L 10 R 1624/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1308/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1624/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30.03.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am geborene Kläger absolvierte bis 1974 eine Ausbildung zum Dreher und war anschließend in diesem Beruf tätig. Ab 1978 war er als Lkw-Fahrer im Nah- und Fernverkehr sowie im In- und Ausland tätig. Nach seinen Angaben gehörten damals auch Wartungsarbeiten und Reparaturen an den Fahrzeugen zu seinen Aufgaben. Nachfolgend war er - so seine weiteren Angaben - in verschiedenen Unternehmen als Busfahrer im Linien- und Fernreiseverkehr eingesetzt. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Darstellung wird auf Bl. 367 des ärztlichen Teils der Verwaltungsakten (äVA) Bezug genommen. Von März 1988 bis Oktober 1995 war der Kläger im Rahmen eines Gewerbebetriebes "Dreh- und Fräsarbeiten (Maschinenbau)" selbstständig tätig (Bl. 47 VA). Zum 01.04.1996 nahm er eine Tätigkeit als Omnibusfahrer bei der S Verkehrs-Aktiengesellschaft (S) auf. Es handelte sich hierbei um die Beförderung von Fahrgästen im öffentlichen Personennahverkehr, wobei das Kassieren und Einzahlen von Fahrgeldern, das Bedienen des Fahrscheindruckers, das Erteilen von Fahrplanauskünften und die Fahrscheinkontrolle auch zu seinem Aufgabenbereich gehörte. Die Tätigkeit erforderte eine dreimonatige Einarbeitungszeit. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Tätigkeit wird auf das vom Kläger vorgelegte Zwischenzeugnis des Arbeitgebers (Bl. 12 der Senatsakte) und die Arbeitgeberauskunft gegenüber dem Sozialgericht Mannheim im Verfahren S 12 R 1820/10 (Bl. 204 dieser SG-Akte) Bezug genommen. Nach den Angaben des Klägers besteht dieses Arbeitsverhältnis bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit noch immer. Von November 2011 bis Juni 2013 übte er eine geringfügige, nicht versicherungspflichtige Beschäftigung aus.

Der Kläger erlitt zwischen 1974 und 1984 durch mehrere Motorradunfälle und zwei Arbeitsunfälle verschiedene Verletzungen, vor allem Brüche im Bereich der Beine. Ab dem 10.07.2008 war der Kläger arbeitsunfähig (Bl. 325 VA), zunächst im Zusammenhang mit Beschwerden durch Absetzen eines Medikamentes und psychischen Problemen (vgl. die Dokumentation des Hausarztes Dr. K. , Bl. 33 der SG-Akte S 12 R 1820/10). Am 19.07.2008 stürzte er- während bestehender Arbeitsunfähigkeit bei einer privaten Fahrt - mit dem Fahrrad und erlitt eine Oberschenkelfraktur rechts. Ab dem 21.08.2008 bezog er Krankengeld. Während einer Wiedereingliederungsmaßnahme stürzte der Kläger am 04.06.2009 auf dem Weg zur Arbeit erneut mit dem Fahrrad und zog sich ein HWS-Distorsionstrauma zu. Vom 30.06.2009 bis 21.07.2009 befand sich der Kläger in der S. -Klinik zur stationären medizinischen Rehabilitation, aus der er für die Tätigkeit als Busfahrer arbeitsunfähig, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung qualitativer Einschränkungen als für sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig entlassen wurde. Nach der Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug erhielt der Kläger Arbeitslosengeld (Alg). Der letzte Pflichtbeitrag erfolgte für Mai 2011. Im Versicherungsverlauf ist hieran anschließend bis zum 09.07.2011 eine Krankheitszeit ohne Beitragszahlung und hieran anschließend wiederum bis zum 28.04.2014 eine Überbrückungszeit vermerkt. Hinsichtlich der Einzelheiten der rentenrechtlichen Zeiten des Klägers wird auf den von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf Bl. 28 ff. LSG-Akte verwiesen.

