S 27 KR 1190/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 27 KR 1190/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2016 sowie des Bescheides vom 12.07.2016 verurteilt, die Kosten für eine WA-Liposuktion der unteren Extremitäten in Allgemeinanästhesie in 2 Eingriffen zu übernehmen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind der Eintritt und der Bestand einer Genehmigungsfiktion umstritten.

Die am 00.00.1979 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Dort beantragte sie am 08.07.2015 die Kostenübernahme für eine WA-Liposuktion der unteren Extremitäten in Allgemeinanästhesie in zwei Eingriffen unter Bezugnahme auf eine diese Behandlung befürwortende Stellungnahme des L, wonach die Klägerin an einem schmerzhaften Lipödem Grad 2 – 3 der unteren Extremitäten leide. Überwiegend finde sich ein Stadium 2 mit grobknotigen Veränderungen des Unterhautfettgewebes. Eine deutliche Berührungsempfindlichkeit finde sich in allen Bereichen. Auffallend sei eine starke Schwellung und Spannung im Unterhautfettgewebe in nahezu allen Bereichen. Um die Schmerzen und Beschwerden der Klägerin nachhaltig zu verbessern, bitte er um die Kostenübernahme der WA-Liposuktion der betroffenen Areale. Diesem Antrag fügte die Klägerin weitere ärztliche Stellungnahmen bei, die u.a. eine Adipositas und eine Anpassungsstörung belegen. Die Beklagte veranlasste ein sozialmedizinisches Gutachten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), worüber sie die Klägerin unter dem 27.07.2015 unterrichtete. U empfahl der Beklagten unter dem 04.08.2015, die Kosten für die mutmaßlich ambulant zu erbringende Liposuktion nicht zu übernehmen. Es handele sich hierbei um eine neue Behandlungsmethode, deren Kosten mangels Empfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden könnten. Gleichzeitig bestünden konservative Therapieoptionen, mit deren Hilfe eine Entstauung der Gliedmaßen erreicht werden könnte. Diesem Gutachten folgend lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Liposuktion der unteren Extremitäten in zwei Sitzungen mit Bescheid vom 18.08.2015 ab.

Die Klägerin widersprach und verwies darauf, ihr Antrag, der sich auf eine stationäre Leistungserbringung beziehe, gelte als genehmigt, nachdem die Beklagte ihn nicht binnen 5 Wochen beschieden habe. Diesen Widerspruch nahm die Beklagte zum Anlass, vom MDK ein weiteres Gutachten erstellen zu lassen. X stellte unter dem 16.11.2015 fest, auch bei stationärer Leistungserbringung obliege es dem GBA, das Potential einer Behandlungsmethode zu bewerten.

Bereits am 02.11.2015 hat die Klägerin Klage erhoben.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte zunächst den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2016 zurückgewiesen. Insbesondere gelte der Antrag nicht wegen Überschreitens der 5-Wochenfrist als genehmigt. Ferner hat sie die Genehmigungsfiktion mit Bescheid vom 12.07.2016 zurück genommen. Zur Begründung hat sie sich auf § 45 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) berufen und ausgeführt, die Klägerin genieße spätestens seit dem 18.08.2015 kein Vertrauen mehr in den Eintritt der Genehmigungsfiktion, weil die Beklagte an diesem Tag ihren Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt habe. Ferner sei ein evtl. Vertrauen in den Bestand der Genehmigungsfiktion unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme nicht schutzwürdig. Denn bei der streitigen Behandlung handele sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die beantragten Liposuktionsbehandlungen gelten nach Überschreitung der Entscheidungsfrist als genehmigt. Der Eintritt dieser Rechtsfolge werde durch zahlreiche Urteile bestätigt, auch das Bundessozialgericht (BSG) habe diese Rechtsprechung mit Urteil vom 08.03.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) bestätigt. Aus diesem Urteil folge zugleich, dass die von der Beklagten zuletzt verfügte Rücknahme der Genehmigungsfiktion rechtswidrig sei. Eine Rücknahme der fingierten Genehmigung sei nur beim Fehlen von Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion denkbar, nicht jedoch beim Fehlen von Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2016 zu verurteilen, ihr – auf Grund des Eintritts der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V – zwei Liposuktionsbehandlungen als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an der getroffenen Entscheidung fest. Die von der Klägerin geltend gemachte Genehmigungsfiktion greife nicht. Die Fiktion erweitere nicht den Leistungsrahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Es müsse ein Kausalzusammenhang zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründendem Umstand und dem Nachteil des Versicherten bestehen. Diese Kausalität liege aber nur vor, wenn die Krankenkasse die begehrte Sachleistung hätte erbringen müssen und sie über den darauf gerichteten Leistungsantrag nicht rechtzeitig entschieden hat. Dafür spreche auch, dass § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V den Anspruch auf die "erforderlichen Leistungen" beschränke, also auf das Maß des Notwendigen und die Erforderlichkeit im Einzelfall nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Eine Liposuktion sei aber mangels ausreichenden Wirksamkeitsnachweises nicht erforderlich.

