L 8 AL 738/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 5388/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 738/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab dem 01.04.2014 aufzuheben und vom Kläger die Erstattung von Alg und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zu verlangen.

Der 1990 geborene, ledige Kläger, türkischer Staatsangehöriger (Blatt 170/171 der Beklatenakte) war seit 04.04.2013 versicherungspflichtig als Montagehelfer beschäftigt (zur Arbeitsbescheinigung vgl. Blatt 63/66 der Beklagtenakte). Mit Schreiben vom 18.12.2103 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 15.01.2014 unter Hinweis auf die Pflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III, sich unverzüglich bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden (zur Kündigung vgl. Blatt 68 der Beklagtenakte). Am 16.01.2014 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg (zum Antrag vgl. Blatt 60/62 der Beklagtenakte).

Die Beklagte gewährte dem Kläger Alg wie folgt (Bescheid vom 26.03.2014, Blatt 86/89 der Beklagtenakte): - 16.01.2014 bis 22.01.2014 keine Leistung wegen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung, - 23.01.2014 bis 14.02.2014 Alg mit Leistungsbetrag 35,35 EUR täglich, - 15.02.2014 bis 28.03.2014 Alg mit Leistungsbetrag 0,00 EUR - 29.03.2014 bis 10.10.2014 Alg mit Leistungsbetrag 35,35 EUR täglich. Mit Änderungsbescheid vom 27.03.2014 bewilligte die Beklagte Alg vom 15.02.2014 bis zum 09.10.2014 zu einem Leistungsbetrag von 35,35 EUR täglich (Blatt 92/94 der Beklagtenakte).

Mit Schreiben vom 25.06.2014 (Blatt 97/100, 102/109, 111/114 der Beklagtenakte) übersandte die Beklagte dem Kläger Vermittlungsvorschläge. Diese Schreiben kamen am 29.06.2014 mit den Vermerken des Postboten vom 27.06.2014 und 28.06.2014 zurück, der Empfänger sei unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln (Blatt 95/96, 123/124 der Beklagtenakte).

Nachdem die Beklagte den Kläger am 01.07.2014 telefonisch erreicht hatte (Blatt 115 der Beklagtenakte) teilte der Kläger mit, er sei bereits am 01.04.2014 wieder zu seinen Eltern nach Stuttgart verzogen.

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 02.07.2014 zu einer Aufhebung von Alg für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 und der Erstattung von Alg i.H.v. 3.181,50 EUR sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 1.034,98 EUR bzw. 136,88 EUR und einer Aufrechnung gegen laufende Leistungsansprüche an (Blatt 117 der Beklagtenakte). Nachdem der Kläger nicht reagierte, erließ die Beklagte die Bescheide vom 14.08.2014, mit denen sie - die Bewilligung von Alg ab dem 01.04.2014 wegen Wegfalls der Verfügbarkeit aufhob (Blatt 128/129 der Beklagtenakte), - die Bewilligung von Alg ab dem 01.07.2014 wegen Wegfalls der Verfügbarkeit aufhob (Blatt 125/126 der Beklagtenakte) und - vom Kläger die Erstattung des von ihr vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 gezahlten Alg i.H.v. 3.181,50 EUR verlangte (Blatt 134/136 der Beklagtenakte).

Mit einem bei der Beklagten am 25.08.2014 eingegangenen Fax (Blatt 140 der Beklagtenakte) führte der Kläger aus, er habe sich "in der Zeit zwischen dem 01. April 2014 und 30. Juni 2014 nicht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stellen" können, da er "leider keinen Nachsendeantrag stellte".

Nachdem der Kläger mit Fax zugleich auch mitgeteilt hatte, weder pflicht- noch freiwillig versichert gewesen zu sein, verlangte die Beklagte vom Kläger mit Bescheid vom 27.08.2014 (Blatt 141/142 der Beklagtenakte) die Erstattung der von ihr für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.06.2014 gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 1.034,98 EUR und 136,88 EUR.