Am 19.06.2013 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt, der operativ und mit einem Stent versorgt wurde. Aus der bis 09.08.2013 dauernden Anschlussheilbehandlung im Gesundheitszentrum Bad W. wurde der Kläger aus kardiologischer Sicht für leichte bis kurzfristig mittelschwere körperliche Belastungen vollschichtig einsatzfähig erachtet. Zu vermeiden seien Stressbelastungen und Nachtschichten. Wegen der orthopädischen Beschwerden seien aber nur leichte körperliche Belastungen möglich. Im Belastungs-EKG war eine Belastung über die 100 Watt-Grenze hinaus möglich (Belastung mit 125 Watt für eine halbe Minute). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Entlassungsbericht Bl. 98 ff. LSG-Akte L 9 R 5285/11 verwiesen. Nach der Entlassung aus der Anschlussheilbehandlung war der Kläger am 25.10.2013 zu einer kardiologischen Untersuchung beim Kardiologen Dr. M ... Im Befundbericht wird über eine fahrradergometrische Belastung bis 100 Watt berichtet, während der weder Dyspnoe noch Angina-Pectoris-Beschwerden aufgetreten seien und im EKG sich keine Ischämiezeichen und keine Herzrhythmusstörungen gezeigt hätten. Die LV-Funktion (links-ventrikuläre Pumpfunktion) sei mittelgradig eingeschränkt (vgl. Bl. 401 f. äVA). Am 29.04.2014 begab sich der Kläger zur Abklärung eines Fortschreitens der coronaren Herzerkrankung in das Universitätsklinikum Heidelberg, wo er sich bis zum Folgetag in stationärer Behandlung befand. Der Kläger berichtete über Belastungsdyspnoe und belastungsunabhängige thorakale Schmerzen, die - so der Befundbericht - auch im Rahmen einer Belastungs-EKG-Untersuchung aufgetreten seien, sodass eine Herzkatheteruntersuchung vorgenommen wurde. Dabei zeigte sich eine mittel- bis hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion (vgl. Bl. 411 ff. äVA).

Den am 24.08.2009 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte auf der Grundlage eines beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. nach einer Untersuchung im Oktober 2009 eingeholten Gutachtens und einer Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie S. ab. Dr. B. diagnostizierte einen im Wesentlichen funktionellen phobischen Schwindel, eine Anpassungsstörung und eine leichte histrionische Persönlichkeitsakzentuierung. Im Hinblick auf die Schwindelerscheinungen sah er den Kläger noch arbeitsunfähig, auch für berufliche alternative Tätigkeiten, wobei er angesichts der von ihm aufgezeigten Behandlungsmöglichkeiten (Überprüfung der Medikation, stationär-psychosomatische Behandlung) eine überdauernde Leistungseinschränkung verneinte. Er hielt den Kläger für eine Tätigkeit als Busfahrer nur unter drei Stunden, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch für sechs Stunden und mehr leistungsfähig, wobei Tätigkeiten nur zu ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne ständigen Zeitdruck und ohne Nacht- und Wechselschicht erfolgen sollten. Der Nervenarzt S. hielt bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne Führen von Kraftfahrzeugen sechs Stunden und mehr für möglich. Das gegen die Rentenablehnung angerufene Sozialgericht Mannheim (S 12 R 1820/10) holte im Zuge der Sachaufklärung u.a. ein Gutachten beim Facharzt für Orthopädie Dr. P. (Untersuchung im Oktober 2010) und bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie O.-P. (Untersuchung im Februar 2011) ein. Dr. P. diagnostizierte einen nicht sicher durchbauten Oberschenkelschaftbruch rechts nach Marknagelung, eine Bewegungseinschränkung im rechten Hüftgelenk bei beginnenden Verschleißerscheinungen, eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) bei Bandscheibenvorfall zwischen dem dritten und vierten Halswirbelkörper, eine Instabilität im rechten Kniegelenk, eine Bewegungseinschränkung im rechten Sprunggelenk nach Luxationsfraktur und Osteosynthese sowie eine Bewegungseinschränkung der rechten Großzehe im Grundgelenk bei Großzehengrundgelenksarthrose und hielt den Kläger für leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig. Aus orthopädischer Sicht seien Tätigkeiten mit längeren Gehstrecken, überwiegend im Stehen, häufiges Treppensteigen und das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg zu vermeiden. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Die Sachverständige O.-P. sah bei der neurologischen Prüfung eine ungerichtete Fallneigung mit bewusstseinsnaher Komponente. Sie diagnostizierte eine Dysthymia mit neurasthenen Zügen auf dem Boden einer Persönlichkeitsakzentuierung mit histrionischen und narzistischen Zügen, eine Abhängigkeit von Koffein und Nikotin sowie Hinweise auf das Vorliegen eines phobischen Schwankschwindels und auf neurologischem Fachgebiet diskrete Wurzelreizzeichen L5 und eine periphere Polyneuropathie. Sie hielt den Kläger für in der Lage, acht Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Wegen der Schmerzstörung auf dem Boden orthopädischer Schwierigkeiten seien nur noch leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung möglich. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord-, Fließband- und Nachtarbeit, Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen ohne entsprechende Schutzkleidung, Arbeiten, die eine erhöhte Konfliktfähigkeit erforderten, Arbeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Maschinen seien zu vermeiden. Mit Urteil vom 25.10.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. In Bezug auf die Leistungsfähigkeit schloss es sich den eingeholten Sachverständigengutachten an. In Bezug auf den vom Kläger geltend gemachten Berufsschutz verwies es auf die eingeholte Arbeitgeberauskunft und schloss aus dem Erfordernis einer dreimonatigen Ausbildung auf eine Qualifikation als angelernter Arbeiter und damit auf eine Verweisbarkeit des Klägers auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Vom Beruf des Drehers habe sich der Kläger gelöst. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 105 ff. der Akte des vorliegenden Verfahrens verwiesen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung (L 9 R 5285/11) wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 21.01.2014 zurück, in Bezug auf die Frage einer Erwerbsminderung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und führte ergänzend aus, dass auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet das Leistungsvermögen des Klägers nicht auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken sei. Dabei legte es den Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W. zu Grunde. In Bezug auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneinte der 9. Senat eine Aufgabe des Berufes des Drehers aus gesundheitlichen Gründen, sah als maßgebende Tätigkeit jene als Omnibusfahrer an und wies darauf hin, dass angesichts der Ausbildungszeiten von lediglich drei Monaten der Kläger als angelernter Arbeiter des unteren Bereiches anzusehen und damit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Selbst wenn er als oberer Angelernter einzustufen wäre, könne er zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners und für den Fall einer Qualifikation als Facharbeiter (Dreher oder Busfahrer) könne er zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators bzw. eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 110 ff. der Akte des vorliegenden Verfahrens verwiesen.

