Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 893/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3913/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 03.09.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten einer im R. P. Th. C. in M. (im Folgenden: RPC) zur Prostatakrebsbehandlung durchgeführten Protonentherapie.
Der 1943 geborene Kläger, Mitglied der Beklagten, ist an einem Prostatakarzinom erkrankt. Mit Schreiben vom 10.05.2011 beantragte er (nach telefonischen Vorgesprächen mit der Beklagten vom 05.05.2011 und 10.05.2011) die Übernahme der Kosten einer Protonentherapie im RPC. Der pathologische Befund des Prostatakarzinoms sei im Dezember 2010 erhoben worden. Die Protonentherapie stelle die nebenwirkungsärmste lebensverlängernde Therapie dar, bei gleichzeitiger Einsparung der zu erwartenden Folgekosten für Langzeitnebenwirkungen, wie Strahlenentzündungen von Harnblase und Enddarm und eventuelle sekundäre Tumore an Blase und Enddarm. Er habe das Centrum in H. (Universitätsklinik H.) in seine Überlegungen einbezogen, jedoch könne die Protonentherapie dort noch nicht durchgeführt werden. Der Kläger legte die Überweisung seines behandelnden Urologen vom 09.05.2011 vor; darin heißt es, zur kurativen Behandlung des Prostatakarzinoms werde um Gewährung der Protonentherapie auf Wunsch des Klägers im RPC gebeten.
Am 18.05.2011 stellte sich der Kläger im RPC zur Aufnahmeuntersuchung vor; außerdem schloss er den Behandlungsvertrag ab. Die Protonentherapie wurde sodann während der Zeit vom 26.05.2011 bis 29.06.2011 durchgeführt. Hierfür stellte die Ch. Klinik Dr. R. dem Kläger Kosten - als teilstationäre Behandlung - i.H.v. 18.978,45 EUR in Rechnung (Rechnung vom 01.07.2011: Aufnahme 18.05.2011, Entlassung 30.06.2011).
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 23.05.2011 führte Dr. S. aus, beim Kläger liege ein Prostatakarzinom vor. Anhand der vorgelegten Unterlagen mit fehlender Tumorklassifikation könne die Notwendigkeit einer Strahlentherapie weder bejaht noch verneint werden. Sollte tatsächlich eine Strahlentherapie indiziert sein, könne diese als perkutane Bestrahlung mittels Linearbeschleuniger mit Photonen realisiert werden. Mittlerweile existierten hochpräzise Bestrahlungstechniken, mit denen die vorher festgelegte Bestrahlungsdosis punktgenau in das definierte Zielvolumen eingebracht werden könne. Die vom Kläger gewünschte und zur Diskussion stehende Protonentherapie stelle eine spezielle Form der perkutanen Strahlentherapie dar und sei in den 50er Jahren entwickelt worden. Der klinische Einsatz spiele bisher keine tragende Rolle. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften solle bei einer Bestrahlung mit Protonen im Vergleich zu einer Bestrahlung mit Photonen ein steilerer Dosisgradient zwischen Zielvolumen und Risikoorgan erreicht werden. Dies führe zu der Hypothese, dass bei einer Bestrahlung mit Protonen das den Tumor umgebende gesunde Gewebe besser geschont werden könne. Ob dieser theoretische Denkansatz bei der perkutanen Bestrahlung von Tumoren mit Protonen tatsächlich einen klinisch relevanten Stellenwert habe und die Protonentherapie gegenüber einer modernen Photonenbestrahlung einen Behandlungsvorteil biete, sei bisher nicht geklärt. Ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) am 29.03.2006 eingeleitetes Stellungnahmeverfahren zur Protonentherapie sei mit Beschluss vom 19.06.2008 bis zum 31.12.2018 ausgesetzt worden, um weitere Erkenntnisse zur Protonentherapie bei Prostatakarzinom abzuwarten. Das RPC nehme an Studien ersichtlich nicht teil. Da der behandelnde Urologe von einem kurativen Therapieansatz ausgehe, sei ein lokal begrenztes Prostatakarzinom anzunehmen. Deshalb liege eine lebensbedrohliche Erkrankung (nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung) nicht vor. Selbst wenn es zu einer Lymphknotenmetastasierung gekommen sein sollte, könne aus sozialmedizinischer Sicht die Notwendigkeit einer außervertraglichen Behandlung mit Protonentherapie zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht gesehen werden, da eine vertraglich anerkannte Standardbestrahlung mit Photonen zur Verfügung stehe. Die Protonentherapie sollte nur im Rahmen gut geführter Studien erfolgen. Der Kläger könne auf Vertragsbasis mit Photonen etwa im Universitätsklinikum T. oder H. oder im K. St. behandelt werden.
Mit Bescheid vom 23.05.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung der Protonentherapie unter Hinweis auf das MDK-Gutachten des Dr. S. ab; die Protonentherapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der GKV.
Am 08.06.2011 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung legte er u.a. das Schreiben des RPC vom 03.06.2011 und das Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Prof. Dr. K. vom 23.12.2010 sowie einen Arztbericht der Universitätsklinik T. vom 28.03.2011 (Empfehlung von Strahlenbehandlung) vor.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 04.07.2011 führte Dr. Th. aus, neue Erkenntnisse lägen nicht vor; der Einschätzung im MDK-Gutachten vom 23.05.2011 werde zugestimmt. Auf der Basis der vorgelegten Arztberichte der Universitätsklinik T. könne die prinzipielle Indikation zur Durchführung einer Strahlentherapie, eventuell in Kombination mit einer Hormonablationstherapie, bestätigt werden. Eine zwingende medizinische Notwendigkeit zur Durchführung einer Protonenbestrahlung sei jedoch auch von den behandelnden Urologen in T. nicht gesehen worden. Standard bei der Strahlentherapie des Prostatakarzinoms sei derzeit die dreidimensionale Bestrahlungsplanung. Damit könne im Vergleich zu früheren Bestrahlungen die akute und späte Toxizität gesenkt werden. Man wende moderne Bestrahlungstechniken, wie die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) oder die bildgestützte Strahlentherapie (IGRT), an. Die Überlegenheit der Protonentherapie gegenüber den als Vertragsleistung zur Verfügung stehenden modernen Bestrahlungsverfahren mit Photonen sei nicht belegt. Ein hoher Grad der Schonung des umgebenden Gewebes könne auch mit den neueren Verfahren der Strahlentherapie mit Photonen erreicht werden. Das bei dem Kläger diagnostizierte lokal begrenzte Prostatakarzinom sei zweifellos als schwerwiegende Erkrankung anzusehen. Eine angemessene, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Therapie vorausgesetzt, könne jedoch (konform zur Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts (BSG)) zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung gesprochen werden. Mit den modernen strahlentherapeutischen Verfahren (wie etwa IGRT, IMRT und Tomotherapie) stünden gleichwertige vertragliche Behandlungsalternativen zur Verfügung.
Im vom Kläger vorgelegten (Antwort-)Schreiben der Universitätsklinik H.g vom 27.06.2011 (auf eine Anfrage des Klägers hinsichtlich der Protonenbestrahlung) ist ausgeführt, es sei fraglich, ob mit einer Ionentherapie die jetzt schon sehr guten Behandlungsergebnisse mit wenig Nebenwirkungen durch eine moderne IMRT/IGRT verbessert werden könnten, insbesondere wenn man bedenke, dass gewisse Risikostrukturen, wie Harnröhre und Blasenboden, auch bei der Therapie mit Ionen mitbestrahlt werden müssten. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man eine Behandlung entsprechend dem von der H. Universität, B., publizierten Behandlungskonzept anbieten. Dieses sehe zuerst über 25 Behandlungssitzungen eine IMRT/IGRT-Behandlung vor. Anschließend erfolge noch eine Dosisaufsättigung mit Protonen über 14 Sitzungen. Der Kläger lehnte diese Behandlung ab (Schreiben vom 12.07.2011).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, das RPC sei kein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur vertraglichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus. Auf Kosten der GKV könne dort nur behandelt werden, wenn eine notwendige Behandlung nicht als Vertragsleistung zur Verfügung stehe. Das sei, wie aus den vorliegenden MDK-Gutachten hervorgehe, nicht der Fall. Eine moderne strahlentherapeutische Behandlung sei auf Vertragsbasis möglich. Die Überlegenheit der Protonentherapie sei wissenschaftlich nicht belegt.
