Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1248/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3707/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. August 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1961 in der Türkei geborene Klägerin kam im September 1977 nach Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt im Juni 1997 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 04.03.2015 ist bei ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt. Die Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder, die 1986 bzw. 1998 geboren wurden.
Im Versicherungsverlauf der Klägerin vom 22.06.2015 (Bl. 54 ff. der SG-Akte) sind u.a. folgende Zeiten vermerkt: 01.07.1998 - 31.12.1998 Pflichtbeitragszeit Schwangerschaft/Kindererziehung 01.01.1999 - 30.06.2001 Pflichtbeitragszeit /Kindererziehung 30.07.2001 - 30.09.2001 geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung 01.01.2007 - 31.07.2010 geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung
Darüber hinaus sind Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 24.11.1986 bis 23.11.1996 und vom 22.06.1998 bis 21.06.2008 vermerkt. Für die Folgezeit sind keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten erfasst.
Im August 2012 wurde bei der Klägerin ein Mamma-Karzinom rechts festgestellt, welches operativ mit anschließender Radio-Chemotherapie behandelt wurde.
Am 19.11.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Berufung auf eine seit dem Jahr 1993 vorhandene Depression. Die Beklagte lehnte den Antrag ohne Durchführung medizinischer Ermittlungen mit Bescheid vom 29.11.2013 ab mit der Begründung, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 zurückgewiesen erneut unter Hinweis auf die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die zuletzt am 31.07.2010 erfüllt seien. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Erwerbsminderung vorgelegen habe. Dagegen erhob die Klägerin am 21.03.2014 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG ( S 14 R 937/14 )) unter Hinweis darauf, die Erwerbsminderung sei vor dem 31.07.2010 eingetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2014 wies das SG die Klage ab, führte aber in den Entscheidungsgründen aus, dass die Klage im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Zurückverweisung an die Verwaltung gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Erfolg habe mit der Folge, dass die Beklagte über das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erneut zu entscheiden habe. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die Unstimmigkeiten zwischen Tenor und Gründen des Gerichtsbescheids hingewiesen hatte, berichtigte das SG den Gerichtsbescheid durch Beschluss vom 07.07.2014 im Tenor dahingehend, dass der Bescheid vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2014 aufgehoben wurde (Ziff. 1) und die Beklagte der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat (Ziff. 2). Die von der Beklagten gegen Ziff. 2 des Berichtigungsbeschlusses erhobene Beschwerde wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) durch Beschluss vom 09.09.2014 (L 10 R 3060/14 B) zurückgewiesen.
Im Zuge nachfolgender Ermittlungen führte die Ärztin für Innere Medizin Dr. D. mit sozialmedizinischer Stellungnahme vom 07.01.2015 aus, bei der Klägerin sei es weder aktuell noch im Jahr 2010 zu einer relevanten anhaltenden quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens gekommen.
Mit Bescheid vom 13.01.2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin erneut ab mit der Begründung, die medizinischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Hiergegen legte die Klägerin am 20.01.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2015 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.04.2015 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Erwerbsminderung sei vor dem Jahr 2010 eingetreten. Die Klägerin leide seit Jahren an Depressionen; ihre damalige Anstellung in einer Wäscherei sei im Jahre 1993 aus diesem Grund gekündigt worden. In der Folgezeit seien Allergien mit Asthma aufgetreten sowie eine Verstärkung der Depressionen erfolgt. Sie leide außerdem seit Jahren an Kopf- und Rückenschmerzen, wiederholten Schwindelanfällen und Kribbeln der Hände.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. hat unter dem 20.07.2015 mitgeteilt, die Klägerin befinde sich seit Dezember 2003 in seiner hausärztlichen Behandlung und sei ca. einmal monatlich in der Praxis. Er habe im Januar 2010 bei ihr Angstgefühle, Panik, Geschmacks- und Schlafstörung, Depression, Herzbeschwerden, Bandscheibenprobleme, Spannungskopfschmerzen, bekanntes Asthma bronchiale sowie LWS-Beschwerden festgestellt, außerdem eine Somatisierungsstörung bei multiplen Beschwerden im Rahmen einer depressiven Episode, eine Unterfunktion der Schilddrüse bei Hashimoto-Thyreoiditis sowie einen diätetisch eingestellten Diabetes mellitus. Seit 2012 liege eine Verschlimmerung der psychischen Erkrankung nach Mamma-Karzinom 08/2012 vor. In 01/2015 seien Knochenmetastasen festgestellt worden, die antiresorptiv behandelt und anschließend palliativ bestrahlt wurden in 04/2015. Die Klägerin sei körperlich und geistig nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten noch wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Im Jahr 2010 sei das Leistungsvermögen zwar eingeschränkt gewesen, leichte körperliche Arbeiten seien jedoch regelmäßig noch wenigstens sechs Stunden täglich zumutbar gewesen.
Die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. hat unter dem 23.09.2015 mitgeteilt, die Klägerin befinde sich seit Oktober 2011 in ihrer nervenärztlichen Behandlung, zuletzt am 12.08.2015. Spätestens seit der Diagnose eines Mamma-Karzinoms im Jahr 2012 bestehe auf psychiatrischem Fachgebiet Arbeitsunfähigkeit. Das Leistungsvermögen im Jahr 2010 bis 2012 sei zwar qualitativ eingeschränkt gewesen, leichte körperliche Tätigkeiten seien allerdings aus psychiatrischer Sicht vollschichtig möglich gewesen. Als qualitative Einschränkungen seien zu nennen: Keine Akkordarbeit, keine Schichtarbeit und keine Arbeit unter Leistungsdruck oder unter hohem Publikumsverkehr, keine Tätigkeiten mit Führungs- und Verantwortungsposition.