Während des Berufungsverfahrens hatte der Kläger am 15.08.2012 einen weiteren Rentenantrag gestellt, über den die Beklagte unter Hinweis auf das laufende Berufungsverfahren jedoch nicht entschied. Nach dem Ende des Berufungsverfahrens beantragte der Kläger am 26.02.2014 wiederum Rente wegen Erwerbsminderung und machte sinngemäß einen Leistungsanspruch seit dem 15.08.2012 geltend (Bl. 497 VA). Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung des Klägers bei der Ärztin für Innere Medizin Dr. Dreßler, die nach einer Untersuchung des Klägers im August 2014 auf der Grundlage der am 29. und 30.04.2014 im Universitätsklinikum Heidelberg durchgeführten Untersuchungen von einem aufgehobenen Leistungsvermögen (unter drei Stunden) auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausging.

Mit Bescheid vom 22.09.2014 und Widerspruchsbescheid vom 31.03.2015, zur Post aufgegeben am 01.04.2015, lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zwar sei der Kläger seit dem 29.04.2014 dauerhaft voll erwerbsgemindert, jedoch erfülle er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht.

Das hiergegen am 04.05.2015 angerufene Sozialgericht Mannheim hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.03.2016 abgewiesen und ausgeführt, dass eine vor dem 29.04.2014 eingetretene Erwerbsminderung, insbesondere wie vom Kläger behauptet am 15.08.2012 (Rentenantrag) bzw. 19.06.2013 (Herzinfarkt), nicht eingetreten sei. Insoweit hat es sich auf die Ausführungen des Landessozialgerichts im Urteil vom 21.01.2014 bezogen. Einen besonderen Berufsschutz hat das Sozialgericht verneint.

Gegen den ihm am 01.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.05.2016 Berufung eingelegt. Er verweist darauf, dass er in der stationären Rehabilitation in Bad W. in die leistungsschwächste Gruppe gekommen sei und täglich nur drei Therapiestunden gehabt habe. Hieraus leitet er eine Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden täglich ab. Hinsichtlich den Ausführungen des 9. Senats, dass er trotz der bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen damals als Busfahrer habe arbeiten können, verweist er auf häufige Arbeitsunfähigkeitszeiten. Weiter verweist er auf die Ausführungen von Dr. B. , wonach er ohne entsprechende Behandlung auch nicht für beruflich alternative Tätigkeiten belastbar sei und die von Dr. B. vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erfolgt seien. Schließlich führt er aus, dass eine Verschlechterung seiner kardiologischen Situation, insbesondere im Hinblick auf die links-ventrikuläre Pumpfunktion nicht eingetreten sei. Er sieht sich seit dem zweiten Rentenantrag (15.08.2012) und jedenfalls seit dem Herzinfarkt am 19.06.2013 erwerbsgemindert. Schließlich sieht er sich auf Grund seiner in den verschiedenen Tätigkeiten erworbenen besonderen Qualifikationen und seiner Tätigkeit als Busfahrer, bei der er auch Kollegen in die Abläufe und Arbeitsweise beim Arbeitgeber eingewiesen habe, einem Vorarbeiter vergleichbar. Nach dem Auslaufen des Alg I habe er wegen des Einkommens seiner Ehefrau kein Alg II erhalten, entsprechend müsse diese Zeit als Anrechnungszeit berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30.03.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 22.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2015 ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab dem 15.08.2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte verneinte zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert (weder voll noch teilweise), wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Eine rentenrelevante Leistungsminderung unterstellt der Senat, ausgehend vom Gutachten der Dr. D. und insoweit zugunsten des Klägers, für Ende April 2014. Erstmals am 29./30.04.2014 wurde durch das Universitätsklinikum Heidelberg eine bis zu hochgradig eingeschränkte LV-Funktion und eine entsprechende Beschwerdesituation beschrieben. Der Kläger berichtete den behandelnden Ärzten über eine Belastungsdyspnoe und belastungsunabhängige thorakale Schmerzen, die - so der Bericht der Universitätsklinik - auch im Rahmen eines Belastungs-EKG aufgetreten waren. Wenn Dr. D. vor dem Hintergrund dieses kardiologischen Befundes seit April 2014 eine zeitliche Leistungseinschränkung (unter drei Stunden) auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes annimmt, ist dies aus Sicht des Senats nachvollziehbar. Auch der Kläger zieht diese Beurteilung als solche nicht in Zweifel.

