L 10 U 2964/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 902/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2964/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Verletztenrente.

Die am 1952 geborene Klägerin war bei der Firma B. B. Systems GmbH in L. als Maschinenbedienerin beschäftigt. Am 02.06.2010 gegen 16.00 Uhr rutschte sie beim Hinsetzen auf einen Arbeitsstuhl ab und fiel zu Boden. Hierbei zog sie sich eine dislozierte Radiusköpfchenfraktur rechts zu (Durchgangsarztbericht vom 02.06.2010, Bl. 1 Verwaltungsakte -VA-), die mittels Schraubenosteosynthese operativ versorgt wurde (vgl. Entlassungsbericht der Sportklinik S. vom 14.06.2010, Bl. 14 VA).

Wegen fortbestehender Beschwerden im rechten Arm begab sich die Klägerin im Oktober 2010 in das M. S. , wo eine Pseudarthrose des Radiusköpfchens mit dehiszentem Frakturspalt und Stufenbildung im Gelenk, eine Deformität des Radiusköpfchens, ein kleiner Abriss am Processus coronoideus ulnae und ein Knochenfragment in der Fossa intercondylaris des Humerus beugeseitig diagnostiziert und eine OP-Indikation gesehen wurde (vgl. Bl. 78 VA). Da die Klägerin einen operativen Eingriff ablehnte, wurde eine stationäre Maßnahme im S. Gesundheitszentrum Bad W. im November und Dezember 2010 durchgeführt, wodurch jedoch keine Reduzierung der Schmerzsymptomatik und keine relevante Verbesserung der Beweglichkeit erzielt werden konnte (vgl. ärztlicher Entlassungsbericht vom 15.12.2010, Bl. 121 ff. VA). Im April und Mai 2011 befand sich die Klägerin zur stationären Rehabilitation in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik), wo der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. S. auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen feststellen konnte und auf offensichtliche Ausgestaltungstendenzen der Klägerin hinwies (vgl. neurologisch-psychiatrischer Befundbericht vom 03.05.2011, Bl. 208 ff. VA). Aus orthopädischer Sicht wurde eine zunehmende schmerzhafte Funktionseinschränkung des rechten Ellenbogen beschrieben (Befund- und Entlassungsbericht vom 14.06.2011, Bl. 237 ff. VA).

Verschiedene, Mitte 2011 durchgeführte Belastungserprobungen bei ihrem Arbeitgeber brach die Klägerin nach wenigen Tagen unter Angabe von Schmerzen im Ellenbogengelenk ab (vgl. Bl. 264 ff., Bl. 296 f. VA). Spätestens im Februar 2013 nahm die Klägerin jedoch wieder eine vollschichtige Tätigkeit (leichte feinmotorische Tätigkeiten mit der linken Hand mit unterstützendem Einsatz der rechten Hand, vgl. Bl. 111 LSG-Akte) bei ihrem bisherigen Arbeitgeber auf (vgl. Bl. 27 SG-Akte).

Mit Ablauf des 29.11.2011 stellte die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld ein (bestandskräftiger Bescheid vom 24.10.2011, Bl. 380 VA) und veranlasste zur Abklärung eines Verletztenrentenanspruchs Begutachtungen der Klägerin durch den Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H. und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. D ... Dr. H. beschrieb auf Grund Untersuchung der Klägerin im Dezember 2011 als wesentliche Unfallfolgen eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens bezüglich der Beugung/Streckung (re 120-40-0, li 140-0-0) und der Unterarmdrehbewegungen (re 50-0-40, li 70-0-80) mit erheblicher Schmerzangabe (bereits bei leichten Berührungen habe die Klägerin starke Schmerzen an der radialen Seite des rechten Ellenbogens angegeben), die Dr. H. durch den klinischen und radiologischen Befund nicht vollständig erklären konnte und daher Anhaltpunkte für eine anhaltende chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sah. Die von der Klägerin angegebenen Beschwerden im Bereich der rechten Schulter führte Dr. H. auf eine Tendinosis calcarea zurück, die er als unfallunabhängig bewertete. Die aus den Unfallfolgen resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er bis auf weiteres auf 20 v.H.

Prof. Dr. Dr. D. fand im Rahmen der Untersuchung der Klägerin im März 2012 - bei bewusstseinsnahen Ausgestaltungstendenzen - einen psychisch unauffälligen Befund ohne Hinweise auf ein depressives Syndrom oder eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Auch der neurologische Befund zeigte sich unauffällig. Die Klägerin habe unter Beobachtung durchgehend eine Schonhaltung des rechten Armes eingenommen, in scheinbar unbeobachteten Momenten sei sie aber durchaus in der Lage gewesen, beide Arme nahezu seitengleich zu bewegen. Prof. Dr. Dr. D. gelangte daher zum Ergebnis, dass aus nervenärztlicher Sicht keine Unfallfolgen vorliegen würden.

Mit Bescheid vom 28.08.2012 und Widerspruchsbescheid vom 19.02.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 02.06.2010 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. ab 30.11.2011.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.03.2013 mit dem Begehren auf Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens und des rechten Schultergelenks geltend gemacht.

Mit Bescheid vom 07.05.2013 hat die Beklagte der Klägerin anstelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit in gleicher Höhe (MdE 20 v.H.) gewährt. Diesem Bescheid liegt ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Unfall und Gefäßchirurgie Dr. S. zu Grunde, der auf Grund einer Untersuchung der Klägerin im Februar 2013 - bei Verdacht auf Aggravationstendenzen - als noch bestehende Unfallfolgen eine in leichter Fehlstellung konsolidierte Radiusköpfchenfraktur rechts mit zwei einliegenden Schrauben, einen Zustand nach Abrissfraktur des Processus coronoideus, eine beginnende posttraumatische Arthrose des rechten Ellenbogens mit Bewegungseinschränkung (Streckung/Beugung: re 0-40-110, li 0-0-130; Unterarmdrehung: re 80-0-80, li 90-0-90), eine Narbenbildung am lateralen Epicondylitis rechts und eine Belastungseinschränkung des rechten Arms bei anhaltendem Schmerzsyndrom diagnostiziert und die dadurch bedingte MdE auf 20 v.H. geschätzt hat. Die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten Schulter hat Dr. S. im Zusammenhang mit einer unfallunabhängigen Tendinosis calcarea gesehen.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie Unfallchirurgie Dr. L. eingeholt. Der Sachverständige hat auf Grund Untersuchung der Klägerin im April 2014 als Unfallfolgen eine Funktionsbeeinträchtigung der Streckung, weniger der Beugung im Bereich des rechten Ellenbogens (re 0-40-110, li 0-0-130) mit ausgeprägter Schmerzsymptomatik - über den Zeitraum der Untersuchung zeitweilig erheblich schwankend - beschrieben. Die Klägerin habe eine auffallende Einschränkung der Beweglichkeit in der inspektorischen Befundung präsentiert, bei entsprechender Ablenkung habe jedoch eine volle funktionelle Unterarmumwendbewegung sowohl für die Außendrehung als auch für die Innendrehung erreicht werden können. Die von der Klägerin angegebenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen im rechten Schultergelenk hat der Sachverständige auf eine seit 2007 nachgewiesene Tendinitis calcarea zurückgeführt und als unfallunabhängig gewertet. Die MdE hat der Sachverständige auf allenfalls 20 v.H. geschätzt, wobei er hier auch die von der Klägerin geäußerte Schmerzsymptomatik und deren ausgeprägten Leidensdruck mit erfasst hat.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03.07.2014 abgewiesen und zur Begründung - gestützt auf die Gutachten des Dr. H. , des Dr. S. und des Dr. L. - ausgeführt, dass die orthopädischen Unfallfolgen lediglich eine MdE um 20 v.H. begründen würden. Auf nervenärztlichem Fachgebiet seien keine Unfallfolgen feststellbar. Dabei hat sich das Sozialgericht auf den neurologisch-psychiatrischen Befundbericht des Prof. Dr. S. und das Gutachten des Prof. Dr. Dr. D. gestützt.

Gegen den ihr am 07.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.07.2014 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet geltend gemacht. Sie hat dazu ein vom Sozialgericht in einem Schwerbehindertenverfahren (S 10 SB 4270/11) eingeholtes Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. auf Grund Untersuchung im Juli 2014 vorgelegt, wonach sich bei der Klägerin eine länger anhaltende Anpassungsstörung auf Grund schmerzbedingter Funktionseinschränkung des rechten Ellenbogens und der rechten Schulter und eingeschränkter Selbstwahrnehmung des Leistungsniveaus entwickelt habe, die im Jahr 2012 zu einer ersten depressiven Episode geführt, sich dann spontan gebessert habe und aktuell eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, bestehe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03.07.2014 aufzuheben und den Bescheid vom 28.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2013 sowie den Bescheid vom 07.05.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 02.06.2010 eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. ab dem 30.11.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Unterlagen des Sozialgerichts Heilbronn (S 10 SB 4271/11) - u.a. eine Auskunft des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. vom Juli 2013 über eine Vorstellung der Klägerin im Juni und Juli 2012 mit der Diagnose rezidivierende mittelgradige depressive Episode und den Befundbericht des Dr. R. vom 19.07.2012, Bl. 90 ff. LSG-Akte - beigezogen und den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat auf Grund Untersuchungen der Klägerin im Oktober und November 2015 auf psychiatrischem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen festgestellt und verschiedene Hinweise für negative Antwortverzerrungen und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistungen beschrieben. Die von Dr. E. im Juli 2014 diagnostizierte rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig leichter Ausprägung und die von Dr. R. für Juni und Juli 2012 diagnostizierte mittelgradig ausgeprägte depressive Episode hat der Sachverständige nicht nachvollziehen können und für die damaligen Zeitpunkte lediglich depressive Verstimmungen bejaht, die er - da auf schädigungsfremden Faktoren beruhend - jedoch nicht als Unfallfolgen gewertet hat.

Der Senat hat anschließend Auskünfte des Facharztes für Innere Medizin M. (weder von ihm noch von einem Facharztkollegen seien ein psychopathologischer Befund erhoben bzw. psychopathologische Auffälligkeiten beschrieben worden, vgl. Bl. 162 LSG-Akte) und des Facharztes für Innere Medizin Dr. I. (Befund im März 2012: Schlafstörungen, Nervosität; Befund im Juni 2012: Schlafstörungen durch Schmerzen; Diagnosen: Schlafstörungen, Verdacht auf psychosomatische Beschwerden, depressive Episode, somatoforme Schmerzstörung, vgl. Bl. 163 f. LSG-Akte) eingeholt.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid vom 28.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2013, mit dem die Beklagte der Klägerin ab dem 30.11.2011 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. als vorläufige Entschädigung bewilligte. Darüber hinaus ist Gegenstand des Rechtsstreits (vgl. § 96 Abs. 1 SGG) der während des Klageverfahrens ergangene Bescheid vom 07.05.2013, mit dem die Beklagte den früheren Bescheid vom 28.08.2012 insoweit ersetzt hat, als anstelle der Rente als vorläufige Entschädigung nunmehr Rente auf unbestimmte Zeit in gleicher Höhe weiterbewilligt worden ist.

Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insbesondere steht der Klägerin keine höhere Verletztenrente zu.

Das Sozialgericht hat unter Darstellung der rechtlichen Grundlage für die hier begehrte Verletztenrente und der Bemessung der MdE (§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) zutreffend ausgeführt, dass der Klägerin keine höhere Verletztenrente zusteht. Es hat auf der Grundlage der im Klageverfahren und von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. H. , des Dr. S. und des Dr. L. zutreffend dargelegt, dass die bei der Klägerin vorhandenen Unfallfolgen im Bereich des rechten Ellenbogens in Form von Bewegungseinschränkungen und Schmerzen mit einer MdE um 20 v.H. zutreffend bewertet sind und die bei der Klägerin bestehenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen von Seiten der rechten Schulter auf die unfallunabhängig bestehende Tendinitis calcarea zurückzuführen sind. Zutreffend hat es weiter eine Erhöhung der MdE auf Grund psychischer Gesundheitsstörungen abgelehnt, weil weder Prof. Dr. S. noch Prof. Dr. Dr. D. Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet beschrieben haben. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Einwände gegen die von der Beklagten und dem Sozialgericht auf orthopädischem Fachgebiet berücksichtigten Unfallfolgen und die daraus resultierende MdE hat auch die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr vorgebracht. Sie macht vielmehr ausschließlich eine höhere Verletztenrente auf Grund psychischer Unfallfolgen geltend.

Jedoch hat auch das Sozialgericht insoweit zutreffend dargelegt, dass sich unter Berücksichtigung der Ausführungen des Prof. Dr. S. und des Prof. Dr. Dr. D. bereits keine Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet feststellen lassen, die zu einer Erhöhung der MdE führen.

Prof. Dr. S. beschrieb die Klägerin anlässlich einer Untersuchung im April 2011 als bewusstseinsklar und allseits orientiert. Es bestanden keine Anhaltspunkte für inhaltliche oder formale Denkstörungen. Die Stimmungslage war ausgeglichen, das affektive Schwingungsvermögen regelgerecht und die Affektäußerung normal. Es ergaben sich keine Hinweise für Störungen von Wahrnehmung, Konzentration, Merkfähigkeit und Antrieb. Nachvollziehbar verneinte Prof. Dr. S. auf Grund des von ihm erhobenen Befundes eine psychische Erkrankung.

Auch Prof. Dr. Dr. D. verneinte für den Senat überzeugend Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet bei einem im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung im März 2012 unauffälligen psychischen Befund. Die affektive Schwingungsfähigkeit war intakt. Es lagen keine inhaltlichen oder formalen Denkstörungen vor. Kognitive Störungen wurden nicht deutlich. Ferner ergab auch die testpsychologische Untersuchung keine Hinweise auf eine Depressivität oder auf eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Es zeigten sich keine Hinweise auf Beeinträchtigung der Konzentration oder der Merkfähigkeit, auf eine vorzeitige Ermüdbarkeit oder einen Leistungseinbruch und auch die Selbstbeurteilung nach dem Beck-Depressionsinventar ergab keinen Hinweis auf eine Depression.

Die im Berufungsverfahren durchgeführte weitere Sachaufklärung hat kein für die Klägerin günstiges Ergebnis erbracht. Auch Prof. Dr. S. hat anlässlich der gutachtlichen Untersuchungen im Oktober und November 2015 keine Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet festgestellt.

Zwar hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. S. über Vergesslichkeit und Insuffizienzerleben geklagt und die Selbstbeurteilung mittels des Beck-Depressionsinventars hat 23 Wertungspunkte ergeben und damit ein Ergebnis, welches für ein mittelschwer ausgeprägtes depressives Erleben spricht. Der Sachverständige hat jedoch - ausgehend von dem von ihm erhobenen psychopathologischen Befund und auf Grund der nachgewiesenen Aggravationstendenzen der Klägerin - auf die Diskrepanzen zwischen den von der Klägerin mitgeteilten Beschwerden einerseits und dem erhobenen Befund sowie den Ergebnissen der testpsychometrischen Verfahren andererseits hingewiesen und nachvollziehbar eine krankheitswerte Depressivität ausgeschlossen. So haben sich im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung insbesondere keine Hinweise auf kognitive Leistungsdefizite ergeben. Es haben keine Beeinträchtigung des Auffassungs- und Konzentrationsvermögens, keine klinisch relevanten mnestische Funktionsstörung in Bezug auf das Kurz- und Langzeitgedächtnis und keine erhöhte Ermüdbarkeit in kognitiver oder motorischer Hinsicht bestanden. Es hat sich eine ausgeglichene Stimmungslage mit überwiegend ernstem Affekt bei jedoch nicht eingeengter emotionaler Schwingungsfähigkeit gezeigt. Antrieb und Ausdrucksverhalten sind ungestört gewesen. Die von Prof. Dr. S. zur Validierung der Angaben der Klägerin durchgeführte testpsychologische Untersuchung hat ein Niveau ergeben, welches die Klägerin auch bei rein zufälligem Antwortverhalten - also ohne mentale Anstrengungsleistung - hätte erzielen können. Es haben sich darüber hinaus verschiedene Widersprüchlichkeiten gezeigt. So hat die Klägerin beispielsweise angegeben, es falle ihr schwer ihre Telefonnummer zu behalten. Bei der späteren Exploration hat sie ihre Telefonnummer jedoch problemlos benennen können (vgl. Bl. 127 und Bl. 130 LSG-Akte). Die von Klägerin beklagte erhebliche Gedächtnisstörung in Form von Vergesslichkeit hat sich in den beiden mehrstündigen Explorationssitzungen ausschließlich in Bezug auf die stattgehabte nervenärztliche Behandlung gezeigt (vgl. Bl. 127 LSG-Akte). Im Übrigen haben sich keinerlei Hinweise auf eine klinisch relevante mnestische Funktionsstörung in Bezug auf das Kurz- oder Langzeitgedächtnis ergeben (vgl. Bl. 129 LSG-Akte). Ferner haben sich weitere Angaben der Klägerin, z.B. "sie sei so unruhig, dass ihr schwer falle, still zu sitzen", "sie sei nicht in der Lage, sich im Bett aus der Rückenlage aufzusetzen", "ihr sei es nicht möglich, ein Buch von einem Schrank oder Regal zu holen", in der Untersuchungssituation nicht bestätigt. Ihr ist es vielmehr möglich gewesen, in den jeweils mehrstündigen Explorationssitzungen ohne jegliche beobachtbare Zeichen von Unruhe, ohne vermehrte Sitzkorrekturen, ohne selbstmotiviertes Aufstehen oder selbstmotivierte Sitzungsunterbrechungen die Begutachtung zu bewältigen (vgl. Bl. 120 LSG-Akte), den Transfer vom Stehen zum Liegen und retour unbeeinträchtigt durchzuführen und ohne Beeinträchtigungen hochzugreifen (vgl. Bl. 122 LSG-Akte).

Letztlich sprechen auch die Angaben der Klägerin zur Tages- und Freizeitgestaltung gegen eine zum Untersuchungszeitpunkt vorhandene krankheitswerte Depressivität. Nach eigenen Angaben steht sie um 5.10 Uhr auf, bereitet sich ihren Kaffee zu und verlässt gegen 5.30 Uhr ihre Wohnung, um zur Arbeit zu gehen. Ihre Arbeitsschicht beginnt um 6.00 Uhr und endet um 14.00 Uhr. Anschließend geht sie gemeinsam mit ihrem Ehemann einkaufen und kocht. Um 14.30 Uhr nimmt sie das Mittagessen ein und geht und anschließend gelegentlich spazieren. Das Abendessen nimmt sie zwischen 20.00 Uhr 20.30 Uhr ein, anschließend sieht sie fern und geht zwischen 22.00 Uhr und 23.30 Uhr zu Bett. Leichtere Hausarbeit (z.B. Fegen) verrichtet sie selbstständig (vgl. Bl. 118 LSG-Akte). In ihrer Freizeit trifft sie sich regelmäßig mit Freundinnen, geht ins Café, mit ihrem Ehemann aus und regelmäßig in die Kirche. Zuletzt war sie im August 2015 fünf Wochen bei ihrer Mutter in Italien (vgl. Bl. 119 LSG-Akte).

Des Weiteren hat der Sachverständige Prof. Dr. S. auch das Vorliegen einer psychosomatischen Schmerzerkrankung - etwa im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung - verneint. Dies hat er nachvollziehbar damit begründet, dass die dafür erforderliche diagnostische Voraussetzung - über mindestens sechs Monate ein kontinuierlicher anhaltender, schwerer und belastender Schmerz in einem Körperteil, der nicht oder nicht adäquat durch den Nachweis eines physiologischen Prozesses erklärt werden könne - nicht vorliegt, weil eine krankheitswerte Beeinträchtigung des Bewegungsapparates - Zustand nach Radiusköpfchenfraktur rechts mit beginnender Ausbildung einer Ellenbogengelenksarthrose sowie an der rechten Schulter eine Tendinitis calcarea - vorliegt. Das Schmerzerleben und die nachvollziehbaren Bewegungsbeeinträchtigungen sind damit Begleitsymptome einer Gewebsschädigung bzw. -erkrankung und nicht Ausdruck einer psychischen Komorbidität und ebenso ist der Schmerz nicht Leitsymptom einer psychischen Erkrankung. In Übereinstimmung hierzu hat auch Dr. E. die Kriterien einer somatoformen Störung, insbesondere einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, nicht als erfüllt angesehen, da sich die Schmerzen ausdrücklich auf die chirurgisch-orthopädisch nachvollziehbaren Funktionsbeeinträchtigungen beziehen (vgl. Bl. 45 LSG-Akte). Die - im Übrigen fachfremde - Einschätzung des Dr. H. , der Anhaltspunkte für das Vorliegen einer anhaltenden chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sah, überzeugt daher nicht.

Auf Grund der überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. S. , des Prof. Dr. Dr. D. und des Prof. Dr. S. steht für den Senat fest, dass zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt keine krankheitswerte psychische Störung der Klägerin vorgelegen hat. Dies behauptet im Übrigen auch die Klägerin nicht. Eine Erhöhung der MdE für diese Zeiträume scheidet daher von vornherein aus.

Soweit sich die Klägerin auf die in der Vergangenheit von Dr. R. - ausgehend von einer Konsultation im Juni und Juli 2012 - und Dr. E. - ausgehend von einer gutachtlichen Untersuchung im Juli 2014 - punktuell diagnostizierten Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet - rezidivierende mittelgradige depressive Episode (so Dr. R. , vgl. Bl. 90 LSG-Akte), anhaltende Anpassungsstörung und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (so Dr. E. ) - beruft, ergibt sich auch daraus kein für sie günstiges Ergebnis. Der Senat vermag sich jedenfalls nicht davon zu überzeugen, dass diese Störungen in einem rentenrelevanten Ausmaß vorlagen.

Bereits die von Dr. E. und Dr. R. gestellten Diagnosen halten einer gutachterlichen Überprüfung nicht Stand. Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat nachvollziehbar dargelegt, dass die von Dr. E. und Dr. R. erhobenen psychopathologischen Befunde die von Dr. E. und Dr. R. vorgenommenen diagnostischen Einschätzungen nicht stützen.

Dr. E. hat die Grundstimmung als niedergestimmt, leicht depressiv mit phasenweise emotionaler Auflockerung und insgesamt leicht reduzierter emotionaler Schwingungsfähigkeit und die inhaltlichen gedanklichen Abläufe auf die beschriebenen Schmerzen fokussiert beschrieben und die Selbstbeschreibung der Klägerin mittels des Beck Depressionsinventar als Hinweise auf eine milde bzw. leichte depressive Symptomatik gesehen (vgl. Bl. 43 SG-Akte). Im Übrigen hat er unauffällige Befunde (Antrieb ungestört, Psychomotorik unauffällig, keine Anspannung oder Agitiertheit festzustellen, vgl. Bl. 41 f. LSG-Akte) erhoben. Im Ergebnis rechtfertigen - so der Sachverständige Prof. Dr. S. nachvollziehbar - die von Dr. E. mitgeteilten Befunde, selbst unter Berücksichtigung der Beschwerdeangaben der Klägerin gegenüber Dr. E. , lediglich eine dezente depressive Symptomatik. Zu Recht hat Prof. Dr. S. in diesem Zusammenhang jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeangaben der Klägerin und die Selbstbeschreibung mittels des Beck-Depressionsinventars angesichts der von ihm festgestellten erheblichen Aggravationstendenzen eine entsprechende Diagnose nur sehr bedingt stützen, Dr. E. diese jedoch ungeprüft seiner Beurteilung zu Grunde gelegt hat. Prof. Dr. S. hat in diesem Zusammenhang weiter zutreffend dargelegt, dass die Beurteilung des Dr. E. auch zum Teil auf unrichtigen Angaben der Klägerin beruht. So hat Dr. E. bei der Diagnosestellung wesentlich auf die von der Kläger berichteten Ein- und Durchschlafstörungen abgestellt (vgl. Bl. 47 LSG-Akte). Gegenüber Prof. Dr. S. hat die Klägerin indes angegeben, dass sie im gesamten Jahr 2014 - und damit auch zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. E. im Juli 2014 - nicht unter Schlafproblemen gelitten habe, vielmehr erst wieder seit Sommer 2015 unter Schlafproblemen leide (vgl. Bl. 128 LSG-Akte). Einen weiteren Widerspruch hat Prof. Dr. S. hinsichtlich der geschilderten ambulanten Psychotherapie aufgedeckt. Gegenüber Dr. E. hat die Klägerin von zehn psychotherapeutischen Gesprächen berichtet (vgl. Bl. 44 LSG-Akte). Gegenüber Prof. Dr. S. hat sie eingeräumt, dass sie sich noch nie in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung befunden habe (vgl. Bl. 129 LSG-Akte). Soweit Dr. E. bei der Diagnosestellung wesentlich auf eine Antriebsminderung abgestellt hat, ist dies nicht nachvollziehbar, weil er im Rahmen des psychopathologischen Befundes gerade keine Störung des Antriebes festgestellt hat (vgl. Bl. 42 LSG-Akte). Die entsprechenden Angaben der Klägerin zu einer Antriebsminderung hat er wiederum nicht kritisch hinterfragt.

Dr. R. beschrieb in psychopathologischer Hinsicht zwar einen traurigen Gesichtsausdruck, eine reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit, Zukunftsängste und eine monotone Stimme. Bei im Übrigen unauffälligem Befund - wach, voll orientiert, freundlich, Denken inhaltlich und formal unauffällig, Konzentration, Mnestik und Aufmerksamkeit nicht eingeschränkt, vgl. Bl. 91 LSG-Akte - überzeugt es den Senat, wenn der Sachverständige Prof. Dr. S. das Vorliegen einer mittelgradig ausgeprägten depressiven Episode verneint. Die von Dr. R. gestellte Diagnose ist - so der Sachverständige - insbesondere schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil der von Dr. R. erhobene Befund unvollständig ist. Er enthält insbesondere keine Beurteilung in den Kategorien Antrieb, Stimmungslage, Ich-Störung oder Wahrnehmungsstörungen. Zu Recht weist der Sachverständigen Prof. Dr. S. weiter darauf hin, dass der Behandlungsbericht in sich widersprüchlich ist. Einerseits konstatiert Dr. R. eine Pseudodemenz im Sinne einer Vergesslichkeit (vgl. Bl. 92 LSG-Akte), andererseits schließt er im psychopathologischen Befund Einschränkungen der Mnestik ausdrücklich aus (vgl. Bl. 91 LSG-Akte). Nachvollziehbar hat der Sachverständige Prof. Dr. S. auch das Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung verneint, weil hierfür - so Prof. Dr. S. - mindestens zwei, zeitlich mindestens zwei Monate voneinander abgegrenzte, krankheitswertige depressive Episoden nachgewiesen sein müssten, was zum damaligen Zeitpunkt (Juni und Juli 2012) nicht der Fall war. Im Übrigen greift hier auch der Einwand des Sachverständigen Prof. Dr. Schwarz, dass Dr. R. die subjektiven Angaben der Klägerin nicht kritisch hinterfragte, sondern unreflektiert seiner Beurteilung zu Grunde legte.

Vor diesem Hintergrund kann mit dem Sachverständigen Prof. Dr. S. allenfalls - und insoweit zugunsten der Klägerin - auf der Grundlage der von Dr. R. und Dr. E. erhobenen Befunden und unter Berücksichtigung der - bei erheblichen Aggravationstendenzen nur bedingt verwertbaren - Angaben der Klägerin auf eine jeweils im Juni/Juli 2012 und Juli 2014 vorhandene depressive Verstimmung geschlossen werden.

Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin über diese Zeitpunkte hinaus krankheitswerte Befunde in psychischer Hinsicht vorlagen, ergeben sich nicht. Eine weitere Behandlung wegen psychischer Beschwerden fand und findet auch aktuell weder bei Dr. R. - eine entsprechende Weiterbehandlung wünschte die Klägerin ausdrücklich nicht (so ihre Angaben gegenüber Prof. Dr. Schwarz, vgl. Bl. 114 LSG-Akte) - noch bei einem anderen Facharzt statt. Insbesondere nahm die Klägerin - wie sie gegenüber Prof. Dr. S. letztlich eingeräumt hat (vgl. Bl. 114 LSG-Akte) - zu keinem Zeitpunkt eine psychotherapeutische Behandlung wahr (lediglich einmaliges Gespräch im Rahmen des stationären Aufenthaltes in der BG-Klinik, so die Angaben der Klägerin, Bl. 114 LSG-Akte, wo Prof. Dr. S. keine psychische Gesundheitsstörung feststellen konnte) und es fand auch keine konsequente und dauerhafte medikamentöse antidepressive Behandlung statt (vgl. Bl. 37, Bl. 114 und Bl. 117 LSG-Akte). Die Klägerin selbst hat keine genauen Angaben machen können, wann die psychischen Beschwerden erstmals auftraten und lediglich bestätigt, dass der erste Arzt, der sie deshalb behandelt habe, Dr. R. gewesen sei und sich ihr psychischer Zustand unter den von Dr. R. einmalig verordneten Medikamenten auch gebessert habe (vgl. Bl. 114 LSG-Akte). Auch die Auskünfte der Hausärzte der Klägerin, Dr. M. und Dr. I. , lassen kein für die Klägerin günstiges Ergebnis zu. Dr. M. hat zu keinem Zeitpunkt einen psychopathologischen Befund erhoben und auch die Vorstellungen der Klägerin bei anderen Fachärzten hätten - so die Angaben - keine psychopathologischen Auffälligkeiten ergeben (vgl. Bl. 162 LSG-Akte). Dr. I. hat zwar auch von Schlafstörungen und Nervosität im März 2012 berichtet und als Diagnosen Schlafstörungen, Verdacht auf psychosomatische Beschwerden, depressive Episode und somatoforme Schmerzstörung genannt (vgl. Bl. 163 LSG-Akte). Dies überzeugt jedoch angesichts der Ausführungen des Prof. Dr. Dr. D. nicht. Dieser verneinte auf Grund der gutachtlichen Untersuchung im März 2012 bei einem unauffälligen psychischen Befund - wie bereits dargelegt - Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet.

Damit sind für den vom Senat zu beurteilenden Zeitraum von fünf Jahren (30.11.2011 bis zur Entscheidung des Senats) lediglich zwei punktuelle depressive Verstimmungszustände der Klägerin nachgewiesen. Es erschließt sich damit bereits nicht, weshalb hier eine überdauernde Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegen soll, die die von der Klägerin begehrte Erhöhung der MdE von 20 v.H. auf 30 v.H. rechtfertigt. Mangels konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte lässt sich die konkrete Dauer dieser Verstimmungszustände nicht feststellen.

Darüber hinaus kann sich der Senat angesichts der nachgewiesenen Aggravationstendenzen nicht davon überzeugen, dass die punktuellen depressiven Verstimmungszustände im Juni/Juli 2012 und Juli 2014 eine MdE rechtfertigen, die zu der von der Klägerin begehrten MdE-Erhöhung führt. Damit bleibt der Berufung der Klägerin der Erfolg versagt, selbst wenn diese depressiven Verstimmungszustände - was offen bleibt - wesentlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen wären.

Nach der vom Sozialgericht bereits in Bezug genommenen gängigen unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 156) folgt aus einer Verstimmung, die nicht den Schweregrad einer leichten depressiven Episode erreicht, eine MdE um bis zu 10 v.H.

Die Ausprägung der bei der Klägerin punktuellen depressiven Verstimmungszustände im Juni/Juli 2012 und Juli 2014 und dabei insbesondere das Ausmaß der daraus resultierenden Einschränkungen ist für den Senat vorliegend nicht feststellbar. Damit bleibt offen, in welchem Umfang Unfallfolgen die Klägerin in psychischer Hinsicht einschränkten und damit gleichzeitig auch, in welchem Ausmaß sie hierdurch von Tätigkeiten des Arbeitsmarktes ausgeschlossen wird.

Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es angesichts der Aggravation der Klägerin nur eingeschränkt möglich ist, das Ausmaß ihrer psychisch bedingten Leistungsminderung zu beurteilen. Er hat - wie bereits dargelegt - für den Senat eindrucksvoll anhand der gutachtlichen Exploration, der Befunderhebung einschließlich der körperlich-neurologischen Untersuchung, der testpsychologischen Untersuchung sowie der Auswertung des Aktenmaterials multiple Hinweise für negative Antwortverzerrungen und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistungen beschrieben. Auf dieses aggravative Verhalten der Klägerin wiesen bereits Prof. Dr. S. ("in der Untersuchung werden deutliche Ausgestaltungstendenzen demonstriert", vgl. Bl. 210 VA; "offensichtliche Ausgestaltungstendenzen", vgl. Bl. 213 VA), Prof. Dr. Dr. D. ("Ausgestaltungstendenzen in der Untersuchungssituation", solange sich die Klägerin beobachtet gefühlt habe, habe sie mit dem rechten Arm eine ständige Schonhaltung eingenommen, sei aber dann durchaus in der Lage gewesen, beim An- und Ausziehen beide Arme nahezu seitengleich zu benutzen, vgl. Bl. 511 VA) und Dr. S. (Verdacht auf Aggravationstendenzen, vgl. Bl. 30 SG-Akte) hin und auch der Sachverständige Dr. L. hat auf eine auffällige Diskrepanz der Bewegungsmaße in beobachteten und scheinbar unbeobachteten Momenten aufmerksam gemacht (vgl. Bl. 83 SG-Akte ). Schließlich ist auch Dr. E. von einer nicht authentischen Beschwerdeschilderung der Klägerin ausgegangen. Er hat auf verschiedene Widersprüche hingewiesen (die Klägerin habe in den Bewegungen in der Untersuchungssituation weniger Einschränkungen aufgewiesen, als sie selbst bezüglich der Alltagssituationen beschrieben habe; die von der Klägerin angegebenen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen und Einschränkungen der Gedächtnisleistung hat Dr. E. im Rahmen der Untersuchung nicht beobachten können) und diese als bewusstseinsnahe Ausgestaltungstendenzen eingeordnet. Auch Dr. R. beschreibt einen Widerspruch zwischen den Angaben der Klägerin und dem von ihm erhobenen psychopathologischen Befund. So gab die Klägerin an, extrem vergesslich geworden zu sein, wohingegen Dr. R. keine Einschränkung der Konzentration, der Mnestik und der Aufmerksamkeit in der Untersuchungssituation feststellte (vgl. Bl. 91 LSG Akte).

Liegt aber ein derartig aggravatives Verhalten vor, sieht sich der Senat schon aus diesem Grunde nicht in der Lage - selbst wenn man von einem Kern an Leiden ausgeht - das konkrete Ausmaß der Beeinträchtigungen abzuschätzen und hieraus auf eine MdE auf Grund der psychischen Unfallfolgen zu schließen. Der Nachteil der Nichterweislichkeit dieser anspruchsbegründenden Tatsache geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin. Denn nach diesem Grundsatz hat jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen zu tragen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, das auch eine aus den depressiven Verstimmungszuständen resultierende MdE um 10 v.H. zu keiner Erhöhung der MdE auf mindestens 30 v.H. führen würde. Hat - wie hier unterstellt - ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, ist die MdE im Ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (BSG, Beschluss vom 24.11.1988, 2 BU 139/88 unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht). Dementsprechend sind mathematische Formeln kein rechtlich zulässiges oder gar gebotenes Beurteilungsmittel zur Feststellung der Gesamt-MdE (BSG, Urteil vom 15.03.1979, 9 RVs 6/77 in SozR 3870 § 3 Nr. 4), vielmehr muss bei der Gesamtbeurteilung bemessen werden, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle, teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSG, a.a.O.). Ausgehend von einer MdE um 20 v.H. auf orthopädischem Gebiet führt die auf psychiatrischem Fachgebiet - unterstellte und allenfalls bestehende - MdE um 10 v.H. nicht zu einer MdE um 30 v.H. Dies schon deshalb nicht, weil die von Dr. R. und Dr. E. aufgeführten Funktionseinschränkungen zumindest teilweise identisch sind mit den Auswirkungen der dem orthopädischen Fachgebiet zugewiesenen Schmerzsymptomatik. Ausdrücklich hat der Sachverständige Dr. L. im Rahmen der von ihm veranschlagten MdE um 20 v.H. auch die von der Klägerin geäußerte Schmerzsymptomatik und den ausgeprägten Leidensdruck der Klägerin mit erfasst (vgl. Bl. 91 SG-Akte) und ausgeführt, dass die im Ellenbogengelenk verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen lediglich eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen (vgl. Bl. 95 LSG-Akte). In Übereinstimmung hierzu hat auch Dr. E. eine Überschneidung der orthopädischen und psychischen Gesundheitsstörungen bejaht (vgl. Bl. 48 LSG-Akte).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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