L 4 SO 31/14

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 52 SO 348/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 31/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines Personal Computers (PC) durch die Beklagte.

Der 1974 geborene Kläger ist schwerbehindert. Sein Grad der Behinderung beträgt 90 v.H. Das Merkzeichen "BL" wurde dem Kläger zuerkannt. Er bezieht seit 2005 vom Jobcenter team.arbeit.hamburg Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zudem erhält er Blindengeld und Blindenhilfe von der Beklagten.

Mit Schreiben vom 23. April 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für einen PC aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Im Rahmen der Antragsprüfung holte die Beklagte eine Stellungnahme des Beratungszentrums Sehen, Hören, Bewegen, Sprechen ein, die am 7. Mai 2012 abgegeben wurde. Das Beratungszentrum führte aus, dass ein PC im Rahmen der Eingliederungshilfe für blinde Menschen nur dann in Betracht komme, wenn es sich um Schüler oder Studenten handele. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

Die Beklagte lehnte den Antrag daraufhin und unter Berufung auf diese Stellungnahme mit Bescheid vom 11. Mai 2012 ab. Der Kläger widersprach dem Ablehnungsbescheid mit Schreiben vom 29. Mai 2012.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 27. Juli 2012 (im Bescheid unrichtig: "27.01.2012") als unbegründet zurück. Sie führte aus, dass nicht ersichtlich sei, dass ein PC die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben ermögliche oder sichere.

Dagegen richtet sich die am 2. August 2012 erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.

In der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts am 7. April 2014 hat der Kläger erklärt, er verfüge über einen geliehenen PC. Den Leihgeber wolle er allerdings nicht nennen.

Mit Urteil vom 7. April 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne seinen Anspruch nicht auf §§ 53 ff. SGB XII stützen. Zwar gehöre er als behinderter Mensch zum Personenkreis, der dem Grunde nach Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen könne. Die Eingliederungshilfe sei auch nicht im Hinblick auf den SGB-II-Bezug des Klägers ausgeschlossen, weil § 21 SGB XII nur Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erfasse, nicht aber die Eingliederungshilfe. Schließlich teile das Gericht die Einschätzung der Beklagten nicht, wonach ein PC nicht die Teilhabe eines blinden Menschen am gesellschaftlichen Leben sichern oder zumindest fördern könne: Das Gegenteil sei richtig, und deshalb sei es in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein PC auch bei blinden Menschen, die keine Schüler oder Studenten sind, Leistungen der Eingliederungshilfe sein könnten. Gleichwohl sei die Klage erfolglos, denn der Bedarf, den der Kläger geltend mache, sei tatsächlich bereits gedeckt. Die Eingliederungshilfe stehe wie jede Leistung des SGB XII unter dem Vorbehalt der Bedürftigkeit; an ihr fehle es, weil der Kläger nach eigenem Bekunden über einen PC verfüge.

Gegen das ihm am 11. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 12. Mai 2014 Berufung eingelegt. Er hat angegeben, der vorhandene PC sei alt und nicht voll funktionstüchtig.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 4. März 2015 haben die Beteiligten zunächst – unter Widerrufsvorbehalt – einen Vergleich geschlossen. Zudem haben sie ihr Einverständnis mit dem schriftlichen Verfahren erklärt für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens.

Mit Schriftsatz vom 1. April 2015 hat die Beklagte den Vergleich rechtzeitig widerrufen und geltend gemacht, dass die Kosten für einen PC vom Krankenversicherungsträger oder aus den Leistungen des Blindengeldes bzw. der Blindenhilfe übernommen werden müssten.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. April 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2012 zu verpflichten, die Kosten für einen Personal Computer aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte nach § 155 Abs. 3, 4 und § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Berichterstatter ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden.

II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwar kann der geltend gemachte Bedarf grundsätzlich durchaus als Leistung der Eingliederungshilfe in Betracht kommen. Allerdings verfügt der Kläger bereits über einen PC; dass dieser den Bedürfnissen nicht genüge, ist nicht substantiiert dargetan. Vor allem aber dürfte der PC als Hilfsmittel nach § 33 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zum Ausgleich der Behinderung zu betrachten und damit von der Krankenversicherung zu tragen sein. In diesem Zusammenhang muss zudem der Einsatz von Blindengeld und –hilfe gestellt werden. Ein Anspruch gegen die Beklagte nach den Vorschriften der §§ 53 ff. SGB XII kommt mithin nicht in Betracht.

Eine Beiladung der Krankenversicherung konnte nicht erfolgen, weil der Kläger auf die entsprechende Anfrage des Senats vom 11. Mai 2016 sowie die Erinnerung vom 3. Juni 2016 nicht reagiert und die Betreibensaufforderung vom 14. Juli 2016 lediglich mit der Aussage, es bestehe noch Interesse an der Weiterführung des Verfahrens/Rechtsstreits, beantwortet hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen. Ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr.1 oder Nr. 2 SGG liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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