L 18 AL 50/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 22 AL 298/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 50/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Februar 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weiteren Gründungszuschusses (GZ) für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. September 2012.

Der Kläger bezog von der Beklagten Arbeitslosengeld. Am 27. Juni 2011 beantragte er bei der Beklagten die Bewilligung eines GZ für eine von ihm ab dem 1. Juli 2011 ausgeübte selbständige Tätigkeit als Trockenbauer. Zum Zweck der Ausübung dieser selbständigen Tätigkeit hatte er durch Gesellschaftsvertrag vom 22. Juni 2011 gemeinsam mit Herrn E S die "S und K GbR" gegründet, danach sollten die Gewinne hälftig zwischen beiden Gesellschaftern geteilt werden. Durch Bescheid vom 27. Oktober 2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit für den Zeitraum 1. Juli 2011 bis 31. März 2012 einen monatlichen GZ iHv 1.284,60 EUR, insgesamt 11.561,40 EUR.

Am 24. März 2012 beantragte der Kläger die Weitergewährung des GZ für die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit ab dem 1. April 2012 bis 30. September 2012. Dem Antrag fügte er die von seinem Steuerberater erstellte Gewinnermittlung der GbR für den Zeitraum 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 bei, in welcher ein steuerlicher Gewinn der GbR nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) iHv 52.521,40 EUR ausgewiesen war, und einen ebenfalls von seinem Steuerberater für Februar 2012 erstellten betriebswirtschaftlichen Kurzbericht, welcher für den Zeitraum Januar 2012 bis Februar 2012 ein vorläufiges Ergebnis iHv -1.425,95 EUR und für Februar 2012 ein vorläufiges Ergebnis iHv 531,- EUR auswies. Die Beklagte lehnte nach Auswertung dieser Unterlagen durch Bescheid vom 26. April 2012 den Antrag des Klägers auf Weitergewährung des GZ mit der Begründung ab, der Gewinn der GbR allein im Jahr 2011 iHv 52.521,40 EUR zeige, dass sich die Geschäftstätigkeit der GbR derart gefestigt und am Markt bewährt habe, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt und seine soziale Sicherung allein aus der selbständigen Tätigkeit bestreiten könne. Es seien auch keine besonderen Umstände vorgetragen und nachgewiesen worden, die eine Finanzierung der sozialen Sicherung des Klägers für weitere sechs Monate rechtfertigen würden. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, angesichts seiner Lebenshaltungskosten und seiner familiären Situation sei er dringend auf die Weitergewährung des GZ angewiesen. Nach Abzug der Gewerbe- sowie der Einkommensteuer verblieben ihm lediglich 20.000,- EUR zum Leben. Er reichte am 12. Juni 2012 die von seinem Steuerberater erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung der GbR der Monate März bis Mai 2012 zu den Verwaltungsvorgängen und verwies darauf, dass diese eine rückläufige Einkommensentwicklung zeige. Das vorläufige Ergebnis der Monate Januar 2012 bis Mai 2012 betrage danach -2.808,07 EUR, im Mai 2012 sei erstmals wieder ein positives Ergebnis iHv insgesamt 1.497,28 EUR erzielt worden. Weitere Unterlagen könne er zZt noch nicht vorlegen, da die Einkommensteuererklärung für 2011 noch nicht erstellt worden sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen bei Entscheidung über die Weitergewährung des Zuschusses habe die Beklagte sich dazu entschlossen, den GZ nur dann zu gewähren, wenn aufgrund der bisherigen Geschäftstätigkeit und der beschriebenen zukünftigen Aktivitäten zu erwarten sei, dass der Lebensunterhalt aus den Einkünften der selbständigen Tätigkeit nach der sechsmonatigen Anlaufphase bestritten werden könne und der weitere GZ ausschließlich für die nachhaltige Stärkung der Gründung sowie zur sozialen Absicherung erforderlich sei. Der Kläger habe durch seine selbständige Tätigkeit im Zeitraum Juli 2011 bis Dezember 2011 nach Abzug von Steuern ein durchschnittliches monatliches Einkommen iHv 3.420,62 EUR erzielt, mit diesen Einkünften zuzüglich des in diesem Zeitraum monatlich geleisteten GZ sei es dem Kläger möglich gewesen, den ersten Winter finanziell gut zu überstehen, zumal sich zumindest ab Mai 2012 wieder positive Einnahmen iHv 1.497,28 EUR gezeigt hätten. Es könne damit von der vollen Tragfähigkeit der Selbständigkeit des Klägers ausgegangen werden.