Dabei kann offen bleiben, ob es sich hierbei um einen Dauerzustand handelt(e), nachdem im Kardio-MRT-Befund vom Juni 2014 (Bl. 46 SG-Akte) - wie schon im Bericht des Dr. M. über die Untersuchung im Oktober 2013, als eine fahrradergometrische Belastung bis 100 Watt ohne Auftreten von Beschwerden möglich war - eine "nur" mittelgradig eingeschränkte Pumpfunktion beschrieben wurde. Zutreffend gehen die Beklagte und das Sozialgericht nämlich davon aus, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die hier streitige Rente wegen Erwerbsminderung für den hier angenommenen Zeitpunkt des Eintritts voller Erwerbsminderung (April 2014) nicht erfüllt sind und ein früherer Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsminderung nicht nachzuweisen ist, so dass ein Rentenanspruch ohnehin zu verneinen ist.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ist nämlich auch, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt sind und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 SGB VI). Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten enthalten sein müssen, verlängert sich u. a. und soweit hier von Interesse um Zeiten mit Anrechnungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind (§ 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).

Darüber hinaus sind nach § 241 Abs. 2 SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit den in § 241 Abs. 2 aufgeführten rentenrechtlichen Zeiten belegt ist oder die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eintrat. Zwar erfüllte der Kläger die Wartezeit für die begehrte Rente (fünf Jahre, § 50 SGB VI) vor dem 01.01.1984, jedoch war er damals nicht erwerbsgemindert und seit dem 01.01.1984 sind auch nicht alle Monate mit rentenrechtlichen Zeiten des § 241 Abs. 2 SGB VI belegt. So ist u.a. der Zeitraum von November 1988 bis August 1989 mit keinen rentenrechtlichen Zeiten belegt.

Der Kläger hat in dem - gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI verlängerten - Zeitraum von fünf Jahren letztmals für einen im August 2013 eingetretenen Versicherungsfall mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung zurückgelegt, d. h. der Versicherungsfall hätte - so das Sozialgericht zutreffend - spätestens im August 2013 eingetreten sein müssen. Denn der Zeitraum von fünf Jahren vor dem 31.08.2013 (31.08.2008 bis 30.08.2013), in dem zuletzt im Mai 2011 Pflichtbeiträge entrichtet wurden, verlängert sich um die beiden Monate Juni und Juli 2011 mit Anrechnungszeiten der Arbeitsunfähigkeit (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 und i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) und damit auf den Zeitraum vom 30.06.2008 bis 30.08.2013. Für die Monate von Juni 2006 bis August 2013 sind genau 36 Monate Pflichtbeitragszeiten ausgewiesen (so auch die Berechnung der Beklagten Bl. 733 VA). Für einen erst im September 2013 eingetretenen Versicherungsfall wären damit im maßgebenden Zeitraum von fünf Jahren und zwei Monaten vor September 2013 (August 2013 bis Juli 2008) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegen keine weiteren Streckungstatbestände vor. Es mag sein, so die Argumentation des Klägers im Klageverfahren, dass er seit 10.07.2008 bezogen auf die damalige Tätigkeit als Busfahrer arbeitsunfähig ist und sein Arbeitsvertrag noch immer besteht. Indessen vermittelt dies keine zeitlich unbegrenzte Anrechnungszeit der Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 43 Abs. 4 Nr. 1. Nr. 1 und i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, worauf bereits das Sozialgericht hingewiesen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 25.02.2004, B 5 RJ 30/02 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 2) ist eine solche Anrechnungszeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und unabhängig davon, ob eine Arbeitslosmeldung erfolgt (BSG, a.a.O., Rdnr. 28) oder Krankengeld bezogen wird (BSG, a.a.O., Rdnr. 22), auf längstens (zur Differenzierung BSG, a.a.O., Rdnr. 26) drei Jahre, gerechnet vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an (BSG, a.a.O., Rdnr. 20), begrenzt. All dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag nicht aufgelöst wird, also bei ruhendem Arbeitsverhältnis (BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 13 R 116/08 R in SozR 4-2600 § 58 Nr. 11). Dabei sieht § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI einen solchen Streckungstatbestand nur für nicht mit Pflichtbeiträgen belegte Zeiträume vor.