Der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. L. hat unter dem 29.10.2015 angegeben, die Klägerin sei im Jahr 2010 lediglich einmal in seiner gynäkologischen Behandlung gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe ein altersentsprechender gynäkologischer Befund bestanden. Durch das 2012 diagnostizierte Mamma-Karzinom, die anschließende Operation der rechten Brust und der rechten Axilla, die darauf folgende Chemo- und Strahlentherapie sowie die 2015 neu aufgetretene Skelettmetastasierung habe sich der Allgemeinzustand der Klägerin zunehmend verschlechtert. Sie sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht arbeitsfähig; regelmäßige leichte körperliche Arbeiten von sechs Stunden täglich seien für sie nicht mehr möglich.
Der Arzt für Innere Medizin Dr. S. hat unter dem 08.12.2015 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bis November 2003 in seiner Behandlung befunden. Im Vordergrund habe damals eine ausgeprägte Depression mit Somatisierungsstörungen und multiplen psychosomatischen Beschwerden gestanden, daneben eine Angstsymptomatik mit Panikattacken. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen nicht in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt regelmäßig Arbeiten zu verrichten und sei bereits damals faktisch arbeitsunfähig gewesen. In der Zeit nach November 2003 habe keine Behandlung mehr in seiner Praxis stattgefunden, zu der gesundheitlichen Situation seit dieser Zeit könne er demnach keine Aussagen machen.
Der Diplom-Psychologe S. hat unter dem 12.12.2015 angegeben, die Klägerin habe sich vom 23.05.2012 bis 03.07.2013 in seiner Behandlung befunden. Er habe eine Anpassungsstörung und eine depressive Reaktion gemischt diagnostiziert. Welche Funktionsbeeinträchtigungen sich hieraus ergäben, könne er nicht beantworten, da hierzu keine testpsychologischen Befunde von einem unabhängigen Gutachter vorlägen.
Der Diplom-Psychologe T. hat unter dem 03.02.2016 angegeben, die Klägerin habe sich in den Jahren 1998/99 für längere Zeit wegen Depressionen, von 2003 bis 2005 und dann wieder ab Februar 2014 (unregelmäßig) in seiner Behandlung befunden. Aufgrund ihrer gegenwärtigen Krebserkrankung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, einer Arbeitstätigkeit nachzugehen. Im Jahre 2010 wäre die Klägerin aufgrund der vielseitig ausgeprägten Symptomatik (in seinem Fachbereich: stark ausgeprägte Depression, körperliche Erschöpfung und Beeinträchtigung, Ängste, Schlafstörungen, Unkonzentriertheit und emotionale Instabilität) nicht in der Lage gewesen, einer Arbeitstätigkeit nachzugehen, die täglich über drei Stunden hinausginge.
Das SG hat sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt, der unter dem 27.05.2016 bei der Klägerin eine Dysthymia als psychiatrische Grunderkrankung (ICD 10: F 34.1), ein reaktiv bedingtes mittelgradiges depressives Syndrom bei metastasiertem Brustkrebsleiden (ICD 10: F 32.1), eine laut Aktenlage rezidivierende depressive Störung (ICD 10: F 33.8) und Migräne ohne Aura (ICD 10: G 43.0) diagnostiziert hat, sowie die weiteren Diagnosen ossär metastasiertes Mamma-Karzinom (Erstdiagnose Mamma-Karzinom rechts: 08/2012, Erstdiagnose ossäre Metastasen: 01/2015), Zustand nach Radio-Chemotherapie, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypothyreose, medikamentös be¬handelt, allergische Diathese, bekanntes Asthma bronchiale, aktuell keine pulmonale Symptomatik, subsegmentale Lungenembolie 05/2016, am ehesten paraneo¬plastisch (tumorassoziiert), Diabetes mellitus Typ II, diätetisch eingestellt, gestellt hat. Dr. S. hat hierzu ausgeführt, eine Dysthymia bestehe als Grunderkrankung. Im Lauf der Jahre seit August 2012 habe sich ein mittelgradiges depressives Syndrom reaktiver Genese durch die Tumorerkrankung ausgebildet. Es sei davon auszugehen, dass bereits im Jahr 2010 und davor die geistige und psychiatrische Belastbarkeit der Klägerin vermindert gewesen sei. So hätten Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und psychischen Belastungen sowie solche in Nachtschicht bzw. mit vermehrter Lärmexposition (als psychogene Stressfaktoren) nicht ausgeübt werden können. Allerdings ergebe sich kein hinreichender Grund dafür, dass vor dem 31.07.2010 das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeschränkt gewesen sei. Auch in der Zeit ab dem 31.07.2010 bis August 2012 lasse sich ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen nicht belegen; die Klägerin habe bis August 2012 eine berufliche Tätigkeit in Form eines Mini-Jobs mit der notwendigen Regelmäßigkeit ausgeübt. In der Zeit von August 2012 bis zum Abschluss der Radiotherapie im Juni 2013 habe ebenso ein aufgehobenes Leistungsvermögens vorgelegen wie - nunmehr auf Dauer - seit Januar 2015.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.08.2016 abgewiesen mit der Begründung, die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Eine Erwerbsminderung der Klägerin im Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen am 31.07.2010 sei nicht nachgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin in der Lage gewesen, regelmäßig einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen. Eine Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt sei nicht erwiesen. Der Schwerpunkt der Erkrankung der Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt auf psychiatrischem Fachgebiet gelegen, was sich aus den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. G., Dr. L., Dr. S. sowie aus dem Sachverständigengutachten von Dr. S. ergebe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nach dem Gutachten von Dr. S., dem die Kammer folge, an einer Dysthymia als psychiatrischer Grunderkrankung, Migräne ohne Aura, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hyperthyreose, allergischer Diathese, bekanntem Asthma bronchiale und Diabetes mellitus Typ II erkrankt. An der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Sachverständigengutachtens bestünden keinerlei Zweifel. Aktuell liege bei der Klägerin ein reaktiv bedingtes mittelgradiges depressives Symptom bei metastasierendem Brustkrebsleiden vor. Bedingt durch das metastasierende Tumorleiden habe sich im Laufe des Jahres 2012 dieses mittelgradige depressive Syndrom ausgebildet. Des