Am 18. September 2012 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) Klage erhoben und vorgetragen, die volle Tragfähigkeit seiner selbständigen Tätigkeit sei noch nicht eingetreten. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem sie lediglich die Monate mit positivem Ergebnis berücksichtigt habe. Denn sie habe ihrer Berechnung nur die Umsatzzahlen für Juli bis Dezember 2011 zu Grunde gelegt, ohne jedoch das negative Ergebnis der Monate Januar bis März 2012 hinreichend zu berücksichtigen. Für das Unternehmen des Klägers gelte jedoch, dass die Auftragslage saisonbedingt schwanke, so dass die Einkünfte der besseren Monate die Defizite der schlechteren Wintermonate ausgleichen müssten. Er verfüge deshalb lediglich über ein monatliches Bruttoeinkommen iHv 2.694,80 EUR, von diesem Einkommen seien noch Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge und Steuerschulden zu begleichen. Die zweite Phase des GZ diene gerade dazu, die Belastungen des jungen Selbständigen durch Sozialversicherungsbeiträge abzufedern. Mittels eines weiteren GZ iHv monatlich 300,- EUR wäre ihm diese soziale Absicherung möglich.

Der Kläger hat seinen Einkommensteuerbescheid für 2011 zu den Gerichtsakten gereicht. Danach betrugen die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb im Jahr 2011 insgesamt 21.393,00 EUR. Zu den Gerichtsakten gelangte außerdem der Gewerbesteuer-Bescheid der Verbandsgemeinde Elbe-Havel-Land, wonach die Gewerbesteuer für die GbR für das Jahr 2011 auf insgesamt 1.932,- EUR festgesetzt wurde. Nach dem ebenfalls überreichten, vom Steuerberater des Klägers für die GbR erstellten betriebswirtschaftlichen Kurzbericht für 2012 hat das vorläufige Ergebnis der GbR im Jahr 2012 insgesamt 34.964,97 EUR betragen.

Durch Urteil vom 10. Februar 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Ermessensentscheidung der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Sie habe insbesondere ihrer Entscheidung Ermessensgesichtspunkte zu Grunde gelegt, die nach gerichtlicher Überprüfung das Zustandekommen der Ermessensentscheidung in rechtmäßiger Weise bestätigten. Denn unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Einkommens des Klägers im Jahr 2011 iHv monatlich 3.420,60 EUR habe die Beklagte zu Recht die Tragfähigkeit seiner selbständigen Tätigkeit angenommen. Im gerichtlichen Verfahren sei ein Einkommen des Klägers im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 iHv monatlich 1.424,26 EUR ermittelt worden, das die Einschätzung der Beklagten als zutreffend bestätigt habe. Die Beklagte habe deshalb ermessensfehlerfrei entschieden, dass das Interesse des Klägers an einer weiteren Förderung durch GZ angesichts seiner bisherigen Einkünfte hinter dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer sparsamen und zweckorientierten Verwendung der Beitragsmittel zurücktreten müsse. Dass er nach seiner privaten Lebensführung höhere Ausgaben benötige, sei als privater Gesichtspunkt bei der Ermessensabwägung nicht zu berücksichtigen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Bewilligung des GZ für seinen Geschäftspartner.