Vorliegend berücksichtigte die Beklagte diese maximal dreijährige Anrechnungszeit, ausgehend vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 10.07.2008 bis zum 09.07.2011 und wies die nicht mit Pflichtbeiträgen belegten Monate, nämlich die Monate Juni und Juli 2011 als Anrechnungszeiten der Arbeitsunfähigkeit im Versicherungsverlauf aus und dies liegt auch der oben dargelegten Beurteilung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu Grunde. Soweit die Beklagte darüber hinaus für den anschließenden Zeitraum bis 28.04.2014 eine Überbrückungszeit angenommen hat, bedarf dies keiner weiteren Erörterung, weil eine Überbrückungszeit selbst keine Zeit ist, die zur Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraumes führt. Die von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur der Überbrückungszeit bewirkt (BSG, Urteil vom 12.06.2001, B 4 RA 26/00 in SozR 3- 2600 § 58 Nr. 18 mit zahlreichen Nachweisen, auch zum gesamten Nachfolgenden), dass der Anschluss an die versicherungspflichtige Beschäftigung oder den letzten Anschluss wahrenden Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit nicht verloren geht, obwohl in diesem Zeitraum kein Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit im Sinne des § 54 SGB VI erfüllt ist. Dementsprechend "füllen" Überbrückungstatbestände Lücken innerhalb einer Kette von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten. Ihre rentenversicherungsrechtliche Rechtsfolge besteht in der Aufrechterhaltung des Zurechnungszusammenhangs mit den nachfolgenden Tatbeständen rentenversicherungsrechtlicher Zeiten. Überbrückungszeiten selbst sind also keine derartigen rentenrechtlichen Zeiten.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegen auch keine weiteren Anrechnungszeiten vor. Es mag zutreffen, dass der Kläger nach dem Auslaufen des Alg I wegen des Einkommens seiner Ehefrau kein Alg II erhielt. Dies begründet indessen keine Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 3 i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Eine solche Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit setzt vielmehr u.a. voraus, dass der Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender gemeldet war. Diese Meldung ist zwingend Voraussetzung für eine derartige Anrechnungszeit und kann nicht festgestellt werden; sie wird vom Kläger auch nicht behauptet. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, er sei nie darauf hingewiesen worden, dass er sich zur Vermeidung rentenrechtlicher Nachteile beim Arbeitsmarkt arbeitssuchend melden müsse, ist dies ohne rechtliche Relevanz und bedarf daher keiner Prüfung. Die hieraus vom Kläger gezogene Folgerung, er müsse so gestellt werden, als habe er sich arbeitssuchend gemeldet, trifft nämlich nicht zu. Zwar begründet der sozialrechtliche Herstellungsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Fällen einen Anspruch auf Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge, die eingetreten wäre, wenn die gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten, insbesondere Beratungspflichten, rechtmäßig erfüllt worden wären. Indessen kann die fehlende Meldung als arbeitssuchend beim Arbeitsamt nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (BSG, Urteil vom 11.03.2004, B 13 RJ 16/03 R in SozR 4-2600 § 58 Nr. 3), weil die durch diese Meldung verbundene aktive Arbeitssuche durch den Arbeitslosen selbst zu erfolgen hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein früherer Versicherungsfall als für April 2014 nicht nachzuweisen. Dies geht zu Lasten des Klägers. Denn die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Der Kläger litt bis zu seinem Herzinfarkt an Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Indessen führten diese Gesundheitsstörungen zu keiner rentenrelevanten Leistungseinschränkung. Wie das Sozialgericht schließt sich auch der erkennende Senat den Ausführungen des 9. Senats im Urteil vom 21.01.2014, L 9 R 5285/11 und den in Bezug genommenen Ausführungen des Sozialgerichts Mannheim im Urteil vom 25.10.2011, S 12 R 1820/10 nach eigener Prüfung an und nimmt auf diese Ausführungen in vollem Umfang Bezug. Auch der Senat ist der Überzeugung, dass nach den vorliegenden Gutachten, insbesondere der im damaligen Rechtsstreit eingeholten Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. P. und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie O.-P. der Kläger trotz der bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen bis in das Jahr 2014 noch in der Lage war, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich leichte Tätigkeiten unter Beachtung der von den Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen (aus orthopädischer Sicht ohne Tätigkeiten mit längeren Gehstrecken, nicht überwiegend im Stehen, ohne häufiges Treppensteigen und ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, aus nervenärztlicher Sicht ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord-, Fließband- und Nachtarbeit, ohne Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen ohne entsprechende Schutzkleidung, ohne Arbeiten, die eine erhöhte Konfliktfähigkeit erforderten und ohne Arbeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Maschinen) zu verrichten.