Am 15.02.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, die Beklagte müsse die ihm für die Protonentherapie im RPC entstandenen Kosten i.H.v. 18.978,45 EUR erstatten. Er habe sich nach der Operation des Prostatakarzinoms und der Empfehlung einer Strahlenbehandlung durch die Universitätsklinik T. umfassend informiert und sich für die Protonentherapie im RPC entschieden. Dort habe er sich am 18.05.2011 zur Aufnahmeuntersuchung vorgestellt; zuvor habe die Beklagte den Leistungsantrag bereits in Telefongesprächen vom 05.05.2011 und 10.05.2011 abgelehnt. Die Protonentherapie sei sodann in der Zeit vom 26.05.2011 bis 29.06.2011 durchgeführt worden. Um eine stationäre Behandlung habe es sich dabei nicht gehandelt. Er sei jeweils am Montagmorgen angereist, habe dann täglich eine Bestrahlung erhalten und bis Freitag auf eigene Kosten im Gästehaus übernachtet. Nach der Bestrahlung am Freitag sei er nach Hause gefahren. Der Auffassung der Beklagten, das RPC sei kein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus, trete er entgegen. Andere Krankenkassen übernähmen die Kosten für Protonenbehandlungen im RPC; auch die Beklagte habe diese Behandlung mindestens zwei Mitgliedern als Sachleistung gewährt. Die Photonentherapie sei nicht gleich nebenwirkungsarm wie die Protonentherapie, was bei seiner Krankheitsgeschichte den Ausschlag geben müsse. Das Karzinom habe die Organgrenze der Prostata bereits überschritten und es hätten sich mehrere Liter Wasser im Bauchraum angesammelt. Er sei einmal ohne wesentlichen Erfolg punktiert worden, eine zweite Punktierung habe er abgelehnt, nachdem bei der ersten Punktierung ein großes Hämatom aufgetreten sei.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen. Die Protonentherapie könne im ambulanten Bereich nicht vertraglich erbracht werden. Im stationären Bereich sei dies möglich; hierfür stehe die Universitätsklinik H. zur Verfügung, mit der sie einen Vertrag zur integrierten Versorgung abgeschlossen habe. Das RPC sei kein nach § 108 SGB V zur vertraglichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus. Aus der Leistungsgewährung in anderen Fällen könne der Kläger Rechte für sich nicht herleiten.
Das SG erhob den Bericht des Dr. H. (Ch. Klinik Dr. R., M.) vom 07.05.2013. Darin ist ausgeführt, der Kläger sei an einem High-Risk-Prostatakarzinom erkrankt. In dieser Situation sei mit einem regelmäßig tödlichen Verlauf der Erkrankung zu rechnen. Das folge daraus, dass in dieser Konstellation zu über 40% mit Lymphknotenmetastasen bzw. mit Fernmetastasen im Verlauf zu rechnen sei. Bis zum Beginn der Protonentherapie im Mai 2011 sei eine antihormonelle Therapie in palliativer Intention eingeleitet worden; unter dieser Therapie sei der PSA-Wert von 22,77 ng/ml auf 3,3 ng/ml abgesunken. Die gegenwärtige, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsempfehlung bestehe in Radiotherapie und Hormontherapie. Eine Kombination aus Radio- und Hormontherapie verlängere das symptomfreie Überleben und auch potentiell das Gesamtüberleben. Als Alternative zur Protonentherapie hätte eine Röntgenbestrahlung herangezogen werden können. Mit einer Röntgenbestrahlung sei eine höhere Belastung von Rektum und Harnblase einzuplanen. Mit Hilfe der Protonentherapie habe dieses Risiko verringert sowie der Bulbus Penis deutlich besser geschont werden können. Die radikale Prostatektomie als Alternativtherapie sei bei einem T-3-Tumor und einem PSA-Wert von über 20 ng/ml nicht indiziert und äußerst fraglich. Durch die Protonentherapie sei zu erwarten gewesen, dass die Spättoxizitäten und Akuttoxizitäten signifikant geringer seien als mit der herkömmlichen Strahlentherapie.
Auf Nachfrage des SG teilte die Ch. Klinik Dr. R. (Verwaltung) unter dem 08.12.2014 mit, die protonentherapeutische Behandlung des Klägers habe in den Klinikräumen der Ch. Klinik Dr. R. - Betriebsteil RPC - stattgefunden. In dem genannten Betriebsteil würden ausschließlich von angestellten ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern der Ch. Klinik Dr. R. die protonentherapeutischen Behandlungsmaßnahmen erbracht. Dementsprechend sei der Behandlungsvertrag zwischen dem Kläger und der Ch. Klinik Dr. R. geschlossen worden. Der Betriebsteil RPC sei keine eigenständige Einheit und nicht rechtsfähig. Die Ch. Klinik Dr. R. - und damit auch der Betriebsteil RPC - sei in den Krankenhausplan des Freistaates B. aufgenommen worden mit den Fachrichtungen Chirurgie, Herzchirurgie und Strahlentherapie.
Die Beklagte trug abschließend vor, die Auffassung des Dr. H., wonach die Protonentherapie gegenüber den vertraglichen Bestrahlungsmöglichkeiten signifikante Vorteile habe, beruhe auf wissenschaftlich nicht belegten Spekulationen.
Mit Urteil vom 03.09.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne die Erstattung der Kosten für die im RPC durchgeführte Protonentherapie nicht beanspruchen. Er habe einen Anspruch auf Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung der GKV nicht gehabt, weshalb auch ein Kostenerstattungsanspruch nicht bestehe. Eine unaufschiebbare Leistung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V) stehe unstreitig nicht in Rede. Die Beklagte habe die Gewährung der Protonentherapie auch nicht zu Unrecht abgelehnt (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Sie habe diese Behandlung weder im Rahmen einer voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V) noch als ambulante Behandlungsleistung gewähren müssen. Die Protonentherapie sei hier nicht als vollstationäre (dazu: BSG, Urteil vom 28.02.2007, - B 3 KR 17/06 R -, in juris) Krankenhausbehandlung erbracht worden. Der Kläger habe sich während der Behandlung nicht zeitlich ununterbrochen im Krankenhaus aufgehalten. Er habe das RPC vielmehr nur zu den jeweiligen Behandlungsterminen aufgesucht. Die Rechnung vom 01.07.2011 habe zwar die Ch. Klinik Dr. R. - ein, anders als das RPC, nach § 108 Nr. 2 SGB V zugelassenes Krankenhaus - ausgestellt. Der Kläger sei in dieses Krankenhaus aber (auch) nicht zur teilstationären Behandlung aufgenommen worden. Die teilstationäre Behandlung unterscheide sich von der vollstationären (und ambulanten) Krankenhausbehandlung im Wesentlichen durch eine regelmäßige, aber nicht durchgehende Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus (Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.10.2014, - L 6 KR 108/12 -, in juris). Die medizinisch-organisatorische Infrastruktur des Krankenhauses werde bei der teilstationären Behandlung (etwa als Tages- oder Nachtklinik) benötigt, ohne dass der Patient ununterbrochen anwesend sein müsse. Diese Voraussetzungen seien bei der im RPC durchgeführten Protonenbehandlung nicht erfüllt. Der Kläger, der im Gästehaus (des RPC) untergebracht gewesen sei, habe das RPC jeweils unmittelbar vor dem ersten Bestrahlungstermin aufgesucht und nach kurzer Bestrahlungszeit wieder verlassen. Die übrige Zeit des Tages habe er frei gestalten können, bis er sodann jeweils nach der Bestrahlung am Freitag nach Hause gefahren sei. Auch eine ambulante Krankenhausbehandlung habe nicht vorgelegen. Gemäß § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V (in der vom 01.04.2007 bis 31.12.2011 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007, BGBl. I, 378) sei ein zugelassenes Krankenhaus zur ambulanten Behandlung der in dem Katalog nach Abs. 3 und 4 genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen berechtigt, wenn und soweit es im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes auf Antrag des Krankenhausträgers unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden sei. Dies sei für das RPC nicht geschehen. Der Kläger könne den geltend gemachten Leistungsanspruch auch nicht auf den Rahmenvertrag vom 04.02.2005 (i.V.m. § 116b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V) stützen, da die Beklagte mit der Ch. Klinik Dr. R. bzw. dem RPC einen entsprechenden Vertrag nicht abgeschlossen habe. Schließlich habe die Beklagte die Protonentherapie auch nicht als Leistung der ambulanten Krankenbehandlung gewähren müssen. Die Ärzte des RPC seien zur (ambulanten) vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen. Außerdem müsse die Krankenbehandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V notwendig sein. Die Versicherten könnten (auf Kosten der GKV) nur solche Behandlungen beanspruchen, die zweckmäßig und wirtschaftlich seien, deren Qualität und Wirksamkeit dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche und die den medizinischen Fortschritt berücksichtigten. Diese Anforderungen erfülle die Protonentherapie nicht. Dass die Behandlung nach den von Dr. H. bestätigten Angaben des Klägers positiv verlaufen und von den Ärzten der Ch. Klinik Dr. R. bzw. des RPC befürwortet worden sei, genüge nicht (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 27/06 R -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.10.2014, - L 6 KR 108/12 -, beide in juris). Die ambulante Protonentherapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der GKV. Der GBA habe für diese Behandlungsmethode bei der Indikation Prostatakarzinom - unstreitig - die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V notwendige (dazu BSG, Urteil vom 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -, in juris) und hier auch nicht ausnahmsweise entbehrliche positive Empfehlung nicht abgegeben.
