L 10 R 592/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 3772/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 592/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.01.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, streitig.

Der am 1957 in der T. geborene Kläger absolvierte nach eigenen Angaben keine Ausbildung. Er lebt seit 1992 in Deutschland und war hier zuletzt bis September 2012 als Gerüstbauhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er arbeitslos und bezieht eine Altersrente aus der türkischen Rentenversicherung.

Ein bereits im Jahr 2009 gestellter Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung war erfolglos. Der Kläger befand sich im Januar und Februar 2013 zur stationären Rehabilitation in der F. Bad B. , interdisziplinäre berufsorientierte Rehabilitationsabteilung, wo er unter den Diagnosen chronisch rezidivierende Lumboischialgie rechts, Osteochondrose L5/S1, Bandscheibenprotrusion L4/5 mit Neuroforamenstenosen, Omalgie beidseits und Nikotinkonsum behandelt und seine Leistungsfähigkeit als Gerüstbauer mit unter drei Stunden, für körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen, in sämtlichen Schichtformen, unter Vermeidung von Wirbelsäulenzwangshaltungen, überwiegend gebückter Körperhaltung und überwiegenden Überkopfarbeiten hingegen mit mindestens sechs Stunden täglich beurteilt wurde.

Auf seinen erneuten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom Januar 2014 holte die Beklagte ein Gutachten bei der Fachärztin für Chirurgie, Plastische Chirurgie und Sozialmedizin Z. auf Grund einer Untersuchung im Mai 2014 ein. Diese diagnostizierte ein LWS-Syndrom (mit leichten Funktionseinschränkungen bei röntgenologisch degenerativen Veränderungen, klinisch ohne wesentliche Wurzelreizsymptomatik, in Nervenmessungen Irritation der Nervenwurzel zum rechten Bein), ein HWS-Syndrom (mit Kopf-Nackenschmerzen und wiederkehrendem Schwindel ohne wesentliche Funktionseinschränkungen), leichte Rundrückenbildung der BWS (keine wesentlichen Wurzelreizzeichen), eine Irritation des Ellennerven beidseits (mit diskreten Druckschmerzen der Ellenknorren beidseits, Funktionseinschränkungen links), eine Polyneuropathie beidseits (ohne wesentliche Gangstörung), eine Psoriasis der Haut (jeweils an beiden Ellenbogen, Unterarmen, Knien und Unterschenkeln, mit Nagelveränderungen), eine endgradige funktionelle Einschränkung der Schultergelenke beidseits, eine Anpassungsstörung, eine Nabelhernie (teilweise reponibel), einen leichten Druckschmerz am inneren Gelenkspalt der Knie beidseits (ohne Funktionseinschränkung, ohne Reizzustand, Verdacht auf Meniskusschaden), ein Glaukom (behandelt) und eine leichte Schwerhörigkeit. Die Gutachterin sah lediglich noch eine Leistungsfähigkeit von unter drei Stunden täglich für die Tätigkeit als Gerüstbauhelfer, für leichte Tätigkeit in wechselnder Arbeitshaltung unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen (keine Wirbelsäulenzwangshaltungen, kein Ersteigen von Leitern und Gerüsten, kein längeres Hocken, kein häufiges Bücken und Knien, keine Tätigkeiten über der Horizontalen für beide Arme, keine Überkopftätigkeiten, keine Tätigkeiten mit erhöhter psychischer Anspannung [Akkord, Nachtschicht], keine Tätigkeit mit erhöhten Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und keine Tätigkeiten mit einer Exposition von Wasser, Feuchtigkeit oder hautschädigenden Stoffen) jedoch noch von täglich sechs Stunden und mehr.

Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 15.07.2014 und Widerspruchsbescheid vom 06.10.2014 ab.

Hiergegen hat der Kläger am 11.11.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren (wegen der ausgeprägten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, Veränderungen in den Knie-, Hüft-, Arm- und Handgelenken mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen, Ganzkörperschmerzsyndrom mit Verstimmungs- und Versagungsängsten und Psoriasisleiden seien Tätigkeiten von sechs Stunden nicht mehr möglich) wiederholt.

Das Sozialgericht hat Auskünfte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hat eine regelmäßige Betreuung des Klägers verneint und hat deshalb auch keine Leistungseinschätzung vornehmen können. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Priv. Doz. Dr. W. hat von Behandlungen ab 2011 berichtet. Die Dauerschmerzen hätten mithilfe von Medikamenten gelindert werden können, wegen der depressiven Störung sei eine systematische antidepressive Behandlung erfolgt, die unter der Behandlung zwar nicht habe aufgehoben, aber gelindert werden können. Die Fachärztin für Orthopädie Dr. H. hat von einer Behandlung des Klägers seit September 2012 wegen Wirbelsäulenbeschwerden berichtet und eine Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte körperliche Tätigkeiten bejaht. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. hat von einer zweimaligen Konsultation (im Oktober und Dezember 2014) unter der Diagnose schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome mit leichter Besserung beim letzten Termin berichtet und eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit nicht vornehmen können.