Weiteren sei es in den letzten Jahren in der Familie der Klägerin zu mehreren Schicksalsschlägen mit Erkrankungen, Verkehrsunfällen und dann auch Todesfällen gekommen. Unterstützt werde dies auch durch die sachverständige Zeugenaussage von Dr. G. als behandelnder Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Diese habe eine rezidivierende depressive Störung mit einem episodenhaftem Verlauf angegeben. Es sei davon auszugehen, dass schon mehrere Jahre, auch vor dem 31.07.2010, die geistige und psychiatrische Belastbarkeit der Klägerin vermindert gewesen sei. Entsprechend hätten Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und psychischen Belastungen nicht verrichtet werden können, ebenso wenig solche in Nachtschicht bzw. mit vermehrter Lärmexposition als psychogenen Stressoren. Allerdings liege erst bedingt durch das Tumorleiden und die ossären Metastasierungen ein aufgehobenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor. Die Klägerin sei von 31.07.2010 bis Januar 2015 in der Lage gewesen, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen zu verrichten. Zum Zeitpunkt des Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei sie zudem in der Lage gewesen, viermal täglich 500 Meter in maximal 20 Minuten zurückzulegen. Zudem sei es ihr zumutbar gewesen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Für ein aufgehobenes Leistungsvermögen zu dieser Zeit bestehe unter Berücksichtigung der Aktenlage, der Anamnese bei der Begutachtung von Dr. S. sowie der dort erhobenen Untersuchungsbefunde keinerlei Anhaltspunkt. Demgegenüber sei die Zeugenaussage des Arztes für Innere Medizin Dr. S. nicht nachvollziehbar. Dieser erhebe ausschließlich fachfremde Befunde, eine entsprechende Dokumentation über z. B. den Verlauf der Medikation liege nicht vor. Auch sei keine akut-stationäre oder tagesklinische psychiatrische Behandlung erfolgt, wie es bei schweren, ambulant nicht ausreichend behandelbaren psychiatrischen Erkrankungen indiziert sei. Auch die sachverständige Zeugenaussage des Diplom-Psychologen T. überzeuge nicht. Danach sei die Klägerin an einer rezidivierenden depressiven Störung, mittelgradig bis schwer, erkrankt, weshalb sie auch im Jahr 2010 nicht in der Lage gewesen sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus dieser Aussage gehe allerdings in keinster Weise nachvollziehbar hervor, warum das zeitliche Leistungsvermögen im Jahr 2010 schon eingeschränkt gewesen sein soll. Insgesamt sei eine Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt nicht erwiesen.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 06.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.10.2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft hat. Die Klägerin sei wegen der auch vom Sachverständigen Dr. S. festgestellten Erkrankungen (Dysthymia, Migräne ohne Aura, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypothyreose, allergische Diathese, bekanntes Asthma bronchiale, Diabetes mellitus Typ II) schon vor dem 31.07.2010 nicht in der Lage gewesen, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das SG sei ohne nachvollziehbare Begründung dem Gutachten von Dr. S. und nicht den Zeugenaussagen des Dr. S. und des Psychotherapeuten T. gefolgt. Diese hätten die Klägerin im Zeitraum vor dem 31.07.2010 behandelt. Das SG wäre gehalten gewesen, die zum Leistungsvermögen der Klägerin angebotenen Zeugen - ihre Familienangehörigen sowie eine ehemalige Nachbarin - zu vernehmen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. August 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2015 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, Berücksichtigungszeiten, 4. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978 - 4 RJ 55/77 - und vom 28.08.1991 - 13/5 RJ 47/90 -).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, also neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbesondere Versicherungszeiten) der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein, d.h. die Tatsachen müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. LSG Bayern, Urteil v. 26.07.2006 - L 16 R 100/02 - in Juris).
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Oder in anderen Worten gesagt - das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSGE 45, 285, 287). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 118 Rdnr. 5 ff. m.w.N.).
Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. BSGE 27, 40). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.14).
Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen stellt der Senat fest, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei der Klägerin für die Zeit bis Juli 2010 nicht nachgewiesen ist. Nach dem in den Akten vorliegenden Versicherungsverlauf vom 22.06.2015 (Bl. 54 ff der SG-Akte) sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. 3/5-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) letztmals am 31.07.2010 erfüllt. Wegen der im Zeitraum 22.06.1998 bis 21.06.2008 zurückgelegten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ist der Fünf-Jahres-Zeitraum gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 2 SGB VI bis 31.07.1998, also um 84 Monate zu verlängern. Im dann zu berücksichtigenden Zeitraum 31.07.1998 bis 30.07.2010 liegen aufgrund der bescheinigten Pflichtbeitragszeiten von 01.07.1998 bis 30.06.2001 noch 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Nachdem im Versicherungskonto der Klägerin nach dem 30.06.2001 keine Beitragszeiten und nach dem 21.06.2008 keine Berücksichtigungszeiten oder sonstige Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI mehr erfasst sind, sind zu einem späteren Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Die Klägerin war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt war. Die Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr vollständig durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Für eine Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI für diese Zeiträume ist nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Zudem ist der Rentenantrag vom 19.11.2013 nicht geeignet, die Nachentrichtungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VII für alle genannten Lücken zu unterbrechen (vgl. § 198 Satz 1 SGB VI).
Ausgehend hiervon ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei der Klägerin für die Zeit bis Juli 2010 - und dann durchgehend bis zur Rentenantragstellung - nicht nachgewiesen. Eine zeitliche Leistungsminderung zu diesem Zeitpunkt ist weder unter Berücksichtigung der psychiatrischen Vorerkrankungen der Klägerin noch unter Berücksichtigung ihrer körperlichen Einschränkungen und auch nicht bei einer Gesamtschau sämtlicher gesundheitlicher Einschränkungen nachgewiesen. Der Senat teilt die Auffassung des SG und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der weiteren Begründung hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Mit Blick auf das Berufungsvorbringen ist (lediglich) auszuführen, dass weder nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. S. noch nach den schriftlichen Aussagen der behandelnden Ärzte, nämlich des Allgemeinmediziners Dr. S., der Neurologin und Psychiaterin Dr. G. und des Gynäkologen Dr. L. bereits im Jahr 2010 eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens bestand. Die Aussagen dieser Zeugen sind deswegen von besonderem Gewicht, weil sie die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen behandelt haben und ihre Einschätzung - im Ergebnis übereinstimmend - jeweils unter Würdigung der auf ihrem Fachgebiet festgestellten Erkrankungen und Einschränkungen vorgenommen haben. Nicht zu folgen ist demgegenüber der Beurteilung des Internisten Dr. S., der seine Einschätzung des Leistungsvermögens nicht nur auf fachfremde Diagnosen (Depression mit Somatisierungsstörung, Angstsymptomatik mit Panikattacken) gestützt, sondern sich eine Beurteilung des Leistungsvermögens für 2010 zugetraut hat, obwohl er die Klägerin zuletzt im November 2003 gesehen hat. Entsprechendes gilt für den Psychotherapeuten T., der die Klägerin bis 2005 und dann (erst) wieder ab Februar 2014 behandelt hat. Von daher kommt den Einschätzungen des langjährigen Hausarztes Dr. S., der die Klägerin seit Dezember 2003 durchgängig ca. einmal monatlich gesehen und behandelt hat sowie der ab dem Jahr 2011 behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. G. höhere Überzeugungskraft zu.
Der Berufungsbegründung ist einzuräumen, dass die Klägerin schon vor dem Ausbruch der Krebserkrankung im Jahr 2012 an verschiedenen Erkrankungen (Dysthymia, Migräne ohne Aura, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypothyreose, allergische Diathese, bekanntes Asthma bronchiale, Diabetes mellitus Typ II) litt. Der Sachverständige Dr. S. und die behandelnden Ärzte Dr. S., Dr. G. und Dr. L. haben aber schlüssig dargelegt, dass das quantitative Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen bis zum Jahr 2012 erhalten war. Der Senat konnte sich daher weder aufgrund der Erkrankungen auf den einzelnen medizinischen Fachgebieten noch in einer Gesamtschau davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin für den Zeitraum bis 31.07.2010 auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken war.
Der Senat vermag für diesen Zeitraum auch nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorgelegen hat. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Solche zusätzliche - über das Erfordernis einer körperlich leichten Arbeit hinausgehende - Leistungseinschränkungen bestanden für die Klägerin bis Juli 2010 nicht. Soweit die Klägerin, wie Dr. S. dargelegt hat, Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und psychischen Belastungen und solche in Nachtschicht bzw. mit vermehrter Lärmexposition (als psychogene Stressfaktoren) vermeiden sollte, folgen hieraus keine zusätzlichen Einschränkungen, was die Ausübung jedenfalls körperlich leichter Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anbelangt, weshalb keine Verpflichtung der Beklagten zur Benennung verbliebener Tätigkeitsfelder besteht.
Auch ein sogenannter Katalogfall (vgl. hierzu BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139) liegt nicht vor. Die Wegefähigkeit wurde weder vom gehörten Sachverständigen so eingeschränkt beschrieben, dass im maßgeblichen Zeitpunkt übliche Wegstrecken (mindestens 500 Metern in bis zu 20 Minuten) nicht mehr bewältigt werden konnten oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgeschlossen gewesen war, noch ergeben sich diesbezügliche Anhaltspunkte aus den schriftlichen Aussagen der Zeugen.
Zu weiteren Ermittlungen sieht der Senat keine Veranlassung. Nach erfolgter Befragung sämtlicher früher und aktuell behandelnder Ärzte und Therapeuten und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens ist eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustandes der Klägerin zu einem zwischenzeitlich mehr als sechs Jahre zurückliegenden Zeitpunkt, etwa durch nochmalige Befragung derselben Personen, nicht zu erwarten. Eine Vernehmung der schriftsätzlich angebotenen Zeugen (Familienangehörige der Klägerin, ehemalige Nachbarin) ist nicht veranlasst, da diese Personen nicht über hinreichende medizinische Fachkunde verfügen und daher das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem Arbeitsmarkt - unabhängig von der persönlichen Beziehung zu ihr - nicht fachkundig nach objektiven Maßstäben zu beurteilen vermögen.
Ein Anspruch nach § 240 SGB VI scheidet aus, da die Klägerin nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1961 in der Türkei geborene Klägerin kam im September 1977 nach Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt im Juni 1997 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 04.03.2015 ist bei ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt. Die Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder, die 1986 bzw. 1998 geboren wurden.
Im Versicherungsverlauf der Klägerin vom 22.06.2015 (Bl. 54 ff. der SG-Akte) sind u.a. folgende Zeiten vermerkt: 01.07.1998 - 31.12.1998 Pflichtbeitragszeit Schwangerschaft/Kindererziehung 01.01.1999 - 30.06.2001 Pflichtbeitragszeit /Kindererziehung 30.07.2001 - 30.09.2001 geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung 01.01.2007 - 31.07.2010 geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung
Darüber hinaus sind Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 24.11.1986 bis 23.11.1996 und vom 22.06.1998 bis 21.06.2008 vermerkt. Für die Folgezeit sind keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten erfasst.
Im August 2012 wurde bei der Klägerin ein Mamma-Karzinom rechts festgestellt, welches operativ mit anschließender Radio-Chemotherapie behandelt wurde.
Am 19.11.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Berufung auf eine seit dem Jahr 1993 vorhandene Depression. Die Beklagte lehnte den Antrag ohne Durchführung medizinischer Ermittlungen mit Bescheid vom 29.11.2013 ab mit der Begründung, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 zurückgewiesen erneut unter Hinweis auf die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die zuletzt am 31.07.2010 erfüllt seien. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Erwerbsminderung vorgelegen habe. Dagegen erhob die Klägerin am 21.03.2014 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG ( S 14 R 937/14 )) unter Hinweis darauf, die Erwerbsminderung sei vor dem 31.07.2010 eingetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2014 wies das SG die Klage ab, führte aber in den Entscheidungsgründen aus, dass die Klage im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Zurückverweisung an die Verwaltung gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Erfolg habe mit der Folge, dass die Beklagte über das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erneut zu entscheiden habe. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die Unstimmigkeiten zwischen Tenor und Gründen des Gerichtsbescheids hingewiesen hatte, berichtigte das SG den Gerichtsbescheid durch Beschluss vom 07.07.2014 im Tenor dahingehend, dass der Bescheid vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2014 aufgehoben wurde (Ziff. 1) und die Beklagte der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat (Ziff. 2). Die von der Beklagten gegen Ziff. 2 des Berichtigungsbeschlusses erhobene Beschwerde wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) durch Beschluss vom 09.09.2014 (L 10 R 3060/14 B) zurückgewiesen.
Im Zuge nachfolgender Ermittlungen führte die Ärztin für Innere Medizin Dr. D. mit sozialmedizinischer Stellungnahme vom 07.01.2015 aus, bei der Klägerin sei es weder aktuell noch im Jahr 2010 zu einer relevanten anhaltenden quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens gekommen.
Mit Bescheid vom 13.01.2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin erneut ab mit der Begründung, die medizinischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Hiergegen legte die Klägerin am 20.01.2015 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2015 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.04.2015 Klage beim SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Erwerbsminderung sei vor dem Jahr 2010 eingetreten. Die Klägerin leide seit Jahren an Depressionen; ihre damalige Anstellung in einer Wäscherei sei im Jahre 1993 aus diesem Grund gekündigt worden. In der Folgezeit seien Allergien mit Asthma aufgetreten sowie eine Verstärkung der Depressionen erfolgt. Sie leide außerdem seit Jahren an Kopf- und Rückenschmerzen, wiederholten Schwindelanfällen und Kribbeln der Hände.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. hat unter dem 20.07.2015 mitgeteilt, die Klägerin befinde sich seit Dezember 2003 in seiner hausärztlichen Behandlung und sei ca. einmal monatlich in der Praxis. Er habe im Januar 2010 bei ihr Angstgefühle, Panik, Geschmacks- und Schlafstörung, Depression, Herzbeschwerden, Bandscheibenprobleme, Spannungskopfschmerzen, bekanntes Asthma bronchiale sowie LWS-Beschwerden festgestellt, außerdem eine Somatisierungsstörung bei multiplen Beschwerden im Rahmen einer depressiven Episode, eine Unterfunktion der Schilddrüse bei Hashimoto-Thyreoiditis sowie einen diätetisch eingestellten Diabetes mellitus. Seit 2012 liege eine Verschlimmerung der psychischen Erkrankung nach Mamma-Karzinom 08/2012 vor. In 01/2015 seien Knochenmetastasen festgestellt worden, die antiresorptiv behandelt und anschließend palliativ bestrahlt wurden in 04/2015. Die Klägerin sei körperlich und geistig nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten noch wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Im Jahr 2010 sei das Leistungsvermögen zwar eingeschränkt gewesen, leichte körperliche Arbeiten seien jedoch regelmäßig noch wenigstens sechs Stunden täglich zumutbar gewesen.
Die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. hat unter dem 23.09.2015 mitgeteilt, die Klägerin befinde sich seit Oktober 2011 in ihrer nervenärztlichen Behandlung, zuletzt am 12.08.2015. Spätestens seit der Diagnose eines Mamma-Karzinoms im Jahr 2012 bestehe auf psychiatrischem Fachgebiet Arbeitsunfähigkeit. Das Leistungsvermögen im Jahr 2010 bis 2012 sei zwar qualitativ eingeschränkt gewesen, leichte körperliche Tätigkeiten seien allerdings aus psychiatrischer Sicht vollschichtig möglich gewesen. Als qualitative Einschränkungen seien zu nennen: Keine Akkordarbeit, keine Schichtarbeit und keine Arbeit unter Leistungsdruck oder unter hohem Publikumsverkehr, keine Tätigkeiten mit Führungs- und Verantwortungsposition.
Der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. L. hat unter dem 29.10.2015 angegeben, die Klägerin sei im Jahr 2010 lediglich einmal in seiner gynäkologischen Behandlung gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe ein altersentsprechender gynäkologischer Befund bestanden. Durch das 2012 diagnostizierte Mamma-Karzinom, die anschließende Operation der rechten Brust und der rechten Axilla, die darauf folgende Chemo- und Strahlentherapie sowie die 2015 neu aufgetretene Skelettmetastasierung habe sich der Allgemeinzustand der Klägerin zunehmend verschlechtert. Sie sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht arbeitsfähig; regelmäßige leichte körperliche Arbeiten von sechs Stunden täglich seien für sie nicht mehr möglich.
Der Arzt für Innere Medizin Dr. S. hat unter dem 08.12.2015 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bis November 2003 in seiner Behandlung befunden. Im Vordergrund habe damals eine ausgeprägte Depression mit Somatisierungsstörungen und multiplen psychosomatischen Beschwerden gestanden, daneben eine Angstsymptomatik mit Panikattacken. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen nicht in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt regelmäßig Arbeiten zu verrichten und sei bereits damals faktisch arbeitsunfähig gewesen. In der Zeit nach November 2003 habe keine Behandlung mehr in seiner Praxis stattgefunden, zu der gesundheitlichen Situation seit dieser Zeit könne er demnach keine Aussagen machen.
Der Diplom-Psychologe S. hat unter dem 12.12.2015 angegeben, die Klägerin habe sich vom 23.05.2012 bis 03.07.2013 in seiner Behandlung befunden. Er habe eine Anpassungsstörung und eine depressive Reaktion gemischt diagnostiziert. Welche Funktionsbeeinträchtigungen sich hieraus ergäben, könne er nicht beantworten, da hierzu keine testpsychologischen Befunde von einem unabhängigen Gutachter vorlägen.
Der Diplom-Psychologe T. hat unter dem 03.02.2016 angegeben, die Klägerin habe sich in den Jahren 1998/99 für längere Zeit wegen Depressionen, von 2003 bis 2005 und dann wieder ab Februar 2014 (unregelmäßig) in seiner Behandlung befunden. Aufgrund ihrer gegenwärtigen Krebserkrankung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, einer Arbeitstätigkeit nachzugehen. Im Jahre 2010 wäre die Klägerin aufgrund der vielseitig ausgeprägten Symptomatik (in seinem Fachbereich: stark ausgeprägte Depression, körperliche Erschöpfung und Beeinträchtigung, Ängste, Schlafstörungen, Unkonzentriertheit und emotionale Instabilität) nicht in der Lage gewesen, einer Arbeitstätigkeit nachzugehen, die täglich über drei Stunden hinausginge.
Das SG hat sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt, der unter dem 27.05.2016 bei der Klägerin eine Dysthymia als psychiatrische Grunderkrankung (ICD 10: F 34.1), ein reaktiv bedingtes mittelgradiges depressives Syndrom bei metastasiertem Brustkrebsleiden (ICD 10: F 32.1), eine laut Aktenlage rezidivierende depressive Störung (ICD 10: F 33.8) und Migräne ohne Aura (ICD 10: G 43.0) diagnostiziert hat, sowie die weiteren Diagnosen ossär metastasiertes Mamma-Karzinom (Erstdiagnose Mamma-Karzinom rechts: 08/2012, Erstdiagnose ossäre Metastasen: 01/2015), Zustand nach Radio-Chemotherapie, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypothyreose, medikamentös be¬handelt, allergische Diathese, bekanntes Asthma bronchiale, aktuell keine pulmonale Symptomatik, subsegmentale Lungenembolie 05/2016, am ehesten paraneo¬plastisch (tumorassoziiert), Diabetes mellitus Typ II, diätetisch eingestellt, gestellt hat. Dr. S. hat hierzu ausgeführt, eine Dysthymia bestehe als Grunderkrankung. Im Lauf der Jahre seit August 2012 habe sich ein mittelgradiges depressives Syndrom reaktiver Genese durch die Tumorerkrankung ausgebildet. Es sei davon auszugehen, dass bereits im Jahr 2010 und davor die geistige und psychiatrische Belastbarkeit der Klägerin vermindert gewesen sei. So hätten Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und psychischen Belastungen sowie solche in Nachtschicht bzw. mit vermehrter Lärmexposition (als psychogene Stressfaktoren) nicht ausgeübt werden können. Allerdings ergebe sich kein hinreichender Grund dafür, dass vor dem 31.07.2010 das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeschränkt gewesen sei. Auch in der Zeit ab dem 31.07.2010 bis August 2012 lasse sich ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen nicht belegen; die Klägerin habe bis August 2012 eine berufliche Tätigkeit in Form eines Mini-Jobs mit der notwendigen Regelmäßigkeit ausgeübt. In der Zeit von August 2012 bis zum Abschluss der Radiotherapie im Juni 2013 habe ebenso ein aufgehobenes Leistungsvermögens vorgelegen wie - nunmehr auf Dauer - seit Januar 2015.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.08.2016 abgewiesen mit der Begründung, die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Eine Erwerbsminderung der Klägerin im Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen am 31.07.2010 sei nicht nachgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin in der Lage gewesen, regelmäßig einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen. Eine Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt sei nicht erwiesen. Der Schwerpunkt der Erkrankung der Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt auf psychiatrischem Fachgebiet gelegen, was sich aus den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. G., Dr. L., Dr. S. sowie aus dem Sachverständigengutachten von Dr. S. ergebe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nach dem Gutachten von Dr. S., dem die Kammer folge, an einer Dysthymia als psychiatrischer Grunderkrankung, Migräne ohne Aura, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hyperthyreose, allergischer Diathese, bekanntem Asthma bronchiale und Diabetes mellitus Typ II erkrankt. An der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Sachverständigengutachtens bestünden keinerlei Zweifel. Aktuell liege bei der Klägerin ein reaktiv bedingtes mittelgradiges depressives Symptom bei metastasierendem Brustkrebsleiden vor. Bedingt durch das metastasierende Tumorleiden habe sich im Laufe des Jahres 2012 dieses mittelgradige depressive Syndrom ausgebildet. Des Weiteren sei es in den letzten Jahren in der Familie der Klägerin zu mehreren Schicksalsschlägen mit Erkrankungen, Verkehrsunfällen und dann auch Todesfällen gekommen. Unterstützt werde dies auch durch die sachverständige Zeugenaussage von Dr. G. als behandelnder Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Diese habe eine rezidivierende depressive Störung mit einem episodenhaftem Verlauf angegeben. Es sei davon auszugehen, dass schon mehrere Jahre, auch vor dem 31.07.2010, die geistige und psychiatrische Belastbarkeit der Klägerin vermindert gewesen sei. Entsprechend hätten Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und psychischen Belastungen nicht verrichtet werden können, ebenso wenig solche in Nachtschicht bzw. mit vermehrter Lärmexposition als psychogenen Stressoren. Allerdings liege erst bedingt durch das Tumorleiden und die ossären Metastasierungen ein aufgehobenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor. Die Klägerin sei von 31.07.2010 bis Januar 2015 in der Lage gewesen, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen zu verrichten. Zum Zeitpunkt des Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei sie zudem in der Lage gewesen, viermal täglich 500 Meter in maximal 20 Minuten zurückzulegen. Zudem sei es ihr zumutbar gewesen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Für ein aufgehobenes Leistungsvermögen zu dieser Zeit bestehe unter Berücksichtigung der Aktenlage, der Anamnese bei der Begutachtung von Dr. S. sowie der dort erhobenen Untersuchungsbefunde keinerlei Anhaltspunkt. Demgegenüber sei die Zeugenaussage des Arztes für Innere Medizin Dr. S. nicht nachvollziehbar. Dieser erhebe ausschließlich fachfremde Befunde, eine entsprechende Dokumentation über z. B. den Verlauf der Medikation liege nicht vor. Auch sei keine akut-stationäre oder tagesklinische psychiatrische Behandlung erfolgt, wie es bei schweren, ambulant nicht ausreichend behandelbaren psychiatrischen Erkrankungen indiziert sei. Auch die sachverständige Zeugenaussage des Diplom-Psychologen T. überzeuge nicht. Danach sei die Klägerin an einer rezidivierenden depressiven Störung, mittelgradig bis schwer, erkrankt, weshalb sie auch im Jahr 2010 nicht in der Lage gewesen sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus dieser Aussage gehe allerdings in keinster Weise nachvollziehbar hervor, warum das zeitliche Leistungsvermögen im Jahr 2010 schon eingeschränkt gewesen sein soll. Insgesamt sei eine Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt nicht erwiesen.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 06.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.10.2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft hat. Die Klägerin sei wegen der auch vom Sachverständigen Dr. S. festgestellten Erkrankungen (Dysthymia, Migräne ohne Aura, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypothyreose, allergische Diathese, bekanntes Asthma bronchiale, Diabetes mellitus Typ II) schon vor dem 31.07.2010 nicht in der Lage gewesen, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das SG sei ohne nachvollziehbare Begründung dem Gutachten von Dr. S. und nicht den Zeugenaussagen des Dr. S. und des Psychotherapeuten T. gefolgt. Diese hätten die Klägerin im Zeitraum vor dem 31.07.2010 behandelt. Das SG wäre gehalten gewesen, die zum Leistungsvermögen der Klägerin angebotenen Zeugen - ihre Familienangehörigen sowie eine ehemalige Nachbarin - zu vernehmen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. August 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2015 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, Berücksichtigungszeiten, 4. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978 - 4 RJ 55/77 - und vom 28.08.1991 - 13/5 RJ 47/90 -).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, also neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbesondere Versicherungszeiten) der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein, d.h. die Tatsachen müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. LSG Bayern, Urteil v. 26.07.2006 - L 16 R 100/02 - in Juris).
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Oder in anderen Worten gesagt - das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSGE 45, 285, 287). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 118 Rdnr. 5 ff. m.w.N.).
Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. BSGE 27, 40). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.14).
Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen stellt der Senat fest, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei der Klägerin für die Zeit bis Juli 2010 nicht nachgewiesen ist. Nach dem in den Akten vorliegenden Versicherungsverlauf vom 22.06.2015 (Bl. 54 ff der SG-Akte) sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. 3/5-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) letztmals am 31.07.2010 erfüllt. Wegen der im Zeitraum 22.06.1998 bis 21.06.2008 zurückgelegten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ist der Fünf-Jahres-Zeitraum gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 2 SGB VI bis 31.07.1998, also um 84 Monate zu verlängern. Im dann zu berücksichtigenden Zeitraum 31.07.1998 bis 30.07.2010 liegen aufgrund der bescheinigten Pflichtbeitragszeiten von 01.07.1998 bis 30.06.2001 noch 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Nachdem im Versicherungskonto der Klägerin nach dem 30.06.2001 keine Beitragszeiten und nach dem 21.06.2008 keine Berücksichtigungszeiten oder sonstige Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI mehr erfasst sind, sind zu einem späteren Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Die Klägerin war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt war. Die Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr vollständig durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Für eine Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI für diese Zeiträume ist nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Zudem ist der Rentenantrag vom 19.11.2013 nicht geeignet, die Nachentrichtungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VII für alle genannten Lücken zu unterbrechen (vgl. § 198 Satz 1 SGB VI).
Ausgehend hiervon ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei der Klägerin für die Zeit bis Juli 2010 - und dann durchgehend bis zur Rentenantragstellung - nicht nachgewiesen. Eine zeitliche Leistungsminderung zu diesem Zeitpunkt ist weder unter Berücksichtigung der psychiatrischen Vorerkrankungen der Klägerin noch unter Berücksichtigung ihrer körperlichen Einschränkungen und auch nicht bei einer Gesamtschau sämtlicher gesundheitlicher Einschränkungen nachgewiesen. Der Senat teilt die Auffassung des SG und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der weiteren Begründung hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Mit Blick auf das Berufungsvorbringen ist (lediglich) auszuführen, dass weder nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. S. noch nach den schriftlichen Aussagen der behandelnden Ärzte, nämlich des Allgemeinmediziners Dr. S., der Neurologin und Psychiaterin Dr. G. und des Gynäkologen Dr. L. bereits im Jahr 2010 eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens bestand. Die Aussagen dieser Zeugen sind deswegen von besonderem Gewicht, weil sie die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen behandelt haben und ihre Einschätzung - im Ergebnis übereinstimmend - jeweils unter Würdigung der auf ihrem Fachgebiet festgestellten Erkrankungen und Einschränkungen vorgenommen haben. Nicht zu folgen ist demgegenüber der Beurteilung des Internisten Dr. S., der seine Einschätzung des Leistungsvermögens nicht nur auf fachfremde Diagnosen (Depression mit Somatisierungsstörung, Angstsymptomatik mit Panikattacken) gestützt, sondern sich eine Beurteilung des Leistungsvermögens für 2010 zugetraut hat, obwohl er die Klägerin zuletzt im November 2003 gesehen hat. Entsprechendes gilt für den Psychotherapeuten T., der die Klägerin bis 2005 und dann (erst) wieder ab Februar 2014 behandelt hat. Von daher kommt den Einschätzungen des langjährigen Hausarztes Dr. S., der die Klägerin seit Dezember 2003 durchgängig ca. einmal monatlich gesehen und behandelt hat sowie der ab dem Jahr 2011 behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. G. höhere Überzeugungskraft zu.
Der Berufungsbegründung ist einzuräumen, dass die Klägerin schon vor dem Ausbruch der Krebserkrankung im Jahr 2012 an verschiedenen Erkrankungen (Dysthymia, Migräne ohne Aura, Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypothyreose, allergische Diathese, bekanntes Asthma bronchiale, Diabetes mellitus Typ II) litt. Der Sachverständige Dr. S. und die behandelnden Ärzte Dr. S., Dr. G. und Dr. L. haben aber schlüssig dargelegt, dass das quantitative Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen bis zum Jahr 2012 erhalten war. Der Senat konnte sich daher weder aufgrund der Erkrankungen auf den einzelnen medizinischen Fachgebieten noch in einer Gesamtschau davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin für den Zeitraum bis 31.07.2010 auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken war.
Der Senat vermag für diesen Zeitraum auch nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorgelegen hat. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Solche zusätzliche - über das Erfordernis einer körperlich leichten Arbeit hinausgehende - Leistungseinschränkungen bestanden für die Klägerin bis Juli 2010 nicht. Soweit die Klägerin, wie Dr. S. dargelegt hat, Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und psychischen Belastungen und solche in Nachtschicht bzw. mit vermehrter Lärmexposition (als psychogene Stressfaktoren) vermeiden sollte, folgen hieraus keine zusätzlichen Einschränkungen, was die Ausübung jedenfalls körperlich leichter Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anbelangt, weshalb keine Verpflichtung der Beklagten zur Benennung verbliebener Tätigkeitsfelder besteht.
Auch ein sogenannter Katalogfall (vgl. hierzu BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139) liegt nicht vor. Die Wegefähigkeit wurde weder vom gehörten Sachverständigen so eingeschränkt beschrieben, dass im maßgeblichen Zeitpunkt übliche Wegstrecken (mindestens 500 Metern in bis zu 20 Minuten) nicht mehr bewältigt werden konnten oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgeschlossen gewesen war, noch ergeben sich diesbezügliche Anhaltspunkte aus den schriftlichen Aussagen der Zeugen.
Zu weiteren Ermittlungen sieht der Senat keine Veranlassung. Nach erfolgter Befragung sämtlicher früher und aktuell behandelnder Ärzte und Therapeuten und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens ist eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustandes der Klägerin zu einem zwischenzeitlich mehr als sechs Jahre zurückliegenden Zeitpunkt, etwa durch nochmalige Befragung derselben Personen, nicht zu erwarten. Eine Vernehmung der schriftsätzlich angebotenen Zeugen (Familienangehörige der Klägerin, ehemalige Nachbarin) ist nicht veranlasst, da diese Personen nicht über hinreichende medizinische Fachkunde verfügen und daher das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem Arbeitsmarkt - unabhängig von der persönlichen Beziehung zu ihr - nicht fachkundig nach objektiven Maßstäben zu beurteilen vermögen.
Ein Anspruch nach § 240 SGB VI scheidet aus, da die Klägerin nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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