Die vom Kläger für die Zeit von August 2000 bis Juli 2008 aufgeführten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit führen zu keiner anderen Beurteilung. Die Frage des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit ist für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit richtet (s. Brandts in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB V Rdnrn. 29 ff.), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 SGB VI). Im Übrigen beziehen sich diese Angaben des Klägers auf eine Textpassage aus dem Urteil des 9. Senats, in der der Senat auf Einwände des Klägers, wonach im Gutachten der Sachverständigen O.-P. eine früher diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung nach dem Tod der Tochter im August 2000 nicht aufgeführt sei, einging. Dabei stellen diese Ausführungen des 9. Senats (Bl. 114 Rs. Senatsakte) nur eine ergänzende Argumentation zu der vorrangigen Begründung dar, die Sachverständige O.-P. habe ebenso wenig wie Dr. B. Befunde einer solchen Störung erhoben. Ohnehin bestreitet der Kläger trotz der aufgeführten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit (nach der Berechnung des Klägers 102 Wochen in acht Jahren) seine Einsatzfähigkeit gerade nicht. Soweit er auf Zeiten der Freistellung wegen Kündigung bzw. Urlaubes abstellt, hat dies keine erkennbare entscheidungsrelevante Bedeutung.

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass Dr. B. bereits auf Grund der Untersuchung im Oktober 2009 nicht nur für die Tätigkeit als Busfahrer, sondern auch für berufliche alternative Tätigkeiten eine aktuelle Leistungsfähigkeit verneint, führt dies zu keiner anderen Beurteilung durch den Senat. Grund für diese Beurteilung des Dr. B. waren die Schwindelerscheinungen des Klägers, die Dr. B. als funktionell-phobischen Schwindel im Sinne von Panikattacken wertete und einer psychosomatischen bzw. medikamentösen Behandlung zugänglich erachtete. Selbst wenn keine dieser Behandlungen, insbesondere keine medikamentöse Anpassung der vorhandenen Medikation erfolgt sein sollte, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer dauerhaften Leistungseinschränkung. Denn im Rahmen der Untersuchung durch die gerichtliche Sachverständige O.-P. zeigte sich gerade in Bezug auf die Schwindelsymptomatik eine bewusstseinsnahe Komponente. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat das Ausmaß der Schwindelbeschwerden und damit konkrete funktionelle Einschränkungen hierdurch nicht als nachgewiesen anzusehen. Entsprechend nahm auch die Sachverständige O.-P. insoweit keine weitergehenden, insbesondere zeitlichen Leistungseinschränkungen an. Damit folgt der Senat der Leistungsbeurteilung von Dr. B. bereits im Ansatz nicht.

Hinzu kommt, dass die durch eine psychische Störung bedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit voraussichtlich auf längere Dauer, d.h. für länger als sechs Monate vorliegen muss. Denn seelisch bedingte Störungen scheiden für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe (BSG, Urteil vom 21.10.1969, 11 RA 219/66 in SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO) sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO), wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG a.a.O.). Angesichts des Umstandes, dass noch nicht einmal Dr. B. von einer überdauernden Leistungseinschränkung ausging, ließe sich auch unter Zugrundelegung der Auffassung von Dr. B. keine rentenrelevante Leistungseinschränkung begründen.

An diesem Leistungsvermögen änderte - zunächst, bis April 2014 - auch der erlittene Herzinfarkt nichts. Auch dies führte der 9. Senat auf der Grundlage des Entlassungsberichts des Gesundheitszentrums Bad W. im erwähnten Urteil zutreffend aus und auch hierauf nimmt der Senat Bezug.

Insbesondere rechtfertigt allein die Tatsache, dass im Juni 2013 ein Herzinfarkt auftrat, nicht den Schluss auf eine Erwerbsminderung. Maßgebend für die Frage einer Erwerbsminderung sind allein die funktionellen Auswirkungen vorhandener Gesundheitsstörungen, nicht das bloße Vorliegen von Krankheiten. Entsprechend lässt sich auch aus Diagnosen allein keine Erwerbsminderung ableiten.

Nach dem am 19.06.2013 erlittenen Herzinfarkt wurde der Kläger bis 28.06.2013 stationär behandelt, u.a. erfolgte eine Stentimplantation. Im Anschluss erfolgte eine ambulante Anschlussheilbehandlung im Gesundheitszentrum Bad W. , aus der der Kläger am 09.08.2013 nach einer Belastung im Belastungs-EKG bis 125 Watt entlassen wurde. Ausweislich des Entlassungsberichtes (Bl. 98 ff. Akte L 9 R 5285/11) war der Kläger für leichte bis kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig belastbar. Vermieden werden sollten Stressbelastungen, Nachtschicht und vorübergehend das Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2. Mit diesem, vor Ende des Zeitpunktes, an dem zuletzt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente erfüllt sind (Ablauf des Monats August 2013), zuletzt erhobenen Befund, ist eine rentenrelevante Leistungseinschränkung auf Grund des erlittenen Herzinfarktes auszuschließen. Soweit der Kläger einwendet, der Entlassungsbericht bewerte seine Leistungsfähigkeit nur aus kardiologischer Sicht, trifft dies so nicht zu. Tatsächlich werden zwei Leistungsbeurteilungen getroffen: "Aus kardiologischer Sicht" werden leichte bis kurzfristig mittelschwere körperliche Belastungen vollschichtig für ausführbar erachtet, zugleich aber ausgeführt, dass "auf Grund der orthopädischen Beschwerden nur leichte körperliche Belastungen möglich" seien, was der Leistungsbeurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. P. entspricht. Jedenfalls aber wurde aus kardiologischer Sicht keine rentenrelevante Einschränkung beschrieben. Damit steht für den Senat - wie damals für den 9. Senat - fest, dass zum Zeitpunkt der Entlassung aus der stationären Rehabilitation am 09.08.2013 seitens des abgelaufenen Herzinfarktes keine zeitliche Leistungseinschränkung bestand und über die durch die orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen begründeten qualitativen Einschränkungen hinaus auch keine weiteren qualitativen Einschränkungen vorlagen.

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er in der Anschlussheilbehandlung in Bad W. der leistungsschwächsten Gruppe zugeordnet wurde und täglich nur drei Stunden Therapie erhalten habe, mag dies zutreffen. Zu Unrecht leitet der Kläger hieraus jedoch ab, dass er damals nicht in der Lage gewesen sei, drei Stunden und mehr beruflich tätig zu sein. Der zeitliche Umfang erfolgter Therapiestunden lässt keinen Rückschluss darauf zu, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich leistungsfähig gewesen wäre. Tatsächlich war es dem Kläger - wie ausgeführt - möglich, im Rahmen der fahrradergometrischen Belastung am 30.07.2013 mehr als 100 Watt zu leisten. Dementsprechend wurde im Entlassungsbericht aus kardiologischer Sicht eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für jedenfalls leichte Tätigkeiten bescheinigt. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung die gemessene fahrradergometrische Leistungsfähigkeit unter Hinweis auf zuvor erfolgte Schonung zu relativieren versucht hat, folgt ihm der Senat nicht. Denn auch noch im Oktober 2013 - zu einem Zeitpunkt, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bereits nicht mehr erfüllt waren - war eine fahrradergometrische Belastung bis 100 Watt möglich, ohne dass Beschwerden oder Auffälligkeiten auftraten. Im entsprechenden Bericht des Kardiologen Dr. M. vom 04.11.2013 ist ausdrücklich vermerkt, dass weder Dyspnoe noch Angina-pectoris-Beschwerden auftraten und im EKG weder Ischämizeichen noch Herzrhythmusstörungen aufgezeichnet wurden. Auch mit diesem Befund lässt sich eine rentenrelevante Leistungseinschränkung nicht begründen und insoweit hat der Kläger eine zuvor erfolgte Schonung selbst nicht behauptet. Eine drastische Verschlechterung der kardialen Beschwerdesituation ist dann erst für April 2014 durch den Bericht des Universitätsklinikums Heidelberg und den dort beschriebenen Beschwerden dokumentiert. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, wenn Dr. D. eine rentenrelevante Leistungseinschränkung erstmals für April 2014 annimmt. Dem schließt sich der Senat an.