Hiergegen hat der Kläger bei dem Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er ist bei der von ihm vertretenen Ansicht verblieben, wonach die volle Tragfähigkeit seiner Selbständigkeit sich nicht belegen ließe. Denn zu berücksichtigen sei insbesondere, dass die GbR in den Monaten Januar bis März 2012 ein negatives Ergebnis erzielt habe, welches erst durch den steigenden Umsatz im Monat April 2012 wieder ausgeglichen worden sei. Nach Abzug der Sozialbeiträge sei dem Kläger im Zeitraum Juli 2011 bis Dezember 2012 überhaupt nur ein monatliches Einkommen iHv 882,44 EUR verblieben, dieses habe unterhalb der Armutsgrenze gelegen. Es läge zudem ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, weil dem Geschäftspartner des Klägers der GZ auch in der zweiten Phase bewilligt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Antrag des Klägers vom 27. März 2012 über die Bewilligung eines weiteren Gründungszuschusses für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. September 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides des Klägers für 2012 im Berufungsverfahren errechne sich ein durchschnittliches monatliches Einkommen des Klägers iHv 1.566,90 EUR im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012. Im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 hätten nur die eingereichte Gewinnermittlung vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 und die vorgelegten betriebswirtschaftlichen Kurzberichte für die Kalendermonate Februar bis Mai 2012 berücksichtigt werden können. Im Ergebnis sei danach die damalige Einschätzung, dass der Kläger mit seinen Einkünften zuzüglich des Gründungszuschusses im Zeitraum 1. Juli 2011 bis 31. März 2011 den ersten Winter finanziell gut überstehen konnte, nicht zu beanstanden. Da es sich um eine Tätigkeit gehandelt habe, die saisonbedingten Schwankungen unterliege, sei auch die Einschätzung, dass sich ab Mai 2012 wieder positive Einkünfte einstellen würden, zutreffend gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senates geworden.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit zuletzt einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger wird durch den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat vielmehr im Ergebnis ermessensfehlerfrei die Gewährung des Gründungszuschusses für den vom Kläger beantragten weiteren Zeitraum von sechs Monaten ab dem 1. April 2012 bis 30. September 2012 abgelehnt.

Gemäß § 93 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) in der hier gemäß § 422 Abs. 2 SGB III anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2011, gültig ab 1. April 2012, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss wird gemäß § 94 Abs. 1 SGB III zunächst für die Dauer von sechs Monaten geleistet und kann nach Abs. 2 für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300,- EUR geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines weiteren Gründungszuschusses ab dem 1. April 2011 liegen vor, denn der Kläger hat seine Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen nachgewiesen, dies wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Die Entscheidung der Beklagten über die Gewährung eines Gründungszuschusses steht jedoch im Ermessen, dh trotz des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen kann die Beklagte die Gewährung des Gründungszuschusses ablehnen. Das Gericht kann diese Entscheidung nur im Sinne einer Rechtskontrolle daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Es hat jedoch keine eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen.

Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen zT nicht einheitlich vorgenommen wird (vgl insoweit Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 18. März 2008 - B 2 U 1/07 R - juris - Rn. 16). Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall liegt vor, wenn die Behörde ihr Ermessen nicht ausgeübt oder dies im Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht hat; er liegt dann nicht vor, wenn die Beklagte ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt hat. Entscheidend ist, dass die Behörde neben eventuellen, zur Wahrung des Gleichheitsgebotes zulässigen internen Weisungen die Besonderheiten des Einzelfalles beachtet. Eine Ermessensunter- oder -überschreitung liegt vor, wenn sie sich nicht bewusst ist, dass sie den GZ hätte bewilligen können, ihr Ermessen zu eng ausgelegt hat oder eine Rechtsfolge gesetzt hat, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch vor, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 9. November 2010 - B 2 U 10/10 R - juris - Rn. 15). Das Gericht darf dabei die maßgebenden Tatsachen anders feststellen und Beweismittel anders würdigen. Ist die Behörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat sie andere vom Gericht festgestellten Tatsachen nicht berücksichtigt, ist die Entscheidung der Behörde aufzuheben, wenn dadurch die Ermessensentscheidung beeinflusst wurde oder hätte beeinflusst werden können.

Der Kläger hat unter Beachtung dieser Grundsätze keinen Anspruch auf Neubescheidung seines am 27. Juni 2011 gestellten Antrages, weil die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung das ihr nach § 93 Abs. 1 SGB III zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat. So hat die Beklagte ihre Pflicht zur Ermessensbetätigung erkannt und Ermessen ausgeübt, wobei weder eine Ermessensüberschreitung, ein Ermessensmissbrauch noch ein Abwägungsdefizit vorliegen.

Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall liegt nicht vor, weil die Beklagte ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides ihr Ermessen tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt hat. Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter- oder -überschreitung vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sie war sich auch bewusst, dass sie den GZ hätte weiterbewilligen können und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt.