Im Übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichts- sowie die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zunächst zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist auch der Rücknahmebescheid vom 12.07.2016. Dies folgt aus § 96 SGG. Danach wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt in diesem Sinne wird ein Bescheid, wenn der neue Bescheid denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft bzw. wenn in die Regelung des ursprünglichen Bescheides eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 8 SO 14/14 R). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Rücknahmebescheid vom 12.07.2016 betrifft den Antrag auf Kostenübernahme der Liposuktionsbehandlungen, ferner hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2016 zunächst den Eintritt der Genehmigungsfiktion negiert, diese Genehmigungsfiktion aber in Abkehr zu dieser Auffassung nunmehr zurückgenommen.

Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 18.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2016 sowie der Rücknahmebescheid vom 12.07.2016 beschweren die Klägerin nach § 54 Abs. 2 SGG. Diese Bescheide sind rechtswidrig, weil die Klägerin von der Beklagten wegen Eintritts der Genehmigungsfiktion die Kostenzusage für die begehrte WA-Liposuktion der unteren Extremitäten in Allgemeinanästhesie in 2 Eingriffen beanspruchen kann (dazu: 1) und die Voraussetzungen für die Rücknahme der Genehmigungsfiktion nicht vorliegen (dazu: 2).

1. Die Klägerin kann zunächst die Kostenzusage für die Liposuktionsbehandlungen beanspruchen. Dies folgt aus § 13 Abs. 3a SGB V. Nach Satz 1 der Vorschrift hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Satz 5 bestimmt, dass die Krankenkassen den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mitteilt, wenn sie diese Frist nicht einhalten kann. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist gemäß Satz 6 als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, so ist die Krankenkasse nach Satz 7 zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.

Ausgehend von diesen Grundsätzen steht der Klägerin nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V der geltend gemachte Sachleistungsanspruch. Die Beklagte hat zunächst nicht die Entscheidungsfrist aus § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V eingehalten. Sie hat – nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme durch den MDK – nicht binnen 5 Wochen über den hinreichend bestimmten Antrag der Klägerin entschieden. Der Antrag der Klägerin datiert auf den 08.07.2015, der Ablehnungsbescheid der Beklagten auf den 18.08.2015. Die Beklagte hat der Klägerin auch nicht im Sinne von Satz 5 der Vorschrift rechtzeitig schriftlich und unter Darlegung der Gründe mitgeteilt, dass sie die 5-Wochen-Frist nicht einhalten kann. Sie hat die Klägerin lediglich unter dem 27.07.2015 über die Einschaltung des MDK zu unterrichtet, ohne aber die Klägerin über die Fristüberschreitung und deren Gründe zu informieren.

Rechtsfolge der Fristversäumung ist der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V. Diese vermittelt der Klägerin den hier geltend gemachten Sachleistungsanspruch. Nach ihrem klaren Wortlaut gewähren Satz 6 und Satz 7 mittels einer Genehmigungsfiktion einen Sachleistungsanspruch bzw. einen Kostenerstattungsanspruch für die erforderliche Leistung, der Versicherte ist also bei Eingreifen der Genehmigungsfiktion nicht auf den Weg der Selbstbeschaffung und Kostenerstattung beschränkt, ihm steht auch der Naturalleistungsanspruch zu (so ausdrücklich: BSG, Urteil vom 08.03.2016 – B 1 KR 25/15 R, Rn. 25 bei Juris). Eine Beschränkung auf den Kostenerstattungsanspruch hatte der Gesetzgeber zwar zunächst beabsichtigt, wie es sich aus dem Entwurf des Patientenrechtsgesetz (PatRechtG) ergibt (BR-Drucks. 312/12, S.46, siehe auch BT- Drucks. 17/10488, S. 32). Nachdem durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags im November 2012 mit dem Satz 6 eine Genehmigungsfiktion der Leistung bei Nichteinhaltung der Fristen neben der in Satz 7 geregelten Kostenerstattung aufgenommen worden war (BT-Drucks. 17/11710 S.30), um es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, wurden Satz 6 und Satz 7 - ohne den klaren Wortlaut auf einen Kostenerstattungsanspruch zu beschränken - in der Gesetzesänderung aufgenommen. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Wäre der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme Satz 6 kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3a SGB V aus (so ausdrücklich: LSG Nordrhein- Westfalen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER; ebenso: BSG, a.a.O. und LSG Saarland, Urteil vom 17.06.2015 – L 2 KR 180/14; SG Speyer, Urteil vom 09.07.2015 – S 17 KR 327/14; SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015 – S 24 KR 254/14; Urteil vom 18.06.2015 – S 3 KR 493/14; SG Gießen, Urteil vom 26.06.2015 – S 7 KR 429/14; SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13; SG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2014 - S 7 KR 100/14 ER - und Urteil vom 27.03.2014 - S 7 KR 520/13; SG Koblenz, Urteil vom 23.03.2015 – S 13 KR 977/15; Noftz in Hauck/Haines, SGB V, § 13 S. 78g ff.). Letztlich würde aber auch nichts anderes gelten, wenn man § 13 Abs. 3 a SGB V auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkte. Denn dieser umfasst auch einen Anspruch auf Kostenfreistellung (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; SG Marburg, Urteil vom 15.01.2015, S 6 KR 160/13).

