L 11 R 391/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2730/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 391/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Tätigkeit einer Steuerberaterin bei einer
Steuerberatungsgesellschaft unterliegt nicht der
Sozialversicherungspflicht ("freie Mitarbeiterin"), wenn die Steuerberaterin nur bestimmte, vorab ausgewählte Mandanten betreut und die Bezahlung ausschließlich in Form eines Anteils am mit diesen Mandanten erzielten Umsatz erfolgt.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.11.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in der Tätigkeit der Beigeladene zu 4) in der Zeit vom 07.02.2011 bis 31.12.2011 für die Klägerin als Steuerberaterin Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft. Die Beigeladene zu 4) war bis Januar 2011 bei der Klägerin als Finanzwirtin gegen ein monatliches Festgehalt abhängig beschäftigt. Nach Ablegen des Steuerberaterexamens machte sich die Beigeladene zu 4) mit einem eigenen Steuerberatungsbüro selbstständig. Zusätzlich schloss sie mit der Klägerin einen "Freier-Mitarbeiter-Vertrag - für Berufsangehörige", der ua folgende Regelungen enthielt: § 1 Vertragsgegenstand (1) Der freie Mitarbeiter übernimmt ab dem 07.02.2011 für den Auftraggeber freiberufliche steuerberatende Tätigkeiten für dessen Mandanten dazu zählen insbesondere die Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Dem freien Mitarbeiter steht das Recht zu, einzelne Aufträge des Auftraggebers ohne Angabe von Gründen abzulehnen; die Ablehnung ist dem Auftraggeber gegenüber unverzüglich anzuzeigen. (2) Der freie Mitarbeiter übernimmt die nachfolgend näher bezeichneten Einzelaufträge: - vgl. Auflistung in der Anlage (3) Der freie Mitarbeiter führt die ihm übertragenen Aufträge nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Berufsausübung selbstständig und eigenverantwortlich durch. Die Bearbeitung erfolgt ausschließlich in den Räumen des Auftraggebers in N. bzw. Ö. § 3 Vergütung (1) Als Vergütung für die freiberufliche Tätigkeit wird ein umsatzabhängiges Honorar von 50 v.H. zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer vereinbart. Maßgebend ist der EDV-mäßig ausgewiesene Umsatzanteil des freien Mitarbeiters an dem jeweils bearbeiteten Fall. (2) Alle sonstigen Auslagen und Aufwendungen sind durch vorstehende Vereinbarung abgedeckt. (3) Kosten für den eigenen Bürobetrieb und sonstige Kosten des freien Mitarbeiters werden vom Auftraggeber nicht erstattet; diese trägt ausschließlich der freie Mitarbeiter. (4) - (6) [ ] § 4 Weitere Tätigkeiten (1) Dem freien Mitarbeiter ist die Annahme weiterer Aufträge von anderen Auftraggebern ausdrücklich gestattet. (2) Der freie Mitarbeiter ist auch berechtigt, eigene Mandanten außerhalb dieses Auftragsverhältnisses zu akquirieren, zu betreuen und abzurechnen. § 5 Mitwirkung Dritter Der freie Mitarbeiter hat die Aufträge selbst zu erledigen. Die Hinzuziehung bei ihm beschäftigter Personen oder anderer qualifizierter Dritter kann nur durch Absprache im Einzelfall erfolgen. § 7 Haftung/Versicherung (1) Der freie Mitarbeiter, der neben der freien Mitarbeit auch eigene Mandate betreut, haftet dem Auftraggeber gegenüber nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für alle Schäden, die er oder seine Erfüllungsgehilfen im Rahmen der Ausführung dieses Auftrages verursachen. Der freie Mitarbeiter bestätigt, dass er eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 250.000 EUR abgeschlossen hat und aufrechterhalten wird. (2) Der Auftraggeber hat Anspruch auf die Beseitigung etwaiger Mängel. Beseitigt der freie Mitarbeiter die geltend gemachten Mängel nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder lehnt er die Mängelbeseitigung ab, so kann der Auftraggeber auf Kosten des freien Mitarbeiters die Mängel beseitigen oder beseitigen lassen. § 8 Mitwirkung des Auftraggebers (1) [ ] (2) Der Auftraggeber hat alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des freien Mitarbeiters beeinträchtigen könnte. Insbesondere sind weder der Auftraggeber noch die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem freien Mitarbeiter hinsichtlich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und der Art der Durchführung des Auftrages weisungsbefugt. Der freie Mitarbeiter hat gegenüber den Arbeitnehmern des Auftraggebers kein Weisungsrecht.

Dem Vertrag war eine Liste von Mandanten beigefügt, die von der Beigeladenen zu 4) betreut werden sollten. Dabei handelt es sich teilweise um Mandanten, die von ihr auch schon vorher in der abhängigen Beschäftigung betreut worden waren.

Am 02.03.2011 beantragten die Klägerin und die Beigeladene zu 4) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beigeladene zu 4) gab in der Anlage zum Statusfeststellungsantrag an, dass ihre Aufgabe die eigenständige Bearbeitung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen sei. Es gebe keine Vorgaben, lediglich eine abschließende Durchsicht und Besprechung der bearbeiteten Fälle. Die Tätigkeiten würden in den Räumen des Auftraggebers ausgeführt. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation liege nicht vor, sondern lediglich die Möglichkeit, freiwillig an Fortbildungen teilzunehmen. Sie trete unternehmerisch auf, indem sie Anzeigen in Zeitungen schaltete, eine eigene Internetpräsenz geplant sei, sie eigene Kundenakquise betreibe sowie selbstständige und eigenverantwortliche Arbeiten auf eigenes Risiko und eigene Rechnung ausübe. Sie besitze eigene Büroräume und eine eigene EDV. Im Verwaltungsverfahren gab sie zudem an, dass die Arbeitsmittel vom Auftraggeber gestellt würden und das Letztentscheidungsrecht sie in Absprache mit dem zuständigen Partner der Klägerin habe.

Nachdem die Beigeladene zu 4) auf die gemahnte Anforderung der Beklagten keine Rechnungen mit Rechnungsbeträgen einreicht hatte, teilte die Beklagte der Klägerin und Beigeladenen zu 4) mit Bescheid vom einen 21.04.2011 mit, dass ein Verfahren auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht durchgeführt werde, da bislang Rechnungskopien, aus denen die Höhe der geleisteten Stunden und das Honorar hervorgingen, trotz Erinnerung nicht eingereicht worden seien. Mit Schreiben vom 09.05.2011 übersandte die Beigeladene zu 4) Rechnungskopien bezüglich der Monate Februar und März 2011. Den Rechnungen war jeweils eine Aufstellung über den Mitarbeiteranteil am Umsatz pro Rechnung auf Basis der abgerechneten Kosten beigefügt.

Mit Schreiben vom 19.09.2011 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 4) bezüglich eines beabsichtigten Bescheides über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 07.02.2011 an. Zudem übersandte sie der Beigeladenen zu 4) ein Formblatt für die Zustimmung zum späteren Beginn der Versicherungspflicht. Die diesbezügliche Zustimmungserklärung ging bei der Beklagten nicht ein.

Mit Bescheiden vom 17.10.2011 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit als Steuerberaterin bei der Klägerin seit dem 07.02.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung am 07.02.2011. In der Krankenversicherung bestehe keine Versicherungspflicht. Hiergegen legten sowohl die Klägerin wie auch die Beigeladene zu 4) Widerspruch ein. Sie machten geltend, dass keine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin vorliege, die Beigeladene zu 4) über die eigene Arbeitskraft frei verfügen könne und eine Vergütung nur nach einem prozentualen Anteil erfolge und in diesem Anteil sämtliche Kosten, wie die Nutzung der Büroräume, der EDV, des Büromaterials sowie die sonstigen Kosten abgegolten seien. Die Beigeladene zu 4) habe mehrere Auftraggeber und trage ein unternehmerisches Risiko.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 17.08.2012 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und einen Befreiungsbescheid gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betreffend die Tätigkeit der Beigeladene zu 4) als Steuerberaterin vom 21.05.2010 vorgelegt. Die Beklagte hat bezüglich der Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung ein Teilanerkenntnis abgegeben, welches von der Klägerin angenommen worden ist. Mit Bescheid vom 09.11.2012 hat die Beklagte das Teilanerkenntnis ausgeführt, den Bescheid vom 17.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2012 hinsichtlich der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung zurückgenommen und für die Zeit ab 07.02.2011 festgestellt, dass in der Tätigkeit als Steuerberaterin in der Rentenversicherung keine Versicherungspflicht bestehe, weil die Beschäftigte von der Versicherungspflicht wegen einer Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Rentenversicherungspflicht befreit sei.

Mit Urteil vom 07.11.2014 hat das SG den Bescheid vom 17.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2012 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) als Steuerberaterin bei der Klägerin seit 07.02.2011 nicht in einem abhängigen und damit in der Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass zunächst die getroffenen vertraglichen Abreden für eine selbständige freie Tätigkeit sprechen würden. Auch in tatsächlicher Hinsicht sei die Beigeladene zu 4) nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie habe auch keinem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Der Umstand, dass die Tätigkeit ausschließlich in den Räumlichkeiten der Klägerin ausgeübt werde und werden müsse und die Räumlichkeiten sowie die nötige Ausstattung bereitgestellt würden, spreche zwar für eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Jedoch seien nur Randbereiche, insbesondere organisatorischer Art, betroffen. Der Kernbereich der von der Beigeladenen zu 4) zu übernehmenden Aufgaben bleibe trotzdem weisungsfrei. Maßgeblich sei, ob die Beigeladene zu 4) im Wesentlichen frei in der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit gewesen sei oder inhaltliche Vorgaben der Klägerin befolgen habe müssen. Dies sei hier nicht der Fall. Die Beigeladene zu 4) sei in der Bearbeitung der einzelnen Mandate völlig frei gewesen. Sie habe die ihr übertragenen Mandate völlig eigenständig und eigenverantwortlich durchgeführt. Zudem liege ein nicht unerhebliches unternehmerisches Risiko für sie vor. So habe sie ihren Verdienst allein aus umsatzabhängigen Honoraren erzielen können. Eine Grundvergütung oder eine garantierte Beteiligungsprovision sei nicht vereinbart worden, so dass der Erfolg der Tätigkeit allein von dem Einsatz ihrer Arbeitskraft abhänge. Vereinbart sei ein umsatzabhängiges Honorar von 50 v.H. gewesen. Aus dieser Vergütungsregelung folge ein unternehmerisches Risiko, aber auch die Möglichkeit, durch schnellere und effizientere Bearbeitung der Mandate oder durch Annahme von mehr Mandaten einen höheren Gewinn zu erzielen. Dem unternehmerischen Risiko aus der ausschließlich erfolgsabhängigen Vergütung auf Honorarbasis und damit der Ungewissheit des Eintritts eines wirtschaftlichen Erfolges durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft habe damit auch die Freiheit in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüber gestanden.

Gegen das der Beklagten am 05.01.2015 zugestellte Urteil hat diese am 02.02.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und auf die Entscheidung des 5. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 04.09.2013 (L 5 R 4751/11) bezüglich einer abhängigen Beschäftigung eines Steuerberaters verwiesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass bei der Beigeladenen zu 4) bezüglich ihrer Tätigkeit für die Klägerin eine abhängige Beschäftigung vorliege. Diese sei bei der Bearbeitung der einzelnen Mandate nicht völlig frei gewesen. Nach § 2 des Vertrages über freie Mitarbeit habe sie lediglich ein Mitzzeichnungsrecht bei den von ihr gefertigten Arbeiten gehabt. Insofern könne unterstellt werden, dass das fachliche Letztentscheidungsrecht bei der Klägerin gelegen habe. Zudem hätte diese die erteilten Mandate der Beigeladenen zu 4) auch wieder entziehen können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.11.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 06.09.2016 erörtert. Die Klägerin und die Beigeladene zu 4) haben mitgeteilt, dass das Auftragsverhältnis zwischen ihnen Ende 2011 geendet habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Insbesondere ist die Monatsfrist gewahrt. Ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses ist das erstinstanzliche Urteil der Beklagten am 05.01.2015 zugegangen, so dass eine Berufungseinlegung am 02.02.2015 noch fristgemäß ist.

Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2012 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) für die Klägerin als Steuerberaterin seit 07.02.2011 nicht in einem abhängigen und damit in der Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird.

Aufgrund der von der Beklagten anerkannten hauptberuflichen Selbstständigkeit (und damit der Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung) der Beigeladenen zu 4) und der Befreiung von der Rentenversicherung steht ausschließlich die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung im Streit.

Der Senat sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG).

Nur ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Die glaubhaften Ausführungen der Beigeladenen zu 4) im Erörterungstermin vom 06.09.2016 vor dem Berichterstatter des Senats bestätigen die Feststellungen und Einschätzungen des SG. Im vorliegenden Fall liegt eine typische Konstellation einer freien Mitarbeit vor, die der Annahme einer abhängigen Mitarbeit entgegensteht. Zwar arbeitete die Beigeladene zu 4) im Rahmen der Mandatsbearbeitung für die Klägerin ausschließlich in deren Räumen. Sie war jedoch nicht maßgeblich in den fremden Betrieb eingegliedert oder weisungsabhängig.

Die zuvor ausgeübte abhängige Beschäftigung bei der Klägerin hat im vorliegnden Fall keine Indizwirkung hinsichtlich der hier zu beurteilenden Tätigkeit. Vielmehr diente die jetzige freie Mitarbeit dem Aufbau des selbständigen Steuerberaterbüros der Beigeladenen zu 4), so dass auch aufgrund der Ablegung des Steuerberaterexamens eine Zäsur festzustellen ist.

Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht insbesondere auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 4) sich die Mandanten, die sie für die Klägerin bearbeitet hat, selbst vorher ausgesucht hat und keine einseitige Zuweisung von Mandanten durch die Klägerin erfolgte. Die Beigeladene zu 4) war, wie für eine freie Tätigkeit in einer Steuerberatungsgesellschaft oder einer Rechtsanwaltskanzlei üblich, die direkte Ansprechpartnerin der Mandanten. Sie hatte einen eigenen Schlüssel für die Büroräume und konnte kommen und gehen, wann sie wollte. Der Umstand, dass sie auch eine E-Mail-Adresse der Klägerin hatte und auf Nachfragen von Mandanten Auskünfte auch von Mitarbeitern der Klägerin erteilt worden sind, wertet der Senat demgegenüber im vorliegenden Einzelfall als untergeordnet. Entscheidend ist vielmehr der Umstand, dass die Beigeladene zu 4) in ihrer Tätigkeit weitgehend zeitlich und inhaltlich frei war. So hat die Beigeladene zu 4) auch keine Hilfsdienste für die Klägerin übernommen. Dass die Klägerin ein Letztentscheidungsrecht bezüglich der Bearbeitung der Mandate hatte, spricht nicht gegen eine selbständige freie Mitarbeit. Schließlich war die Klägerin die Vertragspartnerin der Mandanten und nicht die Beigeladene zu 4). Gleiches gilt für das theoretische Recht der Klägerin, der Beigeladenen zu 4) zugeteilte Mandate auch wieder zu entziehen. Dies ändert nichts an einer selbständigen Tätigkeit bei der Betreuung der übernommenen Mandate.

Zum anderen spricht das vom SG zutreffend herausgearbeitete erhebliche unternehmerische Risiko verbunden mit erheblichen unternehmerischen Chancen für den Senat eindeutig und hier hauptsächlich maßgeblich für eine selbstständige Tätigkeit. Die Beigeladene zu 4) wurde ausschließlich am mit den Mandanten erzielten Umsatz beteiligt und erhielt davon 50 vH. Zudem trug sie nach dem Vertrag die Haftung für eine ordnungsgemäße Mandatsbearbeitung und musste eine entsprechende Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung vorhalten.

Schon wegen der hier vorliegenden reinen Umsatzbeteiligung ist entgegen der Ansicht der Beklagten der Sachverhalt im von ihr in Bezug genommenen Urteil des 5. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 04.09.2013 (L 5 R 4751/11) völlig abweichend und deshalb die dort getroffene Abwägung auch nicht auf den hier maßgeblichen Sachverhalt übertragbar.

Da nach Auffassung des Senats schon keine abhängige Beschäftigung vorliegt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beigeladene zu 4) im Erörterungstermin vom 06.09.2016 wirksam einem späteren Beginn der Versicherungspflicht zugestimmt hat und ob dessen Voraussetzungen überhaupt erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Diese haben keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen (§ 197 Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO). Sie tragen ihre Kosten selbst.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht Auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,- EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden (st Senatsrechtsprechung, zB Urteil vom 17.11.2015, L 11 R 1901/14; Beschluss vom 17.07.2014, L 11 R 2546/14 B).
Rechtskraft
Aus
Saved