Das Sozialgericht hat anschließend ein Gutachten bei dem Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt, der auf Grund einer Untersuchung des Klägers im Juni 2015 - bei Aggravation im Rahmen der neurologischen Untersuchung - eine depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymia bei körperlichen Erkrankungen und belastender sozialer Situation, Probleme auf Grund der sozialen Situation (kulturelle Problematik), Hinweise für eine diskret ausgeprägte Polyneuropathie ohne manifeste sensomotorische Ausfälle, ein Rentenbegehren mit Beschwerdenaggravation, ein Wirbelsäulensyndrom ohne objektivierbare relevante sensomotorische Ausfälle, eine Psoriasis, eine Nabelhernie, ein Glaukom beidseits (behandelt) und angegebene Magenbeschwerden diagnostiziert hat. Die Tätigkeit als Gerüstbauer sei dem Kläger vor allem auf Grund der orthopädischen Erkrankungen nicht mehr zumutbar. Allerdings hat der Sachverständige den Kläger für fähig erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen noch ca. acht Stunden täglich unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen (ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, nicht in Nachtschicht, nicht mit vermehrten psychischen Belastungen [ohne vermehrt emotionale Belastungen und ohne erhöhtes Konfliktpotenzial], nicht unter widrigen klimatischen Bedingungen [insbesondere keine Exposition von hautschädlichen Substanzen]) zu verrichten.

Auf Antrag und Kosten des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ö. eingeholt, der auf Grund einer Untersuchung des Klägers im Oktober 2015 auf psychiatrischem Fachgebiet eine Dysthymie diagnostiziert hat und - auch unter Berücksichtigung der weiteren Diagnosen (Schwindelsymptomatik, Bandscheibenvorfall der HWS, Beschwerden der LWS, endgradig funktionelle Einschränkungen der Schultergelenke beidseits, Irritation der Ellennerven beidseits, Entzündungen beider Beinnerven und Zustand nach Leistenbruch) - eine Tätigkeit im Gerüstbau nicht mehr, leichte körperliche Tätigkeiten ohne schweres Heben und ohne Steigen auf Leitern hingegen noch über sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet hat.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2016 abgewiesen und - gestützt auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. Ö. , die Auskunft der Dr. H. und die Ausführungen der Gutachterin Z. - zur Begründung ausgeführt, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen zwar die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers einschränken würden, jedoch nicht in quantitativer Hinsicht und dem Kläger körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien. Auf Grund der Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. Ö. hat sich das Sozialgericht vom Vorliegen einer - laut des behandelnden Psychiaters - schweren depressiven Symptomatik nicht überzeugen können. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat das Sozialgericht auf Grund des beruflichen Werdegangs des Klägers verneint.

Gegen den seinen Bevollmächtigten am 18.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.02.2016 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung auf die Einschätzung des Dr. H. (ärztliche Bescheinigung vom Januar 2016, Bl. 14 LSG-Akte) verwiesen. Laut Auskunft des Arbeitsamtes sei er nicht mehr vermittelbar. Im Übrigen habe er keine richtigen Deutschkenntnisse und leide unter Minderwertigkeitskomplexen wegen Arbeitslosigkeit, Depressionen, Angstzuständen und Aggressionen gegenüber seinen Kindern.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.01.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.07.2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.10.2014 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab dem 01.01.2014 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie den Entlassungsbericht über die im März und April 2016 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers in der Rehaklinik Ü. vorgelegt (Diagnosen: Belastbarkeitsdefizit der LWS bei osteochondrotischen Veränderungen ohne neurologisches Defizit, Belastbarkeitsdefizit der HWS bei Bandscheibenvorfall C6/7, Verdacht auf rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen Episoden; Leistungsfähigkeit für die Tätigkeit als Gerüstbauer unter sechs Stunden, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Bücken und Knien noch über sechs Stunden täglich).

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2016 abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15.07.2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht keine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.

Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 und § 240 SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (keine Tätigkeiten mit nervlicher Belastung, keine Tätigkeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltung, keine Tätigkeiten mit Zwangshaltung der Knie, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten in Armvorhalte, keine Überkopfarbeiten, keine Tätigkeiten unter widrigen klimatischen Bedingungen und keine Tätigkeiten mit Kontakt zu hautschädigenden Stoffen) körperlich leichte berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Arbeitshaltung mit überwiegendem Sitzen, Gehen und Stehen zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann, und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Zutreffend hat es unter Darlegung der Regelung des § 240 SGB VI im Übrigen ausgeführt, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit deshalb ausscheidet, weil die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gerüstbauhelfer keinen besonderen Berufsschutz vermittelt und er leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Es hat sich dabei zu Recht den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. Ö. , der sachverständigen Zeugin Dr. H. und der Gutachterin Z. angeschlossen und zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen der Beurteilung des behandelnden Psychiaters Dr. H. nicht zu folgen ist. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen in der angefochtenen Entscheidung zurück. Die vom Sozialgericht festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind noch um die von den behandelnden Ärzten der Rehaklinik Ü. , dem Sachverständigen Dr. S. und der Gutachterin Z. genannten weiteren Leistungseinschränkungen - ohne häufiges Bücken und Knien, nicht in Nachtschicht, ohne längeres Hocken, ohne Tätigkeiten über der Horizontalen für beide Arme, ohne Tätigkeit mit erhöhten Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, ohne Tätigkeiten mit einer Exposition von Wasser und Feuchtigkeit - zu ergänzen.

Auch die zwischenzeitlich im März und April 2016 durchgeführte erneute stationäre Rehabilitationsmaßnahme hat eine rentenberechtigende Leistungseinschränkung nicht bestätigt. Die behandelnden Ärzte der Rehaklinik Ü. haben den Kläger vielmehr für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Bücken und Knien noch über sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie haben dabei insbesondere die Wirbelsäulenbeschwerden nicht für derart gravierend erachtet, dass diese einer leichten beruflichen Tätigkeit (unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen) entgegen stünden und damit insbesondere auch die Leistungseinschätzung der behandelnden Fachärztin für Orthopädie Dr. H. und der Fachärztin für Chirurgie, Plastische Chirurgie und Sozialmedizin Z. bestätigt.

Soweit die behandelnden Ärzte der Rehaklinik Ü. als Verdachtsdiagnose eine rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen Episoden mitgeteilt haben, basiert dies nicht auf ärztlichen Feststellungen und überzeugt daher nicht. Einen entsprechenden psychopathologischen Befund, der diese Diagnose rechtfertigen könnte, haben die behandelnden Ärzte der Rehaklinik Ü. nicht erhoben. Ausweislich des Entlassungsberichts ist der psychische Befund vielmehr unauffällig gewesen. Der Kläger ist als wach, orientiert, freundlich zugewandt beschrieben worden, ohne Hinweise auf eine Erkrankung aus dem psychologisch-psychiatrischen Formenkreis (vgl. Bl. 2-4 des Entlassungsberichts, Bl. 24 LSG-Akte). Die Verdachtsdiagnose rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen Episoden basiert damit ausschließlich auf den entsprechenden Angaben des Klägers bzw. seiner Ehefrau, dass eine solche bestehe ("Des Weiteren berichtet die Ehefrau des Patienten, dass der Patient an Angst- und Panikattacken leide sowie an einer starken depressiven Symptomatik", vgl. Bl. 2-1 des Entlassungsberichts, Bl. 22 Rückseite LSG-Akte; Angabe von rezidivierenden depressiven Episoden in der Sozialanamnese, vgl. Bl. 2-2 des Entlassungsberichts, Bl. 23 LSG-Akte; "er könne sich kaum konzentrieren [laut Angaben der Ehefrau] sowie habe eine starke depressive Symptomatik", vgl. Bl. 2-3 des Entlassungsberichts, Bl. 23 Rückseite LSG-Akte) was keine belastbare Grundlage für eine überzeugende Diagnosestellung darstellt.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren auf die Einschätzung von Dr. H. (schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, vgl. Bl. 41 SG-Akte) verweist, hat das Sozialgericht bereits zutreffend dargelegt, dass angesichts der überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. Ö. , die ausgehend von den von ihnen erhobenen Befunden - zwar in der Grundstimmung niedergeschlagen, belastet, subdepressiv, dabei aber keine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage, keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung, der Konzentration, keine Antriebsminderung, keine Einschränkung der affektiven Resonanzfähigkeit, keine Einschränkung der kognitiven Funktionen bei erhaltenen Alltags- und Sozialkompetenzen (so Dr. S. , vgl. Bl. 63 und Bl. 72 SG-Akte); zwar depressiv gefärbte Mimik und bedrückte, pessimistische Grundstimmung und reduzierter Antrieb, dabei aber bewusstseinsklar, allseits orientiert, im formalen Denken geordnet, mit durchgängig vorhandener Konzentration, normaler Auffassung, keine Gedächtnisstörungen und Normalbefund beim Mini-Mental-Status-Test (so Dr. Ö. , vgl. Bl. 107 ff. SG-Akte) - jeweils übereinstimmend von einer Dysthymia und damit von einer chronischen depressiven Verstimmung, die nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden nicht einmal die Kriterien für eine leichte rezidivierend depressive Störung erfüllt (vgl. Bl. 111 SG-Akte), ausgegangen sind, nicht überzeugt.