Schließlich besteht der (fingierte) Sachleistungsanspruch unabhängig davon, ob diese Behandlung den sonstigen Leistungsvoraussetzungen des SGB V genügt, hier insbesondere dem Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V. Das Wirksamwerden der Genehmigungsfiktion hängt ausschließlich von der Nichteinhaltung der Frist oder der fehlenden schriftlichen Mitteilung der Nichteinhaltung der Frist ab, nicht dagegen von der Einhaltung des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach §§ 2 Abs. 1 S. 3, 12 Abs. 1 SGB V oder der sonstigen Voraussetzungen (BSG, Urteil vom 08.03.2016 – B 1 KR 25/15 R; SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015 – S 24 KR 254/14; Urteil vom 18.06.2015 – S 3 KR 493/14; LSG Saarland, Urteil vom 17.06.2015 – L 2 KR 180/14; SG Speyer, Urteil vom 09.07.2015 – S 17 KR 327/14; SG Koblenz, Urteil vom 23.03.2015 – S 13 KR 977/15; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER; a.A. aber immer noch: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.09.2016 - L 4 KR 320/16 B ER). Andernfalls würden der Sanktionscharakter und die Genehmigungsfiktion der Vorschrift leer laufen. Eine Beschränkung auf den sonstigen Voraussetzungen des SGB V genügende Leistungen wäre mit dem Ziel der Gesetzesnovellierung nicht vereinbar, weil dieselbe Situation eintreten kann, wie sie vor der Einführung der Genehmigungsfiktion im Rahmen der Freistellung nach § 13 Abs. 3 SGB V bestanden hat, nämlich, dass der Anspruch auf die erforderliche Leistung innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu überprüfen ist. Wenn Prüfungsumfang und Zeitdauer des Verfahrens durch eine nachträgliche Überprüfung praktisch wieder identisch mit den Verfahren vor Inkrafttreten der Regelung werden, hätte die Neuregelung in der Praxis keine spürbar positiven Effekte für den Schutz der Patientenrechte (so ausdrücklich: LSG Saarland, Urteil vom 17.06.2015 – L 2 KR 180/14; s.a. BSG, a.a.O.; SG Heilbronn, Urteil vom 10.03.2015 – S 11 KR 2425/14).

Nichts anders folgt aus dem Hinweis der Beklagten, § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V beschränke den Erstattungsanspruch auf die "erforderlichen Leistungen". Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen (BSG, a.a.O., Rn. 26 bei Juris). Einerseits soll – so das BSG – die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen. Die Gesetzesmaterialien sprechen beispielhaft den Fall an, dass die Krankenkassen auch im Fall der selbstbeschafften Leistung, zum Beispiel bei einer notwendigen Versorgung mit Zahnersatz, nicht den vom Versicherten zu tragenden Eigenanteil zu übernehmen hat (BSG, a.a.O.). Hieran scheitert der Eintritt der Genehmigungsfiktion vorliegend nicht. Die Liposuktion ist keine Leistung, die für jeden Versicherten erkennbar außerhalb des Leistungskatalogs steht. Schließlich befindet derzeit der GBA über die Empfehlung dieser Leistung.

2. Auch der Rücknahmebescheid vom 12.07.2016 ist rechtswidrig. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme der fingierten Genehmigung nicht vor. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X erlaubt lediglich die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Bereits hieran scheitert die von der Beklagten verfügte Rücknahme der Genehmigungsfiktion. Denn ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der Voraussetzungen aus § 13 Abs. 3a SGB V, nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs (BSG, a.a.O., Rn. 32 bei Juris). Daraus folgt zugleich, dass das Vertrauen in den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht dadurch entfällt, dass der Versicherte nach Eintritt der Fiktion von der Ablehnung seines Antrages Kenntnis erlangt (BSG, a.a.O.). Gemessen hieran ist die Genehmigungsfiktion aber nicht rechtswidrig. Die Voraussetzungen aus § 13 Abs. 3a SGB V sind erfüllt. Auf ein Entfallen des Vertrauensschutzes wegen Kenntnisnahme von der Ablehnung des Antrages kommt es hingegen nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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