Es liegt auch kein Ermessensfehlgebrauch vor. Indem die Beklagte darauf abgestellt hat, dass der Kläger mit den Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt und die für ihn notwendige soziale Sicherung sicherstellen konnte, hat sie einen legitimen, der Teleologie des § 94 Abs. 2 SGB III entsprechenden Zweck verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Ziele der zweiten GZ-Förderphase sind die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer (vgl BT-Drucks 17/6277, S 86). Mit der Pauschale von 300,- EUR soll die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass nach Abschluss der ersten Förderungsphase das Unternehmen derart gefestigt ist, dass der Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit bestritten werden kann und (allenfalls) noch ein Bedürfnis für die Gewährung von Leistungen zur sozialen Absicherung besteht (vgl BT-Drucks 16/1696, S 31). Wenn der Gesetzgeber in Anbetracht dieser Erwägungen die Weitergewährung des auf die pauschale soziale Absicherung reduzierten GZ in das Ermessen der Beklagten stellt, so entspricht es dem Sinn und Zweck dieser Ermächtigung, dass die Weitergewährung abgelehnt werden kann, wenn die Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann (vgl Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Oktober 2013 - L 9 AL 150/12 - juris). Der GZ impliziert einen Förderungsbedarf, der dann nicht besteht, wenn das erzielte Einkommen zur sozialen Sicherung ausreicht.

Die Beklagte ist auch nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Denn sie hatte eine Prognose darüber zu treffen, welche Einnahmen der Kläger voraussichtlich in der möglichen zweiten Förderphase vom 1. April 2012 bis zum 30. September 2012 zur Verfügung haben würde und ob diese voraussichtlich verfügbaren Einnahmen für eine angemessene soziale Absicherung ausreichen würden. Für die Richtigkeit dieser Prognose kam es nicht auf das tatsächlich zu versteuernde Gesamtjahreseinkommen oder sogar den Steuerbescheid für das Jahr 2012 an, vielmehr konnten allein die bei Erlass des Bescheides vom 26. April 2012 bzw des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 bekannten Umstände Grundlage für die Prognoseentscheidung sein (vgl hierzu Urteil des BSG vom 3. Juli 2003 - B 7 AL 66/02 R - juris).

Ausgehend von den im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 bekannten Umständen ist die Prognose der Beklagten, dass das Einkommen des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit zur sozialen Absicherung im möglichen sechsmonatigen Förderzeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012 ausreichen würde, nicht zu beanstanden. Danach standen dem Kläger im ersten Förderzeitraum von Juli 2011 bis Dezember 2011 monatlich 3.420,62 EUR zur Verfügung, hinzu kam der monatliche Förderbetrag iHv 1.284,60 EUR. Zwar unterlag die Tätigkeit des Klägers saisonbedingten Schwankungen, was sich zunächst in einem negativen Ergebnis im Frühjahr 2012 dokumentiert hat. Dass die Einnahmen in den Wintermonaten absinken würden, war dem Kläger jedoch bekannt, er hat selbst vorgetragen, dass die Einnahmen aus den "guten" Monaten die "schlechten" Monate ausgleichen müssten. Es wäre ihm deshalb zuzumuten gewesen, Einkünfte aus der Tätigkeit bis Dezember 2012 unter Voraussicht der mit seiner Tätigkeit verbundenen Einkommensschwankungen für die weniger einkommensstarken Folgemonate anzusparen und für seine soziale Absicherung zu verwenden. Die Annahme der Beklagten, dass sich die selbständige Tätigkeit des Klägers als tragfähig erwiesen hatte, ist auch deshalb nicht zu beanstanden, weil im Mai 2012 die Einnahmen wieder anstiegen und dementsprechend zu erwarten war, dass diese Einnahmen sich in den auftragsstarken Sommermonaten noch positiver entwickeln würden.

Ein Abwägungsfehler liegt schließlich auch nicht darin, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt hatte, dass dem Geschäftspartner des Klägers der GZ weiter bewilligt worden war. Insbesondere hat sie hierdurch nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikels 3 Grundgesetz verstoßen. Denn sie hatte allein über den Anspruch des Klägers zu entscheiden. Ob dem Geschäftspartner der GZ -möglicherweise rechtswidrig - zuerkannt worden war, spielte bei dieser Einzelfallprüfung keine Rolle.

Nach alledem durfte die Beklagte jedenfalls unter Hinweis auf die Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit des Klägers die Gewährung des GZ versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved