.
c) Ein Anordnungsgrund hinsichtlich der zahnprothetischen Versorgung durch Zahnärztin St. fehlt. Denn die Bescheide betreffen die Gewährung eines doppelten Festzuschusses für die Versorgung mit Zahnersatz gemäß dem Heil- und Kostenplan der Zahnärztin St. vom 25. April 2016 und der damit verbundenen Ablehnung der Übernahme auch des Eigenanteils des Antragstellers. Dieses Begehren ist in der Sache erledigt. Denn die angefochtenen Bescheide haben sich auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Ihnen kommt eine rechtliche Wirkung nicht mehr zu, weil der Antragsteller schon mit der Antragstellung beim SG keine Versorgung durch diese Zahnärztin auf der Grundlage des von ihr erstellten Heil- und Kostenplans mehr begehrt. Der Antragsteller hat dies auf Anfrage des Senats in seinem Schreiben vom 2. September 2016 ausdrücklich bestätigt. Darin teilte er – sinngemäß – mit, dass er nunmehr von Zahnärztin Dr. D. behandelt werde. Unerheblich ist damit, dass die in diesem Heil- und Kostenplan vorgesehene Zahnersatzversorgung tatsächlich binnen der vorgesehenen Frist von sechs Monaten nicht eingegliedert worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 5/12 R – juris, Rn. 10 ff. zur generellen Befristung der Genehmigung eines Heil- und Kostenplanes) und auch nicht mehr eingliedert werden soll.
d) Soweit der Antragsteller nunmehr eine Versorgung durch Zahnärztin Dr. D. wünscht, ist ein Anordnungsanspruch (zahnprothetische Behandlung) nicht glaubhaft gemacht. Denn es fehlt an einem Heil- und Kostenplan dieser Zahnärztin und damit auch an der vor Beginn der Behandlung erforderlichen Bewilligung eines Festzuschusses. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB V die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. Den Leistungsanspruch der Versicherten hinsichtlich der Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen regeln §§ 55 und 56 SGB V. Anspruch besteht insoweit auf befundbezogene Festzuschüsse. Nach § 87 Abs. 1a SGB V hat der Vertragszahnarzt vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 SGB V nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet (Satz 2). Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen (Satz 4). Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 SGB V entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund (Satz 6). Die Bewilligung des Festzuschusses hat mithin vor der Behandlung zu erfolgen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 19/08 R – juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 5/12 R – juris, Rn. 11).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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