Gegen das ihm am 08.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.09.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen. Das SG habe sich weitgehend auf das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 16.10.2014 (- L 6 KR 108/12 -, in juris) gestützt und dessen Entscheidungsgründe wiedergegeben. Er habe unter Vorlage des Schreibens des RPC vom 03.06.2011 und des Rechtsgutachtens des Rechtsanwalts Prof. Dr. K. geltend gemacht, dass die Protonentherapie (bis 31.12.2018) Kassenleistung sei. Damit habe sich das SG nicht auseinandergesetzt und es sei auch auf die Besonderheiten seines Falles nicht hinreichend eingegangen. So würden die Kosten der Protonentherapie von anderen (b.) Krankenkassen (in einer Vielzahl von Fällen) übernommen. Er habe auch zwei Mitglieder der Beklagten benannt, denen die Protonentherapie als Sachleistung gewährt worden sei. Deswegen komme ein Kostenerstattungsanspruch wegen Selbstbindung der Verwaltung in Betracht. Außerdem habe eine unaufschiebbare Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V vorgelegen. Nach der operativen Versorgung des Prostatakarzinoms und der von der Universitätsklinik T. ausgesprochenen Empfehlung einer anschließenden Strahlenbehandlung (Schreiben vom 28.03.2011) habe er bei der Beklagten die Gewährung der Protonentherapie beantragt, was diese in Telefongesprächen vom 05.05.2011 und 10.05.2011 abgelehnt habe. Er habe sodann am 18.05.2011 mit dem RPC einen Behandlungsvertrag abgeschlossen. Nach der Aufnahmeuntersuchung im RPC am 18.05.2011 habe die Protonentherapie am 26.05.2011 begonnen; sie habe 21 Bestrahlungen umfasst. Die (von der Beklagten vorgeschlagene) Behandlung in der Universitätsklinik H. hätte 8 Wochen gedauert und 39 Bestrahlungen umfasst (25 Photonen- und 14 Protonenbestrahlungen). Im RPC sei er sogleich aufgenommen worden, während er vor der Aufnahme in die Universitätsklinik H. erst die Entscheidung der Beklagten hätte abwarten müssen; die Behandlung hätte daher erst viel später beginnen können. Etwaige Wartezeiten in der Universitätsklinik H. seien nicht bekannt. Da das High-Risk-Prostatakarzinom die Organgrenze bereits überschritten habe, sei die Protonenbehandlung unaufschiebbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 03.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2012 zu verurteilen, ihm die Kosten der im RPC (Ch. Klinik Dr. R., M.) im Mai/Juni 2011 durchgeführten Protonentherapie i.H.v. 18.978,45 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Anspruch wegen Selbstbindung der Verwaltung komme nicht in Betracht, weil die Leistungsgewährung nicht im Ermessen der Krankenkasse stehe. Eine unaufschiebbare Behandlung habe nicht vorgelegen. Da die Universitätsklinik H. zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassen sei, müsse vor Behandlungsbeginn eine (Genehmigungs-)Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet werden. Der Kläger sei auf die Behandlungsalternativen in der Universitätsklinik H. hingewiesen worden, habe sich dort aber nicht mehr vorgestellt, sondern die Protonenbehandlung im RPC in Anspruch genommen. Der Abschluss eines Vergleichs komme aus ihrer Sicht nicht in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Streitgegenstand ist die Erstattung der Aufwendungen, die dem Kläger für die privatärztlich ambulant erbrachte Behandlung seiner Prostatakrebserkrankung durch Protonentherapie entstanden sind. Die Kosten hierfür betragen insgesamt 18.978,45 EUR. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist damit überschritten. Die Berufung ist form- und auch fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die ambulante Protonenbehandlung des Prostatakarzinoms ist vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht umfasst. Die Krankenkassen müssen ihren Mitgliedern die für die Beschaffung dieser Behandlung als privatärztliche Leistung entstehenden Kosten daher nicht erstatten.
Rechtsgrundlage des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der GKV (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 (1. und 2. Alt.) SGB V reicht daher nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen ist oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Die Selbstbeschaffung der Leistung muss außerdem zu einer (zivil-)rechtlich wirksamen Kostenlast des Versicherten geführt haben. Daran kann es insbesondere bei Verstößen gegen das einschlägige öffentlich-rechtliche Preisrecht fehlen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und zum Preisrecht für Krankenhausleistungen; auch etwa jurisPK-SGB V Schlegel/Voelzke, § 33 Rdnr. 49).
Der regelmäßig im Vordergrund stehende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V (rechtswidrige Leistungsablehnung) setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und außerdem einen Ursachenzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der dem Versicherten durch die Selbstbeschaffung der Leistung entstandenen Kostenlast voraus. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V) oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte. Das mit einer Entscheidung der Krankenkasse abzuschließende Verwaltungsverfahren stellt weder einen "Formalismus" in dem Sinne dar, dass es ganz entbehrlich ist, noch in dem Sinne, dass es zwar durchlaufen werden muss, aber der Versicherte nicht gehalten ist, die Entscheidung der Krankenkasse in seine eigene Entscheidung inhaltlich einzubeziehen, sondern den Abschluss des Verwaltungsverfahrens nur "formal" abwarten muss, jedoch schon vorbereitende Schritte einleiten darf, die Ausdruck seiner Entschlossenheit sind, sich die Leistung in jedem Fall endgültig zu verschaffen. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern der Krankenkasse. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der GKV gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse, verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht; sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt (so: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG; Beschluss vom 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -, in juris) nicht in der Weise ausgelegt werden darf, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt.
Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V (unaufschiebbare Leistung) setzt voraus, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z.B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Es kommt nicht (mehr) darauf an, ob es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten; die gegenteilige Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris) aufgegeben. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V erfasst auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Liegt hingegen nicht nur ein Eilfall in diesem Sinne, sondern (sogar) ein (medizinischer) Notfall i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, muss also ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden, ist der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V nicht einschlägig, sondern ausgeschlossen. Der Leistungserbringer erhält seine Vergütung für Notfallleistungen nicht vom (erstattungsberechtigten) Versicherten, sondern bei ambulanter Leistungserbringung von der Kassenärztlichen Vereinigung (aus der Gesamtvergütung, § 85 SGB V) und bei stationärer Leistungserbringung von der Krankenkasse. Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V kann daher (gerade) auch dann erfüllt sein, wenn zwischen der erstmaligen Anfrage des Versicherten bei einem Behandler, einer etwaigen Voruntersuchung und dem eigentlichen Behandlungsbeginn längere (Warte-)Zeiten, ggf. auch mehrere Wochen, verstreichen (auch dazu: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris).
Davon ausgehend kann der Kläger die Erstattung der für die Behandlung seiner Prostatakrebserkrankung durch Protonentherapie entstandenen Aufwendungen nicht beanspruchen. Das SG hat dies in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 21.09.2016, - L 5 KR 2884/14 - und vom 02.11.2016, - L 5 R 4067/15, nicht veröffentlicht). Ergänzend ist anzumerken:
Eine unaufschiebbare Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V steht nicht in Rede; der Kläger hat dies auch erst nach Hinweis auf das Urteil des BSG vom 08.09.2015 (a.a.O.) geltend gemacht. Für die Annahme einer im Rechtssinne unaufschiebbaren Leistung genügt das Vorliegen eines High-Risk-Prostatakarzinoms mit Überschreitung der Organgrenze für sich allein nicht. Der zeitliche Ablauf der Protonenbehandlung im RPC zeigt, dass diese Behandlung nicht im Eilfall als unaufschiebbare Therapiemaßnahme, sondern nach vorheriger Überlegung und Abwägung des Für und Wider planmäßig (anstelle der zum Leistungskatalog der GKV gehörenden Behandlung, dazu sogleich) durchgeführt worden ist. Das geht aus dem Klagevorbringen des Klägers selbst hervor. Der Kläger hatte sich - so seine Klagebegründung - nach der Operation des Prostatakarzinoms und der Empfehlung einer Strahlenbehandlung (herkömmlich mit Photonenbestrahlung) durch die Universitätsklinik T. zunächst umfassend informiert und sich sodann für die Protonentherapie im RPC entschieden. Er hat die Gewährung dieser Behandlung daraufhin mit Schreiben vom 10.05.2011 bei der Beklagten beantragt, sich am 18.05.2011 im RPC zur Aufnahmeuntersuchung vorgestellt und die Protonentherapie am 26.05.2011 aufgenommen. Der Senat kann offen lassen, ob sich der Kläger (nach der Operation in der Universitätsklinik T.) nicht von vornherein auf die Durchführung einer Protonentherapie festgelegt hatte. Jedenfalls kann bei diesem Verfahrensgang eine unaufschiebbare Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V nicht festgestellt werden. Davon abgesehen wäre auch bei Vorliegen einer unaufschiebbaren Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V notwendig, dass die Beklagte die Protonentherapie als Sachleistung der GKV hätte gewähren müssen (BSG; Urteil vom 08.09.2015, a.a.O.). Auch daran hat es - wie sogleich zu § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V darzulegen ist - gefehlt.
