Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 2961/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1097/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.02.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ab dem 01.09.2013 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.
Die 1977 geborene Klägerin war zuletzt vom 01.03.2011 bis 12.09.2011 (zur Kündigung durch den Arbeitgeber vgl. Blatt 22 der Beklagtenakte) als kaufmännische Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie vom 13.09.2011 bis zum 12.02.2013 Krankengeld bzw. Übergangsgeld wegen einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation (Blatt 21, 38 der Beklagtenakte). Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 18.12.2013 war ihr - rückwirkend - befristet Rente wegen Erwerbsminderung vom 01.01.2013 bis 31.08.2013 (Ende des Monats einer weiteren stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation) gewährt worden. Am 13.02.2013 meldete sie sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg (Blatt 2/6 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag gab sie an, seit September 2011 bis "anhaltend" arbeitsunfähig krank geschrieben zu sein. Sie könne bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben oder müsse sich zeitlich einschränken wegen der Stiefmutter, der gerichtlichen Vormund-/Betreuerbestellung für bestimmte Angelegenheiten und der Entlastung des Vaters. Die wöchentlichen Arbeitsstunden ohne Pausen/Wegezeiten betrügen höchstens "4-10 Std. Tagesform bedingt u nicht am Stück". Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Klägerin am 25.02.2013 (Blatt 32 der Beklagtenakte) u.a.: "Frage 2g ist beantwortet. Arbeitszeit Std/Woche 4-10 Tagesform sprich Gesundheitsform abhängig; nicht am Stück bedeutet kein 4-10 Std am Stück, am Stück 30 min – 1 Std wieder Tagesformabhängig".
Dr. W. stellte in seinem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 21.02.2013 (Blatt 66/67 der Beklagtenakte) fest, die Klägerin sei bei Minderbelastbarkeit bei anhaltender Schmerzstörung, Funktionseinschränkungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei verschleißbedingten Veränderungen, bei Minderbelastbarkeit bei wiederkehrendem Schwindel und Bluthochdruck vollschichtig leistungsfähig.
Mit Bescheid vom 14.03.2013 (Blatt 42 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Die Klägerin könne nach eigenen Angaben nur weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten. Sie sei deshalb nicht arbeitslos und habe keinen Anspruch auf Alg.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.03.2013 Widerspruch ein (Blatt 43 der Beklagtenakte). Ihre Krankengeschichte und der Grund der Meldung seien von Anfang an bekannt. Die Beklagte habe gewusst, dass sie zwecks "Aussteuerung" überstellt worden sei. Sie machte geltend (Email vom 27.05.2013, Blatt 53/54 der Beklagtenakte), sie lehne nicht grundsätzlich jede Art von Arbeit ab, doch laut Aussage und vorliegendem Gutachten seien folgende Dinge ärztlich zu beachten: • max. 3 Std./Tag • wechselnde Bewegung, stehen, gehen, sitzen etc • keine kniende Tätigkeit • nicht über Kopf • keine Temperaturschwankungen • kein Heben von Lasten )5kg • nicht in der Hocke arbeiten • Tagschicht • keine langen Anfahrtszeiten aufgrund wechselnder Bewegung. "Über die ärztlichen Anweisungen hinaus, beharre ich weiterhin auf der Aussage, dass ich zur Zeit in keiner Weise arbeitsfähig bin und auch die 3 Stunden nur schwerlich werde bewältigen können. Da ich noch immer daran bin für mein Recht und die Anerkennung der Sachlage zu kämpfen kann ich zu gegebener Zeit keine Arbeit annehmen. Weitere ärztliche Untersuchungen und Behandlungen laufen und werden selbst nach dem Rentenentscheid weiterlaufen, gleich wie selbiger ausfallen sollte. ".
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 17.07.2013 (Blatt 58 der Beklagtenakte) wurde der Klägerin das ärztliche Gutachten vom 21.02.2013 (Blatt 66/67 der Beklagtenakte) eröffnet. Die Klägerin gab hierzu an, nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten zu können. Ihr wurde gesagt, dass sie somit dem Arbeitsmarkt und der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe und keinen Anspruch auf Alg habe. Die Klägerin gab daraufhin an, ab dem 17.07.2013 für mindestens fünf Wochen in Kur zu gehen. Sie wurde darauf hingewiesen, sich nach der Kur persönlich in der Eingangszone zu melden. Die Klägerin bestätigte mit ihrer Unterschrift diese Angaben zur Kenntnis genommen zu haben. Gleichzeitig legte sie hiergegen Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2013 (Blatt 59/62 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14.03.2013 zurück (zum nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim, in dem die Klägerin die Klage zurücknahm, vgl. die Akte des Verfahrens S 15 AL 2989/13).