Auch aus dem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Attest des Dr. H. vom Januar 2016 ergibt sich kein für ihn günstiges Ergebnis. Dr. H. hat hierin von schweren depressiven Verstimmungen, Schlafstörungen, einer erhöhten Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen, einer Antriebsminderung und einer seelischen Erschöpfung berichtet und daraus auf eine schwere depressive Symptomatik auf Basis einer Dysthymie geschlossen. Er hat damit im Wesentlichen lediglich seine bereits in seiner Auskunft gegenüber dem Sozialgericht gemachten Ausführungen (u.a. schwere depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Antriebsverlust, Vergesslichkeit, vgl. Bl. 41 SG-Akte) wiederholt. Dass und aus welchen Gründen beim Kläger keine schwere depressive Symptomatik besteht, haben die Sachverständigen Dr. S. und Dr. Ö. und darauf gestützt das Sozialgericht überzeugend dargelegt. Eine Verschlechterung der psychischen Beschwerden seit den gutachtlichen Untersuchungen haben dabei weder Dr. H. noch der Kläger selbst behauptet. Soweit Dr. H. in seinem Attest vom Januar 2016 eine schwere depressive Symptomatik "auf Basis einer Dysthymie" diagnostiziert hat, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil es sich bei der Dysthymie - wie Dr. Ö. dargelegt hat (vgl. Bl. 111 SG-Akte) - um eine chronische depressive Verstimmung handelt, die nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden nicht einmal die Kriterien für eine leichte rezidivierend depressive Störung erfüllt.

Soweit der Kläger zur Berufungsbegründung auf seine Minderwertigkeitskomplexe wegen der Arbeitslosigkeit, auf Angstzustände wegen der Zukunft und auf Aggressionen gegenüber seinen Kindern verweist, ergibt sich auch hieraus kein für ihn günstiges Ergebnis. Sowohl Dr. S. (der Kläger verliere gegenüber seiner Ehefrau und den Kindern die Fassung, Bl. 53 SG-Akte; er verliere schnell die Nerven, Bl. 54 SG-Akte; er schäme sich, weil er kein Einkommen habe, Bl. 55 SG-Akte; er sehe sich als überflüssig an, Bl. 58 SG-Akte; er denke eigentlich nicht an die Zukunft, er denke, wie er den heutigen Tag herumkriegen solle, Bl. 59 SG-Akte) als auch Dr. Ö. (er fühle sich entehrt und wertlos, er reagiere oft gereizt, teilweise sogar gewalttätig, Bl. 93 SG-Akte; gegen Abend kämen Ängste hinzu, Bl. 95 SG-Akte; er habe Angst, seine Frau zu verlieren, Bl. 96 SG-Akte) haben die entsprechenden Angaben des Klägers hierzu berücksichtigt, sind aber dennoch - angesichts des erhobenen Befundes nachvollziehbar - zu dem Ergebnis gelangt, dass rentenberechtigende Leistungseinschränkungen dennoch nicht vorliegen.

Soweit der Kläger auf seine schlechten Deutschkenntnisse verweist, ergibt sich auch daraus keine rentenberechtigende Leistungseinschränkung. Mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache sind im Hinblick auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.1989, 4 RJ 29/79 in SozR 2200 § 1246 Nr. 61).

Der Kläger ist daher in der Lage, zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der bereits genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie der Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Soweit der Kläger behauptet, er sei auf Grund der bestehenden Beeinträchtigungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar, ergibt sich auch daraus kein für ihn günstiges Ergebnis. Unerheblich ist (BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94 in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13), ob dem Versicherten ein für ihn geeigneter, freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, wie viele Bewerber der absoluten Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze gegenüberstehen, ob die Arbeitsplätze vom Versicherten ohne Umzug täglich in angemessener Zeit erreicht werden können und ob die grundsätzlich für den Versicherten in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei oder besetzt sind. Denn das Risiko, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen für ihn geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz erhält, fällt in den Bereich der Arbeitslosenversicherung und ist deshalb nicht von der Rentenversicherung zu tragen, die ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat. Dem entsprechend bestimmt das Gesetz für alle Erwerbsminderungstatbestände ausdrücklich, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer die jeweils zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und dass die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§§ 43 Abs. 3, 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved