L 4 P 4532/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 4831/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4532/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des bislang nach Pflegestufe II gewährten Pflegegeldes auf Pflegegeld nach Pflegestufe I ab dem 1. Juni 2014.

Der am 1997 geborene Kläger leidet an einem shunt-versorgten kongenitalen Hydrocephalus mit infantiler Zerebralparese und kombinierter Entwicklungsstörung. Es bestehen Mobilitätseinschränkungen mit spastischem Knickfuß beidseits und einer Schwäche der Rumpf-, Becken- und Beinmuskulatur. Der Kläger wohnt mit seinen Eltern in einem Einfamilienhaus. Bis zur Eingangstüre sind es acht Stufen. Die pflegerelevanten Räume liegen auf zwei Ebenen.

Seit 7. Februar 2000 bezog er Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufe II (Bescheid vom 29. März 2000). Dem lag zunächst das Gutachten der Dr. A. und der Pflegefachkraft Z., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 24. März 2000 zugrunde, in dem diese - nach Abzug kindesüblicher Versorgungszeiten - einen grundpflegerischen Gesamtbedarf von 140 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt ermittelt hatten.

Nach erneuter Überprüfung des Pflegebedarfes bewilligte die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 5. Mai 2011 weiterhin Pflegegeld nach Pflegestufe II. Zugrunde lag ein Gutachten der Pflegefachkraft W., MDK, vom 2. Mai 2011, in dem ein grundpflegerischer Gesamtbedarf von 122 Minuten ermittelt worden war (Körperpflege 56 Minuten, Ernährung 12 Minuten, Mobilität 54 Minuten). Es bestehe ein Hilfebedarf in Form der Teilübernahme sowie der Beaufsichtigung oder Unterstützung bei der Ganzkörperwäsche, dem Duschen, der Zahnpflege und beim Kämmen. Volle Übernahme sei nötig beim Toilettengang einschließlich dem Richten der Bekleidung. Die Nahrung müsse mundgerecht zubereitet, deren Aufnahme angeleitet werden. Teilübernahme und Beaufsichtigung sei nötig beim Aufstehen/Zubettgehen, An- und Entkleiden sowie beim Gehen, Stehen und Treppensteigen; bei den letzteren Verrichtungen sei auch eine Anleitung erforderlich.

Ab 1. November wurden dem Kläger zusätzliche Betreuungsleistungen gewährt (Bescheid vom 26. November 2012).

Im Rahmen einer Wiederholungsbegutachtung vom 17. April 2014 stellte Pflegefachkraft W. in ihrem Gutachten vom 22. April 2014 einen grundpflegerischen Gesamtbedarf von nur noch 76 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt fest (Körperpflege 27 Minuten, Ernährung sechs Minuten, Mobilität 43 Minuten). Teilübernahme und Beaufsichtigung sei notwendig bei der Ganzkörperwäsche und beim Duschen, bei der Zahnpflege lediglich Unterstützung; das Kämmen müsse voll übernommen werden. Bei der Darm- und Blasenentleerung bestehe ein Hilfebedarf nur noch beim Stuhlgang (Teilübernahme) und dem Richten der Bekleidung (Teilübernahme und Beaufsichtigung), bei der Ernährung in Form der Teilübernahme bei der mundgerechten Zubereitung. Im Bereich der Mobilität sei eine Teilübernahme beim An- und Entkleiden und Gehen sowie zusätzlich mit Beaufsichtigung beim Gehen, Stehen, Treppensteigen, dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung nötig. Im Vergleich mit dem Vorgutachten habe der Kläger deutliche Fortschritte gemacht. Er sei aktiv in der Lage, bei den einzelnen Verrichtungen mitzuhelfen oder diese selbständig zu übernehmen.

Nach Anhörung (Schreiben vom 23. April 2014) hob die Beklagte mit Bescheid vom 29. April 2014 den Bescheid vom 5. Mai 2011 mit Wirkung ab dem 1. Juni 2014 teilweise auf. Dem Kläger stehe wegen einer Verringerung des Pflegebedarfs nur noch Pflegegeld nach Pflegestufe I zu.

Zur Begründung des auf die Anhörung und vor Erlass des Bescheides vom 29. April 2014 eingelegten Widerspruches vom 28. April 2014 trug der Kläger insbesondere vor, mangels Treppenlifts benötige er Hilfe beim Überwinden der Außentreppe. Er sei nicht in der Lage, selbständig auf das Trinken oder den Stuhlgang zu achten. Der Bedarf bei der Zahnpflege sei nicht richtig erfasst, pflegeerschwerende Faktoren nicht berücksichtigt.

In dem daraufhin eingeholten Gutachten der Pflegefachkraft G.-L., MDK, vom 20. Juni 2014 beschrieb diese einen höheren Hilfebedarf in der Körperpflege (36 Minuten, u.a. Berücksichtigung zusätzlichen Unterstützungsbedarfs bei der wöchentlichen Rasur sowie bei der Nachkorrektur nach der Zahnpflege) und ermittelte einen grundpflegerischen Gesamtbedarf von 85 Minuten. Hieran hielt sie in einer sozialmedizinischen Fallberatung vom 8. August 2014 in Auseinandersetzung mit Einwendungen des Klägers fest.

Gestützt auf die Ergebnisse der Begutachtungen wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2014 als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht mehr vorlägen.

Hiergegen und gegen die zeitgleich ergangene Aufhebung der Bewilligung zusätzlicher Betreuungsleistungen erhob der Kläger am 17. Oktober 2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) und führte zur Begründung aus, die Gutachten des MDK hätten seinen Grundpflegebedarf nicht zutreffend erfasst. Dies gelte auch für die Notwendigkeit der Begleitung bei Fahrten zur Krankengymnastik und ärztlichen Therapien. Zuletzt machte er die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen der sozialen Pflegeversicherung geltend.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte ein Gutachten der Pflegefachkraft B., MDK, vom 22. Dezember 2014 vor, in dem der von Pflegefachkraft G.-L. beschriebene Pflegebedarf bestätigt wurde.

Das SG bestellte den Pflegefachwirt O. zum gerichtlichen Sachverständigen, der in seinem aufgrund einer Untersuchung unter dem 24. Februar 2015 erstatteten Gutachten einen grundpflegerischen Gesamthilfebedarf von 104,7 Minuten täglich für die Zeit ab Juni 2014 beschrieb (Körperpflege 37,3, Ernährung sechs, Mobilität 61,4 Minuten). Gegenüber April 2011 habe sich der Pflegebedarf des Klägers bei der Zahnpflege, dem Wasserlassen, dem Richten der Bekleidung nach dem Toilettengang, der Aufnahme der Nahrung, dem Gehen und Stehen verringert. In den Gutachten der Pflegefachkräfte W. und G.-L. seien insbesondere die Hilfebedarfe beim Aufstehen und Zubettgehen, beim Transfer zur Dusche und beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung einschließlich des An- und Auskleidens hierzu nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Die Klage wegen der Aufhebung der Bewilligung zusätzlicher Betreuungsleistungen wurde durch angenommenes Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 27. Juli 2015 erledigt.

Mit Urteil vom 27. Juli 2015 wies das SG die Klage ab. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Ott sei zwischen den Beteiligten nicht mehr umstritten, dass sich der Pflegebedarf des Klägers gegenüber April 2011 deutlich verbessert habe und die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht mehr erreiche. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei daher rechtmäßig. Die in § 15 Abs. 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) für die Pflegestufeneinteilung vorgesehenen starren Zeitgrenzen hielten sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zuzubilligenden weiten Gestaltungsspielraums. Die vorgenommene Pauschalierung sei vertretbar und verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auch in anderen Bereichen des Sozialrechts fänden sich nicht zu beanstandende feste Zeit- oder Stufenregelungen.

Gegen dieses ihm am 10. Oktober 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Oktober 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Die Einstufung nach Pflegestufen stelle eine teilweise massive Ungleichbehandlung sowohl der zu pflegenden als auch der pflegenden Personen nach dem "AAG" (gemeint Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz [AGG]) dar, sobald sich die Pflegestufe nicht genau auf der Spitze der Stufe befinde. Je nachdem, wo sie sich auf der Stufe befänden, büßten sie "ein paar wenige Euro bis ganz massiv ein paar Hundert Euro" ein und erhielten dementsprechend auch weniger pflegerische Leistungen. Der Verweis auf andere Bereiche des Sozialrechts sei unzulässig. Nur weil auch dort zu Lasten der Versicherten gehandelt werde, mache dies die Sache nicht automatisch richtig und gerecht. Der Gesetzgeber sei im Gegenteil angehalten, das AAG umzusetzen, um in diesen Bereichen für eine Gleichbehandlung Sorge zu tragen. Der richtige Ansatz sei, Pflegeleistungen ohne Stufen zu gewähren, zumal ohnehin bereits eine akribisch genaue Abrechnung der Minuten erfolge. Entgegen der Ansicht des SG sei auch nicht mit einer Zunahme von Rechtsstreitigkeiten bei einer pflegestufenfreien Pflegeregelung zu rechnen. Pflegende Angehörige sollten vom Gesetzgeber bei einer Pflichtversicherung nicht einfach unter dem Hinweis, es handele sich um eine Anerkennung, mit einem Almosen abgespeist werden. Pflegen belaste die Angehörigen oft sowohl körperlich als auch seelisch und solle daher etwas mehr geachtet werden, zumal die Versicherungen durch das Engagement der Angehörigen eine Menge Geld einsparten. Wegen der zu den unterschiedlichen Beträgen für Sach- und Geldleistungen je Pflegestufe erstellten Tabellen wird auf Bl. 3/4 der Senatsakte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juli 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der MDK habe in vier Gutachten festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Pflegestufe II nicht mehr erfüllt seien. Der im sozialgerichtlichen Verfahren bestellte Sachverständige O. komme zum gleichen Ergebnis.

Der Berichterstatter hat am 21. September 2016 mit dem Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beteiligten danach auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da sie laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. April 2014 hat die Beklagte das zuvor unbefristet nach Pflegestufe II gewährte Pflegegeld teilweise aufgehoben und damit dem Kläger laufende Leistungen für einen zukunftsoffenen Zeitraum entzogen.

3. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich die Herabsetzung des Pflegegeldes auf solches nach Pflegestufe I ab dem 1. Juni 2014. Das mit der Klage noch verfolgte Begehren auf Weitergewährung der zusätzlichen Betreuungsleistungen ist nach dem angenommenen Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG in der Sache erledigt. Das SG hat im angefochtenen Urteil dementsprechend auch nur zur teilweisen Aufhebung der Pflegegeldbewilligung entschieden. Streitbefangen ist damit der Bescheid vom 29. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2014.

4. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

a) Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG statthaft und zulässig. Eines zusätzlichen Verpflichtungs- oder Leistungsantrags bedarf es nicht. Mit der Kassation des Aufhebungsbescheides hätte der Kläger sein Klageziel auf Pflegegeld in bisheriger Höhe erreicht.

Bei der isolierten Anfechtungsklage ist grundsätzlich maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 1. Oktober 2009 – B 3 KS 4/08 R – juris, Rn. 12), hier also zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2014. Sollten in der Zeit danach Änderungen eingetreten sein, sind diese für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich.

b) Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zum maßgeblichen, im angefochtenen Bescheid geregelten Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen für die (teilweise) Aufhebung der Pflegegeldbewilligung vor.

aa) Die nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Anhörung ist mit Schreiben vom 23. April 2014 vor Erlass des Bescheides vom 29. April 2014 erfolgt.

Der Senat lässt offen, ob die Anhörung im Schreiben vom 23. April 2014 ordnungsgemäß war. Der Kläger äußerte sich mit am selben Tag bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 28. April 2014. Ob insoweit die Beklagte die selbst gesetzte Frist (bis zum 5. Mai 2014) oder die erforderliche (Mindest-)Frist von zwei Wochen zuzüglich Postlaufzeiten (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2005 – B 4 RA 29/04 R – juris, Rn. 25) bis zum Erlass des Bescheides hätte abwarten müssen und nicht bereits am 29. April 2014 den Aufhebungsbescheid hätte erlassen dürfen, lässt der Senat dahingestellt. Selbst wenn dies eine fehlerhafte Anhörung begründen würde, ist dies jedenfalls durch das Widerspruchsverfahren geheilt. Dies ist der Fall, wenn dem Betroffenen durch die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit gegeben wird, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern (z.B. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 – B 6 KA 3/01 R – juris, Rn. 22). Dies erfolgte. Denn die Beklagte nannte im Bescheid vom 29. April 2014 die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte, dass sich der Umfang der Pflegebedürftigkeit in einem Umfang verringert hatte und nur noch die Voraussetzungen für Pflegegeld nach der Pflegestufe I vorlagen. Dem Kläger war damit im Widerspruchsverfahren eine sachgerechte Stellungnahme möglich, die er auch abgab.

Der Bescheid vom 29. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2014 ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Die Aufhebung, deren Umfang und Zeitpunkt sowie der aufgehobene Bescheid werden ausdrücklich benannt. Für den Adressaten war deutlich erkennbar, dass ab dem 1. Juni 2014 Pflegegeld nur noch in Höhe von EUR 235,00 monatlich gewährt und daher der höhere Leistungen bewilligende Bescheid vom 5. Mai 2011 insoweit zu diesem Zeitpunkt aufgehoben werde. Mit dem Bescheid vom 5. Mai 2011 hat die Beklagte den maßgeblichen Bewilligungsbescheid zutreffend bezeichnet. Denn mit diesem wurde dem Kläger aufgrund einer umfassenden Überprüfung des Pflegebedarfs zuletzt Pflegegeld nach Pflegestufe II bewilligt.

bb) Rechtsgrundlage für die angefochtene Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen in der sozialen Pflegeversicherung nach einer bestimmten Pflegestufe ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (BSG, Urteil vom 7. Juli 2005 – B 3 P 8/04 R – juris, Rn. 16). Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ist gegeben, wenn der Verwaltungsakt von der Behörde nach den nunmehr vorliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so nicht mehr erlassen werden dürfte (z.B. BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R – juris, Rn. 16). Eine wesentliche Änderung in diesem Sinne lag am 1. Juni 2014 vor. Denn dem Kläger stand ab diesem Zeitpunkt kein Pflegegeld nach Pflegestufe II mehr zu.

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Die Pflegebedürftigkeit bestimmt sich vorliegend aus §§ 14, 15 SGB XI in der noch bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen.

Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen ... Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind hingegen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Die durch Art. 2 Nr. 7 Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II) vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2424) eingeführte Einstufung nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten tritt erst zum 1. Januar 2017 in Kraft (Art. 8 Abs. 2 PSG II).

Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.

Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2002 – B 3 P 12/01 R – juris, Rn. 12 ff.; Urteil des Senats vom 30. März 2012 – L 4 P 342/10 – juris, Rn. 27; Urteil des Senats vom 3. August 2012 – L 4 P 5324/11 – juris, Rn. 26). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 – B 3 P 7/97 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 – B 3 P 7/03 R – juris, Rn. 32 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Februar 2006 – B 3 P 26/05 B – juris, Rn. 8; Urteil des Senats vom 30. März 2012 – L 4 P 342/10 – juris, Rn. 27; Urteil des Senats vom 3. August 2012 – L 4 P 5324/11 – juris, Rn. 26). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (BSG, Urteil vom 10. März 2010 – B 3 P 10/08 R – juris, Rn. 20 m.w.N.).

(1) Zum Zeitpunkt der mit Bescheid vom 5. Mai 2011 - auf Dauer - erfolgten Bewilligung von Pflegegeld hatte der Kläger einen Grundpflegebedarf von insgesamt 122 Minuten. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Pflegefachkraft W., MDK, vom 2. Mai 2011. Es bestand ein Hilfebedarf in Form der Teilübernahme sowie der Beaufsichtigung oder Unterstützung bei der Ganzkörperwäsche, dem Duschen, der Zahnpflege und beim Kämmen. Volle Übernahme war nötig beim Toilettengang einschließlich dem Richten der Bekleidung. Die Nahrung musste mundgerecht zubereitet, deren Aufnahme angeleitet werden. Teilübernahme und Beaufsichtigung war nötig beim Aufstehen/Zubettgehen, An- und Entkleiden sowie beim Gehen, Stehen und Treppensteigen; bei den letzteren Verrichtungen war auch eine Anleitung erforderlich. Unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Maßstäbe hatte Pflegefachkraft W. hieraus schlüssig einen Pflegebedarf bei der Körperpflege von 56 Minuten, bei der Ernährung 12 Minuten und im Bereich der Mobilität von 54 Minuten ermittelt. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ermittlung des Pflegebedarfs liegen nicht vor. Der zu diesem Zeitpunkt bestehende Pflegebedarf war daher zutreffend der Pflegestufe II zugeordnet worden.

(2) Ab dem 1. Juni 2014 betrug der grundpflegerische Gesamtbedarf des Klägers hingegen nur noch 106 Minuten. Dies entnimmt der Senat dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen O ... Dieser hat die sich aus den Behinderungen des Klägers unter Beachtung seiner konkreten Wohnsituation ergebenden Beeinträchtigungen und Einschränkungen in den grundpflegerischen Verrichtungen ausführlich erhoben und den hieraus resultierenden Hilfebedarf schlüssig ermittelt. In kritischer Auseinandersetzung mit Gutachten der Pflegefachkräfte W. und G.-L. hat er aufgrund der beschriebenen Einschränkungen überzeugend begründet, dass der Hilfebedarf bereits zum 1. Juni 2014 in diesem Umfang vorlag. Danach hat sich der Pflegebedarf des Klägers gegenüber April 2011 maßgeblich verringert. Den kompletten Zahnpflegevorgang führte der Kläger nunmehr selbständig durch. Er benötigte gegebenenfalls in Teilbereichen der Vor- und Nachbereitung eine Unterstützung. Beim Wasserlassen bestand kein Hilfebedarf mehr. Dem Kläger war es selbständig möglich, das Wasserlassen zu kontrollieren. Das Säubern des Intimbereichs nach dem Wasserlassen für die er ebenfalls selbständig durch. Aufgrund seiner verbesserten Mobilität war es dem Kläger nun möglich, beim Richten der Bekleidung nach dem Toilettengang zumindest unterstützend tätig zu werden, so dass keine volle Übernahme mehr notwendig war. Es genügte eine teilweise Übernahme, Unterstützung und Beaufsichtigung. Ebenso entfallen war ein Hilfebedarf beim Windelwechsel, Wechseln kleiner Vorlagen und Wechsel/Entleerung von Urinbeutel/Toilettenstuhl. Im Bereich der Ernährung bedurfte es im Vergleich zum April 2011 keiner Anleitung durch die Pflegeperson mehr. Der Kläger konnte sich inzwischen in seinem Aktiv-Rollstuhl innerhalb der Wohneinheit selbständig fortbewegen; auch der Transfer Rollstuhl/Toilette war selbständig möglich. Es bestand lediglich ein Beaufsichtigungsbedarf. Beim Gehen mit 4-Punkt-Gehstöcken bestand ein Hilfebedarf in Form der Unterstützung und Beaufsichtigung. Neben der Verringerung des Hilfebedarfs berücksichtigte der Sachverständige auch neu hinzugetretenen Pflegebedarf wie das Rasieren und das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung. Zu Letzterem hat der Sachverständige klargestellt, dass ein Außentreppenlift nicht mehr vorhanden war. Der Kläger benötigte daher Unterstützung bei der Überwindung der sechs Treppenstufen von der Haustüre bis zur Straße; von dort erfolgte ein unterstützter Transfer ins Auto. Beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sind berücksichtigungsfähig jedoch nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind. Erfasst sind damit solche auswärtigen Termine, die Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim vermeiden und die das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Dies ist gegeben beim Besuch von Ärzten oder bei Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, wenn sie zur Behandlung einer Krankheit ärztlich verordnet worden sind (BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 P 6/02 R –, juris Rn. 17). Zu berücksichtigen sind solche Termine nur, wenn sie regelmäßig mindestens einmal wöchentlich anstehen (vgl. § 15 Abs. 3 SGB XI). Zutreffend hat der Sachverständige daher die einmal wöchentlich und auf Dauer stattfindenden Termine zur Physiotherapie und Lymphdrainage zugrunde gelegt. Die ständige Präsenz und Kontrolle der Begleitpersonen war während der Behandlungen oder zur Sicherstellung der Behandlungen nicht erforderlich. Nachvollziehbar hat der Sachverständige einen Hilfebedarf von 70 Minuten zweimal wöchentlich und damit 20 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt angesetzt. Demnach besteht ein Pflegebedarf im Bereich der Körperpflege von 38 Minuten, der Ernährung von sechs Minuten und der Mobilität von 62 Minuten. Substantiierte Einwendungen gegen diese Beurteilung hat auch der Kläger nicht erhoben. Aus den Gutachten der Pflegefachkräfte W. und G.-L. ergibt sich jedenfalls kein höherer Pflegebedarf. Zum 1. Juni 2014 war daher nur noch ein Pflegebedarf nach Pflegestufe I gegeben.