Nachdem die Klägerin vom 17.07.2013 bis zum 28.08.2013 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der M.-Klinik, C., in Anspruch genommen hatte und von dort arbeitsunfähig entlassen worden war (Blatt 63/64 der Beklagtenakte) teilte die Klägerin der Beklagten am 02.10.2013 per Brief mit, noch keinen Reha-Bericht zu haben (Blatt 65 der Beklagtenakte).
Am 02.09.2014 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alg (Blatt 70/72 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag gab die Klägerin an, an den Wochentagen nur "1-3" Stunden arbeiten zu können und von Januar 2013 bis einschließlich August 2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezogen zu haben (Rentenbescheid vom 18.12.2013, Blatt 101 der Beklagtenakte). Mit Bescheid vom 04.09.2014 (Blatt 68/69 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Die Klägerin sei in den letzten zwei Jahren vor dem 02.09.2014 weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Den hiergegen am 06.10.2014 eingelegten Widerspruch der Klägerin (Blatt 73/74 der Beklagtenakte) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2014 (Blatt 81/83 der Beklagtenakte) zurück (zum nachfolgenden, ruhenden Klageverfahren vor dem SG vgl. die Akte des Verfahrens S 10 AL 4107/14).
Am 09.06.2015 beantragte die Klägerin die Überprüfung des "Ablehnungsbescheides vom 29.07.2013" (Blatt 84/86 der Beklagtenakte). Es sei verkannt worden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld nach der Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. l SGB III gegeben gewesen seien.
Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2013 ab (Bescheid vom 15.06.2015, Blatt 89 der Beklagtenakte). Hiergegen erhob die Klägerin am 15.07.2015 Widerspruch (Blatt 90/91 der Beklagtenakte) und verwies auf die Voraussetzungen des § 145 SGB III und darauf, dass die Deutsche Rentenversicherung ihr nachträglich eine Rente wegen Erwerbsminderung gewährt habe und sie bis zum 28.08.2013 in Reha gewesen sei, woraus sie arbeitsunfähig entlassen worden sei (Blatt 94/100 der Beklagtenakte); an den gesundheitlichen Verhältnissen habe sich nichts geändert. Es könne keine Rede davon sein, dass die Verfügbarkeit lediglich subjektiv weggefallen sei. Vielmehr liege ein krankheitsbedingter objektiver Wegfall der Verfügbarkeit vor. Dies stehe einer Gewährung von Alg nach der Nahtlosigkeit jedoch gerade nicht entgegen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2015 (Blatt 102/105 der Beklagtenakte) zurück.
Die Klägerin hat am 30.09.2015 beim SG Klage erhoben. Sie sei seit dem 15.08.2011 durchgehend und objektiv nicht arbeitsfähig. Daher sei der Anwendungsbereich des § 145 SGB III eröffnet. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, sie sei nicht bereit, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben zu wollen. Es liege ein ärztlich bescheinigter objektiver Wegfall der Verfügbarkeit vor.
Mit Urteil vom 19.02.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 14.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.7.2013 zurückzunehmen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 24.02.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.03.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Einen gesetzlichen Sonderfall für einen Anspruch auf Alg sehe § 145 Abs. 1 SGB III vor. Hiernach seien auch Personen anspruchsberechtigt, die allein deshalb nicht arbeitslos seien, weil sie wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben könnten, die auf dem für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich seien, wenn eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben sei ihr Alg zuzuerkennen. An den gesundheitlichen Einschränkungen habe sich nichts geändert. Die Feststellungen der behandelnden Arzte könne die Beklagte nicht einfach ignorieren. Allein der Umstand, dass ihr ärztlicher Dienst zu einem anderen Ergebnis gekommen sei, bedeute noch lange nicht, dass die Feststellungen der behandelnden Arzte bezüglich der Arbeitsunfähigkeit unzutreffend seien. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass die behandelnden Arzte ihre Leistungsfähigkeit zuverlässig beurteilen könnten. Die Einschätzung des ärztlichen Dienstes, wonach sie am 21.02.2013 vollschichtig und uneingeschränkt leistungsfähig gewesen sein solle, komme vor dem Hintergrund einer über eineinhalb Jahre hinweg durchgängig bescheinigten Arbeitsunfähigkeit fast schon einer "Wunderheilung" gleich. Daher seien nicht unerhebliche Zweifel an den Feststellungen des ärztlichen Dienstes angebracht. Da es ihre behandelnden Arzte gewesen seien, welche die fortlaufende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hätten, dürfe sie auch auf deren Ausführungen und Feststellungen vertrauen. Weshalb sollte daher eine Berufung auf die Einschätzungen der behandelnden Arzte einem Wegfall der subjektiven Verfügbarkeit gleichzusetzen sein? Ihr müsse es gestattet sei, den Feststellungen ihrer Arzte Folge zu leisten. Da diese nach wie vor ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigten könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht dazu bereit sei, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung auszuüben. Entsprechend den vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei ihr eine Beschäftigung in diesem Ausmaß gerade nicht möglich. Zudem habe das SG nicht geprüft, ob die Feststellungen des ärztlichen Dienstes überhaupt plausibel seien. An dieser Plausibilität seien ernstliche Zweifel angebracht, da ihr vom Rentenversicherungsträger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.01.2013 bis zum 31.08.2013 gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bewilligt worden sei. Wenn sie arbeitsfähig gewesen sei, hätte sie sich gerne den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Nach alledem sei sie zwar subjektiv, aber nicht objektiv verfügbar gewesen. Daher sei der Anwendungsbereich des § 145 SGB III eröffnet.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.02.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.09.2015 zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2013 ab 01.09.2013 im Anschluss an die Erwerbsminderungsrente Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei der Arbeitsbereitschaft handele es sich um die Darlegung einer inneren Tatsache, also um einen tatsächlichen Umstand, der vorliegen müsse, wenn und solange ein Anspruch auf Alg geltend gemacht werde. Alleine subjektive Arbeitsbereitschaft reicht nicht aus, sie müsse auch erkennbar sein. Eine Minderung der Leistungsfähigkeit von mehr als sechsmonatiger Dauer liege vor, wenn die Leistungsminderung - abgestellt auf den ersten Tag der Arbeitslosigkeit – voraussichtlich diesen Zeitraum überschreiten werde. Die Beklagte habe hierbei die Leistungsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des ersten Arbeitsmarkts zu prüfen, d.h. bezogen auf alle zumutbaren Tätigkeiten, während sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur auf die zuletzt ausgeübte bzw. eine gleich oder ähnlich geartete Tätigkeit und nur auf einen aktuellen, zeitlich begrenzten Zustand beziehe. Auch am 01.09.2013 sei kein Anspruch entstanden. Die Klägerin sei für sechs Wochen und einen Tag in Kur gewesen. Ihre Arbeitslosmeldung sei damit gem. § 141 Abs. 2 Nr.1 SGB III erloschen, worauf die Klägerin bei der persönlichen Vorspräche am 17.07.13 hingewiesen worden sei.
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 12.08.2016 erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 36/41 der Senatsakte) Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 39 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.09.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2013 mit Wirkung ab 01.09.2013. Die Klägerin hat ihr Begehren im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 12.08.2016 auf die Überprüfung der Ablehnungsentscheidung vom 14.03.2013 mit Wirkung ab 01.09.2013 begrenzt. Der Senat hatte daher nach § 44 SGB X nur noch zu prüfen, ob die Ablehnung der Alg-Gewährung ab diesem Zeitpunkt rechtens war.
Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag auch einen Alg-Anspruch auch für die Zeit ab dem 02.09.2014 geltend macht, so steht einer Prüfung im Verfahren nach § 44 SGB X entgegen, dass insoweit bereits ein Rechtsstreit beim SG gegen den Bescheid vom 04.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.12.2014, der den Antrag auf Alg vom 02.09.2014 beschieden hat, anhängig ist (SG, Az.: S 10 AL 4107/14). Hat die Klägerin daher die Möglichkeit den Alg-Anspruch für die Zeit ab dem 02.09.2014 in einem bereits anhängigen Gerichtsverfahren prüfen zu lassen, besteht insoweit zumindest kein rechtschutzwürdiges Interesse der Klägerin an der vorliegend begehrten Entscheidung nach § 44 SGB X.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Übrigen ist nach § 44 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Senat konnte feststellen, dass die Klägerin in der Zeit ab 01.09.2013 keinen Anspruch auf Alg hatte; das SG hat zutreffend die Voraussetzungen eines Alg-Anspruchs dargestellt, worauf der Senat Bezug nimmt.
Ausgehend von ihrem eigenen Vortrag einer reduzierten Leistungsfähigkeit war die Klägerin nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben. Damit war sie objektiv nicht verfügbar (§ 138 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 SGB III). Zwar weist die Klägerin zurecht auf den Anwendungsbereich des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III hin, der eine fehlende objektive Verfügbarkeit unbeachtlich macht. Doch fehlt bei der Klägerin zum maßgebenden Zeitpunkt das Tatbestandsmerkmal der persönlichen Arbeitslosmeldung, denn ihre vorherige Arbeitslosmeldung war erloschen.