Am 01.09.2014 erhob der Kläger "Widerspruch gegen die Abmeldung vom 01.07.2014 für den 02.04.2014" (Blatt 144/145 der Beklagtenakte). Er sei den ihm zugeschickten Arbeitsvermittlungen nachgegangen und habe in der Zeit vom 28.02.2014 bis "heute immer im telefonischen Kontakt zur Agentur gehabt habe. "Wegen meines Umzuges am 28. April 2014", welchen er ohne Nachsendeantrag ausgeführt habe, bitte er um Verständnis und um Fortzahlung von Leistungen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2014 (Blatt 146/150 der Beklagtenakte) wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 14.08.2014 und 27.08.2014 wegen Aufhebung und Erstattung ab 01.04.2016 zurück. Der Kläger sei ab dem 01.04.2014 wegen des Umzugs nicht mehr erreichbar gewesen i.S.d. Erreichbarkeitsanordnung und habe daher den Vermittlungsbemühungen nicht mehr zur Verfügung gestanden und sei nicht mehr arbeitslos gewesen. Dies habe er nicht mitgeteilt. Die Bewilligung von Alg sei daher ab 01.04.2016 aufzuheben gewesen und überzahltes Alg sowie die gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien zu erstatten.

Nachdem der Kläger ab dem 14.07.2014 (bis zum 19.07.2014) erneut eine Tätigkeit als Produktionshelfer aufgenommen hatte, teilte er dies der Beklagten am 01.09.2014 mit (Blatt 156 ff. der Beklagtenakte), woraufhin die Beklagte ab dem 01.09.2014 erneut Alg bewilligte (Bescheid vom 08.10.2014, Blatt 165 ff. der Beklagtenakte).

Am 02.10.2014 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben. Er habe erst Mitte bis Ende April 2014 kurzfristig erfahren, dass er aus der Wohngemeinschaft O. Straße 15 ausziehen müsse. Den Umzug habe er unverzüglich telefonisch der Beklagten mitgeteilt. Den Namen der Sachbearbeiterin wisse er nicht mehr. Ihn treffe kein Verschulden. Er habe jederzeit für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestanden. Die Bescheide seien schon formell rechtswidrig, weil sie nicht angäben, welcher Leistungsbescheid aufgehoben werde (Schreiben vom 09.07.2015, Blatt 26/27 der SG-Akte); er sei erst am 23.04.2014 in der Wohnung F. Straße 15 in S.t gemeldet gewesen, sodass er zumindest bis zu diesem Datum unter der früheren Anschrift erreichbar gewesen sei. Auch habe sich die Nichterreichbarkeit erstmals ergeben, als die Schreiben der Beklagten vom 26.06.2014 zurückgeschickt worden seien. Zuständig sei immer dieselbe Agentur für Arbeit gewesen; die interne Zuständigkeitsregelung zwischen den Agenturen in Stuttgart und Esslingen sei ihm nicht bekannt und habe ihm auch nicht bekannt sein müssen.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.01.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei ab dem 01.04.2014 für die Beklagte nicht mehr unter der von ihm im Antrag auf Alg angegebenen Postanschrift erreichbar gewesen. Ein Umzug zum 28.04.2014 erscheine umso weniger glaubwürdig, als der Kläger in seiner Widerspruchsbegründung auch erklärt habe, er habe in der Zeit vom 28.04.2014 bis dato immer telefonischen Kontakt zur Agentur gehabt, bei der Beklagten seien jedoch zwischen dem 27.03.2014 und dem 01.07.2014 keine persönlichen Kontakte dokumentiert. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, die Beklagte unverzüglich über seinen Umzug zu informieren. Das habe er grob fahrlässig nicht getan. Somit seien die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt und die Beklagte habe die Bewilligung von nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III aufheben und Alg sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erstattet verlangen müssen.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 27.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.02.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Diese hat er – trotz Aufforderung - nicht begründet.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.08.2014 und vom 27.08.2014 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Sach- und Rechtslage war in einem nichtöffentlichen Termin am 29.07.2016 mit den Beteiligten erörtert worden. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift auf Blatt 24/28 der Senatsakte Bezug genommen. Der Kläger hat u.a. erklärt, einen im Erörterungstermin beim SG angebotenen Vergleich nicht angenommen zu haben, da er gedacht habe, wenn man ihm schon einen Vergleich anbiete, dann nehme er sich einen Anwalt und lasse prüfen, ob er überhaupt nichts zahlen müsse. Wer Vermieter der WG in E. gewesen sei, das wisse er - bis auf den Vornamen Achmed - nicht mehr. Wenn er geschrieben habe, er sei am 28.04.2014 ausgezogen dann stimme das wohl. Er habe sich wahrscheinlich am 28.04.2014 abgemeldet. Dem Kläger war aufgegeben worden, Nachweise wie z.B. Mietverträge, Kündigung, Abmeldungen, Ummeldungen vorzulegen, woraufhin der Kläger nach Aufforderung (Blatt 41 der Senatsakte) eine erweiterte Meldebescheinigung der Stadt E. vom 10.08.2016 vorgelegt hatte (Blatt 44 der Senatsakte), aus der sich eine Meldung vom 01.10.2013 bis zum 23.04.2014 ergibt.