Die Beklagte hat die Gewährung der Protonentherapie als Sachleistung der GKV nicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V zu Unrecht abgelehnt. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass die Protonentherapie nicht als (voll- oder teilstationäre oder ambulante) Krankenhausbehandlung, sondern als (privatärztliche) ambulante Behandlung erbracht worden ist. Der Kläger hat anderes auch nicht behauptet, vielmehr mitgeteilt, dass er die Behandlungsräume des RPC (in der Ch. Klinik Dr. R.) - während der Woche - nur zur Bestrahlungsbehandlung aufgesucht hat; der Kläger ist im Übrigen in einem Gästehaus untergebracht und am Wochenende zu Hause gewesen. Als ambulante (vertragsärztliche) Behandlung kann die Protonentherapie durch das RCP nicht zu Lasten der GKV erbracht werden, weil die Ärzte des RPC zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen sind und für die Protonenbehandlung des Prostatakarzinoms außerdem die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V notwendige und hier auch nicht entbehrliche positive Empfehlung des GBA nicht vorliegt; das SG hat das in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht. Dass die Ch. Klinik Dr. R. (als Plankrankenhaus) zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassen ist, ist unerheblich, da die Protonentherapie nicht als Krankenhausbehandlung dieser Klinik, sondern als ambulante (privatärztliche) Behandlung des RPC erbracht worden ist.
Die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (jetzt kodifiziert in § 2 Abs. 1a SGB V) sind ebenfalls nicht erfüllt gewesen.
In seinem hierfür grundlegenden Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -, in juris) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, beide in juris, - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der GKV ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit (BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht etwa bei BSG, Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -, alle in juris) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage gegeben sein (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415/13 -, beide in juris), wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; zu alledem auch Senatsurteile vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 - und vom 27.07.2016, - L 5 KR 442/16 -, beide in juris).
Das Erfordernis der indiziengestützten Aussicht auf eine nicht ganz entfernt liegende, wenigstens spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (dazu näher, insbesondere zur abstrakten und konkret-individuellen Prüfung und Abwägung von Risiken und Nutzen der Behandlungsmethode, BSG, Urteil vom 02.09.2014, - B 1 KR 4/13 R -, in juris Rdnr. 16) darf einerseits zwar nicht überspannt werden, etwa durch die Forderung eines Wirksamkeits- und Nutzennachweises durch evidenzbasierte Studien (vgl. etwa Senatsurteil vom 19.03.2014, - L 5 KR 1496/13 - (Krebsbehandlung durch dendritische Zellen), nicht veröffentlicht). Im Unterschied zur Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -; Urteil vom 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -, beide in juris) genügen nämlich schon (Wirksamkeits-)Indizien, die sich auch außerhalb von Studien oder vergleichbaren Erkenntnisquellen oder von Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften finden können (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 02.09.2014, a.a.O.: wissenschaftliche Verlaufsbeobachtung anhand von 126 operierten Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle). Steht in den Fallgestaltungen des § 2 Abs. 1a SGB V (lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche bzw. wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode generell nicht zur Verfügung oder scheidet sie im konkreten Einzelfall (nachgewiesenermaßen) aus, sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen: je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften "Hinweise" (so BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris Rdnr. 66) auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Andererseits darf die in Rede stehende und im Einzelfall vielfach maßgebliche Voraussetzung für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs auch nicht (gänzlich) aufgelöst werden. Das subjektive Empfinden des Versicherten, ggf. gestützt durch die entsprechende Einschätzung oder Empfehlung behandelnder Ärzte oder deren Erfahrungen bei Behandlungen der in Rede stehenden Art im Einzelfall, genügt für sich allein genommen nicht (vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris Rdnr 32 f.; Senatsurteil vom 27.07.2016, - L 5 KR 442/16 -, in juris).
Einem auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs der GKV gestützten Leistungsanspruch des Klägers hat hier nicht schon entgegen gestanden, dass der GBA die Krebsbehandlung durch Protonentherapie - anders etwa als die Krebsbehandlung durch Hyperthermie - durch Richtlinienentscheidung ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen hat; dann wäre nach der Rechtsprechung des BSG für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs bzw. nach § 2 Abs. 1a SGB V von vornherein kein Raum mehr (dazu auch Senatsurteil vom 18.03.2015, a.a.O. m.w.N. und Senatsurteil vom 27.07.2016, - L 5 KR 4217/14 -, in juris). Der Senat kann auch offen lassen, ob dem Kläger, dessen Prostatakrebserkrankung als High-Risk-Prostatakarzinom eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellt, entgegen gehalten werden könnte, er habe sich bei Durchführung der Protonenbehandlung nicht in einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten - notstandsähnlichen - individuellen Notlage befunden. Es kommt entscheidungserheblich hierauf nicht an. Die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der GKV sind nämlich (schon) deswegen nicht erfüllt, weil eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden hat und außerdem auch eine Protonenbehandlung in der Universitätsklinik H. - ergänzend zu einer modernen IMRT/IGRT - hätte in Anspruch genommen werden können; letzteres geht aus dem Schreiben dieser Klinik vom 27.06.2011 hervor.
Aus den vorliegenden MDK-Gutachten ist ersichtlich, dass für die Behandlung der Krebserkrankung des Klägers vertragliche Behandlungsleistungen (des Leistungskatalogs der GKV) zur Verfügung gestanden haben. So hat Dr. S. im MDK-Gutachten vom 23.05.2011 ausgeführt, die Krebserkrankung könne durch perkutane Bestrahlung mit Photonen therapiert werden, wobei hierfür moderne hochpräzise Bestrahlungstechniken (IMRT/IGRT) eingesetzt werden könnten, mit denen die vorher festgelegte Bestrahlungsdosis punktgenau in das Zielvolumen eingebracht werden könne. Dr. Th. hat diese Einschätzung im MDK-Gutachten vom 04.07.2011 bestätigt und ergänzend dargelegt, dass durch die modernen Bestrahlungstechniken die bei älteren Bestrahlungstechniken aufgetretene akute und späte Toxizität gesenkt worden sei und dadurch ebenfalls ein hoher Grad der Schonung des umgebenden Gewebes erreicht werden könne. Für die Krebsbehandlung des Klägers sind damit nach der überzeugenden Auffassung des MDK gleichwertige Behandlungsalternativen verfügbar gewesen. Die Überlegenheit der Protonentherapie gegenüber den modernen strahlentherapeutischen Verfahren (IMRT/IGRT) ist nicht belegt und beruht - so Dr. S. im MDK-Gutachten vom 23.05.2011 - als Hypothese auf theoretischen Denkansätzen zu einem (gegenüber der Photonenbestrahlung) steileren Dosisgradienten zwischen Zielvolumen und Risikoorgan. Ob dieser theoretische Denkansatz bei der perkutanen Bestrahlung von Tumoren mit Protonen tatsächlich einen klinisch relevanten Stellenwert hat und die Protonentherapie gegenüber einer modernen Photonenbestrahlung einen Behandlungsvorteil bietet, ist, so ebenfalls Dr. S. im genannten MDK-Gutachten, nicht geklärt. Der GBA hat deswegen auch ein eingeleitetes Stellungnahmeverfahren bis zum 31.12.2018 ausgesetzt, um weitere Erkenntnisse zur Protonentherapie abzuwarten. Das bestätigt die Einschätzung des MDK zusätzlich. Auch das Schreiben der Universitätsklinik H. vom 27.06.2011 untermauert die Auffassung des MDK. Danach müssen auch bei der Protonenbestrahlung, nicht anders als bei der Photonenbestrahlung, Risikostrukturen, wie Harnröhre und Blasenboden, mitbestrahlt werden; deswegen hält man es in der Universitätsklinik H. für fraglich, ob mit der Protonentherapie die Behandlungsergebnisse der modernen IMRT/IGRT verbessert werden können. Dem Bericht des Dr. H. sind stichhaltige Einwendungen, die die Einschätzung des MDK und der Universitätsklinik H. in Zweifel ziehen könnten, nicht zu entnehmen. Dr. H. hat (aus Sicht des RPC) letztendlich nur die - bislang nicht ausreichend verifizierte - These der Überlegenheit der Protonentherapie vertreten.
Angesichts der bestehenden vertraglichen (zum Leistungskatalog der GKV gehörenden) Behandlungsalternativen kommt es auf die Frage der indiziengestützten nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung der Protonenbehandlung auf den Krankheitsverlauf der Prostatakrebserkrankung des Klägers nicht an. Wenn sich der Kläger bei dieser Sachlage dafür entscheidet, eine nicht zum Leistungskatalog der GKV gehörende Leistung bei einem zur Leistungserbringung im System der GKV nicht zugelassenen Leistungserbringer als privatärztliche Behandlungsleistung in Anspruch zu nehmen, kann er nicht verlangen, dass die hierfür anfallenden Kosten (doch) von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten getragen werden.
Rechtlich unerheblich ist, ob andere Krankenkassen oder auch die Beklagte in anderen Fällen die Kosten einer Protonenbehandlung bei Prostatakarzinom übernommen haben; Feststellungen hierzu sind daher nicht zu treffen. Die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung sind nur bei Ermessensentscheidungen von Belang. Über die Leistungsgewährung hat die Krankenkasse aber keine Ermessensentscheidung, sondern eine gesetzlich gebundene Entscheidung zu treffen. Im Übrigen könnte aus ggf. rechtswidrigen Verwaltungsentscheidungen ein Leistungsanspruch nicht hergeleitet werden; einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (bzw. auf Fehlerwiederholung) gibt es nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten einer im R. P. Th. C. in M. (im Folgenden: RPC) zur Prostatakrebsbehandlung durchgeführten Protonentherapie.