cc) Die gesetzlichen Regelungen der §§ 14, 15 und 37 SGB XI (in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) über die Höhe des Pflegegeldes nach der Pflegestufe verstoßen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Anwendungsbereich des AGG ist schon nach § 2 Abs. 2 AGG für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch nicht eröffnet und könnte den Tatbestand der speziellen Anspruchsnorm ohnehin nicht außer Kraft setzen. Maßstab ist daher allein Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Dieser gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Das Grundrecht ist aber dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Bei der notwendigen Grenzziehung, welche tatsächlichen Gegebenheiten die Leistungspflicht der sozialen Pflegeversicherung auslösen oder erhöhen, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Geht es wie hier darum, die leistungsrechtlichen Grundentscheidungen eines Sozialleistungssystems festzulegen, sind vorwiegend sozialpolitische Entscheidungen grundsätzlicher Art zu treffen. Diese haben die Gerichte - auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) - hinzunehmen, solange die Erwägungen des Gesetzgebers weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind. Dabei ist die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit besonders groß, wenn ein Sozialleistungssystem - wie die soziale Pflegeversicherung - ohnehin nur die Teilabsicherung eines Risikos bewirken soll (vgl. § 4 Abs. 2 SGB XI) und Lücken im Leistungskatalog unter bestimmten Voraussetzungen teilweise anderweitig geschlossen werden können, hier durch die Hilfe zur Pflege nach dem Recht der Sozialhilfe. Keinesfalls kann das Gericht prüfen, ob der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Da die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise nur als Teilabsicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ausgestaltet worden sind, hatte der Gesetzgeber festzulegen, was die soziale Pflegeversicherung zu leisten hat und was nicht. Dabei stellt der Gesichtspunkt der Gesetzesklarheit und der Anwendungssicherheit im Leistungsrecht einen rechts- wie sozialstaatlich gleichermaßen erheblichen Vorteil dar. Zu berücksichtigen ist auch das Ziel, die Beitragssätze dauerhaft auf einem vertretbaren Niveau zu halten (vgl. BT-Drucks. 12/5262, S. 133). Im Rahmen einer Gesamtabwägung, bei der insbesondere gesamtwirtschaftliche Überlegungen zu berücksichtigen waren, hatte der Gesetzgeber zu entscheiden, in welchem Umfang er den an der Finanzierung der Pflegeversicherung Beteiligten finanzielle Lasten aufbürden wollte. Der von ihm eingeschlagene Weg, die Beitragsbelastung auch mit Hilfe der Definition der Pflegebedürftigkeit in Grenzen zu halten, liegt im Rahmen seines politischen Gestaltungsspielraums und ist nicht durch Vorgaben des Verfassungsrechts versperrt (zum Ganzen BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. Mai 2003 – 1 BvR 452/99 –, juris Rn. 17 ff. m.w.N.).

Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen braucht der Gesetzgeber nicht um die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle besorgt zu sein. Er ist vielmehr berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen unvermeidlichen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität kann die auftretenden Ungleichbehandlungen rechtfertigen. Allerdings darf das Maß der Ungleichbehandlung die Grenzen, die dem Gesetzgeber gezogen sind, nicht überschreiten. Die Typisierung setzt, soll sie verfassungsrechtlich zulässig sein, voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u.a.– juris, Rn. 15 und Beschluss vom 30. November 2011 – 1 BvR 3269/08, 1 BvR 656/10 – juris, Rn. 17).

Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit den §§ 14, 15 und 37 SGB XI (in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Es liegt nicht in der Kompetenz der Gerichte, dem Gesetzgeber den (vermeintlich) besten oder besseren Weg vorzugeben. Die Pflegestufen und ihre Tatbestandsmerkmale dienen der Gesetzesklarheit und der Anwendungssicherheit im Leistungsrecht. Dies sind zulässige Abwägungsbelange, was gleichermaßen für die Eingrenzung der Beitragsbelastung gilt. Angesichts der erheblichen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer Anspruchsnorm, die jeder Minute des Pflegebedarfs eine andere Leistungshöhe zuordnet, ist die gewählte Typisierung nicht zu beanstanden. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass mit der sozialen Pflegeversicherung gerade keine Vollabsicherung bezweckt ist, so dass durch die Typisierung entstehende Härten ohnehin nicht erheblich ins Gewicht fallen können.

Die unterschiedliche Leistungshöhe bei Pflegegeld und Sachleistung ist verfassungskonform (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. März 2014 – 1 BvR 1133/12 – juris, Rn. 21 ff.).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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