So hat die Klägerin bei ihrer letzten im vorliegend zu beurteilenden Zeitraum stattgefundenen Vorsprache bei der Beklagten am 17.07.2013, dem Tag, an dem sie ihre Kur in C. angetreten hatte, ein maximales Leistungsvermögen von drei Stunden am Tag angegeben und einer weitergehenden Arbeitsfähigkeit widersprochen. Insoweit hat sie später im Rahmen des Verfahrens S 15 AL 2989/13 (Schreiben vom 08.10.2013, Blatt 6/12 der SG-Akte S 15 AL 2989/13) ausgeführt, noch immer arbeitsunfähig zu sein, an dem Leistungsvermögen habe sich nichts geändert, auch sei sie nicht verpflichtet von der Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte abzuweichen. Mit dem auch nach rechtlicher Beratung beharrlichen Hinweis auf die vollständige Arbeitsunfähigkeit hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie sich für nicht leistungsfähig erachtet in einem Umfang, der zur Erlangung von Alg erforderlich ist. Insoweit hat die Klägerin nämlich dargelegt, sich den Vermittlungsbemühungen weder im Umfang des arbeitsamtsärztlichen Gutachtens noch dem von ihr angegebenen Umfang von drei Stunden am Tag der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen zu wollen – sie hat zwar angegeben, nicht dauerhaft auf diesem Leistungsvermögen zu beharren, nach einer eventuellen Besserung auch wieder arbeiten zu können, doch wird daraus deutlich, dass bis zum ungewissen Eintritt einer Besserung eine Bereitschaft, jede Beschäftigung i.S.d. § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III anzunehmen und auszuüben, nicht vorhanden ist. Dieses Vorbringen entspricht inhaltlich auch der Bewertung des Rehaberichts aus der Kur im Juli und August 2013 (Bericht vom 02.09.2013, Blatt 26/37 der SG-Akte S 15 AL 2989/13), der die Klägerin sowohl im Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für nur unter drei Stunden leistungsfähig erachtet hatte. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht feststellen, dass sich die Klägerin für eine Beschäftigung in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich der Arbeitsvermittlung durch die Beklagte zur Verfügung stellen wollte. Damit fehlt nicht nur die objektive Verfügbarkeit, auch subjektiv war die Klägerin nicht verfügbar, weshalb sie nicht arbeitslos i.S.d. § 138 Abs. 1 SGB III war.
Damit war durch die mehr als sechswöchige Kur der Klägerin vom 17.07.2013 bis zum 28.08.2013 die Arbeitslosmeldung erloschen, worauf die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen hat. Nach § 141 Abs. 2 Nr. 1 SGB III erlischt die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit. Die Klägerin hatte am Mittwoch, 17.07.2013, die Kur angetreten, letzter Kurtag war Mittwoch, 28.08.2013. Die stationäre Kur in C. dauerte damit vom Mittwoch bis Mittwoch, mithin sechs Wochen und einen Tag. Insoweit ist für die Dauer der Kur nicht § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB maßgeblich. Vielmehr hatte die Klägerin bereits am Mittwoch, 17.07.2013, die Kur angetreten und war ab diesem Tag nicht mehr – auch nicht bis zur Abreise - verfügbar. Zwar hatte sie am 17.07.2013 noch bei der Beklagten vorgesprochen, was grds. eher für Verfügbarkeit sprechen könnte, doch hat die Klägerin dort deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie weder objektiv noch subjektiv verfügbar ist (dazu s.o.). Damit würde – eine vorherige Arbeitslosigkeit i.S.d. § 138 Abs. 1 SGB III unterstellt – die subjektive Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit bereits ab dem 17.07.2013 entfallen sein und hätte erst nach Ende der Kur, also sechs Wochen und einen Tag später, nämlich am 29.08.2013 wieder eintreten können. Unabhängig davon, dass auch für die Zeit vor dem 17.07.2013 und nach dem 28.08.2013 die Klägerin weder objektiv noch subjektiv verfügbar und damit nicht arbeitslos war, ist mit der Unterbrechung vom 17.07.2013 bis 28.08.2013 die Arbeitslosmeldung erloschen. Eine spätere persönliche Arbeitslosmeldung konnte aber erst nach dem vorliegend zu entscheidenden Zeitraum, nämlich am 02.09.2014, festgestellt werden. Damit fehlt es für einen Anspruch auf Alg ab dem 01.09.2013 neben objektiver und subjektiver Verfügbarkeit an einer wirksamen persönlichen Arbeitslosmeldung.
Die Klägerin war in der Vorsprache am 17.07.2013 darauf hingewiesen worden, dass sie sich nach Kurrückkehr bei der Beklagten persönlich zu melden habe. Dass die Klägerin diese Belehrung mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte, ihr aber keine Bedeutung beigemessen bzw. nicht im Bewusstsein hatte, wie sie im Erörterungstermin im Berufungsverfahren angegeben hatte, führt nicht dazu, dass die Wirkung des § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht einträte. Darüber hinaus war die Klägerin schon mit dem Alg-Antrag in dem ihr übergebenen Merkblatt auf die Wirkung einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit hingewiesen worden; den Erhalt und die Kenntnisnahme vom Inhalt des Merkblattes hatte die Klägerin mit dem Alg-Antrag mit ihrer Unterschrift bestätigt.
Damit konnte der Senat bezüglich des streitigen Zeitraums vom 01.09.2013 bis zum 01.09.2014 keinen Alg-Anspruch feststellen; hinsichtlich eines Alg-Anspruchs ab dem 02.09.2014 besteht kein Rechtsschutzinteresse der Klägerin; insoweit ist das andere Klageverfahren (s.o.) zu führen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ab dem 01.09.2013 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.
Die 1977 geborene Klägerin war zuletzt vom 01.03.2011 bis 12.09.2011 (zur Kündigung durch den Arbeitgeber vgl. Blatt 22 der Beklagtenakte) als kaufmännische Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie vom 13.09.2011 bis zum 12.02.2013 Krankengeld bzw. Übergangsgeld wegen einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation (Blatt 21, 38 der Beklagtenakte). Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 18.12.2013 war ihr - rückwirkend - befristet Rente wegen Erwerbsminderung vom 01.01.2013 bis 31.08.2013 (Ende des Monats einer weiteren stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation) gewährt worden. Am 13.02.2013 meldete sie sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg (Blatt 2/6 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag gab sie an, seit September 2011 bis "anhaltend" arbeitsunfähig krank geschrieben zu sein. Sie könne bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben oder müsse sich zeitlich einschränken wegen der Stiefmutter, der gerichtlichen Vormund-/Betreuerbestellung für bestimmte Angelegenheiten und der Entlastung des Vaters. Die wöchentlichen Arbeitsstunden ohne Pausen/Wegezeiten betrügen höchstens "4-10 Std. Tagesform bedingt u nicht am Stück". Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Klägerin am 25.02.2013 (Blatt 32 der Beklagtenakte) u.a.: "Frage 2g ist beantwortet. Arbeitszeit Std/Woche 4-10 Tagesform sprich Gesundheitsform abhängig; nicht am Stück bedeutet kein 4-10 Std am Stück, am Stück 30 min – 1 Std wieder Tagesformabhängig".
Dr. W. stellte in seinem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 21.02.2013 (Blatt 66/67 der Beklagtenakte) fest, die Klägerin sei bei Minderbelastbarkeit bei anhaltender Schmerzstörung, Funktionseinschränkungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei verschleißbedingten Veränderungen, bei Minderbelastbarkeit bei wiederkehrendem Schwindel und Bluthochdruck vollschichtig leistungsfähig.
Mit Bescheid vom 14.03.2013 (Blatt 42 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Die Klägerin könne nach eigenen Angaben nur weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten. Sie sei deshalb nicht arbeitslos und habe keinen Anspruch auf Alg.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.03.2013 Widerspruch ein (Blatt 43 der Beklagtenakte). Ihre Krankengeschichte und der Grund der Meldung seien von Anfang an bekannt. Die Beklagte habe gewusst, dass sie zwecks "Aussteuerung" überstellt worden sei. Sie machte geltend (Email vom 27.05.2013, Blatt 53/54 der Beklagtenakte), sie lehne nicht grundsätzlich jede Art von Arbeit ab, doch laut Aussage und vorliegendem Gutachten seien folgende Dinge ärztlich zu beachten: • max. 3 Std./Tag • wechselnde Bewegung, stehen, gehen, sitzen etc • keine kniende Tätigkeit • nicht über Kopf • keine Temperaturschwankungen • kein Heben von Lasten )5kg • nicht in der Hocke arbeiten • Tagschicht • keine langen Anfahrtszeiten aufgrund wechselnder Bewegung. "Über die ärztlichen Anweisungen hinaus, beharre ich weiterhin auf der Aussage, dass ich zur Zeit in keiner Weise arbeitsfähig bin und auch die 3 Stunden nur schwerlich werde bewältigen können. Da ich noch immer daran bin für mein Recht und die Anerkennung der Sachlage zu kämpfen kann ich zu gegebener Zeit keine Arbeit annehmen. Weitere ärztliche Untersuchungen und Behandlungen laufen und werden selbst nach dem Rentenentscheid weiterlaufen, gleich wie selbiger ausfallen sollte. ".
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 17.07.2013 (Blatt 58 der Beklagtenakte) wurde der Klägerin das ärztliche Gutachten vom 21.02.2013 (Blatt 66/67 der Beklagtenakte) eröffnet. Die Klägerin gab hierzu an, nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten zu können. Ihr wurde gesagt, dass sie somit dem Arbeitsmarkt und der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe und keinen Anspruch auf Alg habe. Die Klägerin gab daraufhin an, ab dem 17.07.2013 für mindestens fünf Wochen in Kur zu gehen. Sie wurde darauf hingewiesen, sich nach der Kur persönlich in der Eingangszone zu melden. Die Klägerin bestätigte mit ihrer Unterschrift diese Angaben zur Kenntnis genommen zu haben. Gleichzeitig legte sie hiergegen Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2013 (Blatt 59/62 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14.03.2013 zurück (zum nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim, in dem die Klägerin die Klage zurücknahm, vgl. die Akte des Verfahrens S 15 AL 2989/13).
Nachdem die Klägerin vom 17.07.2013 bis zum 28.08.2013 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der M.-Klinik, C., in Anspruch genommen hatte und von dort arbeitsunfähig entlassen worden war (Blatt 63/64 der Beklagtenakte) teilte die Klägerin der Beklagten am 02.10.2013 per Brief mit, noch keinen Reha-Bericht zu haben (Blatt 65 der Beklagtenakte).
Am 02.09.2014 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alg (Blatt 70/72 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag gab die Klägerin an, an den Wochentagen nur "1-3" Stunden arbeiten zu können und von Januar 2013 bis einschließlich August 2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezogen zu haben (Rentenbescheid vom 18.12.2013, Blatt 101 der Beklagtenakte). Mit Bescheid vom 04.09.2014 (Blatt 68/69 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Die Klägerin sei in den letzten zwei Jahren vor dem 02.09.2014 weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Den hiergegen am 06.10.2014 eingelegten Widerspruch der Klägerin (Blatt 73/74 der Beklagtenakte) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2014 (Blatt 81/83 der Beklagtenakte) zurück (zum nachfolgenden, ruhenden Klageverfahren vor dem SG vgl. die Akte des Verfahrens S 10 AL 4107/14).
Am 09.06.2015 beantragte die Klägerin die Überprüfung des "Ablehnungsbescheides vom 29.07.2013" (Blatt 84/86 der Beklagtenakte). Es sei verkannt worden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld nach der Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. l SGB III gegeben gewesen seien.
Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2013 ab (Bescheid vom 15.06.2015, Blatt 89 der Beklagtenakte). Hiergegen erhob die Klägerin am 15.07.2015 Widerspruch (Blatt 90/91 der Beklagtenakte) und verwies auf die Voraussetzungen des § 145 SGB III und darauf, dass die Deutsche Rentenversicherung ihr nachträglich eine Rente wegen Erwerbsminderung gewährt habe und sie bis zum 28.08.2013 in Reha gewesen sei, woraus sie arbeitsunfähig entlassen worden sei (Blatt 94/100 der Beklagtenakte); an den gesundheitlichen Verhältnissen habe sich nichts geändert. Es könne keine Rede davon sein, dass die Verfügbarkeit lediglich subjektiv weggefallen sei. Vielmehr liege ein krankheitsbedingter objektiver Wegfall der Verfügbarkeit vor. Dies stehe einer Gewährung von Alg nach der Nahtlosigkeit jedoch gerade nicht entgegen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2015 (Blatt 102/105 der Beklagtenakte) zurück.
Die Klägerin hat am 30.09.2015 beim SG Klage erhoben. Sie sei seit dem 15.08.2011 durchgehend und objektiv nicht arbeitsfähig. Daher sei der Anwendungsbereich des § 145 SGB III eröffnet. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, sie sei nicht bereit, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben zu wollen. Es liege ein ärztlich bescheinigter objektiver Wegfall der Verfügbarkeit vor.
Mit Urteil vom 19.02.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 14.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.7.2013 zurückzunehmen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 24.02.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.03.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Einen gesetzlichen Sonderfall für einen Anspruch auf Alg sehe § 145 Abs. 1 SGB III vor. Hiernach seien auch Personen anspruchsberechtigt, die allein deshalb nicht arbeitslos seien, weil sie wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben könnten, die auf dem für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich seien, wenn eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben sei ihr Alg zuzuerkennen. An den gesundheitlichen Einschränkungen habe sich nichts geändert. Die Feststellungen der behandelnden Arzte könne die Beklagte nicht einfach ignorieren. Allein der Umstand, dass ihr ärztlicher Dienst zu einem anderen Ergebnis gekommen sei, bedeute noch lange nicht, dass die Feststellungen der behandelnden Arzte bezüglich der Arbeitsunfähigkeit unzutreffend seien. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass die behandelnden Arzte ihre Leistungsfähigkeit zuverlässig beurteilen könnten. Die Einschätzung des ärztlichen Dienstes, wonach sie am 21.02.2013 vollschichtig und uneingeschränkt leistungsfähig gewesen sein solle, komme vor dem Hintergrund einer über eineinhalb Jahre hinweg durchgängig bescheinigten Arbeitsunfähigkeit fast schon einer "Wunderheilung" gleich. Daher seien nicht unerhebliche Zweifel an den Feststellungen des ärztlichen Dienstes angebracht. Da es ihre behandelnden Arzte gewesen seien, welche die fortlaufende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hätten, dürfe sie auch auf deren Ausführungen und Feststellungen vertrauen. Weshalb sollte daher eine Berufung auf die Einschätzungen der behandelnden Arzte einem Wegfall der subjektiven Verfügbarkeit gleichzusetzen sein? Ihr müsse es gestattet sei, den Feststellungen ihrer Arzte Folge zu leisten. Da diese nach wie vor ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigten könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht dazu bereit sei, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung auszuüben. Entsprechend den vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei ihr eine Beschäftigung in diesem Ausmaß gerade nicht möglich. Zudem habe das SG nicht geprüft, ob die Feststellungen des ärztlichen Dienstes überhaupt plausibel seien. An dieser Plausibilität seien ernstliche Zweifel angebracht, da ihr vom Rentenversicherungsträger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.01.2013 bis zum 31.08.2013 gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bewilligt worden sei. Wenn sie arbeitsfähig gewesen sei, hätte sie sich gerne den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Nach alledem sei sie zwar subjektiv, aber nicht objektiv verfügbar gewesen. Daher sei der Anwendungsbereich des § 145 SGB III eröffnet.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.02.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.09.2015 zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2013 ab 01.09.2013 im Anschluss an die Erwerbsminderungsrente Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei der Arbeitsbereitschaft handele es sich um die Darlegung einer inneren Tatsache, also um einen tatsächlichen Umstand, der vorliegen müsse, wenn und solange ein Anspruch auf Alg geltend gemacht werde. Alleine subjektive Arbeitsbereitschaft reicht nicht aus, sie müsse auch erkennbar sein. Eine Minderung der Leistungsfähigkeit von mehr als sechsmonatiger Dauer liege vor, wenn die Leistungsminderung - abgestellt auf den ersten Tag der Arbeitslosigkeit – voraussichtlich diesen Zeitraum überschreiten werde. Die Beklagte habe hierbei die Leistungsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des ersten Arbeitsmarkts zu prüfen, d.h. bezogen auf alle zumutbaren Tätigkeiten, während sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur auf die zuletzt ausgeübte bzw. eine gleich oder ähnlich geartete Tätigkeit und nur auf einen aktuellen, zeitlich begrenzten Zustand beziehe. Auch am 01.09.2013 sei kein Anspruch entstanden. Die Klägerin sei für sechs Wochen und einen Tag in Kur gewesen. Ihre Arbeitslosmeldung sei damit gem. § 141 Abs. 2 Nr.1 SGB III erloschen, worauf die Klägerin bei der persönlichen Vorspräche am 17.07.13 hingewiesen worden sei.
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 12.08.2016 erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 36/41 der Senatsakte) Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 39 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.09.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2013 mit Wirkung ab 01.09.2013. Die Klägerin hat ihr Begehren im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 12.08.2016 auf die Überprüfung der Ablehnungsentscheidung vom 14.03.2013 mit Wirkung ab 01.09.2013 begrenzt. Der Senat hatte daher nach § 44 SGB X nur noch zu prüfen, ob die Ablehnung der Alg-Gewährung ab diesem Zeitpunkt rechtens war.
Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag auch einen Alg-Anspruch auch für die Zeit ab dem 02.09.2014 geltend macht, so steht einer Prüfung im Verfahren nach § 44 SGB X entgegen, dass insoweit bereits ein Rechtsstreit beim SG gegen den Bescheid vom 04.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.12.2014, der den Antrag auf Alg vom 02.09.2014 beschieden hat, anhängig ist (SG, Az.: S 10 AL 4107/14). Hat die Klägerin daher die Möglichkeit den Alg-Anspruch für die Zeit ab dem 02.09.2014 in einem bereits anhängigen Gerichtsverfahren prüfen zu lassen, besteht insoweit zumindest kein rechtschutzwürdiges Interesse der Klägerin an der vorliegend begehrten Entscheidung nach § 44 SGB X.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Übrigen ist nach § 44 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Senat konnte feststellen, dass die Klägerin in der Zeit ab 01.09.2013 keinen Anspruch auf Alg hatte; das SG hat zutreffend die Voraussetzungen eines Alg-Anspruchs dargestellt, worauf der Senat Bezug nimmt.
Ausgehend von ihrem eigenen Vortrag einer reduzierten Leistungsfähigkeit war die Klägerin nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben. Damit war sie objektiv nicht verfügbar (§ 138 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 SGB III). Zwar weist die Klägerin zurecht auf den Anwendungsbereich des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III hin, der eine fehlende objektive Verfügbarkeit unbeachtlich macht. Doch fehlt bei der Klägerin zum maßgebenden Zeitpunkt das Tatbestandsmerkmal der persönlichen Arbeitslosmeldung, denn ihre vorherige Arbeitslosmeldung war erloschen.
So hat die Klägerin bei ihrer letzten im vorliegend zu beurteilenden Zeitraum stattgefundenen Vorsprache bei der Beklagten am 17.07.2013, dem Tag, an dem sie ihre Kur in C. angetreten hatte, ein maximales Leistungsvermögen von drei Stunden am Tag angegeben und einer weitergehenden Arbeitsfähigkeit widersprochen. Insoweit hat sie später im Rahmen des Verfahrens S 15 AL 2989/13 (Schreiben vom 08.10.2013, Blatt 6/12 der SG-Akte S 15 AL 2989/13) ausgeführt, noch immer arbeitsunfähig zu sein, an dem Leistungsvermögen habe sich nichts geändert, auch sei sie nicht verpflichtet von der Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte abzuweichen. Mit dem auch nach rechtlicher Beratung beharrlichen Hinweis auf die vollständige Arbeitsunfähigkeit hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie sich für nicht leistungsfähig erachtet in einem Umfang, der zur Erlangung von Alg erforderlich ist. Insoweit hat die Klägerin nämlich dargelegt, sich den Vermittlungsbemühungen weder im Umfang des arbeitsamtsärztlichen Gutachtens noch dem von ihr angegebenen Umfang von drei Stunden am Tag der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen zu wollen – sie hat zwar angegeben, nicht dauerhaft auf diesem Leistungsvermögen zu beharren, nach einer eventuellen Besserung auch wieder arbeiten zu können, doch wird daraus deutlich, dass bis zum ungewissen Eintritt einer Besserung eine Bereitschaft, jede Beschäftigung i.S.d. § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III anzunehmen und auszuüben, nicht vorhanden ist. Dieses Vorbringen entspricht inhaltlich auch der Bewertung des Rehaberichts aus der Kur im Juli und August 2013 (Bericht vom 02.09.2013, Blatt 26/37 der SG-Akte S 15 AL 2989/13), der die Klägerin sowohl im Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für nur unter drei Stunden leistungsfähig erachtet hatte. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht feststellen, dass sich die Klägerin für eine Beschäftigung in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich der Arbeitsvermittlung durch die Beklagte zur Verfügung stellen wollte. Damit fehlt nicht nur die objektive Verfügbarkeit, auch subjektiv war die Klägerin nicht verfügbar, weshalb sie nicht arbeitslos i.S.d. § 138 Abs. 1 SGB III war.
Damit war durch die mehr als sechswöchige Kur der Klägerin vom 17.07.2013 bis zum 28.08.2013 die Arbeitslosmeldung erloschen, worauf die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen hat. Nach § 141 Abs. 2 Nr. 1 SGB III erlischt die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit. Die Klägerin hatte am Mittwoch, 17.07.2013, die Kur angetreten, letzter Kurtag war Mittwoch, 28.08.2013. Die stationäre Kur in C. dauerte damit vom Mittwoch bis Mittwoch, mithin sechs Wochen und einen Tag. Insoweit ist für die Dauer der Kur nicht § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB maßgeblich. Vielmehr hatte die Klägerin bereits am Mittwoch, 17.07.2013, die Kur angetreten und war ab diesem Tag nicht mehr – auch nicht bis zur Abreise - verfügbar. Zwar hatte sie am 17.07.2013 noch bei der Beklagten vorgesprochen, was grds. eher für Verfügbarkeit sprechen könnte, doch hat die Klägerin dort deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie weder objektiv noch subjektiv verfügbar ist (dazu s.o.). Damit würde – eine vorherige Arbeitslosigkeit i.S.d. § 138 Abs. 1 SGB III unterstellt – die subjektive Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit bereits ab dem 17.07.2013 entfallen sein und hätte erst nach Ende der Kur, also sechs Wochen und einen Tag später, nämlich am 29.08.2013 wieder eintreten können. Unabhängig davon, dass auch für die Zeit vor dem 17.07.2013 und nach dem 28.08.2013 die Klägerin weder objektiv noch subjektiv verfügbar und damit nicht arbeitslos war, ist mit der Unterbrechung vom 17.07.2013 bis 28.08.2013 die Arbeitslosmeldung erloschen. Eine spätere persönliche Arbeitslosmeldung konnte aber erst nach dem vorliegend zu entscheidenden Zeitraum, nämlich am 02.09.2014, festgestellt werden. Damit fehlt es für einen Anspruch auf Alg ab dem 01.09.2013 neben objektiver und subjektiver Verfügbarkeit an einer wirksamen persönlichen Arbeitslosmeldung.
Die Klägerin war in der Vorsprache am 17.07.2013 darauf hingewiesen worden, dass sie sich nach Kurrückkehr bei der Beklagten persönlich zu melden habe. Dass die Klägerin diese Belehrung mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte, ihr aber keine Bedeutung beigemessen bzw. nicht im Bewusstsein hatte, wie sie im Erörterungstermin im Berufungsverfahren angegeben hatte, führt nicht dazu, dass die Wirkung des § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht einträte. Darüber hinaus war die Klägerin schon mit dem Alg-Antrag in dem ihr übergebenen Merkblatt auf die Wirkung einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit hingewiesen worden; den Erhalt und die Kenntnisnahme vom Inhalt des Merkblattes hatte die Klägerin mit dem Alg-Antrag mit ihrer Unterschrift bestätigt.
Damit konnte der Senat bezüglich des streitigen Zeitraums vom 01.09.2013 bis zum 01.09.2014 keinen Alg-Anspruch feststellen; hinsichtlich eines Alg-Anspruchs ab dem 02.09.2014 besteht kein Rechtsschutzinteresse der Klägerin; insoweit ist das andere Klageverfahren (s.o.) zu führen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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