Auf Befragung durch den Senat hat die Stadt S. mitgeteilt (Blatt 30 der Senatsakte), der Kläger sei mit einem Einzug am 23.04.2014 in S. gemeldet. Die Stadt Esslingen (Blatt 32 der Senatsakte) hat mitgeteilt, der Kläger sei bei Auszug am 23.04.2014 nicht mehr gemeldet. Der Senat hat des Weiteren versucht, den Vermieter des Klägers in E. über das Grundbuchamt ausfindig zu machen, das Notariat/Grundbuch E. konnte jedoch lediglich die Namen der Eigentümer, nicht deren Adressen, mitteilen (Blatt 38/39 der Senatsakte).

In der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger durch seinen von ihm bevollmächtigten Bruder vertreten worden ist, ist seitens des Klägers nichts weiteres vorgetragen oder vorgelegt worden. Die Beklagte hat ergänzend darauf hingewiesen, dass der Kläger nunmehr Alg ab einem späteren Zeitpunkt bis zur Anspruchserschöpfung bezogen hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akte des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat die statthafte isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 14.08.2014 und vom 27.08.2014 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2014 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Bescheid vom 14.08.2014, mit dem die Beklagte Alg ab dem 01.07.2014 aufgehoben hat, ist nicht schon deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte mit Schreiben vom 02.07.2014 den Kläger lediglich zu einer Aufhebung von Alg für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 und der Erstattung von Alg sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und einer Aufrechnung gegen laufende Leistungsansprüche angehört hatte. Soweit daher eine Anhörung für die Aufhebung der Bewilligung von Alg ab dem 01.07.2014 fehlt, war der Bescheid zwar zunächst rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit wurde aber nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids rückwirkend dadurch geheilt, dass die Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde; der Kläger hat sich insoweit in Kenntnis der maßgeblichen Bescheide inhaltlich zur Sache geäußert, wodurch der Anhörungsmangel geheilt wurde.

Die Bescheide vom 14.08.2014 und 27.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2014 sind auch nicht mangels Bestimmtheit (§ 33 Abs. 1 SGB X) formell rechtswidrig und aufzuheben. Zwar ist den genannten Bescheiden nicht zu entnehmen, welche konkreten Bewilligungsbescheide aufgehoben wurden. Das ist aber nicht erforderlich. Denn durch Auslegung der Bescheide vom 14.08.2014 und 27.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2014 anhand eines objektivierten Empfängerhorizontes ist hinreichend deutlich, dass die Bewilligung von Alg ab dem 01.04.2014 und ab dem 01.07.2014 in vollem Umfang aufgehoben und die Erstattung überzahlten Algs sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung festgesetzt werden sollte. Insoweit mag es zwar mit den Bewilligungsbescheiden der Beklagten vom 26.03.2014 und dem Änderungsbescheid vom 27.03.2014 mehrere Bewilligungsbescheide geben, doch war diesen hinreichend deutlich zu entnehmen, dass dem Kläger letztlich nur einmal Alg bewilligt werden sollte. Diese Bewilligung war mit den vorliegend angefochtenen Bescheiden hinreichend deutlich aufgehoben worden. Damit liegt keine Unbestimmtheit der getroffenen Regelungen vor.