Der 1943 geborene Kläger, Mitglied der Beklagten, ist an einem Prostatakarzinom erkrankt. Mit Schreiben vom 10.05.2011 beantragte er (nach telefonischen Vorgesprächen mit der Beklagten vom 05.05.2011 und 10.05.2011) die Übernahme der Kosten einer Protonentherapie im RPC. Der pathologische Befund des Prostatakarzinoms sei im Dezember 2010 erhoben worden. Die Protonentherapie stelle die nebenwirkungsärmste lebensverlängernde Therapie dar, bei gleichzeitiger Einsparung der zu erwartenden Folgekosten für Langzeitnebenwirkungen, wie Strahlenentzündungen von Harnblase und Enddarm und eventuelle sekundäre Tumore an Blase und Enddarm. Er habe das Centrum in H. (Universitätsklinik H.) in seine Überlegungen einbezogen, jedoch könne die Protonentherapie dort noch nicht durchgeführt werden. Der Kläger legte die Überweisung seines behandelnden Urologen vom 09.05.2011 vor; darin heißt es, zur kurativen Behandlung des Prostatakarzinoms werde um Gewährung der Protonentherapie auf Wunsch des Klägers im RPC gebeten.
Am 18.05.2011 stellte sich der Kläger im RPC zur Aufnahmeuntersuchung vor; außerdem schloss er den Behandlungsvertrag ab. Die Protonentherapie wurde sodann während der Zeit vom 26.05.2011 bis 29.06.2011 durchgeführt. Hierfür stellte die Ch. Klinik Dr. R. dem Kläger Kosten - als teilstationäre Behandlung - i.H.v. 18.978,45 EUR in Rechnung (Rechnung vom 01.07.2011: Aufnahme 18.05.2011, Entlassung 30.06.2011).
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 23.05.2011 führte Dr. S. aus, beim Kläger liege ein Prostatakarzinom vor. Anhand der vorgelegten Unterlagen mit fehlender Tumorklassifikation könne die Notwendigkeit einer Strahlentherapie weder bejaht noch verneint werden. Sollte tatsächlich eine Strahlentherapie indiziert sein, könne diese als perkutane Bestrahlung mittels Linearbeschleuniger mit Photonen realisiert werden. Mittlerweile existierten hochpräzise Bestrahlungstechniken, mit denen die vorher festgelegte Bestrahlungsdosis punktgenau in das definierte Zielvolumen eingebracht werden könne. Die vom Kläger gewünschte und zur Diskussion stehende Protonentherapie stelle eine spezielle Form der perkutanen Strahlentherapie dar und sei in den 50er Jahren entwickelt worden. Der klinische Einsatz spiele bisher keine tragende Rolle. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften solle bei einer Bestrahlung mit Protonen im Vergleich zu einer Bestrahlung mit Photonen ein steilerer Dosisgradient zwischen Zielvolumen und Risikoorgan erreicht werden. Dies führe zu der Hypothese, dass bei einer Bestrahlung mit Protonen das den Tumor umgebende gesunde Gewebe besser geschont werden könne. Ob dieser theoretische Denkansatz bei der perkutanen Bestrahlung von Tumoren mit Protonen tatsächlich einen klinisch relevanten Stellenwert habe und die Protonentherapie gegenüber einer modernen Photonenbestrahlung einen Behandlungsvorteil biete, sei bisher nicht geklärt. Ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) am 29.03.2006 eingeleitetes Stellungnahmeverfahren zur Protonentherapie sei mit Beschluss vom 19.06.2008 bis zum 31.12.2018 ausgesetzt worden, um weitere Erkenntnisse zur Protonentherapie bei Prostatakarzinom abzuwarten. Das RPC nehme an Studien ersichtlich nicht teil. Da der behandelnde Urologe von einem kurativen Therapieansatz ausgehe, sei ein lokal begrenztes Prostatakarzinom anzunehmen. Deshalb liege eine lebensbedrohliche Erkrankung (nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung) nicht vor. Selbst wenn es zu einer Lymphknotenmetastasierung gekommen sein sollte, könne aus sozialmedizinischer Sicht die Notwendigkeit einer außervertraglichen Behandlung mit Protonentherapie zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht gesehen werden, da eine vertraglich anerkannte Standardbestrahlung mit Photonen zur Verfügung stehe. Die Protonentherapie sollte nur im Rahmen gut geführter Studien erfolgen. Der Kläger könne auf Vertragsbasis mit Photonen etwa im Universitätsklinikum T. oder H. oder im K. St. behandelt werden.
Mit Bescheid vom 23.05.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung der Protonentherapie unter Hinweis auf das MDK-Gutachten des Dr. S. ab; die Protonentherapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der GKV.
Am 08.06.2011 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung legte er u.a. das Schreiben des RPC vom 03.06.2011 und das Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Prof. Dr. K. vom 23.12.2010 sowie einen Arztbericht der Universitätsklinik T. vom 28.03.2011 (Empfehlung von Strahlenbehandlung) vor.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 04.07.2011 führte Dr. Th. aus, neue Erkenntnisse lägen nicht vor; der Einschätzung im MDK-Gutachten vom 23.05.2011 werde zugestimmt. Auf der Basis der vorgelegten Arztberichte der Universitätsklinik T. könne die prinzipielle Indikation zur Durchführung einer Strahlentherapie, eventuell in Kombination mit einer Hormonablationstherapie, bestätigt werden. Eine zwingende medizinische Notwendigkeit zur Durchführung einer Protonenbestrahlung sei jedoch auch von den behandelnden Urologen in T. nicht gesehen worden. Standard bei der Strahlentherapie des Prostatakarzinoms sei derzeit die dreidimensionale Bestrahlungsplanung. Damit könne im Vergleich zu früheren Bestrahlungen die akute und späte Toxizität gesenkt werden. Man wende moderne Bestrahlungstechniken, wie die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) oder die bildgestützte Strahlentherapie (IGRT), an. Die Überlegenheit der Protonentherapie gegenüber den als Vertragsleistung zur Verfügung stehenden modernen Bestrahlungsverfahren mit Photonen sei nicht belegt. Ein hoher Grad der Schonung des umgebenden Gewebes könne auch mit den neueren Verfahren der Strahlentherapie mit Photonen erreicht werden. Das bei dem Kläger diagnostizierte lokal begrenzte Prostatakarzinom sei zweifellos als schwerwiegende Erkrankung anzusehen. Eine angemessene, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Therapie vorausgesetzt, könne jedoch (konform zur Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts (BSG)) zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung gesprochen werden. Mit den modernen strahlentherapeutischen Verfahren (wie etwa IGRT, IMRT und Tomotherapie) stünden gleichwertige vertragliche Behandlungsalternativen zur Verfügung.
Im vom Kläger vorgelegten (Antwort-)Schreiben der Universitätsklinik H.g vom 27.06.2011 (auf eine Anfrage des Klägers hinsichtlich der Protonenbestrahlung) ist ausgeführt, es sei fraglich, ob mit einer Ionentherapie die jetzt schon sehr guten Behandlungsergebnisse mit wenig Nebenwirkungen durch eine moderne IMRT/IGRT verbessert werden könnten, insbesondere wenn man bedenke, dass gewisse Risikostrukturen, wie Harnröhre und Blasenboden, auch bei der Therapie mit Ionen mitbestrahlt werden müssten. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man eine Behandlung entsprechend dem von der H. Universität, B., publizierten Behandlungskonzept anbieten. Dieses sehe zuerst über 25 Behandlungssitzungen eine IMRT/IGRT-Behandlung vor. Anschließend erfolge noch eine Dosisaufsättigung mit Protonen über 14 Sitzungen. Der Kläger lehnte diese Behandlung ab (Schreiben vom 12.07.2011).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, das RPC sei kein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur vertraglichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus. Auf Kosten der GKV könne dort nur behandelt werden, wenn eine notwendige Behandlung nicht als Vertragsleistung zur Verfügung stehe. Das sei, wie aus den vorliegenden MDK-Gutachten hervorgehe, nicht der Fall. Eine moderne strahlentherapeutische Behandlung sei auf Vertragsbasis möglich. Die Überlegenheit der Protonentherapie sei wissenschaftlich nicht belegt.
Am 15.02.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, die Beklagte müsse die ihm für die Protonentherapie im RPC entstandenen Kosten i.H.v. 18.978,45 EUR erstatten. Er habe sich nach der Operation des Prostatakarzinoms und der Empfehlung einer Strahlenbehandlung durch die Universitätsklinik T. umfassend informiert und sich für die Protonentherapie im RPC entschieden. Dort habe er sich am 18.05.2011 zur Aufnahmeuntersuchung vorgestellt; zuvor habe die Beklagte den Leistungsantrag bereits in Telefongesprächen vom 05.05.2011 und 10.05.2011 abgelehnt. Die Protonentherapie sei sodann in der Zeit vom 26.05.2011 bis 29.06.2011 durchgeführt worden. Um eine stationäre Behandlung habe es sich dabei nicht gehandelt. Er sei jeweils am Montagmorgen angereist, habe dann täglich eine Bestrahlung erhalten und bis Freitag auf eigene Kosten im Gästehaus übernachtet. Nach der Bestrahlung am Freitag sei er nach Hause gefahren. Der Auffassung der Beklagten, das RPC sei kein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus, trete er entgegen. Andere Krankenkassen übernähmen die Kosten für Protonenbehandlungen im RPC; auch die Beklagte habe diese Behandlung mindestens zwei Mitgliedern als Sachleistung gewährt. Die Photonentherapie sei nicht gleich nebenwirkungsarm wie die Protonentherapie, was bei seiner Krankheitsgeschichte den Ausschlag geben müsse. Das Karzinom habe die Organgrenze der Prostata bereits überschritten und es hätten sich mehrere Liter Wasser im Bauchraum angesammelt. Er sei einmal ohne wesentlichen Erfolg punktiert worden, eine zweite Punktierung habe er abgelehnt, nachdem bei der ersten Punktierung ein großes Hämatom aufgetreten sei.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen. Die Protonentherapie könne im ambulanten Bereich nicht vertraglich erbracht werden. Im stationären Bereich sei dies möglich; hierfür stehe die Universitätsklinik H. zur Verfügung, mit der sie einen Vertrag zur integrierten Versorgung abgeschlossen habe. Das RPC sei kein nach § 108 SGB V zur vertraglichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus. Aus der Leistungsgewährung in anderen Fällen könne der Kläger Rechte für sich nicht herleiten.
Das SG erhob den Bericht des Dr. H. (Ch. Klinik Dr. R., M.) vom 07.05.2013. Darin ist ausgeführt, der Kläger sei an einem High-Risk-Prostatakarzinom erkrankt. In dieser Situation sei mit einem regelmäßig tödlichen Verlauf der Erkrankung zu rechnen. Das folge daraus, dass in dieser Konstellation zu über 40% mit Lymphknotenmetastasen bzw. mit Fernmetastasen im Verlauf zu rechnen sei. Bis zum Beginn der Protonentherapie im Mai 2011 sei eine antihormonelle Therapie in palliativer Intention eingeleitet worden; unter dieser Therapie sei der PSA-Wert von 22,77 ng/ml auf 3,3 ng/ml abgesunken. Die gegenwärtige, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsempfehlung bestehe in Radiotherapie und Hormontherapie. Eine Kombination aus Radio- und Hormontherapie verlängere das symptomfreie Überleben und auch potentiell das Gesamtüberleben. Als Alternative zur Protonentherapie hätte eine Röntgenbestrahlung herangezogen werden können. Mit einer Röntgenbestrahlung sei eine höhere Belastung von Rektum und Harnblase einzuplanen. Mit Hilfe der Protonentherapie habe dieses Risiko verringert sowie der Bulbus Penis deutlich besser geschont werden können. Die radikale Prostatektomie als Alternativtherapie sei bei einem T-3-Tumor und einem PSA-Wert von über 20 ng/ml nicht indiziert und äußerst fraglich. Durch die Protonentherapie sei zu erwarten gewesen, dass die Spättoxizitäten und Akuttoxizitäten signifikant geringer seien als mit der herkömmlichen Strahlentherapie.
Auf Nachfrage des SG teilte die Ch. Klinik Dr. R. (Verwaltung) unter dem 08.12.2014 mit, die protonentherapeutische Behandlung des Klägers habe in den Klinikräumen der Ch. Klinik Dr. R. - Betriebsteil RPC - stattgefunden. In dem genannten Betriebsteil würden ausschließlich von angestellten ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern der Ch. Klinik Dr. R. die protonentherapeutischen Behandlungsmaßnahmen erbracht. Dementsprechend sei der Behandlungsvertrag zwischen dem Kläger und der Ch. Klinik Dr. R. geschlossen worden. Der Betriebsteil RPC sei keine eigenständige Einheit und nicht rechtsfähig. Die Ch. Klinik Dr. R. - und damit auch der Betriebsteil RPC - sei in den Krankenhausplan des Freistaates B. aufgenommen worden mit den Fachrichtungen Chirurgie, Herzchirurgie und Strahlentherapie.
Die Beklagte trug abschließend vor, die Auffassung des Dr. H., wonach die Protonentherapie gegenüber den vertraglichen Bestrahlungsmöglichkeiten signifikante Vorteile habe, beruhe auf wissenschaftlich nicht belegten Spekulationen.
Mit Urteil vom 03.09.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne die Erstattung der Kosten für die im RPC durchgeführte Protonentherapie nicht beanspruchen. Er habe einen Anspruch auf Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung der GKV nicht gehabt, weshalb auch ein Kostenerstattungsanspruch nicht bestehe. Eine unaufschiebbare Leistung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V) stehe unstreitig nicht in Rede. Die Beklagte habe die Gewährung der Protonentherapie auch nicht zu Unrecht abgelehnt (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Sie habe diese Behandlung weder im Rahmen einer voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V) noch als ambulante Behandlungsleistung gewähren müssen. Die Protonentherapie sei hier nicht als vollstationäre (dazu: BSG, Urteil vom 28.02.2007, - B 3 KR 17/06 R -, in juris) Krankenhausbehandlung erbracht worden. Der Kläger habe sich während der Behandlung nicht zeitlich ununterbrochen im Krankenhaus aufgehalten. Er habe das RPC vielmehr nur zu den jeweiligen Behandlungsterminen aufgesucht. Die Rechnung vom 01.07.2011 habe zwar die Ch. Klinik Dr. R. - ein, anders als das RPC, nach § 108 Nr. 2 SGB V zugelassenes Krankenhaus - ausgestellt. Der Kläger sei in dieses Krankenhaus aber (auch) nicht zur teilstationären Behandlung aufgenommen worden. Die teilstationäre Behandlung unterscheide sich von der vollstationären (und ambulanten) Krankenhausbehandlung im Wesentlichen durch eine regelmäßige, aber nicht durchgehende Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus (Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.10.2014, - L 6 KR 108/12 -, in juris). Die medizinisch-organisatorische Infrastruktur des Krankenhauses werde bei der teilstationären Behandlung (etwa als Tages- oder Nachtklinik) benötigt, ohne dass der Patient ununterbrochen anwesend sein müsse. Diese Voraussetzungen seien bei der im RPC durchgeführten Protonenbehandlung nicht erfüllt. Der Kläger, der im Gästehaus (des RPC) untergebracht gewesen sei, habe das RPC jeweils unmittelbar vor dem ersten Bestrahlungstermin aufgesucht und nach kurzer Bestrahlungszeit wieder verlassen. Die übrige Zeit des Tages habe er frei gestalten können, bis er sodann jeweils nach der Bestrahlung am Freitag nach Hause gefahren sei. Auch eine ambulante Krankenhausbehandlung habe nicht vorgelegen. Gemäß § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V (in der vom 01.04.2007 bis 31.12.2011 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007, BGBl. I, 378) sei ein zugelassenes Krankenhaus zur ambulanten Behandlung der in dem Katalog nach Abs. 3 und 4 genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen berechtigt, wenn und soweit es im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes auf Antrag des Krankenhausträgers unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden sei. Dies sei für das RPC nicht geschehen. Der Kläger könne den geltend gemachten Leistungsanspruch auch nicht auf den Rahmenvertrag vom 04.02.2005 (i.V.m. § 116b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V) stützen, da die Beklagte mit der Ch. Klinik Dr. R. bzw. dem RPC einen entsprechenden Vertrag nicht abgeschlossen habe. Schließlich habe die Beklagte die Protonentherapie auch nicht als Leistung der ambulanten Krankenbehandlung gewähren müssen. Die Ärzte des RPC seien zur (ambulanten) vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen. Außerdem müsse die Krankenbehandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V notwendig sein. Die Versicherten könnten (auf Kosten der GKV) nur solche Behandlungen beanspruchen, die zweckmäßig und wirtschaftlich seien, deren Qualität und Wirksamkeit dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche und die den medizinischen Fortschritt berücksichtigten. Diese Anforderungen erfülle die Protonentherapie nicht. Dass die Behandlung nach den von Dr. H. bestätigten Angaben des Klägers positiv verlaufen und von den Ärzten der Ch. Klinik Dr. R. bzw. des RPC befürwortet worden sei, genüge nicht (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 27/06 R -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.10.2014, - L 6 KR 108/12 -, beide in juris). Die ambulante Protonentherapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der GKV. Der GBA habe für diese Behandlungsmethode bei der Indikation Prostatakarzinom - unstreitig - die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V notwendige (dazu BSG, Urteil vom 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -, in juris) und hier auch nicht ausnahmsweise entbehrliche positive Empfehlung nicht abgegeben.
Gegen das ihm am 08.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.09.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen. Das SG habe sich weitgehend auf das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 16.10.2014 (- L 6 KR 108/12 -, in juris) gestützt und dessen Entscheidungsgründe wiedergegeben. Er habe unter Vorlage des Schreibens des RPC vom 03.06.2011 und des Rechtsgutachtens des Rechtsanwalts Prof. Dr. K. geltend gemacht, dass die Protonentherapie (bis 31.12.2018) Kassenleistung sei. Damit habe sich das SG nicht auseinandergesetzt und es sei auch auf die Besonderheiten seines Falles nicht hinreichend eingegangen. So würden die Kosten der Protonentherapie von anderen (b.) Krankenkassen (in einer Vielzahl von Fällen) übernommen. Er habe auch zwei Mitglieder der Beklagten benannt, denen die Protonentherapie als Sachleistung gewährt worden sei. Deswegen komme ein Kostenerstattungsanspruch wegen Selbstbindung der Verwaltung in Betracht. Außerdem habe eine unaufschiebbare Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V vorgelegen. Nach der operativen Versorgung des Prostatakarzinoms und der von der Universitätsklinik T. ausgesprochenen Empfehlung einer anschließenden Strahlenbehandlung (Schreiben vom 28.03.2011) habe er bei der Beklagten die Gewährung der Protonentherapie beantragt, was diese in Telefongesprächen vom 05.05.2011 und 10.05.2011 abgelehnt habe. Er habe sodann am 18.05.2011 mit dem RPC einen Behandlungsvertrag abgeschlossen. Nach der Aufnahmeuntersuchung im RPC am 18.05.2011 habe die Protonentherapie am 26.05.2011 begonnen; sie habe 21 Bestrahlungen umfasst. Die (von der Beklagten vorgeschlagene) Behandlung in der Universitätsklinik H. hätte 8 Wochen gedauert und 39 Bestrahlungen umfasst (25 Photonen- und 14 Protonenbestrahlungen). Im RPC sei er sogleich aufgenommen worden, während er vor der Aufnahme in die Universitätsklinik H. erst die Entscheidung der Beklagten hätte abwarten müssen; die Behandlung hätte daher erst viel später beginnen können. Etwaige Wartezeiten in der Universitätsklinik H. seien nicht bekannt. Da das High-Risk-Prostatakarzinom die Organgrenze bereits überschritten habe, sei die Protonenbehandlung unaufschiebbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 03.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2012 zu verurteilen, ihm die Kosten der im RPC (Ch. Klinik Dr. R., M.) im Mai/Juni 2011 durchgeführten Protonentherapie i.H.v. 18.978,45 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Anspruch wegen Selbstbindung der Verwaltung komme nicht in Betracht, weil die Leistungsgewährung nicht im Ermessen der Krankenkasse stehe. Eine unaufschiebbare Behandlung habe nicht vorgelegen. Da die Universitätsklinik H. zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassen sei, müsse vor Behandlungsbeginn eine (Genehmigungs-)Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet werden. Der Kläger sei auf die Behandlungsalternativen in der Universitätsklinik H. hingewiesen worden, habe sich dort aber nicht mehr vorgestellt, sondern die Protonenbehandlung im RPC in Anspruch genommen. Der Abschluss eines Vergleichs komme aus ihrer Sicht nicht in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Streitgegenstand ist die Erstattung der Aufwendungen, die dem Kläger für die privatärztlich ambulant erbrachte Behandlung seiner Prostatakrebserkrankung durch Protonentherapie entstanden sind. Die Kosten hierfür betragen insgesamt 18.978,45 EUR. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist damit überschritten. Die Berufung ist form- und auch fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die ambulante Protonenbehandlung des Prostatakarzinoms ist vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht umfasst. Die Krankenkassen müssen ihren Mitgliedern die für die Beschaffung dieser Behandlung als privatärztliche Leistung entstehenden Kosten daher nicht erstatten.
Rechtsgrundlage des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der GKV (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 (1. und 2. Alt.) SGB V reicht daher nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen ist oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Die Selbstbeschaffung der Leistung muss außerdem zu einer (zivil-)rechtlich wirksamen Kostenlast des Versicherten geführt haben. Daran kann es insbesondere bei Verstößen gegen das einschlägige öffentlich-rechtliche Preisrecht fehlen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und zum Preisrecht für Krankenhausleistungen; auch etwa jurisPK-SGB V Schlegel/Voelzke, § 33 Rdnr. 49).
Der regelmäßig im Vordergrund stehende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V (rechtswidrige Leistungsablehnung) setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und außerdem einen Ursachenzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der dem Versicherten durch die Selbstbeschaffung der Leistung entstandenen Kostenlast voraus. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V) oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte. Das mit einer Entscheidung der Krankenkasse abzuschließende Verwaltungsverfahren stellt weder einen "Formalismus" in dem Sinne dar, dass es ganz entbehrlich ist, noch in dem Sinne, dass es zwar durchlaufen werden muss, aber der Versicherte nicht gehalten ist, die Entscheidung der Krankenkasse in seine eigene Entscheidung inhaltlich einzubeziehen, sondern den Abschluss des Verwaltungsverfahrens nur "formal" abwarten muss, jedoch schon vorbereitende Schritte einleiten darf, die Ausdruck seiner Entschlossenheit sind, sich die Leistung in jedem Fall endgültig zu verschaffen. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern der Krankenkasse. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der GKV gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse, verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht; sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt (so: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG; Beschluss vom 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -, in juris) nicht in der Weise ausgelegt werden darf, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt.
Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V (unaufschiebbare Leistung) setzt voraus, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z.B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Es kommt nicht (mehr) darauf an, ob es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten; die gegenteilige Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris) aufgegeben. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V erfasst auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Liegt hingegen nicht nur ein Eilfall in diesem Sinne, sondern (sogar) ein (medizinischer) Notfall i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, muss also ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden, ist der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V nicht einschlägig, sondern ausgeschlossen. Der Leistungserbringer erhält seine Vergütung für Notfallleistungen nicht vom (erstattungsberechtigten) Versicherten, sondern bei ambulanter Leistungserbringung von der Kassenärztlichen Vereinigung (aus der Gesamtvergütung, § 85 SGB V) und bei stationärer Leistungserbringung von der Krankenkasse. Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V kann daher (gerade) auch dann erfüllt sein, wenn zwischen der erstmaligen Anfrage des Versicherten bei einem Behandler, einer etwaigen Voruntersuchung und dem eigentlichen Behandlungsbeginn längere (Warte-)Zeiten, ggf. auch mehrere Wochen, verstreichen (auch dazu: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris).
Davon ausgehend kann der Kläger die Erstattung der für die Behandlung seiner Prostatakrebserkrankung durch Protonentherapie entstandenen Aufwendungen nicht beanspruchen. Das SG hat dies in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 21.09.2016, - L 5 KR 2884/14 - und vom 02.11.2016, - L 5 R 4067/15, nicht veröffentlicht). Ergänzend ist anzumerken:
Eine unaufschiebbare Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V steht nicht in Rede; der Kläger hat dies auch erst nach Hinweis auf das Urteil des BSG vom 08.09.2015 (a.a.O.) geltend gemacht. Für die Annahme einer im Rechtssinne unaufschiebbaren Leistung genügt das Vorliegen eines High-Risk-Prostatakarzinoms mit Überschreitung der Organgrenze für sich allein nicht. Der zeitliche Ablauf der Protonenbehandlung im RPC zeigt, dass diese Behandlung nicht im Eilfall als unaufschiebbare Therapiemaßnahme, sondern nach vorheriger Überlegung und Abwägung des Für und Wider planmäßig (anstelle der zum Leistungskatalog der GKV gehörenden Behandlung, dazu sogleich) durchgeführt worden ist. Das geht aus dem Klagevorbringen des Klägers selbst hervor. Der Kläger hatte sich - so seine Klagebegründung - nach der Operation des Prostatakarzinoms und der Empfehlung einer Strahlenbehandlung (herkömmlich mit Photonenbestrahlung) durch die Universitätsklinik T. zunächst umfassend informiert und sich sodann für die Protonentherapie im RPC entschieden. Er hat die Gewährung dieser Behandlung daraufhin mit Schreiben vom 10.05.2011 bei der Beklagten beantragt, sich am 18.05.2011 im RPC zur Aufnahmeuntersuchung vorgestellt und die Protonentherapie am 26.05.2011 aufgenommen. Der Senat kann offen lassen, ob sich der Kläger (nach der Operation in der Universitätsklinik T.) nicht von vornherein auf die Durchführung einer Protonentherapie festgelegt hatte. Jedenfalls kann bei diesem Verfahrensgang eine unaufschiebbare Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V nicht festgestellt werden. Davon abgesehen wäre auch bei Vorliegen einer unaufschiebbaren Leistung i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V notwendig, dass die Beklagte die Protonentherapie als Sachleistung der GKV hätte gewähren müssen (BSG; Urteil vom 08.09.2015, a.a.O.). Auch daran hat es - wie sogleich zu § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V darzulegen ist - gefehlt.