Soweit der Kläger vorträgt, seine kardiale Situation habe sich nach dem Herzinfarkt nicht verschlechtert und hieraus schließt, dass das von Dr. D. auf Grund des Berichtes des Universitätsklinikums Heidelberg über die Ende April 2014 durchgeführte Untersuchung eingeschätzte aufgehobene Leistungsvermögen bereits seit dem Herzinfarkt bestehe, trifft dies nicht zu. Unabhängig von der Frage, in welchem Ausmaß die vom Kläger insoweit angeführte LV-Funktion sich tatsächlich änderte (allerdings wird im Bericht des Universitätsklinikums Heidelberg erstmalig eine bis zu hochgradig eingeschränkte LV-Funktion beschrieben), ist jedenfalls eine Verschlechterung der funktionellen Einschränkungen nachgewiesen. So war dem Kläger - wie ausgeführt - noch im Oktober 2013 eine Leistung im Belastungs-EKG bis 100 Watt möglich, ohne dass Beschwerden oder Auffälligkeiten im EKG aufgetreten wären. Im Bericht des Universitätsklinikums Heidelberg wird dann im April 2014 sogar über belastungsunabhängige thorakale Schmerzen und über eine Belastungsdyspnoe berichtet. Dies zeigt, dass es nach Oktober 2013 zu einer Verschlechterung der Beschwerdesituation kam. Entsprechend erfolgte die Vorstellung des Klägers im Universitätsklinikum Heidelberg auch wegen des Verdachtes auf ein Fortschreiten der coronaren Herzerkrankung.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen einer eingetretenen Berufsunfähigkeit. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Busfahrer.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Dies zeigt, dass es für die Frage des Berufsschutzes nicht auf eine ggf. vorhandene umfassende Qualifikation des Versicherten als solche ankommt, sondern allein darauf, welche Ausbildung für den tatsächlich ausgeübten Beruf benötigt wurde. Nach der Auskunft der S gegenüber dem Sozialgericht im früheren Rechtsstreit bedurfte es für die Ausübung der Busfahrertätigkeit lediglich einer dreimonatigen Ausbildung mit theoretischem und praktischem Unterricht. Dies wird in dem vom Kläger vorgelegten Zwischenzeugnis von der S bestätigt (Bl. 12 SG-Akte). Allein dies ist maßgebend. Die vom Kläger nach seinen Angaben in früherer Zeit - vor der Unterbrechung seiner Fahrertätigkeiten durch die mehrjährige selbstständige Tätigkeit als Dreher - erworbenen zusätzlichen Fertigkeiten bei Wartung und Reparatur seiner Fahrzeuge waren für die Tätigkeit als Busfahrer bei der S ohne Bedeutung. Insoweit wies das Sozialgericht im früheren Urteil vom 25.10.2011 zu Recht darauf hin, dass der Kläger sich im Grunde von einer ggf. qualifizierten - weil Wartungs- und Reparaturarbeiten erfordernden - Tätigkeit als Lkw- und Busfahrer durch die danach aufgenommene selbstständige Tätigkeit löste und diese wiederum durch die eine bloße Anlernzeit von drei Monaten erfordernde Tätigkeit als Busfahrer bei der S abgelöst wurde. Weil somit die Tätigkeit des Klägers als Busfahrer nur eine dreimonatige Ausbildung erforderte, kann der Kläger lediglich dem Bereich der unteren Angelernten zugeordnet werden. Auch dies legte der 9. Senat im erwähnte Urteil zutreffend dar, auch hierauf nimmt der Senat Bezug. Die Behauptung des Klägers, er sei als Busfahrer einem Vorarbeiter vergleichbar, entbehrt jeder Grundlage. Insbesondere genügt hierfür nicht der Umstand, dass er einige Arbeitskollegen in die Tätigkeit einwies. Denn die Einweisung in eine Anlerntätigkeit durch einen Angelernten vermag keinen höheren Berufsschutz zu begründen, schon gar nicht, wie der Kläger meint, als Vorabeiter. Die vom Kläger angeführten Tätigkeiten als Betriebsrat waren nicht Gegenstand des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.

Berufsschutz als Dreher steht dem Kläger nicht zu, weil er sich von diesem erlernten Beruf löste, als er die Tätigkeit bei der S aufnahm. Auch dies führte der 9. Senat in seinem Urteil zutreffen aus und auch auf diese Ausführungen verweist der Senat.

Schließlich legte der 9. Senat zutreffend dar, dass dem Kläger selbst bei Annahme einer Qualifikation als oberer Angelernter oder gar als Facharbeiter keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zustünde, weil er - jedenfalls für die Zeit, zu der die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente, wie sie auch § 240 SGB VI erfordert, erfüllt waren - auf eine zumutbare Tätigkeit als Pförtner bzw. Registrator und Poststellenmitarbeiter hätte verwiesen werden können. Auch hierauf nimmt der Senat Bezug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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