Rechtsgrundlage der Aufhebung von Alg ab dem 01.04.2014 und ab dem 01.07.2014 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, denn nach Erlass der (Bewilligungs-)Bescheide vom 26. und 27.03.2014 ist in den tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Der Kläger war ab dem 01.04.2014 mangels Verfügbarkeit nicht mehr arbeitslos, weshalb ihm kein Anspruch auf Alg mehr zustand. Diese Änderung ist auch erst nach Erlass der (Bewilligungs-)Bescheide vom 26.03.2014 bzw. 27.03.2014 eingetreten. Denn die Bescheide vom 26. und 27.03.2014 waren mit Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 SGB X bereits am 29.03.2014 bzw. am 30.03.2014 wirksam geworden (§ 39 Abs. 1 SGB X), mithin vor Wegfall des Alg-Anspruchs.

Der Kläger war ab 01.04.2014 nicht mehr arbeitslos. Dies hat das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt. Der Senat kommt nach eigener Prüfung zu demselben Ergebnis und verweist zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des SG.

Der Senat konnte nicht feststellen, dass der Kläger erst Ende April 2014 sich tatsächlich nicht mehr mindestens einmal am Tag in seiner bisherigen Wohnung in E., deren Anschrift er bei seiner Antragstellung am 15.01.2014 angegeben hatte, aufgehalten hatte. So hat er selbst mehrfach angegeben, ab dem 01.04.2014 wieder zu seinen Eltern nach S. verzogen zu sein und nicht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden zu haben. Soweit er dann später angegeben hat, erst am 28.04.2014 bzw. am 23.04.2014 umgezogen zu sein, konnte der Senat diesem Vortrag nicht folgen. Denn der Kläger hat bei widersprüchlichem Verhalten und Vortrag mehrfach angegeben, sein Vorbringen sei zutreffend. So hat er noch im Erörterungstermin am 29.07.2016 unter Beteuerung der Richtigkeit seiner Angaben ausgeführt, er sei erst im August bzw. September 2014 umgezogen. Zwar mag die Mitteilung der Städte Esslingen und Stuttgart, der Kläger habe die Ab- bzw. Anmeldung zum 23.04.2014 erklärt, für einen Umzug an diesem Tag sprechen. Doch beweist diese Ab- bzw. Anmeldung einen Umzug an diesem Tag und damit eine Verfügbarkeit zuvor nicht. Denn aus den Mitteilungen der der Städte geht nur hervor, dass der Kläger ihnen gegenüber einen Umzug am 23.04.2014 angegeben hatte. Doch widerspricht diese Angabe gegenüber den Städten seinen ersten Angaben gegenüber der Beklagten.

Der vom Senat geforderten Vorlage von Mietvertrag und Kündigung ist der Kläger nicht nachgekommen. Soweit der Senat versucht hatte, den dem Kläger nicht mehr bekannten Vermieter zu ermitteln, so konnte der Senat zwar eine Vielzahl von Personen mit Eigentumsanteilen an dem Gebäude ermitteln, in dem der Kläger in E. bis zu seinem Umzug nach S. gewohnt hatte, doch konnte der Senat ohne weiteren Namen bzw. weitere Anschrift den Vermieter nicht weiter ermitteln. Zu einer bloß ins Blaue hinein erfolgenden Befragung irgendwelcher Eigentümer des Gebäudes war der Senat insoweit nicht verpflichtet.

Vor diesem Hintergrund musste der Kläger sich an seinem ersten Vorbringen festhalten lassen. Der Senat konnte daher feststellen, dass der Kläger bereits ab dem 01.04.2014 nicht mehr verfügbar und damit auch nicht arbeitslos war. Er hatte vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 damit auch keinen Anspruch auf Alg. Dass die in der Nichterreichbarkeit ausdrückende fehlende Verfügbarkeit sich erstmals Ende Juni gezeigt hatte, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn der Kläger war nach § 60 SGB I verpflichtet, von sich aus den Umzug unverzüglich mitzuteilen. Damit zeigt der Umstand, dass der Umzug erst Ende Juni aufgefallen war vielmehr, dass der Kläger seinen Obliegenheiten beharrlich nicht nachgekommen ist. Auch dass der Kläger angeblich nicht gewusst haben will, dass mit seinem Umzug eine andere Agentur für Arbeit zuständig geworden war, ist unerheblich. Denn die Verfügbarkeit i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 3 SGB III sowie der Erreichbarkeitsanordung stellt nicht darauf ab, ob sich die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit ändert, sondern darauf, ob der Arbeitslose durch Briefpost einmal täglich erreichbar ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO); das war der Kläger nach den Feststellungen des Senats ab dem 01.04.2014 nicht mehr.

Der Kläger hatte der Beklagten zwar am 01.07.2014 telefonisch den Umzug nach Stuttgart mitgeteilt, doch bestand auch weiterhin kein Anspruch auf Alg. Zwar war die Beklagte insoweit in der Lage, den Kläger nunmehr wieder per Briefpost zu erreichen, weshalb er i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 SGB III und § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO zwar wieder verfügbar war. Er hat jedoch deswegen keinen Anspruch auf Alg, weil durch den Wegfall der Verfügbarkeit ab 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 die Arbeitslosmeldung i.S.d. § 141 Abs. 2 Nr. 1 SGB III wegen einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit i.S.d. § 138 SGB III erloschen war. Der Kläger hat zwar am 01.07.2014 die neue Adresse mitgeteilt, doch genügt diese telefonische Mitteilung nicht den Erfordernissen einer persönlichen Arbeitslosmeldung i.S.d. § 141 Abs. 1 SGB III. Insoweit hätte der Kläger, worauf er im Merkblatt 1, dessen Erhalt und Kenntnisnahme vom Inhalt er mit seiner Unterschrift auf dem Alg-Antrag vom 16.01.2014 bestätigt hatte (Blatt 62 der Beklagtenakte), hinreichend deutlich hingewiesen worden war, persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit erscheinen und sich arbeitslos melden müssen. Das hat er aber am 01.07.2014 nicht getan. Eine persönliche Vorsprache des Klägers bei der Beklagten konnte der Senat erst wieder am 01.09.2014 feststellen (Blatt 144 der Beklagtenakte). Damit war der Kläger auch über den 30.06.2014 hinaus ohne Anspruch auf Alg, weshalb im Verhältnis zu den den Bewilligungsbescheiden vom 26. bzw. 27.03.2014 zugrundeliegenden Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist.

Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass die Bewilligung von Alg ab dem 01.04.2014 bzw. dem 01.07.2014, mithin rückwirkend ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben war. Insoweit hat das SG zutreffend die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III angenommen. Der Senat folgt nach eigener Prüfung der Beurteilung durch das SG und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG. Insoweit weist der Senat lediglich ergänzend darauf hin, dass der Kläger im Merkblatt 1, dessen Erhalt und Kenntnisnahme vom Inhalt er mit seiner Unterschrift auf dem Alg-Antrag vom 16.01.2014 bestätigt hatte (Blatt 62 der Beklagtenakte), auch hinreichend deutlich darauf hingewiesen worden war, dass bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit die persönliche Arbeitslosmeldung erlischt. Insoweit war dem Kläger zumindest in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt, dass er ab dem 01.04.2014 mangels Verfügbarkeit und ab dem 01.07.2014 mangels wirksamer persönlicher Arbeitlosmeldung keinen Anspruch auf Alg hatte. Damit war nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III die Bewilligung von Alg ab dem 01.04.2016 und ab dem 01.07.2014 aufzuheben. Dass die Beklagte die Aufhebung von Alg ab dem 01.07.2014 mit dem Wegfall der Verfügbarkeit begründet hatte, steht dem nicht entgegen.

Der Kläger hat vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 Alg zu Unrecht erhalten, die er nach Aufhebung der Alg-Bewilligung ab dem 01.04.2014 nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten hat. Darüber hinaus hat er die von der Beklagten für diese Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 335 Abs.1 und 5 SGB III zu erstatten. Die Beklagte hat insoweit Beträge i.H.v. (3 Monate x 30 Tage x 35,35 EUR) 3.181,50 EUR (Alg), 1.034,98 EUR (Beiträge zur Krankenversicherung) und 136,88 EUR (Beiträge zur Pflegeversicherung) errechnet. Der Kläger hat hiergegen keine rechnerischen Einwendungen erhoben, der Senat konnte nach eigener Prüfung keine Berechnungsfehler feststellen. Der Kläger hat der Beklagten daher 4.353,36 EUR zu erstatten.

Vor diesem Hintergrund war die Berufung des Klägers ohne Erfolg.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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