Die Beklagte hat die Gewährung der Protonentherapie als Sachleistung der GKV nicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V zu Unrecht abgelehnt. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass die Protonentherapie nicht als (voll- oder teilstationäre oder ambulante) Krankenhausbehandlung, sondern als (privatärztliche) ambulante Behandlung erbracht worden ist. Der Kläger hat anderes auch nicht behauptet, vielmehr mitgeteilt, dass er die Behandlungsräume des RPC (in der Ch. Klinik Dr. R.) - während der Woche - nur zur Bestrahlungsbehandlung aufgesucht hat; der Kläger ist im Übrigen in einem Gästehaus untergebracht und am Wochenende zu Hause gewesen. Als ambulante (vertragsärztliche) Behandlung kann die Protonentherapie durch das RCP nicht zu Lasten der GKV erbracht werden, weil die Ärzte des RPC zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen sind und für die Protonenbehandlung des Prostatakarzinoms außerdem die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V notwendige und hier auch nicht entbehrliche positive Empfehlung des GBA nicht vorliegt; das SG hat das in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht. Dass die Ch. Klinik Dr. R. (als Plankrankenhaus) zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassen ist, ist unerheblich, da die Protonentherapie nicht als Krankenhausbehandlung dieser Klinik, sondern als ambulante (privatärztliche) Behandlung des RPC erbracht worden ist.
Die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (jetzt kodifiziert in § 2 Abs. 1a SGB V) sind ebenfalls nicht erfüllt gewesen.
In seinem hierfür grundlegenden Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -, in juris) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, beide in juris, - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der GKV ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit (BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht etwa bei BSG, Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -, alle in juris) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage gegeben sein (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415/13 -, beide in juris), wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; zu alledem auch Senatsurteile vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 - und vom 27.07.2016, - L 5 KR 442/16 -, beide in juris).
Das Erfordernis der indiziengestützten Aussicht auf eine nicht ganz entfernt liegende, wenigstens spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (dazu näher, insbesondere zur abstrakten und konkret-individuellen Prüfung und Abwägung von Risiken und Nutzen der Behandlungsmethode, BSG, Urteil vom 02.09.2014, - B 1 KR 4/13 R -, in juris Rdnr. 16) darf einerseits zwar nicht überspannt werden, etwa durch die Forderung eines Wirksamkeits- und Nutzennachweises durch evidenzbasierte Studien (vgl. etwa Senatsurteil vom 19.03.2014, - L 5 KR 1496/13 - (Krebsbehandlung durch dendritische Zellen), nicht veröffentlicht). Im Unterschied zur Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -; Urteil vom 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -, beide in juris) genügen nämlich schon (Wirksamkeits-)Indizien, die sich auch außerhalb von Studien oder vergleichbaren Erkenntnisquellen oder von Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften finden können (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 02.09.2014, a.a.O.: wissenschaftliche Verlaufsbeobachtung anhand von 126 operierten Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle). Steht in den Fallgestaltungen des § 2 Abs. 1a SGB V (lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche bzw. wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode generell nicht zur Verfügung oder scheidet sie im konkreten Einzelfall (nachgewiesenermaßen) aus, sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen: je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften "Hinweise" (so BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris Rdnr. 66) auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Andererseits darf die in Rede stehende und im Einzelfall vielfach maßgebliche Voraussetzung für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs auch nicht (gänzlich) aufgelöst werden. Das subjektive Empfinden des Versicherten, ggf. gestützt durch die entsprechende Einschätzung oder Empfehlung behandelnder Ärzte oder deren Erfahrungen bei Behandlungen der in Rede stehenden Art im Einzelfall, genügt für sich allein genommen nicht (vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris Rdnr 32 f.; Senatsurteil vom 27.07.2016, - L 5 KR 442/16 -, in juris).
Einem auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs der GKV gestützten Leistungsanspruch des Klägers hat hier nicht schon entgegen gestanden, dass der GBA die Krebsbehandlung durch Protonentherapie - anders etwa als die Krebsbehandlung durch Hyperthermie - durch Richtlinienentscheidung ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen hat; dann wäre nach der Rechtsprechung des BSG für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs bzw. nach § 2 Abs. 1a SGB V von vornherein kein Raum mehr (dazu auch Senatsurteil vom 18.03.2015, a.a.O. m.w.N. und Senatsurteil vom 27.07.2016, - L 5 KR 4217/14 -, in juris). Der Senat kann auch offen lassen, ob dem Kläger, dessen Prostatakrebserkrankung als High-Risk-Prostatakarzinom eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellt, entgegen gehalten werden könnte, er habe sich bei Durchführung der Protonenbehandlung nicht in einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten - notstandsähnlichen - individuellen Notlage befunden. Es kommt entscheidungserheblich hierauf nicht an. Die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der GKV sind nämlich (schon) deswegen nicht erfüllt, weil eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden hat und außerdem auch eine Protonenbehandlung in der Universitätsklinik H. - ergänzend zu einer modernen IMRT/IGRT - hätte in Anspruch genommen werden können; letzteres geht aus dem Schreiben dieser Klinik vom 27.06.2011 hervor.
Aus den vorliegenden MDK-Gutachten ist ersichtlich, dass für die Behandlung der Krebserkrankung des Klägers vertragliche Behandlungsleistungen (des Leistungskatalogs der GKV) zur Verfügung gestanden haben. So hat Dr. S. im MDK-Gutachten vom 23.05.2011 ausgeführt, die Krebserkrankung könne durch perkutane Bestrahlung mit Photonen therapiert werden, wobei hierfür moderne hochpräzise Bestrahlungstechniken (IMRT/IGRT) eingesetzt werden könnten, mit denen die vorher festgelegte Bestrahlungsdosis punktgenau in das Zielvolumen eingebracht werden könne. Dr. Th. hat diese Einschätzung im MDK-Gutachten vom 04.07.2011 bestätigt und ergänzend dargelegt, dass durch die modernen Bestrahlungstechniken die bei älteren Bestrahlungstechniken aufgetretene akute und späte Toxizität gesenkt worden sei und dadurch ebenfalls ein hoher Grad der Schonung des umgebenden Gewebes erreicht werden könne. Für die Krebsbehandlung des Klägers sind damit nach der überzeugenden Auffassung des MDK gleichwertige Behandlungsalternativen verfügbar gewesen. Die Überlegenheit der Protonentherapie gegenüber den modernen strahlentherapeutischen Verfahren (IMRT/IGRT) ist nicht belegt und beruht - so Dr. S. im MDK-Gutachten vom 23.05.2011 - als Hypothese auf theoretischen Denkansätzen zu einem (gegenüber der Photonenbestrahlung) steileren Dosisgradienten zwischen Zielvolumen und Risikoorgan. Ob dieser theoretische Denkansatz bei der perkutanen Bestrahlung von Tumoren mit Protonen tatsächlich einen klinisch relevanten Stellenwert hat und die Protonentherapie gegenüber einer modernen Photonenbestrahlung einen Behandlungsvorteil bietet, ist, so ebenfalls Dr. S. im genannten MDK-Gutachten, nicht geklärt. Der GBA hat deswegen auch ein eingeleitetes Stellungnahmeverfahren bis zum 31.12.2018 ausgesetzt, um weitere Erkenntnisse zur Protonentherapie abzuwarten. Das bestätigt die Einschätzung des MDK zusätzlich. Auch das Schreiben der Universitätsklinik H. vom 27.06.2011 untermauert die Auffassung des MDK. Danach müssen auch bei der Protonenbestrahlung, nicht anders als bei der Photonenbestrahlung, Risikostrukturen, wie Harnröhre und Blasenboden, mitbestrahlt werden; deswegen hält man es in der Universitätsklinik H. für fraglich, ob mit der Protonentherapie die Behandlungsergebnisse der modernen IMRT/IGRT verbessert werden können. Dem Bericht des Dr. H. sind stichhaltige Einwendungen, die die Einschätzung des MDK und der Universitätsklinik H. in Zweifel ziehen könnten, nicht zu entnehmen. Dr. H. hat (aus Sicht des RPC) letztendlich nur die - bislang nicht ausreichend verifizierte - These der Überlegenheit der Protonentherapie vertreten.
Angesichts der bestehenden vertraglichen (zum Leistungskatalog der GKV gehörenden) Behandlungsalternativen kommt es auf die Frage der indiziengestützten nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung der Protonenbehandlung auf den Krankheitsverlauf der Prostatakrebserkrankung des Klägers nicht an. Wenn sich der Kläger bei dieser Sachlage dafür entscheidet, eine nicht zum Leistungskatalog der GKV gehörende Leistung bei einem zur Leistungserbringung im System der GKV nicht zugelassenen Leistungserbringer als privatärztliche Behandlungsleistung in Anspruch zu nehmen, kann er nicht verlangen, dass die hierfür anfallenden Kosten (doch) von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten getragen werden.
Rechtlich unerheblich ist, ob andere Krankenkassen oder auch die Beklagte in anderen Fällen die Kosten einer Protonenbehandlung bei Prostatakarzinom übernommen haben; Feststellungen hierzu sind daher nicht zu treffen. Die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung sind nur bei Ermessensentscheidungen von Belang. Über die Leistungsgewährung hat die Krankenkasse aber keine Ermessensentscheidung, sondern eine gesetzlich gebundene Entscheidung zu treffen. Im Übrigen könnte aus ggf. rechtswidrigen Verwaltungsentscheidungen ein Leistungsanspruch nicht hergeleitet werden; einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (bzw. auf Fehlerwiederholung) gibt es nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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